Peter Witt* Nutzen und Kosten einer Beteiligung der Mitarbeiter am

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Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
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Peter Witt*
Nutzen und Kosten einer Beteiligung der Mitarbeiter
am Eigenkapital von Gründungsunternehmen
Diese Arbeit untersucht verschiedene Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in
Gründungsunternehmen. Solche Beteiligungen sind in Form von Anteilsbesitz oder
Aktienoptionen möglich und in der Praxis weit verbreitet. Sie verschaffen dem Gründungsunternehmen einen Nutzen in Form positiver Anreiz- und Motivationswirkungen
auf die Mitarbeiter. Sie verursachen dem Unternehmen jedoch auch Kosten. Empirische
Untersuchungen zeigen, dass die Nutzen die Kosten generell überwiegen. Fraglich ist
jedoch, wie die Kapitalbeteiligung konkret auszugestalten ist, damit ein optimales Nutzen-Kosten-Verhältnis entsteht. Diese Arbeit diskutiert die wichtigsten Vertragselemente
und ihre Auswirkungen auf das Verhalten von Mitarbeitern. Sie weist darüber hinaus
auf bestehende Forschungsdefizite im Bereich der Gestaltung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogrammen hin.
Benefits and Costs of Equity Participation for Employees in Start-ups
This paper addresses different forms of equity participation for employees in startups. Such participation programs can take the form of direct stock ownership or stock
options and are used extensively in firms. Equity participation provides start-ups with
benefits in the form of positive incentive and motivation effects. But it is not without
costs. Empirical studies show that, in general, the benefits are larger than the costs.
Yet it is unclear how participation programs should be structured in detail to reach an
optimal benefit-cost ratio. This paper discusses the most important elements of the
relevant contracts and their effects on the behaviour of employees. It also highlights
existing research deficits and considers how best to design employee participation
programs.
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*
Dr. Peter Witt, Jg. 1966, Vertreter des Lehrstuhls für Unternehmertum und Existenzgründung, Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU), Otto-BeisheimHochschule, Burgplatz 2, 56179 Vallendar.
**
Artikel eingegangen: 16.8.2000
revidierte Fassung akzeptiert nach doppelt-blindem Begutachtungsverfahren: 13.3.2001.
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1.
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
Möglichkeiten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung
In den letzten Jahren hat die Zahl der Unternehmen, die ihren Vorständen und Mitarbeitern Kapitalbeteiligungen und Aktienoptionen anbieten, stark zugenommen. Das
gilt sowohl für etablierte Großunternehmen (vgl. Bernhardt/Witt 1997; Bernhardt 1999)
als auch für Gründungsunternehmen (vgl. die jüngste Dialego-Umfrage vom Januar
2001, abgedruckt im Handelsblatt vom 29.1.2001, S. N 8). Während sich Kapitalbeteiligungsangebote ursprünglich nur an die Geschäftsführer bzw. Vorstände der Unternehmen richteten, also nicht an Mitarbeiter im arbeitsrechtlichen Sinne, sondern an Vertreter der Leitungsorgane, sind sie in jüngster Zeit auch auf andere Führungskräfte oder
sogar alle Mitarbeiter ausgedehnt worden. In dieser Arbeit sollen die Mitarbeiterkapitalbeteiligungen im engeren Sinne untersucht werden, also Programme, die unterhalb
der Vorstandsebene ansetzen.
Gründungsunternehmen sind bei der Analyse von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
von besonderem Interesse, weil sie auf den Arbeitsmärkten speziellen Bedingungen bei
der Rekrutierung von Mitarbeitern ausgesetzt sind: Zunächst einmal stehen Start-ups auf
dem Arbeitsmarkt mit großen Unternehmen im Wettbewerb, die ein deutlich geringeres
Arbeitsplatzrisiko aufweisen. Für dieses höhere Risiko muss dem Mitarbeiter eine Risikoprämie gezahlt werden, welche die Personalkosten erhöht (es sei denn, das gute Arbeitsklima überkompensiert das höhere Arbeitsplatzrisiko im Nutzenkalkül eines potentiellen Mitarbeiters). Gründungsunternehmen haben in den meisten Fällen auch weniger
Erfahrung in der Anwerbung, Auswahl und Motivation von Mitarbeitern und verfügen
am Arbeitsmarkt noch nicht über eine positive Reputation als Arbeitgeber. Weiterhin
unterliegen Gründungsunternehmen zum Teil erheblichen Kapital- und Liquiditätsrestriktionen (vgl. Albach 1999), die eine kostenträchtige Mitarbeiterwerbung und das
Angebot marktunüblich hoher Löhne verhindern. Es ist daher zu konstatieren, dass für
Gründungsunternehmen die Abwägung von Nutzen und Kosten bei der Anwerbung,
Auswahl und Vergütung von Mitarbeitern eine große Bedeutung hat.
Diese Arbeit will im Einzelnen untersuchen, welche Rolle Mitarbeiterkapitalbeteiligungen im Prozess der Rekrutierung, Motivation und Bindung der Arbeitnehmer an
das Unternehmen spielen und was bei ihrer Ausgestaltung zu beachten ist. Insbesondere
sollen die Nutzen und Kosten verschiedener Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung
untersucht und miteinander verglichen werden. Weiterhin wird auf offene Fragen und
mögliche zukünftige Themen der Personalforschung im Bereich der Mitarbeiterkapitalbeteiligungen hingewiesen.
1.1 Direkter Anteilsbesitz für Mitarbeiter
Theoretisch sind Beteiligungen der Mitarbeiter sowohl am Eigenkapital als auch
am Fremdkapital eines Unternehmens möglich. Dabei sind immer Beteiligungen an dem
Unternehmen gemeint, in dem ein Mitarbeiter auch tätig ist. Investitionen von Arbeitnehmern in Branchen- oder Tariffonds werden nicht zu den Mitarbeiterkapitalbeteiligungen gezählt und daher hier nicht betrachtet. Im Folgenden werden auch Fremdkapitalbeteiligungen nicht näher untersucht.
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
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Das klassische Instrument der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist die Belegschaftsaktie bei einer Aktiengesellschaft (AG) oder der Anteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Da ein GmbH-Anteil wenig fungibel ist, d.h. nur mit vergleichsweise hohen Transaktionskosten gehandelt und auf eine andere Person überschrieben werden kann, werden in einer GmbH stille Beteiligungen der Mitarbeiter über
Beteiligungsgesellschaften bevorzugt (vgl. Schneider 1992, 1107). Zur Vereinfachung
der Darstellung werden im Folgenden nur noch Gründungsunternehmen in der Rechtsform der AG behandelt.
Eine direkte Mitarbeiterkapitalbeteiligung kann auf folgenden Wegen erreicht werden (vgl. Steinbrink 1976, 135): Mitarbeiter kaufen selbst Aktien des Unternehmens.
Oder das Unternehmen verkauft den Mitarbeitern Aktien aus dem eigenen Bestand, also
eigene Aktien nach § 71 AktG. Das Unternehmen kann den Mitarbeitern auch Aktien
anbieten, die aus einer ordentlichen Kapitalerhöhung gegen Einlagen nach § 182 AktG
stammen. Dabei ist das Bezugsrecht der Altaktionäre durch Hauptversammlungsbeschluss auszuschließen. Das Unternehmen kann schließlich den Mitarbeitern ein Bezugsrechts auf Aktien anbieten, die aus einer bedingten Kapitalerhöhung nach § 192
AktG oder einem genehmigten Kapital nach § 202 AktG stammen, ebenfalls unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre.
In Deutschland wurde das Instrument der Belegschaftsaktien erstmalig 1867 in der
Messingfabrik Borchert in Berlin eingeführt (vgl. Böhmert 1878, 8-42). Nach dem ersten Weltkrieg führte u.a. die Friedrich Krupp AG erstmalig wieder Aktienprogramme
für Mitarbeiter ein (vgl. Stercken/Lahr 1992). Seit dem zweiten Weltkrieg haben sehr
viele deutsche Unternehmen Belegschaftsaktien eingeführt. Üblicherweise erhalten die
Mitarbeiter dabei die Möglichkeit, Aktien des Unternehmens zu einem Preis unter dem
Marktwert bzw. dem in einer Unternehmensbewertung ermittelten Wert zu kaufen.
