208 5 Schrittmacherfunktion 4. Luceri RM, Brownstein SL, Vardeman L, Goldstein S. PR interval behavior during exercise: implications for physiological pacemakers. Pacing Clin Electrophysiol 1990; 13: 1719–1723. 5. Meine M, Hexamer M, Werner J, Israel CW, Lemke B, Barmeyer J. Relationship between atrioventricular delay and oxygen consumption in patients with sick sinus syndrome: relevance to rate responsive pacing. Pacing Clin Electrophysiol 1999; 22: 1054–1063. 6. Nishimura RA, Hayes DL, Ilstrup DM, Holmes DR, Jr., Tajik AJ. Effect of dual-chamber pacing on systolic and diastolic function in patients with hypertrophic cardiomyopathy. Acute Doppler echocardiographic and catheterization hemodynamic study. J Am Coll Cardiol 1996; 27: 421–430. 7. Wirtzfeld A, Stangl K, Schmidt G. Physiological pacing: AVsynchrony and rate control. In: Pérez Gomez F (Hrsg.): Cardiac Pacing, Editorial Grouz, Madrid 1985; 875–892. Algorithmen bei atrialen Tachykardien Das Wichtigste in Kürze Vorhofgetriggerte Ventrikelstimulation („Tracking“) funktioniert unabhängig davon, ob der atriale Rhythmus physiologisch oder pathologisch ist. Bei Patienten mit AV-Block, deren Chronotropie durch vorhofabhängige Ventrikelstimulation bewirkt wird, muss der Schrittmacher schnelle atriale Arrhythmien erkennen, um vom „Tracking“- zum „Nontracking“-Modus umschalten und hochfrequente Kammerstimulation vermeiden zu können (ModeSwitch). Die Funktion setzt ungestörte Wahrnehmung auch kleiner atrialer (Flimmer-) Signale voraus; Beginn und Ende der Tachykardie sollen rasch, aber auch zweifelsfrei detektiert werden, im Idealfall setzt die „Non-tracking“-Betriebsart ohne abrupten Frequenzsprung ein und sorgt für bedarfsgerechte (auch frequenzadaptive) Kammerstimulation. Sensitivität und Spezifität der verfügbaren Algorithmen bieten ein gemischtes Bild; ihre Kopplung mit diagnostischen Speichern eröffnet neue Einsichten in Häufigkeit und Dynamik der Rhythmusstörungen, erzwingt aber auch die Validierung durch Episoden-Aufzeichnung, um das immense Informationsangebot kritisch bewerten zu können. Anders als der natürliche AV-Knoten lässt die „elektronische AV-Leitung“ keine Variation des AV-„Untersetzungsverhältnisses“ zwischen Vorhof- und Kammerfrequenz zu. Im Falle atrialer Tachyarrhythmien kennt die klassische Zeitschaltung von Schrittmachern als einzige Begrenzung das obere Frequenzlimit. Um den Patienten vor schnellen Kammerrhythmen zu bewahren, bleibt einzig das Umschalten vom „Tracking“- zum „Nontracking“-Modus (Mode-Switch). Gruppe 1 Bezeichnungen ➤ ➤ ➤ ➤ (Automatic) Mode Switch ([A]MS) Atriale Tachykardie-Reaktion (ATR) Fallback Mode Switching (FMS) Mode-Umschaltung (= Dual Demand Mode) Ziel Der Algorithmus unterscheidet zwischen physiologischer (Sinusknoten-) und pathologischer Vorhofaktivität (atriale Tachykardie, Vorhofflimmern/-flattern), um im ersten Fall 1:1 vorhofgesteuerte Ventrikelstimulation („Tracking“) zu ermöglichen, im zweiten jedoch das Tracking zu unterbrechen und damit pathologische Kammerfrequenzen zu verhindern (Abb. 5.83). Die Funktion umfasst: ➤ ➤ ➤ ➤ Detektion des Tachykardiebeginns, Desynchronisation zum geeigneten Ersatzmodus, Erkennung des Tachykardieendes, Resynchronisation. De- und Resynchronisation können mit und ohne gleitende Frequenzübergänge im Ventrikel organisiert sein. Realisierung Signaldetektion Hochfrequente Vorhofereignisse können vom Schrittmacher nur dann erfasst werden, wenn der Wahrnehmungsschaltkreis in seiner Auslegung den zu erwartenden Signalen genügt und ohne – oder mit nur kurzen – Unterbrechungen empfangsbereit ist. Zwischen den atrialen Potentialen bei Sinusrhythmus (P) und Tachyarrhythmie (T) besteht nur ein lockerer Zusammenhang: P- und atriale Flatterwellen unterscheiden sich in ihrer Amplitude kaum, Flimmerpotentiale variieren beträchtlich, können bei längerer Arrhythmiedauer kleiner werden und verlangen deshalb hohe Eingangsempfindlichkeiten (Abb. 5.84 2; [25]). Im Interesse der Störsicherheit ist folglich bipolares Sensing geboten, obwohl Fehlwahrnehmung – namentlich ventrikulärer Fernpotentiale (FFR) – mit der gegenwärtigen Schrittmachertechnik nicht ausgeschlossen ist (Abb. 5.85). Das Problem stellt sich bei gezielter Testung größer als im Routinebetrieb dar, wobei die Angaben im Akuttest je nach Vorhofempfindlichkeit (0,5 bzw. 0,1 mV) zwischen 20 und 100 % schwanken (4) und nach chronischen Speicherdaten mit 9 % (17) beziffert werden. Nicht immer gelingt es, durch geschickte Wahl der Empfindlichkeit zwischen P- und FFR-Potentialen zu diskriminieren, so dass Fernfeldsignale als überzählige Vorhofereignisse gedeutet und fälschlich supraventrikuläre Tachykardien diagnostiziert werden. Abhilfe Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag Algorithmen bei atrialen Tachykardien Abb. 5.83 Vorhofabhängige Ventrikelstimulation („Tracking“) während physiologischer atrialer Aktivität, definiert durch ein „physiologisches Band“ um die momentane „physiologische“ Frequenz (fphys); diese wird in einem „PseudoMittelungsverfahren“ ständig aktualisiert, indem mit jedem neuen Vorhofereignis der Wert um 2 Schläge min-1 herauf- oder herabgesetzt wird, abhängig davon, ob die aktuelle Zykluslänge größer oder kleiner als die fphys entsprechende Zykluslänge (aber nicht außerhalb des physiologischen Bandes) ist. Wenn die Vorhoffrequenz plötzlich das physiologische Band verlässt („A-Tachy“), so wird „Tracking“ abgeschaltet (nach 1). Dynanisches Tracking Limit Frequenz Physiologisches Band Atriale Attraktivität Physiologische Frequenz Zeit Physiologische Vorhoffrequenz A-Tachy AEGM 20% Perzentile AEGM-Ampl. b. A-Fib (mV) 3 EKG 209 11/17 n=25 0/8 2 1 0 0 1 2 3 4 5 6 mittlere EGM-Amplitude bei SR (mV) Abb. 5.84 Spontanvariabilität der Elektrogramm-Amplitude bei Vorhofflimmern und ihre Bedeutung für die Tachykardiewahrnehmung von atrialen Schrittmacherverstärkern. Das atriale Elektrogramm (AEGM) zeigt 10 konsekutive Flimmerpotentiale unterschiedlicher Amplitude, deren 2 kleinste mit einem Stern gekennzeichnet sind (2 von 10 = 20 % der vorkommenden Signale). Die Graphik auf der rechten Seite zeigt die Häufigkeit, mit der eine 20 %-Perzentile von kleiner 