10 Volkswirtschaftliche Zielsetzungen Der Warenkorb – Messgröße zur Ermittlung des Preisniveaus Preisniveaustabilität herrscht, wenn der Durchschnitt der Preise konstant bleibt. Einzelne Preise können dabei durchaus schwanken. In entwickelten Volkswirtschaften gibt es mehr als 10 Millionen Güter, die von verschiedenen Unternehmen und in verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden. Für die Ermittlung des Preisniveaus muss, um dieser Datenfülle Herr zu werden, eine statistische Zahl ermittelt werden, die dennoch aussagekräftig ist. Das Preisniveau wird mithilfe des Preisindex für Lebenshaltung gemessen. Dazu wird vom Statistischen Bundesamt aus der Fülle der Waren und Dienstleistungen eine repräsentative Auswahl von ca. 700 Güterarten getroffen, die den sogenannten „Warenkorb“ darstellen. Die ausgewählten Waren bilden das statistisch durchschnittliche Konsumverhalten aller Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland ab. Um dies festzulegen, wird in repräsentativ ausgewählten Haushalten das Konsumverhalten untersucht und statistisch erfasst. Dazu führen diese Haushalte Haushaltsbücher. Um Erfassungsfehler zu minimieren, werden die erfassten Daten mit verschiedenen Statistiken, z. B. Verbrauchssteuerstatistiken, verglichen und entsprechend korrigiert. Anteile am Warenkorb in ‰ 8,80 44,67 70,04 102,71 37,59 44,93 114,92 30,10 317,29 134,73 44,44 Stand 2010 1. Erläutern Sie den Begriff „Warenkorb”. 2. Begründen Sie, warum eine Preissteigerungsrate von knapp unter 2 % als preisstabil eingestuft wird. 49,78 Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke, Tabakwaren Bekleidung, Schuhe Wohnung, Energie Einrichtungsgegenstände Gesundheitspflege Verkehr Nachrichtenübermittlung Freizeit, Unterhaltung, Kultur Bildung Beherbergung, Gaststätten Andere Waren und Dienstleistungen Für die Berechnung des monatlichen Verbraucherpreisindex werden in 188 Gemeinden, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind, Preisermittlungen durchgeführt. Monatlich werden in verschiedenen Unternehmen, die nach Geschäftstypen unterteilt sind, etwa 350.000 Einzelpreise erhoben und dann mit ihrer Gewichtung im Warenkorb entsprechend bewertet. Ein beobachtetes Produkt ist dann z. B. eine bestimmte Sorte Milch, ungeachtet dessen, dass es viele verschiedene Sorten und Hersteller dieses Produkts gibt. Wenn ein Produkt, das einmal für die Preisbeobachtung ausgewählt wurde, nicht mehr ausreichend oft nachgefragt wird, wird es gegen ein anderes der Volkswirtschaftliche Zielsetzungen gleichen Gütergruppe ausgetauscht. Anhand der erhobenen Preise wird die Preisveränderung – die Inflationsrate – gemessen. Dabei gilt das Ziel der Preisniveaustabilität als erreicht, wenn die Preissteigerungsrate gegenüber dem Vorjahr unter 2 % liegt. Das Wägungsschema zeigt, mit welchem Anteil die Warengruppen im Warenkorb gewichtet sind. Einrichtungsgegenstände werden z. B. mit 49,78 ‰ gewichtet, während Wohnen mit 317,29 ‰ berücksichtigt wird. Um die Ermittlung des Preisniveaus transparent zu machen, wird an dieser Stelle ein Warenkorb mit drei verschiedenen Gütern angenommen, die entsprechend dem Wägungsschema bewertet werden. Produkte des Warenkorbs seien eine Busfahrkarte für 2,00 €, eine Flasche Limo für 1,00 € und eine Tube Handcreme für 3,00 €. Im folgenden Jahr verändern sich die Preise auf 2,10 € für die Fahrkarte, 1,10 € für die Limo und 2,90 € für die Handcreme. Die Fahrkarte wird dem Bereich Verkehr zugeordnet, der mit 131,90 ‰ bewertet wird, die Limo ist als alkoholfreies Getränk mit 103,55 ‰ bewertet, die Handcreme als Produkt der Gesundheitspflege mit 40,27 ‰. Der Wert des Warenkorbs ergibt sich, indem der Preis des Produkts mit der entsprechenden Gewichtung multipliziert wird und anschließend alle Werte des jeweiligen Jahres addiert werden. 11 1. Begründen Sie, warum von Zeit zu Zeit eine Anpassung des Warenkorbs erforderlich ist. 2. Zeigen Sie, welche Schwächen der Warenkorb hinsichtlich seiner Aussagekraft hat. 3. Begründen Sie, warum der Warenkorb trotz der Schwächen als Grundlage zur Inflationsmessung herangezogen wird. Ermittlung des Preisindex Preis Gewichtung Wert des Warenkorbs im Basisjahr im Berichtsjahr im Basisjahr im Berichtsjahr Fahrkarte 2,00 € 2,10 € 131,90 ‰ 0,26380 € 0,27699 € Limo 1,00 € 1,10 € 103,55 ‰ 0,10355 € 0,113905 € Handcreme 3,00 € 2,90 € 40,27 ‰ 0,12081 € 0,116783 € 0,48816 € 0,507678 € Das kommt auf den Tisch Jährlicher Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland in kg 101,3 kg Frischmilch, Buttermilch 96,5 Getreide Gemüse Der Preisindex ergibt sich, wenn die Summe der Preise des Berichtsjahres durch die Summe der Preise des Basisjahres dividiert wird. 92,5 Frischobst 65,6 Kartoffeln 56,6 Schweinefleisch ∑ Preise Berichtsjahr ∑ Preise Basisjahr = 0,5076787 € 0,488160 € = 1,0399 € ≈ 1,04 € 54,8 33,2 Zucker 22,9 Käse 18,7 Geflügel Die Preise sind somit vom Basisjahr zum Berichtsjahr um ca. 4 % gestiegen. Das Beispiel zeigt, dass trotz des durchschnittlich gestiegenen Preisniveaus Einzelpreise (hier der Preis für Handcreme) gesunken sein können. Ein Blick auf die Verbrauchergewohnheiten der Bevölkerung in den Jahren 1955 und 2010 zeigt ein stark verändertes Bild. Während im Jahr 1955 Kartoffeln mit 160 kg pro Kopf das am meisten verzehrte Nahrungsmittel waren, sind es im Jahr 2010 lediglich noch 56,6 kg. Platz eins und zwei belegen im Jahr 2010 Milch und Getreide mit zusammen fast 198 kg, gefolgt von Gemüse und Obst mit zusammen etwa 158 kg. 15,5 Fisch 15,1 Pflanzliche Fette 12,8 Rindfleisch 5,8 Butter 5,4 Reis 4,3 Nüsse 214 St. Eier Stand 2010/2011, nur ausgewählte Lebensmittel © Globus Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Waren 5331 12 Volkswirtschaftliche Zielsetzungen 2010 in % 1. Beschreiben Sie anhand der Grafik „Verbraucherpreise in Deutschland” die Preisentwicklung im dargestellten Zeitraum. Aus dem Tiefkühlschrank Backwaren 20,2 % Pro-Kopf-Verbrauch von Tiefkühlkost in Deutschland (ohne Speiseeis) in kg 1980 1985 1990 1995 Gemüse 14,5 2000 2. Beurteilen Sie, ob in den Jahren 2002–2012 Preisniveaustabilität herrschte. 