Große Unternehmen vergeben häufig stimmrechtslose Vorzugsaktien an ihre Mitarbeiter. Bei Gründungsunternehmen handelt es sich jedoch im Normalfall um voll stimmberechtigte Aktien. Häufig wird der Erwerb von Belegschaftsaktien mit arbeitsvertraglichen Sperrfristen zur Veräußerung gekoppelt, z.B. die vom Vermögensbeteiligungsgesetz geforderte Sperrfrist von sechs Jahren. In Deutschland werden Belegschaftsaktien
steuerlich begünstigt, allerdings nur in sehr begrenztem Umfang. Gewinne aus Belegschaftsaktien bleiben bis zu einem Betrag von DM 300 pro Mitarbeiter und pro Jahr
steuerfrei. Auch in den USA sind Belegschaftsaktien eine weit verbreitete und steuerlich
geförderte Form der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, besonders beliebt sind sogenannte
„Employee Stock Ownership Plans (ESOP)“ (vgl. Brohawn 1997).
1.2 Stock Options (Aktienoptionen)
Eine indirekte Form der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die nur für Unternehmen in
der Rechtsform der Aktiengesellschaft zur Verfügung steht, ist die Aktienoption. Sie
gewährt dem begünstigten Mitarbeiter das Recht, nach der Zuteilung und nach dem Ablauf einer Sperrfrist bis spätestens zum Verfallstag der Option Aktien des Unternehmens
zu einem festgelegten Preis zu kaufen. Diesen festgelegten Preis bezeichnet man als Basis-, Bezugs- oder Ausübungspreis. Er liegt üblicherweise auf der Höhe des Aktienkurses zum Zeitpunkt der Zuteilung der Optionen, kann aber auch darunter oder darüber
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liegen (vgl. Winter 1998). Bei Gründungsunternehmen, die noch nicht börsennotiert
sind, muss der Bezugspreis der Aktienoptionen für Mitarbeiter anhand einer Unternehmensbewertung festgelegt werden.
Der Grundgedanke der Aktienoptionen und der wichtigste Unterschied zum direkten Aktienbesitz besteht darin, dass die Inhaber an steigenden Unternehmenswerten partizipieren, nicht aber an Wertverlusten. Wenn nämlich der Aktienkurs im Zeitraum der
möglichen Ausübung unter dem Bezugspreis liegt, dann lohnt sich die Ausübung der
Option nicht, diese verfällt wertlos. Wenn der Aktienkurs jedoch über dem Bezugspreis
liegt, dann hat die Option einen positiven Wert, sie ist „im Geld“. Die begünstigten Mitarbeiter können diesen Wert realisieren, indem sie die Optionen ausüben und die auf
diese Weise erworbenen Aktien anschließend an der Börse verkaufen. Der ökonomische
Gewinn dieser Transaktion besteht aus der Differenz zwischen Bezugspreis und Aktienkurs, multipliziert mit der Zahl der ausgeübten Optionsrechte (vgl. Bernhardt/Witt 1997,
89-90). Da Aktienoptionen Gehaltsbestandteile sind, unterliegen die Gewinne aus ihrer
Ausübung der Besteuerung. Nach dem letzten Urteil des Bundesfinanzhofs liegt der
steuerlich relevante Zufluss von Arbeitslohn nicht bei der Zuteilung der Optionen oder
beim Weiterverkauf der erworbenen Aktien vor, sondern im Moment der Ausübung der
Optionen (vgl. BFH-Beschluss vom 23.7.1999, BStBl. 1999 II, S. 684). Für das Jahr
2001 stehen zwei weitere Entscheidungen des BFH zur Besteuerung von Aktienoptionen an. Es wird erwartet, dass das Gericht seine bisherige Rechtsprechung fortführt.
Diese fiskalische Vorgehensweise hat den Nachteil, den betroffenen Mitarbeiter, der
seine durch Optionen erworbenen Aktien zunächst halten und nicht gleich verkaufen
will, einem Liquiditätsabfluss durch Besteuerung zu unterwerfen, dem nur ein unsicherer zukünftiger Veräußerungsgewinn gegenübersteht. Wenn die erworbenen Aktien jedoch sofort oder innerhalb eines Jahres verkauft werden, dann fällt zusätzlich ein zu
versteuernder Spekulationsgewinn an (vgl. Siddiqui 1999, 182).
Wenn sich ein Gründungsunternehmen für die Vergabe von Aktienoptionen an seine Mitarbeiter entscheidet, dann müssen folgende Gestaltungsparameter festgelegt werden (vgl. Kramarsch 2001):

Kreis der optionsberechtigten Mitarbeiter: Üblicherweise erhalten neben den Vorstandsmitgliedern, die in dieser Arbeit nicht weiter betrachtet werden, alle Mitglieder des Managementteams eines Gründungsunternehmens Aktienoptionen. Darüber hinaus werden Aktienoptionen verwendet, um bestimmte Spezialisten wie
z.B. Internet-Programmierer oder Softwareentwickler, die am Arbeitsmarkt stark
gesucht sind und bei denen die Gefahr der Abwerbung durch andere Unternehmen
groß ist, an das Unternehmen zu binden. Es können auch alle Mitarbeiter eines
Gründungsunternehmens optionsberechtigt sein.

Zahl der Optionsrechte pro Mitarbeiter: Die Zahl der insgesamt vergebenen Optionsrechte bestimmt zusammen mit dem Kreis der Begünstigten den maximalen
Prozentsatz des Eigenkapitals, der durch Ausübung der Optionen in die Hände der
Mitarbeiter übergehen kann.

Bezugspreis: Der Bezugspreis kann fix oder indexorientiert festgelegt werden. Fixe
Bezugspreise können sich nach dem Aktienkurs im Moment der Zuteilung der Op-
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tionen richten, sie können jedoch auch andere Werte annehmen. Bei indexorientierten Bezugspreisen liegt die Option erst dann im Geld, wenn sich der Börsenkurs
des Unternehmens besser entwickelt hat als ein Vergleichsmaßstab in Form eines
Branchen- oder Marktindex. Indexierte Optionen sollen die Mitarbeiter nur für
Wertsteigerungen über einen Vergleichsmaßstab hinaus belohnen (vgl. Bernhardt
1999, 125).

Herkunft der Aktien: Als 1996 die ersten Aktienoptionsprogramme in Deutschland
eingeführt wurden, konnten noch keine reinen Optionen vergeben werden. Stattdessen wählten die Unternehmen einen Umweg über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nach § 221 AktG. Diese werden von den Mitarbeitern gekauft und durch das Unternehmen verzinst. Nach Ablauf der Sperrfrist können die
Schuldverschreibungen dann zu einem festen Bezugspreis in Aktien des Unternehmens gewandelt oder einfach zurückgegeben werden. Zur Begebung einer
Wandelschuldverschreibung ist eine bedingte Kapitalerhöhung nach § 192 AktG
unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre erforderlich (vgl. Lutter 1997).
Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
(KonTraG), das im Mai 1998 in Kraft trat, wurde die Vergabe von reinen Optionen
ohne Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung möglich (vgl. Siddiqui 1999, 168171). Dabei kauft das Unternehmen an der Börse eigene Aktien, die dann im Fall
der Ausübung der Optionen zum niedrigeren Bezugspreis an die Mitarbeiter weiterverkauft werden. Das erfolgt am besten nach § 71(1), Nr. 8 AktG, wobei jedoch
der Verwendungszweck der Aktien und alle wesentlichen Elemente des Optionsprogramms im Hauptversammlungsbeschluss explizit festgelegt werden müssen.
Alternativ können im Zeitpunkt der Vergabe der Aktienoptionen eine bedingte Kapitalerhöhung vorgenommen oder Kaufoptionen auf eigene Aktien erworben werden. Theoretisch kann das Unternehmen die Aktien auch erst im Zeitpunkt der Optionsausübung am Markt kaufen, was ein Kursrisiko mit sich bringt.

