Abschlussbericht Auslandspraktikum im Centre d’Immunologie in Marseille-Luminy (CIML), Frankreich Sehr geehrte Damen und Herren, nun sind die fünf Monate meines Praktikums, das im Centre d’Immunologie in MarseilleLuminy (CIML) stattgefunden hat, um. Das CIML gehört sowohl zum INSERM (Institut national de la santé et de la recherche médicale) als auch zum CNRS (Centre national de la recherche scientifique) sowie zur Universität von Marseille (Université de la Méditerranée). Es handelt sich um ein Grundlagenforschungs- und „Non-Profit“-Forschungsinstitut. Das Institut wurde 1976 gegründet und befindet sich im Wissenschafts- und Technologie-Park von Luminy. 2004 wurde das CIML in ein neues 6000m2 großes Gebäude verlegt, das eine verbesserte Kooperation von Arbeitsgruppen und Serviceeinrichtungen erlaubte. Das CIML besteht aus 18 Laboren und 250 Mitarbeitern, darunter 53 Forscher in fester Anstellung. Sie arbeiten in verschiedenen Gebieten innerhalb der Immunologie, von Zellkultur- bis MausImmunogenetik, von der Proteinstruktur zur Mikrobiologie und Zellbiologie. In diesen Bereichen untersuchen sie grundlegende biologische Prozesse wie Entwicklung, Lymphozyten-Aktivierung, Wirts-Pathogen-Interaktionen und Zelltod. Labore mit allgemeinen wissenschaftlichen Services stehen allen Arbeitsgruppen zur Verfügung. Zum Beispiel Labore mit Durchflusszytometrie (Zytometrie = Zellvermessung), Zellsortierung, Transgenese und Proteomik. Sie stellen für die Arbeitsgruppen starke technische Plattformen dar. Als Modellorganismen werden im Institut Mäuse, der Mensch, Caenorhabditis elegans und der Schleimpilz Dictyostelium discoideum verwendet. Die Arbeitsgruppen des Instituts haben volle Einsicht in die Führung und Zusammensetzung des CIML. Die Aufnahme internationaler Forscher ist ausdrücklich erwünscht und interne Kollaborationen werden ebenso gefördert. Das CIML gehört ebenfalls zum Institut für Krebsforschung und Immunologie in Marseille (Institute of Cancer research and Immunology of Marseille (ICIM)), was zum Ziel hat, die Interaktion zwischen denjenigen Forschern aus Marseille zu fördern, die in den Verbindungen zwischen Onkologie und Immunologie interessiert sind. Kontakte und Kollaborationen mit der Industrie existieren ebenfalls. Zum Beispiel fand im Januar ein Workshop statt, der durch sanofi aventis gesponsert wurde. Einige Firmen kommen auch gelegentlich in das Institut und präsentieren ihre neuen Produkte. In der Regel werden zweimal wöchentlich Arbeitsgruppentreffen im Institut abgehalten. Es handelte sich meistens um ein internes und ein externes, bei dem Gäste von außerhalb eingeladen sind, die von ihrer Arbeit und Forschung erzählen. Bei den internen Treffen präsentieren die Arbeitsgruppen des CIML ihre Arbeit und Fortschritte, so dass ich auch einiges über die Projekte anderer Arbeitsgruppen erfahren konnte. Die offizielle Sprache im Institut ist Englisch, jedoch in allen anderen Situationen, wie zum Beispiel auf den Fluren, wurde auch viel Französisch gesprochen. Die Technischen Assistenten sprachen häufig nur wenig Englisch. Neben dem Arbeitsgruppenleiter, der auch gleichzeitig mein Praktikumsbetreuer war, bestand meine Arbeitsgruppe noch aus einer Technischen Assistentin und mir. Es gab zudem Kooperationen mit anderen Arbeitsgruppen und Plattformen/Services des CIML. Zu meiner Arbeitsgruppe gehörten drei generelle Arbeitsbereiche: Ein Büroraum, in dem jeder einen Computer zur Verfügung hatte, ein Mikroskopierraum und zwei Laborräume. Diese Bereiche wurden jedoch teilweise auch mit anderen Arbeitsgruppen geteilt. Zudem gab es einige Räume, wie z. B der Analysenwaagenraum, die bei Bedarf von allen Gruppen benutzt werden können. Diese Aufteilung spiegelt die Prinzipien des Instituts wider, die besagen, dass alle Ressourcen gemeinsam und sinnvoll genutzt werden sollen und keiner alleinige Eigentumsansprüche an bestimmten Ressourcen hat. In den ersten Tagen meines