BINDUNG – Das schönste Band zwischen Eltern und ihrem Kind Wie eine Mamachoachess mit Bindungsfördernden Maßnahmen Paare mit Kinderwunsch bzw. Eltern und ihre Babys stärken und unterstützen kann Diplomarbeit im Rahmen der Ausbildung zur Dipl. Mama Coachess Antonia Kastner Zwettl, Dez. 2009 Die ersten Jahre des Lebens sind wie die ersten Züge einer Schachpartie. Sie geben den Verlauf und den Charakter der Partie vor. Anna Freud 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Definition - Bindung 2.1. Pränatale Bindung 2.2. Perinatale Bindung 2.3. Postnatale Bindung 3. Positive Auswirkungen einer guten Bindungserfahrung 4. Bindungsentwicklung im ersten Lebensjahr 5. Merkmale v. verschiedenen Bindungsqualitäten 4.1. Sichere Bindung 4.2. Unsicher – vermeidende Bindung 4.3. Unsicher – ambivalente Bindung 4.4. Desorganisierte Bindung 6. Bindungsstärkende Maßnahmen als Mamacoachess 6.1. Frauen/Paare mit Kinderwunsch begleiten 6.2. Schwangerschaftsbegleitung 6.2.1. Eigene Pränatal-/Geburts-/Postnatale Traumen lösen 6.2.2. Wissensvermittlung über gesunde Lebensweise in der Schwangerschaft 6.2.3. Information über verschiedene Gebärmöglichkeiten, Bonding, Doulas 6.2.4. Schmetterlingsmassage 6.2.5. Bauchatmung + Sichere Stelle nach Thomas Harms 6.2.6. Yoga, Bauchtanz, bewusste Körperwahrnehmung 6.2.7. Einbeziehung der werdenden Papas 6.3. Stillberatung 6.4. Information und Vorstellen von Tragetüchern 6.5. Sprache und Zeichen von Babys verstehen 6.6. Information zum Thema Entwicklungspsychologie 6.7. Bachblüten 6.8. Bibliothek 7. Schlussbemerkung 8. Literaturliste 3 1. Einleitende Worte Bei meinen Überlegungen über die Auswahl eines geeigneten Diplomarbeitthemas bin ich sehr schnell auf das Thema Bindung gestoßen. Es ist ein Thema, das mich seit einigen Jahren persönlich sehr berührt, sei es in meiner Selbsterfahrung, in Beobachtungen in meinem persönlichen Umfeld, in der Beziehung zu meinem eigenen Kind, in Gesprächen mit meiner lieben Freundin oder in Zusammenhang mit meinem Beruf als Pädagogin. Literatur zu verschiedensten Themen habe ich gelesen, interessante Gespräche geführt, Beobachtungen angestellt, Fehler reflektiert, um herauszufinden, was eigentlich hinter Themen wie Beziehungsmuster, Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Erwachsenen, Partnerschaftsproblemen, unerfülltem Kinderwunsch u.v.m steckt. Letztendlich kam ich immer zum Resultat, dass all diese Themen ihren Ursprung im eigenen Bindungsverhalten bzw. in der Mutter/ Vater – Kind – Bindung haben. In meiner Tätigkeit als Pädagogin durfte ich viele schöne, aber auch besorgniserregende Erfahrungen mit Kindern erleben. Da ich an Volks- und Hauptschulen das Fach Religion unterrichtete, konnte ich oftmals Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren in ihrer Entwicklung viele Jahre lang begleiten. Da es sich um ländliche Schulen handelte, war es oft möglich, die Eltern der Kinder kennen zu lernen und einen kleinen Einblick in ihr soziales Umfeld zu gewinnen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich zwischen meinem eigenen Gefühl handeln zu wollen und den vorgegebenen Richtlinien im Schulsystem, ein Zwiespalt. Mit der Ausbildung zur Mamacoachess habe ich nun eine Möglichkeit gefunden, Eltern und ihre Kinder von Anfang an zu begleiten und verschiedene unterstützende Hilfestellungen anzubieten. Dies stellt für mich eine sinnvolle und erfüllende Aufgabe dar und ich freue mich schon sehr darauf. In den folgenden Ausführungen werde ich im Kontext von Eltern – Kind – Bindung den Begriff „Mutter“ oder „Mama“ benutzen, da die Mutter die Primärbezugsperson des Kindes ist. Die Bezeichnung soll jedoch nicht die Rolle des Vaters gering schätzen. 4 2. Was ist Bindung? Die psychologische Definition des Begriffes „Bindung“ geht auf den Bindungsforscher John Bowlby zurück, dessen erstes Buch 1969 erschien. Er beschreibt sie als ein Gefühlsgetragenes Band, das eine Person zu einer anderen knüpft und das beide über Raum und Zeit miteinander verbindet. Dabei spielt die Produktion von Hormonen eine wichtige Rolle. Oxytocin wird vom Hypophysenhinterlappen produziert und stimuliert die Gebärmutterkontraktionen und die Milchproduktion. Zusätzlich produziert der Körper der Mutter während der Geburt einen Überfluss an Endorphinen und körpereigenen Opiaten, um die Geburtsschmerzen erträglicher zu gestalten. Diese Hormone zirkulieren auch nach der Geburt noch im Körper und schaffen einen hormonellen Zustand, den man mit einem „Liebescocktail“ vergleichen kann. Diese chemische Verbindung zwischen Mutter und Kind sichert so unseren natürlichen Überlebenstrieb und garantiert, dass die Mutter gar nicht anders kann, als Liebe für ihr Kind zu empfinden. Durch die Erkenntnisse Bowlbys weiß man heute, dass ohne bewusstes Zutun in uns von Geburt an Bindungsstrukturen zu anderen Menschen, in erster Linie zur Mutter, aufgebaut werden. Die emotionale Bindung an eine Bindungsperson ist ein überlebensnotwendiges Grundbedürfnis des Menschen als soziales Wesen. Wie schon die Entwicklungspsychologen Spitz und Wolf 1946 erkannten, verkümmern Neugeborene und sterben sogar ohne den liebvollen Kontakt zu einer Bezugsperson trotz ausreichender Versorgung mit Nahrung und Körperpflege. Damit sich jedoch eine Bindungsfähigkeit entwickelt, braucht das Kind mindestens einen verlässlichen Menschen, mit dem es wichtige Erfahrungen einer sicheren Bindung erleben kann. Werden die Grundbedürfnisse des Kindes nach körperlichem Halt, Getragensein und liebevollen Berührungserfahrungen mit Feinfühligkeit gestillt, entstehen wesentliche Voraussetzungen für die spätere körperliche und seelische Gesundheit und für die Liebesfähigkeit. Viele Untersuchungen zeigen, dass fast alle Kinder mehr als nur eine Bindungsperson haben. Neben der Mutter sind das meist der Vater, Geschwister und andere Familienmitglieder oder fallweise eine beständige Tagesbetreuungsperson. 