0,3 mV in Abhängigkeit von der mittleren AEGM-Amplitude bei Sinusrhythmus (SR) vorkommt: diese beträgt 11/17, wenn AEGM (SR) weniger als 1,5 mV beträgt, und 0/8, wenn AEGM (SR) gleich oder größer als 1,5 mV ist. Der Zusammenhang besagt, dass erst bei einer mittleren P-Wellen-Amplitude im AEGM von ≥1,5 mV und einer Vorhofempfindlichkeit von 0,3 mV die Detektion sämtlicher Vorhofflimmerpotentiale erwartet werden kann (nach 2). schafft derzeit nur das Ausblenden („Blanking“) dieser Signale; in negativer Konsequenz wird damit auch das Wahrnehmungsfenster für echte Tachykardien verkleinert. Da FFR-Potentiale im Vorhof kurz nach dem eigentlichen Ventrikelereignis auftreten, erfolgt Blanking vornehmlich postventrikulär (PostVentrikuläres Atriales Blanking; PVAB); aber auch eine stimulierte Vorhofdepolarisation (Abb. 5.85) oder ein Ventrikelereignis (5), das noch vor der Kammerwahrnehmung im Vorhofverstärker detektiert wird, kann die Zählung kurzer P-PIntervalle bewirken, so dass ein Hersteller solche Störeinflüsse durch Blanking des gesamten AV-Delays eliminiert. In der Addition zur PVAB wird dadurch die Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag 210 5 Schrittmacherfunktion Abb. 5.85 Oberflächen-EKG, atriales Elektrogramm (EGM) und Marker-Annotation bei AV-sequentieller Stimulation (untere Grenzfrequenz 90 Schläge min-1, AV-Delay 200 ms). Bipolares Sensing im Vorhof (Empfindlichkeit 0,5 mV). AP = Atriales Pacing, VP = Ventrikuläres Pacing. Mit AR sind atriale Refraktärwahrnehmungen gekennzeichnet: nach AP sind diese wegen der unterschiedlichen AP-AR-Intervalle als Reizantwort nach AP (zweiter Zyklus) oder Interferenz von Eigenaktion und AP (erster Zyklus) zu interpretieren; nach VP folgt jeweils ein ventrikuläres Fernpotential im Vorhof. Detektionsfähigkeit des Systems (v.a. für Vorhofflattern, s.u.) empfindlich begrenzt. Anders als sich nach der Bezeichnung vermuten lässt, ist das System jedoch in dem Teil der postventrikulären atrialen Refraktärzeit (PVARP), der außerhalb der PVAB liegt, durchaus wahrnehmungsfähig und kann schnelle Vorhofrhythmen dort erkennen. Weil dies den überkommenen Regeln der DDD-Zeitsteuerung widerspricht, erwartet eine ältere Schrittmacher-Modellfamilie erst das Auftreten der Quasi-Wenckebach-Schaltung, bevor die atriale „Refaktärwahrnehmung“ zur Tachykardieerkennung freigeschaltet wird. Dieses Design ist in Nachfolgeprodukten korrigiert. Tachykardiekriterien ! Das Design von Tachykardieerkennungs-Algorithmen versucht, den optimalen Kompromiss zwischen Diagnosesicherheit und -geschwindigkeit herzustellen. Hohe Diagnosesicherheit bei Start und Ende der Tachyarrhythmie verhindert, dass – oft in schneller Folge – unnötige Moduswechsel („Mode-Switch-Oszillationen“) erfolgen. Rasches Umschalten zu Beginn der Rhythmusstörung erspart dem Patienten lang andauernde Palpitationen und mindert an ihrem Ende die Nachteile fortgesetzter Desynchronisierung. Eine Marktübersicht zeigt, dass beide Gesichtspunkte in der Praxis sehr unterschiedlich gewichtet werden und dass „langsam“ nicht zwangsläufig „störsicher“ heißt. Tab. 5.3 stellt die gegenwärtig gebräuchlichen Algorithmen zusammen und unterscheidet dabei zwischen folgenden Detektionsstrategien: ➤ „Mittlere“ oder „gefilterte“ atriale Fequenz: Die zu dieser Frequenz gehörende Zykluslänge (CLm) wird mit jedem atrialen Ereignis um einen festen Betrag de- oder inkrementiert, abhängig davon, ob das letz- te Wahrnehmungsintervall kürzer oder länger als CLm ist (Abb. 5.86). Auch wenn nicht jedes tachykarde Ereignis im Vorhof vom Schrittmacher wahrgenommen wird, tendiert CLm dennoch zuverlässig in Richtung Verkürzung, weil das Dekrement in der Regel größer als das Inkrement ist. Unterschreitet CLm das Intervall, das der vordefinierten Tachykardie(Mode-Switch-)Frequenz entspricht, so schaltet die Betriebsart vom „Tracking“- zum „Non-tracking“Modus um. ➤ Zählerkriterium: Ein Zähler hat während physiologischem Vorhofrhythmus den Wert 0. Jedes atrial wahrgenommene Ereignis, dessen Zykluslänge das programmierte Tachykardielimit unterschreitet, erhöht den Zähler um den Wert 1. Intermittierende Sense-Ereignisse, welche dieses Kriterium nicht erfüllen, können – je nach Algorithmus – den Zähler wieder auf 0 setzen oder nur um 1 dekrementieren. Im ersten Fall wird eine konsekutive Wahrnehmung tachykarder Ereignisse gefordert, um das Zählerkriterium zu befriedigen; im zweiten ist Undersensing eines Teils der Vorhofaktivität erlaubt. Erreicht der Zähler den programmierten Mindestwert (im Beispiel der Abb. 5.87 ist der Wert 8), so wird ModeSwitching eingeleitet; der Umschaltvorgang kann durch eine (programmierbare) Zahl von Bestätigungs-Zyklen verzögert werden. ➤ X-aus-Y-Kriterium: Der Algorithmus speichert nach Art einer Schiebekette die Länge der letzten Y Vorhofzyklen; mit jedem neuen atrialen Ereignis wird der älteste Wert gelöscht und der neue Wert in den Speicher aufgenommen; gleichzeitig wird überprüft, ob X der Y Zykluslängen kleiner als das vordefinierte Tachykardiekriterium sind; wird dieses Kriterium erfüllt, erfolgt unmittelbar der Moduswechsel (Abb. 5.88). ➤ Beat-to-Beat-Switch: Die schnellste Form des Moduswechsels ist in mindestens drei Varianten realisiert: Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag X aus Y x (p) nicht-konsekutive Zyklen ≥ TDR (p; 130–200/min) 5 aus 8 (np) Zyklen ≥ TDR (p) Mini-Swing Living Meta 1254 Meta 1256 Inos2 Logos, Philos Protos Stratos Chorum, Talent Symphony Sorin Sorin Telectronics Telectronics Biotronik Biotronik Ela APBs in 28 aus 32 oder in 36 aus 64 Zyklen (np) x (p) aus 8 Zyklen ≥ TDR (p) 5 oder 11 (p) nicht-konsekutive Zyklen ≥ TDR 2 (np) Zyklen ≥ TDR (np); Bestätigung über 5 Zyklen (np) 2 (np) Zyklen ≥ TDR (p) nach Bestätigungszeit x (p) konsekutive Zyklen ≥ TDR (p) Marathon Intermedics 8 (np) konsekutive Zyklen ≥ TDR (p), Bestätigung durch x (p) Zyklen MAR-Intervall um 38 ms verkürzt/um 16 ms verlängert bei kurzen/langen Wahrnehmungszyklen (np) TDR (p) Vigor Affinity DR Integrity/Frontier, Identity St. Jude MAR-Intervall um 38 ms verkürzt/um 16 ms verlängert bei kurzen/langen Wahrnehmungszyklen (np); Wahrnehmung in der PVARP erst nach Erfüllung der Wenckebach-Bedingung aktiviert; TDR (p) MAR-Intervall um 23 ms verkürzt/um 8 ms verlängert bei kurzen/langen Wahrnehmungszyklen (np); TDR (p) Beschreibung d. Algorithmus, Tachykardieerkennung Guidant Trilogy DR St. Jude Zählerkriterium Thera, K-400 Medtronic Mittlere/ gefilterte A-Frequenz (MAR) Modell Hersteller Algorithmus Tabelle 5.3 Mode-Switch-Charakteristika unterschiedlicher Schrittmachermodelle Terminierung MAR < MTR oder 5 konsekutiv stimulierte A-Ereignisse MAR<MTR MAR<MSR (höherer Wert aus MTR oder MSR) MAR<MTR MAR<MSR (höherer Wert aus MTR oder MSR) 8 konsekutive Zyklen < TDR Tracking des 2. Ereignisses mit Frequenz<MTR 3 (np) konsekutive Zyklen < TDR 3 (np) konsekutive Zyklen < TDR 3 (np) konsekutive Zyklen < TDR oder kein A-Sense ≥ 1s 3 (np) konsekutive Zyklen < TDR oder kein A-Sense ≥ 1s 8 (np) konsekutive Zyklen < TDR (p) 8-x (p) nicht-kons. Zyklen < TDR (p) 24 (np) konsekutive Zyklen < 110/min Modi (SR → AT) DDD[R] → DDIR VDD[R] → VDIR DDD → DDI DDDR → DDIR DDD → DDI DDDR → DDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDD → VDI DDDR → DDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDDR → VDI DDD → DDI DDD → VDI/DDI DDDR → VDIR/DDIR Algorithmen bei atrialen Tachykardien 211 Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag Medtronic Zähler+ Logik 1 atriales Ereignis außerhalb des „physiologischen Bandes“ (PNN50 + HRV-Antwort; 13 ≤ HRV-Antwort ≤ 28 Schläge/min) AT 500 K700, K900, EnPulse, InSync III 3 (np) nicht-konsek. Zyklen ≥ TDR (p) + „PR-Logic“ 4 aus 7 (np) Zyklen ≥ TDR (p) + Sofort-Switch nach blanked flutter search Terminierung Atriales Intervall > TARP Kein A-Ereignis innerhalb PVARP Tracking des 2. Ereignisses in physiologischem Band 2–5 atriale Zyklen mit Frequenz < „Schaltfrequenz“ 8 konsekutive Zyklen < TDR 5 konsekutiv stimulierte oder 7 konsekutiv wahrgenommene Ereignisse < MTR (np) Mediane A-Freq. aus 12 Zyk.< MTR Modi (SR → AT) DDD → DVI/DDI DDDR → DVIR/DDIR DDD → VDI DDDR → VDIR DDD → DDI DDDR → DDIR DDD(R) → VDI(R)/DDI(R) DDD → VDI DDDR → VDIR DDD[R] → DDIR VDD[R] → VDIR DDD[R] → DDIR AFR = Atriale Flatterreaktion; MAR = Pseudomittel der Vorhoffrequenz; PVARP = postventrikuläre atriale Refraktärzeit; MTR = maximale Tracking-Frequenz; TARP = totale atriale Refraktärzeit; TDR = Tachykardie-Erkennungsfrequenz; p = programmierbar; np = nicht programmierbar; nach (10) modifiziert Medtronic X aus Y + blanked flutter search Neway Sorin 1 atriales Ereignis außerhalb des „physiologischen Bandes“ (MAR + 15/min; np) 1 atriales Ereignis in AMV-abhängiger PVARP Retriggerbare atriale Refraktärperiode Beschreibung d. Algorithmus, Tachykardieerkennung Pulsar [Mx], 8 (p) nicht-konsek. Zyklen ≥ TDR (p); x (p) Zyklen Discovery, Insignia zur Bestätigung; Contak, Renewal + Sofort-Switch bei Frequenz > 130/min Diamond, Clarity, Selection C-/ T-Serie Vitatron Guidant Meta 1250 Telectronics Zähler + AFR Actros, Kairos Biotronik Beat to Beat Modell Hersteller Algorithmus Tabelle 5.3 Fortsetzung von vorheriger Seite 212 5 Schrittmacherfunktion Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag Algorithmen bei atrialen Tachykardien 213 „mittlere“ Zykluslänge (ms) 1000 800 normale Sinusfrequenz (75 min–1) C 600 B A 400 Tachykardie-Detektionsfrequenz (185 bpm; PVARP 310 ms) 200 regelmäßige Vorhoftachykardie undersensing einzelner Vorhofaktionen Vorhoftachykardie sistiert nicht verwertet: AS-AP; AR-AP 0 0 5 10 Zyklen 15 20 25 Abb. 5.86 „Mittlere“ oder „gefilterte“ atriale Frequenz als Tachykardie-Kriterium vor Modus-Wechsel; ist das aktuelle P-P-Intervall kürzer als die „mittlere“ Zykluslänge (CLm), so wird diese um einen festen Betrag (D) dekrementiert; ist P-P länger als CLm, so wird sie um einen festen Betrag (I) inkrementiert; da B größer als I ist, tendiert das System bei intermittierender atrialer Wahrnehmung (z.B. infolge Blanking) in Richtung einer kürzeren CLm. Wenn CLm die Zykluslänge der Tachykardie-Detektionsfrequenz unterschreitet, erfolgt Mode-Switch vom „Tracking“- zum „Non-tracking“-Modus. Die Kurven zeigen: A: kontinuierliche Wahrnehmung von Zyklen, die kürzer als CLm sind; die „mittlere oder gefilterte“ Zykluslänge erreicht schnell die Tachykardie-Detektionsfrequenz. B: intermittierende Messung von P-P-Intervallen, die länger als CLm sind; das Tachykardie-Kriterium wird zwar verzögert, aber dennoch sicher erfüllt; C: allmähliche Rückführung von CLm nach Ende einer kurzen Salve beschleunigter Vorhofaktivität. EKG EGM 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Abb. 5.87 Algorithmus mit Zählerkriterium: dargestellt sind von oben nach unten das Oberflächen-EKG, das atriale Elektrogramm sowie die Markerannotation (oberhalb der Linie) und Refraktärität (unterhalb der Linie) des Vorhofkanals; die atriale Blankingzeit ist innerhalb der Refraktärphasen als dunkler Block gekennzeichnet. Die atrialen Marker bezeichnen von links nach rechts: Stimulation, zweimal Refraktärwahrnehmung (Zykluslänge unterhalb Tachykardiefrequenz), in der Folge Tachykardie-Ereignisse, von denen eins (zwischen 1 und 0) wegen Blankings nicht detektiert wird. Mit Erreichen des Zählerwerts 8 wird (evtl. noch durch eine programmierbae Zahl von „Bestätigungs-Zyklen“ verzögert) der Modus gewechselt. Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag 214 5 Schrittmacherfunktion EKG EGM 1 1 2 2 3 3 5 4 4 6 7 Abb. 5.88 Prinzip des X-aus-Y-Kriterium zur Diagnose einer Tachykardie: dargestellt sind von oben nach unten das OberflächenEKG, das atriale Elektrogramm sowie die Markerannotation (oberhalb der Linie) und Refraktärität (unterhalb der Linie) des Vorhofkanals; die atriale Blankingzeit ist innerhalb der Refraktärphasen als dunkler Block gekennzeichnet. Im vorliegenden Fall ist X = 4 und Y = 7. Die eingetragenen Zähler bezeichnen 7 konsekutive Zyklen, deren Zykluslänge in 4 Fällen kürzer als die der Mode-Switch-Frequenz ist (fett markiert); mit 4-aus-7 ist das Tachykardie-Kriterium erfüllt. – Ältester Mechanismus ist das Dual-DemandPrinzip, welches klassische Regeln der Schrittmacher-Zeitsteuerung anwendet; Wahrnehmung innerhalb der „relativen“ atrialen Refraktärperiode (die als Störerkennungsfenster außerhalb des atrialen