Kolumne „Arbeitswelt und Laufbahngestaltung“ im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern Identifikation und Loyalität Identifikation mit dem Unternehmen ist mit der wachsenden Hire-and-Fire-Mentalität aus der Mode gekommen. Sich identifizieren verursacht eine Art emotionale Abhängigkeit – wer will das schon? Identifikation mit dem Unternehmen ist out – Verlierer sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Vergangenheit wird idealisiert, eine Binsenwahrheit. Wahrscheinlich wird auch die Zeit idealisiert, als man einen Patron hatte, der das Familienunternehmen mit Blick auf kommende Generationen in die Zukunft steuerte und nicht Manager, die alle paar Jahre weiter ziehen, um ihre eingebrockte Suppe anderen zum Auslöffeln zu überlassen. Vorbei sind die Zeiten, in denen man im Beruf pensioniert wurde, mit dem man eingestiegen war, vorbei die Zeiten, als niemand permanente Weiterbildung forderte – was letztlich impliziert, dass man nie genügend ist. Die Zeiten sind vorbei, in denen niemand von Unternehmensidentität, von Corporate Identity, sprach – denn manchmal haben Unternehmensidentität und Identifikation mit dem Unternehmen nichts miteinander zu tun. Im Zentrum der Unternehmensidentität stehen definierte Werte, mit denen sich die Angestellten gefälligst identifizieren sollen, sogar wenn es die Führung nur auf dem Papier tut - überspitzt gesagt. Identifikation mit dem Unternehmen ist eine Befindlichkeit, die eintrifft, wenn ein Individuum seine eigenen Werte leben kann, wenn es sich als wichtigen, mitbestimmenden Teil eines Ganzen sieht, wenn es sich mitverantwortlich fühlt. Wenn es stolz ist, zu dieser Gemeinschaft zu gehören. Wenn ihm bewusst ist, dass es nicht so leicht zu ersetzen ist, weil es in der ganzen Zugehörigkeit auch einzigartig ist. Und wenn diese Einzigartigkeit zum Unternehmenserfolg beiträgt. Wer sich seiner Einzigartigkeit bewusst ist, lässt sich nicht einreden, leicht ersetzbar zu sein. Leicht ersetzbar sein bedeutet wenig Kanten und Ecken, also wenig Profil zu haben. Ist das wirklich erstrebenswert? Wer sich mit dem Unternehmen identifizieren kann, wird keine Mühe haben, dem Unternehmen gegenüber Loyalität zu beweisen. Die amerikanische Politik zeigt auf, dass man in Loyalitätskonflikte kommen kann, wenn die Werte von Vorgesetzten nicht mit den kommunizierten Werten der „Organisation“ übereinstimmen. Stimmen die eigenen Werte eines Arbeitnehmenden weder mit den Werten der Vorgesetzten noch des Unternehmens überein, kommt er in einen Loyalitätskonflikt mit sich selbst. Wer seine Werte nicht leben kann, wer sich selbst nicht treu sein darf, wird krank. Es gilt, sich bei Arbeitsunzufriedenheit Gedanken darüber zu machen, wie es um die Kompatibilität der eigenen Identität mit der Unternehmensidentität steht. Einfacher gesagt: Passe ich in das Unternehmen, passt das Unternehmen zu meinen ethischen Grundsätzen? Wenn nicht, steht eine Neupositionierung an. Sich selbst zuliebe. Regula Zellweger, www.rz-laufbahn.ch