Kongressjournal

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Band 8 / Heft 4
www.springer.at/wmw-skriptum
ISSN Print 1613-3803
P. b. b. Verlagspostamt 1201 Wien
03Z035235
04/11
SpringerMedizin.at/schwerpunkt/oegho-2011
SpringerMedizin.at/schwerpunkt/oegho-2011
skriptum
Kongressjournal
wmw Wiener Medizinische Wochenschrift
5. bis 7. Mai 2011, Pörtschach
18. Frühjahrstagung 2011
der Österreichischen Gesellschaft
für Hämatologie und Onkologie
und der Arbeitsgemeinschaft hämato-onkologischer
Pflegepersonen in Österreich (AHOP)
Wissenschaftliche Leitung: Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler
inhalt
04/11
Inhalt
brief des herausgebers
4Editorial
D. Geissler, Klagenfurt
beiträge
5 Biologicals & Biosimilars
M. Freissmuth, Wien
7 Allogene Nabelschnurblut-Transplantation
W. Linkesch, Graz
8 Aktueller Stand der Therapie maligner Gliome
C. Marosi, Wien
Frühjahrstagung 2011
der Österreichischen
Gesellschaft für
Hämatologie und
Onkologie (ÖGHO) und
der Arbeitsgemeinschaft
hämato-onkologischer
Pflegepersonen in
Österreich (AHOP)
5. bis 7. Mai 2011, Pörtschach
10 Therapie der low risk MDS
T. Nösslinger, Wien
13 Zielgerichtete Therapie in der Behandlung des
metastasierten Mammakarzinoms
H. Stöger, Graz
15 Bendamustin: eine Erfolgsgeschichte in der Hämatologie
M. Fiegl und C. Waldthaler, Innsbruck
18 Prognosefaktoren bei Hodenkarzinom
M. de Santis, Wien
19 Multiples Myelom – weitere Fortschritte in der Therapie
E. Gunsilius, Innsbruck
21 Neue Aspekte in der adjuvanten Therapie des
Kolonkarzinoms
H. Rabl, Leoben
22 Zur Behandlung des Prostatakarzinoms
K. Pummer, Graz
6Impressum
wmw skriptum
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brief des herausgebers
Willkommen in Pörtschach am Wörthersee!
Sehr geehrte Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Onkologie,
sehr geehrte Mitglieder der AHOP,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Im Namen der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie möchte ich Sie
Prim. Univ.-Prof. Dr.
Dietmar Geissler
Tagungspräsident
herzlich zur Frühjahrstagung 2011 in Pörtschach am Wörthersee begrüßen. Es erwartet Sie ein
vielfältiges wissenschaftliches Programm quer durch die Hämatologie und Onkologie.
Wir beginnen am ersten Tag mit dem Themenschwerpunkt „Translationale Forschung an den
österreichisch-medizinischen Fakultäten“. Anschließend ein praxisorientiertes hämatologisches
Seminar mit dem Titel „Von der Morphologie zur Diagnose“. Die Vorstellung der klinischen Studien
wird von Dozent Dr. Michael Fridrik organisiert und sollte in Form einer Posterpräsentation erfolgen.
Der zweite Kongresstag ist dominiert vom „Young Investigators Meeting“ und von unterschiedlichen
hämato-onkologisch wissenschaftlichen Sitzungen und Symposien, in denen Themen wie das
myelodysplastische Syndrom, das Bronchuskarzinom, Neuroonkologie und PNH-Defekte abgehandelt werden.
Am Samstagvormittag werden Themen wie Lymphom-Myelomtherapie, urogenitale Tumoren, das
Mammakarzinom und als Themenschwerpunkt die onkologische Rehabilitation diskutiert.
Der Anstieg der Malignome im Rahmen der höheren Lebenserwartung und der in den letzten Jahren
erzielte Rückgang der Krebssterblichkeit (lt. Statistik Austria ist die 5-Jahres-Überlebensrate aller
Krebserkrankten in Österreich zwischen 1983 und 2003 von 40 % auf 62 % gestiegen) führen zu
einer kontinuierlichen Steigerung von Patienten, die eine maligne Erkrankung durchgemacht haben.
Diese Patienten weisen organische Defekte, psychische Störungen, therapiebedingte Störungen
und eine starke sozioökonomische Beeinträchtigungen auf. Dies führt zu einem zunehmenden
Bedarf an onkologischen Rehabilitationseinrichtungen und zur Etablierung erster Pilotprojekte, die
im Rahmen des Kongresses präsentiert werden.
Besonders freut es mich, dass auch in diesem Jahr die Tagung gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft hämatologischer und onkologischer Pflegepersonen (AHOP) stattfindet.
Ich freue mich, Sie in Pörtschach am Wörthersee begrüßen zu dürfen.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler
Tagungspräsident
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Michael Freissmuth, Wien
Biologicals & Biosimilars
Was sie sind und was sie können
Der Begriff „Biological“ (Biologikum) bezeichnet eine heterogene Gruppe von Arzneimitteln und Medizinalprodukten,
nämlich: Hormone und Zytokine, monoklonale Antikörper, Blutprodukte und Gerinnungsfaktoren, Impfstoffe (Toxine, Toxoide, virale Impfstoffe). Diese können
auch als „Biosimilars“ zugelassen werden,
d. h. Produkte, die unter denselben Bedingungen hergestellt werden, wie das entsprechende Biological. Impfstoffe existieren seit mehr als 200 Jahren: Edward
Jenner führte die Impfung mit Kuhpocken
(Vaccinia-Virus) 1796 ein. Emil von
Behring entwickelte die Serumtherapie
vor mehr als 100 Jahren; Blutprodukte und
Insulin werden seit mehr als 60 Jahren
therapeutisch eingesetzt. Es stellt sich daher die Frage, weshalb die Begriffe Biologicals und Biosimiliars als Neologismen eingeführt wurden. Man könnte zynisch
bemerken, dass es sich um ein geniales
Marketing handelt: Welche Patientin bzw.
welcher Patient will nicht mit einem Biologikum behandelt werden? Hingegen wäre
die Akzeptanz gerade im deutschen
Sprachraum deutlich geringer, wenn man
hier von gentechnologisch hergestellten
Medizinalprodukten bzw. Arzneimitteln
spräche. Es gibt aber auch objektive
Gründe, weshalb die Begriffe Biologicals
und Biosimilars eingeführt wurden, um
ein separates Segment der Arzneimittel zu
bezeichnen: (i) Es handelt sich um das am
schnellsten wachsende Segment des Arzneimittelmarktes; (ii) Durch die Expansion der gentechnologischen Möglichkeiten ist ein neuer regulatorischer Bedarf
entstanden, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. (iii) Durch Patent-
Abb. 1: Größenvergleich zwischen einem Biologikum und einem herkömmlichen Arzneimittel
abläufe entsteht eine neuartige Situation,
weil Biosimilars zugelassen werden können.
Unterschiede zu herkömmlichen
Arzneien
Biologicals unterscheiden sich von herkömmlichen Arzneimitteln durch:
i. die Molekülgröße: klassische Pharmaka
sind kleine organische Moleküle mit
einer relativen Molekülmasse von
<< 1000. Biologicals sind groß (relative
Molekülmasse >> 10,000) (Abb. 1);
ii. das Herstellungsverfahren: klassische
Pharmaka werden in der überwiegenden Zahl der Fälle durch chemische
Synthese gewonnen. Sie können auch
durch Extraktion aus Pilzen oder Bakte-
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Michael Freissmuth
Institut für Pharmakologie
Zentrum für Physiologie und Pharmakologie
Medizinische Universität Wien
Währinger Straße 13a
1090 Wien
Fax: ++43/1/4277-9641
E-Mail: [email protected]
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rien gewonnen werden. Biologicals
werden hingegen meist durch cDNAabhängige Synthese gewonnen, die für
die Biologicals codierende DNA wird
derzeit primär in Bakterien (Escherichia
coli: Insuline, Interferone, Reteplase, GGSF = Filgrastim, Wachstumshormon),
Hefen (Saccharomyces cervisiae: Insulin, Lepirudin, Desirudin) oder Säugerzellen (meist CHO – chinese hamster
ovary cells: Erythropoetin und seine
Derivate; monoklonale Antikörper, Gonadotropine etc.).
iii.Heterogenität: klassische Pharmaka
sind durch chemische Identität ausgezeichnet. Nach chemischer Synthese
entsteht ein Produkt definierter Struktur. Dieses ist immer wieder dasselbe
Produkt, auch wenn unterschiedliche
Synthesewege beschritten wurden. Im
Gegensatz besteht bei Synthese in Hefen und Säugerzelle die Möglichkeit
dazu, dass die Proteine in unterschiedlichem Ausmaß posttranslationell modifiziert werden. Der wichtigste Unterschied liegt im unterschiedlichem
Ausmaß der Glykosylierung: In Hefen
und in Säugerzellen werden Proteine,
die sezerniert werden, mit Zuckerresten versehen. Diese Glykosylierung ist
immer heterogen. Mit anderen Worten:
Jedes glykosilierte Biological und jedes
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Biosimilar ist ein Gemisch von unterschiedlichen Molekülen, die alle dasselbe Protein-Grundgerüst haben. Es
ist aber unmöglich, eine einheitliche
Glykosilierung zu erzielen.
Daher gilt: Bei einem herkömmlichen
Arzneimittel, das zu den „small chemicals“ gehört, ist das Generikum mit dem
Originalprodukt chemisch ident, sie sind
nicht unterscheidbar. Bei einem Biologikum ist das nicht zwangsläufig der Fall:
Original und Biosimilar sind nicht automatisch chemisch ident: Sie können es allerdings durchaus sein, wenn keine posttranslationale Modifikation vorliegt, sind
sie es auch. Mit der Zulassung wird gewährleistet, dass Originator und Kopie
vergleichbar wirksam sind. Diesem Umstand wird durch den Ausdruck „Biosimilar“ Rechnung getragen.
Regulatorische Konsequenzen
Auf Grund dieser Betrachtungen ist auch
nachvollziehbar, dass sich unterschiedliche regulatorische Konsequenzen ergeben. Für Generika steht der Nachweis der
pharmakokinetischen Bioäquivalenz im
Vordergrund. Biosimilars müssen den
Nachweis der pharmakodynamischen
Bioäquivalenz erbringen, d. h. sie müssen
in einer klinischen Studie im vorgesehenen Indikationsbereich dieselbe Wirkung
erzielen wie der Originator. Im Falle eines
Erythropoetins ist das die Dosis-abhängige Erhöhung der Hämoglobinkonzentration.
Formalisiertes Verfahren der EMA
Die Europäische Arzneimittelbehörde
(EMA, früher EMEA) nimmt eine Vorrei-
terrolle bei der Zulassung von Biosimilars
ein: Im Gegensatz zur amerikanischen
(FDA), kanadischen, schweizer und japanischen Behörde hat sie ein formalisiertes Verfahren ausgearbeitet und Kriterien
festgelegt, die ein Biosimilar erfüllen
muss, um eine Marktzulassung zu bekommen. Das erste Biosimilar war ein rekombinantes Wachstumshormon (Omintrope ), das im April 2006 zugelassen
wurde. Dann folgte im August 2007 das
erste Biosimilar Erythropoetin, Epoetin
alfa HEXAL , dem weitere Varianten von
Epoetin-alfa (Abseamed & Binocrit ) und
Erythropoetin Erythropoetin-zeta (Silapo & Retacrit ) folgten. Im September
2008 wurde mit Ratiograstim das erste
Biosimilar G-CSF zugelassen.
die Bildung von Antikörpern induziert,
die sowohl exogen zugeführtes als auch
das endogen produziertes Erythropoetin
erkannten und neutralisierten und damit
zu einer Aplasie des roten Knochenmarks
führten – pure red cell aplasia (PCA). Der
Prüfplan umfasst daher zwei randomisierte klinische Studien, die an nephrologischen PatientInnen über einen Zeitraum von 6 Monaten mit etwa jeweils 300
PatientInnen durchgeführt werden und
zwar separat für intravenöse und subkutane Administration. Zur Immunogenität
müssen Daten aus einer nachfolgenden
Beobachtung vorliegen (12 Monatsdaten). Für alle zugelassenen Indikationen
muss ein Pharmakovigilanzplan und ein
Risiko-Monitoring vorgelegt werden.
Die Richtlinien (EMA guidelines) sind
für jedes Produkt unterschiedlich; sie tragen den spezifischen Anforderungen
Rechnung. Der Umstand, dass sich die
EMA die Entscheidung nicht leicht macht,
lässt sich unter anderem daran ablesen,
dass keine Zulassung für ein beantragtes
Biosimilar Insulin (Marvel Insulin) und
ein Biosimilar Interferon (Interferon Alpheon) erteilt wurde.
Die intravenöse Injektion birgt nach
dem heutigen Kenntnisstand kein Risiko
für die Entwicklung einer PCA. Daher
kommt der Studie für die subkutane Applikation eine derart zentrale Rolle zu. Die
Behörden agieren sehr konservativ, d. h.
die Sicherheit der PatientInnen hat
oberste Priorität. Dies lässt sich daran ablesen, dass die Prüfung von Epoetin alfa
HEXAL für die subkutane Applikation
abgebrochen wurde als Hinweise für eine
PCA auftraten.