Praktikums mussten einige Verwaltungs- und Organisationsangelegenheiten geregelt werden. Es musste zum Beispiel ein französisches Konto für die Praktikumsentschädigung eröffnet werden. In den ersten Wochen ist allgemein viel Bürokratie zu erledigen, aber ich kann nur sagen, dass es mit der Zeit weniger wird. Ich bekam ebenfalls Hilfe von meinem Praktikumsbetreuer. In der Verwaltung des Instituts gab es anfangs einige Schwierigkeiten und Verwirrungen, da ich keinen Studentenstatus mehr hatte und ein Stipendienprogramm für Graduierte anscheinend noch nicht sehr bekannt war. Doch auch hierbei konnte mein Praktikumsbetreuer vermitteln und schließlich konnte das Problem behoben werden. Zunächst wurden mir die Arbeitsräume gezeigt und wo ich welche Geräte, Utensilien, Chemikalien etc. finden kann. Nachdem ich dann in der Verwaltung und bei den benachbarten Arbeitsgruppen vorgestellt worden bin, habe ich in der ersten Woche meinem Chef und der Technischen Assistentin bei der Durchführung ihrer Experimente zugesehen und assistiert. Dabei wurde mir auch die Herstellung der für die Zellkultur von Dictyostelium benötigten Medien gezeigt, damit ich sie im Anschluss bei Bedarf selber herstellen konnte. Außerdem habe ich mich in die entsprechende wissenschaftliche Literatur eingearbeitet, um die Projekte des Labors und meine zukünftigen Projekte verstehen und planen bzw. mitdiskutieren zu können. In der Zeit meines Praktikums befasste sich das Labor hauptsächlich mit den molekularen Grundlagen des Autophagischen Zelltods (Autophagic cell death (ACD)). Es bedient sich hierbei des Modellorganismus Dictyostelium discoideum. Dictyostelium discoideum ist ein eukaryotischer Schleimpilz. Unter günstigen Umweltbedingungen vermehrt er sich als einzelliger Organismus und durchläuft Zelldifferenzierung und Morphogenese wenn keine Nährstoffe mehr zur Verfügung stehen. Bisher sind zwei Arten von Zelltod in Dictyostelium bekannt. Autophagischer und Nekrotischer Zelltod. ACD tritt natürlicherweise während der Morphogenese in Stielzellen auf. In Tierzellen sind diese beiden nicht apoptotischen Zelltodarten noch nicht vollständig erforscht, während ihre pathophysiologische Bedeutung stetig zunimmt. Des Weiteren habe ich in den ersten zwei Wochen nach entsprechender Einführung den Umgang mit der eukaryotischen Zellkultur erlernt und hierbei auch meine eigenen Zellen bekommen, die ich fortan selbständig versorgen musste und in meinen Experimenten eingesetzt habe. Um mit Dictyostelium und seinem Lebenszyklus weiter vertraut zu werden, habe ich die Entwicklung von einzelnen Zellen zu multizellulären Fruchtkörpern auf Filterpapier unter Berücksichtigung eines Protokolls durchgeführt. Dabei habe ich die Entwicklung unter einem Binokular visuell verfolgt. Ab ca. der dritten Woche bekam ich meine eigenen Projekte, die ich selbständig durchgeführt habe. Natürlich konnte ich bei Problemen o. ä. immer Fragen stellen oder bekam gewisse Hilfestellungen von der Technischen Assistentin, wenn nötig. Die Projekte entstanden durch Diskussionen mit meinem Chef unter Anlehnung an die Forschungsziele der Arbeitsgruppe oder resultierten aus den Projekten meines Chefs und seiner Assistentin. Bei den Projekten handelte es sich um ein langfristiges und mehrere kurzfristige Projekte. Das langfristige Projekt befasste sich mit der Erzeugung von Mutanten durch mehrere Runden einer Insertionsmutagenese. Hierfür habe ich mich in ein laboreigenes Protokoll eingearbeitet, dass sich der Methode REMI (Random restriction enzyme mediated insertion) bedient. Insgesamt habe ich fünf Runden durchgeführt. Hierfür habe ich u. a. die entsprechende Vektor-DNA aus E. coli mit Hilfe eines Kits extrahiert, die DNA-Konzentration über eine Gelelektrophorese und mit Hilfe eines sehr teuren präzisen Geräts namens Nanodrop bestimmt. Weiterhin habe ich die DNA zur Aufnahme in Dictyostelium vorbereitet und durch Elektroporation in die Zellen eingebracht. