Newsletter 12-2010 - Rechtsanwälte und Notar Amthauer Rohde

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Rechtsanwälte und Notar
Dr. Niemann & Kollegen
37073 Göttingen
Waageplatz 2
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Dr. Helmuth Niemann †
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Ulrich Amthauer
Fachanwalt für Familienrecht u. Notar
Dr. Franc Pfahl
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Christian-Karsten Rohde
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Carsten Paulini
Rechtsanwalt
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Newsletter Dezember 2010
In Kooperation mit:
Steuerberater Dr. Jens Beissel
37073 Göttingen, Waageplatz 2
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns, Ihnen unseren Newsletter für Dezember dieses Jahres zusenden zu können. In diesem Newsletter haben wir wieder für Sie aktuellste arbeitsgerichtliche Rechtsprechung aufgearbeitet und hoffen, dass wir hiermit Ihr Interesse wecken können.
1. Einsicht in die Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
BAG, Urteil v. 16.11.2010 - 9 AZR 573/09
Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2
BGB) auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu
nehmen. Hierzu zählt auch das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Der Kläger war bei der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen, vom 1. Januar 2006
bis zum 30. Juni 2007 als Schadensbüroleiter beschäftigt. Die Beklagte führt die Personalakte des Klägers weiter. Nach Vertragsende teilte ihm eine Personalbearbeiterin im
Rahmen einer Zeugnisauseinandersetzung mit, dass Gründe vorhanden seien, die auf
Bankverbindungen:
Postbank Hannover 284 54-302 (BLZ 250 100 30)
Sparkasse Göttingen 503 888 (BLZ 260 500 01)
USt.-IdNr. DE 115322576
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seine mangelnde Loyalität schließen ließen. Der Kläger verlangt Einsicht in seine Personalakte. Die Beklagte verweigert dies mit Hinweis auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hatte vor dem BAG Erfolg. Es verurteilte die Beklagte, dem Kläger Einsicht in
seine Personalakte zu gewähren. Der Arbeitnehmer habe auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse daran, den Inhalt seiner fortgeführten Personalakte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Fazit:
Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein Recht auf Einsicht in die
Personalakte, sofern diese fortgeführt wird.
2. „Stromklau“ im Wert von 1,8 Cent kein Kündigungsgrund
LAG Hamm v. 02.09.2010 - 16 Sa 260/10
Lädt ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz den Akku eines privat genutzten Elektrorollers auf
und "entwendet" er dadurch Strom im Wert von 1,8 Cent, so rechtfertigt dies in aller Regel
keine Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm entschieden.
Ein Arbeitnehmer war mit einem Elektroroller in den Betrieb gekommen. Er schloss den
Roller an eine Steckdose an, um den Akku aufzuladen. Nach ca. eineinhalb Stunden
nahm er den Akku vom Netz, weil ihn sein Vorgesetzter dazu aufgefordert hatte. Bis zu
diesem Zeitpunkt hatte er Strom im Wert von 1,8 Cent entnommen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftigten wegen Stromdiebstahls außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage.
Mit Erfolg.
Nach Meinung des Gerichts konnte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen des geringfügigen Stromdiebstahls weder außerordentlich noch ordentlich kündigen. Zwar könne
ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen. Wie das BAG im "Emmely-Fall" aber nochmals betont habe, gebe es keine absoluten Kündigungsgründe. Maßgeblich sei vielmehr eine konkrete Interessenabwägung im
Einzelfall. Die Interessenabwägung gehe vorliegend zulasten des Arbeitgebers aus. Das
folge zum einen aus dem geringen Schaden von 1,8 Cent und zum anderen aus der 19jährigen Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers. Außerdem sei zu berücksichtigen gewesen, dass im Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden, ohne dass der Arbeitgeber hiergegen etwas unternommen hätte. Daher hätte das
verlorengegangene Vertrauen schon durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden
können.
