Blutzuckerselbstkontrolle bei Diabetes mellitus

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MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Blutzuckerselbstkontrolle
bei Diabetes mellitus
Plädoyer für ein individuelles Selbstkontrollkonzept
Michael A. Nauck, Andrea El-Ouaghlidi, Irfan Vardarli
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Der sinnvolle Umfang einer Blutzuckerselbstkontrolle bei verschiedenen Diabetestypen und -stadien ist
umstritten, weil es wenig Evidenz basierend auf randomisierten kontrollierten klinischen Studien gibt. Ziel der vorliegenden Analyse ist es, differenzierte Vorschläge zu erarbeiten, die aus den jeweiligen klinischen Notwendigkeiten
und entsprechender Literatur abzuleiten sind.
Methoden: Einerseits wurde eine Literaturrecherche mit
den Stichworten „blood glucose“, „measurement“, „control“, „monitoring“ und „hypoglycemia“ bis 30. 9. 2008 in
PubMed durchgeführt (und die Recherche um die jeweils
zitierten Literaturstellen erweitert). Zudem wurde gezielt
nach Empfehlungen deutscher, europäischer, US-amerikanischer und internationaler Fachgesellschaften gesucht.
Andererseits wurden Modalitäten und Umfang einer sinnvollen Selbstkontrolle aus den klinischen Charakteristika
der wichtigsten Diabetestypen und Therapieregimes abgeleitet.
Ergebnisse: Mit Ausnahme der intensivierten Therapiestrategien, deren integraler Bestandteil die Blutzuckerregulierung mit Insulin ist, lassen sich kaum evidenzbasierte
Empfehlungen aus randomisierten klinischen Studien oder
Metaanalysen ableiten. Es gelingt jedoch, eine auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Selbstkontrollstrategie
aus Therapiecharakteristika abzuleiten, die je nach Diabetestyp und Behandlung einen Teststreifenbedarf von 0
(nicht zwingend notwendig) und circa 1 200 pro Quartal
vorhersagen.
Schlussfolgerung: Die Indikation und Festlegung von Art
und Umfang einer Blutzuckerselbstkontrolle sollte individuell erfolgen und abgeleitet werden von Diabetestyp, Behandlungsregime und Patientencharakteristika. Sie sollte
ebenso explizit begründet und dokumentiert werden wie
andere Therapieverordnungen.
Schlüsselwörter: Diabetes mellitus, Blutzuckermessung,
Selbstkontrolle, klinische Forschung, Therapiekonzept
Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2009; 106(37): 587–94
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0587
Diabeteszentrum Bad Lauterberg:
Prof. Dr. med. Nauck, Dr. med. Vardarli, EU M. Sc.
St. Vinzenz-Krankenhaus, Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und
Stoffwechsel, Limburg: Dr. med. El-Ouaghlidi
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D
ie Indikationsstellung zur Stoffwechselselbstkontrolle, das heißt zur Harnzucker- oder Blutzuckerselbstmessung, wird kontrovers diskutiert. Im
Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stehen Art,
Zeitpunkt und Häufigkeit der Maßnahmen sowie Fragen der Kostenerstattung. Zum einen fehlen belastbare Ergebnisse aus randomisierten klinischen Studien
und Metaanalysen. Zum anderen sind die Meinungen
sehr durch persönliche Erfahrungen und die jeweilige
Interessenslage geprägt. Deshalb ist es das Ziel der
vorliegenden Arbeit, nicht nur aus der relevanten wissenschaftlichen Literatur, sondern auch aus den praktischen Notwendigkeiten der wichtigsten DiabetesTherapieregimes differenzierte Empfehlungen für die
Blutzuckerselbstkontrolle abzuleiten. Dies ist als Anstoß zur Diskussion zum Thema „sinnvolle Selbstkontrollkonzepte“ zu verstehen, die einerseits Menschen
mit Diabetes mellitus die Möglichkeit geben, ihre Behandlung nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens zu gestalten, und andererseits die Kosten für Messgeräte und Teststreifen in einem nachvollziehbaren Umfang rechtfertigen.
Ohne Zweifel hat die Möglichkeit der Stoffwechselselbstkontrolle die moderne Behandlung eines Diabetes mellitus erst möglich gemacht. Alle sogenannten „intensivierten“ Therapieregimes leben zum Teil
davon, eine schnell wirksame Korrektur vornehmen
zu können, falls die Blutzuckerwerte vom vorgesehenen Sollbereich abweichen. Ist beispielsweise der
Blutzucker zu hoch, ist die Injektion zusätzlicher,
schnell wirksamer Insulineinheiten indiziert. Ist er zu
niedrig, kann kurzfristig ein kohlehydrathaltiger
Snack entgegenwirken; langfristig ist eventuell die
Reduktion der Insulindosis notwendig.
