Messier 82 Das Rätsel der »explodierenden Galaxie« Unser großes Bild zeigt die 12 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie M 82 im Großen Bären – ein Mosaik, aufgenommen mit der Weitfeldkamera für Durchmusterungen des Weltraumteleskops HUBBLE. Nie zuvor hat es ein so hoch aufgelöstes Bild dieses faszinierenden Objekts gegeben. Der Hauptkörper erscheint elongiert, relativ glatt und regelmäßig: Wir sehen die Galaxie recht genau von der 8 STERNE UND WELTRAUM Juni 2006 Kante. Die bläuliche Farbe zeigt, dass zu ihrem integrierten Licht besonders viele massereiche, heiße Sterne beitragen. Sie emittieren nicht nur blaues und ultraviolettes Licht, sondern auch einen schnellen »Superwind«, der in einem weit geöffneten Doppelkegel in den intergalaktischen Raum hinaus strömt. Er bildet feine Filamente, die im roten Licht des ionisierten Wasserstoffs leuchten. Die heißen Sterne sind so kurzlebig, dass immerzu einige von ihnen als Supernova explodieren. Diese Supernovae sind im Zentralbereich von M 82 als punktförmige Röntgenquellen zu erkennen. Sie erzeugen ein Millionen Grad heißes Gas, das ebenfalls schnell nach außen strömt und diffuses Röntgenlicht emittiert - dargestellt in dem vom Röntgensatelliten CHANDRA aufgenommenen Bild (rechts oben). CHANDRA SPITZER 3800 Lichtjahre 1 Bogenminute In dem von SPITZER registrierten infraroten Licht (rechts, Mitte) sehen wir die thermische Eigenemission der »warmen« interstellaren Staubteilchen, die vom Superwind nach außen transportiert werden. Sie strahlen im Infraroten entsprechend ihrer Temperatur von ca. 100 Kelvin. Auf diese Temperatur werden sie »aufgeheizt«, zum einen durch das Licht der heißen Sterne in M 82, zum anderen durch ihre Wechselwirkung mit dem heißen Gas im Superwind. Auch die Staubteilchen bilden feine filamentartige Strukturen, die Komposit sich bis zu 4000 Lichtjahre weit in den intergalakischen Raum erstrecken. Ursache für die große Anzahl junger Sterne in M 82 ist ein »Starburst« – eine Phase besonders aktiver Sternentstehung, die vor einigen zehn Millionen Jahren explosionsartig einsetzte und praktisch die gesamte Galaxie erfasst. Sie wurde ausgelöst durch eine nahe Begegnung mit der benachbarten Spiralgalaxie M 81, bei der die gravitative Wechselwirkung der beiden Galaxien das Herabstürzen großer Mengen interstellarer Materie auf M 82 bewirkte. Schließlich zeigt die Überlagerung der Bilder im sichtbaren, im infraroten und im Röntgenlicht das komplexe Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten. Jahrzehntelang war die bizarre, einmalige Struktur von M 82 für die Astronomen ein Rätsel. Nun demonstriert dessen hier skizzierte Lösung, wie die Zusammenarbeit zahlreicher Forscher und der Einsatz der Weltraumobservatorien in den neu erschlossenen Spektralbereichen unser Verständnis der Naturphänomene vorantreibt. J. S. Bilder: NASA/ESA/CXC/JPL STERNE UND WELTRAUM Juni 2006 9