2005 37,2 Fleisch, Wild, Geflügel (roh) 13,5 2010 40,2 kg Kartoffelerzeugnisse 12,9 32,8 Fertiggerichte 12,6 24,0 3. Stellen Sie die diesjährige Preissteigerungsrate fest, und beurteilen Sie, ob das Ziel der Preisniveaustabilität aktuell erreicht ist. Verbraucherpreise in Deutschland Anstieg jeweils gegenüber dem Vorjahr in % 3 2002 2004 2006 2008 2,3 2 + 1,5 % 1 1,7 1,5 2010 2,6 2012 2,3 2,0 1,6 18,4 20,4 Fisch u. Meeresfrüchte 9,0 Pizza 8,5 Sonstige 8,8 Quelle: Deutsches Tiefkühlinstitut © Globus 4322 Veränderungen der Verbrauchergewohnheiten ergeben sich auch aus der Entwicklung neuer Produkte. Tiefkühlprodukte z. B. spielten im Jahr 1955 keine Rolle, da die Haushalte nicht mit Tiefkühlgeräten ausgestattet waren. Nicht nur auf dem Lebensmittelsektor, sondern auch in anderen Bereichen ändern sich die Verbrauchergewohnheiten. Technische Neuerungen bringen neue Güter hervor, die andere vom Markt verdrängen. Diesen Änderungen muss im Warenkorb Rechnung getragen werden. Deshalb erfolgt ca. alle fünf Jahre eine Anpassung. Waren, die nicht mehr repräsentativ sind, werden aus dem Warenkorb entfernt, andere dafür aufgenommen. Neben der Aktualisierung werden auch die Gewichtungen der Waren überprüft und an die veränderten Verbrauchergewohnheiten angepasst. Gegenüber dem Warenkorb des Jahres 2005 hat sich die Gewichtung verschiedener Gruppen verschoben, Wohnung und Energieverbrauch z. B. werden jetzt mit 317,29 ‰ bewertet, im Warenkorb des Jahres 2005 waren es nur 308 ‰. Teurer Sprit Preis je Liter Super in Cent 1,0 1,1 0,4 % 2012 gegenüber 2011 3,0 alkoholische Getränke, Tabakwaren 2,9 Wohnung, Wasser, Strom u. a. 2,3 Beherbergung, Gaststätten 2,2 2002 2003 2004 101,6 102,3 104,6 109,2 113,2 121,7 128,0 2008 2007 133,7 138,9 2010 2009 140,5 127,3 146,9 im Jahr 2010 2,1 Gesundheitspflege 141,2 1,9 Freizeit, Unterhaltung, Kultur 1,0 Möbel, Haushaltsgeräte andere Waren u. Dienstleistungen 0 135,6 143,7 142,7 143,0 140,4 135,2 140,6 139,1 138,9 139,1 -1,3 Bildungswesen Quelle: Statistisches Bundesamt 2001 2006 2,7 Bekleidung, Schuhe Nachrichtenübermittlung 2000 2005 + 3,2 Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke Verkehr -12,3 15,0 © Globus 5456 Jan. Feb. Quelle: ADAC März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. © Globus 4006 Volkswirtschaftliche Zielsetzungen 13 1.4 Hoher Beschäftigungsstand Nur noch ein paar Tage, dann beginnt der Urlaub … Morgens nicht in aller Frühe aufstehen zu müssen, mehr Freizeit und weniger Pflichten … Jeder von uns hat gelegentlich solche oder ähnliche Gedanken. Betroffene von Arbeitslosigkeit bewerten diesen Zustand völlig anders. Nicht in der Frühe aufstehen müssen, immer Freizeit. Der Tagesrhythmus ist nie festgelegt, kein Unterschied zwischen Arbeitswoche und Urlaub. Verliert jemand seinen Arbeitsplatz, leidet oft die ganze Familie. Der Arbeitslose fühlt sich überflüssig, das Selbstwertgefühl sinkt, Depressionen machen sich breit. Zu den psychischen Belastungen für den Betroffenen und dessen Familie gesellen sich finanzielle Konsequenzen. Das Haushaltseinkommen sinkt. Statt eines Arbeitseinkommens bezieht der Arbeitslose Arbeitslosengeld oder eventuell andere staatliche Hilfen. Freizeitaktivitäten müssen eingeschränkt werden, Urlaubsfahrten werden häufig ganz gestrichen. Die Versorgung der Familie verschlechtert sich. Das Budget für Handy, Kleidung, Taschengeld, Klassenfahrten oder Nachhilfestunden für die Kinder muss gekürzt werden. Aus Scham wird oft über die Arbeitslosigkeit geschwiegen. Somit werden soziale Kontakte reduziert oder ganz eingestellt. Arbeitslosenquote 2011 im Durchschnitt: Berlin Mecklenburg-Vorpommern Bremen Sachsen-Anhalt Brandenburg Sachsen Thüringen Nordrhein-Westfalen Hamburg Schleswig-Holstein Niedersachsen Saarland Hessen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Bayern 13,3 12,5 11,6 11,6 10,7 10,6 8,8 8,1 7,8 7,2 6,9 6,8 5,9 5,3 4,0 3,8 Auch Gesellschaft und Wirtschaft bekommen die Arbeitslosigkeit zu spüren. Arbeitslose konsumieren weniger, sodass bei hoher Arbeitslosigkeit ein messbarer Rückgang der Nachfrage zu erwarten ist. Mangels Arbeitseinkommen zahlen Arbeitslose keine Lohn- und Einkommensteuer und werden zugleich finanziell unterstützt. Das belastet den öffentlichen Haushalt in doppelter Weise. Auch wenn die Arbeitslosenzahlen in den letzten Jahren rückläufig sind, belaufen sich die Ausgaben des Bundes jedes Jahr auf weit über 30 Milliarden Euro für Zahlungen an Arbeitslose. Die Mindereinnahmen durch entgangene Lohn- und Einkommensteuer, fehlende Sozialversicherungsbeiträge und geringeren Konsum ergeben in Summe ebenfalls einen Betrag von mehr als 25 Milliarden Euro. Weniger Kosten für die Arbeitslosigkeit 2005 4,9 2006 2007 2008 2009 2010 2011 3,3 3,4 3,2 3,0 4,5 3,8 82,2 67,2 55,9 Versicherungsleistung* 59,8 60,2 21,6 % 33,9 Mindereinnahmen Steuern 16,8 Mindereinnahmen Sozialbeiträge 27,7 © Globus Quelle: IAB 3. Begründen Sie, wie die regionalen Unterschiede zustande kommen. 56,4 Kosten für den Staat in Mrd. Euro 5007 1. Erstellen Sie anhand der oben genannten Zahlen ein Säulendiagramm. 2. Geben Sie die Kernaussage des obigen Zahlenmaterials wieder. Sozialleistung** Registrierte Arbeitslose in Mio. 87,7 Kosten 2011 in Prozent *ALG I, Kranken-, Renten-, Pflegeversicherungsbeiträge **ALG II, Kranken-, Renten-, Pflegeversicherungsbeiträge, Zuschlag nach § 24 SGB II, Aufstockung für ALG I, Sozialgeld, Wohngeld, Unterkunft, Heizung, Teilhabe-, Bildungspaket 4. Recherchieren Sie, ob sich aktuell eine Verschiebung der Reihenfolge der Bundesländer hinsichtlich der Arbeitslosenquote ergeben hat. 18 Das Bruttoinlandsprodukt ist der Wert aller Sachgüter und Dienstleistungen, die im Laufe einer Wirtschaftsperiode einer Volkswirtschaft innerhalb der Landesgrenzen erbracht werden. Volkswirtschaftliche Zielsetzungen 1.5 Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Wirtschaftswachstum beschreibt die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einer Volkswirtschaft gegenüber dem Vorjahr. Die Veränderung kann positiv sein, d. h., das BIP ist gegenüber dem Vorjahr gewachsen, oder negativ, d. h., das BIP ist gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Als dritte Variante kann ein Nullwachstum vorliegen, dabei ist das BIP genauso groß wie im Vorjahr. Das Ziel Wirtschaftswachstum strebt positive Zuwachsraten gegenüber dem Vorjahr an. Ferner unterscheidet man nominales und reales Wirtschaftswachstum. Nominales Wirtschaftswachstum beinhaltet Mengen- und Preisveränderungen der Sachgüter und Dienstleistungen gegenüber dem Vorjahr. Das reale BIP ist inflationsbereinigt, d. h. es werden nur Mengenänderungen erfasst. Das Wachstum, welches sich durch Preissteigerungen ergibt, wird herausgerechnet. Stetiges Wirtschaftswachstum bedeutet, dass konjunkturelle Schwankungen nach Möglichkeit vermieden werden sollen, da Wirtschaftsschwankungen immer auch mit Nachteilen verbunden sind. Unter angemessenem Wirtschaftswachstum versteht man die Zielvorstellung, dass das reale BIP in dem Maße wächst, dass die natürlichen Lebensgrundlagen der Bevölkerung erhalten bleiben. Wirtschaftswachstum bedeutet in der Argumentation der Befürworter ein steigendes Angebot an Sachgütern und Dienstleistungen. Steigende Produktion führt zu einer steigenden Auslastung der Produktionskapazitäten und damit zu einem höheren Beschäftigungsstand. Arbeitnehmer beziehen mehr Arbeitseinkommen. Insgesamt führt dies zu einem höheren Lebensstandard. Wirtschaftswachstum in Deutschland: Das Auf und Ab der Konjunktur Reale Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Prozent 55 60 65 70 75 80 85 90 95 2000 05 10 12 13 Prognose 1951 12,1 + 9,7 % 1. Geben Sie an, mit welchen Nachteilen schwankendes Wirtschaftswachstum verbunden ist. 2. Recherchieren Sie im Internet aktuelle Zahlen zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, und erstellen Sie eine geeignete Grafik. 3. Beurteilen Sie, ob sich anhand Ihrer Grafik feststellen lässt, dass sich Wachstum auch aktuell günstig auf die Beschäftigungssituation auswirkt. 8,6 5,4 5,0 5,3 1,4 2,3 1,7 3,1 0,7 0,8 0,7 4,2 - 0,9 bis 1991 nur Westdeutschland (1951 bis 1960 ohne Saarland und West-Berlin) Quelle: Statistisches Bundesamt, Gemeinschaftsdiagnose der Institute © Globus - 5,1 5727 Die Grafik auf Seite 16 zeigt, dass Wirtschaftswachstum und Beschäftigung vom Verlauf einhergehen. Somit ist Wirtschaftswachstum begrüßenswert, da die Nachteile, die sich durch einen geringen Beschäftigungsstand ergeben, gemildert werden. Auch für den Staatshaushalt wirkt sich Wirtschaftswachstum positiv aus. Durch einen höheren Beschäftigungsgrad verbunden mit höherem Konsum steigen die Einnahmen des Staates, da sowohl direkte als auch indirekte Steuereinnahmen ansteigen. Zugleich sinken die Ausgaben für Sozialleistungen, da der Bedarf an Lohnersatzleistungen sinkt. Volkswirtschaftliche Zielsetzungen 19 Wirtschaftswachstum ist als volkswirtschaftliches Ziel nicht unumstritten, bringt es doch auch einige unangenehme Nebenwirkungen mit sich. Kritiker halten ein steigendes Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator für bedenklich, da es mit einer höheren Emission an Schadstoffen einhergeht. Verschlechterungen von Luft-, Wasser- und Bodenqualität sind Begleiterscheinungen, die in der Argumentation, Wachstum erhöhe die Lebensqualität, unberücksichtigt bleiben. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Beeinträchtigung der Umwelt auch eine Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellt. Wirtschaftswachstum basiert neben anderem auch auf der Beseitigung des Müllaufkommens und der Umweltschäden, die durch höhere Güterproduktion ausgelöst wurden. Die Qualität des Wachstums bleibt jedoch auch hier unbeachtet. Ferner bedeutet Wirtschaftswachstum einen höheren Verbrauch an Ressourcen, sodass zukünftige Generationen auf nicht erneuerbare Rohstoffe verzichten müssen. Wirtschaftswachstum und Umweltschutz können auch komplementär sein, da durch Wachstum Geld für den Umweltschutz zur Verfügung gestellt werden kann. Neben qualitativ kritischen Ansatzpunkten wird auch die Messgröße des Bruttoinlandsprodukts an sich infrage gestellt, bleiben doch verschiedene Aspekte der Wirtschaft