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3. Kündigung einer langjährig beschäftigten Bahnmitarbeiterin trotz Betrugshandlung im Umfange von rund 160,00 € unwirksam
LAG Berlin-Brandenburg v. 16.09.10 - 2 Sa 509/10
Die Arbeitnehmerin, die als Zugabfertigerin auf einem Bahnhof beschäftigt war, hatte ihr
40-jähriges Dienstjubiläum im Kollegenkreis gefeiert, im Anschluss daran dem Arbeitgeber
eine von einer Catering-Firma erhaltene „Gefälligkeits“-Quittung über einen Betrag von
250,00 EUR für Bewirtungskosten vorgelegt und sich den Betrag erstatten lassen, während sich die Bewirtungskosten in Wirklichkeit nur auf rund 90,00 EUR beliefen. Beim Arbeitgeber bestand eine Regelung, wonach aus Anlass des 40-jährigen Dienstjubiläums
nachgewiesene Bewirtungskosten bis zur Höhe von 250,00 EUR erstattet werden.
Das Landesarbeitsgericht hat die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet. Zwar habe
die Arbeitnehmerin durch die Betrugshandlung gegenüber ihrem Arbeitgeber eine strafrechtlich relevante grobe Pflichtwidrigkeit begangen und damit ohne weiteres einen Kündigungsgrund „an sich“ gesetzt. Im Rahmen der auf den Einzelfall bezogenen Interessenabwägung hätten jedoch die zugunsten der Arbeitnehmerin zu berücksichtigenden Umstände – letztlich – überwogen. Dabei sei die neuere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.06.2010 (“Pfandbon“) mit zu beachten gewesen, in der das Bundesarbeitsgericht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer langjährig beschäftigten Kassiererin
für unwirksam erachtet hatte.
Den sich aus der Pressemitteilung ergebenden Erwägungen folgend hat das Landesarbeitsgericht in erster Linie die 40-jährige beanstandungsfreie Beschäftigungszeit der Arbeitnehmerin in Rechnung gestellt, die – unter Berücksichtigung der neuen Entscheidung
des Bundesarbeitsgerichts vom 10.06.2010 („Pfandbon“) zu einem sehr hohen Maß an
Vertrauenskapital geführt habe. Dieses sei durch die einmalige Verfehlung noch nicht vollständig zerstört worden. Des Weiteren sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Arbeitnehmerin – anders als die Kassiererin im „Pfandbonfall“, die ihre Pflichtwidrigkeit sogar im
Kernbereich ihrer Tätigkeit an der Kasse begangen hatte – sich bei ihrer Handlung außerhalb ihrer normalen Tätigkeit befunden habe, denn als Zugabfertigerin habe sie nicht regelmäßig mit Gelddingen zu tun. Bei dem im Zusammenhang mit der Jubiläumsfeier stehenden Vorgang habe es sich um einen für die Arbeitnehmerin und ihre Tätigkeit atypischen Vorgang gehandelt. Schließlich habe die hiesige Arbeitnehmerin – anders wiederum als die Kassiererin im „Pfandbonfall“ – bei der Anhörung durch den Arbeitgeber ihre
Pflichtwidrigkeiten sofort eingeräumt und keine falschen Angaben gemacht oder gar Kollegen unzutreffenderweise beschuldigt. Alle diese zu Gunsten der Arbeitnehmerin sprechenden Gesichtspunkte hätten das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses, dem angesichts der massiven Betrugshandlung der Arbeitnehmerin
durchaus ein sehr hohes Gewicht beizumessen gewesen sei, letztlich überwogen. Da die
Arbeitnehmerin tarifvertraglich nicht mehr ordentlich kündbar sei, bestehe das Arbeitsverhältnis fort.
Fazit:
Eine Kündigung wegen Betruges gegenüber dem Arbeitgeber wegen eines nicht
geringwertigen Betrages kann auch dann unwirksam sein, wenn besondere Um-
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stände vorliegen, wie z. B. eine lange Betriebszugehörigkeit, ein bislang unbeanstandetes Verhalten, ein sofortiges Einräumen des Verstoßes und eine Tätigkeit, bei
der kein Umgang mit Geld vorliegt.
