Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 1 Lineare MHD-Gleichgewichte z j z B B j θ θ j z jθ p Bθ a Bz p r Wolfgang Suttrop, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Garching a r Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Inhalt • MHD-Kraftgleichgewicht • Kraftfreies Gleichgewicht, Magnetfeld-Topologie • 1-D Kraft-Gleichgewichte in Zylindersymmetrie – z-pinch – θ-pinch – screw pinch 2 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte MHD-Gleichungen Kontinuitätsgleichung: ∂ n + ∇ · (n~u) = 0 ∂t Kraftgleichung: d ∂~u m (n ~u) = m n + mn (~u · ∇)~u = ρ~E + ~j × ~B − ∇ · P0 dt ∂t Verallgemeinertes Ohm’sches Gesetz: ~E +~u × ~B = η0~j Zustandsgleichung, z.B. adiabatisch mit z Freiheitsgraden: z+2 d p = 0, γ = dt nγ z Maxwell-Gleichungen (~E statisch, Ladungsneutralität): ρ ! ~ ~ ∇·E = = 0, ∇ × ~E = − ∂∂tB , ε0 ~ ∇ · ~B = 0, ∇ × ~B = µ0~j + ε0 µ0 ∂∂tE ≈ µ0~j 3 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte MHD-Kraftgleichgewicht Ann.: Stationär (∂/∂t = 0), ideale Leitfähigkeit (spez. Wid. η → 0), Advektionsterm (~u · ∇)~u = 0 (aber i.a. ~u 6= 0, d.h. Strömung erlaubt), skalarer Druck Kraftgleichung: m ∂~u d (n ~u) = m n +mn (~u · ∇)~u = ρ~E +~j × ~B − ∇ · P0 | {z } |{z} | {z } dt ∂t |{z} =∇p =0 =0 d.h. =0 ∇p = ~j × ~B = −∇ · T Maxwell-Gl.: ∇ × ~B = µ0~j (Ampere), ∇ · ~B = 0 Kraft-“Gleichgewicht”: Kinetischer Druckgradient vs. j × B-Kraft. Trivialer Sonderfall: ∇p = 0 ⇒ ~jk~B (“Kraftfreie” Ströme) 4 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Sonderfall: Kraftfreies Gleichgewicht Ideales MHD-Gleichgewicht: ∇ · T + P = 0. Bei kleinem β ≡ p/(B2 /µ0 ) ≪ 1 ist kinetischer Druck vernachlässigbar ⇒ “kraftfreies” Gleichgewicht (zwischen magnetischen Zug- und Druckspannungen) 0 = ∇ · P = −∇ · T = ~j × ~B d.h. ~jk~B Ampère’sches Gesetz: µ0~j = ∇ × ~B = α~B Mit Div(Rot(~B)) = 0 und ∇ · ~B = 0: 0 = ∇ · ∇ × ~B = α ∇ · ~B + ~B · ∇α = ~B · ∇α = 0 d.h. ~B liegt in Flächen mit konstantem α. 5 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Magnetfeld-Flächen sind mehrfach zusammenhängend Beweis: Betrachte Kurvenintegral entlang Ck~B I ~Bdℓ 6= 0 C Stokes’scher Satz (einfach zusammenhängende Fläche S, berandet durch C) I Z Z ~Bdℓ = ∇ × ~B · dA = α~B · dA 6= 0 C S Kugel S Lege S so, daß α konstant ist Z S α~B · dA = α Z ~B · dA 6= 0 S Da ~B in Flächen mit α = const (senkrecht zur Flächennormalen) Torus ~B · dA = 0 Widerspruch, d.h. ~B liegt auf mehrfach zusammenhängender Fläche (z.B. Torus, “Flußröhren”), nicht auf einfach zusammenhängender Fläche (Kugel). 6 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Magnetische Flächen (endliches Beta) Kraftgleichgewicht: ∇p = ~j × ~B Skalarprodukt mit ~B bzw. ~j: ∇p · ~B = (~j × ~B) · ~B = 0 ∇p · ~j = (~j × ~B) · ~j = 0 ⇒ ~B ⊥ ∇p, ~j ⊥ ∇p. ~B, ~j liegen in Flächen gleichen Drucks. j B 7 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 8 Einfachste Konfiguration: Linearer z-Pinch Willard H Bennet, Phys. Rev. 45 (1934) 890, “Magnetically self-focusing streams” (of fast electrons) θ Ip z Bθ Zylindrische Koordinaten: jz , Bθ , dp/dr jz = const = j0 = Ein Profil kann frei gewählt werden, z.B. Ip , (r < a) 2 πa Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Magnetisches Feld im z-Pinch Ampère’sches Gesetz in Zylinderkoordinaten: 1 ∂ (rBθ ) = µ0 j0 r ∂r Integrieren: µ0 Bθ = r Z r 0 µ0 r2 µ0 r r jz dr = j0 = Ip 2 , r 2 2π a ′ ′ Aussenbereich ( jz = 0): µ0 1 Ip , Bθ = 2π r (r > a) (r ≤ a) 9 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 10 Radiale Kraftbilanz im z-Pinch I p µ0 I p dp = − jz Bθ = − 2 r 2 dr πa 2πa