5 Kinder können unterschiedliche Bindungsmuster den jeweiligen Bindungspersonen gegenüber haben. Wie schon erwähnt, ist die mütterliche Feinfühligkeit auf die emotionale Entwicklung des Kindes am einflussreichsten. Die Bielefelder Längsschnittstudie (Grossmann K., 2003, S.257f) zeigt empirische Daten über die Vater – Kind – Beziehung und betont ihre Bedeutung. In der westlichen Gesellschaft sind Väter meist Spielgefährten, das heißt, sie fördern die Exploration des Kindes. Väter tendieren eher dazu, die kindliche Neugier und seine Kompetenzen spielerisch zu reizen, als dass sie das Streben nach körperlicher Nähe unterstützen. Zusammenfassend kann man sagen, eine sichere Bindung zu beiden Elternteilen fördert die positiven Entwicklungsverläufe hinsichtlich der späteren Persönlichkeitsentwicklung und den sozialen Fähigkeiten eines Kindes. 2.1. Pränatale Bindung Durch die Bindung entwickeln zwei Menschen eine gemeinsame seelische Struktur. Man geht heute davon aus, dass Bindung ein Prozess ist, der sich bereits vor der Geburt - sprich ab dem Zeitpunkt der Konzeption - zwischen einer Mutter und ihrem werdenden Kind entwickelt. Ich bin mir jedoch sicher, dass besonders feinfühlige Frauen mit einer guten Körperwahrnehmung und intensiver Selbsterfahrung schon vor der Konzeption Kontakt mit der Kinderseele aufnehmen können. Mutter und Kind sind also als eine Symbiose zu sehen, weshalb sowohl Freude und Entspannung, als auch Stress und andere belastende Empfindungen einen Einfluss auf das ungeborene Kind haben. Die vegetative Grundstimmung der Mutter – d.h. ihr Anspannungsbzw. Entspannungsmodus - hat eine direkte Auswirkung auf das Kind und prägt dessen Gehirn- und Nervensystem bereits im Mutterleib sehr stark. Diese Grundstimmung der Mutter ist wiederum gefärbt von der eigenen erlebten Pränatalzeit und der Geburt, der emotionalen Beziehung zur eigenen Mutter, der Familiendynamik, der Qualität der Partnerschaft und der sonstigen Erlebniswelt. Psychischer Stress, der durch eigene Themen, Sorgen, Ängste, Komplikationen in der Schwangerschaft etc. ausgelöst wird, schwächt die Bindungsfähigkeit zum Kind. Hier sehe ich großes Handlungspotential als Mamacoach, und werde daher näher im Punkt 5 auf dieses Thema eingehen. 6 Viele Mütter beginnen eine Bindung aufzubauen, sobald sie von ihrer Schwangerschaft erfahren. Diese Bindung beruht zuerst auf der imaginären Vorstellung der Mutter von dem Kind, und wird ungefähr ab der 18. bis 20. Schwangerschaftswoche „realer“, sobald die ersten Kindsbewegungen zu spüren sind. Bettina Alberti erwähnt in ihrem Buch „Die Seele fühlt von Anfang an“ die Studien der Pränatal – Ärztin Jeanette di Pietro, Professorin an der Johns Hopkins Universität in Baltimore, zum Thema „Die Verbindung zwischen Mutter und dem vorgeburtlichem Kind“. „Neben der hormonellen Verbindung gibt es auch andere Kommunikationskanäle und seelische Verbindungswege. Bei Ultraschallaufnahmen zeigt das vorgeburtliche Kind selbst schon bei belastenden Gedanken der Mutter eine deutliche körperliche Reaktion. Seine Bewegungen nehmen zu, der Herzschlag erhöht sich sofort – viel zu früh für eine rein hormonelle Reaktion, die einige Sekunden brauchen würde.“ (Alberti, 2007, S.76) Zusammenfassend möchte ich noch aus dem bereits genannten Buch die amerikanische Psychotherapeutin Barbara Findeisen zitieren, die in einem Vortrag von der Melodie des Lebens, die wir im Mutterleib lernen, spricht: „ Diese Melodie prägt unser weiteres Leben und kann Vertrauen und Lebendigkeit oder aber Rückzug und Isolation vermitteln. Sie trägt Gefühle von Liebe und Gefühle von Verzweiflung. Sie zeigt sich später in der Art unserer Beziehungsgestaltung zu anderen. Sie hat kalte und warme Töne, erzählt von Freude, Trauer und Ablehnung. Ob ein Mensch sich später selbst annehmen kann oder sich verachtet und verurteilt, hat hier eine Wurzel.“ (Alberti, 2007, S. 75) 2.2. Perinatale Bindung Was für mich bei der Entbindung mit unserem Sohn normal war, ist erst seit den Achtzigerjahren durch die Erkenntnisse der Forscher Marshall Klaus und John H. Kennell üblich. Sie fanden heraus, dass ein direkter Kontakt von Neugeborenen und ihren Müttern unmittelbar nach der Geburt nicht nur den Aufbau einer engen Bindung begünstigt, sondern auch die weitere Entwicklung positiv beeinflusst. Schließlich wurden auch Väter in die Beziehung miteinbezogen, bei denen vor allem das Geburtserlebnis als auslösender Faktor eine wichtige Rolle spielen sollte. 7 Praktische Konsequenzen aus den Forschungsergebnissen führten zu einer Umgestaltung von Geburtsstationen, und das sogenannte „Rooming in“, das den Eltern den Kontakt mit dem Neugeborenen während des Krankenhausaufenthaltes ermöglicht, wurde eingeführt. Ebenso ließ sich eine wachsende Teilnahme von Vätern an der Geburt und eine Wiederbelebung der Hausgeburt feststellen. Der Geburtsprozess ist für Mutter und Kind ein sehr prägendes Erlebnis und vor allem für die Bindung sehr entscheidend. Eine Geburt, die unter optimalen Bedingungen passieren darf, ist in unserer westlichen Kultur – überspitzt formuliert - eigentlich schon als Willkommensgeschenk für den neuen Erdenbürger zu betrachten. Man beachte, dass in Österreich - laut einem ORF – Bericht jede dritte Geburt ein Kaiserschnitt ist! Unter optimalen Geburtsbedingungen verstehe ich, wenn diese nach den Grundsätzen der „Sanften Geburt“ von Frédéric Leboyer ablaufen darf. Gekürzt beschrieben läuft eine so genannte „Sanfte Geburt“ so ab: Grundsätzlich wird das Kind schon während der Schwangerschaft und Geburt als vollwertiger Mensch angesehen, der Freude und Leid, Glück und Schmerz empfinden kann, weshalb er auch mit vollstem Respekt und mit Rücksicht auf dem schwierigen Weg der Geburt begleitet wird. Das Kind steht im Mittelpunkt des Geschehens und die Hauptarbeit der Geburt leisten Mutter und Kind. Hebammen und Ärzte sind nur ihre Helfer. Es besteht kein äußerer Zeitdruck, sodass Mutter und Kind in ihrem eigenen natürlichen Rhythmus alle Stationen des Geburtsvorganges durchlaufen können. Da das Kind im Mutterleib Geräusche nur gefiltert wahrgenommen hat, soll es nicht mit lauten Geräuschen überflutet werden. Der Raum wird abgedunkelt, damit sich die Augen langsam an das Licht gewöhnen können. Sehr schön finde ich auch, dass die Nabelschnur erst durchtrennt wird, wenn sie nicht mehr pulsiert, sodass die Sauerstoffversorgung für kurze Zeit parallel über Lunge und Nabelschnur laufen kann. Während einer vaginalen Geburt, welche ohne den Einsatz von Wehenmittel verläuft, setzt die Frau einen komplexen Cocktail an „Liebeshormonen“ frei, genauso wie auch der Fötus im Laufe der Geburt Hormone ausschüttet. Diese Hormone werden nur langsam abgebaut und 8 haben so einen großen Einfluss auf die Mutter – Kind – Bindung in der ersten Stunde nach der Geburt. Die Vorstellung einer Sanften Geburt hört sich für mich total ideal und wunderbar an, und ich konnte eine solche Geburt auch schon in einem Film sehen. Leider lebe ich in einer anderen Realität. Vielleicht hat es auch mit dem geographischen Nachteil im Waldviertel zu tun, aber eine schwangere Frau hat in meiner Wohngegend nicht sehr viele Auswahlmöglichkeiten sich mit dem Thema Schwangerschaft und Geburt auseinanderzusetzen bzw. bei der Gestaltung der Entbindung. Speziell hier im Bezirk Zwettl gibt es meines Wissens nach einerseits die Möglichkeit der Geburtsvorbereitung durch einen Geburtsvorbereitungskurs, der von den Hebammen des KH Zwettl gehalten wird, zu besuchen. Andererseits hält auch noch eine freischaffende Hebamme, die allerdings offiziell schon in Pension ist, einen Schwangerschaftsbegleitenden Vorbereitungskurs ab, wobei sich diese Hebamme sehr bemüht, Frauen einen Zugang zur Hausgeburt zu verschaffen. Ich vermute, da der Kurs der freischaffenden Hebamme teurer und zeitaufwändiger ist, besuchen, wenn überhaupt, der Großteil der schwangeren Frauen den vom Hilfswerk angebotenen Geburtsvorbereitungskurs der Hebammen des KH Zwettl. Bei meinen Übungsklientinnen bzw. bei Müttern aus der Stillgruppe, wo ich jede Woche Zuhörerin bin, habe ich beobachtet, dass viele Frauen gänzlich uninformiert sind über die Wichtigkeit des Bondings bzw. durch welche Faktoren dieses gefördert oder gestört werden kann. Hier sehe ich einen enorm wichtigen Ansatzpunkt in meiner zukünftigen Tätigkeit als Mamacoachess, um vor allem mit präventiven Maßnahmen Bindungsstörungen allgemein entgegenzuwirken. Im Detail werde ich darauf im Punkt 5.2. eingehen. 2.3. Postnatale Bindung Gehen wir nun wieder von einer idealen natürlichen Geburt ohne Medikamente und medizinischen Interventionen aus, und ich fasse das physiologische Bonding laut Brisch/Hellbrügge, Lang, und Odent zusammen. Gleich nach der Geburt sollte das reife Neugeborene mit einem warmen Tuch kurz abgetrocknet werden, abgesehen von den Händen (das Fruchtwasser soll an den Händen 9 bleiben, damit das Kind zur Brust robben kann). Mit dem Abtrennen der Nabelschnur sollte gewartet werden, bis die Nabelschnur auspulsiert hat. Danach folgt der erste Haut- und Augenkontakt, der für den Bindungsprozess so wichtig ist. Zuerst berührt die Mutter mit den Fingerspitzen die Arme und Beine des Kindes, dann streichelt sie es mit der ganzen Hand, und zuletzt traut sie sich, das Köpfchen zu berühren. Die Mutter bzw. die Eltern blicken in die Augen des Kindes, lächeln und sprechen mit ihm. Häufig fallen in den ersten Minuten Bemerkungen über das Geschlecht, das Aussehen oder Familienähnlichkeit des Kindes. Brisch erläutert in seinem Buch „Die Anfänge der Eltern – Kind – Bindung“, dass es nicht notwendig sei, alle Säuglinge routinemäßig mit einem Katheder abzusauen, da 90 % der Säuglinge bei der Geburt kräftig seien, bei klarem Fruchtwasser und guter Hautfarbe. Das Absaugen kann nämlich später Stillprobleme mit sich bringen, da bei der Absaugung durch die Berührung des hinteren Rachens, die Herzfrequenz oft von 140 auf 30 fällt, das Baby blau wird, und aufgrund der negativen Erfahrung sich weigert, die Brustwarze der Mutter anzunehmen. Ebenso betont Brisch, sei es äußerst wichtig, das Neugeborene nie an die Brust zu schieben, bevor es nicht bereit ist, sodass es selbst entscheiden kann, wann es zum ersten Mal saugen möchte. Dies bedingt natürlich, dass die Injektion von Vitamin K, die Anwendung einer Augensalbe und das Messen von Gewicht, Größe und Kopfumfang des Babys erst 11/2 bis 2 Stunden später erfolgen sollen. Die Geburtshelfer sollten sich in dieser sensiblen Phase zurückhalten, um dem Bonding Raum geben zu können. Nach den ersten 30 Minuten in Hautkontakt mit der Mutter beginnt das Kind die Brust zu suchen. Es stösst sich dabei kräftig mit den Füßen ab und stemmt sich in Richtung Brust hoch. Wenn Mutter und Kind nach der Geburt ungestört im Halbdunkel in ununterbrochenem Hautkontakt sind, so wird das Kind die Brustwarze sehr schnell finden und korrekt andocken. Diese erste positive Erfahrung prägt auch das weitere Stillverhalten signifikant. „Eine Studie belegt, dass der Hautkontakt nach der Geburt zu einer deutlichen Verlängerung der Gesamtstillzeit führt, mit allen bekannten positiven Folgen für die Mutter – Kind – Bindung.“ (aus: Lang, Christine: Bonding, 2009, S.39) Wenn ich nun die Entbindung von unserem Sohn Revue passieren lasse, kann ich mich an fast keine dieser optimalen Indikatoren bei einer Geburt erinnern. Trotz der Betreuung von einer Wahlhebamme war es im Krankenhausbetrieb nicht möglich, eine entspannte Atmosphäre während der Geburt zu schaffen. Es wurde mir zu Beginn der 10 Eröffnungswehen nur die Gebärhaltung in liegender Position angeboten, der Kreißsaal hatte eine sterile unpersönliche Ausstrahlung, und die „Besuche“ verschiedener Ärzte waren obligatorisch. Zusätzlich wurde ich an einen Tropf gehängt, und es wurden auch Wehenfördernde Mittel zugefügt, ohne mich und meinen Mann über alle Auswirkungen aufzuklären. Schlussendlich wurde unser Sohn Maximilian nach 2 Tagen Wehen, gleichzeitigem Brechen und Durchfall, und zweistündigem Veratmen der Presswehen mit einem – vom Arzt aufgrund einer „Sternguckerlage“ empfohlenem – Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Mein Mann hat unseren Sohn in der ersten Zeit nach der Geburt gebondet, und nach ungefähr einer Stunde legte mir die Hebamme unser Kind an die Brust und er begann nach einer Weile zu saugen. Ich habe Maximilian 6 Monate voll gestillt und dann mit dem Zufüttern begonnen; mit 9 Monaten hat er sich selbst abgestillt. Trotz der schwierigen Geburtssituation haben mein Mann und ich zu Maximilian eine sehr enge und respektvolle Bindung. Ich hatte nie Stillprobleme (bis auf eine Brustentzündung, die ich aber auf falsches Stillverhalten zurückführe), es gab keine Einschlafprobleme, seine Entwicklungsschritte verlaufen problemlos und er ist ein sehr ausgeglichenes fröhliches Kind. Dies zeigt, dass Bonding auch bei nichtoptimalen Bedingungen gelingen kann, vorausgesetzt, man bekommt Unterstützung aus seinem Umfeld. Ich erfuhr diese Unterstützung im Wochenbett und auch noch lange Zeit danach von unserer Haushaltshilfe, durch deren Hilfe ich mich voll und ganz auf mein Kind konzentrieren konnte. Natürlich war auch mein Mann so oft es ging für uns da, und meine Freundinnen halfen mir bei der einen oder anderen Frage. Als ich eine Brustentzündung bekam, begann ich mit Maximilian ein Mal wöchentlich an einer von einer homöopathischen Ärztin geleiteten Stillgruppe teilzunehmen. Von ihrer Erfahrung und ihren Ratschlägen konnte ich sehr viel lernen und umsetzen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich bin mir sicher, es gibt jedoch viele Mütter, die auf keine Unterstützung im Alltag mit ihrem Kind zurückgreifen können. Diesen Frauen möchte ich in Zukunft meine Erfahrungen als Mutter und meine erworbenen Erkenntnisse als Hilfestellung anbieten, damit sie nicht mit ihren Emotionen, ihrer Hilflosigkeit und der Überforderung im Umgang mit Kind und Partner alleine sind. 11 3. Positive Auswirkungen einer guten Bindungserfahrung Evelin Kirkilionis schreibt in ihrem Buch „Bindung stärkt“: „Eine gelungene Bindung zwischen Kind und Eltern bildet nicht nur eine Basis, anfängliche kleinere Probleme gemeinsam gut meistern zu können, sie beeinflusst auch alle weitere Phasen der Kindheit positiv. Selbst der schwierige Pubertierende verliert, trotz aller Protesthaltung, nicht das Vertrauen zu Mutter und Vater.“ Diese Aussage stimme ich voll und ganz zu, denn in meinem Beruf als Religionslehrerin an Pflichtschulen konnte ich ja, wie schon erwähnt, viele Schüler von der 1. Klasse Volksschule bis in die 4. Klasse Hauptschule, in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen begleiten. Das familiäre Umfeld meist kennend, stellte ich oft fest, dass Schüler mit sicherer Elternbindung (und das ließ sich aufgrund zahlreicher Verhaltensmerkmale der Kinder und Reaktionen der Eltern einschätzen) wesentlich selbstsicherer waren und daher kritikfähiger, soziales Verhalten im Miteinander zeigten, gewaltfreie Wege der Konfliktlösung finden konnten, mit Belastungssituationen besser umgehen und sich ihre Talente besser entfalten konnten. Ich denke, es ist unumstritten, dass Babys, deren Eltern angemessen und mit Respekt auf ihre Signale reagieren, sie als sichere Bindungspartner erleben. Dies kann man bereits im Krabbelalter an ihrem Verhalten ablesen. Sicher gebundene Kinder erobern nicht nur neugieriger und selbstständiger ihre Umwelt, sie zeigen auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen eigenständigem Spiel und Interesse am Kontakt mit den Eltern. Sie sind allgemein ausgeglichener, weinen seltener und zeigen kaum ängstliches oder aggressives Verhalten. Meiner Meinung nach liegt hier in erster Linie die Hauptverantwortung bei den Hebammen, Ärzten und Pflegepersonal die werdende Mutter umfassend über Gebärmöglichkeiten/umstände bzw. Auswirkungen von verschiedenen Handlungsweisen zu informieren. Natürlich sollte ein mündiger Erwachsener immer eigenverantwortlich handeln, jedoch befindet sich eine schwangere Frau in einer psychischen Ausnahmesituation, in welcher sie unbedingt Unterstützung benötigt. So könnte man sicher viele Bindungsstörungen bei Kindern und auch Traumen bei ihren Müttern vermeiden. 12 4. Bindungsentwicklung im ersten Lebensjahr Im Laufe des ersten Lebensjahres bildet sich beim Kind eine Bindungsqualität der jeweiligen Bezugsperson gegenüber heraus. Diese ist, wie schon erwähnt, abhängig von der Qualität der Feinfühligkeit der Bindungsperson. Grossman K. und Grossmann K.E. (2004, S. 104ff, zit. n. Ainsworth, Bowlby u. Sroufe&Cooper) erläutern die Bindungsentwicklung im ersten Lebensjahr unterteilt in drei Phasen: (1) In der ersten Phase, welche von der Geburt bis etwa 2 – 3 Monate dauert, werden die Befindlichkeitssignale gegenüber jeder Person geäußert sowie die externe Organisation gebildet. Die Pflegehandlungen der Mutter werden mit den physiologischen Grundbedürfnissen koordiniert. In dieser Phase ist das von Mutter und Kind beidseitige aufeinander Einspielen dieser physiologischen Bedürfnisse bedeutend für die spätere innerliche Selbstregulierung. (2) In der zweiten Phase (3 – 6 Monate) werden Interaktionen mit nahe stehenden Personen den Unvertrauten gegenüber bevorzugt, wobei ein deutlicher Anstieg der Fähigkeit zur Interaktion zu erkennen ist. Die Interaktionen werden hauptsächlich von der Mutter durch ihr feinfühliges Verhalten gegenüber den kindlichen Signalen herbeigeführt und koordiniert. Es sind jetzt auch aufeinander abgestimmte Abläufe. (3) Im ersten Teil der dritten Phase der Bindungsentstehung im ersten Lebensjahr (6- 7 Monate) zeigt das Kind ausgeprägtere Fähigkeiten, Interaktionen neu zu beginnen, zu gestalten und aufrechtzuerhalten. In dieser Zeit entwickelt sich auch Angst vor Tiefe sowie die Ängstlichkeit mit steigender körperlicher Distanz zur Bindungsperson. Die gesamte Orientierung verlagert sich langsam an das Verhalten der Bindungsperson und es werden Erwartungen an ihr Verhalten gesetzt. Auch die Angst vor fremden Personen nimmt zu. Im zweiten Teil dieser Phase (9 – 12 Monate) werden die Erwartungen und das Verhalten des Säuglings anspruchsvoller und differenzierter gegenüber der jeweiligen Bindungsperson. Zu dieser Zeit ist auch die Angst vor Fremden auf dem Höhepunkt („Fremdeln“). Die Trennung von der primären Bindungsperson ist für das Kind körperlich und psychisch sehr belastend. 13 5. Merkmale von verschiedenen Bindungsqualitäten Unterschiede in der Qualität der Bindung erkennt man daran, welches Maß an Sicherheit dem Kind vermittelt werden kann. Diese Verhaltensweisen werden bei dem bekannten „Strange Situation Test“ von Mary Ainsworth untersucht. Es wird dabei ein systematisch provoziertes Mini – Drama bei 12 – 15 Monate alten Kindern inszeniert. Ich werde die Testsituation nicht näher beschreiben, sondern gleich auf die aufgrund der Testergebnisse definierten Bindungsarten eingehen. 5.1. Sichere Bindung Ein sicher gebundenes Kind spielt und forscht begeistert in Anwesenheit der Bindungsperson, stellt immer wieder Kontakt durch Blick, Lächeln oder Laute her. Es sucht und akzeptiert den Trost des Erwachsenen, wenn es müde, krank oder wegen Trennung traurig ist. Der sicher gebundene Säugling, der über Monate die Erfahrung macht, dass die Bindungsperson feinfühlig und berechenbar reagiert, lernt darauf zu vertrauen, dass diese Person da sein wird, um seine Bedürfnisse zu erfüllen. Dieses Grundvertrauen in die Bindungsperson und in die eigene Fähigkeit, die Zuwendung dieser Person zu bewirken, entwickelt sich weiter und beeinflusst die spätere Beziehungsfähigkeit. Ebenso ist es einem sicher gebundenen Kind möglich, negative Erfahrungen in eine positive Grundhaltung zu integrieren, weshalb es ihm einfacher fällt, mit Krisen, Stresssituationen und Problemen umzugehen. 5.2. Unsicher – vermeidende Bindung Unsicher – vermeidend gebundene Kinder wirken auf den ersten Blick völlig unproblematisch. Sie brauchen keinen Trost, wenn das Knie aufgeschrammt ist, Trennung nehmen sie klaglos hin. Sie sprechen höflich, wollen gefallen und spielen auffällig oft alleine. Mutter und fremde Personen werden fast gleich behandelt. Diese Kinder haben beschlossen, sich zurückzuziehen, da sie in kummervollen Situationen von der Mutter schon oft eine Zurückweisung erfahren haben. Um die Wahrscheinlichkeit der doch sehr schmerzhaften Zurückweisung zu minimieren, haben sie die Strategie der Vermeidung entwickelt. Sie 14 erwecken den Eindruck, als hätten sie sich eine unsichtbare Mauer aufgebaut, und sind daher nicht mehr in Kontakt mit ihrer Angst, ihrer Wut und ihrem Kummer. Ich denke, diese Kinder brauchen von ihren Eltern besonders viele emotionale Angebote, die ihnen das Gefühl geben: Da ist jemand für mich da, der mir hilft. 5.3. Unsicher – ambivalente Bindung Unsicher – ambivalent gebundene Kinder haben ihre Mutter schon oft als unberechenbar erlebt, weshalb diese Kinder die Nähe der Mutter schon vor einer bevorstehenden Trennung suchen. Dies schränkt ihr natürliches Erkundungsverhalten sehr ein, da sie verstärkt mit der Aktivierung ihres Bindungsverhaltens beschäftigt sind. Eine Trennung von der Mutter belastet sie stark. Kinder mit diesem Bindungsstil äußern ihre Gefühle stark durch heftiges Weinen, lassen sich jedoch bei Kummer nur schwer von ihrer Mutter beruhigen. Sie reagieren häufig widersprüchlich: Sie suchen die Nähe, reagieren dann aber mit Wut oder wollen doch keinen Körperkontakt. Durch Quengeln fordern sie stets Aufmerksamkeit. Aufgrund ihrer Erfahrung, dass das Verhalten ihrer Mutter schwer einschätzbar ist, wirken diese Kinder lange sehr unreif und sind auch noch im Volksschulalter sehr anhänglich und kleinkindhaft. Ich würde Eltern von unsicher – ambivalent gebundenen Kindern raten, auf einen geregelten Alltag und zuverlässlichen Handlung zu achten, sowie Rituale ins Familienleben einzuführen. 5.4. Desorganisierte Bindung Ein desorganisiertes Bindungsmuster ist meist eine Kombination aus den beiden unsicheren Bindungsarten. In gewisser Beziehung reagieren die Kinder unberechenbar. Sie zeigen in Trennungs- und Widerbegegnungssituationen solche Verhaltensmuster, dass sie zur Mutter hinlaufen, innehalten, sich von der Mutter wegdrehen und wieder von der Mutter weglaufen. Ihre Bewegungen können mitten im Bewegungsablauf erstarren oder scheinbar einfrieren. Gründe für die Entstehung solcher Bindungsmuster können neurologische Schäden beim Kind sein, aber auch Misshandlungen, sexueller Missbrauch, Vernachlässigungen oder andere Traumata des Kindes. Für diese Kinder sind die Bindungspersonen, die eigentlich ihr Zufluchtsort sein sollten, anscheinend eine Quelle der Bedrohung und Angst. Ebenso ist an zu nehmen, dass ein desorganisierter Bindungsstil bei Kindern dann entsteht, wenn die Mutter - aufgrund von unverarbeiteten traumatischen Erlebnissen wie z.B. Trauer, 15 Missbrauch etc. – ihr eigenes Bindungssystem reaktiviert, und so ihre Feinfühligkeit gegenüber ihrem Kind nur eingeschränkt verfügbar ist. Durch das wechselnde Verhalten der Mutter in ein und derselben Situation, erlebt das Kind eine Orientierungslosigkeit und kann so keine klare Bindungsstrategie entwickeln. Aus dieser Not heraus, entwirft es eine kontrollierende Strategie, die in vielen Fällen an einen Rollenwechsel erinnert. Diese Kinder fühlen sich als Sechsjährige entweder für das Wohlergehen der Mutter verantwortlich oder sie versuchen die Kontrolle durch strafendes Verhalten (Ignorieren, Beschimpfungen, etc.) nach einer kurzen Trennung zu behalten. Neben den beobachtbaren kindlichen Verhalten ist die Belastung in Stresssituationen, also die körperlichen Auswirkungen von Stress auf das Kind, auch in physiologischen Werten messbar. K. Grossmann konnte beispielsweise an der Veränderung der tonischen Herzfrequenz feststellen, dass alle Kinder, auch solche bei denen äußerlich nichts erkennbar ist, einen Anstieg der Herzfrequenz zeigen. (Grossmann K.,2003, S.260f) Bei den unsicher – ambivalent gebundenen, den unsicher – vermeidend gebundenen und den desorganisierten Kindern kann ein Anstieg des Stresshormons Cortisol, das in der Nebennierenrinde erzeugt wird, festgestellt werden. Sicher gebundene Kinder zeigen jedoch ein leichtes Absinken des Hormonpegels. Grossmann erklärt auch, dass eine sichere Bindung „eine soziale Pufferfunktion bei gegebenen ungünstigen individuellen Dispositionen ausübt und ...als ein Schutzfaktor in belastenden Situationen zu verstehen ist.“ (Grossmann K, 2003, S. 262) Weiters wird festgestellt, dass das Immunsystem durch die Bindungserfahrung in belastenden Situationen beeinflusst werden kann. Ein weiterer physiologischer Aspekt ist, dass es eine Wechselbeziehung zwischen der Bindung und neurobiologischen Verläufen gibt. (ebd., S. 263) 16 6. Bindungsstärkende Maßnahmen als Mamacoachess 6.1. Frauen/Paare mit Kinderwunsch begleiten Das Thema Kinderwunsch hat in den letzten Jahrzehnten einen deutlichen Wandel vollzogen. Waren Kinder vor wenigen Generationen eine erwartbare und unvermeidliche Folge des ehelichen Zusammenlebens, sind Kinder seit den 1960iger Jahren durch die aufgekommenen Verhütungsmittel planbar geworden und sogar ungewollte Kinderlosigkeit kann mittlerweile in Einzelfällen medizinisch überwunden werden. Die Planbarkeit der Kinder führt dazu, dass sich Paare bewusst für Kinder, den Zeitpunkt und die Anzahl entscheiden können. In meinem Bekannten- und Freundeskreis gibt es auffällig viele Paare - im Alter um die 40 Jahre – die kinderlos sind. Da dieses Thema besonders bei den Frauen ein sehr emotionales und sensibles ist, wird darüber eigentlich nicht gesprochen bzw. rasch vom Thema abgelenkt. Durch die Aufgabe in meiner Ausbildung zur Mamacoachess mit Übungsklienten zu arbeiten, habe ich die Möglichkeit, mit drei Frauen diesbezüglich kinesiologisch zu arbeiten. Da ich es persönlich gut nachempfinden kann, wie es ist, einen starken Kinderwunsch zu haben und nicht schwanger zu werden, ist es mir ein großes Bedürfnis, andere Frauen diesbezüglich zu stärken. Ich werde nun stichwortartig von diesen drei Klientinnen erzählen, wobei erwähnt werden muss, dass jede einzelne unterschiedlich oft eine Sitzung hatte. Fall 1: Thema: unerfüllter Kinderwunsch Unregelmäßiger Zyklus Vorwurf an Mutter – als Kind gegenüber Bruder benachteiligt gefühlt Die Klientin hat bereits eine Tochter und steigert sich sehr in die Kinderplanung hinein. Sie ist oft verzweifelt und enttäuscht, wenn ihre Menstruation einsetzt und hat regen Kontakt mit ihrem Gynäkologen, um ihre körperliche „Fähigkeit“ schwanger zu werden, überprüfen zu lassen. 17 Bei der ersten Sitzung stellt sich bald die unbewältigte Trauer um den vor einem Jahr verstorbenen Vater heraus, die begleitet war von großen Selbstvorwürfen. Dieses großes Thema haben wir ungefähr 4 Sitzungen lang behandelt, wobei ich methodisch Visualisierungen mit besonderem Augenmerk auf Stärkung des Beckens eingesetzt habe, sowie Rucksackgeschichten und EMDR. Nach diesen 4 Sitzungen kam sie zu mir mit der Nachricht, dass sie schwanger sei! Ich durfte sie auch während der Schwangerschaft begleiten, und habe methodisch wieder Visualisierungsgeschichten angewandt , ein Pränatal - Enneagramm ausgewertet, sowie die Sichere Stelle etabliert und die Bauchatmung eingesetzt. Zum Schluss jeder Sitzung konnte sie sich bei der Schmetterlingsmassage entspannen. In wenigen Tagen wird die Klientin ihr zweites Kind zur Welt bringen und ich freue mich sehr mit ihr und ihrer Familie. Fall 2: Thema: Unerfüllter Kinderwunsch Schlafstörungen Die Klientin hatte 2002 eine Fehlgeburt, danach insgesamt drei Mal eine künstliche Befruchtung. Systemisch gesehen trägt die Klientin vermutlich einiges mit, denn aus ihrem Genogramm kann man Themen wie Adoption, vertriebene Sudetendeutsche, Kriegsgefangenschaften, ein dunkles Geheimnis, ungewolltes Kind und sämtliche Krankheiten herauslesen. Methodisch habe ich wieder die Rucksackgeschichte, Visualisierungen, Entkoppelung und EMDR angewandt. Mit dieser Klientin konnte ich bislang nur zwei Sitzungen machen. Fall 3: Thema: Druck von außen bzgl. Kinder – fehlende Bereitschaft Die Klientin verspürt selbst noch keinen konkreten Kinderwunsch, spürt aber diesbezüglich zunehmenden Druck seitens ihrer Eltern, dem Ehemann und der Öffentlichkeit. Ihr fehlt die Bereitschaft sich auf einen Kinderwunsch einzulassen, weil sie ihrem Ehemann nicht zutraut bzw. ihm nicht vertraut, sie bei der Kindererziehung zu unterstützen. Sie ist geplagt von Ängsten, Einsamkeit und teilweiser Depression. Die Rollenverteilung innerhalb ihrer Ehe ist im Ungleichgewicht, da sie für die finanzielle Seite zuständig ist. 18 Nach der zweiten Sitzung habe ich festgestellt, dass die Klientin möglicherweise mit ihrem Ehemann systemisch verstrickt ist, da ein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Ich habe ihr daraufhin vorgeschlagen, eine Familienaufstellung zu machen. Wie man an diesen Beispielen sieht, kann hinter dem Thema „Unerfüllter Kinderwunsch bzw. Kinderplanung“ einiges stecken, meist sind es familiensystemische Verstrickungen. In diesem Fall kann man Blockaden, die die Schwangerschaft behindern, gut mit dem Einsatz der Biofeedback – Methode, Glaubenssätzen, Stressregression, Kindergeschichten, Bachblüten, Figurenstellen u.v.m. behandeln. Außerdem ist es für jede werdende Mutter günstig, auf ihre eigene Geburt hinzusehen. Dazu eignet es sich gut, dies mit einer so genannten Einnistungsgeschichte zu tun oder eine „Bewegte Meditation“ durchzuführen, in der es dabei geht, Vater und Mutter nehmen zu können. 6.2. Schwangerschaftsbegleitung Als einen wesentlichen Teil meiner Arbeit als Mamacoachess sehe ich die Begleitung der schwangeren Frau. Um einer werdenden Mama ganzheitlich Hilfe anbieten zu können, sehe ich es als sinnvoll an, mich mit Gynäkologen, Hebammen, Doulas, Psychologen und anderen Berufsgruppen zu vernetzen. Im Hinblick darauf habe ich mir einige Maßnahmen überlegt, die ich in Zukunft verwirklichen möchte. 6.2.1. Eigene Pränatal-/Geburts-/Postnatale Traumen lösen Ich bin der Überzeugung, dass eine Schwangerschaft, Geburt und die postnatale Zeit nur dann positiv besetzt sind, wenn sich die werdende Mama mit ihren eigenen Geburts-/ oder Pränataltraumen auseinandersetzt. Als Mamacoachess werde ich ihr in erster Linie anbieten, mittels einer kinesiologischen Sitzung die Emotionen, die hinter einem Trauma stecken, zu bearbeiten. Außerdem kann ich mich der Methode des Enneagramms bedienen, sollte in ihrer Pränatalzeit etwas unklar sein oder es zu wenige Informationen geben. Zusätzlich finde ich es schön, wenn man seine eigene Geburt nacherlebt, um sie heil werden zu lassen. 19 6.2.2. Wissensvermittlung über gesunde Lebensweise in der Schwangerschaft In Gesprächen mit Schwangeren habe ich schon öfter festgestellt, dass es nicht für jede Frau klar und selbstverständlich ist, auf verschiedene ernährungstechnische Aspekte in der Schwangerschaft zu achten, sich viel an der frischen Luft zu bewegen, sich genügend Schlaf zu gönnen, passives Rauchen zu vermeiden etc. Ich kann mir vorstellen, einen Tag pro Woche für schwangere Frauen zu organisieren, an dem ich mit ihnen gemeinsam Nordic walken gehe. Beim gemeinsamen Sport kann man ungezwungen plaudern und Fragen klären. 6.2.3. Information über verschiedene Gebärmöglichkeiten, Bonding, Doulas, u.v.m. Da sich heutzutage viele werdende Mütter ausschließlich durch das Internet und Ratgeber Informationen einholen, möchte ich ihnen gerne eine Alternative dazu anbieten. Ich werde einen Schwangerschaftsbegleitkurs organisieren, wobei dieser abwechselnd von einer freischaffenden Hebamme bzw. einer Hebamme, die im Krankenhaus angestellt ist, einer Doula und mir gehalten wird, um den Frauen verschiedene Sichtweisen und Einblicke geben zu können. 6.2.4. Schmetterlingsmassage Mit den Berührungen der Schmetterlingsmassage nach Dr. Eva Raich habe ich bei schwangeren Übungsklientinnen und vor allem bei Babys und Kleinkindern sehr gute Erfahrungen gemacht. Eine Übungsklientin hat mir gesagt, sie hätte endlich Zeit gehabt, sich mit ihrem Kind im Bauch in Verbindung zu setzen, da sie zu Hause ihre erste Tochter voll in Anspruch nimmt. 6.2.5. Bauchatmung + Sichere Stelle nach Thomas Harms Die in der Emotionalen Ersten Hilfe nach Thomas Harms begründete Bauchatmung und das Etablieren der Sicheren Stelle stellt für mich ein sinnvolles und wirksames Werkzeug zur Bindungsstärkung dar. Ich habe diese Methode im Mamacoach Modul 7 von der Referentin Tina Mares gezeigt bekommen, und sie außerdem bei der Teilnahme an einem Workshop im Rahmen des Symposiums „Mit Würde ins Leben treten“ bei Thomas Harms gefestigt. Erste 20 Erfahrungen mit Übungsklientinnen und deren Babys haben mir gezeigt, wie wirksam und effizient diese Möglichkeit ist, eine Person in den Parasympatikus zu bringen. 6.2.6. Yoga, Bauchtanz, bewusste Körperwahrnehmung Für mich stellen Yoga und Bauchtanz in der Schwangerschaft eine schöne körperbewusste Ausdrucksweise dar, und ich kann mir vorstellen, dass es sicher einige Schwangere in meiner Umgebung gibt, die ein solches Angebot gerne in Anspruch nehmen. Allerdings müsste ich jemanden mit entsprechender Ausbildung für ein solches Seminar einladen. Ich selbst kann zur Entspannung, Meditation und bewusster Körperwahrnehmung die so genannte Psoaentspannung anbieten und mit schwangeren Frauen bis ca. zur 20. Schwangerschaftswoche QiKin – Übungen zur Aktivierung der Lebensenergie durchführen. 6.2.7. Einbeziehung der werdenden Papas Als enorm wichtigen Aspekt, den man nicht außer Acht lassen sollte, sehe ich die Einbeziehung der werdenden Väter. Nur wenn ein Mann zu seinem Kind eine Bindung aufbauen kann, ist er auch eine große Stütze für seine Partnerin. Er kann die Verantwortung für sein Kind besser fühlen und ist auch feinfühliger gegenüber seiner Frau. Das Erlernen von Bindungsfördernden Streich- und Rüttelbewegungen nach dem Prinzip der Schmetterlingsmassage lässt sich in einem Paarkurs gut mit Informationen über das Väterbonding verbinden. So können auch die Väter ihre gebührende Anerkennung erfahren, und fühlen sich mehr in die Schwangerschaft eingebunden. 6.3. Stillberatung Für mich bedeutet Stillen, abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt, eine unglaublich schöne Verbindung und Nähe zu seinem Kind, Momente der Geborgenheit und Liebe. Gott sei Dank haben mein Sohn und ich trotz einer relativ schwierigen Geburt diese Verbindung zueinander herstellen können, und haben zum richtigen Zeitpunkt Hilfestellungen von außen bekommen. Nicht bei allen Frauen gelingt dies in der Art und Weise. Meinen Beobachtungen zufolge liegt es meist daran, dass Mütter zu wenig Informationen haben wie Stillen gelingen kann, dass 21 sich die Zusammensetzung der Milch im Laufe der Zeit ändert, dass sich auch das Trinkverhalten der Kinder – bedingt durch Entwicklung und Wachstum - verändert. Oft kommt es durch falsche Stilltechnik zu einer Brustentzündung, was viele Mütter dazu veranlasst, abzustillen. Und nicht allzu selten haben Mamas die Befürchtung, ihr Kind könnte zu wenig Nahrung bekommen und geben zusätzlich Flaschennahrung, was meistens dazu führt, dass das Kind danach die Brust verweigert. Wie kann eine Mamacoachess nun Mütter und ihren Babys Hilfestellungen geben? Ich darf dankenswerterweise bei Frau Dr. Monika Steinkellner (Mutter von 3 Kindern, Gemeindeärztin u. Homöopathin) in ihrer Stillgruppe, die sie schon 15 Jahre kostenlos für Mütter anbietet, zuhören und mich mit ihr austauschen. Dadurch erfahre ich die Probleme, Fragen, Berichte über Geburtserlebnisse und kann mir so ein Bild über die Situation bei uns im Waldviertel machen. Zusätzlich werde ich 2010 Seminare der Vereinigung VELB zum Thema Stillberatung besuchen, um ein Grundwissen für die Stillberatung zu erlangen. 6.4. Information und Vorstellen von Tragetücher Wie wir aus der Entwicklungspsychologie wissen, sind Babys Traglinge: Es ist von der Natur vorgesehen, dass sie in ständigem Körperkontakt oder zumindest in unmittelbarer Nähe zu einer vertrauten Person sind. Durch den ausgiebigen Körperkontakt von Eltern und Kind beim Tragen und der damit einhergehenden Ausschüttung des Bonding fördernden Hormons Oxytocin hat das Tragen einen großen Einfluss auf die Entstehung einer sicheren Eltern – Kind – Bindung. Gerade der Bauch – an – Bauch - Kontakt fördert besonders stark die Ausschüttung von Oxytocin. Nachweislich gehen Mütter sensibler mit ihren Babys um, reagieren früher auf ihre Signale, Babys schreien dadurch wesentlich weniger, was wiederum dazu führt, dass Eltern sich kompetenter fühlen. Ich selbst habe mein Kind sehr viel getragen, teils auf dem Arm, teils mit dem Baby Björn. Die körperlichen Folgen waren allerdings starke Rückenschmerzen und beinahe eine Sehnenscheidenentzündung. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, bei weiteren Kindern ein Tragetuch zu verwenden. 22 Die vielen Vorteile des Tragetuches sind offensichtlich: Es ist möglich, das Kind entsprechend seines Entwicklungstandes in verschiedenen Positionen zu wickeln, man hat seine Hände frei und kann so anderen Tätigkeiten nachgehen. Dabei kann man mit dem Baby kommunizieren und es in den Tagesablauf einbinden. Durch die verschiedenen Wickeltechniken hat das Baby zudem immer den richtigen „Blickwinkel“ auf das Geschehen in seiner Umwelt. Mütter mit Erfahrung im Umgang mit Tragetüchern haben mir allerdings erklärt, es sei besser, das Original – Tragetuch der Firma DIDYMOS zu verwenden, da der Stoff von kostengünstigeren Tüchern nicht so gut dehnbar ist. Ich werde in meiner Mamacoach – Praxis Informationsbroschüren und Bücher zum Thema Tragen und Tragetücher auflegen, und den Mamas und Papas (übrigens eine wunderbare Möglichkeit, auch die Väter einzubinden) anbieten, ihnen die Handhabung mit dem Tragetuch zu zeigen. 6.5. Sprache und Zeichen von Babys verstehen Immer wieder beobachte ich bei Mütter, wie bemüht und manchmal auch schon verzweifelt sie die Ausdrucksweise ihrer Babys zu deuten versuchen. Die wenigsten sehen genau auf ihr Kind hin, sprechen es aktiv an und warten auf ein Zeichen. Meistens wird das Kind sofort hochgenommen bzw. die Position gewechselt. Beim ersten Quengeln wird es automatisch an die Brust gelegt oder der Schnuller gegeben bzw. in den Mund gedrückt und so das Kind mit verschiedenen Angeboten reizstimuliert. Viele Eltern sind sich einfach unsicher und wollen gerade beim ersten Kind alles richtig machen. Ich habe vor, den Mamas, die in meine Praxis kommen werden, die Grundsätze von Emmi Pikler im Umgang mit Babys und Kleinkinder - sofern es sich in der Beratungssituation ergibt - näher zu bringen. Dazu werde ich auch Pikler – Spielsachen und Bewegungsgeräte in der Praxis zur Verfügung stellen, damit die Kinder es ausprobieren und die Mütter beobachten können. 23 6.6. Information zum Thema Entwicklungspsychologie Vielfach setzen Eltern deshalb die falschen Erziehungsmaßnahmen, weil ihnen die Bedeutung einer bestimmten Entwicklungsphase (z.B.: anale Phase – Sauberkeitserziehung) nicht bewusst ist. Es ist sicher sinnvoll, in Form eines öffentlichen Vortrages, Eltern über die Entwicklungsschritte eines Kindes, deren Auswirkungen und dem Umgang damit, zu informieren und Fragen zu beantworten. 6.7. Bachblüten Bis jetzt habe ich mich noch nicht intensiv mit Bachblüten auseinandergesetzt, habe aber in Zukunft vor, mich in dieses Thema zu vertiefen, um damit arbeiten zu können. 6.8. Bibliothek Da ich selbst eine begeisterte Leserin bin und an keinem Buchgeschäft vorbeigehen kann, hat sich im Laufe der Zeit eine beachtliche Menge sowohl an Fachliteratur als auch an Kinderliteratur bei mir angesammelt. Ich sehe vor meinem geistigen Auge in meiner Praxis eine gemütliche Leseecke, wo Eltern in Bücher schmökern können und ich auch einen Gratisbuchverleih anbieten werde. 24 7. Schlussbemerkung Wie schön es ist, mit seinem Kind emotional innig verbunden zu sein, und wie harmonisch dadurch das Familienleben ist, darf ich jeden Tag erleben. Eine sichere Bindung zu seinen Eltern ist für ein Kind eine gute Ausgangslage für das Entwickeln von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Damit gestärkt, fällt es jedem Menschen einfacher, Probleme oder schwierige Lebenssituationen zu meistern. Keine Mutter und kein Vater ist in ihrem bzw. seinem Umgang mit seinem Sprössling immer perfekt und handelt jedes Mal pädagogisch wertvoll. Doch eine sichere emotionale Basis zu schaffen, dies ist sehr wohl möglich. Auch wenn der Start ins Leben für manche Babys nicht so optimal verläuft, gibt es einige Hilfestellungen für Eltern, um so manche Bindungsdefizite wieder auszugleichen. Viele Fachleute können mit Rat und Tat zu Seite stehen, sei es ein Gynäkologe, eine Hebamme oder eben eine MAMACOACHESS… 25 Literatur: Alberti, Bettina: Die Seele fühlt von Anfang an, München 2007 Brisch, Karl Heinz/Hellbrügger, Theodor: Die Anfänge der Eltern – Kind – Bindung, Stuttgart 2008 Deyringer, Mechthild: Bindung durch Berührung, Berlin 2008 Erickson, Martha Farrell/ Egeland, Byron: Die Stärkung der Eltern – Kind – Bindung, Stuttgart 2006 Gerber, Magda: Dein Baby zeigt dir den Weg, 2009 Grossmann, K.E.: Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby. Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie, Stuttgart, 2003 Harms, Thomas: Emotionelle Erste Hilfe, Berlin 2008 Janus, Ludwig: Wie die Seele entsteht, Heidelberg, 1997 Kirkilionis, Evelin: Ein Baby will getragen sein, München 2009 Lang, Christine: Bonding – Bindung fördern in der Geburtshilfe, München 2009 Largo, Remo: Kinderjahre, München 2009 Mares, Tina: Mamacoach – Modul 7, 2009 Odent, Michael: Geburt und Stillen, München 2006 Papousek, Mechthild/ Schieche, Michael/ Wurmser, Harald: Regulationsstörungen der frühen Kindheit, Bern 2004 Peirsman, Neeto u. Etienne: Mit sanfter Berührung – Craniosacral – Behandlung für Babys und Kleinkinder, München 2007 Ruppert, Franz: Trauma, Bindung und Familienstellen, Stuttgart 2008 Selinger-Sourek, Martin: Mamacoach – Modul 5, 2009 Selinger-Sourek, Martin: Mamacoach – Modul 9, 2009 26