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Zum Beispiel Erythropoietine
Erythropoetine sind deshalb eine besondere Herausforderung, weil diese Proteine glykosiliert sind. Die Glykosilierung
bestimmt unter anderem auch die biologische Halbwertszeit und damit auch die
Wirkung der Erythropoetinvarianten. Darüber hinaus sind bei rekombinant hergestellten Erythropoetinen – und zwar
bei Originatorprodukten – gefährliche
immunologische Reaktionen beobachtet
worden: Bei einigen PatientInnen wurde
®
Hohe Qualität des Prüfprogramms
Auf Grund der Qualität des Prüfprogramms und der Daten ist daher auch der
Umkehrschluss erlaubt: Die derzeit zugelassenen Biosimilars sind sowohl pharmakodynamisch bioäquivalent – d. h.
ebenso wirksam wie Originatorprodukte – als auch sicher, wenn sie in den
zugelassenen Indikationen verwendet
werden.

IMPRESSUM
Herausgeber und Verleger: Springer-Verlag GmbH, Professional Media, Sachsenplatz 4-6, P.O.Box 89, 1201 Wien, Austria, Tel.: 01/ 330 24 15, Fax: 01/330 24 26-260; Internet: www.springer.
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ISSN Print: 1613-3803: Band 8, Heft 4/2011; Inhalte des „Wiener Medizinischen Wochenschrift Skriptums“ sind ab Oktober 2010 auch über die Zeitungsdatenbank der APA (http://www.
defacto.at) abrufbar. Design: Wojtek Grzymala; Druck: Friedrich Vereinigte Druckereien- und Verlags GmbH & Co KG, Linz, Austria. Alle namentlich gekennzeichneten Beiträge spiegeln nicht
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ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. Beilage zur Wiener Medizinischen Wochenschrift 9–10/2011.
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Werner Linkesch, Graz
Allogene Nabelschnurblut-Transplantation
Stammzellenreiches Blut kann das blutbildende System wiederherstellen
Tabelle 1
HSCT (allogeneic hematopoietic stem cell transplantation) from a matched unrelated donor (MUD) im Vergleich
mit der UCBT (umbilical cord blood transplantation)
Information bezüglich HLA-Typisierung
MUD-HSCT
UCBT
16–56 %
~ 80 %
Suchtzeit
3–6 Monate
< 1 Monat
Spender gefunden, aber n.a.
20–30 %
~1%
Limitierend Faktor bei Spendersuche
HLA-Identität
Zelldosis
Umplanung der Zellinfusion
Schwierig
Leicht
Potential für Immuntherapie
Ja
Nein
Virusübertragung auf Empfänger
Ja
Nein
Übertragung von kongenitalen Erkrankungen
Nein
Ja
Spenderrisiko
Gering
Nein
Hauptproblem
GvHD
Graft failure, delayed Immunrecovery
EBMT Activity Survey on HSCT 1990-2008
Cord blood HSCT
800
 Cord blood
600
H
S
C
T
400
200
0
97
98
99
00
01
02
03
04
05
06
07
08
2008: final data
Abb. 1: Anstieg der Transfusionsraten mit Nabelschnurblut in den Jahren 1997-2008
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Werner Linkesch
Klinische Abteilung für Hämatologie
Universitätsklinik für Innere Medizin
Medizinische Universität Graz
Auenbruggerplatz 38
8036 Graz
Fax: ++43/316/385-14087
E-Mail: [email protected]
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In der letzten Dekade wird die allogene
Transplantation von Nabelschnurblut, sowohl von verwandten als auch unverwandten Spendern in vermehrtem Maße
eingesetzt (Abb. 1). Vor allem Patienten
mit akuter Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphomen oder Stoffwechselstörungen werden mit dieser Therapieform behandelt.
Netcord, die weltweite Verbindung von allogenen Nabelschnurbanken, verfügt über
100.000 gelagerte Einheiten. In der Regel
können nur Kinder mit etwa 40 bis 50 kg
aufgrund der beschränkten Zahl von nukleären Zellen in der Nabelschnur transplantiert werden. Zellreiches Plazentarestblut kann aber in Einzelfällen auch für
Erwachsenen-Transplantationen ausreichen.
Verwendung bei Erwachsenen
Für 20 % der Erwachsenen kann trotz intensiver Suche kein lebender Fremdspender gefunden werden, obwohl weltweit
7,67 Millionen typisierte Spender verfügbar sind. Für solche Patienten ist prinzipiell eine allogene Transplantation mit Nabelschnurblut zu erwägen. Empfänger
von Nabelschnurblut weisen weniger
akute Abstoßungsreaktionen, aber ein
verzögertes Angehen der Zellen auf, was
die Hospitalisierungsdauer verlängert
(Tab. 1).
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Risikoabwägung notwendig
Tabelle 2
Stand der Literatur über Nabelschnurblut-Transplantationen bei akuten
Leukämien
Pat.-Zahl
LFS
Rocha et al.
47
32 % – 2 yrs.
Brunstein et al.
33
54 % – 2 yrs.
Ooi et al.
77
62 % – 5 yrs.
Rocha et al.
53
34 % – 2 yrs.
Kumar et al.
19
61 % – 2 yrs.
Ooi et al.
27
57 % – 5 yrs.
AML
Die allogene, unverwandte Nabelschnurblut-Transplantation beim Erwachsenen
stellt eine experimentelle Therapie dar,
deren Indikation sehr streng zu stellen ist,
da diese Maßnahme mit einer hohen Mortalitätsrate verbunden ist (Tab. 2).

ALL
Christine Marosi, Wien
Aktueller Stand der Therapie maligner Gliome
Erhaltung der Lebensqualität und Patientenautonomie so lange wie möglich
Erfreulicherweise begegnen PatientInnen mit malignen Gliomen nicht mehr
dem therapeutischen Nihilismus wie
noch vor wenigen Jahren. Durch die Etablierung der Erstlinientherapie mit der
Herdbestrahlung mit 60 Gy und der konkomitanten und adjuvanten Chemotherapie mit Temozolomide steht der Einstieg in die Therapie nach dem
neurochirurgischen Eingriff fest: alle PatientInnen, bis auf solche, die an einer
weiterführenden Studie teilnehmen oder
deren schlechter Allgemeinzustand eine
solche Therapie nicht zulässt, werden
nach diesem Schema behandelt. Auch in
Österreich ließ sich durch die Daten des
ABTR (Austrian Brain Tumor Registry)
belegen, dass die Überlebenszeit der betroffenen Patienten auf Bevölkerungsba-
sis verlängert werden konnte, wie sich
das auch schon in Frankreich gezeigt
hatte (Beauchesne).
Laufende Untersuchungen
Die Erstlinientherapie mit Temozolomide und Bestrahlung hat sich weltweit
durchgesetzt. So sehr, dass es an einen
Tabubruch grenzt, wenn erstmals in Studien bei PatientInnen mit nachgewiesen
unmethyliertem MGMT-Promoter in einen Arm ohne Temozolomide, aber dafür
mit dem m-Tor Inhibitor Temsirolimus
randomisiert werden. Auch diese Therapie ist gut verträglich, muss jedoch einmal wöchentlich intravenös verabreicht
werden. Andere Erstlinien-Therapien, die
derzeit in Studien geprüft werden, ver-
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Christine Marosi
Klinische Abteilung für Onkologie
Universitätsklinik für Innere Medizin I
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien
Fax: ++43/1/40400-4030
E-Mail: [email protected]
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wenden die experimentelle Substanz als
add-on, sei es der α5β3-IntegrinInhibitor Cilengitide in der weltweit laufenden CENTRIC-Studie oder Tumorvaccine aus dendritischen Zellen oder, wie
die derzeitig nur in den USA laufenden
Studien, wo der gegen vascular endothelial growth factor gerichteten Antikörper
Bevacizumab bereits ab der dritten Bestrahlungswoche verabreicht wird. Bei
mehreren Meetings wurden Interimsdaten aus dieser letztgenannten Studie gezeigt. Mit über 14 Monaten war das progressionsfreie Überleben mehr als
doppelt so lange wie bisher; sollte dieses
Ergebnis gehalten werden können, gibt
es viel bessere Chancen für PatientInnen
mit Glioblastom – und natürlich auch
eine neue Standardtherapie! Dies ist im
Moment die Therapieoption, in die die
meisten Erwartungen für die Therapie
von Patienten mit neu diagnostiziertem
GBM gesteckt werden.
Salvagetherapie
Schon die EORTC-Studie 26981, die
Stupp-Studie, hatte gezeigt, dass statistisch etwa die Hälfte der Überlebenszeit
der PatientInnen vor und die Hälfte nach
dem Zeitpunkt der ersten Progression
liegt, d. h. dass auch die derzeitigen Salwmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
vagetherapien eine gewisse Wirksamkeit
aufweisen. Welche Optionen stehen im
Salvage zur Verfügung? Zunächst sollte
man klären, ob der Patient von einer neuerlichen Operation profitieren würde.
Eine Verminderung der Anzahl maligner
Zellen ist auch bei den diffus infiltrativ
wachsenden Gliomen durchaus von Vorteil; allerdings nicht indiziert, wenn kein
unmittelbarerer klinischer Vorteil für den
Patienten absehbar ist.
Ob eine neuerlich Therapie mit einem
alkylierenden Agens sinnvoll erfolgversprechend ist, ergibt sich aus dem Befund
über den Methylierungsstatus des
MGMT-Promoters (so vorhanden) oder
aus der Beurteilung der Dauer des progressionsfreien Intervalls seit Ende der
Therapie mit Temozolomide. Wenn der
Patient über drei Monate nach Ende der
TMZ-Therapie rezidivfrei geblieben ist,
also etwa ein Jahr nach der initialen Diagnose, kann man sich von einer neuerlichen Therapie mit Temozolomide oder
einem Nitrosoureaderivat ein günstiges
Therapieergebnis erwarten. Derzeit läuft
im deutschen Sprachraum für diese Indikation die DIRECTOR-Studie, in der bei
Patienten im ersten Rezidiv nach der
Stupp-Therapie zwei dosisintensivierte
Temozolomide-Regimina verglichen
werden: einerseits „7 days on, 7 days off“
 120 mg/m2, Tag 1-7, q14 oder „21 / 28“
 80 mg/m2, Tag 1-21, q28.
Obwohl bisher nur wiederholt als Abstract publiziert, bevorzuge ich für die Temozolomide Rechallenge außerhalb der
Director-Studie das TegwondoSchema, „Temozolomide on working
days“ (Herwig Strik, Marburg), bei dem
die Patienten je nach Körperoberfläche
140 mg oder 100 mg (manchmal 180 mg)
von Montag bis Freitag durchgehend erhalten. Bei diesem Schema ist eindrucksweise die hämatologische Toxizität niedrig, die Akzeptanz durch die Patienten
sehr hoch – und man kommt mit jeweils
1 Packung TMZ für ein Monat aus, was
von allen Krankenkassen akzeptiert wird.
Behandlung bei unmethylierten
Tumoren
Bei Patienten mit nachgewiesenem oder
mutmaßlichem (MGMT-Promoter) unmethylierten Tumoren würde diese Therapie nichts bringen; man muss auf andere Therapieoptionen ausweichen.
Dabei ist zunächst an Bevacizumab zu
denken, das im Mittel eine Verlängerung
wmw skriptum
der Überlebenszeit um acht Monate
bringt. Die Verabreichungsart von 10 mg/
kg Körpergewicht kommt den Patienten
durchaus entgegen. Die Nebenwirkungen bestehen zumeist in einer leicht behandelbaren Hypertonie und nur selten
in Hautveränderungen oder Durchfall.
Die anfangs befürchtete hohe Rate an zerebralen Blutungen ist ausgeblieben. Obwohl es bisher keine Publikationen über
eine wirksame Kombinationstherapie zu
Bevacizumab gibt, erscheint es legitim,
nach einer solchen zu suchen. Jedenfalls
spricht nichts dagegen, bei mutmaßlich
MGMT methylierten Tumoren Temozolomide oder eine andere alkylierende
Therapie mitlaufen zu lassen.
Progredienz trotz Bevacizumab
Es gibt derzeit keine Therapieempfehlung
für Patientinnen, die nach Bevacizumab
progredient sind. Allerdings habe ich bei
eigenen Patienten manchmal auch längere Perioden mit stable disease mit der
von mir bevorzugten Therapie für Patienten mit sehr weit fortgeschrittenen Erkrankungen unter Celebrex morgens und
100 mg Thalidomid abends erzielt. Die
Vorteile des Thalidomids sind die gute
Verträglichkeit und die schlaffördernde
Wirkung. Da etliche dieser Patienten
nicht ohne Dexamethason auskommen
können, können sie oft nachts nicht
schlafen. Und da ist Thalidomid eine
wirksame Hilfe. Wenn die Patienten nicht
sehr mobil sind, sollte man die Thromboseprophylaxe dazu nicht vergessen.
