Publikation komplett - Bundesamt für Statistik

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Eidgenössisches Departement des Innern EDI
Bundesamt für Statistik BFS
Forschungspapier
4
Volkswirtschaft
Neuchâtel, Juni 2013
Studie zum Beitrag von Forschung und
Entwicklung für die Schweizer Wirtschaft aus
Sicht der makroökonomischen Statistik
Auskunft:
Pierre Sollberger, BFS, Wirtschaftsstruktur und -analysen, Tel.: +41 32 71 36865
E-Mail: [email protected]
Bestellnummer: 1041-1000-05
Espace de l'Europe 10
CH-2010 Neuchâtel
www.statistik.admin.ch
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1.1
1.2
Hintergrund
Zweck dieser Publikation
2
Einige Definitionen
2.1
2.2
Was versteht man unter Forschung und Entwicklung?
Wozu dient die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen?
3
Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
Einleitung
Bruttoproduktionswert des F+E-Bereichs
Bruttoanlageinvestitionen in F+E
Berechnungen des Nettokapitalstocks
Auswirkungen auf den Nettokapitalstock der Schweiz
Auswirkungen auf das Bruttoinlandprodukt der Schweiz
Auswirkungen auf die Multifaktorproduktivität
4
Vergleiche auf internationaler Ebene
4.1
4.2
Hinweis
Die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen auf die Höhe des BIP im
internationalen Vergleich
5
Schlussfolgerungen
6
Literaturhinweise
Abkürzungsverzeichnis
2/25
Tabellen:
T1:
T2:
T3 :
T4:
Bruttoproduktionswert der F+E nach Sektoren (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
Wachstumsrate der BPW der F+E zu Preisen des Vorjahres nach Sektoren (jährliche Veränderung in %)
Anteil der Sektoren am Produktionswert der F+E (zu laufenden Preisen, in %)
F+E-Bruttoanlageinvestitionen in der Volkswirtschaft (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
und Entwicklungsrate (zu konstanten Preisen (2005=100)), 1992-2008
T5: Auswirkung des Nettokapitalstocks der F+E auf den traditionellen Nettokapitalstock (zu konstanten
Preisen (2005=100))
T6: Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf das BIP-Niveau (zu laufenden Preisen, in %)
T7: Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf die BIP-Entwicklung (zu Preisen des Vorjahres, in %)
Grafiken und Schema:
S1: Von den Daten der F+E zu den Aggregaten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechungen
G1: Bruttoproduktionswert der F+E nach Sektoren (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
G2: BAI der F+E für die schweizerische Gesamtwirtschaft, 1992-2008 Niveau und
Entwicklungsrate (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
G3: BPW und BAI der F+E, 1992-2008 (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
G4: F+E-Zahlungsbilanz, 1992-2008 (zu laufenden Preisen, in Millionen CHF)
G5: Nettokapitalstock der F+E; Niveau und Entwicklungsrate (zu konstanten Preisen, 2005=100)
G6: Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf den traditionellen Nettokapitalstock (zu konstanten
Preisen, 2005=100, in Millionen CHF)
G7: Entwicklungsrate des BIP (mit und ohne Anpassung F+E) (Entwicklungsrate zu Preisen des
Vorjahres)
G8: Internationaler Vergleich der Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf das BIP-Niveau (in
Prozent, zu laufenden Preisen)
3/25
1 Einleitung
1.1 Hintergrund
In der Schweiz sind sich Entscheidungsträger, Unternehmer und Ökonomen einig, dass Forschung und
Entwicklung (F+E) für das Wirtschaftswachstum entscheidend sind. F+E trägt insbesondere zur Erhaltung und
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zu einem hohen Lebensstandard bei. Diese Meinung ist in den
Industrieländern unumstritten und unterstreicht den Willen, die Wettbewerbsvorteile jeder einzelnen Wirtschaft
in der zunehmend globalisierten und wettbewerbsorientierten Welt zu fördern.
Im Rahmen des Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung1 (VGR), die den Bezugsrahmen für die
Analysen des Wirtschaftswachstums bildet, war es bis vor kurzem schwierig, den Beitrag der Ausgaben für
Forschung und Entwicklung zum Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) zahlenmässig zu erfassen. Bislang
wurden diese Ausgaben als laufende Ausgaben betrachtet, wie beispielsweise die Ausgaben für Strom oder
Heizung. In der Terminologie der VGR gehören die F+E-Aufwendungen zu den Vorleistungen der
Unternehmen. Doch die F+E-Aufwendungen unterscheiden sich dadurch von den anderen laufenden
Ausgaben, dass sie nachhaltige Auswirkungen haben, diesich indessen erst nach einer gewissen Zeit feststellen
lassen. Diese zeitliche Verzögerung der Auswirkungen unterscheidet die F+E-Aufwendungen von den anderen
laufenden Ausgaben.
Im Rahmen der aktuellen Überarbeitung des Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hat die
internationale Gemeinschaft beschlossen, die F+E-Aufwendungen künftig als Investitionen zu betrachten. Doch
die Tatsache, dass die F+E-Aufwendungen als Kapital behandelt werden, das zur Unterstützung des
Produktionsprozesses dient (deshalb wird in diesem Zusammenhang von einer «Kapitalisierung» der F+EAufwendungen gesprochen), führt in der Praxis zu gewissen Problemen. Denn in der Schweiz weisen nicht alle
verfügbaren Daten die qualitativen Merkmale auf, die für diese Kapitalisierung erforderlich sind
(Detailgenauigkeit der Information, zeitliche Verfügbarkeit usw.). Zudem wurden diese Daten gemäss den
Vorgaben im Frascati-Handbuch (FH)2 erhoben, das nicht nur die Bedürfnisse der VGR, sondern auch diejenige
eines breiten Anwenderkreises abdeckt.. Daraus ergeben sich einige methodische Unterschiede, die unter
Umständen zu gewissen Problemen führen könnten. Vor diesem Hintergrund hat die internationale
Gemeinschaft vereinbart, nicht alle F+E-Aufwendungen als Investitionen im Rahmen der VGR zu behandeln,
sondern diese Ausgaben zunächst ausserhalb des vorgegebenen Rahmens der VGR zu berechnen und zu
analysieren. Dieses Vorgehen hat zum Ziel, die Auswirkungen dieser Ausgaben auf bestimmte Aggregate wie
die Höhe des BIP und dessen Wachstumsrate zu messen. Erst anschliessend soll darüber entschieden werden,
auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt diese F+E-Aufwendungen im zentralen Rahmen der VGR
verbucht werden. Diese verschiedenen Ansätze werden hier im Weiteren entwickelt und im Kapitel 2 erläutert.
1.2 Zweck dieser Publikation
Das Ziel dieser Studie ist es, die ersten Resultate der Kapitalisierung der Ausgaben für F+E in der Schweiz zu
präsentieren und deren potenzielle Auswirkungen auf gewisse Aggregate der Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung zu analysieren. Bei den für diese Studie durchgeführten Berechnungen wurden so weit wie
möglich alle Empfehlungen berücksichtigt, die bis heute auf internationaler Ebene von den Expertengruppen,
die sich mit dieser Problematik befasst haben, abgegeben wurden. Da es sich um einen neuen Analysebereich
handelt, müssen die Berechnungsmethoden kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dies wird entsprechend
den theoretischen und praktischen Verbesserungen erfolgen, die aus den Erfahrungen der Länder resultieren,
Das System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist eine Sammlung von Empfehlungen (« System of National Account 1993 », UNO,
Weltbank, IWF, Brüssel/Luxemburg, New York, Paris, Washington D.C., 1993). Es soll internationale Vergleiche zwischen den wichtigsten
makroökonomischen Ergebnissen verschiedener Länder ermöglichen. Um den festgestellten Änderungen der wirtschaftlichen Realität bestmöglich
Rechnung zu tragen, wird diese Sammlung regelmässig überarbeitet.
2
Organisation for economic co-operation and development – OECD, « Frascati Manual – Proposed standard practice for surveys on research and
experimental development », Paris, 2002, S. 34.
1
4/25
welche ähnliche Untersuchungen durchführen. Demzufolge entsprechen die in dieser Publikation
präsentierten Resultate nur einem vorläufigen Stand.