Bei der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) für Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes sind Selbstmessungen als integraler Bestandteil
dieses Behandlungskonzeptes Teil eines Regelkreises
(Grafik) (e1, 2). Der Nutzen insgesamt wird durch die
nachgewiesene Verhinderung beziehungsweise verlangsamte Entstehung von diabetischen Folgeschäden
belegt (1). Allerdings lässt sich nicht beurteilen, inwieweit der Erfolg auf die Blutzuckerselbstkontrolle
und ihre Konsequenzen – und damit auf die Möglichkeit zur Blutzuckerkorrektur – und wie viel auf andere Eigenschaften solcher Therapieregimes zurückzu-
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Regelkreise,
über die eine
Blutzuckerselbstkontrolle zur
Verbesserung der
Stoffwechselkontrolle beitragen
kann
GRAFIK
a) bei intensivierter
konventioneller
Insulintherapie
(ICT): unmittelbare Konsequenzen:
Insulindosiskorrektur;
b) sekundäre Adaptation: Insulindosisänderung; bei
konventioneller
Insulintherapie
(CT) oder oraler
antidiabetischer
Medikation
senschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema sind
rar. Dies zeigen Metaanalysen von Studien, die die
Blutzuckerselbstkontrolle bei nicht insulinbehandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes beleuchten und nur
zum Teil deren Nutzen belegen (2, e3).
Der Versuch eines systematischen, evidenzbasierten Vorgehens ist wegen der unzureichenden derzeitigen Datenlage zum Scheitern verurteilt. Dennoch gibt
es genügend Fachwissen, aus dem sich nachvollziehbare Empfehlungen ableiten lassen (American Diabetes Association [3]; European Diabetes Policy Group
[e1, 2]; International Diabetes Federation [e6]; Global
Consensus Panel Conference [e7]). Hierbei handelt es
sich aber nicht um evidenzbasierte Leitlinien, die sich
in erster Linie auf die Ergebnisse von randomisierten,
kontrollierten, prospektiven Studien stützen, sondern
um seitens der Fachgesellschaften autorisierte Empfehlungen (Expertenmeinungen). Interessant ist in
diesem Kontext die ROSSO-Studie, die einen Zusammenhang zwischen Blutzuckerselbstkontrollen bei
Typ-2-Diabetikern und verminderten kardiovaskulären Folgen beschreibt (4).
Der Bedarf für eine Stoffwechselselbstkontrolle
unterscheidet sich je nach Lebenssituation des Patienten. Bei Erst- und Neueinstellungen mit Insulin oder
oralen Antidiabetika erfordert allein die Therapiesicherheit häufigere Messungen. Situationen mit einem
erhöhten Bedarf an Selbstkontrollen sind beispielsweise auch akute Erkrankungen, Fieber, Bettlägerigkeit sowie Operationen, die unter Umständen rasche
Therapieadaptationen notwendig machen. Im Folgenden sollen aber nicht die Ausnahmesituationen
betrachtet werden, sondern die Maßnahmen, die zur
Gewährleistung einer akzeptablen Stoffwechselkontrolle auf lange Sicht zur Selbstkontrollroutine gehören sollten.
Stoffwechselselbstkontrolle
führen sind. Die Motivation zur Stoffwechselselbstkontrolle ist jedoch nicht auf das alleinige Ziel
einer kurzfristigen Korrektur des Blutzuckers (BZ)
beschränkt, sondern kann vielfältiger Natur sein (Kasten 1).
Im Rahmen anderer Diabetes- und Therapieformen
– wie etwa konventionelle Insulintherapie, Tablettentherapie, Kombination aus „Bedtime“-Insulin und
oralen Antidiabetika oder rein diätetische Therapie –
besteht eine viel größere Unsicherheit ob, wie, wann
und wie häufig Maßnahmen der Stoffwechselselbstkontrolle durchgeführt und zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung verordnet werden sollten. Wis-
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Zur Stoffwechselselbstkontrolle steht einerseits die
Blutzuckerselbstbestimmung und andererseits die
Harnzuckermessung zur Verfügung. Die Bestimmung
des Harnzuckers mit Teststreifen, deren Ergebnis anhand einer Farbskala abgelesen wird, erfolgt mittels
Urinproben. Der Nachweis von Glucose im Harn zeigt
an, dass in den zurückliegenden Stunden der Blutzucker die „Nierenschwelle“ überschritten hat. Dies
geschieht ab einem Wert von circa 160 bis 180 mg/dL
(9 bis 10 mmol/L). Auf Details zur Beurteilung und
Empfehlung einer Harnzuckerselbstkontrolle sowie
auf Grenzen der Methode, zum Beispiel bei veränderter Nierenschwelle in der Schwangerschaft, wird in
diesem Rahmen nicht eingegangen. Hier sei auf ein
„Position Statement“ der Internationalen DiabetesFöderation verwiesen (5).
Hypoglykämien
Hypoglykämien können den Tagesablauf empfindlich
stören, aber auch akute Gefahren nach sich ziehen.
