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Konsens-Papier
Interdisziplinäres Advisory Board Meeting in Frankfurt/M.
“Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika”
Am 31. Mai 2017 fand in Frankfurt/M. ein interdisziplinäres Advisory Board
Meeting zum Thema „Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika“ statt. Nach
intensiver Diskussion einigten sich die Teilnehmer des Treffens auf folgenden
Konsensus.
Antibiotika und Resistenzen
 Resistenzen gegen Antibiotika sind ein weltweit wachsendes Problem. Eine der
relevanten Ursachen ist der nach wie vor teilweise unkritische Einsatz dieser
Medikamente im ambulanten Sektor. Hier werden 85 % aller Antibiotika in der
Humanmedizin verschrieben.
 Ein beträchtlicher Teil der Verordnungen entfällt auf Infekte der oberen und
unteren Atemwege, obwohl 90 % dieser Infekte viral bedingt sind und somit nicht
auf Antibiotika ansprechen.
 Auf die bedeutende Rolle von Atemwegsinfektionen im Zusammenhang mit
Antibiotikaverordnungen lassen die Verordnungszahlen schließen: Sie waren
während der Erkältungszeit im Januar 2015 mit 4,54 Millionen Verordnungen
doppelt so hoch wie im gesamten Sommer desselben Jahres.
 Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sterben in deutschen
Krankenhäusern jährlich etwa 15.000 Menschen an nosokomialen Infektionen.
Ein Teil dieser Infektionen wird durch multiresistente Erreger verursacht.
 Die World Health Organization (WHO) warnt davor, dass ein Rückschritt in die
prä-antibiotische Ära möglich sein könnte, wenn nicht aktiv Gegenmaßnahmen
gegen die Resistenzentstehung ergriffen werden.
Patientenwunsch und Arztwunsch
 Ärzte in Deutschland sind in der Verordnung von Antibiotika bei
Erkältungskrankheiten zwar zurückhaltender geworden; dennoch wird den
Patienten mitunter ein Wunsch nach der Verordnung eines Antibiotikums
unterstellt, den sie objektiv nicht haben. Tatsächlich äußern die Patienten häufig
den Wunsch nach Beratung und stärkerer Zuwendung.
 Der – übermäßige – Einsatz von Antibiotika entspringt nicht selten dem Wunsch
der Ärzte nach einer sicheren Therapie und nach einer Zeitersparnis beim
individuellen Patientenfall.
 Antibiotika sind wichtige, kurativ wirksame Medikamente. Sie verlieren durch die
Entwicklung (multi-)resistenter Bakterienstämme dramatisch an Wirksamkeit.
Mitbedingt werden diese Antibiotikaresistenzen durch die inadäquate Verordnung
seitens der Ärzte und durch Einnahmefehler bei den Patienten. Die Folgen der
zunehmenden Resistenzentwicklungen sind schwerwiegend: So kann aus einer
eigentlich gut behandelbaren bakteriellen Infektion eine schwere, für den
Betroffenen eventuell sogar lebensbedrohliche Infektion werden. Infektionen mit
multiresistenten Erregern können zudem insbesondere bei Risikopatienten wie
Neugeborenen, multimorbiden Menschen sowie bei Patienten unter
Immunsuppression wie z. B. nach Organtransplantation oder unter
Chemotherapie, tödlich verlaufen, wenn keine wirksamen Antibiotika mehr zur
Verfügung stehen.
 Der evidenzbasierten symptomatischen (Phyto-)Therapie sollte in der
Behandlung von viralen Erkrankungen der oberen Atemwege ein höherer
Stellenwert beigemessen werden.
Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz
 Das am 9. März 2017 beschlossene „Gesetz zur Stärkung der
Arzneimittelversorgung in der GKV” (AMVSG) fordert die Aufnahme schneller,
qualitätsgesicherter und wirtschaftlicher Diagnostika zur Antibiotikatherapie in
den einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärztliche Leistungen (EBM).
 Den möglichen Mehrausgaben im Hinblick auf (Schnell-)Diagnostika zum
gezielteren Einsatz von Antibiotika stehen mögliche Minderausgaben gegenüber,
weil durch die Verwendung der Diagnostika eine geringere
Verordnungshäufigkeit von nicht indizierten Antibiotika zu erwarten ist. Damit
verbunden sind zudem geringere Nebenwirkungen bzw. weniger unerwünschte
Arzneimittelwirkungen sowie Minderausgaben durch eine verzögerte
Resistenzentwicklung.
CRP-Tests
Ein wichtiger Indikator einer mit Antibiotika behandlungsbedürftigen bakteriellen
Infektion ist das C-reaktive Protein (CRP). CRP ist ein Teil des Immunsystems und
steigt insbesondere bei bakteriell verursachten Erkrankungen an. Daher kann der
CRP-Wert in Verbindung mit einer klinischen Untersuchung in der medizinischen
Grundversorgung am Point-of-Care (PoC) herangezogen werden, um virale von
bakteriellen Infektionen zu unterscheiden bzw. bakterielle Infektionen weitgehend
auszuschließen.
Vorteile der quantitativen PoC-CRP-Testung
 Eine qualitative CRP-Testung ist obsolet: Die Ergebnisse sind ungenau und
haben nur bei negativem Befund Aussagekraft:
 Es gibt keine Möglichkeit zur Verlaufsbeurteilung.
 Die Cut-Offs differieren von Anbieter zu Anbieter der Tests und
entsprechen nicht den internationalen Leitlinien (z. B. National Institute for
Health and Care Excellence, NICE).
 Der Test verursacht einen hohen Schulungsbedarf sowie nicht objektive
Ergebnisse.
 Die quantitative PoC-CRP-Testung hat dagegen viele Vorteile:

