A-Vorlesung, 3std, Di 14.15 - 16.30 Uhr W. Dünnweber Teilchenastrophysik Inhalt: Kosmologie im Überblick Primordiale Nukleosynthese Elementsynthese in Sternen Supernovae als Neutrinoquellen Solare Neutrinos Atmosphärische Neutrinos Neutrino-Oszillationen Hochenergie-Neutrino-Astronomie Kosmische Strahlung Dunkle Materie Kosmische Hintergrundstrahlung und Dunkle Energie Magnetische Monopole Protonenzerfall Zeitabhängigkeit der Naturkonstanten Literatur Klapdor-Kleingrothaus et al. Teubner Vlg., “Teilchenastrophysik” “Teilchenphysik ohne Beschleuniger”, nicht mehr ganz aktuell Perkins, Oxford University Press, “Particle Astrophysics”, bietet auch Zusammenfassung der Teilchenphysik (Kap. 1+3) Grupen, Springer Vlg, “Astroparticle Physics”, recht elementar, viel über kosmische Strahlung Bergström, Gobar, Springer Vlg, “Cosmology and Particle Astrophysics”, etwas anspruchsvoller, gute Darstellung der theoretischen Grundlagen Mason (ed.), Springer Vlg., “Astrophysics Update”, aktuelle Forschungsergebnisse (2004) zu einigen Kapiteln der Vorlesung Hawley, Holcomb, Oxford University Press, “Foundations of Modern Cosmology”, elementar, didaktisch, viel Historie 1) Einführung: Kosmologie im Überblick a) Expandierendes Universum Warum ist der Nachthimmel nicht hell? Wie schon Kepler erkannte, wäre für ein unendliches, statisches (Lebensdauer ∞ ) Universum der Nachthimmel hell (Olbers’ Paradox, 1823). Vorausgesetzt wird Homogenität auf großen Skalen. L Lichtflußdichte von Stern in Abstand r: φ = 4πr 2 . Dabei möge die Leuchtkraft L die über das gesamte elektromagnetische Spektrum integrierte Strahlungsleistung bezeichnen. φ(Kugelschale)= n · L · 4πr 2 · dr/4πr 2 = nLdr φ(Kugel)= n · L · r Dabei ist n = Zahl der Sterne (“Sonnen”)/Volumen. 1 Wegen der gegenseitigen Abdeckung der Sterne, ist hier nicht r = ∞ sondern r = n·πR 2 = “freie Weglänge”. Dieser Abstand entspricht fast vollständiger Abdeckung des Himmels (bis auf 1/e). R = Sonnenradius → L φ = πR 2 D.h. wir sähen auf der Erde in jeder Richtung die Oberflächenhelligkeit der Sonne! Dieses Paradox wird nicht durch interstellaren Staub, Raumkrümmung oder Rotverschiebung aufgelöst (s. Harrison, The Science of the Universe, Cambridge University Press). Lösung des Paradox aus heutiger Sicht: Mit n = 10−57 /m3 , R = 7 x 108 m ergibt sich eine “freie Weglänge” r = 2 x 1039 m → t = r/c = 1031 s = 2x1023 a >> Sonnenlebensdauer (1010 a), Alter des Universums (14 x 109 a).. D.h. das Licht wäre länger unterwegs als das Universum alt ist (Faktor 1013 → Abschächungsfaktor (1013 )2 ). Dagegen ist die Annahme der Homogenität auf großen Skalen gut erfüllt → 3 folgende Bilder. Hubbles Gesetz Beobachtung (1929): Rotverschiebung, z.B. von Wasserstofflinien nimmt proportional zum Abstand der Galaxien zu. Zunächst als Dopplereffekt interpretiert (was für kleine Abstände zulässig ist, nicht aber für große → Expansion des q Raumes). Relativistische Dopplerverschiebung: z = Für v << c : z ≈ β = v/c. ∆λ λ = 1+β 1−β −1 Hubbles Gesetz: v = H0 · d ] J J JAbstand zweier Galaxien voneinander m/s Hubble “Konstante” H0 = (70 ± 10) M pc = 1 5 x 1017 s ≈ 1 15 x 109 a (heutiger Wert, wächst wahrscheinlich mit t) Erklärung durch Expansion des Raums Die Metrik des Minkowski-Raums wird durch einen Skalenfaktor R(t) ergänzt. ∆s2 = (c · ∆t)2 − R(t)2 · (∆x2 + ∆y 2 + ∆z 2 ) Gilt für flaches Universum (Spezialfall Krümmungsparameter = 0 der Robertson-Walker Metrik der Allg. Relativitätstheorie). VAB = VBC = d/∆t , vAC = 2d/∆t (Hubble) ∆t allgemein: Abstand ` = R(t) · d −→ R(t + ∆t) · d = `0 V = Ṙ · d = Ṙ ·` R Ṙ Hubblekonstante H =R Rotverschiebung:λgemessen = Rheute Remission −λemission z =: λgemessen λemission heute z + 1 = RR emission · λemission a) heute ρm (sichtbare Masse) = 0.5 GeV /m3 = 1 2 Nukleon /m3 = 0.25 MeV/m3 ρr (Strahlung) = 4 x 108 Photonen/m3 → Nγ NN ukleon ≈ 109 Expansion: λ ∼ R → ρr ∼ 1 R4 ∼ T 4 (Stefan-Boltzman) ρm ∼ 1 R3 d.h. im Lauf der Expansion nimmt die Strahlungsenergiedichte schneller ab als die MaterieEnergiedichte. Für die Energiedichte der Neutrinos (der noch nicht nachgewiesenen “kalten Neutrinos vom Urknall”) nimmt man an: ρ(ν) ≈ ρr Vermutung: ρDunkle Energie = 0.69 · ρcrit ρDunkle M aterie = 0.27 · ρcrit ρm = 0.04 ρcrit mit ρcrit = kritische Dichte für “flaches Universum” ˆ 1eV, T ≈ 5 x 105 y b) T ≈ 3000 K ≈ Photonen und Atome entkoppeln vorher: Atom (Ex ) Atom(Grundzustand) + hν nachher: hν wegen Expansion zu klein → nicht mehr in thermischem Gleichgewicht mit Materie (→ Atome bilden sich) Strahlungs-Energiedichte nimmt mit 1 R4 ab ? heutige 2.7 K Hintergrundstrahlung c) T = ˆ 100 keV , t ≈ 3min Nukleosynthese: n + p → d + γ(2.2 MeV) ← nicht mehr möglich, da Photonenenergie zu klein d/p Verhältnis “eingefroren”, ebenso 4 He/p Boltzman Verteilung: 76 % H / 24 % He ≈ heutiger Wert (schwere Elemente bilden erst sich in Supernovae)