Ausübungszeiträume: Die meisten Aktienoptionen für Mitarbeiter von Gründungsunternehmen weisen Laufzeiten von zwei bis sieben Jahren aus. Erst nach Ablauf
dieser Frist können die Optionen ausgeübt werden. In sehr dynamischen Branchen,
z.B. Electronic Commerce, gelten Sperrfristen von über drei Jahren als unüblich
und werden von potentiellen Mitarbeitern abgelehnt.
Aktienoptionen, insbesondere die kostenlos vergebenen, haben gegenüber dem direkten Anteilsbesitz den Vorteil, die Mitarbeiter bei sinkenden Kursen vor Vermögensverlusten zu schützen. Dieser Vorteil verschwindet, wenn die Mitarbeiter Belegschaftsaktien kostenlos erhalten, denn dann können auch aus dieser Form der Beteiligung keine
realen Vermögensverluste resultieren.
Aktienoptionen in Verbindung mit einer bedingten Kapitalerhöhung eignen sich
insbesondere für die frühen Phasen des Gründungsprozesses, weil sie die Eigentumsund Kontrollstrukturen während der Sperrfrist bis zur möglichen Ausübung der Optionen unverändert lassen und dem Unternehmen solange auch keine Kosten verursachen.
Dem steht der Nachteil gegenüber, dass die zukünftigen Eigentumsverhältnisse des Un-
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ternehmens vom Ausübungsverhalten der Mitarbeiter abhängen und damit unsicher
sind.
1.3 Stock Appreciation Rights und Phantom Stocks
Unternehmen, welche die direkten Kosten, die Transaktionskosten und den Verwaltungsaufwand einer Kapitalerhöhung für Aktienprogramme oder Aktienoptionsprogramme nicht auf sich nehmen wollen, können ihren Mitarbeitern leistungsabhängige
Vergütungen in Abhängigkeit vom Unternehmenswert anbieten. Solche Vergütungsformen werden als „Stock Appreciation Rights“ bezeichnet. Dabei zahlt das Unternehmen den Mitarbeitern die Differenz zwischen dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Vergütung und einem vorab vereinbarten Referenzkurs. Auf diese Weise bezieht der begünstigte Mitarbeiter denselben wirtschaftlichen Vorteil, den er auch bei der Ausübung
einer Aktienoption mit Bezugspreis gleich Referenzkurs hätte erzielen können. Allerdings liegt keine Kapitalbeteiligung im gesellschaftsrechtlichen Sinn vor (vgl. Bernhardt
1999, 125-126).
Aktiengesellschaften, die noch nicht an einer Börse notiert sind, und deren Unternehmenswert von Fall zu Fall berechnet werden muss, können fiktive Anteilsscheine
ausgeben, sogenannte „Phantom Stocks“ (vgl. Kramarsch 2001).
Für Gründungsunternehmen eignen sich solche fiktiven Beteiligungen nicht, weil
sie im Gegensatz zu Aktienoptionen direkte Liquiditätsabflüsse zum Zeitpunkt der Vergütung bewirken, denen keine realisierten Vermögenszuwächse der Eigentümer durch
steigende Börsenkurse gegenüber stehen. „Phantom Stocks“ entsprechen eher einer unternehmenswertabhängigen Form der variablen Vergütung. Die SAP AG musste für die
Auszahlung der 1998 eingeführten „Stock Appreciation Rights (STAR)“ in den Jahren
1998 bis 2000 wegen der hohen Kursgewinne dreistellige Millionenbeträge aufwenden
(so lag z.B. der Betriebsgewinn für das Jahr 2000 ohne Berücksichtigung von STAR bei
659 Millionen Euro und nach Abzug der STAR-Kosten bei 583 Millionen Euro, vgl den
Quartalsbericht der SAP AG vom 23.1.2001 unter
www.sap-ag.de/germany/investor/index.htm).
Diese Erfahrungen zeigen, dass fiktive Beteiligungen die Liquidität eines Unternehmens belasten, die Grenze zwischen Vermögensbesitz und laufendem Gehalt verwischen und zu falschen Erwartungshaltungen der Mitarbeiter führen können.
2. Zur Theorie der Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
2.1 Kapitalbeteiligungen als Form der Arbeitsentlohnung
Neugründungen verfügen häufig in der Zeit der Nachgründungsphase noch über
negative Cash Flows, weil den laufenden Auszahlungsverpflichtungen noch keine
gleich großen laufenden Einzahlungen aus Umsatzerlösen gegenüber stehen. Bei einem
beschränkten Startkapital müssen die Gründer also bemüht sein, die liquiden Mittel des
Unternehmens so weit wie möglich zu schonen. Das betrifft insbesondere die Löhne
und Gehälter, die bei vielen Gründungsunternehmen den größten Anteil an den laufenden Auszahlungsverpflichtungen ausmachen. Gründungsunternehmen können ihren
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Mitarbeitern aufgrund dieser finanzieller Restriktionen häufig keine hohen laufenden
Löhne und Gehälter zahlen.
Bei funktionsfähigen Arbeitsmärkten kann ein junges Unternehmen es sich jedoch
nicht leisten, potentiellen Mitarbeitern niedrigere Arbeitsentgelte anzubieten als die
Wettbewerber. Nach der betrieblichen Kontrakttheorie und der Humankapitaltheorie
haben Mitarbeiter typischerweise ein Interesse an dauerhaften bzw. sicheren Arbeitsplätzen, weil sie firmenspezifische Investitionen in Humankapital tätigen und bei einer
Kündigung Transaktionskosten des Arbeitsplatzwechsels zu tragen haben (vgl. Wanik
1981). Demzufolge müssten Gründungsunternehmen ihren Mitarbeitern sogar etwas
höhere Löhne und Gehälter bezahlen als etablierte Großunternehmen. Der höhere Lohn
entspricht einer Risikoprämie, mit der ein Gründungsunternehmen seine Mitarbeiter für
das im Vergleich zu anderen Arbeitgebern höhere Risiko eines Arbeitsplatzverlustes
entschädigt. Höhere Löhne in Gründungsunternehmen lassen sich auch durch das Fehlen von Zusatzleistungen wie Betriebskindergärten und subventionierte Kantinen erklären, die ältere oder größere Unternehmen ihren Mitarbeitern als Lohnersatzleistungen
anbieten können.
Eine ökonomische Untersuchung der Löhne und Gehälter, die auf Arbeitsmärkten
vereinbart werden, darf sich nicht auf die vertraglich festgelegten monatlichen Zahlungen beschränken. Entscheidend ist für einen Mitarbeiter der Gegenwartswert der erwarteten Gesamtvergütung, die ein Unternehmen über einen bestimmten Planungshorizont
zahlt. Ökonomisch rationale Mitarbeiter richten sich bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber nicht nur nach dem laufenden Gehalt, sondern beachten auch die erwarteten
Gehaltssteigerungen, die erwarteten variablen Bezüge (Boni, Prämien, Gratifikationen
usw.) und alle erwarteten geldwerten Leistungen des Arbeitgebers. Gründungsunternehmen müssen also nach Wegen suchen, ihren Mitarbeitern als Ausgleich für niedrige
gegenwärtige Löhne höhere zukünftige Vergütungen in Aussicht zu stellen, z.B. durch
Kapitalbeteiligungen oder Karrierepläne. Solche Konzepte haben den Nachteil, den
Mitarbeitern ein zusätzliches Einkommensrisiko aufzubürden, weil die zukünftigen
Zahlungen nicht vertraglich garantiert werden können (vgl. Weitzman 1995, 57). Im
Konkursfall oder bei einer Kündigung durch das Unternehmen gehen die Ansprüche eines Mitarbeiters auf höhere zukünftige Vergütungszahlungen verloren. Er verliert dann
nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern auch einen mehr oder weniger großen Teil seines
Vermögens (vgl. Steinbrink 1976, 138). Je größer das Konkursrisiko des Gründungsunternehmens, je höher das individuelle Kündigungsrisiko und je größer die Risikoaversion des betreffenden Mitarbeiters, desto höher müssen die in Aussicht gestellten zukünftigen Vergütungen sein, um als Gründungsunternehmen auf dem Arbeitsmarkt einen bestimmten Mitarbeiter rekrutieren zu können.
