Zellfreie fetale DNA im mütterlichen Blut: neue

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DOI 10.1515/labmed-2011-0030 Molekulargenetische und zytogenetische Diagnostik/
Molecular-Genetic and Cytogenetic Diagnostics
J Lab Med 2012; 36(5): 253–261
Redaktion: H.-G. Klein
Markus Stumm*, Rolf-Dieter Wegner und Wera Hofmann
Zellfreie fetale DNA im mütterlichen Blut: neue
Möglichkeiten in der pränatalen Diagnostik
Cell free fetal DNA in maternal blood: new possibilities in prenatal diagnosis
Zusammenfassung: Die zellfreie fetale DNA (cff-DNA)
im mütterlichen Blut bietet viele neue Möglichkeiten der
pränatalen genetischen Diagnostik. Im Gegensatz zu den
etablierten invasiven Techniken der Chorionzottenbiopsie
(CVS) und der Amniozentese (AC), die beide mit einem spezifischen Risiko (0,5–1%) einer eingriffsbedingten Fehlgeburt einhergehen, ist die Grundlage für die Gewinnung der
cff-DNA eine einfache venöse Blutentnahme der Mutter,
die keinerlei Risiko für den Embryo oder Feten darstellt.
Damit bietet die cff-DNA die Möglichkeit einer risikofreien
genetischen Diagnostik von bestehenden Schwangerschaften. Molekulargenetische Techniken werden schon
seit längerer Zeit zum qualitativen Nachweis von spezifischen fetalen Sequenzen, wie paternal vererbten oder neu
entstandenen (de novo) Mutationen, eingesetzt. Durch
den Einsatz digitaler PCR und Next-Generation-Sequencing (NGS) Technologien gelingt mittlerweile aber auch
der sichere quantitative Nachweis von mutierten Allelen
sowie von klinisch relevanten Aneuploidien (Trisomie 13,
18 und 21) aus fetaler DNA im mütterlichen Blut.
and next generation sequencing technologies has shown
that a reliable quantitative detection of mutant alleles as
well as of clinical relevant aneuploidies (Trisomy 13, 18 and
21) from fetal DNA in maternal blood is also possible.
Schlüsselwörter: Aneupolidie; nicht invasive Pränataldiagnostik; zellfreie fetale DNA im mütterlichen Blut.
Einleitung
Abstract: Cell free fetal DNA (cff-DNA) in maternal blood
has given rise to the possibility of new non-invasive
approaches in prenatal genetic diagnoses. In contrast to
the established invasive techniques chorionic villi sampling and amniocentesis, both associated with specific risk
(0.5–1%) for procedure-related abortions, cff-DNA is simply
gained by maternal venous blood sampling, without any
risk for the embryo or fetus. Therefore, cff-DNA offers the
possibility for riskless genetic diagnoses of ongoing pregnancies. Molecular genetic techniques are already used for
the qualitative detection of specific fetal sequences, such
as paternal inherited or spontaneous originated (de novo)
mutations. Until recently, the introduction of digital PCR
Keywords: aneuploidy; cell free fetal DNA in maternal
blood; non-invasive prenatal diagnosis.
*Korrespondenz: Markus Stumm, Zentrum für Pränataldiagnostik
und Humangenetik Kudamm 199 Kurfürstendamm 199,
10719 Berlin, Germany
Tel.: +49 (0)30-88043150
Fax: +49 (0)30-88043176
E-Mail: [email protected]
Markus Stumm: BG Berlin-Genetics GmbH, Berlin, Germany
Rolf-Dieter Wegner: Zentrum für Pränataldiagnostik und Humangenetik Kudamm 199, Berlin, Germany; and BG Berlin-Genetics GmbH,
Berlin, Germany
Wera Hofmann: LifeCodexx AG, Konstanz, Germany
Die Pränataldiagnostik ist ein fester Bestandteil der gynäkologischen Praxis. Um eine genetische Untersuchung im
Rahmen der Pränataldiagnostik durchzuführen, war es
bisher erforderlich, plazentares oder fetales Material durch
eine Chorionzottenbiospsie (CVS) im ersten Schwangerschafts-Trimester bzw. durch eine Amniozentese (AC) im
zweiten Schwangerschafts-Trimester zu gewinnen. Beide
Methoden sind jedoch invasiv und mit einem eingriffsbedingten Fehlgeburtsrisiko von 0,5–1% behaftet, so dass sie
nur nach einer strengen klinischen Indikation durchgeführt
werden [1]. Für die Erkennung der häufigsten fetalen Aneuploidien (Trisomie 13, 18 und 21) werden zusätzlich nicht
invasive Screeningtests eingesetzt, die auf Ultraschalluntersuchungen und der Bestimmung von Hormon- und
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254 Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik
Proteinparametern im mütterlichen Serum basieren. Dabei
handelt es sich aber nicht um diagnostische Verfahren,
sondern lediglich um Risikoabschätzungen, die aufgrund
einer eingeschränkten Sensitivität und Spezifität zu einer
relativ großen Zahl falsch positiver und falsch negativer
Befunde führen (ca. 5%). Diese wiederum verunsichern die
Schwangeren und führen letztlich doch zu eigentlich nicht
erforderlichen invasiven Eingriffen [2]. Die große Hoffnung
der Pränataldiagnostiker ist es daher, sichere nicht invasive Diagnostikverfahren einsetzen zu können, die keine
zusätzlichen Risiken für eine bestehende Schwangerschaft
in sich bergen. Nach den ersten weniger erfolgreichen Diagnostikversuchen an fetalen Zellen aus mütterlichem Blut
[3] führte die Entdeckung der fragmentierten zellfreien
fetalen DNA im maternalen Plasma [4] zu neuen vielversprechenden Lösungsansätzen in der nicht invasiven Pränataldiagnostik, und mittlerweile sind in mehreren europäischen Ländern sowie in den USA spezielle nicht invasive
genetische Diagnostikverfahren an fetaler DNA aus mütterlichem Blut bereits Bestandteil der pränatal diagnostischen
Schwangerenversorgung. Eine kurze Chronologie der Entwicklungen ist in Tabelle 1 dargestellt.
Fetale DNA im maternalen Blut
Die Entdeckung, dass fragmentierte zell-freie fetale
DNA (cff-DNA) im mütterlichen Plasma und Serum
Jahr
1997
1998
2000
2001
2002
2002
2004
2007
2008
2010
2011
2011
2011
2012
2012
2012
2012
2012
vorkommt [4] eröffnete ganz neue Möglichkeiten für
die nicht invasive Pränataldiagnostik. Diese cff-DNA
stammt vorrangig von Trophoblastenzellen und gelangt
über die feto-maternale Transaktion im Chorion in den
maternalen Blutkreislauf [27]. Sie ist bereits ab der 5.
Schwangerschaftswoche nachweisbar und persistiert
bis zum Ende der Schwangerschaft [28]. Sie kommt
in allen Schwangerschaften vor [29], ist aber bedingt
durch ihre kurze Halbwertszeit (ca. 16 Minuten) bereits
wenige Stunden nach der Geburt nicht mehr zu detektieren [30]. Damit entsteht nicht die Problematik einer
Falschdiagnose durch persistierende DNA-Fragmente
einer vorangegangenen Schwangerschaft. Im maternalen Blutkreislauf liegt die cff-DNA zusammen mit
mütterlichen DNA-Fragmenten vor und macht dabei
im mütterlichen Plasma lediglich einen durchschnittlichen Anteil von ca. 5–10% aus, der aber in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche variieren kann.
Eine korrekte genetische Diagnose an der fetalen DNA
mit einem derart hohen maternalen DNA-Hintergrund
durchzuführen ist dabei die eigentliche Herausforderung. Die ersten Untersuchungen an der fetalen DNA
fokussierten sich deshalb auch auf qualitative Parameter, d.h. auf genetische Sequenzen des Feten, die
im mütterlichen Genom nicht vorhanden sind, z. B.
Y-DNA-Sequenzen von männlichen Feten oder paternal
vererbte Allele und de novo Mutationen (siehe Tabelle
1 und 2).
Ereignis
Methode
Entdeckung der zell-freien fetalen DNA im maternalen Blut und Geschlechtsbestimmung
Bestimmung der RhD Blutgruppen
Diagnostik einer dominanten Mutation (Myotone Dystrophie)
Geschlechtsnachweis und RhD-Typisierung kommerziell verfügbar
Nachweis bzw. Ausschluss von rezessiven Mutationen (Kongenitale Adrenale
Hyperplasie und Zystische Fibrose)
Nachweis von paternal vererbten HLA-Haplotypen
Nachweis fetaler Polymorphismen durch parentale Haplotypanalysen
RhC, RhE und Kell Blutgruppentypisierung
Nachweis Trisomie 13, 18 und 21
Nachweis des fetalen Gesamtgenoms durch parentale Haplotypanalysen
Vier große Studien zeigen eine hohe Spezifität und Sensitivität beim Nachweis der Trisomie 21
Trisomie 21 Test in den USA kommerziell verfügbar
Nachweis einer familiären Mikrodeletion
Hohe Spezifität und Sensitivität beim Nachweis der Trisomien 13 und 18
Etablierung eines nicht invasiven Vaterschaftstests
Nachweis einer Mikrodeletion 22q11.2
Nachweis von zusätzlichen autosomalen und gonosomalen Aneuploidien
Trisomie 21 Test auch in Europa kommerziell verfügbar
Polymerase Ketten Reaktion (PCR)
PCR
PCR
PCR
PCR
Echtzeit PCR (RT-PCR)
PCR und Massenspektrometrie
PCR
Next Generation Sequencing (NGS)
NGS
NGS
NGS
NGS
NGS
NGS
NGS
NGS
NGS
Tabelle 1 Chronologie der nicht invasiven genetischen Diagnostik an zell-freier fetaler DNA aus maternalem Blut.