Die vorliegende Publikation nimmt Bezug auf zahlreiche Konzepte der Volkswirtschaft. Nichtsdestotrotz soll
sie sich an ein möglichst breites Publikum wie Ökonomen, Studierende und Journalisten richten. Aus diesem
Grund werden nur die verwendeten Basisdaten und die Resultate bzw. die Auswirkungen der Kapitalisierung
der F+E-Aufwendungen präsentiert. Der Kapitalisierungsprozess, der sich aus aufeinanderfolgenden Tabellen
mit den für die Verarbeitung der Daten erforderlichen Berechnungsschritten zusammensetzt, wird in dieser
Publikation nicht erklärt. Die entsprechenden Erläuterungen finden sich in einem Methodenbericht, der auf
dem Internetportal des Bundesamtes für Statistik (BFS) zur Verfügung steht.3 Dieses zweite Dokument richtet
sich an Experten, die in Bezug auf das System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bereits über
Grundkenntnisse verfügen.
Die vorliegende Publikation ist folgendermassen strukturiert: In Kapitel 2 werden die grundlegenden
Konzepte der Kapitalisierung der F+E und die Beweggründe für die gewählte Vorgehensweise erläutert. In den
Kapiteln 3 und 4 geht es um die wichtigsten Ergebnisse der Studie und das Kapitel 5 schliesst die Publikation
mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Punkte ab.
3
«Beitrag von Forschung und Entwicklung für die Schweizer Wirtschaft aus Sicht der makroökonomischen », Methodenberich, Bundesamt für Statistik
(BFS), Neuchâtel, 2010. Der Bericht kann auf der Website des BFS heruntergeladen werden: www.bfs.admin.ch, Thema 4.
5/25
2 Einige Definitionen
2.1 Was versteht man unter Forschung und Entwicklung?
Forschung und Entwicklung ist im Frascati-Handbuch wie folgt definiert: «[...] systematische, schöpferische
Arbeit zur Erweiterung des Kenntnisstandes, einschliesslich der Erkenntnisse über den Menschen, die Kultur
und die Gesellschaft, sowie deren Verwendung mit dem Ziel, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden.» Im
Handbuch ist festgehalten, dass der Begriff Forschung und Entwicklung drei verschiedene Entwicklungsstufen
umfasst: die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung und die experimentelle Entwicklung.
Die F+E-Aufwendungen setzen sich somit insbesondere aus den folgenden Ausgabenarten zusammen:
Ausgaben im Zusammenhang mit der Konzeption und Realisierung von Forschungsprojekten, Ausgaben für die
Herstellung von Prototypen und die Durchführung entsprechender Tests, Ausgaben für die Entwicklung bis
zum Stadium der Herstellung sowie Ausgaben für die Errichtung und den Betrieb von Pilotanlagen. Dieser
Überbegriff umfasst folglich alle Ausgaben im Zusammenhang mit der Realisierung von Projekten, deren
Durchführung neue Kenntnisse sowie einen wissenschaftlichen und/oder technologischen Fortschritt erfordert
und mit denen das Ziel verbunden ist, eine bestehende Ungewissheit abzubauen. A contrario sind von dieser
Definition alle Aktivitäten ausgeschlossen, deren Zweck nicht in der Forschung besteht oder die nicht mit einem
Forschungsprojekt zusammenhängen. Dies gilt beispielsweise für Dienstleistungen im Bereich der technischen
oder wissenschaftlichen Beratung, für Marketingstudien und für Arbeiten im Bereich der Normierung.
2.2 Wozu dient die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen?
2.2.1 Neubeurteilung der F+E-Aufwendungen
Wie oben erläutert wurde, werden die F+E-Aufwendungen im gegenwärtigen Rahmen der VGR als
Vorleistungen betrachtet. Diese umfassen Güter und Dienstleistungen, die als Inputs in einem
Produktionsprozess verwendet und in der Folge entweder umgewandelt oder im Verlauf des
Produktionsprozesses vollständig verbraucht werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Definition für die F+EAufwendungen kaum zutrifft. Denn das aus der Forschung und Entwicklung resultierende Know-how wird bei
der Anwendung im Produktionsprozess nicht verbraucht. Im Gegenteil, dieses Know-how erweitert sich Jahr
um Jahr und wird nur hinfällig, falls es mit der Zeit veraltet. Somit sind die F+E-Aufwendungen durch alle
Merkmale eines Aktivums gekennzeichnet, das aus der Produktion resultiert und während mindestens eines
Jahres mehrmals in einem anderen Produktionsprozess verwendet werden kann.4 Die F+E-Aufwendungen
weisen demzufolge offensichtliche Ähnlichkeiten mit beispielsweise Softwarelösungen auf, die im Rahmen der
VGR als Investitionen gelten.
In diesem Zusammenhang muss auf den folgenden Punkt hingewiesen werden: Der Entscheid, die F+EAufwendungen im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als Vorleistungen zu betrachten, war
während langer Zeit auf praktische Gründe zurückzuführen. Denn es ist nicht einfach, die F+E-Aufwendungen
für ein ganzes Land zu berechnen. Noch schwieriger ist es, die entsprechenden Ergebnisse im engeren Rahmen
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu implementieren. Die für die Forschung und Entwicklung
verfügbaren Daten wurden vielfach ohne ausdrückliche Berücksichtigung dieses Referenzrahmens erhoben und
4
«Wirtschaftliche Bestandsgrössen sind Wertaufbewahrungsmittel (…) aus deren Besitz oder Nutzung während eines bestimmten Zeitraums die
Eigentümer wirtschaftliche Vorteile erzielen können. «(…) die Anlagegüter (…) die im Produktionsprozess mehr als ein Jahr lang wiederholt oder
dauernd eingesetzt werden». Diese beiden Elemente sind in den Absätzen 7.10 bzw. 7.15 der Bestimmungen des Europäischen Systems
Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 1995) enthalten, das 1996 vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat,
Luxemburg) herausgegeben wurde. Das ESVG 95 ist die europäische Version der schweizerischen VGR 93, auf die weiter oben in der Fussnote auf
Seite 1 Bezug genommen wird. Für weitere Informationen zu diesen Gesamtrechnungssystemen siehe: «Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: eine
Einführung in Theorie und Praxis. Methoden und Konzepte des ESVG», Publikation des BFS, Neuchâtel, 2003.
6/25
müssen folglich überarbeitet werden, bevor sie in die VGR integriert werden können. Ausserdem werden die
Erhebungen in vielen Fällen alle zwei oder sogar alle vier Jahre durchgeführt. Da die VGR für jedes Jahr die
entsprechenden Zahlen liefern muss, müssen für die Jahre, in denen keine Erhebung durchgeführt wird,
Interpolationsmethoden entwickelt werden. Eine zuverlässige Berechnung der Schaffung von F+EAnlagegütern ist somit eine grosse methodische Herausforderung. Glücklicherweise wurden in diesem Bereich
in den letzten Jahren zahlreiche konzeptionelle und methodische Fortschritte erzielt. Verschiedene Länder wie
Israel, die Vereinigten Staaten, Kanada und die Niederlande führten Versuche mit verschiedenen Methoden
durch. Dies ermöglichte das Erarbeiten eines Konsenses in Bezug auf den Inhalt und die Form. Im Rahmen der
Revision des konzeptionellen Rahmens der VGR, die 2009 abgeschlossen wurde, haben internationale
Organisationen wie die OECD beschlossen, die Staaten zur Durchführung dieser Kapitalisierung anzuregen.
Damit soll empirisch überprüft werden, ob es möglich wäre, die F+E-Aufwendungen künftig als
Investitionsausgaben zu betrachten, d. h. als Bruttoanlageinvestitionen (BAI).5 Am Ende dieses Projekts wird
auf internationaler Ebene eine Gesamtbeurteilung der Ergebnisse vorgenommen. Anschliessend wird über eine
definitive Integration in den zentralen Rahmen der VGR entschieden.