Blankings organisiert ist) startet eine neue Refraktärzeit; dieser Vorgang kann sich mit weiteren Sense-Ereignissen mehrfach wiederholen; der Zeitgeber für die Basis- (oder Sensor-)Frequenz bleibt dadurch unbeeinflusst und löst am Ende der „geplanten“ VA-Zeit eine Vorhofstimulation aus, die „asynchron“ zum schnellen Vorhofrhythmus erfolgt. Die übrige Zeitsteuerung bleibt unverändert; insbesondere die ventrikuläre Wahrnehmung ist erhalten und verhindert asynchrone Ereignisse in der Kammer. – Die zweite Variante eines solchen Beat-to-BeatAlgorithmus nutzt eine variable Vorhofrefraktärzeit, um zwischen physiologischem und pathologisch-vorzeitigem atrialen Ereignis zu unterscheiden. Die Länge der „PVARP-Base“ ist an die Atemminutenvolumen-Steuerung gekoppelt. Hohe AMV-Messwerte zeigen eine Belastungssituation an und lassen hohe Vorhoffrequenzen (früh einfallende P-Wellen) plausibel erscheinen; die Refraktärzeit wird also verkürzt. Umgekehrt ist die „PVARP-Base“ im Ruhezustand lang, so dass beschleunigte Vorhofrhythmen infolge ihrer Vorzeitigkeit in der Refraktärzeit wahrgenommen, als pathologisch klassifiziert werden und einen Moduswechsel bewirken. – Der dritte Ansatz zur Realisierung frühzeitigen Mode-Switchings basiert auf Holter-Daten zur physiologischen Variabilität von Sinusrhythmen (1). „Physiologische“ und „pathologische“ Zyklen lassen sich danach am besten trennen, wenn der Algorithmus mit zwei Einstellungen arbeitet: 1. Die „physiologische Frequenz“ wird ähnlich der „gefilterten“ Vorhoffrequenz (s.o.) mit einem symmetrischen In-/Dekrement von 2 min-1/Zyklus aktualisiert, wobei im frequenzadaptiven Betrieb auch die sensorindizierte Frequenz bewertet wird; 2. Um diese Pseudo-Mittelfrequenz („Physiologische Frequenz“) wird eine Variation von ± 15 min-1 zugelassen („Physiologisches Band“, Abb. 5.83). Abb. 5.89 zeigt, wie dieses physiologische Band sich in der Zeitsteuerung des Schrittmachers niederschlägt: Vorhofereignisse, die vor dem Erwartungsintervall für Sinusrhythmus einfallen („Tachykardiezone“), werden als pathologisch gewertet und lösen unmittelbar den Betriebsartwechsel aus. – Eine Abwandlung des „Physiologischen Bandes“ unterscheidet zwischen physiologischer und pathologischer Zykluslänge anhand der PNN50 (Prozentsatz der Zyklen, deren P-P-Intervall vom jeweils vorhergehenden um mehr als 50 ms abweicht). Die Breite des Bandes kann dabei durch Programmierung verschiedener Aufschläge (13–28 min-1) variiert werden. Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag Algorithmen bei atrialen Tachykardien 215 DDIR physiologische Frequenz physiologisches Band Sensor-Frequenz V-stim AV-Zeit Blank Tachykardie-Zone Sinusrhythmus Bradykardie Abb. 5.89 Prinzip eines „beat-to-beat“-Mode-Switch: Bei Sinusrhythmus ist nur eine begrenzte Zyklusvariabilität von Schlag zu Schlag physiologisch (erste 3 Zyklen); der Variationsbereich wird als „Physiologisches Band“ bezeichnet. Reicht der aktuelle patienteneigene Zyklus bis jenseits der unteren Grenze des physiologischen Bandes (im Beispiel des vergrößert dargestellten Zyklus