im BIP unberücksichtigt. Unentgeltliche Leistungen werden im BIP in der Regel nicht erfasst. Arbeit von Hausfrauen, mithelfenden Familienangehörigen sowie ehrenamtliche Tätigkeiten und Schwarzarbeit werden im BIP nicht bewertet, sodass man davon ausgehen muss, dass die tatsächliche Leistung der Wirtschaft wesentlich höher ist als die ausgewiesene. Bislang gilt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und seine Wachstumsrate als Maßstab, um den Wohlstand eines Landes zu messen. Eine Bundestags-Kommission hat Vorschläge für einen breiteren und nachhaltigeren Wohlstandsbegriff gemacht. Er umfasst drei Bereiche mit zehn Leitindikatoren und sogenannten Warnlampen. Leitindikatoren Materieller Wohlstand BIP Einkommensverteilung Staatsschulden Soziales und Teilhabe Beschäftigung Bildung Gesundheit (Lebenserwartung) Umsatz der Schattenwirtschaft in Milliarden Euro (Schätzungen) 1990 1995 2000 322 2005 2010 2013 346 348 340 241 148 Mrd. € Wohlstand – anders vermessen Bereiche Schwarzarbeit in Deutschland 12,2 % 13,9 16,0 15,4 13,9 13,2 in % der Wirtschaftsleistung* Ökologie Treibhausgasemissionen national Stickstoffüberschuss national Artenvielfalt national *Bruttoinlandsprodukt Quelle: IAW / Prof. Schneider 5513 © Globus Freiheit Warnlampen außerdem Hinweislampe Nettoinvestitionen Qualität der Arbeit Vermögensverteilung Weiterbildung Finanzielle Nachhaltigkeit des Privatsektors Gesundheit (gesunde Lebensjahre) Nicht-marktvermittelte Produktion (z. B. Hausarbeit, ehrenamtliche Tätigkeit) Treibhausgasemissionen international Stickstoffüberschuss international Artenvielfalt international Stand 2013 Quelle: Deutscher Bundestag © Globus 5999 1. Nehmen Sie anhand der beiden Grafiken kritisch Stellung zum Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator einer Volkswirtschaft. 36 Z Zusammenfassung Die soziale Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung, die das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs verbindet. Zur Erhaltung der Wirtschaftsordnung dienen verschiedene Gesetze und Verordnungen, u. a. das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft. Volkswirtschaftliche Zielsetzungen Stabiles Preisniveau Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Gerechte Einkommensund Vermögensverteilung Umweltschutz Messung mithilfe des Warenkorbs Messung anhand der Arbeitslosenquote Messung anhand der Geld- und Devisenzuflüsse bzw. -abflüsse in der Zahlungsbilanz Messung anhand der Veränderung des realen BIP gegenüber dem Vorjahr keine quantifizierbare Messung möglich keine quantifizierbare Messung möglich erreicht bei einer Preissteigerung von knapp unter 2% erreicht, wenn der Beschäftigungsstand möglichst hoch ist erreicht, wenn die Geld- und Devisenzuflüsse mittelfristig den Abflüssen entsprechen erreicht, wenn durch das Wachstum die natürliche Lebensgrundlage der Bevölkerung erhalten bleibt erreicht, wenn ein Großteil der Bevölkerung die Verteilung als gerecht empfindet erreicht, wenn die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt nachhaltig gegeben ist Wichtige Begriffe: soziale Marktwirtschaft Stabilitätsgesetz Preisniveaustabilität Beschäftigungsstand außenwirtschaftliches Gleichgewicht Wirtschaftswachstum Einkommens- und Vermögensverteilung Umweltschutz Zielkonflikte Dem Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes kommt seit vielen Jahren die größte Bedeutung zu, da die jahrelang sehr hohen Arbeitslosenzahlen zahlreiche Folgeprobleme mit sich bringen und erhebliche soziale Unzufriedenheit auslösen. Ferner ist hohe Arbeitslosigkeit mit erheblichen Kosten für die öffentliche Hand verbunden. Die Arten der Arbeitslosigkeit unterscheidet man nach Dauer oder Ursachen. Es gibt friktionelle, saisonale, konjunkturelle und strukturelle Arbeitslosigkeit. In der Bundesrepublik Deutschland dominiert die strukturelle Arbeitslosigkeit. Die volkswirtschaftlichen Ziele können in komplementärer (Ziele ergänzen sich), konkurrierender (Zielerreichung des einen Ziels behindert die Erreichung des anderen Ziels) oder indifferenter (Ziele stehen unabhängig nebeneinander) Beziehung zueinander stehen. Ein angemessenes und stetiges Wirtschaftwachstum hat in der Regel positive Beschäftigungseffekte, ist zum Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes folglich komplementär. Steigendes Wirtschaftswachstum führt zur Auslastung der Kapazitäten, was Preissteigerungen nach sich ziehen kann, da Knappheit entsteht. Wirtschaftswachstum und Preisniveaustabilität sind vor diesem Hintergrund konkurrierende Ziele. In jüngerer Zeit treten in der sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland diverse Spannungsfelder auf. Hier sind insbesondere die hohe Staatsverschuldung, der zum größeren Teil nicht erreichte hohe Beschäftigungsstand und die immer stärker werdende soziale Unsicherheit zu nennen. 50 A Aufgaben Erwartungen und Pläne der Unternehmen Von je 100 befragten Unternehmen in Deutschland... erwarten für die kommenden 12 Monate diese Geschäftsentwicklung... Herbst 2009 besser werdend gleich bleibend schlechter werdend Frühsommer 2010 24 Herbst 2010 33 52 33 53 24 56 14 11 planen in den kommenden 12 Monaten die Zahl ihrer Beschäftigten... zu erhöhen beizubehalten zu verringern 10 65 25 16 19 69 15 69 12 planen in den kommenden 12 Monaten ihre Investitionen... zu erhöhen unverändert zu lassen zu verringern Quelle: DIHK 25 16 33 29 54 51 21 56 15 © Globus 3855 1. a) Beschreiben Sie anhand der vorstehenden Grafik die Zusammenhänge wirtschaftlicher Erwartungen, Anzahl der Beschäftigten und Investitionsplänen. b) Formulieren Sie, welcher Zusammenhang zwischen Wirtschaftsperspektive und Investitionstätigkeit der Wirtschaft festzustellen ist, und begründen Sie diesen Zusammenhang. 