Das BFS hat sich für die Schweiz stark an diesen Überlegungen und Abklärungen beteiligt. Abgesehen von
der aktiven Teilnahme an den Diskussionen auf internationaler Ebene beschloss das BFS, die existierenden
Daten auszuwerten, um abzuklären, in welchem Masse diese für ein solches Projekt verwendet werden
können. Selbstverständlich haben die aus dieser Auswertung gewonnenen Erkenntnisse direkte Auswirkungen
auf die Erhebungen, die das BFS im F+E-Bereich durchführt. So wurden bei der im Jahr 2009 durchgeführten
Erhebung der F+E-Aufwendungen, die auf den Ergebnissen 2008 der privaten Unternehmen beruhte, bereits
einige Schlussfolgerungen berücksichtigt, die aus diesen Überlegungen gezogen wurden.
Da keine Zahlen vorliegen, die genau dem Referenzrahmen der VGR entsprechen, müssen die bestehenden
Daten umgewandelt werden. Das folgende Schema (Schema S1) veranschaulicht die verschiedenen Etappen
des Prozesses und zeigt auf, in welchem Ausmass sich die F+E-Investitionen auf die wichtigsten Aggregate der
VGR auswirken.
Schema S1: Von den Daten der F+E zu den Aggregaten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechungen
Daten von F+E-Erhebung
Datenänderung
Bestehende Daten
Methodenbericht «Kapitalisierung de F+E»
F+E-Investitionen
Einfluss auf
Nettokapitalstock
Einfluss
auf BIP
Vorläufige Ergebnisse
der vorliegenden Publikation
Wie zu sehen ist, existieren die Daten, die für den Prozess zur Kapitalisierung von F+E erforderlich sind,
bereits im Rahmen der Statistik der F+E-Aufwendungen. Letztere wird vom BFS alle vier Jahre veröffentlicht6.
Doch wie oben dargelegt wurde, lassen sich diese Daten für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung nicht
direkt verwenden. Die Daten, die zur Ermittlung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung erforderlich
sind, stammen aus verschiedenen Quellen. Diese Quellen entsprechen jedoch nicht den Anforderungen der
5
6
Im weiteren Verlauf dieses Dokuments wird entweder die Abkürzung BAI oder der Begriff Investition verwendet.
Die neuesten Daten, die in der Schweiz verfügbar sind, stammen aus dem Jahr 2008. Für weitere Informationen siehe beispielsweise: Bundesamt für
Statistik, «F+E der Schweiz 2008; Fortgesetzte Anstrengungen der Privatunternehmen und Hochschulen », Publikation des BFS, Neuchâtel, 2010.
7/25
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Ausserdem sind die bestehenden F+E-Daten in Form von
Aufwendungen erfasst. Die Kontensequenz der VGR beginnt hingegen mit einem Aggregat, das anhand des
Bruttoproduktionswertes (BPW) ausgedrückt wird. Der Prozess zur Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen
besteht somit darin, dass die Daten der F+E-Aufwendungen in «Produktions-» und «Investitionsstatistiken»
umgewandelt werden.
Auch die Art und Weise, in der die Produktion im Rahmen der VGR wertmässig erfasst wird, erfordert
zusätzliche Anpassungen der erhobenen Daten. Diese Anpassungen können mit Hilfe von Übergangstabellen7
vorgenommen werden. Auf diese Weise wird der Bruttoproduktionswert des F+E-Bereichs (BPWF+E) in der
Kontensequenz der VGR berechnet. Im Rahmen eines Kaskadenprozesses sind noch weitere Schritte
notwendig, um die F+E-Investitionen zu berechnen (die F+E-Bruttoanlageinvestitionen, nachstehend wie folgt
abgekürzt: BAIF+E). Erst daraus ergibt sich dann die Möglichkeit, die Auswirkungen dieses Vorgehens auf
wichtige Aggregate wie das BIP oder den Kapitalstock der Volkswirtschaft konkret zu quantifizieren. Die
Umwandlung der Basisdaten erfolgt somit etappenweise, wobei mit jeder Etappe zusätzliche
Analysemöglichkeiten verbunden sind. Der letzte Vorgehensschritt besteht in der Analyse der Produktivität.
Diese verschiedenen Schritte werden im untenstehenden Kapitel 3 analysiert.
Zum Abschluss dieses Teils sei erneut darauf hingewiesen, dass alle Umwandlungen der in diesem
Dokument aufgeführten Daten in einem speziellen Methodenbericht erläutert werden, der online auf dem
Internetportal des BFS zur Verfügung steht.
2.2.2 Vereinheitlichung von heterogenen Datengrundlagen
Die Daten, auf denen die Berechnungen beruhen, sind sehr heterogen. Sie stammen aus drei verschiedenen
Quellen. So werden die F+E-Daten der privaten Unternehmen mit Hilfe der Erhebung gesammelt, die bei den
Unternehmen durchgeführt wird, welche in der Schweiz Waren und Dienstleistungen produzieren.8 Die Daten
zu den Ausgaben der öffentlichen Hand und der Hochschulen dagegen werden auf der Grundlage von
verschiedenen Verwaltungsdaten zusammengetragen. Aufgrund dieser Heterogenität sind bestimmte
Harmonisierungsarbeiten erforderlich, um diese verschiedenen statistischen Datenquellen untereinander
kompatibel zu machen. Zudem erfolgt die grosse Mehrheit der F+E auf eigene Rechnung. Mit anderen Worten
ist der Produzent der jeweiligen F+E-Aktivitäten auch deren Nutzer. Dies hat zur Folge, dass der
Produktionswert des F+E-Bereichs nicht direkt gemessen werden kann, da für den grössten Teil der
entsprechenden Aktivitäten kein wirklicher Markt besteht. Damit die zahlenmässige Erfassung des BPWF+E
bestmöglich erfolgen kann, beruhen die Berechnungen auf den Produktionskosten des F+E-Bereichs. Im
Rahmen der VGR wird diese Berechnungsmethode verwendet, um die Produktion von Akteuren wie der
öffentlichen Verwaltungen zu erfassen. Doch diese Methode wird hier auf die privaten Unternehmen erweitert,
was einige spezifische Anpassungen an diesen Bereich erfordert. Im Übrigen wird diese Vorgehensweise auch
in den anderen Ländern gewählt. Die Berechnungen des F+E-Kapitals beruhen somit auf den Basisstatistiken
des Forschungs- und Entwicklungsbereichs, bei denen es sich um Kostenstatistiken handelt.
7
8
Die Übergangstabellen werden im Methodenbericht detailliert erläutert.
Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe beispielsweise: «Forschung und Entwicklung in der schweizerischen Privatwirtschaft 2008»,
economiesuisse - BFS, Zürich, 2010.
8/25
3 Auswirkungen der Kapitalisierung
der F+E-Aufwendungen
3.1 Einleitung
In diesem Kapitel werden die wichtigsten Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen auf einige
makroökonomische Aggregate erläutert. Als erstes wird auf den BPWF+E und die BAIF+E eingegangen, d. h. auf
die beiden wichtigsten Ergebnisse, die während des Kapitalisierungsprozesses aus der Umwandlung der F+EAufwendungen resultieren. Anschliessend werden die Auswirkungen dieser neuen Daten auf die wichtigsten
Aggregate und Indikatoren der VGR9 analysiert.
3.2 Bruttoproduktionswert des F+E-Bereichs
Die Tabellen T1 und T2 sowie die nachfolgende Grafik G1 enthalten die Ergebnisse für den BPWF+E der
Schweizer Wirtschaft – gegliedert nach den institutionellen Sektoren, d. h. nach dem privaten Sektor, den
öffentlichen Verwaltungen (Bund, Kantone, Gemeinden sowie die universitären Hochschulen und
Fachhochschulen) und den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (POoE)10 – für den Zeitraum 19922008.
T1:
Bruttoproduktionswert der F+E nach Sektoren
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
Jahr
Privater Sektor
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
6'994
7'237
7'439
7'493
7'585
7'744
7'931
8'115
8'507
9'062
9'529
10'120
10'856
11'125
11'687
12'395
13'036
Öffentlicher
Sektor
2'499
2'535
2'563
2'598
2'575
2'580
2'564
2'528
2'555
2'701
2'811
2'929
3'121
3'273
3'525
3'819
4'063
POoE
Total†
106
132
163
200
244
230
221
212
204
224
247
267
296
280
274
268
258
9'600
9'904
10'166
10'291
10'404
10'554
10'716
10'856
11'266
11'987
12'586
13'315
14'274
14'679
15'486
16'482
17'357
†
Abweichungen sind durch Rundungen bedingt.