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Referenz
[4]
[5]
[6]
[7]
[8, 9]
[10]
[11]
[12]
[13, 14]
[15]
[16–19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]
Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik Qualitative Analysen
Geschlechtsbestimmung
Blutgruppen Typisierung
Diagnostik autosomal dominanter
Erkrankungen
Diagnostik autosomal rezessiver
Erkrankungen durch Ausschluss
der paternalen Mutation
HLA-Typisierung und Abstammungstests
Haplotypisierung des fetalen
Gesamtgenoms
Quantitative Analysen
Gen-Diagnostik mittels Relative
Mutation Dosage
Verfahren
Diagnostik
Sensitivität
Real-time PCR
Real-time PCR
Allel-spezifische PCR mit
Elektrophorese
Allel-spezifische RT PCR
SRY
RhD
Myotone Dystrophie
Achondroplasie
Hämoglobinopathien
HB Leopore Disease Chorea Huntington
Congenitale Adrenale Hyperplasie
Cystische Fibrose
Hämoglobinopathien
HLA-Matching, Vaterschaftstest
>95%
>95%
Einzelfälle
Einzelfälle
Next Generation Sequenzierung
Thalasämie
Einzelfall
Digitale PCR
Thalassämien,
Hämoglobinopathien,
Hämophilien
Trisomie 21
Trisomie 13
Trisomie 18
Trisomie 21
Trisomie 13
Familiäre Mikrodeletion, Deletion
22q11.2
Einzelfälle
Allel-spezifische PCR,
Elektrophorese
Allel-spezifische RT PCR
Allel-spezifische RT PCR
Aneuploidiediagnostik
Next Generation Sequenzierung
Aneuploidiediagnostik
Targeted Sequencing
Mikrodeletionsdiagnostik
Next Generation Sequenzierung
255
Bis zu 100%
∼99% in Hochrisikogruppen
Einzelfälle
Einzelfälle
Tabelle 2 Beispiele qualitativ und quantitativ parametrischer Analysen.
Der qualitative Nachweis
spezifischer fetaler Sequenzen im
maternalen Blut
Der Nachweis Y-chromosomaler Sequenzen
Kann man Y-spezifische Sequenzen im mütterlichen
Blut nachweisen, so ist davon auszugehen, dass es sich
in der vorliegenden Schwangerschaft um einen männlichen Feten handelt. Eine medizinische Indikation einer
pränatalen Geschlechtsbestimmung ist in Familien mit
geschlechtsgebundenen genetischen Erkrankungen,
wie z.B. der Hämophilie oder der Muskeldystrophie
Duchenne (DMD), gegeben. Hier haben die Feten ein
50%iges Erkrankungsrisiko, wenn die Mutter Trägerin einer entsprechenden Mutation ist. Dieses putative Risiko kann dann durch einen invasiven Eingriff
mittels CVS oder AC weiter abgeklärt werden. Kann
man dagegen im mütterlichen Blut keine Y-spezifischen
Sequenzen nachweisen, so ist davon auszugehen, dass
es sich in der vorliegenden Schwangerschaft um einen
weiblichen Feten handelt, der dann bei X-chromosomal
rezessiven Erbgängen kein Risiko für eine schwere klinische Manifestation trägt. In diesen Fällen kann dann auf
eine invasive genetische Diagnostik verzichtet werden.
Die Geschlechtsbestimmung mittels cff-DNA aus maternalem Blut gelingt mit einer Sicherheit von mehr als
95% und wird bereits in der klinischen Diagnostik eingesetzt [31, 32]. Als weitere klinische Anwendung wurde
die nicht invasive Geschlechtsbestimmung im Rahmen
der Behandlung der kongenitalen adrenalen Hyperplasie eingesetzt. Hierbei können weibliche Feten gezielt
mit Corticosteroiden behandelt werden, um eine Virilisierung zu vermeiden [33]. Als weitere Option bietet
eine nicht invasive Geschlechtsbestimmung zusätzliche
Informationen bei unklaren Ultraschallbefunden mit
auffälligen fetalen Genitalien.
Rhesus-D Genotypisierung
Rhesus D (RhD) positive Feten von RhD-negativen Müttern
haben bereits während der Schwangerschaft ein erhöhtes
Risiko für Iso-Immunisierung, hämolytische Erkrankungen und Fehlgeburten. Doch durch die prophylaktische
Gabe von anti-RhD Immunglobulinen können diese
Risiken verhindert werden. Wenn es von klinischer Relevanz ist, kann auch der fetale RhD-Status bereits pränatal
bestimmt werden. Dies kann mittels fetaler Genotypisierung aus Chorionzotten oder Fruchtwasserzellen erfolgen,
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256 Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik
was dann aber vor dem invasiven Eingriff wiederum eine
entsprechende Allo-Immunisierung der Mutter erfordert.