Insbesondere Mitarbeiter mit vergleichsweise geringer Gegenwartspräferenz bzw.
geringer Risikoaversion können ein Interesse an einer Entlohnung mit niedrigem Festgehalt und großen Kapitalbeteiligungen haben. Zu denken wäre beispielsweise an junge
Mitarbeiter, die noch keine Familie zu versorgen haben und mit bescheidenem Lebensstil auskommen, die aber die Aussicht auf hohe zukünftige Kapitalgewinne reizt. Sie
tauschen einen Teil der vertraglich festen laufenden Gehaltsansprüche, die der reguläre
Arbeitsmarkt bietet, gegen unsichere zukünftige Einkommensansprüche aus direkten
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oder indirekten Unternehmensbeteiligungen, wenn diese hoch genug sind. Für das
Gründungsunternehmen haben Mitarbeiterkapitalbeteiligungen den Vorteil, die laufenden Auszahlungsverpflichtungen für Löhne und Gehälter zu reduzieren und Mitarbeiter
am Unternehmenserfolg partizipieren zu lassen.
Es ist jedoch auch möglich, dass Mitarbeiterkapitalbeteiligungen nicht anstelle eines ansonsten höheren Gehalts gezahlt werden, sondern auf das marktübliche Gehalt –
u.U. einschließlich einer Risikoprämie für Gründungsunternehmen – aufgeschlagen
werden. Das kann dann vorkommen, wenn Aktienpakete und/oder Aktienoptionen auch
von allen anderen Konkurrenzunternehmen angeboten werden, so dass sie praktisch zu
einem Bestandteil des Marktlohns geworden sind. Wenn ein Gründungsunternehmen in
einer solchen Arbeitsmarktsituation keine Mitarbeiterkapitalbeteiligung anbietet, hat es
Wettbewerbsnachteile und bekommt keine oder nur unzureichend qualifizierte Mitarbeiter.
2.2 Kapitalbeteiligung als Anreizinstrument
Die Principal-Agent-Theorie hat darauf hingewiesen, dass die Ziele der Mitarbeiter
von denen der Eigentümer abweichen können, und dass zwischen beiden Parteien häufig Informationsasymmetrie besteht. Die Eigentümer eines Unternehmens können oft
nur die Arbeitsergebnisse ihrer Mitarbeiter sehen, aber nicht deren Arbeitseinsatz. In
machen Fällen wird das Arbeitsergebnis zudem noch von externen Größen beeinflusst,
so dass von einem bestimmten Ergebnis nicht mehr unmittelbar auf den Arbeitseinsatz
des Mitarbeiters geschlossen werden kann. Die „klassische“ Annahme der PrincipalAgent-Theorie lautet, dass Mitarbeiter Arbeitsleid empfinden und sich daher ohne Kontrollen oder Leistungsanreize nicht ausreichend für die Ziele der Eigentümer einsetzen.
Da Verhaltens- oder Ergebniskontrollen oft nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten
möglich sind, kommt einer anreizverträglichen Vergütung große Bedeutung zu (vgl.
Holmström 1979).
Die anreizverträgliche Entlohnung der Mitarbeiter kann sich grundsätzlich am Input orientieren, z.B. an der eingesetzten Arbeitszeit, oder am Output der Tätigkeit, also
den Produktionskosten, dem Umsatz, dem Gewinn, dem Unternehmenswert usw. Inputorientierte Vergütungen werden verwendet, wenn sich der Output nicht oder nur unter
prohibitiv hohen Kosten messen lässt (vgl. Lazear 2000, 410). Bei outputorientierten
Vergütungen stellt sich die Frage nach einer geeigneten Bemessungsgrundlage, also der
Outputgröße, nach der sich die leistungsabhängige Vergütung richten soll. Dabei ist zunächst zu prüfen, wie stark die Bemessungsgrundlage von der Arbeitsanstrengung des
Mitarbeiters beeinflusst wird. Je mehr der als Bemessungsgrundlage gewählte Output
von anderen, nicht vom Mitarbeiter kontrollierbaren Faktoren abhängig ist, desto höher
liegt dessen Einkommensrisiko. Zweitens ist zu prüfen, wie stark sich die Bemessungsgrundlage mit den Zielen der Eigentümer deckt. Abweichungen der Bemessungsgrundlage der Vergütung des Agenten von der Zielgröße des Prinzipals führen zu Verzerrungen bzw. geringerer Anreizverträglichkeit (vgl. Baker 2000, 417). Die Theorie der effizienten Mitarbeiterentlohnung hat gezeigt, dass es einen negativen Zusammenhang zwischen der Anreizverträglichkeit der Vergütung und der Risikoübernahme durch den
Mitarbeiter gibt: Je anreizverträglicher eine Bemessungsgrundlage ist, weil sie genau
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den Zielgrößen der Eigentümer entspricht, desto höher ist das Einkommensrisiko des
Mitarbeiters, weil er die Bemessungsgrundlage weniger gut kontrollieren kann als bei
anderen, stärker anreizverzerrten Outputgrößen (vgl. Holmström 1979).
Das zeigt sich besonders deutlich bei den Mitarbeiterkapitalbeteiligungen: Der Anteilsbesitz macht die Mitarbeiter zu Eigentümern des Unternehmens und ist so die direkteste Form der Herstellung von Anreizverträglichkeit. Er hat allerdings den Nachteil eines hohen Einkommensrisikos, weil einzelne Mitarbeiter nur begrenzten Einfluss auf
die Börsenkursentwicklung ihres Unternehmens nehmen können. Während Aktionäre
ihr Vermögen auf den Kapitalmärkten durch Portfolios leicht streuen und so das Risiko
eines Vermögensverlustes verringern können, sind die Mitarbeiter eines Unternehmens
viel weniger diversifiziert. Um nennenswert am Unternehmen beteiligt zu sein, müssen
sie große Anteile ihres Vermögens in Aktien ihres Unternehmens halten. Zudem hängt
auch ihr laufendes Einkommen vom Erfolg des Unternehmens ab. Folglich besteht die
Gefahr, dass die Mitarbeiter, die am Eigenkapital ihres Unternehmens durch direkten
Anteilsbesitz beteiligt sind, ineffizient viel Risiko tragen.
Aktienoptionen weisen im Vergleich zum reinen Aktienbesitz ein geringeres Risiko aus, weil sie die begünstigten Mitarbeiter nur an positiven Wertentwicklungen teilhaben lassen. Wenn die Kurse verfallen, werden die Aktienoptionen zwar wertlos, aber
die Mitarbeiter erleiden darüber hinaus keinen direkten Vermögensverlust. Generell gilt,
dass Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ein um so indirekteres und damit ein um so weniger anreizverträgliches Instrument der Entlohung darstellen, je weniger sich der Arbeitseinsatz des einzelnen Mitarbeiters auf den Wert seines Anteilsbesitzes auswirkt.
Die Prüfung der Frage, wie Mitarbeiterkapitalbeteiligungen die Leistungsanreize
von Mitarbeitern beeinflussen, wirft aber noch weitere Probleme auf. Zunächst besteht
zwischen den Eigentümern eines Gründungsunternehmens und seinen Mitarbeitern ja
ein Interessenkonflikt bezüglich der Höhe der Vergütung. Je mehr ein Unternehmen
seinen Mitarbeitern zahlt, desto niedriger ist ceteris paribus der verbleibende Überschuss, der an die Eigentümer in Form von Dividende oder Wertsteigerung ausgeschüttet werden kann. Der Grundgedanke der Principal-Agent-Theorie ist es, diesen Interessengegensatz dadurch auszugleichen, dass die Ziele von Eigentümern und Mitarbeitern
aneinander angenähert werden. Dazu eignet sich beispielsweise das Instrument der Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Sie macht die Mitarbeiter formal zu Eigentümern ihres Unternehmens. Beim einzelnen Arbeitnehmer tritt auf diese Weise neben das Ziel der Maximierung des Arbeitseinkommen das Ziel der Maximierung des Kapitalvermögens. Im
Extremfall könnte ein Mitarbeiter ganz auf sein festes Gehalt verzichten und sich nur in
Anteilen bzw. Optionen des Unternehmens bezahlen lassen, so dass seine Interessen denen der Eigentümer vollständig entsprechen. Eine solche Annäherung der Interessen
funktioniert jedoch nur, wenn das Einkommen aus der Kapitalbeteiligung so groß ist,
dass es dem Gehaltsinteresse ebenbürtig oder überlegen ist. Das wird nur bei sehr großen Anteilspaketen, die man in der Literatur auch als „significant equity“ bezeichnet
(vgl. Gross 1998, 70), oder sehr hohen Werten der Unternehmensanteile der Fall sein.
Ein Beispiel für ein Gründungsunternehmen, das allen Mitarbeitern Aktienoptionen angeboten hat, die bei der Ausübung den Wert eines durchschnittlichen Jahresgehalts um ein Vielfaches überstiegen und buchstäblich jeden Begünstigten zwischenzeit-
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lich zumindest vom Wert des Aktienbesitzes her zum Millionär machten, ist die EMTV
AG. Auch ein frühes Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramm der Intershop Communications AG hat aufgrund des rasanten Wertzuwachses des Unternehmens jedem teilnehmenden Mitarbeiter buchhalterische Vermögenszuwächse beschert, die durch Gehaltssteigerungen nicht zu realisieren gewesen wären. Beide Beispiele belegen jedoch
auch, dass die Vermögensgewinne durch Optionen sehr stark vom Timing der Ausübung, vom Timing des Aktienverkaufs und damit von der Kapitalmarktverfassung abhängen. Gewinne sind erst dann wirklich vorhanden, wenn die betroffenen Mitarbeiter
die durch Optionen erworbenen Aktien verkaufen und die Kursgewinne realisieren. Wer
die Aktien behält, kann – wie im Beispiel EMTV und Intershop eindrucksvoll zu beobachten war – große Teile seines (auf dem Papier bestehenden Vermögens) wieder verlieren. Die beiden Beispiele zeigen schließlich auch, dass Reichtum durch Aktienoptionen offensichtlich nicht die einzige Arbeitsmotivation der Mitarbeiter war, denn die
meisten Vermögensmillionäre haben in den Zeiten hoher Kurse ihres Unternehmens
nicht die Aktien verkauft und sich zur Ruhe gesetzt, sondern weiter gearbeitet.
Bei geringeren Kapitalbeteiligungen löst sich der Interessengegensatz zwischen
Eigentümern und Mitarbeitern nicht auf. Mitarbeiter mit einer geringen oder einer moderaten Kapitalbeteiligung werden nicht auf eine Gehaltserhöhung verzichten wollen,
nur um den Unternehmenswert zu erhöhen. Das liegt einmal daran, dass sie an einer
Gehaltserhöhung unmittelbar, an einer Wertsteigerung aber nur mit einem ganz kleinen
Anteil partizipieren. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter häufig keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unternehmenswert und der Höhe ihres Gehalts sehen können. Dieser Effekt tritt besonders bei Gründungsunternehmen auf, die noch nicht börsennotiert sind. Bei solchen Unternehmen wird die Veränderung des Unternehmenswerts – wenn überhaupt – nur in unregelmäßigen Abständen durch Unternehmensbewertungen festgestellt, deren methodische Vorgehensweise den allermeisten Mitarbeitern nicht bekannt ist. Aber auch bei größeren, börsennotierten Gründungsunternehmen
ist es fast unmöglich, einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen dem eigenen
Gehalt und dem Unternehmenswert zu erkennen. Der Börsenkurs hängt von zu vielen
externen Faktoren ab. Außerdem ist das Unternehmensergebnis immer Teil einer Teamproduktion, deren Ergebnis nicht auf die Beiträge einzelner Mitarbeiter zurückgeführt
werden kann (vgl. Alchian/Demsetz 1972; Weitzman 1995, 55-57).
2.3 Kapitalbeteiligungen als Motivationsinstrument
Die Motivationsforschung hat bereits vor vielen Jahren nachgewiesen, dass Mitarbeiter nicht nur durch eine leistungsabhängige Vergütung zum Arbeitseinsatz motiviert
werden. Ebenso wichtig wie Geld sind nicht monetäre Ziele wie Spaß an der Arbeit,
Selbstverwirklichung, Verantwortungsübernahme usw. Zu prüfen wäre demnach, wie
sich Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auf die gesamte Motivation, das Verhalten und die
Ziele von Mitarbeitern auswirken.
Aus der Motivationsforschung ist zunächst das Problem bekannt, dass leistungsabhängige Vergütungssysteme die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter auf die gemessenen
und belohnten Leistungsmerkmale richten. Dabei entsteht die Gefahr, dass andere Leistungsmerkmale, die für den Unternehmenserfolg ebenfalls Bedeutung haben, aber nicht
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gut messbar oder nicht Bestandteil der leistungsabhängigen Vergütung sind, von den
Mitarbeitern vernachlässigt werden (vgl. Lawler 1994, 143-187). Jüngere Forschungsergebnisse haben darüber hinaus gezeigt, dass eine leistungsabhängige Vergütung an
sich für ein Unternehmen schädliche Folgen haben kann, weil sie die eigene, intrinsische Motivation der Mitarbeiter, also den persönlichen Antrieb und die Arbeitsmoral,
sich bestmöglich für das Unternehmen einzusetzen, zerstört und durch die extrinsische
Motivation der leistungsabhängigen Vergütung ersetzt (vgl. Frey/Oberholzer-Gee 1997;
Frey 1997).
Da Mitarbeiterkapitalbeteiligungen die potenzielle Vergütung an einer hoch aggregierten Größe – dem Unternehmenswert – festmachen, ist die Gefahr einer Überbetonung bestimmter Leistungsaspekte zuungunsten anderer gering. Denkbar ist jedoch,
dass durch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen eine eventuell vorhandene intrinsische Motivation der Mitarbeiter zerstört wird. So ließ sich in den Zeiten der starken Kursgewinne von Aktien des neuen Markts bei manchen Mitarbeitern in Gründungsunternehmen
durchaus eine stark monetär ausgerichtete Zielsetzung im Sinne einer „Get Rich
Quickly“-Mentalität feststellen. Solche Mitarbeiter weisen nur wenig Loyalität bzw.
Bindung zu ihrem Arbeitgeber auf. Sie verlangen ein höheres Gehalt oder kündigen und
treten einem anderen Unternehmen bei, sobald sich zeigt, dass die bisherigen Aktienoptionen nicht nach einigen Jahren gewinnbringend ausgeübt werden können.
Die theoretische Gründungsforschung geht jedoch nicht von der Gefahr einer solchen Verdrängung der intrinsischen Motivation aus, sondern betont positive Motivations- und Bindungswirkungen. Die Hypothese lautet, dass eine Kapitalbeteiligung die
Arbeitsmotivation, die Bindung und die Produktivität von Mitarbeitern in Gründungsunternehmen deutlich erhöht, selbst wenn die potenziellen Vermögenszuwächse aus
dieser Beteiligung begrenzt sind. Das wird mit einer psychologischen Vorliebe der
Menschen für Spiele, insbesondere solche mit begrenztem Einsatz und hohen Gewinnchancen erklärt: Die Kapitalbeteiligung mache die Mitarbeiter zu Beteiligten in einem
Spiel gegen einen gemeinsamen Gegner, nämlich die Konkurrenten am Markt. Sie ersetze die Langeweile eines festen Gehalts durch die Möglichkeit, an einem Spiel mit
Gewinnmöglichkeiten teilzunehmen. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen konzentrierten die
Kräfte der Mitarbeiter auf die Bekämpfung unternehmensexterner Widersacher und
weckten so den Spaß am Sieg: „Equity means drama. (...) equity exerts a pull disproportionate to ist actual financial potential.“ (Gross 1998; 70). Die theoretische Kausalkette
zwischen Kapitalbeteiligungen und dem Unternehmenserfolg lautet dabei: Kapitalbeteiligungen erhöhen die Motivation der Mitarbeiter. Die gesteigerte Motivation erhöht den
Arbeitseinsatz und die Arbeitsproduktivität. Beides zusammen führt zu höheren Unternehmensergebnissen, z.B. in Form steigender Gewinne oder steigender Börsenkurse.