Tyrosinkinaseinhibitoren
Bisher hat keiner der vielen Tyrosinkinaseinhibitoren, die bei Glioblastomen getestet wurden, einen Durchbruch erbracht. Bei allen aber gab es eine
Subgruppe von 10-20 % der Patienten, die
ein langes progressionsfreies Überleben
oder manchmal sogar einen Tumorrückgang gezeigt haben. Ich selbst habe das
immer wieder bei Patienten, deren Tumoren immunhistochemisch eine starke
Reaktivität auf „Glivectargets“ PDGFRα,
c-kit, arg, abl aufweisen, beobachten dürfen. Aber auch mit den EGFR-Blockern
Gefitinib und Erlotinib, auf die wir vor
Jahren so große Hoffnungen gesetzt hatten, weil EGFR-Überexpression oder Mutation schließlich DIE Leitmutation bei
der Mehrzahl der malignen Gliome ist,
gab es eine große Ernüchterung – und leider nur einzelne Patienten, die es halbwegs vertrugen und sogar davon profi© Springer-Verlag
tierten. Und auch bei Sunitinib, XL184,
Cediranib … zu wenig, um die Studien
positiv werden zu lassen.
Jedem Patienten den individuell
besten TKI?
Sollten wir nicht daraus lernen, die Patienten, die auf die jeweiligen TKIs reagieren, zu identifizieren, statt weiter nach einer „Wunderpille“ zu suchen, die allen
hilft? Schließlich sind Glioblastome die
Tumore mit der ausgeprägtesten genetischen Instabilität. Bevor wir – so sie existieren sollte – die Pille gegen alle Glioblastom finden, könnten wir vielleicht
doch etlichen Patienten längere Überlebenszeiten in guter Lebensqualität ermöglichen, wenn wir den auf das individuelle genetische Aberrationsmuster am
besten abgestimmten bereits existierenden TKI bei ihm verwenden. Das ist allerdings meine persönliche Sicht der Dinge,
einen Beweis dafür kann ich nicht erbringen.
Noch einen weiter Weg vor uns
Insgesamt bleibt die Therapie von Patienten mit Glioblastomen eine große Herausforderung auf allen Ebenen und in allen Dimensionen. Da wir die Patienten
nicht heilen können, ist die Unterstützung aller Maßnahmen zur Erhaltung der
Lebensqualität und Erhaltung der Autonomie ins Zentrum der Bemühungen zu
rücken. Auch die Familie und das Umfeld
der Patienten benötigen Unterstützung,
mehr und länger, als wir abschätzen und
leisten konnten.
Wir nehmen zur Zeit an einer Studie
gemeinsam mit der Universität Amsterdam teil, wo Angehörige Jahre nach dem
Tod der Glioblastompatienten nach ihrer
Einschätzung der Lebensqualität der Patienten in den letzten Lebenswochen, nach
ihrer Einschätzung der Qualität der damaligen Betreuung und nach ihrer eigenen
Lebensqualität, damals und 3 Jahre danach befragt werden. Die meisten Angehörigen haben nach drei Jahren keine Distanz zu den Vorfällen gewonnen. Ihr
Verlust schmerzt, als ob er gestern gewesen wäre, obwohl bei vielen die Trauerphase schon zu Lebzeiten des Patienten
eingesetzt hatte. So bleibt viel zu tun – eine
große Anzahl bisher noch unbefriedigter
berechtigter Anliegen von neuro-onkologischen Patienten wartet auf engagierte
Bearbeitung!

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Thomas Nösslinger, Wien
Therapie der low risk MDS
Es werden zunehmend zielgerichtete Therapien entwickelt
Tabelle 1
Nordic Score zur Prädiktion des Ansprechens auf Erythropoesestimulierende Faktoren
Score
Transfusionsbedarf
Score
< 2 U/Monat
0
≥ 2 U/Monat
1
< 500 U/L
0
≥ 500 U/L
1
(Erythrozytenkonzentrate)
Serum-Epo-Spiegel
Wahrscheinlichkeit des Ansprechens: Gesamtscore 0: 74 %; 1: 23 %; 2: 7 %
faktoren, zu denen neben dem Alter vor
Die Zeit des therapeutischen Nihilismus
allem die Komorbiditäten zählen, genaunach der Diagnose eines myelodysplastiestens erhoben werden. Während high
schen Syndroms ist endgültig vorüber.
risk Patienten üblicherweise sofort einer
Nach Diagnosesicherung, unter Berückspezifischen Behandlung zugeführt wersichtigung aller relevanten zyto- und moden, ist bei einem gewissen Anteil der
lekulargenetischen Befunde, kann mittels
Niedrigrisiko-Patienten auch eine Beobetablierter Prognoseinstrumente, wie dem
achtungsstrategie möglich, vor allem
IPSS und dem aktuelleren WPSS, das
wenn die Patienten nicht unmittelbar
Krankheitsrisiko
relativ
präzise
bestimmt
388-10-TAS-AZ–2x1-2-A4RZ memo:Layout 1 23.11.2010 10:14 Uhr Seite 1
transfusionsbedürftig sind. Für alle andewerden. Schon zu diesem Zeitpunkt sollren low risk Patienten bieten sich im Weten auch die patientenbezogenen Risiko-
10
4/2011
© Springer-Verlag
sentlichen drei Therapiekonzepte an: supportive Behandlung inklusive Zytokinen
und Chelation, immunmodulatorische
Behandlung (ATG, Alemtuzumab, Lenalidomid) sowie epigenetische Therapien
(hypomethylierende Substanzen, HDACInhibitoren).
Blutbildstabilisierung durch
Zytokine
Bei einem relevanten Teil der MDS-Patienten lässt sich ein Ansprechen der Anämie auf Erythropoese-stimulierende Faktoren (ESF) ± G-CSF beobachten. Der so
genannte Nordic Score liefert ausgehend
vom Transfusionsbedarf und dem endogenen Erythropoetinspiegel eine Vorhersage des Ansprechens auf ESF (Tab. 1).
Eine Indikation für eine Therapie mit ESF
± G-CSF ergibt sich vor allem bei Patienten mit moderatem Transfusionsbedarf
wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
Tabelle 2
Ergebnisse der MDS-004-Studie
PBO
(N = 51)
LEN 5 mg
(N = 46)
LEN 10 mg
(N = 41)
RBC-TI (≥ 26 Wo), n (%)
3 (6)
19 (41)*
23 (56)*
mediane Zeit bis TI (≥ 26 Wo), Wochen
(range)
0,3 (0,3–24,1)
3,3 (0,3–12,3)
4,3 (0,3–14,7)
medianer max. Hämoglobin-Anstieg, g/dL
2,3
5,1**
6,3***
Komplette CyR + partielle CyR, n (%)
0 (0)
8 (17)*
17 (41)*
AML Übergang, %
9
10
7
*p < .001 vs PBO; **p < .05 vs PBO; ***p = .01 vs PBO
Zur Person
Dr. Thomas Nösslinger
3. Medizinische Abteilung für Hämatologie und Onkologie
Hanusch-Krankenhaus
Heinrich-Collin-Straße 30
1140 Wien
Fax: ++43/1/91021-85439
E-Mail: [email protected]
und relativ niedrigem endogenen EPOSpiegel. Prinzipiell stehen kurz- und langwirksame ESF zur Verfügung, wobei Metaanalysen vergleichbare Ansprechraten
zeigen, und auch ein Wechsel vom kurz
wirksamen zum Depotpräparat problemlos möglich scheint. Therapieziele sind die
Transfusionsunabhängigkeit oder zumindest die Verminderung des Transfusionsbedarfes sowie die Anhebung des Hämo-
globinwertes (Ziel Hb ≤ 120 g/l). Die
Kombination von G-CSF und ESF hat sich
insbesondere in der Therapie der refraktären Anämie mit Ringsideroblasten (RARS)
bewährt.
Bezüglich des bei der ITP bereits zugelassenen Thrombopoetin (TPO)-Rezeptoragonisten Romiplostim liegen nunmehr
Phase-II-Daten mit längerem follow up
vor. Romiplostim wurde entweder als Monotherapie oder in Kombination mit Lenalidomid oder Decitabin verabreicht. Die
Patienten hatten weniger schwere Blutungsepisoden, wiesen einen höheren
Thrombozytennadir auf und waren in geringerem Ausmaß transfusionsbedürftig,
wobei die Thrombozytenwerte dosisabhängig waren. Zudem zeigten sich keinerlei Toxizitäten, insbesondere keine Faservermehrung im Knochenmark oder
Zeichen von Krankheitsprogression. Für
das im Zellinneren wirkende Eltrombopag
werden im Laufe des Jahres erste Ergebnisse erwartet.
Eisenchelation
Chelattherapie bei low-risk MDS-Patienten mit erhöhtem Serumferritin ist ein
schon seit Jahren etablierter Standard,
oegho frühjahrstagung 2011
wobei das parenteral zu verabreichende
Deferoxamin oder das perorale Deferasirox zur Verfügung stehen. Jüngst konnte in
einer Subanalyse der EPIC-Studie gezeigt
werden, dass es bei 23 % der mit Deferasirox adäquat chelierten Patienten zu einer
gewissen Verbesserung des Blutbildes
kam, wobei aufgrund eines fehlenden Vergleichsarms die Daten mit Vorsicht interpretiert werden sollten. Als Wirkmechanismus wird unter anderem die Reduktion
der Eisenüberladung im Knochenmark,
die Hemmung von NFκB oder die Kombination beider Effekte diskutiert. Auch Beeinflussung des malignen Klons oder des
Microenvironments erscheinen denkbar.
Immunmodulatorische Therapien
Antithymozytenglobulin (ATG) –
Alemtuzumab
Die Rationale für diesen Therapieansatz
ist die Tatsache, dass zwischen dem hypozellulären MDS und der aplastischen Anämie Ähnlichkeiten und Überlappungen
existieren. Die besten Ergebnisse zeigten
sich bei Patienten mit refraktärer Anämie
(medianes Ansprechen 45 %). Neben der
FAB-Subgruppe waren auch jüngeres Alter, die Assoziation mit HLA-DR15, die Anzahl der erhaltenen Erythrozyten- und
Thrombozytenkonzentrate, ein kurzes Intervall zwischen Diagnose und Therapiebeginn sowie möglicherweise auch die
Präsenz eines PNH-Subklones von prognostischer Bedeutung. Angesichts beträchtlicher Nebenwirkungen in einem
Patientengut mit einem überwiegend guten Risikoprofil muss die Indikation zur
ATG-Therapie jedoch sorgfältig diskutiert
werden, insbesondere da eine rezente
Phase-III-Studie zwar verbesserte Ansprechraten, allerdings, verglichen mit
best supportive care, keinen Überlebensvorteil zeigen konnte. Als vielversprechende Behandlungsalternative für diese
Patientengruppe könnte sich Alemtuzumab entwickeln. Nach einer Behandlung im Phase-I/II-Setting mit 10 mg/d i.v.
für insgesamt 10 Tage sprachen 17 von 22
(77 %) low risk Patienten an, auch konnten
komplette zytogenetische Remissionen
beobachtet werden. Diesbezüglich sind
weitere klinische Untersuchungen von
größtem Interesse.
Lenalidomid (LEN)
Bei low risk Patienten mit der definierten
zytogenetischen 5q-Aberration steht mit
Lenalidomid eine attraktive Therapieop-
12
4/2011
tion zur Verfügung. 2009 wurden erstmals
robuste Phase-III-Ergebnisse präsentiert.
In dieser prospektiv randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten Untersuchung wurden LEN 5 mg und LEN
10 mg d1-21(wh/d29) getestet, wobei die
Studiendauer 16 Wochen betrug, und der
primäre Studienendpunkt mit Transfusionsunabhängigkeit für mindestens 26 Wochen definiert war. Der 10-mg-Arm wies
die besten Ergebnisse auf, auch zeigte sich
in keinem der experimentellen Arme eine
erhöhte AML-Übergangsrate (Tab. 2). Prädiktive Faktoren für verkürztes Überleben
scheinen ein hoher Serumferritin-Spiegel,
höheres Alter und hohe Transfusionsbedürftigkeit zu sein. Auch bei Patienten mit
low risk MDS ohne del 5(q) konnte bei bis
zu einem Drittel der Patienten eine Transfusionsunabhängigkeit erzielt werden.
Dies wird zurzeit in einer internationalen
Phase-III-Studie (MDS-005) im randomisierten Setting geprüft.
Epigenetische Therapien
Azanukleoside
Ein typischer Mechanismus der epigenetischen Modifikation ist die Regulation der
Transkription durch DNA-Methylierung,
welche durch die Enzyme DNA-Methyltransferasen (DNMTs) gesteuert wird. Abnorme DNA-Hypermethylierung durch Silencing von Tumorsuppressorgenen wird
als wesentlich in der Tumorpathogenese
postuliert. Klinisch haben sich die Azanukleoside Azacitidin und Decitabin durch
eine Hemmung der DNMTS als hypomethylierende Substanzen bei MDS bewährt. Azacitidin stellt bereits seit einigen
Jahren einen Standard in der Behandlung
von high risk MDS-Patienten dar und zeigt
in klinischen Untersuchungen auch deutliche Wirksamkeit bei low risk Patienten.
In einer rezenten Phase-II-Analyse mit 8
Zyklen 75 mg/m2 d1-5 alle 4 Wochen zeigten sich Ansprechraten von 61 % mit 22 %
kompletten Remissionen. Es gibt auch klinische Hinweise, dass EPO refraktäre Patienten unter Therapie mit Azacitidin wieder von einer zusätzlichen EPOBehandlung profitieren könnten. Neben
der klassischen parenteralen Formulierung, die bevorzugt subkutan, aber auch
intravenös appliziert werden kann, wird
aktuell eine orale Darreichungsmöglichkeit untersucht. In Phase-I-Studien erwies
sich eine Tagesdosis von 300 mg d1-21
(wh/d29) als äquivalent zur empfohlenen
Subkutandosis. Ermutigende Ansprechraten von 67 % rechtfertigen weitere klini© Springer-Verlag
sche Studien, die vor allem bei low risk Patienten durchgeführt werden sollen.
Histon-Deacetylase-Inhibitoren (HDACI)
Die Modifikation der Chromatinstruktur
durch Histondeacetylierung stellt eine
weitere Möglichkeit der epigenetischen
Regulation dar, da die Chromatinstruktur
in der Nähe der Promotoren den Methylierungsgrad und die transkriptionelle
Akitivität eines Gens beeinflusst. HDACs
sind Enzyme, welche Acetylgruppen von
acetyliertem Lysin am Histon abspalten.
Dadurch wird die Bildung von Heterochromatin begünstigt und die Transkription vermindert. Durch Hemmung dieser
Enzyme kann es unter anderem zu Zelldifferenzierung, aber auch zu Apoptose kommen. Behandlungsergebnisse liegen für
die Monotherapie mit Substanzen wie Valproinsäure vor, wo sich ein Ansprechen
der Erythropoese bei Niedrig-Risiko-Patienten in bis zu 50 % zeigte. Die Toxizität,
vor allem Somnolenz und Verwirrtheitszustände, hat den Einsatz dieser Substanz
beschränkt, aber das „Proof of Principle“
für die HDAC-Inhibitoren erbracht. Große
Hoffnungen werden nun in eine Reihe von
Folgesubstanzen gesetzt: Vorinostat als
Paninhibitor mehrerer Klassen von
HDACs ist am weitesten entwickelt, aber
auch Entinostat, Panobinostat, MGCD0103
und Romidepsin werden bereits in klinischen Studien untersucht, jedoch zur Zeit
nur bei Patienten mit Hochrisiko MDS
und AML. Schließlich bieten sich Kombinationen demethylierender Substanzen
mit HDAC-Inhibitoren prinzipiell an. Dabei ist – um eine gegenseitige Hemmung
zu verhindern – ein genaues Scheduling
erforderlich, und es zeichnet sich ab, dass
zuerst die Demethylierung und anschließend die HDAC-Hemmung erfolgen
muss.
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden,
dass beim Niedrig-Risiko-MDS, neben
supportiver Therapie mit Zytokinen und
Chelatoren, zunehmend zielgerichtete
Therapiekonzepte entwickelt werden, die
neben krankheits- auch patientenbezogene Faktoren berücksichtigen.
Dies könnte ein entscheidender Schritt
in die Richtung der individualisierten und
maßgeschneiderten Behandlung dieser
Patienten sein.

wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
Herbert Stöger, Graz
Zielgerichtete Therapie in der Behandlung des
metastasierten Mammakarzinoms
Sinnvoller Einsatz anhand der derzeitigen Studienlage
Neue Therapien, die spezifisch in veränderte molekulare Regelkreise der Tumorzelle oder andere Mechanismen wie in
die Angiogenese eingreifen, haben beträchtlich zur Prognoseverbesserung beigetragen. Die meisten Patientinnen mit
metastasiertem Brustkrebs erhalten eine
systemische medikamentöse Therapie, die
Chemotherapien, endokrine Maßnahmen
und sogenannte Biologicals umfasst. Die
Wahl der Therapiestrategie wird durch die
Tumorbiologie und durch klinische Faktoren bestimmt und sollte möglichst maßgeschneidert auf den Einzelfall ausgelegt
werden.
HER2-gerichtete Therapien
Annähernd 20 % aller Mammakarzinome
weisen eine HER2-Überexpression auf,
welche mit einer höheren Rückfallsrate
und prinzipiell schlechteren Prognose verbunden ist. Speziell gegen diesen Rezeptor
gerichteten Substanzen wie Trastuzumab,
ein monoklonaler Antikörper gegen die extrazelluläre Domäne des HER2 und Lapatinib, ein sogenannter dualer, gegen EGFR
und HER2 gerichteter Small Molecule-Tyrosinkinaseinhibitor, sind mittlerweile wesentlicher Bestandteil der Behandlung des
Mammakarzinom: Gesamtüberleben nach
HER2-Status
1.0
Überlebenswahrscheinlichkeit
Obwohl die Heilung eines metastasierten
Mammakarzinoms auch heute noch als
sehr unwahrscheinlich gilt, konnten durch
die Entwicklung neuer Therapien bedeutende Verbesserungen des Gesamtüberlebens erreicht werden. Das mediane Überleben liegt mittlerweile mit einem Rahmen
von wenigen Monaten bis vielen Jahren bei
etwa 2 Jahren.
 HER2-negativ
 HER2-positiv, ohne Trastuzumab
 HER2-positiv, mit Trastuzumab
0.8
0.6
0.4
0.2
0
12
36
48
60
Modif. nach Dawood S et al. JCO 2010; 28:92
Abb. 1: Positive Veränderung des Verlaufs des HER2-positiven metastasierten Mammakarzinoms
HER2-positiven metastasierten Mammakarzinoms und haben den natürlichen
Verlauf der Erkrankung dramatisch verändert (Abb. 1). Nachdem beide Substanzen
zu einer Verlängerung des Überlebens im
metastasierten Stadium führen, sollte eine
HER2-gerichtete Therapie unbestritten bereits in der Erstlinie und auch über die
Krankheitsprogression hinaus Anwendung finden.
Trastuzumab und Trastuzumab /
Chemotherapiekombinationen
Trastuzumab ist bei nicht unmittelbar lebensbedrohlicher und nicht viszeraler Metastasierung bereits als Monotherapie mit
objektiven Responseraten (ORR) zwischen
23 % und 35 % eine effektive Option für die
Zur Person
Ao. Univ.-Prof. Dr. Herbert Stöger
Klinische Abteilung für Onkologie
Universitätsklinik für Innere Medizin
Medizinische Universität Graz
Auenbruggerplatz 15
8036 Graz
Fax: ++43/316/385-14167
E-Mail: [email protected]
wmw skriptum
24
Zeit seit Diagnose (Monate)
© Springer-Verlag
Behandlung des HER2-positiven Mammakarzinoms. Obwohl Trastuzumab in Kombination mit einer Monochemotherapie
gegenüber Chemotherapie alleine ein besseres Überleben zeigen konnte, ist noch
nicht geklärt, ob die primäre Kombination
besser als eine sequentielle Anwendung
ist. Nicht zuletzt wird Trastuzumab aufgrund seiner Wirksamkeit und des günstigen Nebenwirkungsprofils bereits in der
Erstlinientherapie üblicherweise mit einer
Monochemotherapie kombiniert. Außerdem scheinen verschiedene Zytostatika synergistisch mit Trastuzumab zu wirken. In
einer pivotalen Phase-III-Studie konnte
die Kombination Trastuzumab und First
Line-Chemotherapie bei metastasiertem,
HER2-positivem Mammakarzinom gegenüber Chemotherapie alleine neben einer
signifikant besseren ORR (50 % vs. 32 %)
eine signifikante Verlängerung der Zeit bis
zur Krankheitsprogression (TTP) (7,4 vs.
4,6 Monate) und des Gesamtüberlebens
(25,1 vs. 20,3 Monate) zeigen. Anthrazyklin-naive Patienten erhielten als zytostatischen Therapiepartner Doxorubicin/Endoxan, Patienten mit adjuvanter Anthrazyklinvorbehandlung Paclitaxel.
Trastuzumab wurde auch in Kombination mit anderen Substanzen wie wöchentlichem Paclitaxel, Docetaxel, Vinorelbine,
4/2011
13
oegho frühjahrstagung 2011
Capecitabine, Platinen und Gemcitabine
untersucht, wobei alle Studien bei unterschiedlichen Toxizitätsprofilen eine vergleichbare Verbesserung der ORR, des progressionsfreien sowie des Gesamtüberlebens zeigten.
Trastuzumab und Kombinationschemotherapien (z. B. Trastuzumab, Paclitaxel
und Carboplatin) zeigten zwar eine bessere Ansprechrate (52 % vs. 36 %) und progressionsfreies Intervall (10,7 vs. 7,1 Monate), waren jedoch gegenüber der
Kombination mit einer Monochemotherapie bei fehlendem Einfluss auf das Gesamtüberleben mit deutlich höherer Toxizität behaftet.
Trastuzumab beyond Progression
Prinzipiell sollte eine HER2-gerichtete
Therapie auch nach Progression der Erkrankung im Rahmen einer First Line-Therapie fortgeführt werden. In einer PhaseIII-Studie, welche bei Progression unter
Trastuzumab Capecitabine versus Capecitabine und Fortführung der Trastuzumabtherapie untersuchte, zeigte sich
eine signifikant längere TTP (8,2 vs. 5,6
Monate) und ein Trend zu einem besserem Gesamtüberleben (25,5 vs. 20,4 Monate) ohne statistische Signifikanz.
Die kombinierte Gabe von Trastuzumab und Lapatinib nach Progression
unter Trastuzumab stellt prinzipiell eine
weitere valide Therapieoption dar, die
Kombination erzielte in einer Phase-IIIStudie verglichen zu Lapatinib alleine ein
signifikant längeres PFS (12 vs. 8 Wochen)
und eine bessere CBR (24,7 % vs. 12 %) und
einen bei erlaubtem Cross Over nicht signifikantem Trend zu einem besseren Gesamtüberleben (52 vs. 39 Wochen).
Lapatinib
Lapatinib konnte wie Trastuzumab in der
Behandlung des HER2-positiven metastasierten Mammakarzinoms das Gesamtüberleben signifikant verlängern. Phase-IIStudien zeigten in der Monotherapie bei
chemotherapie-und trastuzumabvorbehandelten Patientinnen eine ORR von
19 %, beim inflammatorischen Mammakarzinom wurde eine Ansprechrate von
39 % erreicht. In einer pivotalen Phase-IIIStudie wurde bei Anthrazyklin-, Taxanund Trastuzumab-vorbehandelten Patientinnen mit HER2-überexprimierendem
Tumor der Einsatz von Lapatinib plus Capecitabine gegenüber Capecitabine alleine
14
4/2011
untersucht. Aufgrund einer signifikant
besseren TTP für die Kombination (6,2 vs.
4,3 Monate) wurde die Rekrutierung frühzeitig geschlossen. In der Endauswertung
ergab sich ein nicht signifikanter Überlebensvorteil (75 vs. 64,7 Wochen), welcher
erst bei Ausschluss der Patienten, die einem Cross Over unterzogen wurden, in einer explorativen Analyse statistische Signifikanz erreichte (75 vs. 56,4 Wochen). Eine
interessante Beobachtung war, dass sich
im Kombinationstherapiearm deutlich
weniger Hirnmetastasen entwickelten (4
vs. 11). In einer daraufhin durchgeführten
Phase-II-Untersuchung bei massiv vorbehandelten Patientinnen mit auch schon
bestrahlten Hirnmetastasen brachte Lapatinib als Monosubstanz 6 % objektives Ansprechen und in 21 % eine volumetrische
Größenabnahme von ≥ 20 %. Die gleichzeitige Gabe von Capecitabine und Lapatinib
20 % ORR und in 40 % eine volumetrische
Größenabnahme von ≥ 20 %. Lapatinib
scheint im Gegensatz zu Trastuzumab in
das Zentralnervensystem zu penetrieren
und bei Hirnmetastasen Wirkung zu zeigen.
Lapatinib wurde auch als Erstlinientherapie ± Paclitaxel mit dem Ergebnis einer
signifikant besseren ORR (63 % vs. 38 %),
TTP (36 vs. 25 Wochen), aber keinem signifikanten Einfluss auf das Überleben untersucht. Lapatinib wurde bisher als Erstlinientherapie nicht gegen Trastuzumab
verglichen und wird daher üblicherweise
nach Progression auf Trastuzumab in weiterer Linie eingesetzt. Besonders bietet
sich hier der gemeinsame Einsatz mit Capecitabine für Patientinnen mit Anthrazyklin-, Taxan- und Trastuzumabvorbehandlung an.
Endokrine und anti-HER2-Therapie
Patientinnen mit Hormonrezeptor- und
HER2-positiven Tumoren mit nicht unmittelbar bedrohlicher Metastasierung oder
Symptomatik wie Patienten mit Skelettoder nicht viszeralen Metastasen sind geeignete Kandidatinnen für eine kombinierte endokrine/anti-HER2-Therapie.
Eine randomisierte Phase-III-Studie ergab,
dass die Kombination von Trastuzumab
und Anastrozol in der Erstlinie ein signifikant längeres PFS (4,8 vs. 2,4 Monate) als
Anastrozol alleine hatte, ohne bei erlaubtem Cross Over das Überleben signifikant
zu verlängern (28,5 vs. 23,9 Monate). Lapatinib wurde in Kombination mit Letrozole
in einem entsprechenden Patientenkollektiv mit vergleichbaren Ergebnissen (PFS:
8,2 vs. 3 Monate) untersucht. Unbeantwor© Springer-Verlag
tet ist bisher die Frage, ob Trastuzumab
oder Lapatinib in dieser Indikation die
bessere Wahl darstellt.
Anti-VEGF-Therapie / Bevacizumab
Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen den Vascular Endothelial
Growth Factor (VEGF) und wirkt über eine
Hemmung der Angiogenese. Als Monosubstanz zeigt Bevacizumab beim metastasierten Brustkrebs eine bescheidene Aktivität (ORR 9 %), klinische Studien mit
Bevacizumab in Kombination mit Chemotherapie haben jedoch ein signifikant längeres PFS gezeigt. Der pivotale ECOG-Trial
E2100 untersuchte Paclitaxel ± Bevacizumab bei hauptsächlich HER2-negativen
Tumoren und ergab eine signifikant höhere ORR (37 % vs. 21 %) und PFS (11,8 vs.
5,9 Monate), ohne Einfluss auf das Überleben zu haben (26,7 vs. 25,2 Monate). Gleichermaßen kam es zu einer Verlängerung
des PFS in der Kombination mit Docetaxel
(AVADO-Trial) und in der RIBBON-1(Erstlinie) und RIBBON-2-Studie (Zweitlinie) in Kombination mit Capecitabine, einem Taxan oder einer Anthrazyklinbasierenden Chemotherapie. Eine gepoolte Analyse der Erstlinienstudien ergab
mit 9,2 vs. 6,7 Monaten ein signifikant besseres PFS ohne Einfluss auf das Gesamtüberleben (26,7 vs. 26,4 Monate). Bevacizumab ist in der Kombination mit
Chemotherapie mit Hypertension, Proteinurie, Blutungen, thromboembolischen Ereignissen, Herzversagen und Todesfällen
assoziiert. Es ist daher kritisch zu hinterfragen, ob eine Verbesserung des PFS um
etwa 2,5 Monate (wie in der angeführten
Analyse) ohne einen Überlebensvorteil die
möglichen Toxizitäten und den finanziellen Aufwand der Therapie rechtfertigen
kann. Die Kombination Bevacizumab und
insbesondere wöchentliches Paclitaxel
bleibt für gewisse Patienten jedoch durchaus eine Therapieoption.
Die Erfolge der zielgerichteten Therapie
des Mammakarzinoms sind auch mit einer
Reihe unbeantworteter Fragen und ungelöster Probleme verbunden: Welche Kombinationen und in welcher Sequenz sollen
diese angewendet werden und was sind
die therapeutischen Targets, die eine bestmögliche Patientenselektion ermöglichen
sollen? Denn nur durch eine überzeugende Effektivität der zielgerichteten Therapie ist neben unterschiedlich ausgeprägter Toxizität auch der mit diesen Therapien
verbundene hohe finanzielle Aufwand
rechtzufertigen.

wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
Michael Fiegl und Christian Waldthaler, Innsbruck
Bendamustin: eine Erfolgsgeschichte in der Hämatologie
Schon 1963 entdeckt, rückt Bendamustin wieder ins Zentrum des Interesses
Endlich kann – mit der Einführung in die
Klinik und der kürzlich erfolgten Zulassung von Bendamustin – wieder ein signifikanter Fortschritt in der Behandlung von
lymphoproliferativen Erkrankungen festgestellt werden. In diesem Artikel soll ein
kurzer Überblick zu den Therapieergebnissen mit Bendamustin-basierter Therapie und zu den Nebenwirkungen gegeben
werden.
Indolente Non-HodgkinLymphome
Eine Reihe von Phase-II-Studien und eine
große Phase-III-Studie konnten den Stellenwert von Bendamustin bei dieser Indikation belegen (Tab. 1). Hervorgehoben
soll hier die STiL-Studie werden (Rummel,
Blood 2009;114:abstr405), in welcher bei
indolenten Lymphomen (inkl. Mantelzelllymphom) die Überlegenheit der Kombination Bendamustin/Rituximab (BR) in
der ersten Therapielinie demonstriert
werden konnte: Im randomisierten Vergleich mit R-CHOP bei 504 evaluierbaren
Patienten wurde ein Ansprechen von
93,8 % vs. 93,5 % beobachtet, und das mediane progressionsfreie Überleben (PFS)
betrug 54,8 Monate bzw. 34,8 Monate und
war somit signifikant länger. Es wird sich
weisen, ob auch das Gesamtüberleben
durch BR verlängert werden kann. Die Toxizität war geringer, insbesondere was Zytopenien anbelangt. In unserer eigenen
retrospektiven Erhebung – es ging um BR
als Erstlinientherapie oder im Rezidiv
nach Vorbehandlung – fanden wir ein objektives Ansprechen bei 24/25 Patienten
und ein äußerst günstiges PFS und OS,
Abb. 1a: Progressionsfreies Überleben für drei
Subgruppen von lymphoproliferativen
Erkrankungen. Bei der CLL (n = 34) wurden
Patienten sowohl mit Bendamustin-Monotherapie als auch Bendamustin in Kombination mit
anderen Substanzen inkludiert
Abb. 1b: Gesamtüberleben für drei Subgruppen
von lymphoproliferativen Erkrankungen. Bei der
CLL (n = 34) wurden Patienten sowohl mit
Bendamustin-Monotherapie als auch
Bendamustin in Kombination mit anderen
Substanzen inkludiert
wobei der Median jeweils noch nicht erreicht wurde (Abb. 1). BR kann hier als
neuer Therapiestandard angesehen werden. Wenig Daten existieren zum Therapieeffekt bei der Makroglobulinämie Waldenström: in unserer Serie von 5 Patienten
konnte auf BR ein Ansprechen (> 50 % Reduktion des IgM-Spiegels) bei allen Patienten dokumentiert werden.
Jahren ließ sich die Überlegenheit von
Bendamustin im randomisierten Vergleich mit Chlorambucil bei unbehandelten Patienten nachweisen (Knauf, JCO
2009;27:4378). Als nächster Schritt wurde
in zwei Phase-II-Studien der Deutschen
CLL-Studiengruppe die hohe Wirksamkeit
der Kombination BR dokumentiert, sowohl in der Erstlinie als auch in höherer
Therapielinie (Fischer, ASH 2008; 2009).
Besonders interessant ist hier das Ergebnis einer recht guten Wirkung bei CLL mit
11q-Deletion, welche bislang als Marker
einer schlechten Behandelbarkeit galt. In
der CLL-10-Studie der Deutschen CLLStudiengruppe wird derzeit in Erstlinie
der Standard FCR mit BR verglichen, und
erste Ergebnisse (Interimsanalyse) weisen
auf eine Gleichwertigkeit beider Therapiearme hin, sodass die Studienfortführung
gewährleistet war. Wir konnten bei 34
CLL-Patienten unter Bendamustin-basierter Therapie (vorbehandelt, n = 26; unvorbehandelt, n = 8), zufriedenstellende
Ansprechraten beobachten, welche hier
im Routinesetting jedoch nicht ganz an
die Studienergebnisse heranreichten (Tab.
1). Bei 17p-deletierter CLL war in unserer
Serie die Bendamustin-basierte Therapie
mehrheitlich unwirksam; andererseits
konnten auch wir bei Vorliegen einer 11qDeletion eine günstige Therapiewirkung
Chronische lymphatische
Leukämie
Bei der CLL ist die bislang wirksamste
Kombinationstherapie – Fludarabin/Cyclophosphamid/Rituximab (FCR) – bei
weitem nicht bei allen Patienten einsetzbar, und in höherer Therapielinie sind die
Möglichkeiten oft begrenzt. In den letzten
Zur Person
Univ.-Doz. Dr. Michael Fiegl
Universitätsklinik für Innere Medizin V
(Hämatologie und Onkologie)
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstraße 35
6200 Innsbruck
Fax: ++43/512/504-25615
E-Mail: [email protected]
wmw skriptum
© Springer-Verlag
4/2011
15
oegho frühjahrstagung 2011
Tabelle 1
Bendamustin-basierte Therapie bei Patienten mit lymphoproliferativen Erkrankungen (rezente Studien)
Referenz
Phase
Regime
Vortherapie
N Pat.
ORR (%)
Med. PFS/
TTP (Mo.)
Med. OS
(Mo.)
Hämat. Tox. G3/4 (%)
Neutropenie (N)
Leukopenie (L)
Thrombopenie (T)
Febrile Neutropenie (FN)
Indolente Lymphome
Rummel, JCO
2005; 23:3383
II
B-R
1-3 Linien
63
90
24
n.e.
L: 16
T: 3
Friedberg, JCO
2008; 26:204
II
B
1-5 Linien
59
80
8
n.r.
N: 54*
T: 25*
FN: 8*
Robinson, JCO
2008; 26:4473
II
B-R
1-4 Linien
66
93
23
n.r.
N: 36
L: 30
T: 9
FN: 6
Rummel, Blood
2009; 114 (abstr
405)
III
B-R vs. CHOP-R
keine
504
93,8 vs. 93,5
CR 40,1 vs.
30,8 (P = 0,032)
55 vs. 35
n. r.
N: 11 vs. 47 (P < 0,001)
L: 12 vs. 38 (P < 0,001)
Friedberg, Blood
2011; 117:2807
II
B-R + Bortezomib
median 4
29
83
~23
n.r.
N: 17
T: 17
FN: 7
Waldthaler, Wien
Klin Wochenschr
2011; in press
retro
B-R
0-4
25
96
n.e.
n.e.
N: 20
L: 8
T: 4
Fischer, Blood
2008; 112: abstr
330
II
B-R
1-3 Linien
81
65
n.r.
n.r.
N: 12
L: 12
T: 9
FN: 4
Knauf, JCO 2009;
27:4378
III
B vs Clb
keine
319
68 vs. 31
(P < 0,0001)
22 vs. 8
(P < 0,0001)
n.e.
N: 23 vs. 11
L: 14 vs. 1
T: 12 vs. 8
Fischer, Blood
2009; 114: abstr.
205
II
B-R
keine
117
91
n.e.
n.r.
N: 7
L: 15
T: 6
Iannitto, Br J
Haem 2011; in
press
retro
B-R (n = 87)
B (22)
1-8 Linien
109
66
16
17
N: 17
T: 18
Waldthaler, unpublished
retro
B (n = 5)
B-R (26)
B-Alem (3)
0-6 Linien
34
59
keine
Vortherapie: 75
11
21
N: 55
L: 39
T: 32
FN: 9
Weidmann, Ann
Oncol 2002; 13:
1285
II
B
1-4 Linien
18
44
n.r.
n.r.
N: 10
L: 12
T: 13
Friedberg, JCO
2008; 26:204
II
B
1-5
15
67
4
n.r.
n.r.
Kuntz, Onkologie
2010; 33 (Suppl
6): P173
retro
B-R
0-9 Linien
27
55
14
23
n.r.
Horn, Onkologie
2010; 33 (Suppl
6): P174
retro
B-R
keine bzw.
„vorbehandelt“
9
67
16
20
n.r.
Vacirca, Blood
2010; 116:abstr
2449
II
B-R
1-5
40
55
n.r.
n.r.
N: 25
L: 12
T: 8
Weidmann, Ann
Oncol 2011; in
press
II
B-R
keine
13
(≥ 80 J)
69
8
8
N: 23
L: 11
T: 6
Waldthaler, Wien
Klin Wochenschr
2011; in press
retro
B-R
0-3
20
50
10
23
N: 31
L: 42
T: 21
CLL
Aggressive NHL
*Toxizität berechnet bei 74 Patienten (inklusive aggressive Lymphome)
Abkürzungen: n.e., nicht erreicht; n.r., not reported; retro, retrospektiv
16
4/2011
© Springer-Verlag
wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
Abb. 2: Steroid-responsive organisierende
Pneumonie bei CLL im Anschluss an die
Behandlung mit Bendamustin/Rituximab. Ein
Zusammenhang mit der Therapie kann nicht
ausgeschlossen werden, wobei unter anderer
Rituximab-hältiger Chemoimmuntherapie das
Auftreten einer organisierenden Pneumonie
wiederholt beschrieben wurde (Mian, Leuk
Lymphoma 2006;47:1683)
beobachten, ohne Unterschied zu den
„günstigen“ Karyotypen (13q-Deletion,
normaler FISH-Karyotyp, Trisomie 12).
Aggressive B-Zell-Lymphome
Beim diffus-großzelligen Lymphom
(DLBCL), follikulären Lymphom in Transformation und Mantelzell-Lymphom
wurde bei Patienten, welche die Standardtherapie R-CHOP bereits erhielten oder
Kontraindikationen aufwiesen, Bendamustin verabreicht, wobei ein recht heterogenes Bild der Effektivität festzustellen
ist. In der Zusammenschau der Studien
und retrospektiven Therapieserien wird
ein Ansprechen um 50 % (Bereich 44–
69 %) beobachtet (Tab. 1). Unter den 20
Patienten in unserer Tiroler Serie konnten
wir ein Ansprechen bei 10 Patienten konstatieren (ORR 50 %), wobei wir als interessantes Detail feststellten, dass nicht das
Faktum der Vorbehandlung, wohl aber
eine ungünstige Risikokonstellation (Vorliegen von 4 oder 5 IPI-Risikofaktoren) den
Therapieerfolg bezüglich Response und
Überleben determinierte. Es besteht der
Eindruck, dass möglichst eine Anthrazyklin-basierte Therapie bei aggressiven Lymphomen zum Einsatz kommen sollte. So
gibt es guten Grund zur Annahme, dass
Doxorubicin durch das liposomale Doxorubicin (Myocet) ohne Wirkungsverlust,
aber unter Aussparung der Kardiotoxizität, ersetzt werden kann (Heintel, Ann Hematol 2010;89:163). Die bereits fertig rekrutierte österreichische NHL-14-Studie
wird maßgeblich dazu beitragen, diese
Annahme zu bestätigen.
Myelom
Gemäß Zulassung ist Bendamustin bei
PatientInnen mit Myelom im behandlungspflichtigen Stadium in höherem Alter (> 65 Jahre) als Erstlinientherapie zugelassen, bei denen eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation nicht möglich ist und welche
eine Neuropathie aufweisen, die eine
Kontraindikation für eine Thalidomidoder Bortezomib-basierte Therapie darstellt. Insbesondere ist Bendamustin auch
bei myelomassoziierter Niereninsuffizi-
Zur Person
cand. med. Christian Waldthaler
Universitätsklinik für Innere Medizin V
(Hämatologie und Onkologie)
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstraße 35
6200 Innsbruck
Fax: ++43/512/504-25615
E-Mail: [email protected]
enz in Standarddosierung einsetzbar. In
der Monotherapie fand man Ansprechraten im Bereich von 55 %. Publizierte Evidenz zu Bendamustin in Kombination mit
Steroid, Bortezomib oder Lenalidomid erbrachte Ansprechraten zwischen 63 %
(Lentzsch, Blood 2010;116:abstr989) und
88 % (Hrusovsky, Blood 2005;106:abstr5122), wobei das Ansprechen vor allem
vom Grad der Vorbehandlung abhing.
Toxizität
Bendamustin gilt als gut verträgliches Zytostatikum. Nichtsdestotrotz darf die Hämatotoxizität und Infektionsgefahr einer
Bendamustin-basierten Therapie nicht
unterschätzt werden (Tab. 1). Dies scheint
jedoch in hohem Maße vom Setting der
Anwendung (Grunderkrankung, Alter
etc.) abzuhängen. Wir konnten in der vergleichenden Analyse statistisch herausarbeiten, dass unter BR-Therapie eine Grad
3/4-Leukopenie signifikant häufiger bei
aggressiven Lymphomen und CLL als bei
indolenten Lymphomen auftrat. Insbesondere bei vorbehandelten Patienten lag
ein erhöhtes Risiko einer Grad 3/4-Thrombopenie vor. Infekte wurden häufiger bei
Alten (> 70 Jahre) beobachtet, und schwere
Infekte traten unter BR vorzugsweise bei
Patienten mit aggressiven Lymphomen
und CLL auf, wogegen bei der Behandlung
des indolenten Lymphoms in unserer Serie keine schweren Infekte registriert wurden.
Unter Bendamustin-basierter Therapie
soll auch auf das potentielle Risiko seltener, aber charakteristischer Unverträglichkeiten geachtet werden. So könnte eine
Bendamustin-Anwendung mit dem Auftreten interstitieller pulmonaler Infiltrate
assoziiert sein (Ogura, Cancer Sci 2010;
101:2054). Wir konnten bei 4 Patienten unter BR das Auftreten unklarer pulmonaler
Infiltrate beobachten, wobei in einem Fall
eine chronisch organisierende Pneumonie histologisch gesichert wurde (Abb. 2).

Fachkurzinformation
Tasigna 150 mg Hartkapseln, Tasigna 200 mg Hartkapseln
QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG: Eine Hartkapsel enthält 150 mg (200 mg) Nilotinib (als Hydrochlorid 1 H2O). Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat: 117,08 (156,11)
mg pro Kapsel. Liste der sonstigen Bestandteile: Inhalt der Kapsel: Lactose-Monohydrat, Crospovidon, Poloxamer 188, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat Kapselhülle:
Gelatine,Titandioxid (E171), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172), Eisen(III)-oxid (E172) Druckfarbe: Schellack, Eisen(II, III)-oxid (E172)( Entölte Phospholipide aus Sojabohnen (E322))
Anwendungsgebiete 150mg: Tasigna ist angezeigt für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom positiver chronischer myeloischer Leukämie
(CML) in der chronischen Phase. 200 mg: Tasigna ist angezeigt für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit: - neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom positiver chronischer myeloischer
Leukämie (CML) in der chronischen Phase, - Philadelphia-Chromosom positiver CML in der chronischen und akzelerierten Phase mit Resistenz oder Unverträglichkeit gegenüber einer
Vorbehandlung einschließlich Imatinib. Wirksamkeitsdaten zu Patienten mit CML in der Blastenkrise liegen nicht vor. Gegenanzeigen Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der
sonstigen Bestandteile. Pharmakotherapeutische Gruppe: Protein-Tyrosinkinasehemmer; ATC-Code: L01XE08 INHABER DER ZULASSUNG Novartis Europharm Limited, Wimblehurst Road,
Horsham,West Sussex, RH12 5AB, Vereinigtes Königreich ABGABE: NR, apothekenpflichtig Informationen betreffend Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkung
mit anderen Mitteln, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind den veröffentlichten Fachinformationen zu entnehmen.
wmw skriptum
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4/2011
17
oegho frühjahrstagung 2011
Maria De Santis, Wien
Prognosefaktoren bei Hodenkarzinom
Umsetzung neuer Erkenntnisse
Keimzelltumore (GCT) gehören zu den
Tumoren mit der höchsten Chemosensitivität des Erwachsenen, sind das häufigste
Malignom des Mannes im Alter zwischen
20 und 34 Jahren und verzeichneten eine
Verdopplung der Inzidenz in den letzten
20 Jahren. Durch die Einführung der cisplatinhältigen Kombinationschemotherapie, gefolgt von kompletter Resektion aller
Residuen, wurde es möglich, auch bei fortgeschrittener Tumorerkrankung noch in
über 80 % Heilungen zu erzielen. Entscheidend für derart gute Ergebnisse ist
eine umfassende interdisziplinäre Behandlung der Patienten in spezialisierten
Zentren.
Therapieschemata nach
Tumorinvasion
International anerkannte Prognosefaktoren der IGCCCG (International Germ Cell
Cancer Collaborative Group) (Tab. 1 bis 3)
[1] bestimmen die Erstlinientherapie eines fortgeschrittenen Keimzelltumors.
Therapieziele sind einerseits immer die
Kuratio, andererseits das risikoadaptierte
Vorgehen. Nach wie vor ist PEB die Standard-Chemotherapie. Entscheidend für
die Prognoseeinschätzung sind die Tumormarkerhöhe und das Vorhandensein
nicht-pulmonal viszeraler Metastasen.
1. „Good risk“ Patienten werden mit maximal 3 Kursen PEB behandelt, bei Verzicht auf Bleomycin (cave Kontraindikationen) sind zumindest 4 Kurse PE
erforderlich.
Tabelle 1
IGCCCG-Prognosegruppen für nicht-seminomatöse Keimzelltumore bei
Erstdiagnose
Nonseminomatous tumors
Good prognosis (56 %)
Intermediate prognosis (28 %)
Poor prognosis (16 %)
Primary tumor: testis or retroperitoneum
And
Good markers: S 1
And
No non-pulmonary visceral metastases
Primary tumor: testis or retroperitoneum
And
intermediate markers: S 2
And
No non-pulmonary visceral metastases
Primary tumor: testis or retroperitoneum
And
Non-pulmonary visceral metastases
Or
Poor markers: S 3
Or
Primary mediastinal tumor
2. Bei „intermediate risk“ ist derzeit auch
PEB die erste Wahl, jedoch mit 4 Chemotherapiekursen.
3. Bei „poor risk“ ist die kurative Potenz
von Standard-PEB x 4 eindeutig zu gering.
Mehr als die Hälfte der Patienten versterben. Keine der bisher studierten Dosis-intensivierten Therapien wie z. B. PEI,
dosiseskaliertes PEI mit Zytokinen, BOPEIP, PEB+T, PEI+Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzellreinfusion,
erwies sich bisher dem PEB überlegen.
Außerhalb von Studien sind deshalb 4
Kurse PEB weiterhin Standard. Die komplette Resektion aller Residuen nach Nor-
© Christoph Lingg
Zur Person
18
4/2011
Priv.-Doz. Dr. Maria De Santis
3. Medizinische Abteilung
Zentrum für Onkologie und Hämatologie
Angewandte Krebsforschung – Institution für Translationale
Forschung Wien
(ACR-ITR VIEnna) / CEADDP
Kaiser Franz Josef Spital – SMZ Süd
Kundratstraße 3
1100 Wien
Fax: ++43/1/60191-2309
E-Mail: [email protected]
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PFS: 89 %
OS: 92 %
PFS: 75 %
OS: 80 %
PFS: 41 %
OS: 48 %
malisierung der Tumormarker ist der
wichtigste Faktor für das rezidivfreie Überleben in dieser Situation.
Neue Prognosefaktoren für
rezidivierte und refraktäre
Keimzelltumorpatienten
Bei Patienten, die nach Erstlinientherapie
progredient sind oder rezidivieren [2], ist
die Abschätzung ihrer Prognose wesentlich komplexer. Um diesem Problem näher zu kommen, und da Rezidive bei GCT
selten sind, wurde ein prognostisches Modell aus einem Datenset von 1067 Patienten aus 38 Zentren weltweit entwickelt.
Dieses Datenset wurde randomisiert geteilt, um ein Trainings- und ein Validierungsset zur Verfügung zu haben. Der primäre Endpunkt war das 2-Jahresprogressionsfreie Überleben (PFS) nach
Salvage-Chemotherapie. Folgende Parameter waren in der Multivariate-Analyse
signifikante, unabhängige Prognosefaktoren:
1. Lokalisation des Primärtumors (gonadal, retroperitoneal, mediastinal),
2. Ansprechen auf die Primärtherapie
(CR = komplette Remission, Marker
negativ; PR = partielle Remission, Marker negativ/SD = stabile Erkrankung;
PD = Progress),
wmw skriptum
Tabelle 2
IGCCCG-Prognosegruppen für Seminome bei Erstdiagnose
Seminoma
IGCCCG: J Clin Oncol 1997
Good prognosis (90 %)
Intermediate prognosis (10 %)
Primary tumor: Any
And
No non-pulmonary visceral metastases
Any Primary tumor site
And
Non-pulmonary visceral metastases
PFS: 82 %
OS: 86 %
PFS: 67 %
Abb. 1: Lorch, ASCO 2009: Progressionsfreies
Überleben nach Salvagechemotherapie
basierend auf einem neuen prognostischen
Modell
OS: 72 %
gruppe der NSGCT ist das Überleben nach
Rezidiv praktisch null nach nur einem
Jahr.
Tabelle 3
Ergebnis der Multivariatanalyse für nicht-seminomatöse
Keimzelltumorpatienten im Trainingsset.
(LBB = liver, bone, brain; PFI = progression free interval)
Zukunftsaussicht
Results of multivariate analysis – non-seminoma training set
Points
Variable
0
1
Gonadal
Retroperitoneal
Response first-line CR/PRm -
PRm +/SD
PFI
≤ 3 month
> 3 month
AFP at salvage
Normal
< 1000
HCG at salvage
< 1000
≥ 1000
LBB salvage
No
Yes
3. progressionsfreies Intervall nach Erstlinientherapie (>/≤ 3 Monate),
4. AFP (normal, < 1000, ≥ 1000), βHCG
(< 1000, ≥ 1000) und
5. nicht pulmonale viszerale Metastasen
(Leber, Knochen Gehirn: ja, nein).
Mit einem Punktesystem wurden 5
Prognosegruppen für NSGCT definiert
2
3
Mediastinal
PD
≥ 1000
© ASCO 2009-Präsentation von Anja Lorch
Based on the results of the multivariate analysis each variable was given a weight proportional to the
regression coefficient.
