Alarm! Chronische Lebererkrankungen bedrohen die westliche Welt Dr. Carl Oneta Spezialarzt für Innere Medizin und Gastroenterologie Schaffhauserstrasse 7, 8400 Winterthur Vortrag in Richterswil 2005 Übersicht • Teil 1: • • • • Funktion der Leber Die kranke Leber bis zum Endstadium (Leberzirrhose) Ursachen für eine kranke Leber Häufigkeit schwerer Lebererkrankungen • Teil 2: • Die 3 wichtigsten Lebererkrankungen • alkoholische Lebererkrankung • nicht-alkoholische Lebererkrankung infolge Uebergewicht • chronische Hepatitis C • Teil 3: • Diagnostik dieser Leberkrankheiten • Behandlungsmöglichkeiten (Prophylaxe) Lage der Leber im Körper Nahrungsmittel, Medikamente, Alkohol Darm Pfortaderblut Leber Herz Ganzer Körper Aufgaben der Leber • Abbau und Ausscheidung von Stoffen – Körpereigene (z.B. Hämoglobin) – Körperfremde (z.B. Alkohol, Medikamente u.a.m.) • Produktion lebenswichtiger Eiweisstoffe – Albumin, Gerinnungsfaktoren, Transportproteine, Hormone • Verwertung von Nahrungsbestandteilen – Zucker-, Eiweiss-, Fettstoffwechsel • Drüsenfunktion – Verdauungsaft (Galle); Bildung, Abbau und Aktivierung von Hormonen • Weitere Funktionen – Vitaminspeicherung, Spurenelementspeicherung, Immunologische Funktionen (Abwehrfunktionen) Was passiert, wenn die Leber chronisch geschädigt wird? Chronische Leberentzündung Verfettung Fettleber Fettablagerungen in der Leber führen zur Lebervergrösserung Vernarbung Fibrose Zirrhose ? Ersatz von Lebergewebe durch Narbengewebe Narbengewebe macht Leber hart und funktionsuntüchtig Stadien der Lebererkrankung 1 Muss unbedingt verhindert werden! 2 3 Leberzirrhose Problem: Übergang in Zirrhose meist symptomlos! Alkohol Übergewicht Hepatitis C Leberzirrhose Aber ohne dass die betroffene Person etwas davon merkt! 0 10 20 Jahre Folgen der Leberzirrhose Hautveränderungen Wasserbauch geschw. Beine Nierenversagen < Unterernährung Leberzirrhose Leberzellkrebs < vermehrte Infektionen Vergiftung (Verwirrung) Magen/DarmBlutungen < Leberzirrhose-Häufigkeit ~250 Neuerkrankungen pro 100‘000Bevölkerung/Jahr ⇒ ~17‘500 neue Zirrhose-Fälle pro Jahr in der Schweiz ⇒ 50% durch Alkohol bedingt Häufigkeit des Leberzellkrebs Sterblichkeit pro 100‘000 Zirrhose Leberzellkrebs 1969 Jahr 1999 Übersicht • Teil 1: • • • • Funktion der Leber Die kranke Leber bis zum Endstadium (Leberzirrhose) Ursachen für eine kranke Leber Häufigkeit schwerer Lebererkrankungen • Teil 2: • Die 3 wichtigsten Lebererkrankungen • alkoholische Lebererkrankung • nicht-alkoholische Lebererkrankung infolge Uebergewicht • chronische Hepatitis C • Teil 3: • Diagnostik dieser Leberkrankheiten • Behandlungsmöglichkeiten (Prophylaxe) Die alkoholische Lebererkrankung Alkohol Übergewicht Eisenstoffwechelstörungen Hepatitis C Leberzirrhose Autoimmune Hepatitis Hepatitis B Gallenwegserkrankungen Medikamente Korrelation Alkoholkonsum Zirrhosehäufigkeit 30 Beispiel: Deutschland 25 Zirrhose-Sterblichkeit (n/100‘000 Einwohner) 20 15 10 Liter reiner Alkohol/Kopf 5 0 1950 1960 1970 1980 1990 Korrelation Alkoholkonsum Zirrhosehäufigkeit Welt im Vergleich Alkoholkonsum in der Schweiz seit 1880: „Die gute Botschaft“ 16 Liter reiner Alkohol/Kopf 15 14 13 12 2. Weltkrieg 11 10 2004 (?) 9 8 1 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 Zeit Alkoholkonsum bei Jugendlichen in der Schweiz: „Die schlechte Botschaft“ Die Hälfte der 16-Jährigen betrinkt sich regelmässig! Bern (sda) Schweizer Jugendliche betrinken sich öfter als ausländische. Und beim Kiffen gehören sie zu den Spitzenreitern. Dies zeigt die internationale ESPAD-Studie, deren Schweizer Ergebnisse das Bundesamt für Gesundheit veröffentlicht hat. Eigentlich dürften 15-Jährige weder Bier, Wein noch Schnaps kaufen. Dennoch geben knapp 80 Prozent von ihnen an, im letzten Monat Alkohol konsumiert zu haben. Ein weiteres Resultat der Studie: Mehr als die Hälfte der 16-Jährigen betrinkt sich regelmässig. Bei den 13-Jährigen sind es 20 Prozent. Alkoholische Lebererkrankung Häufigkeit in der Schweiz (geschätzt) ~150‘000 Alkoholkranke 20 – 25% ~30‘000 haben oder entwickeln Leberzirrhose 10% ~3‘000 haben oder entwickeln Leberzellkrebs Alkoholische Lebererkrankung Dosis-Wirkungs-Beziehung auf Sterblichkeit an Leberzirrhose (Todesfälle/100‘000) Alkoholkonsum pro Tag (bis zu...) 121-180 181-240 >240 Männer 5 14 58 366 1050 Frauen 7 34 167 550 2000 nach Péquinot 1973 Frauen sind viel empfindlicher auf alkoholtoxische Effekte als Männer!!! Alkoholische Lebererkrankung „Nur die Dosis macht das Gift!