Kurssturz am chinesischen Aktienmarkt: Wie kam es dazu?

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Kurssturz am chinesischen Aktienmarkt:
Wie kam es dazu?
Kommentar von Michael Lai, Fondsmanager für chinesische Aktien bei GAM
10. Juli 2015
Das chinesische ‚Jahr des Schafs‘ bringt zumindest seit Mitte
Juni nicht mehr die erhoffte Harmonie. Nach den sehr starken
Kursgewinnen im April hatte die Euphorie der chinesischen
Anleger einen ersten Knick erhalten, als die Regierung
beschloss, dass Banken künftig mehr als die bisherigen 75%
ihres Einlagenvolumens als Kredite ausgeben zu können.
Diese für den Bankensektor langfristig positive Entscheidung
wurde vom Markt fälschlich so interpretiert, dass geldpolitische
Stützung künftig ausbleiben könnte. Diese scheinbar so
harmlose politische Nachricht löste einen Verkaufsdruck aus,
der zu Zwangsverkäufen an den Börsen führte – insbesondere
als in Kombination mit der in den vergangenen sechs Monaten
stark gestiegenen Kreditfinanzierung entsprechende
Nachschussforderungen fällig wurden. Die chinesische
Zentralbank senkte zwar Ende Juni als Reaktion auf den
Markteinbruch sowohl die Reserveanforderungen für
Kreditinstitute als auch die Zinsen, konnte damit die Stimmung
aber nicht drehen.
Erwartung der Anleger nicht erfüllt
Betrachtet man die Entwicklung mit etwas Distanz, dann wird
offensichtlich, dass für Marktteilnehmer eine Absicherung
gegenüber überraschenden, mitunter ungeschickten
regulatorischen Schritten immer schwierig ist. Die chinesischen
Aufsichtsbehörden und die Regierung haben mit ihren
Entscheidungen die Hoffnungen zunichte gemacht, dass der
strukturelle Umbau der Wirtschaft durch die günstige
Kapitalmarktentwicklung und die Reform des Finanzsektors
langfristig unterstützt werden würde.
Dass die Verantwortlichen zuerst eine starke Ausweitung der
Kreditfinanzierung zugelassen, dann aber später nach den
Kursstürzen aktiv in die Märkte eingegriffen haben, macht einen
wenig rationalen Eindruck und erinnert mehr an Verzweiflung
und Panik. Unter diesen Vorzeichen war es alles andere als
hilfreich, dass der Hälfte aller börsennotierten Unternehmen
ermöglicht wurde, ihren Handel an der Börse auszusetzen. Der
Markt für chinesische A-Aktien kam damit praktisch zum
Erliegen.
Kurzfristige und langfristige Lösungen
Eines ist klar: Die jüngsten regulatorischen Maßnahmen tragen
nicht zur Lösung des eigentlichen Problems, der zu hohen
Verschuldung bei. Anstatt Leerverkäufe zu verbieten, ein
tägliches Handelslimit von plus bzw. minus 10% einzuführen
und Unternehmen die Aussetzung ihrer Aktien vom Handel zu
erlauben, müssten die Verantwortlichen alle künstlichen
Hindernisse beseitigen, damit der Markt seinen wirklichen
Boden findet. Dazu würde auch gehören, Anleger von
kreditfinanzierten Aktienkäufen abzuraten, den Handel in aktuell
ausgesetzten Aktien zwangsweise wieder aufzunehmen und den
Prozess für Börsengänge offener und transparenter zu gestalten.
Oberstes Ziel für die Gesundung des Aktienmarktes muss sein,
Marktinterventionen zu minimieren – schließlich hat uns die
Erfahrung gelehrt, dass alle Einmischungsversuche scheitern.
Dies hieße gleichzeitig, dass mehr Börsengänge erlaubt und
transparentere Marktprozesse geschaffen werden. Kurzfristig
könnte sich dies ironischerweise negativ auf den Aktienmarkt
auswirken, denn mit ein Grund für die Aktienrally war vor allem
das begrenzte Angebot.
Viele Anleger wurden in den vergangenen Wochen schmerzhaft
daran erinnert, dass der chinesische Markt teils stark
fremdgesteuert ist. Die aktuellen Turbulenzen bieten nun aber
die Chance, frühere Fehler wieder gut zu machen, wenn die
Verantwortlichen jetzt die richtigen politischen Entscheidungen
treffen und damit eine Gesundung des Marktes ermöglichen.
Kurssturz am chinesischen Aktienmarkt
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