Die psychologische Investitionstheorie erklärt, warum Mitarbeiterkapitalbeteiligungen nicht nur die Motivation, sondern auch die Bindung an das Unternehmen erhöhen können. Sie erklärt diese Bindung, das sogenannte Commitment, als eine positive
Funktion von Zufriedenheit und Investitionen und eine negative Funktion von Alternativen (vgl. Moser 1996, 30). Je zufriedener also ein bestimmter Mitarbeiter mit seinem
Arbeitsplatz ist, je mehr er in diesen Arbeitsplatz bereits irreversibel investiert hat und
je weniger alternative Arbeitsplätze es für ihn auf dem Arbeitsmarkt gibt, desto stärker
124
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
ist er an das Unternehmen gebunden. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen erhöhen in diesem
Modell die Investitionen. Das gilt für Aktienprogramme, weil die Aktien erst nach einer
gewissen Sperrfrist und nur bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erworben werden
können. Es gilt ebenso bei Aktienoptionen, die bei einem vorzeitigem Ausscheiden –
vor Beginn des Ausübungszeitraums – wertlos verfallen. Die psychologische Investitionstheorie erklärt auch, warum Mitarbeiter erfolgloser Unternehmen unabhängig von
der Arbeitszufriedenheit und den Arbeitsmarktbedingungen weniger stark an ihre Firma
gebunden sind als Mitarbeiter erfolgreicher Unternehmen. Wenn nämlich absehbar ist,
dass ein Unternehmen den geplanten Börsengang nicht schaffen wird, oder wenn die
Aktienkurse des Unternehmens so stark gesunken sind, dass die vergebenen Aktienoptionen wertlos geworden sind, dann sinkt der Wert der getätigten Investitionen auf null.
Sie üben keine Bindungswirkung mehr aus.
Die empirische Gründungsforschung bestätigt generell einen positiven Zusammenhang zwischen Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und Unternehmenserfolg. Einer Studie
zufolge, die unlängst von der Kellogg Graduate School of Management in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Hewitt Associates in den USA durchgeführt wurde, haben Unternehmen mit einem Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramm signifikant
höhere Renditen und höhere Unternehmenswerte als Unternehmen ohne ein solches
Programm. Die Ankündigung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung führte in 60% der betrachteten Fälle zu einem Anstieg des Börsenkurses in den ersten zwei Tagen nach Veröffentlichung der Ankündigung (vgl. The CPA Journal, January 2000, 13).
Eine andere empirische Studie untersuchte 107 Gründungsunternehmen, die 1988
in den USA an die Börse gingen. Die Unternehmen, die ein Optionsprogramm für alle
Mitarbeiter auflegten, erfuhren in den fünf Jahren nach dem Börsengang signifikant höhere Wertsteigerungen – gemessen am Aktienkurs – als solche Unternehmen, die nur
dem Vorstandsvorsitzenden (CEO) oder den Vorstandsmitgliedern Aktienoptionen anboten. Dieser Befund war um so ausgeprägter, je mehr Risikofaktoren das Unternehmen
nach den eigenen Angaben im Börsenzulassungsprospekt ausgesetzt war (vgl. Welbourne/Cyr 1999).
Auch zwischen der durchschnittlichen Arbeitszeit der Mitarbeiter und der Existenz
eines Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramms besteht offensichtlich ein positiver Zusammenhang. Einer Studie der Bertelsmann- und der Hans-Böckler-Stiftung zufolge
haben von den 50 Wachstumsunternehmen, die in Deutschland im Nemax notiert sind
und die fast alle ein Beteiligungsprogramm für Mitarbeiter anbieten, nur 16% einen Betriebsrat (vgl. Financial Times Deutschland vom 22.5.2000).
Fraglich ist bei allen Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, wie groß die Aktienpakete bzw. die Optionspakete pro Mitarbeiter sein müssen, um die gewünschten Motivations- und Bindungswirkungen auszulösen. Die vorliegenden empirischen Studien
beantworten diese Frage nicht, weil sie das Ausmaß der Mitarbeiterkapitalbeteiligung
und den Kreis der Begünstigten, die sich beide von Unternehmen zu Unternehmen erheblich unterscheiden können, nicht erfassen. Wenn die Anteile pro Mitarbeiter so gering sind, dass der Gewinn aus der Kapitalbeteiligung die steuerlichen Freibeträge nicht
übersteigt, dann ist sicher fraglich, ob überhaupt eine bessere Identifizierung mit dem
Unternehmen und eine größere Motivation bewirkt wird. Bill Gross, der Gründer und
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
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Vorstandsvorsitzende des US-amerikanischen Inkubators Idealab hat die Ansicht geäußert, eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung solle pro Mitarbeiter mindestens ein Prozent
betragen, um die gewünschten Motivationseffekte zu erzielen. Abgesehen davon, dass
der absolute Wert einer einprozentigen Beteiligung sehr unterschiedlich sein kann, ist
bei einem solchen Vorschlag die Zahl möglicher Mitarbeiter im Gründungsunternehmen
begrenzt: „The problem with 1% owners, of course, is that you can have only 100 of
them.“ (vgl. Gross 1998, 70). Möglicherweise reicht ein deutlich niedrigerer Schwellenoder Fühlbarkeitswert des Anteils- oder Optionsbesitzes pro Mitarbeiter aus, um die
gewünschten Verhaltenswirkungen bei den Mitarbeiter hervorzurufen.
Beim heutigen Stand der Gründungs- und Motivationsforschung ist auch fraglich,
welcher Zusammenhang zwischen der Höhe des Kapitalanteils und der Stärke von Motivation und Bindung der Mitarbeiter besteht. Wenn der Grenznutzen aus Einkommen
abnimmt, und wenn die Motivationswirkung eine positive Funktion der Einkommenschance aus der Beteiligung ist, dann ergeben sich abnehmende Grenzmotivationswirkungen aus Steigerungen der Höhe der individuellen Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Denkbar ist auch, dass es obere Schwellenwerte des Anteils- oder Optionsbesitzes gibt,
über die hinaus gar keine Verhaltensänderungen bei den Mitarbeitern mehr erzielt werden. Es ist auch zu beachten, dass sich die Nutzenfunktionen und das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter voneinander unterscheiden können, so dass theoretisch individuell
pro Mitarbeiter eine optimale Beteiligungshöhe ermittelt werden müsste. Das ist in der
unternehmerischen Praxis jedoch unmöglich.
3.
Erste Erfahrungen mit Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in deutschen
Gründungsunternehmen
Eine detaillierte empirische Erhebung der Verbreitung von Kapitalbeteiligungen
für Mitarbeiter von Gründungsunternehmen liegt für Deutschland bisher nicht vor. Es
gibt jedoch einige Befragungen und Erfahrungsberichte, die im folgenden vorgestellt
werden sollen.
Einer Umfrage der Online-Marktforschungsgesellschaft Dialego zufolge, die im
Januar 2001 in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt bei 230 Führungskräften in eCommerce-Unternehmen durchgeführt wurde, erhalten 19,6% der Angestellten in dieser
Branche eine kursabhängige Vergütung, die jedoch in 73,3% der Fälle weniger als zehn
Prozent des Gesamtgehalts ausmacht. Von den Mitarbeitern, die kursabhängig entlohnt
wurden, erhielten der Umfrage zufolge 60% Aktienoptionen, 11,1% Phantom-Aktien,
6,7% Wandelschuldverschreibungen und 22,2% sonstige kursabhängige Vergütungen
(vgl. Handelsblatt vom 29.1.2001, Seite N 8).
Die dem Autor verfügbaren Informationen aus Gesprächen mit mehreren Gründern
und Vertretern von Venture Capital-Unternehmen deuten darauf hin, dass Aktienoptionen zumindest in schnell wachsenden Unternehmen mit konkreten Plänen für einen sogenannten „Exit“, z.B. in Form eines Verkaufs an ein anderes Unternehmen oder in
Form eines Börsengangs, fast eine Selbstverständlichkeit geworden sind. Das gilt insbesondere für alle hochqualifizierten und am Arbeitsmarkt stark umworbenen Fachkräfte
(vgl. auch Kramarsch 2001). Direkter Anteilsbesitz der Mitarbeiter am Unternehmen
126
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
kommt dagegen mit Ausnahme des Managementteams bei Gründungsunternehmen seltener vor. Als Faustregel kann gelten: Je höher die unternehmensspezifischen Investitionen in Humankapital sind, die Mitarbeiter bei einer Arbeitsaufnahme in ein Gründungsunternehmen leisten müssen, je besser ihre Qualifikation ist und je frühzeitiger sie
einer Neugründung beitreten, desto mehr Aktienoptionen erwarten sie.
Bei börsennotierten Wachstumsunternehmen, die aufgrund ihres geringen Alters
noch als Gründungsunternehmen bezeichnet werden können, ist die empirische Analyse
von Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogrammen leichter möglich, weil diese in den Emissionsprospekten und in den Jahresabschlussberichten angegeben werden müssen. Es
zeigt sich, dass direkte Aktienbeteiligungen und Aktienoptionen bei diesen Unternehmen zu einem Standardbestandteil von Arbeitsverträgen geworden sind. So verfügen
beispielsweise 44 der 50 am Neuen Markt im Index „Nemax“ gelisteten Unternehmen
über direkte Beteiligungsprogramme und/oder Aktienoptionsprogramme für Mitarbeiter
(Ergebnis eigener Internetrecherchen mit Stand Juni 2000).
4. Kosten und Nutzen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
4.1 Der Nutzen aus Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
Die Beteiligung von Mitarbeitern am Eigenkapital ihres Unternehmens verfolgt
zwei Ziele: Die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Senkung der Fluktuation.
Beide Ziele stehen miteinander im Zusammenhang, sind aber nicht identisch. So ist es
vorstellbar, dass Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz sehr zufrieden sind und deshalb
nicht zu einem anderen Unternehmen wechseln, dass aber gleichzeitig ihre Arbeitsproduktivität gering ist. Motivationstheoretische Untersuchungen haben jedoch nachgewiesen, dass zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Fluktuation von Mitarbeitern ein
schwächerer Zusammenhang besteht als zwischen dem Bindungsgefühl („Commitment“) und der Fluktuation (vgl. Moser 1996, 59-67). Wenn Mitarbeiter zufrieden mit
ihrem Arbeitsplatz sind, bewirkt das also noch nicht, dass sie ihrem Unternehmen treu
bleiben. Umgekehrt kann die Produktivität z.B. aufgrund einer intensiven Arbeitskontrolle und anspruchsvoller Zielvereinbarungen hoch sein, aber mit geringer Arbeitszufriedenheit und großer Wechselbereitschaft der Mitarbeiter erkauft werden (vgl. Lawler
1994, 105-112).
Eine gesteigerte Arbeitsproduktivität lässt sich betriebswirtschaftlich durch verschiedene Maßgrößen operationalisieren. Die Kennzahl „Umsatz/Anzahl der Mitarbeiter“ misst beispielsweise die Auswirkung der Arbeitsproduktivität auf den Umsatz. Da
einige Mitarbeiter den Umsatz und den Gewinn nicht direkt beeinflussen, z.B. Softwareentwickler oder Webdesigner, können auch tätigkeitsspezifische Maßgrößen der
Arbeitsproduktivität verwendet werden, z.B. „Kundenzufriedenheit“ oder „Zahl neuer
Kunden/Anzahl der Vertriebsmitarbeiter“. Es ist wiederholt empirisch nachgewiesen
worden, dass Kapital- und Gewinnbeteiligungen die Produktivität erhöhen (vgl. z.B.
Fitzroy/Kraft 1985; Weitzman 1995, 65).
Eine verringerte Fluktuation bewirkt im Unternehmen Kosteneinsparungen. Insbesondere gehen die Kosten der Neueinstellung und der Anlernung von Mitarbeitern zurück. Mit steigender Dauer der Unternehmenszugehörigkeit sinken auch die Transakti-
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127
onskosten der Zusammenarbeit in den verschiedenen Teams des Gründungsunternehmens. Das liegt am Aufbau informeller Beziehungen, die sinkende Kommunikationskosten durch besseres gegenseitiges Verständnis zur Folge haben können. Eine verringerte Fluktuation kann aber auch ertragssteigernde Wirkungen haben, wenn nämlich
Mitarbeiter erst nach einer gewissen Dauer der Unternehmenszugehörigkeit ihre Investitionen in firmenspezifisches Humankapital nutzen und ihre maximale Arbeitsproduktivität erreichen können.
Generell ist festzuhalten, dass die Nutzen aus der Einführung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ex ante nur sehr schwer zu quantifizieren sind. Ex post lassen sie
sich zwar anhand von Fluktuations-, Zufriedenheits-, Produktivitäts- und Rentabilitätskennzahlen belegen, es ist jedoch aufgrund fehlender Kontrollgruppen schwierig, die
Effekte verschiedener Programme mit unterschiedlichen Detailregelungen zu vergleichen.
4.2 Die Kosten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Kapitalbeteiligungen, die den Mitarbeitern monetäre Vorteile in bestimmter Höhe
bringen, verursachen dem ausgebenden Unternehmen bzw. seinen bisherigen Anteilseignern immer Kosten. Das gilt sowohl für den direkten Aktienbesitz als auch für Aktienoptionen.
Bei Aktienprogrammen besteht der Gewinn eines Mitarbeiters in der Differenz
zwischen dem Kaufpreis für die Aktie und dem Börsenkurs des Unternehmens. Dieser
Gewinn ist zum Zeitpunkt der Aktienvergabe unsicher. Er wird erst realisiert, wenn der
Mitarbeiter die Aktie am Markt verkauft. Dem Unternehmen entstehen bei einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung bilanzierungsfähige Kosten zum Zeitpunkt der Aktienvergabe.
Der realisierte Mitarbeitergewinn und die Kosten der Kapitalbeteiligung für das Unternehmen fallen der Höhe und dem Zeitpunkt der Realisierung nach nur zusammen, wenn
man unterstellt, dass der Mitarbeiter die Aktien, die er zu günstigen Konditionen vom
Unternehmen bezieht, sofort an der Börse bzw. am Markt verkauft. Dann hat das Unternehmen die Aktien für den Mitarbeiter entweder selber gerade zum Marktpreis kaufen
müssen und macht einen Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis, den
der Mitarbeiter bezahlt, und dem Marktpreis, der zum Erwerb der Aktie bezahlt werden
musste. Oder das Unternehmen verwendet eigene Aktien, die es noch in seinem Bestand
hat. Dann entsprechen die Kosten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung den Opportunitätskosten des möglichen höheren Verkaufserlöses, wenn man die Aktien nicht dem Mitarbeiter, sondern am Markt verkauft hätte. Die Kosten in Höhe der Differenz von Bezugspreis und Marktwert der vergebenen Aktien können unmittelbar zum Zeitpunkt der
Vergabe der Aktien als Personal- oder Sozialaufwendungen verbucht werden (vgl.
Steinbrink 1976, 137). Die Verbuchung der Kosten erfolgt also unabhängig vom Zeitpunkt des Verkaufs der Aktien durch den Mitarbeiter. Wenn die im Wege des Kapitalbeteiligungsprogramms erworbenen Aktien während der Sperrfrist oder darüber hinaus
gehalten und erst später gewinnbringend am Markt verkauft werden, dann können der
realisierte Gewinn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Verkaufs der Aktien und die vom
Unternehmen verbuchten Kosten der Belegschaftsaktien auseinanderfallen.