Ohne entsprechende Probleme kann der fetale RhDGenotyp aber auch nicht-invasiv aus der cff-DNA aus
dem mütterlichen Blut bestimmt werden [5, 34]. Durch
den qualitativen Nachweis mittels PCR-Elektrophorese
Protokollen oder Real-Time PCR Technologien kann,
ähnlich wie bei der nicht-invasiven Geschlechtsbestimmung, die Anwesenheit von RhD-Gensequenzen eines
RhD-positiven Feten im Plasma einer RhD-negativen Frau
nachgewiesen werden [34, 35]. Eine Meta-Analyse zeigte,
dass nicht invasive fetale DNA-Tests eine 95%ige Sensitivität haben und bereits ab der 8. Schwangerschaftswoche
durchgeführt werden können [36]. Nach der 16. Schwangerschaftswoche kann sogar eine Sensitivität von 99%
erreicht werden [37]. Aufgrund der hohen Sensitivität
und Spezifität dieser nicht-invasiven RhD-Tests, wurden
entsprechende Verfahren bereits frühzeitig in verschiedenen Pränatalzentren in die Routinediagnostik integriert [31, 38, 39]. In einigen europäischen Ländern wird
die nicht-invasive RhD-Diagnostik RhD-negativen Frauen
routinemäßig angeboten [40]. Eine Anti-RhD Immunglobulin Injektion erfolgt dann nur noch bei der Diagnose
eines RhD-positiven Feten.
Nicht-invasive fetale DNA-Tests wurden ebenfalls
für die Typisierung anderer feto-maternaler Inkompatibilitäten, wie RhC, RhE und Kell, getestet [12, 41] und
werden jetzt auch als diagnostische Tests für Hoch-RisikoSchwangerschaften angeboten [42].
Der Nachweis monogener Erkrankungen
Der pränatale Nachweis monogener Veränderungen ist vor
allem für Erkrankungen mit einer hohen populationsspezifischen Prävalenz von klinischer Bedeutung. Beispiele
dafür sind die Thalassämien und die Cystische Fibrose.
Des Weiteren spielt die pränatale Diagnostik von seltenen
monogenen Erkrankungen natürlich auch in Familien mit
einer belasteten Anamnese eine wichtige Rolle.
Erste Ergebnisse einer nicht invasiven Diagnostik
von monogenen Erkrankungen mit cff-DNA konzentrierten sich auf den Nachweis bzw. Ausschluss von paternal
vererbten autosomal-dominanten Mutationen im maternalen Plasma. Im Jahr 2000 gelang die erste erfolgreiche
nichtinvasive Diagnostik an cff-DNA zum Nachweis bzw.
Ausschluss einer paternal vererbten Mutation welche die
Myotone Dystrophie verursacht [6]. Weitere Publikationen
beschrieben den erfolgreichen Einsatz der nicht invasiven cff-DNA Diagnostik bei Achondroplasie [43], Hämoglobinopathien [44] und Chorea Huntington [45]. Des
Weiteren wurde die cff-DNA erfolgreich bei der HLA-Typisierung im Rahmen des HLA-Matchings zur Planung von
hämapoetischen Stammzelltransplantation für erkrankte
Geschwisterkinder [10] sowie bei der nicht invasiven
Vaterschaftsdiagnostik getestet [23].
Der nicht-invasive Nachweis von autosomal-rezessiven oder maternal vererbten autosomal-dominanten
Erkrankungen gestaltete sich jedoch wesentlich schwieriger, denn der alleinige Nachweis eines mutierten Allels
gibt hier keinen Aufschluss über den Genotyp des Feten.
Bei autosomal rezessiven Erkrankungen kann über
den Ausschluss einer spezifischen paternal vererbten
Mutation eine Erkrankung des Feten ausgeschlossen
werden. Denn hat der Fetus das normale Allel des Vaters
vererbt bekommen, kann er nicht erkranken, egal, ob
er das mutierte oder das Wildtyp Allel der Mutter ererbt
hat. Lediglich ein möglicher Überträgerstatus der maternal vererbten Mutation kann dabei nicht ausgeschlossen
werden. Basierend auf dem Ausschluss paternal vererbter
Mutationen erfolgten die ersten nicht invasiven diagnostischen Untersuchungen an cff-DNA für die Congenitale
Adrenale Hyperplasie (CAH) [9], die Cystische Fibrose (CF)
[8] und Thalassämien [46]. Diese Methode ist jedoch nicht
anwendbar, wenn Vater und Mutter dieselbe Mutation
tragen. Um auch für diese Situationen ein diagnostisches
Mittel zur Verfügung zu haben, entwickelte die Arbeitsgruppe von Chiu und Lo das RMD-Verfahren. RMD bedeutet Relative Mutation Dosage und hierbei wird der relative
Gehalt des mutierten und des normalen Allels eines spezifischen Gens quantitativ erfasst und verglichen [47]. Die
RMD basiert auf der Methode der digitalen PCR, bei der
hunderte bis tausende amplifizierte DNA-Moleküle auf
Einzel-Molekülkonzentrationen verdünnt und anschließend gezählt werden. Durch den Vergleich der relativen
Anzahl der Einzelmoleküle wird eine quantitative Analyse
von mutierten und nicht-mutierten Allelen im mütterlichen Plasma möglich. Ist eine Frau heterozygote Trägerin einer rezessiven Mutation und trägt der Fetus dieselbe Mutation im heterozygoten Status, so ist der Anteil
mutierter und nicht-mutierter Sequenzen gleich groß. Ist
der Fetus jedoch homozygoter Träger dieser Mutation,
finden sich proportional mehr mutierte als nicht-mutierte
Sequenzen im mütterlichen Plasma. Entsprechend finden
sich bei einem homozygot normalen Feten proportional
mehr nicht-mutierte Sequenzen im mütterlichen Plasma.