Viele Diabetesmedikamente können eine Hypoglykämie auszulösen. Todesfälle durch therapiebedingte
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Hypoglykämien bei der Behandlung mit Insulin oder
Sulfonylharnstoffen sind belegt (6, 7, 8–13). Die Risiken, die mit zu niedrigen Blutzuckerwerten einhergehen, werden von verschiedenen Patienten unterschiedlich wahrgenommen. Es ist daher in jedem Fall
wichtig, Patienten bei Therapiebeginn für Gefahren
zu sensibilisieren, die mit den entsprechenden Medikamenten verbunden sind. Prinzipiell muss die Möglichkeit gegeben sein, in entsprechenden Situationen
Sicherheit durch Blutzuckermessungen zu bekommen. Es ist auch bekannt, dass die Gefahr einer Hypoglykämie bei Typ-1-Diabetikern mit niedrigeren Blutzucker-Durchschnittswerten, also mit einer „besseren“ Einstellung, deutlich zunimmt (14) (eFallbeispiele).
Bei Patienten mit „stabilem“ Typ-2-Diabetes
wird der Verbrauch an Teststreifen nur gering sein.
Die Blutzuckerselbstkontrolle sollte aber grundsätzlich und in angemessenem Umfang auch in dieser
Patientengruppe möglich sein. Die unterschiedlichen
Risiken der Hypoglykämie je nach Krankheitstyp und
Behandlungsform sind in Tabelle 1 zusammengestellt.
KASTEN 1
Gründe für eine Stoffwechselselbstkontrolle
> als Basis für die Akutkorrektur („Primäranpassung“) bei erhöhten oder zu niedrigen Blutzuckerwerten bei intensiver Insulintherapie (einschließlich Pumpentherapie); die Korrektur kann mit mehr oder weniger schellwirksamem Insulin oder mit einer Kohlenhydratzufuhr erfolgen
> zur Einschätzung und Vermeidung von Gefahren
– rechtzeitiges Erkennen von Hypoglykämien
– beim Autofahren, bei körperlicher Anstrengung
– bei beruflichen oder Freizeitaktivitäten mit Verletzungsgefahr
– nach Alkoholgenuss
– zur Beurteilung der Stoffwechseleinstellung als Basis für Therapieänderungen („Sekundäranpassung“)
> zur diabetesgerechten Steuerung des Verhaltens
(z. B. Essen)
> zur Vermittlung von Sicherheit
> aus Neugier
> im Rahmen eines Kontrollzwangs
Therapieoptionen
Intensivierte Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes
Die intensivierte Insulintherapie (einschließlich der Insulinpumpentherapie) mit dem Ziel einer normnahen
Stoffwechseleinstellung ist die Standardbehandlung bei
der Mehrzahl der Patienten mit Typ-1-Diabetes. Eine
sofortige Korrektur bei zu hohen beziehungsweise zu
niedrigen Blutzuckerwerten durch eine entsprechende
Insulindosierung oder die Gabe zusätzlicher Kohlenhydrate ist integraler Bestandteil der Behandlung. Bei einem üblichen Tages- und Mahlzeitenrhythmus mit drei
Hauptmahlzeiten erfolgt die Korrektur mit Insulin meistens vor dem Essen.
Wird zur Mahlzeit Normalinsulin injiziert (die
Wirkdauer beträgt circa vier bis sechs Stunden), sollte
die Applikation jeweils vor den drei Hauptmahlzeiten erfolgen. Dadurch vermeidet man das Überlappen der Insulinwirkung und beugt so einer möglichen
Hypoglykämie vor. Werden zur Mahlzeit schnell
wirksame Insulinanaloga mit einer Wirkdauer von circa zwei bis vier Stunden injiziert, kann auch vor Zwischenmahlzeiten Korrekturinsulin gegeben werden.
Zu diesen Zeitpunkten sind zusätzliche Messungen erforderlich.
Ergänzende Messungen sind auf jeden Fall bei Hypoglykämiesymptomen oder vor Tätigkeiten, die ein
Hypoglykämierisiko mit sich bringen (zum Beispiel
vor, während und nach heftigen körperlichen Anstrengungen oder auch vor und während des Führens eines
Kraftfahrzeugs [e15]) sowie vor dem Zu-Bett-Gehen
notwendig. Im Durchschnitt sind bei intensiviert behandelten Patienten vier bis sieben Blutzuckermessungen pro Tag erforderlich (3, e16, e17). Werden längerfristig weniger als vier Kontrollen durchgeführt,
verschlechtert sich die Stoffwechsellage, gemessen
am HbA1c, deutlich (8).
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Intensivierte Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes
Die intensivierte Insulintherapie für Patienten mit Typ2-Diabetes kommt in erster Linie für relativ junge Patienten mit ehrgeizigen Behandlungszielen infrage. Etwa
20 % der Patienten mit Typ-2-Diabetes werden auf diese
Weise behandelt. Die Unterschiede dieser Therapieform
zum Pendant für Typ-1-Diabetiker sind gering (zum Beispiel die weniger aufwändige Basalinsulin-Substitution). Blutzuckerkorrekturen mit angepassten Insulingaben bleiben notwendig, sind aber aufgrund der stabileren
Stoffwechselsituation in der Regel seltener erforderlich.
Besondere Situationen mit Auswirkungen auf den Blutzucker wie beispielsweise körperliche Aktivität, Sport
oder Alkoholgenuss haben bei Insulinresistenz und
altersentsprechend weniger kritischen Tagesabläufen
seltener und in geringerem Maß Blutzuckerschwankungen zur Folge. Deshalb ist der Teststreifen-Bedarf hier
geringer einzuschätzen als bei Typ-1-Diabetes.
Konventionelle Insulintherapie
Die konventionelle Insulintherapie kommt hauptsächlich für Patienten mit stabil einstellbarem Typ-2-Diabetes infrage. Dies trifft auf circa 10 % der Typ-2-Diabetiker zu. In seltenen Ausnahmefällen ist diese Behandlungsform auch für Patienten mit Typ-1-Diabetes, die die
Voraussetzungen für eine intensivierte Insulintherapie
nicht erfüllen, indiziert. Bei der konventionellen Insulintherapie wird zweimal täglich, jeweils vor dem Frühstück und Abendessen, eine Mischung aus schnell und
verzögert wirkendem Insulin gegeben. Mit der morgendlichen Injektion einer größeren Dosis ist damit das Insulinprofil für die folgenden 12 bis 16 Stunden festgelegt.
Korrekturen abweichender Blutzuckerwerte mit zusätzlichem Insulin sind nicht erforderlich.
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TABELLE 1
Antidiabetische Medikamente und Gefährdung durch Hypoglykämien
Diabetestyp /
Medikament bzw.
Therapieregime
Medikament bzw.
Therapieregime
Patienten mit Hypoglykämie-Episoden
leicht (einschl. nur
symptomatische Episoden)*1
betroffene Patienten
(%/Jahr)
schwer*2
betroffene Patienten
(%/Jahr)
Todesfälle durch Hypoglykämie
ICT*3
~ 100 % (klinische Erfahrung)
~ 25 % (18)
bis 15 % der Gesamt-Mortalität (7)
CT*
~ 100 % (klinische Erfahrung)
~ 10 % (18)
nicht berichtet
Metformin
0–10 % (e34, e35)
fast 0 % (36), allerdings
publizierter Einzelfall (e37)
Glibenclamid
~ 20 % (19)
0,6–4 % (19, e38)
bis zu 20 % nach Krankenhausaufnahme (20)
Glimepirid
13 % (e35)
0,9–2 % (e35, e38)
nicht berichtet
Repaglinid
2–11 % (21, e39)
fast 0 % (e40), aber
publizierter Einzelfall (e41)
nicht berichtet
Nateglinid
0–13 % (22, e42)
0–0,6 % (22, e42), aber
publizierter Einzelfall (e43)
nicht berichtet
Acarbose
0–1 % (e44)
nicht berichtet
nicht berichtet
Miglitol
0 % (e45)
nicht berichtet
nicht berichtet
Rosiglitazon
0–4 % (e46, e47)
nur in Kombination mit
Sulfonylharnstoffen (e48)
nicht berichtet
Pioglitazon
0–2,2 % (e34, e49)
0 % (e50)
nicht berichtet
Typ-1-Diabetes
4
Typ-2-Diabetes
Insulintherapie
Kombinationstherapie (Verzögerungsinsulin und)
Metformin
33–75 % (10, e23, e51, e52)
ca. 2 % (e52)
nicht berichtet
Glimepirid
35–75 % (23, e53)
0,7–2,6 % (23, e53)
nicht berichtet
CT*4
51–56 % (24, 25)
5,5–18,4 % (24, 25; e54)
ICT*
93 % (24)
20 % (24)
Orale Antidiabetika
3
selten (e9)
*1 Hypoglykämien, die durch Selbsttherapie (Zufuhr von Glucose/Kohlenhydraten) behandelt werden konnten;
*2 Hypoglykämien mit Bewusstseinsstörung, die durch Fremdhilfe behandelt werden mussten;
*3 ICT, Intensivierte konventionelle (Insulin-)Therapie („Basis-Bolus“-Prinzip);
*4 CT, Konventionelle (Insulin-)Therapie (zweimal täglich Mischinsulin)
Die Aufgabe der Stoffwechselselbstkontrolle bei
der konventionellen Insulintherapie liegt im Wesentlichen darin, sicherzustellen, dass die individuell
festgelegten Blutzuckerzielbereiche (zum Beispiel
präprandiale Blutzuckerwerte 80 bis 140 mg/dL
[4,4–7,8 mmol/L]) erreicht werden. Außerdem kann
dadurch ein Eindruck vom Ausmaß spontaner Blutzuckerschwankungen gewonnen und damit der Spielraum für mögliche Therapieverbesserungen ausgelotet
werden (Grafik). Spontane Blutzuckerschwankungen
sind bei Typ-2-Diabetes längst nicht so ausgeprägt wie
bei Typ-1-Diabetikern.
Für Patienten mit Typ-2-Diabetes und konventioneller Insulintherapie gibt es sicherlich die größten
Diskrepanzen in den Empfehlungen zur Stoffwechselselbstkontrolle. Das liegt daran, dass sehr unter-
590
schiedliche Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Studienergebnissen gezogen werden können (9,
e18–e20). Diese weit divergierenden Empfehlungen
schlagen sich auch in der Patientenschulung nieder.
So ist die Verunsicherung der Patienten groß, wenn
der eine Arzt die regelmäßige Kontrolle zu einem
„Muss“ erklärt, wohingegen ein anderer Arzt darauf
hinweist, dass die Kosten für Teststreifen nicht mehr
übernommen werden können.