128
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
Wenn das Unternehmen eine Kapitalerhöhung durchführen muss, um den Mitarbeitern Aktien verkaufen zu können, dann bestehen die Kosten dieses Programms in
dem Mehrerlös, der bei einer Platzierung der neuen Aktien am Markt hätte erzielt werden können. Die Differenz zwischen dem Bezugskurs für die Mitarbeiter und dem
Marktpreis der Aktien, die im Rahmen von Neuemissionen für Belegschaftsaktien entsteht, kann als kalkulatorische Personalkosten verbucht werden.
Aktienoptionsprogramme verursachen dem Unternehmen, das sie auflegt, ebenfalls
direkte Kosten. Sie entsprechen den Opportunitätskosten der bisherigen Anteilseigner
aus der Überlassung des Optionsrechts und dem damit verbundenen Verzicht auf die
Aneignung des Vermögenszuwachses durch eine Optionsausübung (vgl. Winter 1998,
1130). Während die theoretisch richtige Erfassung der Kosten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung keine Probleme bereitet, gestaltet sich die periodengerechte Verbuchung der
Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens bei Optionsprogrammen oft schwierig. Das gilt insbesondere für die nicht handelbaren Aktienoptionen, deren Gegenwartswert von dem erwarteten Ausübungsverhalten der Mitarbeiter abhängt.
Nur wenn die Optionen vom Unternehmen am Markt gekauft und den Mitarbeitern dann
unentgeltlich überlassen werden, fallen beim Unternehmen direkt buchungsfähige Kosten in Höhe des Kaufpreises für die Optionen an. Erfolgt die Vergabe der Aktienoptionen an Mitarbeiter dagegen mit Hilfe einer bedingten Kapitalerhöhung, dann entstehen
zunächst keine bilanzierungsfähigen Kosten. Das ist für Gründungsunternehmen, die oft
ohnehin schon große Verluste ausweisen müssen, möglicherweise ein Vorteil. Trotz der
fehlenden Verbuchung von Personalkosten erleiden die bisherigen Anteilseigner in Zukunft einen Wertverlust durch Kapitalverwässerung (vgl. Menichetti 1996, 1690).
Mitarbeiterkapitalbeteiligungen verursachen nicht nur direkte Kosten, sondern
auch Transaktionskosten. Darunter fallen z.B. die Kosten der Informationssuche, der
Verhandlung mit den Mitarbeitern und die Kosten der juristisch einwandfreien Vertragsgestaltung. Insbesondere bei Aktienoptionen können die Transaktionskosten der
Mitarbeiterkapitalbeteiligung erhebliche Ausmaße annehmen (vgl. Kramarsch 2001).
Zusätzlich bewirken Mitarbeiterkapitalbeteiligungen eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten und Gewinnansprüche der bisherigen Anteilseigner. Je mehr Mitarbeiter Eigenkapital des Unternehmens erhalten, und je höher die Anteile sind, die pro Mitarbeiter in
Form von Aktien oder Aktienoptionen vergeben werden, desto mehr werden die Eigentums- und Kontrollrechte der bisherigen Aktionäre, insbesondere der Gründer, eingeschränkt. Bei Optionen findet diese Veränderung der Kontrollverhältnisse erst nach Ablauf der Sperrfristen statt, wenn die Mitarbeiter ihre Optionen ausüben und Aktien beziehen. Wenn z.B. ein Prozent Anteilsbesitz pro Mitarbeiter erforderlich wäre, um die
Mitarbeiter in Gründungsunternehmen ausreichend zu motivieren (vgl. Gross 1998, 70),
dann kann das Unternehmen nicht mehr als 50 Mitarbeiter einstellen, ohne dass die bisherigen Eigentümer die Mehrheit verlieren. Aber schon bei geringeren Beteiligungsgraden, die pro Mitarbeiter eingehalten werden sollen, sind mit steigender Mitarbeiterzahl
schnell Anteilsverhältnisse erreicht, die das Gründungsunternehmen zu einer „Labor
Managed Firm“ werden lassen, in der die Mitarbeiter die Mehrheit der Stimmrechte des
Unternehmens besitzen (vgl. Vanek 1970; Nutzinger 1974; Jensen/Meckling 1979).
Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
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Wenn die bisherigen Eigentümer des Unternehmers verhindern wollen, dass sie die
Kontrolle über das Unternehmen – im Sinne der Mehrheit der Anteile – durch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen verlieren, dann müssen sie den Gesamtprozentsatz der Anteile,
die Mitarbeitern zur Verfügung stehen sollen, begrenzen. Das bedeutet in der Praxis
meistens, dass den neuen Mitarbeitern eines schnell wachsenden Unternehmens geringere Kapitalbeteiligungen angeboten werden als den Mitarbeitern, die dem Unternehmen in einer früheren Phase beigetreten sind.
4.3 Die optimale Auswahl und Gestaltung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ein Vergütungs- und Motivationsinstrument, dessen Nutzen sich ungleich schwieriger quantifizieren lässt als die Kosten. Alle bisherigen empirischen Studien deuten jedoch an, dass die
Nutzen die Kosten überwiegen. Diese Hypothese wird auch dadurch gestützt, dass Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Gründungsunternehmen häufig verwendet werden.
Gründungsunternehmen sollten also grundsätzlich ihre Mitarbeiter am Eigenkapital
beteiligen. Die vorhandenen empirischen Studien legen weiterhin nahe, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung nicht nur auf die Führungskräfte zu beschränken, sondern möglichst
viele Mitarbeiter teilhaben zu lassen.
Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, in welcher Form und mit welchen
konkreten Gestaltungen Kapitalbeteiligungsprogramme aufgelegt werden sollten. Optionen haben den Vorteil, die Eigentums- und Kontrollstrukturen eines Gründungsunternehmens zunächst unberührt zu lassen und keine unmittelbar zu verbuchenden Kosten
zu verursachen. Sie schützen die Mitarbeiter auch vor Vermögensverlusten, wie sie bei
direktem, erkauftem Anteilsbesitz auftreten können. Dafür haben Optionen den Nachteil, dass sie im Falle sinkender Unternehmenswerte schneller ihre Bindungswirkung
verlieren.
Die betriebswirtschaftlichen Nutzen und Kosten von Beteiligungsprogrammen
hängen insgesamt stark von den einzelnen Regelungen und Ausgestaltungen ab. Besondere Bedeutung hat die Bestimmung des Kreises der Begünstigten, des Umfangs der
Beteiligung, des Bezugs- bzw. Ausübungspreises und der Dauer der Sperrfrist. Alle
Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramme müssen daher vor ihrer Verabschiedung, also
schon in einer sehr frühen Phase des Gründungsprozesses von den Geschäftsführern
bzw. Vorständen sorgfältig entworfen werden. In vielen Fällen müssen die Gepflogenheiten in anderen Gründungsunternehmen als Richtschnur gelten, weil sie die Wettbewerbskonditionen am Arbeitsmarkt widerspiegeln. Die theoretische und empirische
Gründungsforschung kann den Unternehmensgründern leider in vielen praktisch relevanten Detailproblemen noch keine eindeutigen Empfehlungen geben. So sind insbesondere folgende Fragen zu Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Gründungsunternehmen
noch nicht abschließend geklärt und damit Themen zukünftiger Forschungsarbeiten:

Welchen Umfang sollten Beteiligungen der Mitarbeiter am Eigenkapital haben?
130




Peter Witt: Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital von Gründungsunternehmen (ZfP 2/2001)
Ist ein Anteils- und/oder Optionsbesitz erforderlich und in welcher Höhe ist er erforderlich, um bei den Mitarbeitern die gewünschten Motivations- und Bindungswirkungen zu erzielen?
Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen nachteiligen Verhaltenswirkungen
aus der Risikoübernahme und positiven Verhaltenswirkungen aus gestiegener Motivation und Bindung?
Eignen sich Kombinationen aus direktem Anteilsbesitz und Aktienoptionen dem
Kosten/Nutzen-Verhältnis nach besser als der isolierte Einsatz der Instrumente?
Welche Auswirkungen haben Sperrfristen zum Verkauf von Aktien und zur Ausübung durch die Mitarbeiter auf deren Motivation und Fluktuationsverhalten?
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