Mit der Entwicklung des RMD-Verfahrens ist es auch
möglich, maternal vererbte autosomal-dominante Mutation nicht-invasiv zu diagnostizieren. Mittels RMD konnte
so die Vererbung von maternalen Mutationen bei Thalassämie, Hämoglobinopathien und Hämophilie diagnostiziert werden [47, 48].
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Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik 2010 gelang es der Arbeitsgruppe von Lo erstmals, das
gesamte Genom eines Feten aus der cff-DNA aus maternalem Blut darzustellen und mit Hilfe der elterlichen Haplotypen eine Thalassämiediagnostik durchzuführen [15].
Zusammenfassend ergibt sich damit die Erkenntnis,
dass mit Hilfe der neuen Technologien zukünftig jede
beliebige monogene Erkrankung mittels nicht-invasiver
cff-DNA Analyse diagnostiziert werden kann.
Der quantitative Nachweis fetaler
Sequenzen im maternalen Blut
Ein methodisches Verfahren zum Nachweis von Einzelmolekülen ermöglicht neben der quantitativen Analyse
von spezifischen Allelen natürlich auch die Bestimmung
der chromosomalen Dosis und öffnet damit die Tür zur
nicht invasiven Diagnostik von fetalen Aneuploidien
(siehe Tabelle 2).
Aneuploidien sind vom Zeitpunkt der Konzeption aus
gesehen die häufigste Todesursache des Menschen. Die
häufigste Aneuploidie unter Neugeborenen ist die Trisomie 21 mit einer Inzidenz von 1:500 bis 1:700. Das Risiko
einer Schwangerschaft mit Aneuploidie ist direkt mit dem
mütterlichen Alter korreliert. Während Mütter im Alter von
20 Jahren nur ein Aneuploidie-Risiko im Bereich von 0,2%
haben, erhöht sich dieses Risiko bei Frauen mit 35 bereits
auf 0,5% und ist bei 45 jährigen Schwangeren im Bereich
von 5%.
Durch den Wandel der Lebensgewohnheiten und der
Ausbildungsstrukturen hat in den Industrienationen in
den letzten Jahrzehnten eine Verschiebung des Schwangerschaftsalters von der zweiten in die dritte Lebensdekade stattgefunden. Eine Studie des englischen und walisischen Down Syndrom Registers über den Zeitraum von
1989–2008 beschrieb einen Anstieg der diagnostizierten
Trisomie 21-Fälle um 71%, was maßgeblich auf die Erhöhung des mütterlichen Alters zurückzuführen ist. Mehr
als 20% der Schwangerschaften treten heute nämlich bei
Frauen auf, die älter als 35 Jahre sind [49]. Der demographische Wandel zum erhöhten maternalen Alter und das
damit verbundene erhöhte Aneuploidie-Risiko erfordern
damit aber auch ein Umdenken in der Pränataldiagnostik, wobei zuverlässige nicht invasive Diagnostikmethoden einen wichtigen Beitrag leisten könnten. Die in den
letzten Jahren entwickelten Verfahren zum Einzelmolekülnachweis, die digitale PCR und vor allem die neuen
Sequenziertechnologien (NGS=Next Generation Sequencing) spielen dabei eine entscheidende Rolle [50]. Denn
die digitale PCR und die Massive Parallele Sequenzierung
257
können zuverlässig die Erhöhung von fetalen DNA-Anteilen im maternalen Plasma messen, die durch den Zugewinn eines aneuploiden Chromosoms entsteht.