“ Paracelsus Wieviel Alkohol pro Tag kann gefährlich sein? Lebertoxische Grenze von Alkohol pro Tag: ¾Allgemein: oder ~30g Alkohol/Tag ¾Männer: oder ~40g Alkohol/Tag ¾Frauen: oder ~20g/Alkohol/Tag Mechanismen, die zur alkoholischen Lebererkrankung führen, sind bekannt, aber .... Ungelöste Probleme: Alkoholismus Alkoholkonsum bei Jugendlichen Genetische Prädisposition Frauen Lebererkrankung durch Übergewicht Alkohol Übergewicht Eisenstoffwechelstörungen Hepatitis C Leberzirrhose Autoimmune Hepatitis Hepatitis B Gallenwegserkrankungen Medikamente Folgen von Übergewicht ? ? Häufigkeit • 75% der Fettleibigen: Fettleber • Davon 15 – 30% eine chronische Fettleberentzündung mit Tendenz zur Vernarbung (Fibrose resp. Zirrhose) • ca. 3% der Bevölkerung: chronische Fettleberentzündung • Übergang in Zirrhose: ? • Häufig im Rahmen des sog. metabolischen Syndroms: – Übergewicht/Fettsucht – Zuckerkrankheit – erhöhte Blutfette – Bluthochdruck Body Mass Index 70 Körpergewicht (kg) BMI = = 24.2 Körpergrösse (m) 2 1.7 x 1.7 Bewertung: < 18.5 kg/m2 Untergewicht 18.5 – 25 kg/m2 Normalgewicht 26 – 30 kg/m2 Übergewicht > 31 kg/m2 Fettsucht Body Mass Index BMI = 23 BMI = 15 BMI = 50 Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1985 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1985 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1986 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1987 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1988 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1989 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1990 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1991 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1992 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1993 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1994 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1995 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1996 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1997 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1998 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 1999 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 2000 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; Fettsucht Trend in der US-Bevölkerung 2001 Source: Mokdad A H, et al. J Am Med Assoc 1999,2001; „Globesity“ 1980 2000 2010 2025 24 Mio 60 Mio 68 Mio 80 Mio Europa 15 Mio 35 Mio 46 Mio 56 Mio USA Zürcherstudie bei 6-12 jährigen Kindern Aktuell: 20% der 10 – 12 jährigen sind übergewichtig Aktuell: 4% der 10 – 12 jährigen sind fettsüchtig Übergewicht-Risiko im Erwachsenenalter Übergewicht als Kind 7 Jahre 12 Jahre Übergewicht Eltern Kein Elternteil Vater Mutter beide Eltern Übergewicht erwachsen 40% 70% Risiko Übergewicht Kind 15% 40% 50% 70% Wer ist Schuld daran? ⇒ Gene in 25-40% ⇒ Essverhalten, Esskultur etc. Lebererkrankung durch Infektion mit dem Hepatitis C Virus Alkohol Übergewicht Eisenstoffwechelstörungen Hepatitis C Leberzirrhose Autoimmune Hepatitis Hepatitis B Gallenwegserkrankungen Medikamente Hepatitis C Weltweites Vorkommen der chronischen Hepatitis C Wie häufig ist die Hepatitis C in der Schweiz? ¾1% der Bevölkerung sind mit dem Virus infiziert = 70‘000 Schweizerinnen und Schweizer ¾nach 20 Jahren: 14‘000 Leberzirrhosen ¾pro Jahr entwickeln c.a. 200 bis 300 PatientInnen eine schwere Komplikation wie Leberzirrhose oder Leberzellkrebs ¾30% der HIV-positiven PatientInnen haben auch eine chronische Hepatitis C Was passiert nach der Infektion? Akute Hepatitis C Chron. Hepatitis C 80 – 90 % Zirrhose 6 % Zi‘komplikationen 20 – 30 Jahre Tod 20 % Leberzellkrebs 3.6 % 4% Wie kann man sich mit dem Hepatitis C Virus anstecken? ¾Blutprodukte (vor 1991) ¾Intravenöser Drogenabusus (unsaubere Spritzen) ¾Kleine Verletzungen bei verunreinigten Zahnbürsten, Rasierapparaten etc. ¾Tätovierungen und Piercings ¾Sexuell ws. nur sehr selten ¾Mutter auf Kind bei Geburt (5%) ¾Nicht eruierbar resp. unbekannt in ~ 50% der Fälle Wie merkt man, ob man eine chronische Hepatitis C hat? ¾Die meisten Patienten merken nichts! ¾Vermehrte Müdigkeit, verminderte Lebensqualität, Depression, milde Schmerzen im rechten Oberbauch ¾Diagnose häufig zufällig durch Hausarzt, der erhöhte Leberwerte im Blut findet und dann die Antikörper gegen das Hepatitis C Virus bestimmen lässt Chronische Hepatitis C muss aktiv gesucht werden! Übersicht • Teil 1: • • • • Funktion der Leber Die kranke Leber bis zum Endstadium (Leberzirrhose) Ursachen für eine kranke Leber Häufigkeit schwerer Lebererkrankungen • Teil 2: • Die 3 wichtigsten Lebererkrankungen • alkoholische Lebererkrankung • nicht-alkoholische Lebererkrankung infolge Uebergewicht • chronische Hepatitis C • Teil 3: • Diagnostik dieser Leberkrankheiten • Behandlungsmöglichkeiten (Prophylaxe) Wer gehört zur Risikogruppe? ¾ Leute mit regelmässigem Alkoholkonsum ¾ Leute mit Kombination von Übergewicht oder Fettsucht, Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und erhöhten Blutfetten ¾ Leute mit aktuellem oder früherem i.v. Drogenkonsum ¾ Leute mit Erhalt von Bluttransfusionen vor 1991 ¾ Leute mit risikoreichem Sexualverhalten ¾ Leute aus südeuropäischen Ländern, Südostasien, Afrika Screening bei „Risikopatienten“ Bestimmung der Leberwerte im Blut: Wenn im Abstand von 6 Monaten beide Male erhöht: ¾Vorliegen einer chronischen Leberentzündung! Aber: keine Aussage über ¾Aktivitätsgrad ¾Vernarbungsgrad Diagnostik bei chronischer Leberentzündung ¾Anamnese ¾Klinische Untersuchung ¾Labor ¾Ultraschall ¾Computertomogramm (CT) ¾Leberbiopsie Was können radiologische Methoden aussagen? US CT Welche Information bringt die Leberbiopsie? Wie sieht die Behandlung aus? Alkoholische Nicht-alkoholische Chronische Lebererkrankung: Lebererkrankung: Hepatitis C: Alkoholabstinenz Gewicht ⇓, Diät Kein Alkohol Behandlung der Alkoholkrankheit Behandlung der Zuckerkrankheit Medikamentöse Behandlung Behandlung von psychischen Probl. Behandlung von erhöhten Blutfetten Impfung gegen Hepatitis A und B Behebung sozialer Probleme ev. Behandlung mit Ev Beandkdkd Medikamenten mitid Wie sieht die Behandlung im Falle einer Zirrhose und ihrer Komplikationen aus? • Medikamentös – – – – Wassertreibende (Wasserbauch, Beinschwellung) Pfortaderdrucksenkende (Krampfadern in der Speiseröhre) Antibiotika (Infektionen) Ev. Spezifische Therapie der Erkrankung (Interferon etc.) • Endoskopisch (Magenspiegelung) • Chirurgisch • Lebertransplantation Vorbeugen ist besser als heilen! Zusammenfassung Chronische Leberkrankheiten nehmen vor allem in der westlichen Welt zu! Unklar erhöhte Leberwerte gehören abgeklärt! Dabei interessiert vor allem, ob die Leberkrankeit zur Vernarbung (Fibrosierung) neigt! Zusammenfassung Alkohol, Übergewicht und das Hepatitis C Virus sind die häufigsten Verursacher einer chronischen Lebererkrankung Ziel der Therapie ist, die Leberzirrhose zu verhindern Prophylaxe ist besser als Behandlung! Sie beginnt in der Familie. Dort, tief im Innern Filtrierst und verteilst Du Teilst und trennst Du Vermehrst und schmierst Du Du schöpfst und erntest den Stoff des Lebens ... Von Dir erhoffe ich Gerechtigkeit: Ich liebe das Leben: Verrate mich nicht! Schaffe weiter, Lasse mein Lied nicht sterben. Pablo Neruda 1904-1973