Randbedingung: p(a) = 0 (T (a) = 0 bzw. n(a) = 0): p(r) = µ0 I p2 4π2 a2 1− r 2 a jz p Bθ (r ≤ a) a und p(r) = 0 (r > a) Berechne 2µ0 < p > =1 2 Bθ a (allgemeines Resultat für den z−pinch, unabhängig von Druckprofil) β = βθ = r Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte “Z machine” Sandia National Laboratories, Albuquerque, NM, U.S.A. 20 MA Wolframdraht-Implosion, starke Röntgen-Lichtquelle Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Zmachine.jpg, http://zpinch.sandia.gov/ 11 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 12 Ist der z-Pinch stabil? Kraft-Gleichgewichte können sein: stabil indifferent labil (instabil) Potenzielle Energie W . Kraftgleichgewicht: dW /dξ = Fnet = 0 Stabilität: d2W /dξ2 > 0 Instabilität: d2W /dξ2 < 0 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Pinch-Instabilität Sausage (Würstchen-) Instabilität Kink (Knick-) Instabilität jz jz Bθ Bθ Bθ gross jz jz Bθ klein Bθ Ursache: Steigender Magnetfelddruck B2θ /2µ0 findet keinen Gegendruck - kinetischer (hydrostatischer) Druck bleibt konstant - keine weitere rücktreibende Kraft → beschleunigte Störung 13 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 14 Beobachtung der sausage-Instabilität F L Curzon et al, Proc. Roy. Soc. A 257 (1960) 386 Schnelle Aufnahmen mit Kerr-Zelle (elektro-optische Polarisationsdrehung) zwischen zwei gekreuzten Polarisatoren. Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 15 Theta- (θ-) pinch Rein axiales Magnetfeld ~B = (0, 0, Bz (r)), interner und/oder externer azimuthaler Strom jθ . Gleichgewichtsbedingung: 2 Bz d p+ =0 dr 2µ0 B z j D.h. p + B2z /2µ0 = const. = B20 /2µ0 → Erfordert Vakuumfeld B0 > (2µ0 pmax )1/2 , d.h. θ 0 ≤ β ≡ p/(B2 /2µ0 ) ≤ 1 Stromdichte (Ampère’sches Gesetz): jθ = − 1 dBz µ0 dr jθ Bz p a r Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Der screw pinch Zusätzliches axiales Führungsfeld erhöht Stabilität. B Ip Icoil 16 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte Der screw pinch Verallgemeinerung von z- und θ-pinch: ~B = (0, Bθ (r), Bz (r)) Gleichgewichtsbedingung: B2θ B2θ B2z d + p+ =− dr 2µ0 2µ0 µ0 r Anders geschrieben: p∗′ ≡ d dr p+ B2z 2µ0 =− Bθ (rBθ )′ µ0 r Formal gelten Lösungen des z-pinch, jedoch p → p∗ (beinhaltet Axialfelddruck) Ohne Beweis: β∗θ hB2z i − B2z (a) = βθ + =1 2 Bθ (a) Im Unterschied zum z-Pinch ist βθ 6= 1 möglich: • β p > 1: hB2z i < B2z (a) Bz steigt nach außen: Diamagnetismus • β p < 1: hB2z i > B2z (a) Bz fällt nach außen ab: Paramagnetismus 17 Einführung in die Plasmaphysik und Fusionsforschung I Lineare Gleichgewichte 18 Zusammenfassung • Stationäre Plasmakonfigurationen ergeben sich durch Kraftgleichgewicht zwischen Plasmadruck und Magnetfelddruck (Expansion) und Magnetfeldspannung (Kompression) • Die Gleichgewichtsbedingung wird durch ideale MHD (d.h. Einflüssigkeitsbild mit η = 0) beschrieben. (Bei η 6= 0 gilt weiterhin Kraftgleichgewicht, jedoch kann die Konfiguration durch Rekonnektion zerfallen.) • Im “kraftfreien” Gleichgewicht gleichen Druck- und Zugspannungen des Magnetfelds einander aus. Die Magnetfeld-Topologie ist zwei- oder mehrfach zusammenhängend - “Flußröhren”. I.a. sind die Magnetfeldlinien mit unterschiedlicher Steigung je nach Radius verschraubt. • Im Kraftgleichgewicht (∇p 6= 0) liegen ~j und ~B ebenfalls auf Flußröhren, Flächen konstanten Drucks. • Einfache (1-D) Grenzfälle im zylindersymmetrischen Fall sind der z-Pinch (Bz = 0, βθ = 1, weitgehend instabil), der θ-Pinch (Bθ = 0, β ≤ 1) und der screw pinch. Der screw pinch ist diamagnetisch für βθ > 1 und paramagnetisch für βθ < 1.