In diesem Fall empfiehlt es sich, aufgrund der beschriebenen Grundüberlegungen circa zweimal
wöchentlich Blutzuckermessungen zum Zeitpunkt der
Insulininjektionen durchzuführen (morgens nüchtern
und vor dem Abendessen) (e20, e21). Zusätzlich ist
ein Blutzuckertagesprofil mit vier Werten etwa alle
zwei bis vier Wochen, gegebenenfalls ergänzt durch
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Harnzuckerkontrollen, zur Erfassung postprandialer
Glucoseanstiege notwendig. Dabei sind die morgens
nüchtern und vor dem Mittagessen gemessenen Blutzuckerwerte am sensitivsten für Unterzuckerungen,
während die vor dem Abendessen und vor dem Schlafengehen gemessenen Werte den größten Anteil an zu
hohen Blutzuckerwerten erfassen (e19). Bei Hypoglykämiesymptomen und besonderen Situationen wie
Sport oder akuten Erkrankungen sollten zusätzliche
Messungen nach individuellem Bedarf erfolgen.
Kombination „Bedtime“-Insulin und orale Antidiabetika
Die Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika
und einer täglichen Injektion eines Verzögerungsinsulins (meist vor dem Zu-Bett-Gehen) ist eine bewährte
Methode für Typ-2-Diabetiker, deren Blutzuckerkontrolle trotz gesundem Lebensstil und antidiabetischen
Medikamenten nicht ausreicht. Etwa 20 % der Patienten mit Typ-2-Diabetes werden auf diese Weise behandelt. Gegenüber einer konventionellen Insulinbehandlung ist der therapeutische Aufwand geringer,
und manche Kombinationen – zum Beispiel NPH-Insulin und Metformin – sind günstiger im Hinblick auf
einen zu erwartenden Gewichtsanstieg und die Wahrscheinlichkeit von Hypoglykämien (10).
Die Kombinationstherapie lebt von einer konsequenten Dosistitration des Verzögerungsinsulins. NüchternBlutzuckerwerte um 100 mg/dL (5,5 mmol/L) können
ohne große Gefahr von nächtlichen Hypoglykämien
angestrebt werden (22, 23). Deshalb ist der Nüchternblutzucker der entscheidende Maßstab für die angemessene Insulindosierung. Eine sinnvolle Selbstkontrollstrategie wäre demnach die regelmäßige Messung
des Nüchternblutzuckers circa zweimal wöchentlich
(24, 25) und die gelegentliche Bestimmung eines
Blutzuckertagesprofils, in diesem Fall mit postprandialen Werten ein bis zwei Stunden nach Frühstück,
Mittagessen und Abendessen.
Behandlung mit oralen Antidiabetika oder
alleinige Diättherapie
Circa 40 % der Patienten mit Typ-2-Diabetes werden
mit oralen Antidiabetika allein (ohne Insulin) behandelt. Etwa 10 % leben vollkommen ohne antidiabetische Medikamente („Lebensstilmodifikation“,
„diätetisch behandelt“). Die Verordnung von oralen
Antidiabetika ist nur dann sinnvoll, wenn mit ihrer
Hilfe eine zufriedenstellende Stoffwechselkontrolle
gelingt. Dies gilt es sicherzustellen. Werden Medikamente eingesetzt, die Hypoglykämien auslösen
können, sind bei Symptomen und in Situationen, die
möglicherweise mit einer Hypoglykämiegefährdung
einhergehen, gelegentliche Blutzuckermessungen
sinnvoll (11). Die Zahl (%) von Hypoglykämien bei
Patienten mit verschiedenen oralen Antidiabetika ist
in Tabelle 1 aufgelistet. Hieraus ergeben sich jedoch
nur sehr geringe Häufigkeiten von Hypoglykämien
pro betroffenem Patienten (wenige Ereignisse pro
Jahr [12]). Für diesen Fall sollte der Patient allerdings
grundsätzlich zur Blutzuckerselbstkontrolle ausge⏐ Jg. 106⏐
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KASTEN 2
Patientenindividuelle Faktoren, die die Häufigkeit
von Stoffwechselselbstkontrollen bestimmen
> Stabilität bzw. Instabilität der Stoffwechsellage
(Diabetestyp, andere individuelle Besonderheiten)
> Ersteinstellungs- oder Umstellungsphase
(Beginn mit oralen Antidiabetika oder Insulin, Dosissteigerung/-titration)
> Neigung zu Hypoglykämien
> gestörte Wahrnehmung von Hypoglykämien
> Angst vor Hypoglykämien und ihren Konsequenzen
> berufliche Tätigkeit/Freizeitaktivitäten mit Gefährdung durch Hypoglykämie
> wechselnde Lebensumstände
(Mahlzeitenrhythmus, körperliche Belastungen, Schichtdienst)
> geplante oder aktuelle Schwangerschaft
> Bereitschaft eines Patienten zu mehr Behandlungs(einschl. Selbstkontroll-)Aufwand
stattet sein. Ob eine regelmäßigere Selbstkontrolle allerdings zur Verbesserung der Stoffwechsellage beitragen
kann, ist umstritten (13, e26–e28). Nur wenige Untersuchungen weisen darauf hin (14, e29, e55).