4. Kein Anspruch auf Raucherpausen
OVG Nordrhein-Westfalen v. 29.03.2010 - 1 A 812/08
Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen können städtische Beschäftigte die Forderung nach einem Raucherraum nicht auf das Nichtraucherschutzgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (NiSchG NRW) stützen. Ihnen ist
auch nicht gestattet, ihren Arbeitsplatz zum Rauchen zu verlassen.
Ein Beschäftigter hatte von seinem Dienstherrn einen Raum eigens für die Raucher verlangt und sich dabei auf das NiSchG NRW berufen. Dort sei geregelt, dass auch in Behörden abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden könnten. Als sich der Arbeitgeber
weigerte, der Forderung nachzukommen, zog der Arbeitnehmer vor Gericht.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts ist der Dienstherr nicht verpflichtet, einen Raucherraum einzurichten. Auch in der Umgebung von Raucherräumen steige
die Tabakkonzentration in der Luft zwangsläufig an, was von den nichtrauchenden Beschäftigten grundsätzlich nicht geduldet werden müsse. Im Übrigen sei es Rauchern regelmäßig zumutbar, für eine Zigarette ins Freie zu gehen. Dies allerdings dürfe wegen der
geltenden Arbeitszeitregelungen nicht während der Kernarbeitszeit geschehen. In diesem
Zeitraum bestehe grundsätzlich für alle Bediensteten Anwesenheitspflicht. Würden Kurzpausen zugelassen, wäre ein geregelter Dienstbetrieb nicht ohne weiteres gewährleistet,
weil sich der Zeitaufwand für die Unterbrechung zum Rauchen jeweils mit Wegzeiten und
Betätigen der Stechuhr auf zehn Minuten oder mehr belaufen könne. Im Übrigen sei auch
der Dienstfrieden in Gefahr, wenn nichtrauchende Kollegen immer wieder für ihre rauchenden Kollegen einspringen müssten.
Fazit: Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf gegen Ihren Arbeitgeber auf Einrichtung
eines Raucherraumes oder auf Raucherpausen außerhalb der Ruhepausen
5. Ostdeutsche sind kein eigener Volksstamm
ArbG Stuttgart v. 15.04.2010 - 17 Ca 8907/09
Eine Benachteiligung Ostdeutscher im Bewerbungsverfahren stellt keine entschädigungspflichtige Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dar. Das hat das Arbeitsgericht Stuttgart entschieden.
Eine aus der ehemaligen DDR stammende Frau hatte sich bei einem Stuttgarter Unternehmen erfolglos auf ein Stellenangebot beworben. Auf dem zurückgesendeten Lebens-
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lauf befand sich der handschriftliche Vermerk "(–) Ossi". Die Bewerberin deutete dies als
Hinweis darauf, dass sie wegen ihrer Herkunft aus Ostdeutschland abgewiesen worden
war und verlangte eine Entschädigung nach §§ 1, 15 AGG. Das Unternehmen, das nach
eigener Darstellung mehrere Mitarbeiter aus den neuen Bundesländern beschäftigt, entgegnete dass Ostdeutsche keine Ethnie im Sinn des AGG darstellten. Im Übrigen sei die
Stellenabsage nicht wegen der Herkunft der Frau erfolgt.
Das Gericht gab dem Unternehmen Recht. Die Bewerberin habe keinen Anspruch auf
Entschädigung. Keines der in § 1 AGG bezeichneten Diskriminierungsmerkmale sei hier
erfüllt. Es liege insbesondere keine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft der
Bewerberin vor. Die Gemeinsamkeit ethnischer Herkunft könne sich in Tradition, Sprache,
Religion, Kleidung oder in gleichartiger Ernährung ausdrücken. Selbst wenn der Begriff
"Ethnie" dahingehend zu verstehen wäre, dass damit Populationen von Menschen gemeint seien, die durch ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Kultur, ihre Verbindung zu einem spezifischen Territorium und durch ein geteiltes Gefühl der Solidarität verbunden seien, so werde die Bezeichnung als "Ossi" dem Begriff der Ethnie als Gesamtgefüge dieser
Elemente nicht gerecht.