2. Die „Pharma AG“ stellt eine Antifaltencreme her. Die Fixkosten belaufen sich auf 25.000,00 € pro Monat. Die proportionalen variablen Kosten belaufen sich auf 12,00 € pro Cremedose. Das Produkt kann für 40,00 € pro Dose abgesetzt werden. Die maximale Kapazität beträgt 1.250 Stück pro Monat. a) Stellen Sie die Werttabelle für x = 100 bzw. alle Vielfachen von 100 mit folgenden Angaben auf: Ausbringungsmenge (x), Gesamtkosten (K), fixe Gesamtkosten (Kf), variable Gesamtkosten (Kv), Gesamterlöse (E), Gesamtgewinn bzw. -verlust (G), gesamte Stückkosten (k), fixe Stückkosten (kf), variable Stückkosten (kv) und Preis (P). b) Zeichnen Sie die entsprechenden Kostenverläufe. c) Geben Sie an, welche kritischen Kostenpunkte bei vollständig linearem Kostenverlauf für ein Unternehmen von besonderer Bedeutung sind. d) Zeigen Sie auf, an welcher Stelle das Gewinnmaximum erzielt wird. e) Ermitteln Sie den break-even-point. f) Erklären Sie den Verlauf der Stückkosten bei steigender Ausbringungsmenge. g) Ermitteln Sie, an welcher Stelle das Unternehmen einen Gesamtgewinn in Höhe von 4.000,00 € erzielt. h) Dem Unternehmen gelingt es, den Absatzpreis um 10 % zu erhöhen. Stellen Sie fest, bei welchem Beschäftigungsgrad (in Prozent und Stück) die Gewinnschwelle liegt. i) Dem Unternehmen gelingt es, im Inland pro Monat 750 Cremedosen zum Preis von 40,00 € zu veräußern. Durch geschickte Marketingmaßnahmen können im Ausland weitere 250 Stück zum Preis von 45,00 € veräußert werden. Ermitteln Sie den Gesamtgewinn des Unternehmens unter den geschilderten Bedingungen. 64 M Aufgabentraining Was auf Dauer „sitzen“ soll, muss „überlernt“ werden. Unsere heutige Jugend „unterlernt“ meistens nur. Gerade nur ein Gedicht aufsagen können, hält nicht lange. Schreiben, Schwimmen, Radfahren, Sprechen vergessen wir nicht, weil wir es täglich […] tun. Was vom Leben in Gebrauch genommen wird, ist technisch gesprochen „überlernt“ und sitzt besonders gründlich. Quelle: Roth, Heinrich: Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens, 15. Aufl. Hannover 1976, S. 278 Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung mit dem Wirtschaftskreislauf bildet die Grundlage für das Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge. Sie besteht aus vielen Fachbegriffen, die Sie im Langzeitgedächtnis verankern müssen. Ebenso wie der Sportler durch dauerndes Training seine Muskeln entwickelt und sich fit hält, müssen Sie den Fachbegriffapparat der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung trainieren. 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3 Geben Sie für folgende einzelwirtschaftliche Situationen an, zu welchem Kreislaufstrom sie jeweils gehören und in welche Richtung dieser verläuft (z. B. Fe, U H). Eine Familie legt monatlich 200,00 € als Ersparnisse zurück. Der Sportverein „TUS Neustadt“ kauft Fußbälle bei einem Händler. Die Stadt Neustadt zahlt einem Bürger Sozialhilfe. Die AOK Neustadt zieht die Krankenversicherungsbeiträge ein. Ein französisches Unternehmen kauft Elektronikteile in Deutschland. Einem Angestellten wird die Einkommensteuer abgezogen. Die Stadt Neustadt lässt das Schulgebäude renovieren. Deutsche Touristen geben auf Mallorca Geld für Unterkunft und Verpflegung aus. In einer offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität sind folgende Kreislaufströme gegeben: X = 460; (X – M) = 20; FeAusl = 12; Fe = 1.600; CH = 1.200; Tdir = 380; ZH = 80; Tind = 320; ZU = 60; CSt = 564; In = 92; Gunv = 16; Ie = 80. Zeichnen Sie das Kreislaufmodell dieser Volkswirtschaft, und beschriften Sie die einzelnen Geldströme. Berechnen Sie die fehlenden Größen M, SH, Krst. Was versteht man unter dem Bruttoinlandsprodukt? Berechnen Sie das Bruttoinlandsprodukt, die Inlandsnachfrage und die Auslandsnachfrage. Ermitteln Sie das Bruttonationaleinkommen. Ermitteln Sie den Produktionswert und die Bruttowertschöpfung des gesamten Produktionsprozesses zu Marktpreisen: 3.1 Ein forstwirtschaftlicher Betrieb schlägt Holz für 100.000,– € und verkauft es an ein Sägerwerk, das Bretter für 120.000,– € erzeugt. 3.2 Die Möbelfabrik fertigt Regale und verkauft diese für 200.000,– € ans Möbelhaus. 3.3 Das Möbelhaus verkauft seinen Kunden die Regale für 300.000,– €. M Aufgabentraining 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 65 Entscheiden Sie bei den folgenden Beispielen, welche der Möglichkeiten zur Ermittlung des Bruttoinlandsprodukts (Entstehungsrechnung, Verwendungsrechnung) jeweils angesprochen wird. Frau Schmidt macht ihren Wocheneinkauf. Japanische Touristen übernachten im Hotel „Stadt Neustadt“. Die Bau GmbH errichtet in Neustadt ein Einkaufszentrum. Herr Arndt baut für seine Familie ein Haus. Die Stadt Neustadt kauft Kopierpapier für ihre Verwaltungsbüros. Herr Arndt hilft seiner behinderten Mutter im Haushalt. Landwirt Aumeyer errichtet ein Stallgebäude. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung – Kennzahlen im Zeitvergleich (Jahresumsatz in Mrd. €) Gegenstand der Nachweisung Bruttowertschöpfung Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe Baugewerbe Handel, Gastgewerbe und Verkehr Finanzierung, Vermietung u. Unternehmensdienstleister Öffentliche und private Dienstleister + Gütersteuern abzüglich Gütersubventionen = Bruttoinlandsprodukt Konsum Private Konsumausgaben Konsumausgaben des Staates + Bruttoinvestitionen + Außenbeitrag (Exporte abzüglich Importe) = Bruttoinlandsprodukt Volkseinkommen Arbeitnehmerentgelte Unternehmens- und Vermögenseinkommen + Produktions- und Importabgaben an den Staat abzüglich Subventionen vom Staat + Abschreibungen = Bruttonationaleinkommen – Saldo der Primäreinkommen aus der übrigen Welt = Bruttoinlandsprodukt Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2011 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 1995 1671,71 21,27 424,46 112,97 300,30 441,46 371,25 176,74 1848,45 1429,01 1067,19 361,82 410,77 8,67 1848,45 1397,22 997,02 400,20 2000 1856,20 23,46 465,34 96,21 337,27 510,94 422,98 206,30 2062,50 1606,07 1214,16 391,91 449,18 7,25 2062,50 1524,43 1100,06 424,37 2005 2023,89 17,52 509,75 80,14 357,47 593,71 465,30 218,31 2242,20 1745,00 1325,44 419,56 378,32 118,88 2242,20 1694,68 1129,86 564,82 2008 2224,80 19,96 569,68 89,83 396,66 655,81 492,86 256,40 2481,20 1862,82 1413,22 449,60 458,93 159,45 2481,20 1871,02 1223,28 647,74 2009 2140,61 17,31 474,38 92,14 373,65 666,69 516,44 256,49 2397,10 1883,20 1411,06 472,14 395,42 118,48 2397,10 1791,83 1225,86 565,97 2010 2239,86 19,48 531,91 92,62 385,30 681,79 528,76 258,94 2498,80 1931,40 1444,71 486,69 437,19 130,21 2498,80 1901,25 1259,67 641,58 167,06 270,48 1834,76 – 13,69 1848,45 210,25 308,48 2043,16 – 19,34 2062,50 238,23 335,92 2268,83 26,63 2242,20 282,67 367,16 2520,85 39,65 2481,20 273,02 366,09 2430,94 33,84 2397,10 277,51 353,16 2531,92 33,12 2498,80 Interpretieren Sie die Zahlenreihen der Tabelle zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Beschreiben Sie die Bedeutung der einzelnen Wirtschaftsbereiche in der Bundesrepublik. Erläutern und begründen Sie die Entwicklung im Baugewerbe seit 1995. Erklären Sie die Entwicklung der einzelnen Teilkomponenten der Inlandsnachfrage. Berechnen Sie die jährlichen prozentualen Veränderungen des Bruttoinlandsprodukts seit dem Jahr 2005. Interpretieren Sie die Veränderungen. Erläutern Sie die Entwicklung des Saldos der Primäreinkommen aus der übrigen Welt. 76 Analyse volkswirtschaftlicher Schwankungen Ebenso wie im privaten Leben versucht man in der Gesamtwirtschaft, die gesetzten Ziele durch geeignete Maßnahmen zu erreichen. Die Zielsetzung „Erreichung eines hohen Beschäftigungstandes“ kann z. B. durch Erhöhung des staatlichen Konsums, Steuervergünstigungen für Unternehmen, zusätzliche Subventionen zur Errichtung von Arbeitsplätzen usw. erreicht werden. Die Regierung kann sich z. B. für eine Senkung der Unternehmenssteuern entscheiden. Ausgangslage Probleme Ziele Maßnahmen 18W 1. Bei einem Schüler der 11. Jahrgangsstufe (Ausgangslage) entwickelt sich im Laufe des Schuljahres das Problem, dass seine Leistungen in den Fächern Mathematik sowie Wirtschaft und Recht ungenügend sind. Überlegen Sie sich mögliche Zielsetzungen und Maßnahmen. 2. Konjunkturprognosen werden manchmal mit Wettervorhersagen verglichen. Nehmen Sie dazu kritisch Stellung. Ausgangslage, Probleme, Ziele und Maßnahmen einer Volkswirtschaft beeinflussen sich gegenseitig. Die Auswirkungen von Maßnahmen können zu einer Veränderung der Problemlage führen, wodurch geänderte Zielsetzungen erforderlich sind, die neue Maßnahmen erzwingen. Die Verwendung von Indikatoren ermöglicht nicht nur die Diagnose einer Wirtschaftssituation, sondern man kann anhand von Zahlenreihen auch Schlüsse auf mutmaßliche weitere Entwicklungen ziehen, d. h., Indikatoren sind auch Prognoseinstrumente. Diagnose privater Verbrauch Preisniveau Staatsverbrauch Ausgangslage Investitionen Auftragseingang Wirtschaftswachstum Prognose 19W Versucht der Staat z. B. durch Senkung der Unternehmenssteuern die Gewinnsituation der Betriebe zu verbessern, so kann man für die Zukunft erwarten, dass mehr Investitionen getätigt und möglicherweise mehr Arbeitskräfte eingestellt werden. Bei der Entwicklung von Kausalketten anhand von Indikatoren ist jedoch zu beachten, dass Wirtschaftsprognosen nicht immer (selten) zutreffen. Prognoseungenauigkeiten von z. T. mehreren Prozent werden von den Forschungsinstituten zugegeben, und Fehlprognosen können belegt werden. Analyse volkswirtschaftlicher Schwankungen Grunddaten zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland Veränderungen gegenüber Vorjahr in % Position 2009 2010 Wachstum (real)1) Private Konsumausgaben Konsumausgaben des Staates Ausrüstungen Bauten Sonstige Anlagen + 0,1 + 0,3 – 22,5 – 3,2 – 2,9 + 0,9 + 1,7 + 10,3 + 3,2 + 3,3 + 1,7 + 1,0 + 7,0 + 5,8 + 3,9 + 0,6 + 1,4 – 4,8 – 1,5 + 3,2 Inländische Verwendung Exporte2) Importe2) – 2,5 – 12,8 0,8 + 2,6 + 13,7 + 11,1 + 2,6 + 7,8 + 7,4 – 0,4 + 3,7 + 1,8 – 5,1 + 4,2 + 3,0 + 0,7 – 1,5 – 0,7 – 2,9 + 1,9 + 0,6 + 1,7 + 2,2 + 0,2 + 0,6 + 0,2 – 0,5 + 1,0 + 0,1 + 0,6 + 1,4 + 1,1 – 2,7 + 1,7 – 0,0 – 0,7 – 2,7 3415 + 2,3 3238 + 1,4 2976 + 0,4 2897 8,1 7,7 7,1 6,8 + 0,3 – 4,2 + 1,2 – 8,6 – 2,2 + 6,8 + 1,2 + 1,1 + 1,6 + 0,9 + 7,8 + 3,4 – 4,0 + 0,9 + 2,1 + 5,7 + 2,9 + 8,0 + 3,7 – 0,4 + 0,8 + 2,0 + 2,1 + 2,8 + 2,1 + 1,7 – 0,4 + 1,3 – 2,5 + 1,8 + 1,6 + 0,3 + 3,5 + 0,3 + 2,9 + 3,1 + 6,2 – 1,5 + 1,2 + 2,8 Bruttoinlandsprodukt Beitrag zum BIP-Wachstum in Prozentpunkten Inländische Verwendung (ohne Vorräte) Vorratsveränderungen Außenbeitrag Beschäftigung