Primary site
© ASCO 2009-Präsentation von Anja Lorch
oegho frühjahrstagung 2011
(Abb.1) mit deutlich separiertem 2-JahresPFS und OS. Rezidive traten praktisch alle
innerhalb eines Jahres nach Salvagetherapie auf. Seminome nach Rezidivtherapie
hatten eine viel bessere Prognose als NSGCT und finden sich in nur drei Gruppen:
„very low“, „low“, „intermediate“ Prognosegruppen mit, im schlechtesten Fall, 46 %
2-Jahres-PFS. In der „very high“ Risiko-
Die Integration dieses prognostischen
Modells in die klinische Praxis wird die
größte Herausforderung in der Behandlung von GCT in den nächsten Jahren sein.
Einen ersten Schritt macht die vor kurzem
gegründete internationale Gruppe von
Hodentumorexperten, die eine Salvagetherapie-Studie (TIGER) plant, in der
Hochdosischemotherapie mit Standarddosiertem TIP verglichen wird. Stratifiziert
wird nach dem neuen Prognosemodell für
refraktäre und rezidivierte Keimzelltumorpatienten.

Literatur
1 International Germ Cell Cancer Collaborative Group (1997) International Germ Cell Consensus Classification: a prognostic factor-based
staging system for metastatic germ cell cancers.
J Clin Oncol 15:594-603
2 International Prognostic Factors Study
Group, Lorch A, Beyer J, Bascoul-Mollevi C
et al (2010) Prognostic factors in patients with
metastatic germ cell tumors who experienced
treatment failure with cisplatin-based first-line
chemotherapy. J Clin Oncol 28:4906-4491
Eberhard Gunsilius, Innsbruck
Multiples Myelom – weitere Fortschritte in der Therapie
In letzter Zeit neue Erkenntnisse
Die Kombination von Bortezomib, Thalidomid und Dexamethason (VTDSchema) vor Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation führt zu
einer hohen Rate an kompletten Remissionen. In einer randomisierten Phase-IIIStudie (VTD gegen Thalidomid/Dexamewmw skriptum
thason, TD bzw. Polychemotherapie + Bortezomib, PB) lag die Rate an Immunfixation-negativer CR nach VTD bei 35 %
(TD: 14 %, PB: 21 %), beim progressionsfreien Überleben war der Median nach
VTD nicht erreicht und lag bei PB bei 38
Monaten und nach TD bei 27 Monaten.
© Springer-Verlag
Unterschiede im Gesamtüberleben zeigen
sich bisher nicht. Der Anteil an Grad 3 und
4 Neuropathien lag bei 12 % im VTD-Arm
und bei 1 % in den beiden anderen Armen.
Bei 7 % (VTD), 3 % (TD) und 2 % der Patienten (PB) wurde die Therapie aufgrund
von Toxizitäten abgebrochen. VTD ist ein
4/2011
19
oegho frühjahrstagung 2011
Zur Person
Univ.-Doz. Dr. Eberhard Gunsilius
Universitätsklinik für Innere Medizin V
Schwerpunkte Hämatologie & internistische Onkologie
Medizinische Universität
Anichstraße 35
6020 Innsbruck
Fax: ++43/512/504-25615
E-Mail: [email protected]
attraktives Induktionsregimen vor Hochdosistherapie.
Ältere Patienten
Für ältere Patienten, die keiner Hochdosistherapie zugeführt werden können, liegen Phase-III-Daten für Lenalidomid vor.
Randomisiert wurde geprüft: Melphalan/
Prednison/Lenalidomid (MPR) gefolgt
von einer Lenalidomid-Erhaltungstherapie (MPR+R), MPR gefolgt von Plazebo
oder MP gefolgt von Plazebo. Das Gesamtansprechen lag bei 77 % für MPR + R
und 50 % für MP, mit 16 % bzw. 4 % kompletten Remissionen. Unterschiede im
Gesamtüberleben ergeben sich derzeit
(noch) nicht. Bei 20 % der Patienten im
MPR-Arm wurde die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen, im Vergleich zu 8 % im MP-Arm.
Diese Daten zeigen, dass MPR eine potente Therapie mit akzeptabler Toxizität
für ältere Patienten darstellt.
Konsolidierungs bzw.
Erhaltungstherapie
Nach Erstlinientherapie, die bei jüngeren
Patienten in der Regel auch die Behandlung mit Hochdosis Melphalan gefolgt von
autologer Stammzelltransplantation beinhaltet, kommt es regelhaft zu einer Progression der Erkrankung, so dass Strategien
zur
Konsolidierung
bzw.
Erhaltungstherapie rational nachvollziehbar sind. In der CALGB 100104-Studie
wurden 570 Patienten zwischen einer Erhaltungstherapie mit niedrig dosiertem
Lenalidomid und Plazebo randomisiert.
Er zeigte sich eine signifikant verlängerte
Zeit bis zur Progression im verum-Arm:
Veranstaltungshinweis
Symposiumsankündigung im Rahmen der ÖGHO-Frühjahrstagung
Wann:
Freitag, 6. Mai 2011, 12.00–13.30 Uhr
Thema:
Spotlight on Rare Tumors
Vorsitz:
Prim. Prof. Dr. Dietmar Geissler, Klagenfurt
Univ.-Prof. Dr. Markus Raderer, Wien
Referenten:
Aktuelle Therapiestrategien beim Mantelzell-Lymphom
Priv.-Doz. Dr. med. Georg Heß, Mainz
Refraktäre Therapiesituation bei GIST - Quo vadis
Univ. Prof. Dr. Thomas Brodowicz, Wien
Neue Therapiekonzepte in der Behandlung neuroendokriner Tumore
des Pankreas
Univ. Prof. Dr. Markus Raderer, Wien
4/2011
In einer französischen Studie wurde
eine Konsolidierung mit zwei Zyklen Lenalidomid 25 mg Tag 1-21, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit 10-15 mg Revlimid mit Plazebo verglichen. Die Studie
wurde nach der ersten interims-Analyse
aufgrund der signifikant besseren Ergebnisse im Lenalidomid-Arm entblindet
(follow up 24 Monate). Die mediane Zeit
bis zur Progression lag bei 42 Monaten gegenüber 24 Monaten im Plazebo-Arm. In
beiden Studien wurde eine erhöhte Anzahl an Sekundärmalignomen beobachtet. Dieser Tatsache wird derzeit intensiv
nachgegangen.
Daten der italienischen Studiengruppe
zeigen, dass eine Konsolidierung mit zwei
Zyklen VTD (siehe oben) in der Lage ist,
die Rate an kompletten Remissionen nach
Hochdosistherapie signifikant zu erhöhen, wobei bei einem Teil der Patienten
sogar molekulare Remissionen beobachtet wurden.
Bortezomib subkutan
222 Patienten mit rezidiviertem Myelom
erhielten entweder Bortezomib wie üblich
intravenös oder im experimentellen Arm
subkutan. Das Ansprechen war nicht signifikant unterschiedlich, ebenso die
Dauer bis zum Ansprechen und die mediane Ansprechdauer. Allerdings waren die
Toxizitäten, insbesondere Neuropathien,
bei Patienten, die subkutanes Bortezomib
erhielten, deutlich weniger ausgeprägt.
Zusammenfassung
Wo:
Brahmssaal,
Congress Center Wörthersee – Pörtschach
20
42,3 Monate versus 21,8 Monate. Kein Unterschied fand sich im Gesamtüberleben,
ein cross-over in den Lenalidomid-Arm
war nach Entblindung der Studie erlaubt.
© Springer-Verlag
Die Induktion mit VTD kann bei jüngeren
Patienten die Rolle eines „Standards“ einnehmen. Lenalidomid-basierte Therapien
sind auch bei älteren Patienten effektiv
und verträglich. Die Strategie der Konsolidierung und/oder Erhaltungstherapie mit
Lenalidomid oder Bortezomib-basierten
Kombinationen nach Hochdosistherapie
verbessert weiter die Therapieergebnisse.
Subkutanes Bortezomib verursacht weniger Nebenwirkungen und lässt eine patientenfreundlichere und einfachere Applikation in Zukunft erwarten. Alle diese
Neuerungen werden in die Diskussion im
Rahmen der Überarbeitung der ÖGHOLeitlinien zur Therapie des multiplen Myeloms mit einfließen.

wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
Hans Rabl, Leoben
Neue Aspekte in der adjuvanten Therapie des
Kolonkarzinoms
Prognoseverbesserung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit
Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit
zwischen Chirurgen und Onkologen
konnte die Prognose des Kolonkarzinoms
deutlich verbessert werden. Dies war einerseits durch die Entwicklung wirksamerer Substanzen und Schemata, andererseits durch die Auswahl geeigneter
Patienten nach klinischen und molekularen Faktoren möglich.
UICC-Stadium II
NO16968 (XELOXA) primary endpoint met: superior DFS with
XELOX and benefit maintained and increased over time
3-year
DFS
70.9 %
66.5 %
1.0
XELOX
∆ at 3 years: 4.5 %
0.6
5-FU/LV
∆ at 4 years: 6.1 % ∆ at 5 years: 6.3 %
0.2
HR = 0.80 (95 % Cl: 0.69-0.93)
p = 0.0045
0.0
0
1
2
3
4
5
6
Years
ITT population
Abb. 1: Xeloda plus Oxaliplatin adjuvant – signifikante Verlängerung des DFS
werden Fluoropyrimidine als Monotherapie, bevorzugt orale Fluoropyrimidine,
empfohlen.
UICC-Stadium III
Im UICC-Stadium III können durch eine
R0-Resektion etwa 50 % der Patienten, und
weitere 20 % durch eine postoperative
Chemotherapie geheilt werden.
Für beide Stadien hilfreich wären prognostische und prädiktive Marker, die einerseits disseminierte Tumorzellen erkennen lassen und andererseits vorab
aussagen, wer von welcher Therapie profitieren wird.
Die PETACC-3 Studie zeigte, dass für
Patienten im Stadium II die Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) neben der T-Kategorie der stärkste Prognosefaktor ist. Patienten mit Tumoren, die eine hochgradige
MSI-H aufweisen, haben eine bessere Prognose, da die Metastasierungsrate geringer ist. Mehrere Studien haben gezeigt,
dass sich eine 5-FU-Therapie bei Patienten mit MSI-H signifikant negativ auf das
Gesamtüberleben auswirkt. Allerdings
hat eine weitere Auswertung der PETACC-3 Daten neben dem prognostischen
Faktor ergeben, dass der prognostische Effekt von MSI-H auch dann erhalten bleibt,
wenn die Patienten mit 5-FU behandelt
werden.
Aufgrund dieser divergenten Daten gilt
die Empfehlung, die Therapieentscheidung
unabhängig vom MSI-Status zu treffen.
Zur Person
Prim. Univ.-Prof. Dr. Hans Rabl
Abteilung für Chirurgie
Landeskrankenhaus Leoben
Vordernberger Straße 42
8700 Leoben
Fax: ++43/3842/401-2312
E-Mail: [email protected]
wmw skriptum
5-year
DFS
66.1 %
59.8 %
0.8
0.4
Etwa 80 % der Patienten mit einem Kolonkarzinom können im UICC-Stadium II
durch die Operation geheilt werden. Die
verbleibenden 20 % der Patienten rezidivieren innerhalb der ersten 2 Jahre und
versterben auch konsekutiv an der Erkrankung. Eine systemische Therapie zur Senkung des Rezidivrisikos wäre bei dieser
Subgruppe sinnvoll, jedoch existieren derzeit noch keine molekularen Marker, diese
Subgruppe zu selektionieren. Um Patienten mit einer ungünstigen Prognose im
UICC-Stadium II zu identifizieren, haben
sich bestimmte klinische und histopathologische Risikofaktoren wie T4, G3/4, Gefäßinvasion, Lymphgefäßinvasion, perineurale Infiltration, ≤ 12 untersuchte
Lymphknoten, Notfalloperation im Ileus
oder Perforation, sowie hohe CEA-Werte
etabliert, die eine adjuvante Chemotherapie sinnvoll erscheinen lassen, da damit
ein Überlebensvorteil von etwa 7 % erreicht wird. Werden Stadium-II-Patienten
ohne Risikofaktoren chemotherapiert, reduziert sich der Überlebensvorteil auf
3–5 % (Quasar-Studie). Da für den Einsatz
von Oxaliplatin im „low-risk“ Stadium II
keine überzeugenden Daten vorliegen,
4-year
DFS
68.4 %
62.3 %
Für R0-resezierte Kolonkarzinome im
UICC-Stadium III gilt eine postoperative
Oxaliplatin-haltige Chemotherapie als
Standard, da in den beiden Studien MOSAIC und NSABP C07 die Kombinationstherapie zu einem signifikant besseren
krankheitsfreien Überleben (DFS) geführt
hat, als die alleinige 5-FU / FS-Gabe.
© Springer-Verlag
4/2011
21
oegho frühjahrstagung 2011
Rezente Daten der NO16968- oder XELOXA- (Xeloda plus Oxaliplatin adjuvant)
Studie belegen eine signifikante Verlängerung des DFS (Abb. 1) und zeigen auch
im Vergleich mit den Ergebnissen aus
MOSAIC und NSABP C-07 eine vergleichbare Wirksamkeit gegenüber der Monotherapie.
Mit XELOX steht eine Kombinationstherapie zur Verfügung, die für den Patienten eine geringere Belastung durch
den Wegfall von Pumpen und Kathetern
bedeutet und außerdem eine bessere
Verträglichkeit gegenüber FOLFOX4 aufweist. Unter XELOX traten erheblich weniger schwere Neutropenien (8,8 % vs.
41,1 %), weniger febrile Neutropenien
(0,4 % vs. 1,8 %), weniger schwere Stomatitiden (0,6 % vs. 2,7 %), aber deutlich
mehr Diarrhoen (19,4 % vs. 10,8 %) und
Hand-Fuß-Syndrome (5,4 % vs. 2,0 %) auf.
Das FLOX-Regime ist wegen schlechterer Verträglichkeit und höherer Mortalität nicht empfehlenswert.
Aufgrund der Studienergebnisse von
CALGB 89803, PETACC-3 und ACCORD
sind Irintoecan-haltige Schemata im adjuvanten Setting nicht von Nutzen. Studien über zielgerichtete Therapien mit
dem vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF)-Antikörper Bevacizumab (NSABP C-08, AVANT) und dem
epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor
(EGFR)-Antikörper Cetuximab (NCCTG – N0147, ECOG – N0147) konnten keine
Verbesserung im adjuvanten Setting des
Kolonkarzinoms erbringen.
Vorgehen bei älteren Patienten im
Stadium III
Für die Durchführung einer adjuvanten
Chemotherapie liegen keine Altersbeschränkungen vor, liegt der Anteil der
über 70-Jährigen doch bei etwa 20 %. Ältere Studien haben zwar gezeigt, dass
über 70-Jährige in vergleichbarer Weise
wie jüngere Patienten von einer 5-FUMonotherapie profitieren und keine erhöhte Toxizität zu beobachten ist. Inwieweit ältere Patienten von einer
Kombinationstherapie profitieren, wird
kontrovers diskutiert. Traten bei über
70-Jährigen in der PETACC-8 Studie
(FOLFOX + Cetuximab) vermehrt therapieassoziierte Todesfälle auf, kam es in
der NSABP C-08 vermehrt zu Grad-5SAE’s. Eine Analyse der ACCENT Collaborative Study Group wies eine geringere
Effektivität von „neueren“ adjuvanten
Protokollen bei Älteren auf. Auch in MOSAIC und NSABP C-07 konnte für über
70-Jährige kein Vorteil betreffend DFS
und OS erreicht werden. Allerdings
konnte mit der XELOXA-Studie unabhängig vom Alter, auch bei über 70-Jährigen eine Verbesserung des DFS erreicht
werden.
Aufgrund dieser divergenten Ergebnisse sollte die Entscheidung, ob ein
über 70-jähriger Patient nur mit einem
oralen Fluoropyrimidin oder in Kombination mit Oxaliplatin behandelt werden
sollte, vor allem am biologischen Alter
sowie an den Komorbiditäten bzw. an
den Kontraindikationen gegen Oxaliplatin ausgerichtet werden.

Karl Pummer, Graz
Zur Behandlung des Prostatakarzinoms
Androgenentzug weiterhin eine wichtige Säule der Therapie
Der Grundstein zur medikamentösen Therapie des Prostatakarzinoms wurde 1941
von Charles Huggins gelegt, der die Abhängigkeit prostatischer Karzinomzellen von
einem intakten Androgenmilieu erkannte
und diese in Form des Androgenentzugs
auch therapeutisch nutzte. Was weniger
bekannt ist: Das gesamte Konzept, das immerhin 1966 mit dem Nobel-Preis ausge-
zeichnet wurde, beruht mehr oder weniger
auf der Publikation eines einzigen Patienten. Es wundert daher auch nicht, dass
zahlreiche Unstimmigkeiten rund um dieses hormonelle Dogma „Testosteron fördert Prostatakrebs“ existieren. Zu diesem
zählt beispielsweise der Umstand, dass
Prostatakarzinome vermehrt im Alter auftreten, wo die Testosteronspiegel aber eher
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Karl Pummer
Universitätsklinik für Urologie
Medizinische Universität Graz
Auenbruggerplatz 7
8036 Graz
Fax: ++43/316/385-13550
E-Mail: [email protected]
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abnehmen. Ebenso der Umstand, dass Prostatakrebs bei hypogonadalen Männern
ebenfalls gehäuft beobachtet wird.
Androgenentzug
Dessen ungeachtet bildeten die chirurgische Kastration und seit Mitte der 1980er
Jahre die medikamentöse Kastration mit
Hilfe von GnRH-Analoga die therapeutische Grundlage bei der Behandlung des
metastasierten Prostatakarzinoms. Wenngleich ein Androgenentzug sich durch
hohe initiale Ansprechraten von über 85 %
auszeichnet, kommt es schon nach relativ
kurzer Zeit zu einem Therapieversagen und
zu Androgen-unabhängigem Wachstum.
Die in dieser Situation gängige Praxis einer
Chemotherapie wird jedoch zunehmend
kritisch gesehen, weil der Zugewinn an
Überlebenszeit bescheiden, die Toxizität
wmw skriptum
oegho frühjahrstagung 2011
aber beträchtlich ist – eine Situation, die
letztlich aber zu einer Renaissance der
hormonellen Forschung führte. Das Erreichen eines niedrigen Testosteronspiegels
nach Kastration ist bedeutsam. Es ist aber
bekannt, dass unter der Therapie mit
GnRH-Analoga solche Spiegel nicht immer erreicht werden bzw. es bei jeder Applikation zu kurzfristigen Anstiegen (Mini
Flares) kommt. Präklinische Untersuchungen konnten zeigen, dass selbst minimale Anstiege im Serum zu massiven Auswirkungen auf die intraprostatischen
Gewebespiegel der Androgene führen.
Mittlerweile gelang auch der Nachweis einer klinischen Relevanz dieses Zusammenhanges.
Angriffspunkte der Therapie
Ebenso ist seit vielen Jahren bekannt, dass
ein Androgenentzug zwar zu einer 90 %
igen Reduktion des Serum-Testosterons
führt, die Gewebespiegel aber nur um etwa
50 % absinken. In den 1980er und 1990er
Jahren wurde dieser Beobachtung durch
den kombinierten Einsatz von GnRH-Analoga plus Antiandrogenen (Konzept der
maximalen Androgenblockade) mit geringem Erfolg Rechnung getragen. Heute wissen wir, dass schlecht differenzierte Prostatakarzinome primär überhaupt nur
marginal auf einen Androgenentzug reagieren und kastrationsrefraktäre Karzi-
nome in der Lage sind, selbst Testosteron
zu bilden – und zwar in Mengen, die ausreichen, einen amplifizierten Androgenrezeptor zu stimulieren. Deshalb wird neuerdings besonderes Augenmerk auf die
Testosteronsynthese selbst gelegt, die
durch Enzymblockade (beispielsweise
mittels Abiraterone) deutlich reduziert
werden kann. Besonderes Augenmerk verdient der Androgenrezeptor (AR), dessen
Aktivierung, Dimerisation und Phosphorylierung, Translokation und schließlich
Bindung an das Androgen-responsive Element im Zellkern jene Gene aktiviert, die
für Proliferation und Überleben verantwortlich sind. Im Zuge einer Androgendeprivation kommt es aber zur Amplifikation
dieses Rezeptors, die eine Stimulation
selbst durch geringe Mengen Testosteron
nach sich zieht, sowie zu Mutationen, welche den Rezeptor auch für andere Liganden empfänglich machen (Promiskuität
des AR). Ein neues Antiandrogen
(MDV3100) bindet nicht nur nahezu irreversibel an diesen Rezeptor, sondern verhindert auch dessen Translokation und
DNA-Bindung, was zu wesentlich besseren
Behandlungsergebnissen führen sollte.
Verschiedene Wirkungen des AR
Überhaupt wird die Rolle des AR heute
völlig neu gesehen. Bei der Regulation von
Haarfollikeln wissen wir beispielsweise,
dass Testosteron zu einer differenzierten
Antwort des AR führt: es stimuliert den AR
beim Schnurrbart, supprimiert ihn aber
an der Stirn. Auch beim Prostatakarzinom
müssen wir von einer dualen Funktion des
AR ausgehen. Während der epitheliale Rezeptor im Wesentlichen als Anti-Apoptosefaktor und Suppressor der Proliferation
fungiert, stimuliert der stromale AR Proliferation, Progression und Metastasierung.
Bedauerlicherweise war der epitheliale
AR bislang das primäre Target, sodass der
Androgenentzug selbst die Ursache für
das spätere Therapieversagen darstellte.
Genetik des Prostatakarzinoms
Nicht zuletzt haben genetische Eigenschaften wesentlichen Einfluss auf die
Wirksamkeit eines Androgenentzugs. Wir
kennen heute etwa 20 verschiedene Gene,
die in Androgensynthese und Androgenmetabolismus involviert sind. An diesen
20 Genen konnten bislang über 120 Polymorphismen (single nucleotide polymorphism; SNP) identifiziert werden. Untersuchungen zeigten, dass der homozygote
Genotyp stets mit einer längeren progressionsfreien Zeit einhergeht als der heterozygote. Alle diese Erkenntnisse machen es
wahrscheinlich, dass die Hormontherapie
auch in Zukunft ihren Stellenwert bei der
Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms behaupten wird.

Fachkurzinformationen
SUTENT 12,5 mg / 25 mg / 50 mg Hartkapseln
Zusammensetzung: Eine Hartkapsel enthält Sunitinibmalat, entsprechend 12,5 mg / 25 mg / 50 mg Sunitinib. Sonstige Bestandteile: Kapselinhalt: Mannitol (Ph. Eur.) (E 421), CroscarmelloseNatrium, Povidon (K 25), Magnesiumstearat (Ph. Eur.); Orangefarbene Kapselhülle (SUTENT 12,5 mg / 25 mg): Gelatine, Eisen(III)-oxid (E 172), Titandioxid (E 171); Karamellfarbene Kapselhülle
(SUTENT 25 mg / 50 mg): Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172), Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172); Drucktinte: Schellack, Propylenglycol, Natriumhydroxid,
Povidon, Titandioxid (E 171). Anwendungsgebiete: Gastrointestinale Stromatumoren (GIST): SUTENT wird bei Erwachsenen zur Behandlung nicht reserzierbarer und/oder metastasierter maligner
gastrointestinaler Stromatumoren (GIST) eingesetzt, wenn eine Behandlung mit Imatinibmesylat wegen Resistenz oder Unverträglichkeit fehlgeschlagen ist. Metastasierte Nierenzellkarzinome
(MRCC): SUTENT wird bei Erwachsenen zur Behandlung fortgeschrittener/metastasierter Nierenzellkarzinome (MRCC) eingesetzt. Pankreatische neuendokrine Tumoren (pNET): SUTENT wird bei
Erwachsenen zur Behandlung nicht resezierbarer oder metastasierter, gut differenzierter pankreatischer neuroendokriner Tumoren mit Krankheitsprogression eingesetzt. Die Erfahrung mit
SUTENT als First-line-Behandlung ist begrenzt (siehe Abschnitt 5.1 der Fachinformation). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Pharmakotherapeutische Gruppe: Protein-Kinase-Inhibitoren. ATC-Code: L01XE04. Inhaber der Zulassung: Pfizer Ltd, Ramsgate Road, Sandwich, Kent CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Stand der
Information: Dezember 2010. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Angaben zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Votrient 200 mg und 400 mg Filmtabletten;
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 200 mg bzw. 400 mg Pazopanib (als Hydrochlorid). Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Magnesiumstearat,
Mikrokristalline Cellulose, Povidon (K30), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A). Filmüberzug 200 mg Filmtabletten: Hypromellose, Eisen(III)-oxid (E172), Macrogol (400), Polysorbat 80, Titandioxid
(E171). Filmüberzug 400 mg Filmtabletten: Hypromellose, Macrogol (400), Polysorbat 80, Titandioxid (E171). Pharmakotherapeutische Gruppe: Antineoplastische Mittel, Proteinkinase-Inhibitoren,
ATC-Code: L01XE11. Anwendungsgebiete: Votrient ist angezeigt zur Erstlinien-Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (RCC) und zur Behandlung von Patienten, die
vorher eine Therapie ihrer fortgeschrittenen Erkrankung mit Zytokinen erhalten hatten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere
Leberfunktionsstörung. Zulassungsinhaber: Glaxo Group Limited, Berkeley Avenue, Greenford, Middlesex, UB6 0NN, Vereinigtes Königreich. Zulassungsnummern: EU/1/10/628/001-004.
Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
wmw skriptum
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4/2011
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http://www.springer.com/journal/12545
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