Sie benötigt wenig Zeit.

Das Blut kann aus der Fingerbeere entnommen werden.

Die Testung ist gut in den Praxisablauf integrierbar.

Die Validität ist hoch, ebenso die Akzeptanz bei den Praxismitarbeitern.

Sie ist zuverlässig und sicher bei der Therapieverlaufskontrolle.
 Die quantitative PoC-CRP-Bestimmung muss daher als geeigneter Bestandteil
der Infektionsdiagnostik anerkannt und der EBM entsprechend abgeändert
werden. Zudem sollte die Abrechnung budgetneutral erfolgen.
 Die quantitative CRP-Testung am PoC entspricht den Forderungen des AMVSG
nach schneller, qualitätsgesicherter und wirtschaftlicher Diagnostik
vollumfänglich.
Forderungen an die Krankenkassen
 Die aktuell geringe Aufwandsentschädigung für quantitative PoC-CRP-Tests bei
gesetzlich versicherten Patienten ist ein großes Hindernis für ihren Einsatz in der
Breite.
 Die Vorgehensweise mit quantitativen PoC-CRP-Tests in den Niederlanden
belegt ihren Erfolg und zeigt, dass sie für Deutschland ein Vorbild sein kann: Die
Tests werden dort flächendeckend von etwa 60% der niedergelassenen Ärzte
eingesetzt, eine Qualitätskontrolle ist implementiert und die
Antibiotikaverordnungsrate ist in der Folge niedrig.
Fortbildungsmaßnahmen
 Antibiotika allgemein: Nach wie vor sind Fortbildungsmaßnahmen für Ärzte aller
Ausbildungsstufen erforderlich, die zu einem verantwortungsvollen Gebrauch von
Antibiotika anleiten. Zudem sollte es Fortbildungen geben, in denen
patientenorientierte Gespräche zum Thema Antibiotikatherapie praktisch trainiert
werden können.
 Quantitative PoC-CRP-Testung: Benötigt wird eine praktische Aufklärung über
die Methodik, die Handhabung und die Leistungen der Geräte, die deutlich
macht, wie einfach sich die Technik in den Praxisablauf integrieren lässt.
 Die Methode muss über Fortbildungen – beispielsweise durch Angebote
der Ärztekammern – bekannter gemacht werden; wünschenswert wären
auch die Etablierung von Qualitätszirkeln und Publikationen in geeigneten
Fachzeitschriften.
 Die quantitative PoC-CRP-Testung sollte durch die Fachgesellschaften
empfohlen und in die Leitlinien integriert werden.
Aufklärung von Patienten
 Zudem muss stärker in die Patientenaufklärung investiert werden. Informierte
Patienten werden nach der Testung fragen und damit auch zum rationalen
Antibiotika-Einsatz beitragen.
Fazit
 In der niedergelassenen Praxis ist der quantitativ gemessene CRP-Wert im
Zusammenhang mit der klinischen Untersuchung der pragmatischste Parameter
für eine rationale Antibiotikaverordnung.
 Die Qualität der Testung ist im Fall der quantitativen PoC-CRP-Testung gesichert
und entspricht den Forderungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur
Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK).
 Es liegen Daten vor, die zeigen, dass der Einsatz der quantitativen PoC-CRPTestung auch gesundheitsökonomisch gerechtfertigt ist.
Abschlussforderung

Die Unterzeichnenden fordern die gesetzlichen Krankenkassen auf, die
quantitative CRP-Testung am PoC in die Erstattung aufzunehmen.

Der Erstattungsbetrag für den CRP-Test muss kostendeckend und budgetneutral
sein.
Unterzeichner
Dr. Béatrice Grabein, München
Dr. Katja Linke, Viernheim
Dr. Hilmar Uhlig, Hamburg
Dr. Erik Sievert, Bonn
Für weitere Informationen steht Ihnen zur Verfügung:
3K Agentur für Kommunikation GmbH
Julia Schneider
Feldbergstraße 35
60323 Frankfurt am Main
[email protected]
Telefon: 0 69 97 17 11 0
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