Erwerbstätige3) Durchschnittliche Arbeitszeit je Erwerbstätigen Arbeitsvolumen Arbeitslose (in Tausend)4) desgleichen in % der zivilen Erwerbspersonen Preise Verbraucherpreise Erzeugerpreise gewerblicher Produkte5) Baupreise6) Einfuhrpreise Ausfuhrpreise Terms of Trade Deflator des Bruttoinlandsprodukts Produktivität und Lohnkosten Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde1) Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmerstunde3) Lohnkosten je realer Wertschöpfungseinheit in der Gesamtwirtschaft7) 2011 2012 Preisbereinigt und verkettet (2005 = 100) Waren- und Dienstleistungsverkehr mit dem Ausland 3) Inlandskonzept 4) Nach Definition der Bundesagentur für Arbeit 5) Inlandsabsatz 6) Eigene Berechnung unter Verwendung von Angaben des Statistischen Bundesamtes 7) Quotient aus dem im Inland entstandenen Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmerstunde und dem realen Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bank Geschäftsbericht 2012, S. 54 1) 2) 77 1. Beschreiben Sie anhand der Indikatoren die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik Deutschland. Beantworten Sie dabei folgende Aufgaben: a) Erläutern Sie die Entwicklung folgender Teilkomponenten der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage: private Nachfrage, staatliche Nachfrage und Export. b) Zeichnen Sie ein Koordinatensystem mit der Y-Achse „Prozent” und der X-Achse „Jahre”. Tragen Sie anhand der prozentualen Veränderung des Bruttoinlandsprodukts den Konjunkturverlauf ein, und interpretieren Sie diesen. c) Erklären Sie die Entwicklung der Beschäftigtensituation in Deutschland in den letzten Jahren. d) Interpretieren Sie den Verlauf der Verbraucherpreise in der Bundesrepublik. e) Informieren Sie sich über den Ausdruck „Terms of Trade”, und interpretieren Sie die Zahlenreihe. f) Erläutern Sie zunächst den Indikator „Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde”, und beschreiben Sie anschließend dessen Verlauf. g) Nehmen Sie die Entwicklung der Arbeitnehmerentgelte und der Lohnkosten als Grundlage für die Kennzeichnung der Politik der Tarifparteien. 2. Mit welchem zentralen wirtschaftlichen Problem hat die Bundesrepublik zu kämpfen? Welches wirtschaftspolitische Ziel steht damit im Vordergrund? 132 § 46 StGB Grundsätze der Strafzumessung (1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: – die Beweggründe und die Ziele des Täters, – die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, – das Maß der Pflichtwidrigkeit, – die Art der Ausführung und – die verschuldeten Auswirkungen der Tat, – das Vorleben des Täters, – seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie – sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen. (3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden. Grundsätze der Strafzumessung Strafzumessung Die im besonderen Teil des StGB beschriebenen Straftatbestände geben in der Rechtsfolge jeweils an, welche Art der Strafe zu wählen ist. So ist für Mord gemäß § 211 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, für Totschlag eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren (vgl. § 212 StGB). Im Falle einer Körperverletzung kann gemäß § 223 StGB eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe ausgesprochen werden. Gleiches gilt für Diebstahl oder Betrug. Eine konkrete Vorgabe über die Höhe der Geldstrafe oder Länge der Freiheitsstrafe gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Prinzipiell sieht das Strafgesetzbuch aber je nach Straftatkategorie bestimmte Sanktionen vor. Das Strafgesetz differenziert nach Vergehen und Verbrechen. Vergehen sind rechtswidrige Taten, die mit Freiheitsstrafen von unter einem Jahr oder mit Geldstrafen bedroht sind. Auch können Maßnahmen zur Besserung und Sicherung, z. B. gemeinnützige Arbeitsstunden, ausgesprochen werden. Die höchste Straftatkategorie sind die Verbrechen. Es handelt sich um rechtswidrige Taten, die mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr geahndet werden. Kriminalität in Deutschland Erfasste Straftaten und Aufklärungsquoten in % Die häufigsten Straftaten 2010 968 160 Betrug 1993* 30% 80% 6 750 610 Sachbeschädigung 2000 Aufklärungsquote 44% 6 264 720 2010 5 933 280 53% 56% Körperverletzung vorsätzliche leichte Körperverletzung gefährliche und schwere Körperverletzung © Globus 4274 700 800 26% 545 860 darunter Rauschgiftdelikte 1. Kurt gerät im angetrunkenen Zustand sehr leicht in Rage und beginnt dann häufiger eine Rauferei. Wegen Körperverletzung hat er sich nun vor Gericht zu verantworten. Diskutieren Sie, welche Strafzumessung im vorliegenden Fall geeignet ist. 2 301 790 Diebstahl *erste gesamtdeutsche Statistik 372 950 142 900 91% 82% 95% 231 000 Quelle: BKA Grundlage für die Zumessung der Strafe sind grundsätzlich die Schuld und die Schwere der Schuld des Täters. Die Grundsätze der Strafzumessung, die zu beachten sind, legt § 46 StGB fest. Zunächst muss der für die Tat vorgesehene Strafrahmen Basis für die Urteilsfindung sein. Der Strafrahmen für den Fall der Körperverletzung beträgt bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe (vgl. § 223 StGB). Auf dieser Basis erfolgt die Bewertung der Schuld des Täters. Für den Fall, dass der Täter nicht schuldhaft gehandelt hat, weil er Schuldausschließungsgründe oder Entschuldigungsgründe geltend machen kann, kann das Gericht auf Maßregeln der Besserung und Sicherung erkennen und von einer Strafe