Zur Bestimmung der relativen chromosomalen Dosis
mittels digitaler PCR wurde der Anteil von Chromosom 21
Molekülen im maternalen Plasma mit denen eines Referenzchromosoms verglichen. Das Verhältnis aus dem
Anteil von Chromosom 21-DNA bei einer fetalen Trisomie
21 und dem Anteil von Chromosom 21-DNA eines Referenzkollektives ohne fetale Trisomie 21 verändert sich
bzw. wird größer, da sich entsprechend mehr Chromosom
21 spezifische Sequenzen im maternalen Plasma befinden. Die quantitative Sensitivität steigt dabei mit dem
Anteil der fetalen DNA im mütterlichen Blut sowie mit
der Anzahl der durchgeführten digitalen PCR-Analysen.
Zum akkuraten Nachweis einer Trisomie 21 bei einem
25% igen fetalen DNA-Anteil im mütterlichen Plasma sind
dazu bereits 8000 digitale PCR-Reaktionen erforderlich,
was einen Einsatz dieser Methode im klinischen Umfeld
nur mittels vollautomatisierter Plattformen ermöglichen
wird [51]. Die klinische Etablierung der nicht invasiven
Trisomie 21-Diagnostik mittels NGS ist jedoch bereits seit
Oktober 2011 in den USA Realität [20] und wird 2012 auch
auf dem europäischen Markt stattfinden [26].
NGS-Technologien produzieren im Vergleich zur
Sanger-Sequenzierung sehr viel größere Datenmengen
bei deutlich niedrigeren Kosten. Bei der Sanger-Sequenzierung können pro Tag und Sequenzierautomat (z.B. ABI
3730xl) maximal ca. 40 Megabasen sequenziert werden.
Ein NGS-Sequenzierautomat (z.B. HiSeq2000, Illumina,
San Diego, USA) schafft im gleichen Zeitraum 55 Gigabasen. Die hohe Sequenzausbeute hat aber auch ihren Preis,
denn die Genauigkeit der Sequenzierung (= Basecalling)
ist bei NGS-Verfahren im Vergleich zu der Sanger-Methode
klar unterlegen. Deshalb werden die NGS-Verfahren auch
hauptsächlich zur Resequenzierung eingesetzt. Beim
Resequenzieren werden NGS-Reads mit einem Referenzgenom verglichen, um die Stellen zu finden, mit denen
die NGS-Reads übereinstimmen, so dass eine Art genomische Karte übereinstimmender Reads entsteht. Durch eine
chromosomale Zuordnung und proportionale quantitative
Analyse können so auch Informationen über den Zugewinn oder Verlust von genomischen Sequenzen erhalten
werden und ermöglichen somit eine Aneuploidiediagnostik mittels NGS.
Im Jahr 2008 beschrieben die Arbeitsgruppen von
Dennis Lo und Stephen Quake zum ersten Mal den Einsatz
der Massiven Parallelen Sequenzierung (MPS) zum nicht
invasiven Nachweis fetaler Aneuploidien an cff-DNA [13,
14]. Sowohl Chiu als auch Fan zeigten in ihren unabhängigen Kohortenstudien, dass die Trisomie 21 aus cff-DNA
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258 Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik
aus maternalem Blut mit 100%iger Sensitivität und Spezifität nachgewiesen werden kann. Wir selbst konnten in
einer eigenen Proof of Principle Studie die Zuverlässigkeit
der nicht invasiven Trisomie 21-Diagnostik auf zwei unterschiedlichen NGS-Plattformen bestätigen [51]. Die erfolgsversprechenden ersten Ergebnisse wurden in der Zwischenzeit in mehreren großen klinischen Studien bestätigt
[16–19]. Fasst man die Ergebnisse dieser Studien zusammen, so liegt die diagnostische Sensitivität des nicht invasiven Trisomie 21-Tests bei Hoch-Risiko Patientinnen bei
99,1% bei einer Spezifität von 99,7% [52], und liefert damit
bessere Ergebnisse als die in der klinischen Praxis routinemäßig eingesetzten nicht invasiven Screening-Verfahren,
die eine maximale Sensitivität und Spezifität von ca. 95%
erreichen. Erste Ergebnisse aus einer eigenen prospektiven, verblindeten Multicenter-Studie zeigten ebenfalls hervorragende klinische Genauigkeiten für das Testdesign des
neuen kommerziellen PraenaTests der Firma LifeCodexx
(LifeCodexx, Konstanz, Germany) [26].
Im Gegensatz zur digitalen PCR, die durch die Auswahl
einiger selektierter Loci nur auf der Analyse weniger unterschiedlicher DNA-Fragmente basiert, werden bei der MPS
mehrere Millionen DNA-Fragmente aus einer einzigen
Probe zur Analyse herangezogen. Die entsprechenden
Fragmente werden simultan in kurzen Segmenten sequenziert, mittels komplexen bioinformatischen Analysen und
der Information einer genomischen Datenbank nach ihrem
chromosomalen Ursprung sortiert und dann anschließend
quantifiziert. Im Falle einer fetalen Trisomie 21 werden
dabei im Vergleich zu anderen Chromosomen geringfügig
mehr Chromosom 21 spezifische Sequenzen detektiert.
Dieser Ansatz bietet auch die diagnostische Möglichkeit,
nicht nur ausschließlich auf eine spezifische Trisomie wie
z.B. die Trisomie 21 zu untersuchen, sondern er verfügt über
das theoretische Potential einer DNA-Analyse des gesamten
Genoms, bei der sowohl Aneuploidien als auch Mutationen
detektiert werden können.
Dass dies nicht ganz so einfach ist, zeigte sich bereits
in der Arbeit von Fan et al. [14], die zwar in der Lage war
mittels MPS auch die Trisomie 13 und die Trisomie 18 nachzuweisen, jedoch mit einer geringeren Trennschärfe im
Vergleich zur Trisomie 21. Diese Differenzen sind vor allem
auf den unterschiedlichen GC-Gehalt der einzelnen Chromosomen zurückzuführen. Dies zeigte, dass eine quantitative MPS-Analyse von Chromosomen mit niedrigem
oder hohem GC-Gehalt sehr viel schwieriger war und eine
zuverlässige nicht-invasive Diagnostik die Weiterentwicklung von Sequenzier-Protokollen und bioinformatischen
Auswerte-Algorithmen erforderte.
Weitere Studien haben in der Zwischenzeit
gezeigt, dass durch den Einsatz von spezifischen
Anreicherungsverfahren und durch die Modifikation der
bioinformatischen Berechnungen auch der Nachweis der
Trisomie 13 und 18 zuverlässig gelingen kann [22, 51, 53]
und auch andere autosomale sowie gonosomale Aneuploidien nachweisbar werden [25].
Klinische Anwendung der nicht
invasiven cff-DNA Diagnostik
Seit der Entdeckung der fetalen DNA im mütterlichen Blut
im Jahre 1997 wurden aufgrund vieler Forschungsvorhaben große Fortschritte gemacht, und die cff-DNA wird
bereits in der klinischen Diagnostik eingesetzt. Die nicht
invasive Analyse des fetalen Geschlechts und des RhDStatus aus cff-DNA ist in einigen europäischen Ländern
bereits fest in der pränatalen Diagnostik etabliert. Die entsprechenden Laborprotokolle wurden dabei ständig überarbeitet. Durch die Integration von universalen fetalen
Markern (z.B. RASSF1A) als interne experimentelle Kontrollen wurde die Sensitivität und Spezifität deutlich verbessert und liegt jetzt im Bereich von 99,6–99,9% [54].
Seit Oktober 2011 wird in den USA bereits ein Testverfahren zum nicht-invasiven Nachweis der Trisomie 21 kommerziell durch die Firma Sequenom [Sequenom, San Diego,
USA] angeboten. Ein entsprechendes Verfahren soll auch
noch im Laufe dieses Jahres durch die Firma LifeCodexx
auf dem europäischen Markt angeboten werden. Dadurch
stellt sich jetzt natürlich die Frage, wo die Möglichkeiten
und Grenzen der nicht invasiven Methoden liegen. Sind
sie geeignet, um das konventionelle nicht invasive Aneuploidie Screening und/oder die invasiven Verfahren komplett abzulösen, oder sollten die neuen nicht invasiven
molekulargenetischen Methoden sinnvoll in die bestehenden Verfahren der Pränataldiagnostik integriert werden?
Zum momentanen Zeitpunkt ist diese Frage nicht eindeutig zu beantworten, denn die Aneuploidiediagnostik
mittels cff-DNA erreicht in den großen Studien für die Trisomie 21 „nur“ eine Sensitivität von ca. 99,1% und eine
Spezifität von 99,7% [52], schließt man die Trisomie 13
und 18 mit ein, ergibt sich immer noch eine Sensitivität
von ca. 99% und eine Spezifität von ca. 98% [22]. Reicht
diese Sensitivität und Spezifität für einen diagnostischen
Test aus, oder muss ein diagnostischer Test eine Sensitivität und eine Spezifität von 100% erreichen? Hierbei
ist zu berücksichtigen, dass die cff-DNA hauptsächlich
aus Trophoblastenzellen stammt und damit lediglich die
diagnostische Sicherheit einer Direktpräparation einer
Chorionzotten-Diagnostik (CVS) erreichen kann. Chromosomale Mosaike oder fetoplazentare Diskrepanzen treten
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Stumm et al.: Zellfreie fetale DNA in der pränatalen Diagnostik bei der invasiven zytogenetischen CVS mit einer Häufigkeit von 1–2% auf [1], damit können rein rechnerisch die
100% Testsensitivität und –spezifität gar nicht erreicht
werden. Diese Zahlen sind natürlich bei der Einschätzung
der Sicherheit der nicht invasiven Aneuploidiediagnostik,
genauso wie bei der CVS, mit zu bewerten. Dies bedeutet, dass ein auffälliger Befund nicht immer für den Feten
repräsentativ ist und es gegebenenfalls Bedarf an weiterer
Diagnostik gibt.
Eine weitere Diagnostik wäre auch bei einem auffälligen Befund erforderlich, da die nicht-invasiven DNA-Tests,
ähnlich wie die Interphase-Fluoreszenz Hybridisierung
oder die QF-PCR, nicht zwischen einer freien Trisomie und
einer Translokationstrisomie differenzieren können. Das
heißt bei nicht invasiv festgestellten Aneuploidien (z.B.
Trisomie 13 und 21), die nicht durch eine invasive zytogenetische Diagnostik bestätigt worden sind, wäre anschließend eine Chromosomenuntersuchung beider Eltern indiziert, um das mögliche erhöhte Wiederholungsrisiko einer
familiären Translokation (z.B. Robertsonsche Translokation) auszuschließen.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die bisherigen
Studien alle in Kollektiven mit Hoch-Risiko-Schwangeren
erhoben wurden. Ob z.B. der fetale DNA-Gehalt und damit
die diagnostische Sicherheit in anderen Risikogruppen
entsprechend hoch ist, kann momentan nicht beantwortet werden.
Aus zytogenetischer Sicht ergeben die momentan einsetzbaren nicht-invasiven Testverfahren auch nur einen
eingeschränkten Blick auf den fetalen Karyotyp, da ja nur
die Trisomie 21 oder maximal auch noch die Trisomie 13
und 18 erfasst werden. Bei einem reinen Trisomie 21-Test
würden damit in unserem eigenen Patientenkollektiv nur
37% aller Chromosomenstörungen erfasst.
Aus klinischer Sicht detektiert das Erst-TrimesterScreening natürlich auch zusätzliche wichtige Parameter
und nicht nur das Aneuploidierisiko. Denn sowohl die
Ultraschalluntersuchungen als auch die biochemischen
Marker können andere fetale Fehlbildungen und Schwangerschaftskomplikationen erfassen. Auch diese Informationen werden durch die nicht-invasive Diagnostik aus
cff-DNA nicht verfügbar.
Nach unserer momentanen Einschätzung ist die
Aneuploidiediagnostik aus cff-DNA im Kontext des ErstTrimester-Screenings (ETS) am sinnvollsten. Speziell bei
259
Frauen, die im Rahmen des konventionellen Screenings
nach NT-Messung und Serumanalyse ein erhöhtes Trisomie 21-Risiko aufweisen, kann der Test als Zwischenschritt
angeboten werden. Ist der nicht invasive molekulargenetische Aneuploidietest unauffällig, kann eine direkte
invasive Diagnostik vermieden werden. Ein unauffälliger
Ultraschallbefund zu Beginn des 2. Trimesters würde dann
zusätzliche Entlastung bringen. Bei einem auffälligen Ultraschallbefund könnte der Patientin dann immer noch
eine Amniozentese angeboten werden. Eine ausführliche
genetische Beratung entsprechend den Anforderungen des
Gendiagnostikgesetzes [55] ist in diesem Kontext absolut
erforderlich. Insgesamt könnte ein verantwortungsvoller
Umgang mit den neuen Methoden dazu führen, dass nur
noch ein Bruchteil der Patienten mit einem falsch positiven ETS eine invasive Diagnostik in Anspruch nehmen
müsste, und damit dann auch die durch die invasive Diagnostik bedingten Fehlgeburten deutlich reduziert würden.
Ein limitierender Faktor ist momentan der hohe Preis
der nicht-invasiven Testverfahren. Neuere technische
Entwicklungen, wie noch höhere Sequenzierleistungen,
Strategien zur Anreicherung von cff-DNA und/oder der
selektive Nachweis spezifischer Sequenzen, könnten zu
einer deutlichen Kostenreduktion der NGS-Technologien
führen. Zusätzlich werden technische Weiterentwicklungen auch die Testeffizienz erhöhen, was dazu führen
wird, dass auch kleinere chromosomale Imbalancen auf
gesamtgenomischer Ebene zuverlässig detektiert werden
können. Insgesamt gesehen haben die NGS-Technologien
momentan das größte Potential als nicht invasive cff-DNA
Tests in die Aneuploidiediagnostik Einzug zu halten. So
lange aber größerer Studien nicht die erfolgreiche Anwendung in low-risk Patientenkollektiven gezeigt haben,
sollten die etablierten Strukturen nicht verlassen werden
und die nicht-invasiven Testverfahren ausschließlich
Patientinnen mit einem erhöhten Aneuploidierisiko nach
ETS angeboten werden.
Interessenkonflikt
PD Dr. Stumm und Prof. Dr. Wegner sind Angehörige der Partnerschaft
Zentrum für Pränataldiagnostik und Humangenetik Kudamm-199
PD Dr. Stumm und Prof. Dr. Wegner sind Gesellschafter der BG BerlinGenetics GmbH
Dr. Hofmann ist Angestellte der Lifecodexx AG
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