Quelle: BFS
POoE: Private Organisationen ohne Erwerbszweck.
9
Wenn nichts anderes erwähnt ist, sind die vorgelegten Ergebnisse zu laufenden Preisen ausgedrückt.
Eine Organisation ohne Erwerbszweck wird definiert als eine zur Produktion von Waren und Dienstleistungen gebildete rechtliche oder soziale
Einheit, deren Rechtsstellung es ihr verbietet, den sie gründenden, kontrollierenden oder finanzierenden Einheiten als Einkommens-, Gewinn- oder
sonstige Verdienstquelle zu dienen (Quelle: § 3.31, ESVG 95).
10
9/25
T2:
Wachstumsrate der BPW der F+E zu Preisen des Vorjahres nach Sektoren
Jährliche Veränderung in %
Jahr
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
1992-1995†
1995-1999
1999-2008
1992-2008
Privater Sektor
3.3%
3.2%
1.3%
0.8%
2.9%
2.3%
1.3%
4.8%
6.3%
5.7%
5.4%
7.8%
3.2%
4.4%
5.1%
5.2%
Öffentlicher
Sektor
1.3%
1.5%
2.0%
-1.3%
1.0%
-0.7%
-2.4%
1.0%
5.5%
4.6%
3.4%
7.1%
5.6%
7.0%
7.4%
6.4%
POoE
Total
23.7%
24.4%
23.0%
21.9%
-5.0%
-4.3%
-5.0%
-3.7%
9.5%
10.7%
7.4%
11.5%
-4.7%
-3.0%
-2.8%
-3.8%
3.0%
3.0%
1.8%
0.7%
2.3%
1.4%
0.3%
3.8%
6.2%
5.6%
5.0%
7.7%
3.6%
4.8%
5.5%
5.3%
2.6%
1.6%
23.7%
2.6%
1.8%
-0.9%
1.3%
1.1%
5.3%
5.3%
2.1%
5.3%
3.9%
3.0%
5.6%
3.7%
†
Durchschnittliche Wachstumsrate geschätzt mit Hilfe des geometrischen Mittels.
Quelle: BFS
Was den gesamten BPWF+E der Schweizer Wirtschaft anbelangt, wurde im Zeitraum 1992-2008 eine
kontinuierliche Zunahme verzeichnet. Der entsprechende Wert stieg von CHF 9,6 Milliarden auf
CHF 17,4 Milliarden. Berücksichtigt man den Teuerungseffekt, entspricht dies einer durchschnittlichen
jährlichen Zuwachsrate11 von 3,7 % (Tabelle T2 und Grafik G1). Aus dieser Tabelle und Grafik geht jedoch
hervor, dass dieses Wachstum während des gesamten Zeitraums nicht regelmässig erfolgte. Im entsprechenden
Betrachtungszeitraum lassen sich drei Phasen unterscheiden. Von 1992 bis 1995 wurde eine regelmässige
Zunahme des BPWF+E mit einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 % verzeichnet. Im Zeitraum 19951999 verlief die Entwicklung des BPWF+E weniger günstig, da die Produktion mit einer durchschnittlichen
jährlichen Zuwachsrate von 1,1 % praktisch stagnierte. In der letzten Phase, d. h. von 1999 bis 2008, stieg der
BPWF+E rasch an; die durchschnittliche Zuwachsrate betrug 5,3 %. Damit wurde in diesem Zeitraum ein deutlich
dynamischerer Zuwachs verzeichnet als in den zwei vorangegangenen Phasen.
11
Die Wachstumsraten werden zu Vorjahrespreisen berechnet. Die durchschnittlichen jährlichen Zuwachsraten dagegen werden mit Hilfe eines
geometrischen Mittelwerts berechnet.
10/25
Grafik G1: Bruttoproduktionswert der F+E nach Sektoren 1992-2008
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
20'000
18'000
16'000
14'000
12'000
10'000
8'000
6'000
4'000
2'000
0
Privater Sektor
Öffentlicher Sektor
POoE
Quelle: BFS
Der BPWF+E wird in der Schweiz durch drei institutionelle Sektoren generiert: durch den privaten Sektor, die
öffentlichen Verwaltungen und die Organisationen ohne Erwerbszweck. Die letzten beiden Sektoren bilden
den nicht gewerblichen Teil der Wirtschaft.12 Berücksichtigt man die relativen Anteile der einzelnen Sektoren
(siehe Tabelle T3), wird klar, dass der private Sektor eine dominierende Rolle hat. Dieser zeichnet für beinahe
drei Viertel der Produktion im F+E-Bereich verantwortlich, und seine Bedeutung nahm während der ersten
zehn Jahre des Betrachtungszeitraums unaufhörlich zu. Sein Anteil stieg von 72,9 % im Jahr 1992 auf den
Höchststand von 76,1 % im Jahr 2004. Anschliessend ging er leicht zurück und erreichte 75,1 % im Jahr 2008.
Den zweitwichtigsten Sektor, wenn auch in einem geringeren Ausmass, bilden die öffentlichen
Verwaltungen. Ihr Anteil an der gesamten F+E-Produktion beträgt knapp ein Viertel. Im Jahr 1992 belief sich
der relative Anteil dieses Sektors auf 26,0 %. Doch dieser Anteil nahm bis zum Jahr 2004 (21,9 %)
ununterbrochen ab. Der Sektor legte während der letzten vier Jahre erneut zu und erreichte im Jahr 2008
23,4%.
Der Sektor der POoE spielt in Bezug auf die gesamte F+E-Produktion mit einem relativen Anteil, der
normalerweise unter 2 % liegt, nur eine marginale Rolle. Die verhältnismässig hohen Schwankungen der
Wachstumsrate dieses Sektors lassen sich insbesondere mit seiner kleinen absoluten Grösse erklären. Da dieser
Sektor hinsichtlich des BPWF+E nur von untergeordneter Bedeutung ist, wird auf die POoE in der vorliegenden
Studie nicht speziell eingegangen.
Auf der Grundlage der in Tabelle T2 enthaltenen Zuwachsraten lassen sich zwei interessante Phänomene
festhalten:
Der private Sektor weist permanent positive Wachstumsraten auf. Da in der Schweizer Wirtschaft
mehrere Umstrukturierungswellen zu verzeichnen waren, ist dieses Ergebnis bemerkenswert. Denn
insbesondere in den Neunzigerjahren wurde die Dynamik der Schweizer Wirtschaft durch diese
Restrukturierungen beeinträchtigt. Trotz der nur mittelmässigen konjunkturellen Entwicklung in der
Schweiz reduzierten die Unternehmen ihre Anstrengungen im F+E-Bereich nicht. Es lässt sich jedoch
auch festhalten, dass sich die Zunahme der Produktion der privaten Unternehmen ab 1999 stark
beschleunigte. Das grosse Engagement der Unternehmen hing selbstverständlich mit dem
konjunkturellen Umfeld in diesem Zeitraum zusammen. Dieses war dadurch gekennzeichnet, dass die
Schweizer Wirtschaft wieder zu einem nachhaltigen Wachstum zurückgefunden hatte. Dieser
12
Für eine Definition der nicht gewerblichen Wirtschaft siehe beispielsweise: «Strukturelle Analyse der Schweizer Wirtschaft – Entwicklung des
verarbeitenden Gewerbes von 1991 bis 2005», BFS Aktuell, Neuchâtel 2008.
11/25
Aufschwung trug im Übrigen dazu bei, dass sich die Stellung der Schweiz als F+E-Kompetenzzentrum
im globalen Umfeld noch weiter festigte.