absehen. Grundsätze der Strafzumessung Im nächsten Schritt wird die Schuld des Täters bewertet, um eine schuldangemessene Strafe festsetzen zu können. Bei der Strafzumessung ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Umstände für den Täter sprechen und damit strafmildernde Wirkung haben können, als auch, welche Umstände gegen den Täter sprechen und damit strafverschärfende Konsequenzen nach sich ziehen. In dieser Abwägung könnten Argumente angeführt werden, wie – das Tatmotiv: Motive wie alkoholische Enthemmung, die unverschuldet zustande kam, oder eventuelle Notlagen könnten entlastend zugunsten des Täters bewertet werden. – die Tat: Täter, die über wenig kriminelle Energie verfügen oder eher Mitläufer bei der Ausführung einer Tat sind, werden in der Regel weniger hart bestraft, als Täter, die durch besonders hohe kriminelle Energie oder Rücksichtslosigkeit auffallen. Ungünstig wirkt sich aus, wenn sehr hohe Schäden entstehen. – Verhalten nach der Tat: Günstig wirkt sich für den Täter aus, wenn er geständig ist und insbesondere ernsthafte Bemühungen um einen TäterOpfer-Ausgleich zeigt. Zeigt der Täter hingegen keinerlei Bemühungen zur Kooperation in irgendeiner Richtung, bleibt die Beute verschwunden oder haben die Opfer bleibende Schäden, wirkt sich dies strafverschärfend aus. – das Vorleben des Täters: Mildernd könnten hier besondere Härten aus der Kindheit und Jugend bewertet werden, wie etwa der Verlust eines Elternteils oder ungünstige häusliche Verhältnisse in der Kindheit durch Sucht der Eltern o. Ä. Für die Strafzumessung spielt neben der Schuld auch die Prognose für den Täter eine wichtige Rolle (vgl. § 46 Satz 2 StGB). Das Gericht soll dabei die Wirkung, die die Strafe auf das zukünftige Leben des Täters ausüben wird, berücksichtigen, z. B. um zu erreichen, dass der Täter nicht wieder straffällig wird. Dazu muss sich das Gericht auf das Rechtsgefühl verlassen. Auch der Eindruck, den der Angeklagte in der Verhandlung hinterlässt, sowie die Berufserfahrung, die der Richter mitbringt, spielen für diese Entscheidung eine Rolle. Daneben unterstützen Sachverständigengutachten, die Aussagen zur Täterpersönlichkeit machen können, das Bild. Für die Strafzumessung spielt die Wirkung der Strafe eine wichtige Rolle. Wird eine Geldstrafe ausgesprochen, erfolgt dies häufig anstelle von kürzeren Freiheitsstrafen, die insofern sinnlos wären, als dass die Wirkung kurzer Freiheitsstrafen kaum geeignet erscheint, zu einer angemessenen Vergeltung zu führen oder die Chance auf Resozialisierung bietet. Geldstrafen sollen so bemessen werden, dass das Nettoeinkommen auf ein Sozialhilfeniveau gedrückt wird. Da die Obergrenze für einen Tagessatz aber auf 5.000,00 € festgesetzt ist, stellt sich die Wirkung nicht ein, wenn der Täter über ein entsprechendes Vermögen verfügt. Die Mindesthöhe für einen Tagessatz ist auf einen Euro festgelegt. Problematisch ist, dass die Tagessatzregelung zu sehr ungleichen Urteilen führt, sodass für ein Delikt, für das zehn Tagessätze verhängt werden, ein Betrag zwischen 10,00 € bis 50.000,00 € fällig werden kann. Wird für die Straftat eine Freiheitsstrafe ausgesprochen, besteht die Möglichkeit, diese zur Bewährung auszusetzen, wenn die Gesamtstrafe höchstens zwei Jahre beträgt. Die Bewährungszeit beträgt mindestens zwei, höchstens fünf Jahre. Ist der Täter in der Bewährungszeit strafrechtlich nicht auffällig geworden, wird die Strafe erlassen. 133 Kriminalität in den Bundesländern Straftaten 2011 je 100 000 Einwohner Berlin 14 286 Bremen 14 077 Hamburg 12 812 NordrheinWestfalen SachsenAnhalt 8 470 8 021 Brandenburg 7 896 MecklenburgVorpommern SchleswigHolstein 7 820 7 751 Sachsen 7 083 Niedersachsen 6 974 RheinlandPfalz 6 861 Saarland 6 807 Hessen Thüringen BadenWürttemberg Bayern Quelle: BKA 6 541 6 128 5 420 4 969 © Globus 4993 1. Analysieren Sie die Grafik auf Seite 132 und erläutern Sie mögliche Gründe für die unterschiedlich hohen Aufklärungsquoten für die einzelnen Delikte. 2. Beschreiben Sie mit Hilfe der oben stehenden Grafik die Kriminalitätsrate in Deutschland. 172 Eigentumserwerb an beweglichen Sachen durch Rechtsgeschäft Veräußerung beweglicher Sachen durch Abtretung des Herausgabeanspruchs Auch in anderen Fällen kann die sofortige Übergabe der Kaufsache unsinnig bzw. sogar unmöglich sein. Zur Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen: Ein „Mountainbike-Verleih“ (Beachte: Rechtlich gesehen werden die Mountainbikes vermietet!), verkauft auch immer wieder gebrauchte Räder aus seinem Bestand. Ein Kunde macht dem Geschäftsführer einen Antrag zum Kauf eines bestimmten gebrauchten Rades, das aber gerade für zwei Tage vermietet ist. Der Kunde würde für dieses Rad einen hohen Preis bezahlen, und der Geschäftsführer würde dieses Rad sehr gerne verkaufen. Der Eigentümer ist aber selbst nicht im unmittelbaren Besitz des Rades, weil er es einem anderen Kunden überlassen hat. Der Eigentümer sollte in einem solchen Fall trotzdem die Möglichkeit haben, sein Eigentum wirksam auf Dritte zu übertragen. § 931 BGB bietet folgende Lösung an: § 931 BGB Abtretung des Herausgabeanspruchs Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt. Eine wirksame Übereignung ist damit erfolgt. Die Herausgabe ist erst dann durchsetzbar, wenn der tatsächliche Besitzer nicht mehr zum Besitz berechtigt ist (§ 986 BGB). Veräußerung beweglicher Sachen durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB):