Elmar Günther Klimawandel und Resilience Management GABLER EDITION WISSENSCHAFT Schriftenreihe der HHL – Leipzig Graduate School of Management In dieser Schriftenreihe werden aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Bereich Unternehmensführung präsentiert. Die einzelnen Beiträge spiegeln die wissenschaftliche Ausrichtung der HHL in Forschung und Lehre wider. Sie zeichnen sich vor allem durch eine ganzheitliche, integrative Perspektive aus und sind durch den Anspruch geprägt, Theorie und Praxis zu verbinden sowie in besonderem Maße internationale Aspekte einzubeziehen. Elmar Günther Klimawandel und Resilience Management Interdisziplinäre Konzeption eines entscheidungsorientierten Ansatzes Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg GABLER EDITION WISSENSCHAFT Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation HHL – Leipzig Graduate School of Management, 2008 1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Frauke Schindler / Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1381-4 Geleitwort Der sich abzeichnende Klimawandel ist mit grundlegenden Auswirkungen auf das sozioökonomische System unserer Gesellschaft verbunden. Gerade in den letzten zwei Jahren hat die Diskussion um die Ursachen und Wirkungen des Klimawandels einen neuen Höhepunkt erreicht. Besondere Beachtung hat der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change im Jahr 2007 gefunden, der verdeutlichte, dass die Auswirkungen des Klimawandels gravierender sein werden als bisher angenommen. Der Analyse von Wechselwirkungen zwischen ökonomischen und ökologischen Systemen wurde in den Ansätzen zum Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Beachtung geschenkt. Heute ist aufgrund des starken Einflusses der Outside-In-Effekte des Klimawandels die Frage berechtigt, inwieweit betriebswirtschaftliche Ansätze im Allgemeinen oder im Bereich des Umwelt- und Risikomanagement geeignet sind, den Herausforderungen der Klimawandelwirkungen durch Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen zu begegnen. Blickt man über die Grenzen der betriebs- und volkswirtschaftlichen Disziplinen hinweg, so wird deutlich, dass sich interdisziplinäre Forschungsgruppen mit Problemstellungen der Resilience- und Klimawandeladaptionsforschung beschäftigen, deren Erkenntnisse jedoch bisher nicht systematisch in betriebswirtschaftliche Überlegungen Eingang gefunden haben. Vor diesem Hintergrund verfolgt Dr. Elmar Günther mit der vorliegenden Dissertationsschrift das Ziel, bestehende Ansätze des Risiko- und Flexibilitätsmanagement durch Erkenntnisse der Resilience-, Vulnerabilität- und Adaptive Capacity-Forschung anzureichern. Bisher werden diese verschiedenen Konzepte in unterschiedlichen Literatursträngen diskutiert und wenngleich es offensichtlich inhaltliche Bezugspunkte gibt, so verhindert das Silodenken innerhalb der Disziplinen den „grenzüberschreitenden“ Erfahrungsaustausch. In verdienstvoller Weise gelingt dem Autor der Brückenschlag zwischen den Disziplinen. Mit Hilfe einer umfassenden Bestandsaufnahme zu den Ursachen und Wirkungen des Klimawandels im sozioökonomischen und ökologischen System sensibilisiert Dr. Elmar Günther den Leser für den notwendigen gesellschaftspolitischen und unternehmensbezogenen Handlungsdruck. In einzelnen Schritten werden dann die Konzepte der Risiko-, Resilience-, Vulnerabilitäts- und Adaptive Capacity-Forschung reflektiert. Sehr systematisch werden die konzeptionellen Grundüberlegungen der Forschungsstränge vergleichend gegenübergestellt. Hierdurch wird erkennbar, welche konzeptionellen Parallelen existieren V und inwieweit Erweiterungspotenziale zur Anreicherung betriebswirtschaftlicher Ansätze erkennbar sind. Mit Hilfe einer explorativen Analyse überprüft er, inwieweit konzeptionelle Bestandteile eines integrierten Resilience Management in der Praxis eine Anwendung erfahren. Aufbauend auf der literaturgestützten und explorativen Analyse erfolgt die Entwicklung eines integrierten Ansatzes des Resilience Management. Die Untersuchung leistet eine bisher noch nicht vorliegende Grundlagenarbeit, um Ansätze, die sich außerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Disziplin mit Klimawandelwirkungen und Systemanpassungen beschäftigen, systematisch in den Kontext der betriebswirtschaftlichen Forschung zu integrieren. Angesichts der Komplexität der Problemstellung verlangt der Mut des Autors, sich der interdisziplinären Reflexion und Integration von unabhängigen Forschungssträngen zu widmen, eine besondere Wertschätzung. Als „Brückenbauer“ zwischen den Disziplinen hat Dr. Elmar Günther auch die Forschung in dem Competence Center „Nachhaltigkeitsmarketing“ am Lehrstuhl für Marketingmanagement der HHL - Leipzig Graduate School of Management engagiert voran getrieben. Über seine Mitgliedschaft in einem internationalen Forscherteam erlangten die vorliegenden Erkenntnisse auch eine besondere länderübergreifenden Beachtung. Angesichts der drängenden Herausforderungen, die der Klimawandel an Gesellschaft, Politik und Wirtschaft stellt, wünsche ich der Arbeit weiterhin eine gebührende Beachtung in Wissenschaft und Praxis. Univ.-Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg VI Vorwort Die globale Erwärmung und die aus ihr resultierenden Phänomene stellen die Menschheit vor vielfältige Herausforderungen. Dabei hat die Thematik gerade in der jüngsten Vergangenheit eine zunehmende Bedeutung erfahren: Während vor einigen Jahren in der öffentlichen Diskussion noch die Existenz des Klimawandels angezweifelt wurde, steht heute die Auseinandersetzung mit der Mitigation globaler Erwärmung und der Anpassung an nicht mehr negierbare Klimawandelwirkungen im Vordergrund. Diverse wissenschaftliche Disziplinen beschäftigen sich mit den zugehörigen Problemstellungen. So ist auch in der Betriebswirtschaftslehre eine zunehmende Auseinandersetzung mit der Thematik vorzufinden. Bei der Erstellung der Arbeit fiel mir bereits in einer frühen Arbeitsphase auf, dass in verschiedenen Wissenschaften wie der Resilience-, Klimawandeladaptions- und betriebswirtschaftlichen Forschung in Bezug auf die Anpassung gesellschaftlicher Institutionen an Klimawandelwirkungen verwandte Konzepte existieren, deren interdisziplinäre Diskussion und Zusammenführung bislang nur unzureichend oder gar nicht statt gefunden hat. Vor diesem Hintergrund versucht diese Arbeit einen Erkenntnisbeitrag in der Konzeptintegration dieser Wissenschaften und der Erstellung eines kontextrelevanten Resilience Management Konzeptes zu leisten. Aufgrund der Komplexität der Klimawandelwirkungen und einer bislang mangelnden detaillierten Betrachtung dieser im betriebswirtschaftlichen Kontext erfolgt eine strukturelle Einordnung von Klimawandelwirkungen in die Unternehmensumwelt, um danach eine Diskussion und Ableitung eines Verständnisses zu den Konzepten der Vulnerabilität, Adaptive Capacity und Resilience durchzuführen. Auf dieser Basis wird dann eine Zusammenführung mit den in der betriebswirtschaftlichen Literatur vorhandenen Ansätzen der Risiko- und Flexibilitätsforschung vorgenommen, um einen Resilience Management Ansatz zu entwerfen. Mit Hilfe von Experteninterviews sind neben der Untersuchung der Relevanz der Thematik für die Unternehmensführung sowie der aktuellen und prognostischen Vulnerabilität von Unternehmen Möglichkeiten der Vorsorge und Anpassung gegenüber Klimawandelwirkungen und bestehende Defizite exploriert worden. Zum Gelingen der vorliegenden Arbeit haben zahlreiche Personen in hohem Maße beigetragen, bei denen ich mich herzlich bedanken möchte. Mein größter Dank gilt meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Manfred Kirchgeorg, für seine umfangreiche fachliche und persönliche Unterstützung. Seine Voraussicht, betriebswirtschaftliche Fragestellungen zum Klimawandel zu erforVII schen, lange bevor der Thematik breite Beachtung in der deutschsprachigen Managementforschung beigemessen wurde, hat die Erstellung der vorliegenden Untersuchung erst möglich gemacht. Zudem habe ich während der Zeit am Lehrstuhl Marketingmanagement der HHL – Leipzig Graduate School of Management im Rahmen der gemeinsamen Zusammenarbeit bei Lehr- und Forschungsaufgaben, bei Beratungsprojekten sowie als Geschäftsführer der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Marketing und Unternehmensführung e.V. von seinem Wissen, seinem freundlichen Wesen und seiner teamorientierten Führung in hohem Maße profitieren dürfen. In besonderer Weise möchte ich auch der Zweitgutachterin meiner Arbeit, Frau Professor Dr. Monika Winn von der University of Victoria danken. Durch akademisches Sparring und die oftmalige Ermunterung, unkonventionell zu denken, wurde es mir durch sie ermöglicht einen großen Teil der interdisziplinären Forschungsleistung während und nach meinem Forschungsaufenthalt an der University of Victoria zu erbringen, welche in die Erstellung dieser Arbeit mündete. Herrn Professor Dr. Wilhelm Althammer von der HHL – Leipzig Graduate School of Management danke ich neben diversen akademischen Diskursen insbesondere für die kurzfristige Anfertigung des Drittgutachtens zu dieser Arbeit. Eine unvergessliche und intensive Zeit am Lehrstuhl verdanke ich meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen: Dipl.-Kffr. Beatrice Ermer, Dipl.-Kfm. Gunther Greven, Dr. Lars Fiedler, Kathrin Jung (MSc International Business), Evelyn Kästner (M.A.) und Dr. Christiane Springer sowie Nadine Horbas und Claudia Pötschke. Für das umfangreiche Korrekturlesen des Manuskripts und wertvolle Anmerkungen sei insbesondere Dipl.-Kfm. Gunther Greven, Julia Kunkel (M.A.) und Dr. Christiane Springer gedankt. Für die immerwährende Wertschätzung und Unterstützung in den vergangenen Jahren danke ich zutiefst meinen Freunden in Darmstadt und Leipzig. Ohne den Rückhalt meiner Familie hätte ich viele meiner Ziele auf dem bisherigen Lebensweg nicht erreichen können. Dies gilt auch für die Erstellung dieser Schrift. Daher möchte ich diese meinen Eltern und meinem Bruder in höchster Dankbarkeit widmen. Elmar Günther VIII Inhaltsverzeichnis Geleitwort ...........................................................................................................V Vorwort ............................................................................................................VII Inhaltsverzeichnis..............................................................................................IX Abbildungsverzeichnis .................................................................................... XV Tabellenverzeichnis ....................................................................................... XIX Abkürzungsverzeichnis .................................................................................. XXI Symbolverzeichnis ........................................................................................XXV A B Klimawandel als Herausforderung an die Unternehmensführung ............... 1 1 Relevanz des Klimawandels für die Unternehmensführung ................. 1 2 Definition grundlegender Begriffe ....................................................... 12 3 Kritische Reflektion betriebswirtschaftlicher Forschung zum Klimawandel ....................................................................................... 19 4 Resilience- und Klimawandeladaptionsforschung als weitere Ausgangspunkte der Untersuchung.................................................... 26 5 Zielsetzung der Arbeit, Forschungsmethodik und Gang der Untersuchung ..................................................................................... 32 Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels unter systemtheoretisch strukturierter Betrachtung ............................................ 39 1 Ursachen und Prognostik zur Klimavariabilität.................................... 39 1.1 Klima und Klimavariabilität.......................................................... 39 1.1.1 Natürliche Ursachen von Klimavariabilität........................ 44 1.1.2 Anthropogene Ursachen von Klimavariabilität ................. 47 1.2 Prognostizierte Klimavariabilität.................................................. 52 1.2.1 Globale Klimaprojektionen ............................................... 55 1.2.2 Klimaprojektionen zu Europa ........................................... 57 1.3 Zusammenfassung ..................................................................... 59 IX 2 Systemtheoretische Strukturierung der Unternehmensumwelt ...........59 2.1 Grundlagen zur systemtheoretischen Strukturierung ..................60 2.1.1 Systembegriff und Systemtheorie.....................................60 2.1.2 Systemtheoretisches Verständnis von Unternehmen .......63 2.2 Strukturierung der Unternehmensumwelt....................................67 2.2.1 Ökologisches System .......................................................69 2.2.2 Sozioökonomisches System.............................................70 2.3 Zusammenfassung......................................................................73 3 Forschungsergebnisse zu Klimawandelwirkungen..............................74 3.1 Wirkungen im ökologischen System ...........................................74 3.1.1 Wirkungen in terrestrischen Biomen.................................75 3.1.2 Wirkungen in aquatischen Biomen ...................................77 3.2 Wirkungen im sozioökonomischen System .................................80 3.2.1 Wirkungen unter Betrachtung der Makro- und Aufgabenumwelt...............................................................80 3.2.2 Wirkungen unter sektoraler Betrachtung ..........................82 4 C Zusammenfassung..............................................................................89 Theoretische Grundlagen zu den kontextrelevanten Konzepten der Resilience-, Klimawandeladaptions- und betriebswirtschaftlichen Forschung..................................................................................................93 1 Reflexion der betriebswirtschaftlichen Risikoforschung ......................93 1.1 Definition des Risikobegriffs ........................................................93 1.1.1 Risikobegriff aus verschiedenen Perspektiven .................93 1.1.2 Konzeptionelle Einordnung des Risikomanagements ......96 1.2 Prozess des Risikomanagements .............................................101 1.2.1 Risikoanalyse .................................................................102 1.2.2 Risikobewältigung ..........................................................108 X 1.2.3 Risikokontrolle................................................................ 111 1.3 Instrumente des Risikomanagements....................................... 112 1.3.1 Instrument der Risikovermeidung .................................. 112 1.3.2 Instrument der Risikoverminderung ............................... 113 1.3.3 Instrument der Risikoüberwälzung................................. 113 1.3.4 Instrument der Risikotragung ......................................... 114 1.4 Zusammenfassung und Betrachtung der Grenzen des Risikomanagements ................................................................. 115 2 Konzeptverständnis zur Resilience................................................... 117 2.1 Grundlagen der Resilience Forschung ..................................... 117 2.1.1 Adaptive Zyklen und Panarchy-Modell........................... 117 2.1.2 Kritische Würdigung der Operationalisierung des Panarchy-Modells .......................................................... 121 2.2 Resilience Konzept und betriebswirtschaftlicher Kontext.......... 125 2.2.1 Resilience-Definitionen und Systembezüge................... 125 2.2.2 Resilience im betriebswirtschaftlichen Kontext .............. 133 2.3 Zusammenfassung ................................................................... 136 3 Konzeptverständnis zu Vulnerabilität und Adaptive Capacity ........... 136 3.1 Vulnerabilität ............................................................................. 136 3.1.1 Betroffenheit................................................................... 141 3.1.2 Sensitivität...................................................................... 142 3.2 Adaptive Capacity..................................................................... 145 3.3 Zusammenfassung ................................................................... 150 4 Ableitung eines Resilience Verständnisses ...................................... 151 4.1 Interdisziplinäre Betrachtung verwandter Konzepte in Resilience-, Klimawandeladaptions- und betriebswirtschaftlicher Forschung ........................................... 151 XI 4.2 Interdisziplinäre Zusammenführung und Strukturierung der Konzepte ...................................................................................159 4.3 Paradigmatische Gegenüberstellung der Konzepte der Resilience- und Klimawandeladaptionsforschung .....................162 5 Grundlagen der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung.........166 5.1 Grundlagen des Flexibilitätsbegriffs ..........................................167 5.1.1 Typologisierung von Flexibilitätsarten.............................167 5.1.2 Forschungsansätze und Begriff der Unternehmensflexibilität .................................................171 5.1.3 Unternehmensflexibilität aus systemtheoretischer Perspektive.....................................................................174 5.2 Prozess des Flexibilitätsmanagements .....................................176 5.2.1 Ermittlung des Flexibilitätsbedarfs ..................................179 5.2.2 Ermittlung des Flexibilitätspotenzials..............................183 5.2.3 Ermittlung des Flexibilitätsoptimums und Anpassung des Flexibilitätspotenzials...............................................188 6 D Zusammenfassung............................................................................193 Konzeption eines Resilience Managements unter empirischer Exploration von Relevanz und Umgang mit Klimawandelwirkungen .......197 1 Empirische Exploration von Relevanz und Umgang mit Klimawandelwirkungen .....................................................................197 1.1 Forschungsmethodik, Ziel und Aufbau der empirischen Untersuchung............................................................................197 1.1.1 Zielstellung und Methodik der empirischen Untersuchung .................................................................199 1.1.2 Deskription der Interviewstruktur und der Stichprobe .....204 1.2 Ergebnisse der empirischen Exploration...................................207 1.2.1 Relevanz der Thematik aus persönlicher und Unternehmenssicht ........................................................207 XII 1.2.2 Prognostische Klimawandelwirkungen auf Unternehmensebene ..................................................... 210 1.2.3 Möglichkeiten der Vorsorge und Anpassung an Klimawandelwirkungen .................................................. 215 1.3 Zusammenfassung ................................................................... 219 2 Konzeption eines Resilience Managements ..................................... 221 2.1 Systemisch-evolutionäre Unternehmensgestaltung zur Beeinflussung der Anpassungsfähigkeit ................................... 222 2.1.1 Konstruktivistisches und systemisch-evolutionäres Denken als Komplemente .............................................. 222 2.1.2 Dynamische Gestaltung der Adaptive Capacity ............. 224 2.2 Entscheidungsorientierte Beeinflussung der Vulnerabilität und der gerichteten Anpassungsfähigkeit gegenüber Klimawandelwirkungen ............................................................. 227 2.2.1 Ermittlung der Betroffenheit und des gerichteten Anpassungsbedarfs ....................................................... 234 2.2.2 Ermittlung der Sensitivität und des gerichteten Anpassungspotenzials sowie Zusammenführung zur Vulnerabilität und Anpassungslücke .............................. 242 2.2.3 Festlegung von Zielen und Strategien unter KostenNutzen-Betrachtung ....................................................... 246 2.2.4 Kontrolle von Methodik, Maßnahmen und Wirkungen ... 256 E Zusammenfassung und Fazit .................................................................. 260 1 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse................................... 260 2 Implikationen für die Praxis............................................................... 269 3 Kritische Würdigung der Ergebnisse und zukünftiger Forschungsbedarf............................................................................. 272 Anhangsverzeichnis und Anhang................................................................... 277 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 287 XIII Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Globale und kontinentale Temperaturveränderungen 1906-2005................................................................................. 2 Abbildung 2: Mitigation und Anpassung als Strategien im Umgang mit dem Klimawandel............................................................................... 5 Abbildung 3: Erneuerung des bestehenden Forschungsparadigmas ........... 10 Abbildung 4: Interne Sphären des St. Galler Management-Modells ............. 16 Abbildung 5: Unsicherheit in der Unternehmensumwelt und Anpassungszeit ................................................................................................. 26 Abbildung 6: Resilience- und Klimawandeladaptionsforschung.................... 28 Abbildung 7: Einfluss verwandter Wissenschaften auf die Betriebswirtschaftslehre ........................................................... 36 Abbildung 8: Überblick zum Gang der Untersuchung ................................... 38 Abbildung 9: Schema des globalen Klimasystems ....................................... 40 Abbildung 10: Strahlungsantrieb und wissenschaftlicher Erkenntnisstand zu Klimagasen .............................................................................. 52 Abbildung 11: Vorgehensweise bei der Erstellung der Klimaprojektionen des IPCC ........................................................................................ 54 Abbildung 12: Strukturierung der Umsysteme des Unternehmens ................. 69 Abbildung 13: Beispiele für Stakeholdergruppen eines Unternehmens .......... 72 Abbildung 14: Strukturierung der Unternehmensumwelt................................. 74 Abbildung 15: Betrachtung ökologischer Klimawandelwirkungen durch das IPCC.................................................................................. 75 Abbildung 16: Mögliche Klimawandelwirkungen in der Makroumwelt von Unternehmen ........................................................................... 81 XV Abbildung 17: Anteil an natürlichen schneezuverlässigen Skigebieten in Europa bei unterschiedlichen Erwärmungsszenarien ........... 88 Abbildung 18: Systemherkunft und Zeitbezug von Klimawandelwirkungen..... 92 Abbildung 19: Determinanten der Risikowahrnehmung ................................ 104 Abbildung 20: Instrumente des Risikomanagements .................................... 109 Abbildung 21: Zuordnung der Instrumente des Risikomanagements in Risikomatrix............................................................................ 110 Abbildung 22: Risikomanagement und Management der Unsicherheit ......... 116 Abbildung 23: Vier Phasen eines adaptiven Zyklus´ ..................................... 118 Abbildung 24: Panarchy-Modell..................................................................... 120 Abbildung 25: Systemvisualisierung durch Ball-Basin-Modell ....................... 126 Abbildung 26: Organisationales Resilience Konzept nach Seville................. 135 Abbildung 27: Wirkungsrisiko in Zuordnung zur Vulnerabilität ...................... 152 Abbildung 28: Resistenz und Recovery als Bestandteile des Resilience Konzepts ................................................................................ 159 Abbildung 29: Strukturierung der diskutierten Konzepte ............................... 161 Abbildung 30: Paradigmen der Resilience- und Klimawandeladaptionsforschung ............................................ 164 Abbildung 31: Typologisierung von Flexibilitätsarten..................................... 168 Abbildung 32: Flexibilität und Unsicherheit.................................................... 179 Abbildung 33: Kompatibilität der Umweltunsicherheit und des Flexibilitätspotenzials.............................................................. 189 Abbildung 34: Gegenläufige Flexibilitätskosten und -nutzen ......................... 191 Abbildung 35: Beispielhafte Zusammenführung von Flexibilitätsbedarf und potenzial ................................................................................. 192 Abbildung 36: Abschließende Strukturierung der diskutierten Konzepte....... 196 XVI Abbildung 37: Bezugsrahmen für die empirische Exploration....................... 200 Abbildung 38: Wissen und Relevanz zur Klimawandelthematik.................... 208 Abbildung 39: Handlungsorientierung bezüglich Klimawandelthematik ........ 209 Abbildung 40: Prognostik zu direkten Klimawandelwirkungen ...................... 211 Abbildung 41: Förderung und Beeinträchtigung der Unternehmensziele...... 215 Abbildung 42: Entscheidungsorientierter Prozess eines Resilience Managements ........................................................................ 230 Abbildung 43: Zusammenhang und Analyse externer und interner Determinanten ....................................................................... 230 Abbildung 44: Beispielhafte branchenbezogene Betroffenheit durch Klimawandelwirkungen in Deutschland.................................. 237 Abbildung 45: Beispielhafte Gegenüberstellung von gerichtetem Anpassungsbedarf und -potenzial.......................................... 246 Abbildung 46: Übersicht zur Behandlung antizipierbarer und nichtantizipierbarer Veränderungen/ Einwirkungen................ 248 Abbildung 47: Risikoreduktion durch Risikoinstrumente ............................... 249 Abbildung 48: Schematische Gegenüberstellung von Anpassungskosten und -nutzen ............................................................................ 252 XVII Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Natürliche Ursachen von Klimavariabilität................................ 44 Tabelle 2: Charakteristika und Veränderungen klimawirksamer Spurengase............................................................................. 50 Tabelle 3: Prognose zum Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur 56 Tabelle 4: Zusammenstellung qualitativer Risikofaktoren....................... 108 Tabelle 5: Überblick zu den Definitionen von Resilience ........................ 131 Tabelle 6: Überblick zu den Definitionsbestandteilen von Resilience ............................................................................................... 132 Tabelle 7: Überblick zu den Definitionen von Vulnerabilität .................... 139 Tabelle 8: Überblick zu den Definitionsbestandteilen von Vulnerabilität .............................................................................................. 140 Tabelle 9: Überblick zu den Definitionen von Betroffenheit .................... 142 Tabelle 10: Überblick zu den Definitionen von Sensitivität ....................... 143 Tabelle 11: Überblick zu den Definitionen von Adaptive Capacity ............ 146 Tabelle 12: Überblick zu den Definitionsbestandteilen von Adaptive Capacity ................................................................................. 147 Tabelle 13: Beispielhafte Aufführung von Flexibilitätspotenzial ................ 184 Tabelle 14: Strukturierung des Fragebogens für die Experteninterviews ............................................................................................... 205 Tabelle 15: Beispielhafte Vulnerabilitätsübersicht..................................... 245 Tabelle 16: Beispielhafter Aufgabenkatalog ............................................. 259 XIX Abkürzungsverzeichnis AG Anm. Aktiengesellschaft Anmerkung Art. Aufl. Artikel Auflage BP British Petroleum bspw. bzw. beispielsweise beziehungsweise ca. CH4 circa CICERO cm cm2 CO2 Methan Center for International Climate and Environmental Research – Oslo Zentimeter Quadratzentimeter Kohlenstoffdioxid d. des D.C. d.h. DBW District of Columbia das heißt Die Betriebswirtschaft EBITDA EEA Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization European Environment Agency e.g. et al. etc. exempli gratia (zum Beispiel) et alii, et alia, et alteri et cetera EU e.V. Europäische Union eingetragener Verein f., ff. FCKW FMEA folgende, fortfolgende Fluorchlorkohlenwasserstoffe Failure Mode and Effects Analysis GCM GDP Global Circulation Model Gross Domestic Product XXI ggf. Gt gegebenenfalls Gigatonne HHL Hrsg. HWWI Handelshochschule Leipzig Herausgeber Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut i.A. IDW i.d.R. i.e. in Anlehnung (an) Institut der Wirtschaftsprüfer in der Regel id est (das heißt) IFED IPCC International Forum on Engineering Decision Making Intergovernmental Panel on Climate Change Jg. jr. Jahrgang junior KLARA km KMU KonTraG Klimawandel – Auswirkungen, Risiken, Anpassung Kilometer kleine und mittelgroße Unternehmen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im KPI kW Unternehmensbereich Key Performance Indicator Kilowatt LOHA LOSU Lifestyle of Health and Sustainability Level of Scientific Understanding m m2 Mio. Meter Quadratmeter Millionen mm MPI Mt Millimeter Max-Planck-Institut Megatonne MW Mittelwert N2O Distickstoffmonoxid Number Nummer No. Nr. o. O3 XXII ohne Ozon OECD OM Organisation for Economic Co-operation and Development Ozean-Meereis-Modell PIK ppb Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung parts per billion ppm parts per million RF Radiative Forcing S. SEABUS Seite International Research Network on Social and SFB SME sog. Sp. Environmental Aspects in Business and Management Sonderforschungsbereich Small and Medium-sized Business sogenannte Spalte SPSS SRES Statistical Product and Service Solution Special Report on Emissions Scenarios TransPuG Transparenz und Publizitätsgesetz u.a. UFZ UK UKCIP UNEP UNFCCC URL unter anderem Umweltforschungszentrum United Kingdom United Kingdom Climate Impacts Programme United Nations Environment Programme United Nations Framework Convention on Climate Change Uniform Resource Locator USA usw. United States of America und so weiter v. v. Chr. Verf. vgl. Vol. von, vom vor Christus Verfasser(s) vergleiche Volume W WETTREG Watt Wetterlagen-basierte Regionalisierungsmethode XXIII WMO www World Meteorological Organization World Wide Web z.B. ZFP z.T. zum Beispiel Zeitschrift für Forschung und Praxis zum Teil XXIV Symbolverzeichnis °C Grad Celsius % Prozent m Mikrometer XXV A Klimawandel als Herausforderung an die Unternehmensführung 1 Relevanz des Klimawandels für die Unternehmensführung Abschmelzende Polkappen, zunehmende Wirbelstürme in den USA, Überschwemmungen und Rekordhitze in Europa: Die globale Erwärmung unseres Planeten führt zu vielschichtigen und komplexen Veränderungen, die gemäß dem heutigen Erkenntnisstand nur in Teilen nachvollzogen und deren Auswirkungen nur unzureichend geschätzt werden können.1 Dabei lässt sich die beobachtbare Erwärmung gemäß derzeitigem Erkenntnisstand nur unter Berücksichtigung der Anthropogenität klimatologischer Modelle erklären (vgl. Abbildung 1). Während der erste Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)2 aus dem Jahr 1990 noch eine Erwärmung der globalen mittleren Oberflächentemperatur zwischen 0,15°C und 0,3°C pro Dekade zwischen 1990 und 2005 prognostizierte, können heute 0,2°C pro Dekade gemessen werden.3 Im Durchschnitt der vergangenen 100 Jahre (1906-2005) nahm diese insgesamt um 0,74°C zu.4 Im Frühjahr 2007 wurde der vierte Bericht des IPCC veröffentlicht, der noch größere Auswirkungen prognostiziert, als der vorige Bericht aus dem Jahr 2001. 1 2 3 4 Vgl. Adger, W. N. et al. (2007b): Summary for Policymakers, in: Parry, M. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 7ff. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 durch das United Nations Environmental Program (UNEP) und die World Meteorological Organization (WMO) gegründet, um weltweite interdisziplinäre Forschungsergebnisse zum Klimawandel zusammenzuführen und regelmäßig zu veröffentlichen. Hierzu werden naturwissenschaftliche, technische und sozioökonomische Forschungsergebnisse, welche in „peer-reviewed“ Literaturen, Journals usw. erhältlich sind, aufgegriffen. Vgl. weiterführend UNFCCC (Hrsg.) (2006): United Nations Framework Convention on Climate Change – Handbook, Bonn, S. 54ff. Vgl. IPCC (Hrsg.) (2007b): Summary for Policymakers, in: Solomon, S. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 12. Vgl. Trenberth, K. E. et al. (2007): Observations: Surface and Atmospheric Climate Change, in: Solomon, S. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 237. 1 Abbildung 1: Globale und kontinentale Temperaturveränderungen 1906-2005 (Quelle: IPCC (Hrsg.) (2007b), S. 11) In diesem Bericht werden diverse Studien der Klima- und Klimafolgenforschung zusammengefasst. Diese belegen u.a., dass 5 2 es wahrscheinlich5 ist, dass Treibhausgase in der Vergangenheit mehr Erwärmung verursacht haben, als bisher gemessen werden konnte, da Vulkanismus und anthropogen verursachte Aerosole einen Teil der verursachten Erwärmung kompensiert haben. Das IPCC benutzt den Ausdruck „very likely“ („höchst wahrscheinlich“) bei einer Ergebniswahrscheinlichkeit größer 90%, den Ausdruck „likely“ („wahrscheinlich“) bei einer Ergebniswahrscheinlichkeit größer 66% und den Ausdruck „very unlikely“ („höchst unwahrscheinlich“) bei einer Ergebniswahrscheinlichkeit kleiner 10%. Vgl. Solomon, S. et al. (2007): Technical Summary, in: Solomon, S. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 23. die beobachtete Erwärmung der Atmosphäre und des Ozeans zusammen mit schmelzenden Eismassen der Arktis darauf schließen lassen, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass der globale Klimawandel der letzten fünfzig Jahre ohne Anthropogenität erklärt werden kann und höchst wahrscheinlich, dass dieser nicht alleine auf natürliche Ursachen zurückzuführen ist. die Erwärmung des Klimasystems im Zusammenhang mit Temperaturveränderungen auf der Erdoberfläche und des Ozeans sowie des Meeresspiegelanstiegs stehen und anthropogene Ursachen hierfür mit verantwortlich sind. Zudem sind die troposphärische Erwärmung und stratosphärische Abkühlung höchst wahrscheinlich durch Wirkungen von Treibhausgasen und der Abnahme der Ozonkonzentration in der Stratosphäre zu erklären. Veränderungen in Wind- und Sturmaktivitäten wahrscheinlich auf anthropogene Einflüsse zurückzuführen sind. Dabei sind die beobachteten Veränderungen in der nördlichen Hemisphäre sogar größer als in den berechneten Modellsimulationen.6 Obwohl die Ursachen der globalen Erwärmung und die möglichen Auswirkungen in der natürlichen Umwelt bereits seit langem bekannt sind7, ist die Thematik erst in jüngster Zeit in breiter Öffentlichkeit diskutiert worden, nachdem weltweit Extremwetterereignisse an Häufigkeit und Ausmaß zugenommen haben bzw. durch die Öffentlichkeit wahrgenommen wurden.8 Das Phänomen des Klimawandels ist aufgrund seiner komplexen Wirkungen ebenfalls aus Unternehmenssicht zu betrachten.9 Die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehenden Auswirkungen verändern die Rahmenbedingungen der Unternehmensführung. Zunehmend wird davon ausgegangen, dass die Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels den Erfolg oder gar den Fortbestand von 6 7 8 9 Vgl. IPCC (Hrsg.) (2007b): Summary for Policymakers, in: Solomon, S. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2007: The Physical Science Basis, Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 11. Vgl. u.a. Callendar, G. S. (1938): The artificial production of carbon dioxide and its influence on temperature, in: Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, Vol. 64, S. 223ff. Vgl. auch Jonas, M. et al. (2005): Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von Extremereignissen durch Klimaänderungen – Schwerpunkt Deutschland, Dessau, S. 37ff. Vgl. Weistroffer, C. (2007): Klimawandel bewältigen – Die Rolle der Finanzmärkte, in: Deutsche Bank Research [Hrsg.]: Energie und Klimawandel, Aktuelle Themen 397, Frankfurt am Main, S. 3ff. 3 Unternehmen10 unterschiedlichster Branchen entscheidend beeinflussen wird.11 Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich für eine nähere Betrachtung in eine Komponente graduellen Wandels und in eine Komponente diskontinuierlicher Wirkungen unterteilen.12 Dabei führt die graduelle Wirkung über einen langen Zeitraum hinweg zu Veränderungen in der natürlichen Umwelt. Hierzu zählen u.a. das Abschmelzen der Polarkappen, steigende Schneefallgrenzen, die Erwärmung der Meere. Als diskontinuierliche Wirkungen lassen sich die bereits erwähnte Zunahme von Extremwetterphänomenen in Häufigkeit und Ausmaß beobachten, wie etwa Wirbelstürme, Hagelschauer, extreme Hitze- und Dürresowie Kälteperioden. Solche Veränderungen in der ökologischen Umwelt wirken wiederum auf das sozioökonomische System ein. Hierbei sind etwa ökonomische, politisch-rechtliche, technologische und kulturelle Veränderungen im Makroumfeld eines Unternehmens zu betrachten. Als mögliche sozioökonomische Wirkungen, lassen sich wettbewerbliche (z.B. führt eine länderspezifische Umweltpolitik zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen), psychografische (z.B. verändertes Anspruchsverhalten von Verbrauchern oder Interessensgruppen) und rechtliche Veränderungen beispielhaft nennen.13 Demnach sind diskontinuierliche Veränderungen im Makro- und Aufgabenumfeld eines Unternehmens in der nachfolgenden Untersuchung ebenfalls zu berücksichtigen.14 10 11 12 13 14 4 In dieser Arbeit werden die Begrifflichkeiten Unternehmen und Betrieb synonym verwendet. Zur Begriffsdiskussion vgl. Zelewski, S. (1999): A. Grundlagen, in: Corsten, H./ Reiß, M. [Hrsg.]: Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., München, S. 21f. Beispielhaft sei hier angeführt, dass staatliche Regulierungsmaßnahmen zur Verringerung von Kohlenstoffdioxidemissionen sowie die Bewertung von Extremwetterrisiken an den Finanzmärkten erhebliche Wirkungen auf die strategischen Überlegungen in den Unternehmen verschiedenster Branchen besitzen können. Vgl. Bergius, S. (2006): Das Klima wird zur finanziellen Größe, in: Handelsblatt v. 25.09.2006, S. 20; Fockenbrock, D. (2006): Energiekonzerne stehen vor dem Umbruch, in: Handelsblatt v. 22./23./24.09.2006, S. 16; Fromme, H./ Hagen, P. (2007): Strategien gegen die Sturmfront, in: Financial Times Deutschland v. 27. Juni 2007, S. A4; Zydra, M. (2007): Finanzmärkte entdecken Klimawandel, in Financial Times Deutschland v. 14. August 2007, S. 11. Vgl. Schneider, S./ Sarukhan, J. (2001): Overview of Impacts, Adaptation, and Vulnerability to Climate Change, in: McCarthy, J. J. et al. [Hrsg.]: Climate Change 2001: Impacts, Adaptation, and Vulnerability, Contribution of Working Group II to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, S. 92ff. Vgl. auch Anderson, K. et al. (2006): Growth scenarios for EU & UK aviation: contradictions with climate policy, in: Tyndall Centre for Climate Change Research, Working Paper No. 84, Norwich, S. 13ff.; United Kingdom Climate Impacts Programme (Hrsg.) (2007): The adaptation tipping point: are UK businesses climate-proof?, Oxford, S. 7ff. Vgl. Kirchgeorg, M./ Günther, E. (2006): Mit mir die Sintflut, in: Financial Times Deutschland v. 8. November 2006, Beilage „enable“, S. 24f. Hierbei kann in direkte Einwirkungen, welche dem ökologischen System entstammen und indirekte Einwirkungen, welche dem sozioökonomischen System entstammen, unterschieden werden. Vgl. auch Hertin, J. et al. (2003): Climate Change and the UK house building sector: perceptions, impacts and adaptive capacity, in: Building Research & Information, Vol. 31, No. 3-4, S. 278ff. Das IPCC unterteilt die Maßnahmen im Umgang mit dem Klimawandel in solche, die zur Vermeidung zukünftiger bzw. zur Verringerung bereits erfolgter Klimaänderungen beitragen und in solche, die zu einer verbesserten Anpassung an die Klimawandelwirkungen führen (vgl. Abbildung 2).15 Klimavariabilität und Klimawandel Betroffenheit Mitigation Autonome Adaption Geplante Adaption Residuale Wirkungen Reaktion Abbildung 2: Mitigation und Anpassung als Strategien im Umgang mit dem Klimawandel (Quelle: i.A. Schneider, S./ Sarukhan, J. (2001), S. 90) Ausgangspunkt der schematischen Darstellung von Maßnahmen im Umgang mit dem Klimawandel sind der Vorbereitungsstand betrachteter Systeme gegenüber Klimawandelwirkungen und die Verringerung von Einwirkungen in diese. Dabei ist bezüglich der Mitigation von Einwirkungen eine Reduktion von Treibhausgasen vorzunehmen, d.h. die anthropogenen Ursachen des Klimawandels sind anhand geeigneter Maßnahmen auf der Entstehungsseite zu verringern.16 Zudem werden geplante Anpassungsmaßnahmen auf der Seite der Adaption anvisiert.17 Hierbei werden Klimawandelwirkungen als eine gegebene Größe angesehen, gegenüber denen die Beeinträchtigung eines Systems durch geplante Anpassungsmaßnahmen reduziert wird, etwa durch Beeinflussung der Betroffenheit des Systems. Hierdurch werden residuale bzw. Nettowirkungen 15 16 17 Vgl. u.a. Penning-Rowsell, E. et al. (2006): “Signals” from pre-crisis discourse: Lessons from UK flooding for global environmental policy change?, in: Global Environmental Change, Vol. 16, No. 4, S. 323ff. Vgl. auch Diekmann, J. et al. (2005): Klimaschutz in Deutschland bis 2030 – Endbericht zum Forschungsvorhaben Politikszenarien III, Dessau, S. 39ff.; Ott, H. E. (2007): Climate Policy Post-2012 – A roadmap, in: Discussion paper for the 2007 Tällberg Forum, Tällberg, S. 4ff. Vgl. auch Ingham, A. et al. (2006): Theory and practice of economic analysis of adaptation, in: Tyndall Centre for Climate Change Research, Technical Report No. 55, Norwich, S. 5ff. 5 (im Sinne von Schadenswirkungen) innerhalb des Systems reduziert.18 Hinsichtlich der Berücksichtigung des ökologischen Systems im betriebswirtschaftlichen Kontext sind in der Vergangenheit vor allem die Wirkungen aus dem ökonomischen auf das ökologische System diskutiert worden.19 Die Einbettung dieser Wirkungen wurde dabei anhand des Ansatzes der Nachhaltigen Entwicklung bzw. des Sustainable Developments unternommen, welcher ausgehend von der Veröffentlichung der Brundtland-Kommission aus dem Jahr 1987 vielfache Anerkennung und Weiterentwicklung erfahren hat.20 Trotz diverser Definitionen, die eine genaue Fassung des Sustainable Development erschweren, hat es bereits in den neunziger Jahren Ansätze gegeben, die Ziele zur Nachhaltigkeit weltweit umzusetzen.21 Gemein haben die meisten Definitionen, dass unter der Anvisierung einer Nachhaltigen Entwicklung die gleichzeitige Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Zielstellungen zu gewährleisten ist. Diese Auffassung hat insbesondere im Kontext der nachhaltigen Unternehmensführung Eingang gefunden und wird auch als „Tripple- 18 19 20 21 6 Hierbei werden autonome und geplante Adaptionen unterschieden, da ebenfalls solche Anpassungsmaßnahmen berücksichtigt werden, die ohne vorausschauende Planung durchgeführt werden. Vgl. auch Maciver, D.C./ Dallmeier, F. (2000): Adaptation to Climate Change and Variability, in: Environmental Monitoring and Assessment, Vol. 61, No. 1, S. 4f. Vgl. Hart, S. L. (1995): A Natural-Resource-Based View of the Firm, in: Academy of Management Review, Vol. 20, No. 4, S. 986ff.; Jennings, P. D./ Zandbergen, P. A. (1995): Ecologically Sustainable Organizations: An Institutional Approach, in: Academy of Management Review, Vol. 20, No. 4, S. 1015ff.; Meffert, H./ Kirchgeorg, M. (1998): Marktorientiertes Umweltmanagement – Konzeption – Strategie – Implementierung, 3. Aufl., Stuttgart, S. 29ff. Zum Zusammenhang des Sustainable Development und der Mitigation zukünftiger globaler Erwärmung vgl. Boyd, E. et al. (2007): The Clean Development Mechanism: An assessment of current practice and future approaches for policy, in: Tyndall Centre for Climate Change Research, Working Paper No. 114, Norwich, S. 16ff. Sustainable Development is a development that “meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ World Commission on Environment and Development (Hrsg.) (1987): Our Common Future, Oxford, S. 8. Vgl. weiterführend Gladwin, T. N. et al. (1995): Shifting Paradigms for Sustainable Development: Implications for Management Theory and Research, Vol. 20, No. 4, S. 874ff. Insbesondere nach dem Earth Summit 1992 von Johannisburg wurden weltweit Aktionsgruppen auf kommunaler Ebene zur Umsetzung der „Agenda 21“ gebildet, welche durch 178 Nationen ratifiziert worden war. Vgl. United Nations Division for Sustainable Development (Hrsg.) (2006): Agenda 21 – United Nations Conference on Environment and Development, Rio de Janeiro, Brazil, June 1992, in: URL: http://www.un.org/esa/sustdev/documents/ agenda21/index.htm, Stand: 06.12.2007. Vgl. hierzu Kirchgeorg, M. (1992): Sustainable Development – Ein neues Leitbild für Politik und Wirtschaft?, in: Akademie, 38. Jg., Nr. 2, S. 4f. Bottom-Line-Approach“ bezeichnet.22 Als Zielstellungen der ökonomischen Dimension können bspw. Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens angeführt werden. Zur dauerhaften Erreichung bzw. Sicherung ökonomischer Ziele sind zudem soziale Ziele, wie etwa die Mitarbeiterzufriedenheit, humane Arbeitsbedingungen oder die Arbeitnehmermitbestimmung sowie ökologische Zielstellungen, wie die der Rohstoffschonung, Emissionsreduzierung und Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen in unternehmenspolitischen Entscheidungen, zu beachten.23 Bezüglich der Konkretisierung von Managementregeln zum nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen standen bisher die Ausführungen von Pearce und Turner im Vordergrund konzeptioneller Betrachtungen. Gemäß diesen ist eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen gewährleistet, wenn 1. die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen kleiner bzw. gleich ihrer Regenerationsrate ist, 2. das Ausmaß der Einleitung an Schad- bzw. Abfallstoffen nicht größer als die Assimilationskapazität des ökologischen Systems ist, 3. die Abbaurate von nicht regenerierbaren Ressourcen kleiner bzw. gleich ihrer Substitutionsrate ist.24 Grundsätzlich unterliegt der Formulierung dieser Regeln die Annahme, dass durch Anpassung von Produktions- und Konsumkapazitäten an die genannten Regenerations- und Substitutionsraten das ökologische Fließgleichgewicht und 22 23 24 Der Ansatz wurde im Marketingmanagement ebenso wie in diversen anderen Disziplinen der betriebswirtschaftlichen Forschung aufgegriffen und weiterentwickelt. Vgl. auch Balderjahn, I. (2004): Nachhaltiges Marketing-Management – Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart, S. 42ff. Zur Rolle des Marketingmanagement im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensführung vgl. Belz, F.-M. (2004): NachhaltigkeitsMarketing – ein entscheidungsorientierter Ansatz, in: Wiedmann, K.-P. et al. [Hrsg.]: Management mit Vision und Verantwortung – eine Herausforderung an Wissenschaft und Praxis, Wiesbaden, S. 467ff.; Belz, F.-M. (2005): Nachhaltigkeits-Marketing: Konzeptionelle Grundlagen und empirische Ergebnisse, in: Belz, F.-M./ Bilharz, M. [Hrsg.]: Nachhaltigkeitsmarketing in Theorie und Praxis, Wiesbaden, S. 19ff.; Kirchgeorg, M. (2005): NachhaltigkeitsMarketing – eine internationale Perspektive, in: Belz, F.-M./ Bilharz, M. [Hrsg.]: Nachhaltigkeitsmarketing in Theorie und Praxis, Wiesbaden, S. 41ff. Für einen Überblick vgl. insbesondere Kirchgeorg, M. (2002): Nachhaltigkeits-Marketing – Integration bestehender Erkenntnisse oder konzeptionelle Erweiterung?, in: UmweltWirtschaftsForum, 10. Jg., Nr. 4, S. 4ff. Vgl. Hopfenbeck, W. (1994): Umweltorientiertes Management und Marketing – Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, 3. Aufl., Landsberg/ Lech, S. 41. Vgl. Pearce, D. W./ Turner, R. K. (1990): Economics of Natural Resources and the Environment, Baltimore, S. 43ff. 7 damit die nachhaltige Ressourcenverfügbarkeit nicht gestört werden.25 Dabei beruht das Nachhaltigkeitsparadigma auf der Vorstellung, dass das ökonomische System, das soziale System und das ökologische System innerhalb einer Gesamtsystematik miteinander verbunden sind und dass eine geringere Beanspruchung des ökologischen Systems durch das ökonomische System zu einer Verringerung von Ungleichgewichten und damit zu einer Stabilisierung des Gesamtsystems führt.26 Aus Sicht des ökonomischen Systems wurde folglich bei nachhaltigen Zielstellungen von der Betrachtung von Inside-out-Effekten ausgegangen27, welche sich u.a. in den Forschungen zum Umweltmanagement widerspiegelten.28 Obwohl seit langem Hinweise vorliegen, dass Umweltbelastungen bestehen, durch die ein solcher Gleichgewichtszustand trotz Verringerung an Einwirkung in die ökologische Umwelt nicht mehr erreicht werden kann, wurde die kritische Prüfung des Ansatzes des Sustainable Development in der betriebswirtschaftlichen Diskussion bisher vernachlässigt.29 In diesem Zusammenhang wird der Begriff der „ökologischen Diskontinuität“ in der Literatur angeführt. Diskontinuitäten werden allgemein definiert als „[…] sudden, urgent, unfamiliar changes in the firm’s perspective which threaten either a major profit reversal or loss of a 25 26 27 28 29 8 Vgl. Winn, M. I./ Kirchgeorg, M. (2005a): Herausforderungen an das Nachhaltigkeitsmanagement bei zunehmenden ökologischen Diskontinuitäten, in: Burmann, C. et al. [Hrsg.]: Management von Ad-hoc-Krisen, Wiesbaden, S. 250. Zur organisationalen Ressourcenabhängigkeit im Zusammenhang mit der Verfügung über Akteure in sozialen Systemen vgl. Dastmalchian, A. (1984): Environmental Dependencies and Company Structures in Britain, in: Organization Studies, Vol. 5, No. 3, S. 227ff.; Pfeffer, J./ Salancik, G. R. (1978): The external Control of Organizations – A Resource Dependence Perspective, New York, S. 46ff. Zum diesbezüglichen „ökozentrierten“ Management vgl. Shrivastava, P. (1995): Ecocentric Management for a Risk Society, in: Academy of Management Review, Vol. 20, No. 1, S. 118ff. Wie in Kapitel B 2.2 ausgeführt wird, wird das ökologische System als allen anderen Systemen übergeordnet angesehen. Inside-out-Effekte sind hierbei Effekte, die aus dem ökonomischen in das ökologische System einwirken. „Umweltmanagement für Unternehmen bedeutet nun, das soziale System Unternehmen so zu führen, dass es in einem Überlebensgleichgewicht mit der natürlichen Umwelt existieren kann.“ Müller-Christ, G. (2001): Umweltmanagement – Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung, München, S. 4. Für einige Fallbeispiele nachhaltiger Unternehmensaktivitäten vgl. auch Hardtke, A./ Prehn, M. (2001): Perspektiven der Nachhaltigkeit – Vom Leitbild zur Erfolgsstrategie, Wiesbaden, S. 65ff. Das Management von Umweltrisiken aus der Inside-outPerspektive befasst sich demnach auch nicht mit den Risiken, welche Veränderungen im ökologischen System für den Menschen darstellen (z.B. Naturrisiken), sondern mit den Risiken, die aufgrund von Anthropogenität für die Umwelt entstehen. Vgl. hierzu Lesourd, J.-B./ Schilizzi, S. G. M. (2001): The Environment in Corporate Management – New Directions and Economic Insights, Cheltenham, S.250ff. Vgl. Winn, M. I./ Kirchgeorg, M. (2005a): Herausforderungen an das Nachhaltigkeitsmanagement bei zunehmenden ökologischen Diskontinuitäten, in: Burmann, C. et al. [Hrsg.]: Management von Ad-hoc-Krisen, Wiesbaden, S. 247ff.