Der Sektor der öffentlichen Verwaltungen weist im Vergleich mit dem Sektor der privaten Unternehmen
ein deutlich weniger stabiles Profil auf. So ging die Produktion der öffentlichen Verwaltungen von 1996
bis 2000 in absoluten Zahlen zurück, was sich entsprechend auf den Verlauf des Gesamtaggregats
auswirkte. Die bescheidene Entwicklung im Zeitraum 1995-1999 lässt sich in erster Linie mit dem
verzeichneten Rückgang im Bereich der öffentlichen Verwaltungen erklären. Dieser Rückgang der
Aufwendungen der öffentlichen Verwaltungen ist Ausdruck zweier Gegebenheiten: Einerseits der
budgetären Anstrengungen der öffentlichen Gemeinwesen in der Schweiz, die während dieses
Zeitraums mit einem explodierenden Anstieg der Defizite konfrontiert waren, andererseits hatte die
Privatisierung der Telekommunikation und der Rüstungsunternehmen zur Folge, dass die F+EAufwendungen des Bundes zugunsten des Privatsektors verringert wurden.13
Folglich lässt sich die unterschiedliche Dynamik zwischen dem privaten Sektor und den öffentlichen
Verwaltungen weitgehend mit dem zunehmenden Einfluss des privaten Sektors erklären, der weiter oben
erläutert wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nicht sinnvoll wäre, diese
Ergebnisse für jedes einzelne Jahr zu analysieren. Die Erhebung bei den privaten Unternehmen wird alle vier
Jahre (d. h. 1992, 1996, 2000, 2004 und 2008) durchgeführt. Für diese Studie wurden die Zwischendaten
auf der Grundlage von einfachen und leicht zu reproduzierenden Hypothesen interpoliert14. Aus diesem
Grund liegt der Schwerpunkt in dieser Studie nicht auf einzelnen Jahren, sondern auf bestimmten
Zeiträumen. Ebenso ist die Betrachtung nicht auf kurzfristige Trends, sondern auf grundsätzliche Tendenzen
fokussiert.
T3: Anteil der Sektoren am Produktionswert der F+E
Zu laufenden Preisen, in %
Öffentlicher
Jahr
Privater Sektor
Sektor
1992
72.9%
26.0%
1993
73.1%
25.6%
1994
73.2%
25.2%
1995
72.8%
25.2%
1996
72.9%
24.7%
1997
73.4%
24.4%
1998
74.0%
23.9%
1999
74.8%
23.3%
2000
75.5%
22.7%
2001
75.6%
22.5%
2002
75.7%
22.3%
2003
76.0%
22.0%
2004
76.1%
21.9%
2005
75.8%
22.3%
2006
75.5%
22.8%
2007
75.2%
23.2%
2008
75.1%
23.4%
Quelle: BFS
13
14
POoE
1.1%
1.3%
1.6%
1.9%
2.3%
2.2%
2.1%
2.0%
1.8%
1.9%
2.0%
2.0%
2.1%
1.9%
1.8%
1.6%
1.5%
Siehe dazu: Bundesamt für Statistik «F+E: Aufwendungen des Bundes - Indikatoren «Wissenschaft und Technologie». », BFS Aktuell, Neuchâtel,
2005.
Weitere Informationen: vgl. Methodenbericht.
12/25
3.3 Bruttoanlageinvestitionen in F+E
Nach der Berechnung des BPWF+E kann die Gesamtsumme der F+E-Investitionen berechnet werden, die in der
Schweizer Wirtschaft getätigt wurden. Zu diesem Zweck wird auf die Methode zurückgegriffen, die im
Rahmen der VGR für die Berechnung der Investitionen verwendet wird («Commodity Flow Method»). Diese
Methode beruht auf dem folgenden makroökonomischen Gleichgewicht:
Angebot = Nachfrage
Unter Berücksichtigung der wesentlichen Komponenten dieser Aggregate lautet dieses Gleichgewicht wie
folgt:
BPW + Importe
=
Konsum + Exporte + BAI
Da Daten für den BPWF+E, den Konsum von F+E sowie die Importe und Exporte von F+E verfügbar sind, kann
durch Subtraktion der Betrag berechnet werden, der in einem bestimmten Land in F+E investiert wird (dabei
handelt es sich um die oben erwähnten F+E-Bruttoanlageinvestitionen (BAIF+E)). Die Tabelle T4 zeigt den
Betrag der BAIF+E für die Schweizer Wirtschaft. Da diese Berechnungen mit den Berechnungen
zusammenhängen, die für die Ermittlung des Bruttoproduktionswerts durchgeführt wurden, weist der Verlauf
der BAIF+E Ähnlichkeiten mit dem Verlauf des BPWF+E auf. Die Entwicklung der BAIF+E ist über den ganzen
Zeitraum hinweg betrachtet immer positiv (siehe Grafik G2), hingegen zeigen sich zwischen den verschiedenen
Jahren unterschiedliche Schwankungen. Zwischen 1992 und 1999 bleiben die Zuwachsraten (zu konstanten
Preisen) relativ gering (Jahresdurchschnitt +1,1%). Anschliessend nehmen die BAIF+E deutlich zu und weisen
zwischen 1999 und 2004 eine durchschnittliche Jahresrate von +5,5% auf. Angesichts der wirtschaftlichen
Turbulenzen in diesem Zeitraum, ist diese Entwicklung erstaunlich. Zwischen 2004 und 2008 schliesslich
nehmen die Aufwendungen für Investitionen weiter zu, jedoch weniger ausgeprägt (durchschnittliche
Zuwachsrate +2,3%).
T4 :
BAI der F+E für die schweizerische Gesamtwirtschaft und
Entwicklungsrate (zu konstanten Preisen 2005=100)
Entwicklungsrate
Jahr
BAI der F+E
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
11'351
11'507
11'649
11'687
11'661
11'893
12'179
12'290
12'677
13'464
14'197
14'987
16'074
16'237
16'720
17'234
17'565
Zu konstanten Preisen,
2005=100
1.4%
1.2%
0.3%
-0.2%
2.0%
2.4%
0.9%
3.1%
6.2%
5.4%
5.6%
7.3%
1.0%
3.0%
3.1%
1.9%
Quelle: BFS
13/25
in Millionen CHF
Grafik G2: BAI der F+E für die schweizerische Gesamtwirtschaft, Niveau und Entwicklungsrate 1992-2008
Zu konstanten Preisen (2005=100) in Millionen CHF
18'000
8%
17'000
7%
6%
16'000
5%
15'000
4%
14'000
3%
13'000
2%
12'000
1%
11'000
0%
10'000
-1%
F+E-BAI
Entwicklungsrate
Quelle: BFS
Wie die Grafik G3 zeigt, liegt der Wert der BAIF+E systematisch über jenem des BPWF+E . Zwischen 1992 und
1996 ist der Unterschied relativ gering, steigt dann bis 2004 jedoch merklich an und stabilisiert sich schliesslich
im Zeitraum von 2004 bis 2008.
Diese Entwicklung lässt sich dadurch erklären, dass der Investitionsbedarf im F+E-Bereich in der Schweizer
Wirtschaft ununterbrochen zunimmt und von der inländischen F+E-Produktion nicht ganz gedeckt werden
kann. Da die inländische Produktion die Nachfrage nicht erfüllen kann, wendet sich die Schweizer Wirtschaft
an ausländische Märkte, um die restliche F+E zu erhalten.
Die Grafik G4 stellt diese Entwicklung anhand der F+E-Importe und der F+E-Exporte innerhalb des gesamten
betrachteten Zeitraums dar.
Grafik G3: BPW und BAI der F+E, 1992-2008
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
20'000
18'000
16'000
14'000
12'000
10'000
8'000
BPW der F+E
BAI der F+E
Quelle: BFS
14/25
Grafik G4: F+E-Zahlungsbilanz, 1992-2008
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
Zu laufenden Preisen, in Millionen CHF
3'000
2'500
2'000
1'500
1'000
500
0
-500
-1'000
-1'500
-2'000
Exporte
Importe
Saldo
Quelle: BFS
Aus der Grafik geht hervor, dass sich der Aussenhandelssaldo des F+E-Bereichs, der von 1992 bis 1996
relativ stabil geblieben war, von 1997 bis 2004 rasch verschlechterte. Die Exporte nahmen zwar ebenfalls
weiterhin zu, doch bei den Importen fielen die Zuwachsraten viel höher aus.
Bis 2004 verschlechterte sich das Gleichgewicht der F+E-Aufwendungen massiv. Ab 2004 gingen die
Importe leicht zurück, während die Exporte weiterhin zunahmen. Dadurch verbesserte sich das Handelsdefizit
des F+E-Bereich etwas.
3.4 Berechnungen des Nettokapitalstocks
Der Prozess zur Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen führt letztlich dazu, dass die F+E-Investitionen in den
Kapitalstock der Schweiz integriert werden. Dieser umfasst das finanzielle und nichtfinanzielle Vermögen aller
in der Schweiz niedergelassenen Wirtschaftsakteure. Für die Berechnung des nichtfinanziellen Teils des
Vermögens greift das BFS auf die Methode des permanenten Inventars zurück,15 für die eine lange Datenreihe
zur Verfügung stehen muss. Im Fall der F+E kann der F+E-Nettokapitalstock (NKSF+E) aufgrund der verfügbaren
Daten nur für das Jahr 2001 und die Folgejahre berechnet werden. Nachfolgend werden die entsprechenden
Ergebnisse präsentiert (Grafik G5).
15
Für weitere Informationen zur Methode des permanenten Inventars vgl. «Nichtfinanzieller Kapitalstock – Methodenbericht», Arbeitspapier,
Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2006. Dieses Dokument kann auf www.bfs.admin.ch unter dem Bereich 4 heruntergeladen werden.
15/25
Grafik G5: Nettokapitalstock der F+E; Niveau und Entwicklungsrate, 1992-2008
Zu konstanten Preisen, 2005=100
80'000
in Millionen CHF
70'000
60'000
57'554
50'000
59'460
4.8%
61'775
3.9%
64'714
67'218
69'694
72'186
74'512
0.05
0.045
0.04
3.9%
3.7%
0.035
3.6%
3.2%
3.3%
40'000
0.03
0.025
0.02
30'000
0.015
20'000
Niveau
0.01
Entwicklungsrate
10'000
0
0.005
0
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Quelle: BFS
Mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 3,9% wies der NKSF+E im Zeitraum 2001-2008
einen starken Anstieg auf. Diese markante Entwicklung lässt sich mit der deutlichen Zunahme der BAIF+E
erklären, die ab dem Jahr 1999 verzeichnet wurde (vgl. Tabelle T4). Wie weiter unten dargelegt wird, ist diese
Dynamik ein charakteristisches Merkmal des NKSF+E.
3.5 Auswirkungen auf den Nettokapitalstock der Schweiz
Fügt man die für den NKSF+E erhaltenen Ergebnisse zum NKS hinzu, der im Rahmen der VGR berechnet wird
(im Folgenden «traditioneller NKS»), erhält man eine neue Berechnung des Nettokapitalstocks (im Folgenden
«neuer NKS»).
Wie die Tabelle T5 und die Grafik G6 zeigen, führt die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen zu einem
Anstieg des NKS, wobei die Auswirkungen zunehmend deutlicher werden. Während im Jahr 2001 die Differenz
zwischen den beiden berechneten NKS 4,8 % betrug, belief sich der Anstieg im Jahr 2008 bereits auf 5,6 %.
Dieses Phänomen ist auf die dynamische Entwicklung der BAIF+E zurückzuführen, die sich viel rascher
entwickeln als die übrigen Anlagegüter der Schweizer Wirtschaft.
T5:
Auswirkung des Nettokapitalstocks der F+E auf den traditionellen Nettokapitalstock
Zu konstanten Preisen (2005=100)
Jahr
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Entwicklungsrate
des traditionellen
NKS
1.0%
0.7%
1.0%
1.2%
1.5%
1.8%
1.6%
Entwicklungsrate
des neuen NKS (mit
F+E)
1.1%
0.8%
1.2%
1.3%
1.6%
1.9%
1.7%
Auswirkung der F-E-Kapitalisierung auf
den traditionellen NKS
0.1%
0.2%
0.2%
0.1%
0.1%
0.1%
0.1%
Quelle: BFS
NKS: Nettokapitalstock
16/25
Grafik G6: Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf den traditionellen Nettokapitalstock, 2001-2008
Zu konstanten Preisen, 2005=100, in Millionen CHF
1'400'000
1'200'000
1'000'000
800'000
NKB der F+E
600'000
traditionneller NKB
400'000
200'000
0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
Quelle: BFS
Die BAIF+E wird so nach dem Bausektor und der Maschinenindustrie zur drittwichtigsten Kategorie der
Anlagegüter. Der Wiederaufschwung der BAIF+E wirkt sich nur in geringem Mass auf die Wachstumsrate des
gesamten Kapitalstocks aus. Im Vergleich mit der bisherigen Entwicklung beträgt der Anstieg lediglich etwa
0,1 %. Diese geringe Auswirkung lässt sich damit erklären, dass die F+E-Aufwendungen nur einen
beschränkten Anteil des gesamten Kapitalstocks ausmachen.
3.6 Auswirkungen auf das Bruttoinlandprodukt der Schweiz
Wenn die F+E-Aufwendungen als BAI betrachtet werden, hat dies zwangsläufig eine Erhöhung des BIP zur
Folge, da man der Berechnung des BIP ein neues Element hinzufügt. So wird der Betrag, der früher als
Vorleistung abgezogen wurde, nun als Investition hinzugefügt. Im Betrachtungszeitraum wurden die folgenden
Auswirkungen auf die Höhe des BIP verzeichnet (vgl. Tabelle T6):
T6: Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf das BIP-Niveau
Zu laufenden Preisen, in %
Jahr
Auswirkung auf das BIP
+2.0%
1992
+2.0%
1993
+2.0%
1994
+2.0%
1995
+2.0%
1996
+2.0%
1997
+2.1%
1998
+2.1%
1999
+2.1%
2000
+2.2%
2001
+2.4%
2002
+2.6%
2003
+2.7%
2004
+2.7%
2005
+2.6%
2006
+2.6%
2007
+2.5%
2008
Quelle: BFS
17/25
T7: Auswirkung der F+E Kapitalisierung auf die BIP-Entwicklung
Zu laufenden Preisen, in %
Jahr
Entwicklungsrate
Entwicklungsrate des
Differenz beider
des «traditionellen»
«F+E angepassten» BIP
Raten
BIP
(in Prozentpunkten)†
2.2%
2.2%
0.0%
1993
1994
2.5%
2.5%
0.0%
1.2%
1.2%
0.0%
1995
0.7%
0.7%
0.0%
1996
2.5%
2.5%
0.0%
1997
2.3%
2.4%
0.0%
1998
1.6%
1.7%
0.0%
1999
5.2%
5.2%
0.0%
2000
2.5%
2.6%
0.1%
2001
0.8%
0.9%
0.1%
2002
0.8%
1.0%
0.2%
2003
3.3%
3.4%
0.2%
2004
3.0%
2.9%
0.0%
2005
6.0%
6.0%
-0.1%
2006
6.4%
6.4%
0.0%
2007
5.0%
5.0%
0.0%
2008
†
Abweichungen sind durch Rundungen bedingt.
Quelle: BFS
Zwischen 1992 und 2000 bewirkte die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen eine Zunahme des BIP zu
laufenden Preisen in der Grössenordnung von 2,0% bis 2,1%. Anschliessend stieg diese Zunahme konstant an,
erreichte im Jahr 2004 einen Wert von 2,7% und verringerte sich bis 2008 auf 2,5%. Diese Entwicklung lässt
sich mit dem bereits weiter oben erläuterten Umstand erklären, dass die BAIF+E zu Beginn des Jahrzehnts (ab
2000) eine besonders dynamische Steigerung aufwiesen (vgl. Grafik G2).
Im Kapitel 4 wird nochmals auf diese Auswirkungen auf das BIP eingegangen, um die Situation der Schweiz
in Bezug auf die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen im internationalen Kontext besser
zu verstehen.
Obschon die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen deutliche Auswirkungen auf das Niveau des BIP hat,
beeinflusst sie die Wachstumsrate des BIP16 nur geringfügig (siehe Tabelle T7 und Grafik G7). Im
Betrachtungszeitraum lag die Abweichung zwischen der Wachstumsrate des traditionellen BIP und der
entsprechenden Rate des um die F+E angepassten BIP in einer Bandbreite zwischen -0,1 und + 0,2
Prozentpunkten.
Grafik G7: Entwicklungsrate des BIP (mit und ohne Anpassung F+E), 1993-2008
16
Die Wachstumsraten werden zu Vorjahrespreisen berechnet.
18/25
Entwicklungsrate zu Preisen des Vorjahres
7.0%
0.20%
In Prozent, zu laufenden Preisen
6.0%
0.15%
5.0%
0.10%
4.0%
0.05%
3.0%
0.00%
2.0%
-0.05%
1.0%
0.0%
-0.10%
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
Traditionelles BIP (linke Skala)
F+E angepasstes BIP (linke Skala)
Differenz der Entwicklungsrate (rechte Skala)
Diese geringen Auswirkungen sind hauptsächlich auf die zwei folgenden Phänomene zurückzuführen:
1. Im Vergleich mit dem gesamten BIP weisen die BAIF+E nur ein bescheidenes Volumen auf. So
entsprechen die BAIF+E lediglich 2 bis 3 % des BIP. Angesichts dieses verhältnismässig geringen Anteils
wirkt sich die Entwicklung der BAIF+E, so dynamisch diese auch sein mag, nur marginal auf die
Entwicklung des BIP aus.
2. Die Entwicklung der BAIF+E wies im Betrachtungszeitraum gewisse Schwankungen auf. So wurde bei
den BAIF+E bis im Jahr 2000 ein verhältnismässig geringes Wachstum verzeichnet. In den Jahren 1996
und 2000 beeinflusste die Berücksichtigung des F+E-Kapitals die Entwicklung des BIP nicht. Da die
Wirtschaft insgesamt in dieser Periode ein ähnliches Wachstum wie das BAIF+E aufwies, machte sich
auch kein Einfluss des Letzteren auf das Wachstum der Gesamtwirtschaft bemerkbar. Zwischen 2001
und 2004 wiesen die BAIF+E eine Zunahme auf und leisteten damit einen positiven Beitrag zum
Wirtschaftswachstum. Die Auswirkungen blieben indessen begrenzt, da sie nie über 0,2 Prozentpunkte
stiegen.
Zusammenfassend zeigt die Kapitalisierung auf, dassdie Berücksichtigung der F+E beträchtliche
Auswirkungen auf die Höhe des BIP und nur marginale Auswirkungen hinsichtlich der Wachstumsrate des BIP
hat. Ausgehend von dieser Feststellung müssen Überlegungen für die Zukunft angestellt werden. Wenn die
F+E-Aufwendungen künftig im zentralen Rahmen der VGR kapitalisiert werden, sind davon zahlreiche
Kennzahlen betroffen, für die das BIP der Referenzwert darstellt. So würden die Anteile des Defizits und der
Staatsverschuldung oder der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe abnehmen, was den an diesen Themen
interessierten Kreisen richtig mitgeteilt und erläutert werden müsste. Die Wachstumsanalysen dagegen wären
von diesen methodischen Änderungen nur geringfügig betroffen. Mit anderen Worten würden sich die neuen
Ergebnisse viel stärker auf die strukturellen Untersuchungen («grundlegende» Tendenzen) als auf die rein
konjunkturellen Analysen auswirken.
Damit die Veränderungen der Wachstumsrate des BIP besser interpretiert werden können, werden im
nächsten Kapitel die Zerlegung des BIP-Wachstums und die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+EAufwendungen auf das Wachstum des BIP im internationalen Kontext dargelegt.
19/25
4 Vergleiche auf internationaler Ebene
4.1 Hinweis
Im Rahmen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen müssen die Schweizer Ergebnisse auch den Daten von
anderen Ländern gegenübergestellt werden. Die Interpretation solcher Vergleiche wird jedoch durch drei
Tatsachen beträchtlich eingeschränkt:
- Die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen entspricht nicht einer offiziellen Praxis und ist nur wenig
verbreitet. Demzufolge sind Vergleiche nur mit einer begrenzten Anzahl Länder möglich.
- Die Schätzungen in diesem Bereich wurden hauptsächlich im Jahr 200817 auf der Basis der 2008 verfügbaren
Daten vorgenommen. Die Vergleichsperiode deckt daher nur wenige Jahre ab; diese liegen zwischen 1997 und
2004.
- Und schliesslich wenden die einzelnen Staaten unterschiedliche Methoden an. Obschon die nachfolgenden
Resultate von den entsprechenden Statistikämtern veröffentlicht wurden, ist es durchaus möglich, dass die
Methoden noch Änderungen erfahren können und die Ergebnisse folglich mittelfristig angepasst werden. Vor
diesem Hintergrund muss man bei der Interpretation der Vergleiche grosse Vorsicht walten lassen.
4.2 Die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen auf die Höhe des
BIP im internationalen Vergleich
Unter Berücksichtigung der obigen Hinweise zeigt Grafik G9 die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+EAufwendungen auf die Höhe des BIP (zu laufenden Preisen) für die Schweiz, das Vereinigte Königreich, die
Vereinigten Staaten, Kanada und Dänemark auf18.
17
18
2008 wurden auf internationaler Ebene die wichtigsten Diskussionen zur Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen geführt.
Alle in dieser Grafik berücksichtigten Staaten scheinen verhältnismässig ähnliche Methoden anzuwenden. Die grössten Unterschiede zur Schweizer
Methode weist die Methode der Vereinigten Staaten auf. Diese unterscheidet sich nicht aus konzeptueller Sicht, sondern in Bezug auf die Zahl und
die Qualität der Daten zum F+E-Bereich. Daten und Methode der Vereinigten Staaten sind auf der Internetseite des «Bureau of Economic Analysis»
verfügbar: www.bea.gov.
20/25
Grafik G8: Internationaler Vergleich der Auswirkung der F+E-Kapitalisierung auf das BIP-Niveau, 19972004
In Prozent, zu laufenden Preisen
3.5%
In Prozent, zu laufenden Preisen
3.0%
2.5%
2.0%
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
CH
1997
UK
1998
USA
1999
2000
Can
2001
2002
DNK
2003
2004
Quelle: BFS, ONS, BEA, Statcan, Statistics Denmark.
Was die untersuchten Länder anbelangt, lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen der Kapitalisierung der
F+E-Aufwendungen in der Schweiz sehr gross sind. Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land, in dem noch
grössere Auswirkungen auf die Höhe des BIP verzeichnet werden. Dies ist grundsätzlich nicht weiter
erstaunlich, da diese beiden Länder traditionell zur Spitzengruppe der Staaten gehören, die umfangreiche F+EAktivitäten aufweisen. Es ist jedoch festzuhalten, dass die Entwicklung in der Schweiz anders verlief als in den
USA. Während die Auswirkungen in den Vereinigten Staaten im Zeitraum 1997 bis 2004 abnahmen, stiegen
sie in der Schweiz an. Ein ähnlicher zeitlicher Verlauf wie in der Schweiz wurde auch in Dänemark verzeichnet.
Dieses Land ging indessen von tieferen Niveaus aus und wies noch höhere Wachstumsraten auf als die
Schweiz. In Kanada erfolgte ebenfalls eine Steigerung, wobei ausgeprägtere Zwischenphasen festgestellt
wurden. Das Vereinigte Königreich, in dem die Auswirkungen der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen auf
die Höhe des BIP geringer sind, verzeichnete wie die Vereinigten Staaten eine abnehmende Tendenz.
Dieser Vergleich zeigt, dass sich die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen in der Schweiz ähnlich auf das
BIP auswirkt wie in den übrigen Ländern. Angesichts der gemessen am BIP relativ hohen F+E-Aufwendungen
der Schweiz und angesichts der äusserst positiven Dynamik im Bereich der F+E-Aufwendungen zwischen 2000
und 2004 entsprechen die Ergebnisse den Studien der Statistikämter der oben analysierten Länder.
Man sollte sich jedoch vor voreiligen Schlüssen hüten, was die direkten Auswirkungen der Kapitalisierung
der F+E-Aufwendungen auf das BIP aller betroffenen Länder betrifft. Wie oben erläutert wurde, werden zwar
grundsätzlich einheitliche Methoden verwendet, doch unter Umständen werden sie von den Staaten
unterschiedlich angewandt. Wenn die Berechnungsmethoden auf internationaler Ebene konsolidiert sind und
mehr Daten der einzelnen Staaten zur Verfügung stehen, sollte daher eine detailliertere Analyse der Ergebnisse
durchgeführt werden.
21/25
5 Schlussfolgerungen
Mit dem Ziel, die wirtschaftliche Realität bestmöglich abzubilden, wurde beschlossen, die F+EAufwendungen im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als Investitionen zu betrachten. Vor
diesem Hintergrund wurde eine erste Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen der Schweiz vorgenommen. Die
Schweiz beteiligt sich massgeblich an den internationalen Anstrengungen zur Erprobung und Verbesserung der
verschiedenen möglichen Berechnungsmethoden. Diese ersten Ergebnisse entsprechen nur einem vorläufigen
Stand. Alle Empfehlungen der Arbeitsgruppen, die mit der Untersuchung dieses Bereichs auf internationaler
Ebene beauftragt sind, wurden bestmöglich berücksichtigt. Da diese Arbeitsgruppen jedoch die Aufgabe
haben, die bestehenden Methoden weiterzuentwickeln, werden die in der Schweiz verwendeten
Berechnungsmethoden voraussichtlich noch überarbeitet und konsolidiert.
Im Rahmen dieser Analyse wurde festgestellt, dass die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen einen
deutlichen Anstieg des BIP bewirkt. Würde dieser Effekt in den zentralen Rahmen der VGR integriert, hätte er
Auswirkungen auf die Analysen und Entscheidungsprozesse, die auf der Grundlage von auf dem BIP
basierenden Kennzahlen durchgeführt werden (beispielsweise Maastricht-Kriterium für das Defizit und die
Verschuldung von öffentlichen Verwaltungen). Damit lässt sich zu einem gewissen Teil die grosse
Zurückhaltung erklären, welche die europäischen Staaten gegenüber der Kapitalisierung der F+EAufwendungen üben. Zahlreiche Länder warten eine Konsolidierung der Berechnungsmethoden ab, bevor sie
mit den Berechnungen beginnen. Was die Schweiz anbelangt, kann im Rahmen dieser Berechnungen
aufgezeigt werden, dass die Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen nur sehr eingeschränkte Auswirkungen
auf die Wachstumsrate des BIP hat. Dieser geringe Einfluss ist auf die folgenden Gründe zurückzuführen: das
bescheidene Volumen der F+E-Investitionen im Verhältnis zum BIP und die Tatsache, dass die Dynamik nicht
ausreichend ist, um die Wachstumsrate des BIP massgeblich zu beeinflussen. Die Analyse zeigt jedoch, dass die
BAIF+E in den letzten acht Jahren des Betrachtungszeitraums (2000-2008) ein starkes Wachstum aufwiesen
und damit de facto einen grösseren Einfluss auf die Höhe des BIP hatten. Die nächsten Erhebungen zur F+E
sind äusserst wichtig um festzustellen, ob diese Zunahme der F+E weiterhin anhält. Es kann indessen schon
jetzt festgehalten werden, dass diese Zunahme der F+E-Investitionen (die hauptsächlich vom privaten Sektor
generiert wurde) nicht ausschliesslich mit der Produktion von Schweizer Unternehmen abgedeckt werden
konnte. Denn im gleichen Zeitraum wurde eine deutliche Zunahme der F+E-Importe verzeichnet. Diese
Entwicklung ist Ausdruck der zunehmenden Integration der F+E-Prozesse auf weltweiter Ebene und des
grösseren Bedarfs der Schweizer Unternehmen. Auch diesbezüglich müssen in Bezug auf die Folgejahre
demnächst weitere Analysen durchgeführt werden, um diese Entwicklung zu bestätigen.
Die Einführung der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen in der Schweiz wird mit zahlreichen
Auswirkungen verbunden sein. Die aus diesem Projekt gezogenen Erkenntnisse wurden direkt in den
Erhebungsbogen des BFS integriert, mit dem die F+E-Aufwendungen der in der Schweiz tätigen Unternehmen
erfasst werden. Einige Fragen werden nun parametrisiert, damit sie den Anforderungen der VGR besser
entsprechen. Im Übrigen hat die Bildung von langen Reihen gezeigt, dass der Erhebungsrhythmus erhöht
werden sollte. Mit Hilfe der vom BFS vorgenommenen Interpolationen können die grundlegenden Tendenzen
festgestellt werden, doch den kurz- und mittelfristigen Analysebedürfnissen kann damit nicht entsprochen
werden. Der vorgesehene Übergang zu einem höheren Erhebungsrhythmus entspricht daher einem grossen
Schritt in Richtung der Erstellung von Statistiken mit einer höheren Qualität.
Schliesslich konnte dank der Kapitalisierung der F+E-Aufwendungen ein wesentlicher Schritt zu einer
besseren statistischen Erfassung der Wissensgesellschaft getan werden. Wie es erwartet, aber zuvor nie offiziell
auf der makroökonomischen Ebene zahlenmässig erfasst wurde, hat die F+E einen positiven Einfluss auf die
Höhe und die Entwicklung des BIP der Schweizer Wirtschaft. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in diesem
Zusammenhang nur vom Beitrag der F+E-Investitionen zum Produktionsprozess der Schweiz die Rede ist. Die
übrigen Effekte, wie beispielsweise die Auswirkungen von Innovationen auf die Wettbewerbsfähigkeit der
Unternehmen – eine indirekte Folge der F+E-Aufwendungen –, wurden nicht berücksichtigt.
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Was die Zukunft anbelangt, besteht in zahlreichen Bereichen ein Analysebedarf. Parallel zum Ausbau seines
statistischen Instrumentariums ist es angezeigt, diese bestehenden statistischen Lücken zu beseitigen.
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6 Literaturhinweise
Economiesuisse – Bundesamt für Statistik, « Forschung und Entwicklung in der schweizerischen
Privatwirtschaft 2004 », Zürich, 2006.
Bundesamt für Statistik, « Strukturelle Analyse der Schweizer Wirtschaft - Entwicklung des verarbeitenden
Gewerbes von 1991 bis 2005 », BFS Aktuell, Neuchâtel 2008.
Bundesamt für Statistik, « Von den Daten zu Forschung und Entwicklung zu den Aggregaten der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung; Methode und Konzepte », Methodenbericht, Neuchâtel, 2013.
Bundesamt für Statistik, F+E: Aufwendungen des Bundes - Indikatoren «Wissenschaft und Technologie»,
BFS Aktuell, Neuchâtel, 2005.
Bundesamt für Statistik, « F+E der Schweiz 2008; Fortgesetzte Anstrengungen der Privatunternehmen
und Hochschulen», Publikation des BFS, Neuchâtel, 2010.
Bundesamt für Statistik, « Kapitalentwicklung als wichtigster Wachstumsmotor der Schweizer Wirtschaft
in den vergangenen 13 Jahren », BFS Aktuell, Neuchâtel 2006.
Bundesamt für Statistik, « Nichtfinanzieller Kapitalstock – Methodenbericht », Arbeitsdokument,
Neuchâtel 2006.
Bundesamt für Statistik, « Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Eine Einführung in Theorie und Praxis –
Methoden und Konzepte des ESVG », Publikation des BFS, Neuchâtel, 2003.
Statistisches Amt der europäischen Gemeinschaften (Eurostat), « Système européen des comptes, SEC
1995 », Luxemburg, 1996.
Organisation for economic co-operation and development – OECD, « Frascati Manual – Proposed standard
practice for surveys on research and experimental development », Paris, 2002.
Organisation der Vereinten Nationen (UNO), Weltbank und IWF, « System of National Account 1993 »,
Brüssel/Luxemburg, New York, Paris, Washington D.C., 1993.
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Abkürzungs-verzeichnis
A
VL
VGR
BAI
BAIF+E
POoE
FH
BFS
OECD
BIP
MFP
F+E
SVGL
ESVG
NKS
NKSF+E
BPW
BPWF+E
Abschreibungen
Vorleistungen
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Bruttoanlageinvestitionen
Bruttoanlageinvestitionen in F+E
Organisationen ohne Erwerbszweck
Frascati-Handbuch
Bundesamt für Statistik
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bruttoinlandprodukt
Multifaktorproduktivität
Forschung und Entwicklung
System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen
Nettokapitalstock
Nettokapitalstock des F+E-Bereichs
Bruttoproduktionswert
Bruttoproduktionswert des F+E-Bereichs
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Zugehörige Unterlagen
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