Auswirkungen des Sommers 2003 in Europa 1 Eidgenössische Technische Hochschule Zürich Swiss Federal Institute of Technology Einfluss des globalen Klimawandels auf den Wasserkreislauf Reto Stöckli (ETH Zürich, NASA Modis) Prof. Christoph Schär Institut für Atmosphäre und Klima, ETH Zürich http://www.iac.ethz.ch/people/schaer Schär, ETH Zürich Amt für Wasser und Abfall (AWA), Kanton Bern 19. März 2009, Bern Inhalt 1) Klimawandel wird zunehmend zur Gewissheit 2) Wir stehen erst am Anfang des Klimawandels 3) Klimawandel => Wasserkreislauf und Extremereignisse 4) Massnahmen sind unerlässlich Schär, ETH Zürich 2 3 Globale Erwärmung seit 1850 Die beobachtete globale Erwärmung übersteigt die natürliche Variabilität des Klimas (IPCC AR4) Schär, ETH Zürich Treibhausgas Kohlendioxyd (CO2) Atmosphärischer CO2-Gehalt (ppm) 4 2100: Szenarien bis 900 ppm 400 360 2000: Heute, 380 ppm 320 280 1800: Präindustriell, 280 ppm 240 200 400’000 300’000 200’000 100’000 heute Jahre vor heute Bereits heute ist die Konzentration von CO2 höher als je zuvor in den vergangenen 800’000 Jahren Schär, ETH Zürich (Petit et al. 1999, Siegenthaler et al. 2005) Millionen Tonnen C pro Jahr Fossile CO2-Emissionen seit 1750 Jährlicher Ausstoss von CO2 durch Verbrennung der fossilen Energieträger (Öl, Kohle, Gas) 5 Trend 1981-2000 [% pro Jahr] +4.5 +3.0 -2.2 +0.1 +1.6 Schär, ETH Zürich Jahr (Schär, based on CDIAC data, Oak Ridge National Laboratory ) Inhalt 1) Klimawandel wird zunehmend zur Gewissheit 2) Wir stehen erst am Anfang des Klimawandels 3) Klimawandel => Wasserkreislauf und Extremereignisse 4) Massnahmen sind unerlässlich Schär, ETH Zürich 6 Klimamodelle 7 Basieren auf einem physikalischem Satz von Gleichungen # !" & Du x – f v = –% +F $ !x' p Dt # !" & Dv + f u = –% + Fy $ !y' p Dt 1 !" =– !p # ! D = + v" # Dt !t p =! RT "$ !u % "$ !v % ! ' + + =0 # ! x & p # !y & p ! p Beschreiben • Atmosphäre, • Ozeane, und • Landoberflächen auf einem globalen Rechengitter Q DT ! = + Dt " cp cp Rechnerische Auflösung beschränkt durch verfügbare Rechenresourcen Schär, ETH Zürich Globale Erwärmung in Vergangenheit und Zukunft Erwärmung [ºC] 4 Der Verlauf der zukünftigen Erwärmung hängt von den zukünftigen TreibhausgasEmissionen (Szenarien) ab. 3 A2 A1B Die für die Zukunft erwartete Erwärmung ist weit grösser als die bis jetzt beobachtete. 2 8 B1 1 konstante TreibhausgasKonzentration 0 -1 1850 Schär, ETH Zürich 1900 1950 2000 2050 2100 (IPCC AR4) Inhalt 9 1) Klimawandel wird zunehmend zur Gewissheit 2) Wir stehen erst am Anfang des Klimawandels 3) Klimawandel => Wasserkreislauf und Extremereignisse 4) Massnahmen sind unerlässlich Schär, ETH Zürich Wasser-Ressourcen Schär, ETH Zürich 10 11 Extremereignisse Schär, ETH Zürich Intensivierung des Wasserkreislaufs 12 Änderungen bis zum Ende des Jahrhunderts Niederschlag Verdunstung Erwartete Änderungen im globalen Mittel: Wasserdampf: ~ 6% pro °C globale Erwärmung Niederschlag: ~ 1-3% pro °C globale Erwärmung Verdunstung: ~ 1-3% pro °C globale Erwärmung Abfluss: < 1% pro °C globale Erwärmung Schär, ETH Zürich (IPCC AR4, Chapter 10, SRES A1B) Auswirkung auf Extremereignisse 13 Änderungen bis zum Ende des Jahrhunderts Niederschlagsintensität Trockenperioden [normalisiert mit Standardabweichung] [normalisiert mit Standardabweichung] Zunahme kräftiger Niederschläge Zunahme von Trockenperioden In vielen Regionen ergibt sich eine Zunahme von (trockenen und feuchten) Extremen (IPCC AR4, Chapter 10, SRES A1B) Schär, ETH Zürich Trockenheit in der Perspektive 14 Millionen Betroffene Hunger Malaria Küsten Trockenheit Globale Erwärmung bezogen auf 1900 Schär, ETH Zürich (Parry et al. 2001; Malte Meinshausen) Globales Problem <=> Regionale Auswirkungen 15 Globales Atm/Ozean Modell (HadCM3, ~300 km) Globales Atm. Modell (ECHAM5, T106, ~120 km) Regionales Modell (CHRM, 56 km) Regionales Modell (CHRM, 14 km) Hydrologisches Modell Schär, ETH Zürich (WaSiM, 1 km) Niederschlags-Szenarien (2071-2100) Sommer 16 Winter Niederschlagsänderung [%] (bezogen auf 1960-1990) Schär, ETH Zürich (Erich Fischer, ETH Zürich, ENSEMBLES) 17 Klimaszenarien Alpenraum 2071-2100 gegenüber 1961-1990 Veränderungen des Jahresganges (2 AGCMs, 9 RCMs) Temperatur [ºC] Niederschlag [%] 7 +60 +40 6 HadAM3 5 +20 0 4 -20 3 -40 ETH 2 Jan Mar May ETH -60 Jul Sep Nov Jan Mar May Jul Sep Nov (Jacob et al. 2007, PRUDENCE) Schär, ETH Zürich Extreme Sommer: 2002 … 2003 … 2005 … August 2002, Dresden August 2003, Töss August 2005, Brienz Schär, ETH Zürich 18 Schweizer Sommertemperaturen 1864-2003 21 Durchschnitt der Stationen Zürich, Basel, Bern, Genf 10 Jahre 10 Jahre 100 Jahre 1000 Jahre Schär, ETH Zürich 100 Jahre Mittel 1000 Jahre Schätzung der Rückkehrperiode (Schär et al. 2004, Nature, 427, 332-336) Auswirkungen des Sommers 2003 in Europa 22 • Ernteverluste: 12.3 Milliarden US$ (SwissRe) Reto Stöckli (ETH Zürich, NASA Modis) • Stromverknappung, Spitzenpreise am Spotmarkt (EEX, Leipzig) • Teilweise ernsthafte Problem mit Frischwasserversorgung (Italien), Fischsterben (Schweiz), Waldbränden (Portugal) • Hitzetote: Europaweit cirka 35’000 vorzeitige Todesfälle (sogenannte “Exzess Mortalität”). In der Schweiz cirka 1’000 Fälle. Temperaturen August 2003, relativ zum Mittel 2000-2004 Schär, ETH Zürich 23 Zunahme der sommerlichen Variabilität Erwärmung [ºC] Zunahme der Jahr-zu-Jahr Schwankungen (Volatilität) Temperatur Zürich 1961-1990 2071-2100 Jahr Jahr [%] Klimamodelle zeigen nicht nur eine Erwärmung, sondern auch eine Zunahme der Jahr-zu-Jahr Schwankungen in Temperatur und Niederschlag (Schär et al. 2004, Nature, 427, 332-336) Schär, ETH Zürich Inhalt 1) Klimawandel wird zunehmend zur Gewissheit 2) Wir stehen erst am Anfang des Klimawandels 3) Klimawandel => Wasserkreislauf und Extremereignisse 4) Massnahmen sind unerlässlich Schär, ETH Zürich 24 25 Massnahmen Mitigation Verhinderung und Minderung des Klimawandels Adaptation Anpassung an den Klimawandel Schär, ETH Zürich Mitigation Minderung des Klimawandels 26 Position der EU (Februar 2007) Ausgangslage: Kyoto-Protokoll (1990-2010) • Reduktion der Emissionen um 8% bis 2010 (relativ zu 1990) Post-Kyoto Verhandlungen (2010-2020) • EU fordert Reduktion der Emissionen um 30% bis 2020 durch Industrienationen (relativ zu 1990). um Faktor 5 schneller! • EU verpflichtet sich, unabhängig von Verhandlungen, zu einseitiger Reduktion um 20% bis 2020. um Faktor 3 schneller! Schär, ETH Zürich Adaption Anpassung an den Klimawandel Beispiele • Gefahrenkarten: aktuelle Karten beruhen auf Daten der Vergangenheit. Klimaänderung ist nicht berücksichtigt! • Hochwasserschutz: Überprüfung notwendig, potentieller Konflikt mit Siedlungsstruktur und Landschaftsschutz. • Vorhersagen und Katastrophenschutz: Prognosen und Entscheidungsabläufe verbessern! Potential verbesserter Prognosen nutzen! 27 => Beispiel: Hochwasser August 2005 Schär, ETH Zürich Hochwasser August 2005 28 Frei Niederschlag (mm / 3 Tage) 21.-24.08.2005 (06 UTC-06 UTC) Rückkehrperiode (Jahre) Schär, ETH Zürich (Frei 2005, Bericht MeteoSchweiz #213) Verbesserungen bei den Abflussvorhersagen 29 Neuartige Wahrscheinlichkeitsvorhersage unter Verwendung eines hydrologischen Modells AARE Hagneck Abfluss [mm/h] Prognose vom 20.08.2005, 00UTC 0 +20 h +40 h +60 h +80 h +100 h +120 h (Jaun et al. 2008, ETH Zürich, MeteoSchweiz) Schär, ETH Zürich Fazit 30 • Wissenschaftlicher Konsens: Primäre Ursache der beobachteten Erwärmung sind anthropogene Emissionen (insbesondere CO2). • Klimamodelle prognostizieren eine Beschleunigung der globalen Erwärmung. Wir stehen erst am Anfang! • Eine signifikante Klimaänderungen beeinflusst unweigerlich auch den Wasserkreislauf und die Extremereignissen. => Der Klimawandel lässt sich bremsen, aber nicht mehr vollständig verhindern! => Mitigation (Minderung) und Adaptation (Anpassung) sind unerlässlich! Schär, ETH Zürich