Prä-Diabetes: Wie steigert man in der Gesellschaft die Anzahl

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Prä-Diabetes: Wie steigert man in der Gesellschaft die Anzahl
präkranker Menschen?
Frage:
Testgenauigkeit verschiedener Parameter für die Diagnose eines Prädiabetes und Wirksamkeit
verschiedener Interventionen zur Verhinderung eines Diabetes mellitus bei Menschen mit
einem Prädiabetes?
Hintergrund:
Die Prävalenz von Typ 2 Diabetes ist weltweit steigend. Die Verhinderung eines Type 2
Diabetes oder zumindest die zeitliche Verzögerung des Auftretens sind prioritäre Ziele der
Gesundheitspolitik.
Die Frage ist, wie „hohes Risiko“ (Prädiabetes) für die Entwicklung eines Diabetes definiert
wird und wie Personen mit Prädiabetes identifiziert werden. Nach den derzeitigen Kriterien
kann eine Person in einem Land nicht prädiabetisch sein und im Nachbarland diagnostiziert der
Arzt nach den dort geltenden Kriterien einen Prädiabetes. (Kriterien für einen Prädiabetes nach
den WHO Richtlinien: abnorme Nüchternglukose (6.0 - 6.9 mmol/L) oder verminderte
Glukosetoleranz nach 2h (7.0 - 11.1 mmol/L) oder HbA1c (6.0 - 6.4%); nach den Richtlinien der
American Diabetes Association: abnorme Nüchternglukose (5.6 - 6.9 mmol/L) oder
verminderte Glukosetoleranz nach 2h (7.0 - 11.1 mmol/L) oder HbA1c (5.7 - 6.4%)
Prädiabetes ist eine arbiträre Kategorie und impliziert, dass ein (grosser?) Teil der Personen,
wenn sie keine Gegenmassnahmen (z.B. Bewegung und Gewichtsreduktion) ergreifen, an
einem Typ2 Diabetes erkranken wird. Wie hoch die Prävalenz ist, weiss man nicht so genau.
Diese Studie, ein systematic review, beschäftigt sich mit den Fragen welchen Test (wenn
überhaupt einen) für die Diagnose des Prädiabetes verwendet werden soll was die Wirksamkeit
verschiedener Interventionen bei Menschen mit einem Prädiabetes ist
Einschlusskriterien:
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Für diagnostische Studien mussten im Labor entweder HbA1c oder Nüchternglukose
(Plasma) gemessen werden; point-of-care Messungen dieser Parameter wurden nicht
berücksichtigt, wegen Reliabilitätsproblemen.
Klinische Studien bei über 18-Jährigen mit Prädiabetes (verminderte Glukosetoleranz,
abnorme Nüchternglukose, erhöhte HbA1c, Schwangerschaftsdiabetes in der Anamnese) in
denen entweder die Wirksamkeit einer Veränderung des Lebensstils oder die Wirksamketi
von Metformin untersucht wurde.
Studiendesign und Methode:
Systematic review
Resultat:
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In den systematic review konnten 46 diagnostische Studien (Testgenauigkeit von
Nüchternglukose und HbA1c ) und 25 interventionelle Studien (Wirksamkeit von Änderung
des Lebensstils, Metformin) eingeschlossen werden.
Diagnostische Studien (nach den WHO-Kriterien für einen Prädiabetes):
 Testgenauigkeit von HbA1c (der Referenztest, oder ‚gold standard’ war das Ergebnis
des oralen Glukosetoleranztests [OGTT]), die Sensitivität von HbA1c liegt bei 50%
(d.h. die Hälfte der Menschen, die gemäss dem Ergebnis des OGTT einen
Prädiabetes haben, haben gemäss HbA1c Wert keinen Prädiabetes). Die Spezifität
liegt bei 80% (d.h. 20% der Menschen mit einem erhöhten HbA1c Wert haben
gemäss dem Ergebnis des OGTT keinen Prädiabetes. Die Ergebnisse nach den
Kriterien der American Diabetes Association sind ähnlich verwirrend.
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Testgenauigkeit von abnormer Nüchternglukose (Referenztest ist wieder OGTT);
Sensitivität 25% und Spezifität 94%.
Interventionelle Studien: Die Studien waren in den Designs unterschiedlich
(unterschiedliche Interventionen, unterschiedliche Beobachtungsdauern, unterschiedliche
Adherence...). Veränderungen des Lebensstils führten in der Regel zu einer
Gewichtsreduktion, zu einer Verbesserung der ‚glykämischen Werte’ und zu einer
Reduktion des Risikos einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln. (Dieses Wissen ist schon länger
allgemein bekannt).
Auch Metformin reduziert das Risiko für das Auftreten eines Diabetes bei Menschen mit
einem Prädiabetes.
Kommentar:
Die Motivation eine Zusammenfassung dieses Artikels zu schreiben war nicht die Summe
der neuen Erkenntnisse dieser Studien, die in dem systematic review zusammengefasst
wurden.
Die Motivation ist ein Beispiel dafür zu zeigen was Eugen Bleuler (Psychiater, Direktor am
Burghölzli) vor 100 Jahren mit dem Titel seines Buches „Das autistisch-undisziplinierte
Denken in der Medizin und seine Überwindung“ angesprochen hat.
Es wird ein neuer – eine Krankheit andeutenden – Begriff kreiert, von wem auch immer, der
einen nicht unbeträchtlichen Teil der Menschen als zumindest prä-krank klassifiziert. Zu
alledem kommt noch, dass diese „Prä-Krankheit“ nicht einmal klar definiert ist, also je nach
Interesse einmal so oder so definiert wird. Wissenschaftliche Medizin setz voraus, dass
Begriffe und Kategorien klar definiert werden. Die Undiszipliniertheit ist noch nicht
überwunden.
Man sollte sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung den krankmachenden Institutionen
und Behörden nur noch den Rücken zeigt.
Literatur:
Barra E. et al. Efficacy and effectiveness of screen and treat policies in prevention of type 2
diabetes: systematic review and meta-analysis of screening test and interventions. BMJ 2017;
356: i6538
Verfasser:
Johann Steurer
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