Für Patienten mit ausschließlich nicht medikamentöser Therapie besteht kaum die Gefahr einer Hypoglykämie. Dies wäre also kein Grund, eine Stoffwechselselbstkontrolle durchzuführen. Ob in diesem
Zusammenhang überhaupt eine Blutzuckerselbstkontrolle empfohlen werden kann, ist ebenfalls umstritten.
Die Autoren sind überzeugt, dass sehr seltene Messungen, deren Kosten kaum ins Gewicht fallen, helfen, eine adäquate Stoffwechselkontrolle sicherzustellen. Am besten geeignet erscheint ein Blutzuckerprofil mit Nüchtern- und postprandialen Werten. Würde
man sich hingegen auf die Bestimmung eines HbA1cWertes beschränken, müssten bei Hinweisen auf eine
nicht mehr im Zielkorridor liegende Stoffwechsellage
zusätzliche Messungen veranlasst werden.
Diabetes in der Schwangerschaft
Hier muss unterschieden werden zwischen dem bereits präkonzeptionell bestehenden Diabetes (meist
Typ 1, zunehmend häufiger aber auch Typ 2) und
dem in der Schwangerschaft erstmals auftretenden
Gestationsdiabetes (meist um die 24. bis 28. SSW).
Betroffen sind davon circa 4 bis 6 % aller werdenden
Mütter (e56). Ein vorbestehender Diabetes ist oder
wird praktisch immer insulinpflichtig (ICT); eine
komplikationslose Schwangerschaft ist nur mit einer
exzellenten Stoffwechseleinstellung zu erreichen.
Zielwerte sind: nüchtern und präprandial 60 bis
90 mg/dL (3,3 bis 5,0 mmol/L), 1 h postprandial
< 140 mg/dL (< 7,8 mmol/L), 2 h postprandial
591
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TABELLE 2
Vorschläge für Selbstkontrollstrategien bei verschiedenen Diabetes- und Therapieformen
Regelmäßige Blutzuckerprofile
Zeitpkt. Häufigkeit
nüchtern
pro Tag pro Woche
Zusätzliche Blutzuckermessungen
Hypoglykämie
besondere
(-Gefahr)*1
Situationen*1
Verbrauch an
Blutzuckerteststreifen (pro Quartal)
ICT oder Insulin-Pumpe
4–6*2
täglich
s. Profil
2–10 ×/Wo.
7–14 ×/Wo.
484–863
i. d. Schwangerschaft
7–8*
täglich
s. Profil
4–20 ×/Wo.
7–14 ×/Wo.
785–1 177
ICT
4*2
täglich
s. Profil
1–2 ×/Wo.
3–7 ×/Wo.
418–483
CT
2*
und 4*2
2 ×/Wo.
1 ×/2 Wo.
s. Profil
1–2 ×/Wo.
3–7 ×/Wo.
130–196
1 ×/2 Wo.
2–3 ×/Wo. 0–1 ×/Wo.
1–3 ×/Wo.
65–117
s. Profil
Diabetestyp /
Therapieregime
Typ 1-Diabetes
3
Typ 2-Diabetes
4
Kombinationstherapie
(OAD und Verzögerungsinsulin)
4*5
Orale Antidiabetika
mit Hypogl.-gefahr
4*5
1 ×/2 Wo.
1–2×/Wo.
1–5 ×/Wo.
13–52
ohne Hypogl.-gefahr
4*5
0–1 ×/2–4 Wo. s. Profil
–
0–2 ×/Wo.
13–51
nicht medikamentös
–
0–1 ×/4 Wo.
s. Profil
–
–
0–26
nicht medikamentös
4*5
3–4 ×/Wo.
s. Profil
–
1–3 ×/Wo.
169–247
ICT
6*6
täglich
s. Profil
1–4 ×/Wo.
3–7 ×/Wo.
601–692
Gestationsdiabetes
*1 siehe Kasten 2; *2 morgens nüchtern und präprandial (mit Normalinsulin: vor Hauptmahlzeiten;
mit schnellwirksamen Insulinanaloga u. U. auch vor Zwischenmahlzeiten) sowie vor dem Zubettgehen;
*3 morgens nüchtern, präprandial, jeweils 2 h postprandial (nach den Hauptmahlzeiten), vor dem Schlafengehen und gelegentlich nachts;
*4 morgens nüchtern und vor dem Abendessen; *5 morgens nüchtern und jeweils 1–2 h nach den Hauptmahlzeiten;
*6 morgens nüchtern, präprandial und jeweils 2 h postprandial;
ICT, intensivierte konventionelle Therapie; CT, konventionelle Therapie; Hypogl., Hypoglykämie; OAD, orale Antidiabetika;
s. Profil bedeutet: der Nüchternblutzucker ist bereits als Teil eines Blutzuckerprofils vorgesehen
< 120 mg/dL (< 6,7 mmol/L) (15). Deshalb sind in
diesem Fall tägliche prä- und postprandiale Blutzuckerkontrollen erforderlich, auch nächtliche Messungen sind häufig angebracht. Insgesamt ist der Kontrollbedarf in der Schwangerschaft etwa doppelt so
groß wie sonst (e30).