ist das die Basis- oder Sensorfrequenz), so wird (relative) Bradykardie diagnostiziert und ein atrialer Stimulus abgegeben. Fällt die nächste Vorhofaktion (vor Beginn des physiologischen Bandes) in die Tachykardiezone, so wird sofort ein Moduswechsel vollzogen. Es ist zu beachten, dass der Vorhofverstärker während der gesamten AV-Zeit blind sein kann; Ereignisse mit Zykluslängen, die kürzer als die Summe von AV-Zeit und Vorhof-Blanking sind, können dann nicht detektiert werden. „Non-tracking“ Modus Alternativen sind der VDI- und der DDI-Modus, während VVI als Ersatzbetriebsart eigentlich nicht vorkommt, weil das Aggregat während der AV-Desynchronisation den Vorhofrhythmus weiter beobachtet. Da der Schrittmacher eine plötzliche Konversion zum Sinusrhythmus erst erkennen muss und deshalb verzögert zum „Tracking“-Modus umschaltet, ist die Möglichkeit, im Vorhof sofort stimulieren zu können (DDI), zumindest bei solchen Patienten interessant, die nach Tachykardieende zu präautomatischen Pausen neigen. Das Risiko früher Tachykardierezidive kann so vermindert und eine fortgesetzte Desynchronisation vermieden werden, welche hämodynamische Nachteile und die Gefahr von schrittmachervermittelten „Endless-Loop“-Tachykardien mit sich bringt. Dem gleichen Ziel dient ein „Atrialer Synchronisations-Puls“ (ASP), der beim „Beat-to-Beat“-Wechsel vom „Non-tracking“zum „Tracking“-Modus Vorhöfe und Kammern unmittelbar resynchronisiert (Algorithmen zum AV-Management). Mode-Switch-Lösungen unterscheiden sich auch darin, ob nach Wechsel in die vorhofunabhängige Betriebsart die Frequenzadaptation zugeschaltet wird oder nicht. Bei einigen Modellen geschieht dies nur aus dem DDDR-Modus heraus, bei anderen muss die R-Funktion im Ersatzmodus gesondert programmiert werden (wobei ein Doppelsensor-Betrieb mangels Ini- tialisierung des AMV-Sensors nicht zur Verfügung steht), wieder andere arbeiten nach Mode-Switch grundsätzlich frequenzadaptiv. In aller Regel versuchen die Algorithmen, abrupte Frequenzwechsel bei Betriebsartänderung zu vermeiden, und arbeiten teils mit vorgegebener Anpassungskinetik, teils mit programmierbarer „Rückfallzeit“. Sofern verfügbar, lassen sich zu diesem Zweck auch Mechanismen wie „Frequenzglättung“ oder „Flywheel“ zuschalten. Selbst die untere Grenzfrequenz kann bei einzelnen Systemen getrennt für den vorhofsynchronen und -asynchronen Fall programmiert werden. Sinn einer höheren Basisfrequenz nach Mode-Switch ist, dass – unbeschadet einer allfälligen Frequenzadaptation – erratische Schwankungen der ventrikulären Stimulationsrate vermieden und hämodynamische Einbrüche durch Verlust des Vorhofbeitrags kompensiert werden. Rückschalt-Kriterien Um das Ende einer Vorhoftachykardie zu erkennen, nutzen die Algorithmen meist (aber keineswegs immer) die gleichen Prozeduren, die sie bei Tachykardieerkennung einsetzen: ➤ „Mittlere“ oder „gefilterte“ atriale Fequenz: Die Tachykardie wird als beendet erklärt, wenn das In- Fröhlig, Carlsson, Jung, Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie (ISBN 3131171812), © 2006 Georg Thieme Verlag