Fazit:
Eine ethnische Herkunft im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes setzt
Gemeinsamkeiten, wie z. B. Tradition, Sprache, Religion, Kleidung, etc voraus. Bei Ostdeutschen ist dies nicht der Fall.
6. Weihnachtsgratifikation und vertraglich vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt
BAG, Urteil vom 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09
Leistet ein Arbeitgeber mehrere Jahre lang ein Weihnachtsgeld an einen Arbeitnehmer,
ohne bei der Zahlung deutlich eine Bindung für die Zukunft auszuschließen, kann der Arbeitnehmer aus diesem regelmäßigen Verhalten grundsätzlich schließen, der Arbeitgeber
wolle sich dauerhaft verpflichten. Eine unklare oder intransparente allgemeine Klausel im
Arbeitsvertrag kann das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs nicht hindern.
Der seit 1996 bei der Beklagten als Diplom-Ingenieur beschäftigte Kläger erhielt zumindest
in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes, ohne dass bei der Zahlung ein ausdrücklicher Vorbehalt erklärt worden war. Wegen der Wirtschaftskrise verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf eine Klausel im
schriftlichen Arbeitsvertrag eine Zahlung für das Jahr 2008. Die Klausel lautet:
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“
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Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008
verlangt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe die Entstehung eines Weihnachtsgeldanspruchs verhindert. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung
der Beklagten abgewiesen.
Die Revision des Klägers war vor dem BAG erfolgreich. Zwar mag ein im Arbeitsvertrag
klar und verständlich formulierter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ einen zukünftigen Anspruch auf
eine Sonderzahlung ausschließen. Allerdings darf dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern muss klar und verständlich i. S. d.
§ 307 BGB sein. Die von der Beklagten verwendete Klausel ist unklar und nicht eindeutig
formuliert. Sie ist nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die Klausel kann auch so verstanden werden, dass
sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte.
Ferner setzt der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden
ist.
Fazit:
Der Arbeitgeber kann das Entstehen einer betrieblichen Übung ausschließen, indem er
die Leistung ausdrücklich unter eine transparente sowie klare und verständliche Freiwilligkeitsklausel stellt. Ein nicht eindeutig formulierter Vorbehalt ist unwirksam.
7. Keine Ordnungshaft bei mitbestimmungswidrigem Verhalten des Arbeitgebers
BAG, Beschluss v. 5.10.2010 - 1 ABR 71/09
Führt der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung nicht ordnungsgemäß durch, kann der
Betriebsrat die Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen verlangen. Auf seinen
Antrag kann das Arbeitsgericht im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe
von bis zu 10.000,00 Euro androhen. Die Verhängung von Ordnungshaft gegen den Arbeitgeber für den Fall, dass dieser das Ordnungsgeld nicht zahlt, ist dagegen unzulässig.
Die Arbeitgeberin hatte gegen eine bei ihr geltende Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit
verstoßen. Auf Antrag des Betriebsrats haben die Vorinstanzen ihr aufgegeben, es zu unterlassen, Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats aus der Zeiterfassung herauszunehmen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in
Höhe von bis zu 10.000,00 Euro angedroht und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft, die an den beiden Geschäftsführern zu vollziehen sei.
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts den Beschluss des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Androhung von Ordnungshaft aufgehoben. Bei der Anwendung der in § 890 ZPO geregelten Ordnungs- und
Zwangsmittel auf betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungspflichten des Arbeitgebers
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ist die spezialgesetzliche Vorschrift des § 23 Abs. 3 BetrVG zu beachten. Diese begrenzt
das Ordnungsgeld auf 10.000,00 Euro und sieht keine Ordnungshaft vor.
Fazit:
Missachtet ein Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, so kann zwar
ein Ordnungsgeld beim Arbeitsgericht angedroht und verhängt werden, nicht jedoch eine
Ordnungshaft.
Wir hoffen, dass wir wieder für Sie praktisch relevante Fälle verständlich aufbereiten konnten. Abschließend eine Mitteilung in eigener Sache: zum Jahresende scheidet unser Kollege Dr. Pfahl einvernehmlich aus unserer Kanzlei aus.
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute zum Jahreswechsel.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Niemann & Kollegen
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