Der Gestationsdiabetes ist dagegen häufig diätetisch einstellbar und relativ stabil, es genügen unter
Umständen Blutzuckertagesprofile alle zwei bis
drei Tage. Wird eine Insulintherapie erforderlich,
sind tägliche Messungen prä- und postprandial indiziert (e31–e33). In diesem Zusammenhang ist auch
eine diabetesgerechte Ernährung zur Vermeidung
von Blutzuckerspitzen nach Mahlzeiten besonders
wichtig.
Neue Diabetesmedikamente
Medikamente der neuen Wirkstoffklassen InkretinMimetika (zum Beispiel Exenatide) und DipeptidylPeptidase-4-Hemmstoffe (DPP-4-Inhibitoren, zum
Beispiel Sitagliptin und Vildagliptin) können allein
keine Hypoglykämie auslösen. In Kombination mit
Sulfonylharnstoffen oder Insulin sind aber Hypoglykämien möglich. Auf eine detaillierte Darstellung in
Tabelle 1 wird deshalb verzichtet.
592
Das individuelle Selbstkontrollkonzept
Es ist notwendig, individuelle Therapieregime und ein
dazu passendes Selbstkontrollkonzept klar zu formulieren. Die genannten Vorschläge bieten einen Rahmen, um aus gegebenen Therapieregimen ein jeweils
sinnvolles Selbstkontrollkonzept abzuleiten. Eine
schematische Anwendung ist jedoch nicht sinnvoll.
Vielmehr ist es erforderlich, neben individuellen
Behandlungszielen hierzu passende Richtwerte für
Blutzucker- und HbA1c-Werte für jeden Patienten zu
formulieren und schriftlich festzuhalten. Nur wenn
Patienten diese mittelbaren Ziele kennen und verinnerlicht haben, führt eine Stoffwechselselbstkontrolle
zu sinnvollen Konsequenzen, da die häufige Überoder Unterschreitung des Zielbereiches gleichbedeutend ist mit der Aufforderung, Maßnahmen zur Optimierung der Therapieregime zu ergreifen. Sind die
Zielwerte explizit festgelegt, ergibt sich daraus unmittelbar ein individuelles Selbstkontrollkonzept. In
diesem muss nach individuellen Gesichtspunkten
(Kasten 2) die Häufigkeit von Selbstkontrollmessungen festgelegt werden. Tabelle 2 fasst für typische
Patientengruppen Vorschläge zur Häufigkeit und Art
der Stoffwechselselbstkontrolle zusammen, die sich
nach der hier beschriebenen Methodik aus den Not⏐ Jg. 106⏐
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wendigkeiten der jeweiligen Therapieregimes ableiten
lassen.
Die Ergebnisse der Selbstkontrollmessungen sollten
grundsätzlich protokolliert werden, am besten zusammen mit der sich daraus ergebenen Therapie (Insulindosis, gegebenenfalls Kohlenhydratgehalt der Mahlzeiten) und anderen Einflussfaktoren (körperliche Aktivität, akute Erkrankungen, Alkohol, sowohl hyper- als
auch hypoglykämische Werte). Nur dann erfasst ein Patient die Gesamtsituation als Übersicht, und die Eintragungen stehen für eine Analyse beim Arztbesuch zur
Verfügung. Zusammen mit weiteren erhobenen Kontrollparametern wie beispielsweise HbA1c und Körpergewicht erlaubt dies eine nachvollziehbare Entscheidung, ob die Behandlung unverändert fortgesetzt werden kann oder Änderungen notwendig sind. Denn nicht
die Selbstkontrolle ist das Ziel, sondern die angemessene und rasche Korrekur der Diabetestherapie. Hierzu
kann die Stoffwechselselbstkontrolle wichtige Impulse
geben. Leider ist eine Therapieintensivierung bei der
progressiven Erkrankung Typ-2-Diabetes (16, 17) und
eine Anpassung der Behandlung bei der labilen Stoffwechselkontrolle vieler Patienten mit Typ-1-Diabetes
recht häufig notwendig.
Klinische Kernaussagen
> Blutzuckerselbstkontrolle ist immer dann sinnvoll, wenn
sich aus den Ergebnissen eine kurz- oder langfristige
Verbesserung der Stoffwechselkontrolle ableiten lässt.
> Blutzuckerselbstkontrolle ist teuer – der Umfang ihres
Einsatzes sollte durch den zu erwartenden Nutzen gerechtfertigt sein.
> Je nach Diabetestyp, Behandlungsform und individuellen Eigenheiten einzelner Patienten kann der Bedarf für
eine Blutzuckerselbstkontrolle erheblich variieren.
> Es kann sowohl ein Fehler sein, zu häufig eine Blutzuckerselbstkontrolle durchzuführen, als auch zu selten.
> Das Selbstkontrollkonzept sollte für den Patienten mit
Diabetes mellitus genauso explizit beraten und verordnet werden wie andere Bestandteile der Therapie.
Danksagung
Die Autoren danken S. Schlüter und Dr. C. Nagel-Reuper für die Unterstützung bei der Literatursuche und die kritische Kommentierung von Manuskriptentwürfen.
Interessenkonflikt
Prof. Nauck ist Leiter der Kommission Klinische Studien der Deutschen Diabetesgesellschaft, die eine prospektive Studie zum Nutzen der Blutzuckerselbstkontrolle bei Typ-2-Diabetes mit konventioneller Insulintherapie durchführt.
Diese Studie wird auch mit Mitteln der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und
von der Fa. Bayer Diagnostics gefördert.
Prof. Nauck hat Vortragshonorare von Firmen, die Blutzuckermessgeräte und
-teststreifen vertreiben (Berlin-Chemie, Lifescan, Bayer Diagnostics), erhalten
und Studien zur Messgenauigkeit von Blutzuckerschnellmessgeräten als
Auftragsleistung durchgeführt (Bayer Diagnostics, Bionime, Taiwan).
Dr. El-Ouaghlidi und Dr. Vardarli erklären, dass kein Interessenkonflikt im
Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors
besteht.
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⏐ 11. September 2009
Deutsches Ärzteblatt⏐
Manuskriptdaten
eingereicht: 21. 12. 2007, revidierte Fassung angenommen: 8. 1. 2009
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(DOVES). Diabetes Care 2003; 26: 1759–63.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Michael A. Nauck
Diabeteszentrum Bad Lauterberg
Kirchberg 21, 37431 Bad Lauterberg
E-Mail: [email protected]
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SUMMARY
Self-Monitoring of Blood Glucose in Diabetes Mellitus:
Arguments for an Individualized Approach
Background: The utility of glucose self-monitoring in different types
and stages of diabetes is controversial, as there is only sparse relevant evidence from randomized controlled clinical trials. In this analysis, the authors aim to develop individualized recommendations based
on clinical needs and the available literature.
Methods: The PubMed database was searched for articles that appeared up to 30 September 2008 containing the terms "measurement," "control“, "monitoring," and "hypoglycemia"; the retrieved articles were supplemented by other articles that were cited in them. A
directed search was also made for the recommendations of the German, European, American, and international diabetological societies.
Conclusions were then drawn about the useful modalities and extent
of glucose self-monitoring on the basis of the clinical features of the
major types of diabetes and the main treatment strategies for them.
Results: With the exception of intensified treatment strategies (which
rely on blood-sugar regulation with insulin), only a few evidence-based recommendations can be derived from randomized clinical trials
and meta-analyses. Nonetheless, a strategy for self-monitoring according to the patient's individual needs can be derived from the characteristics of therapeutic regimens: depending on the type of diabetes from which the patient suffers, the predicted number of glucometer strips required for self-monitoring will vary from almost none to
roughly 400 per month.
Conclusions: The decision to use glucose self-monitoring, as well as
the type and extent of self-monitoring that will be used, should be based
on the individual patient's type of diabetes, treatment regimen, and
clinical characteristics. Like any other type of therapeutic intervention,
selfmonitoring should have a well-documented, rational justification.
Key words: diabetes mellitus, blood sugar measurement, clinical research, self-monitoring, treatment
Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2009; 106(37): 587–94
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0587
@
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit3709
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
eFallbeispiele unter:
www.aerzteblatt.de/artikel09m587
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ÜBERSICHTSARBEIT
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Plädoyer für ein individuelles Selbstkontrollkonzept
Michael A. Nauck, Andrea El-Ouaghlidi, Irfan Vardarli
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ÜBERSICHTSARBEIT
Blutzuckerselbstkontrolle
bei Diabetes mellitus
Plädoyer für ein individuelles Selbstkontrollkonzept
Michael A. Nauck, Andrea El-Ouaghlidi, Irfan Vardarli
Fallbeispiele
Patientenbeispiel Hypoglykämie
Ein Patient mit Diabetes, der Insulin injiziert, hat eine kleinere Mahlzeit zu sich genommen, als beabsichtigt
war. Bei der anschließenden Autofahrt bemerkt er Schweißperlen auf der Stirn und fühlt sich flatterig. Er muss
den PKW abstellen, den Blutzucker kontrollieren und Maßnahmen zur Korrektur einleiten (Kohlenhydrate
zum Beispiel in Form von Traubenzucker oder Obstsaft zuführen). Der Diabetiker muss eine Besserung
abwarten und vor der Weiterfahrt sicherstellen, dass der Blutzucker jetzt in einem sicheren Bereich liegt.
Patientenbeispiel schwere Hypoglykämie
Im Falle einer schweren Hypoglykämie sind Orientierung und Bewusstsein durch Neuroglukopenie so stark
beeinträchtigt, dass fremde Hilfe durch Familienmitglieder, Betreuer oder medizinisches Fachpersonal in Anspruch genommen werden muss. Die Glucose muss in diesen Fällen intravenös injiziert oder infundiert werden. Für eingewiesene Laien steht Glukagon zur Injektion (1 mg intramuskulär oder subkutan) zur Verfügung.
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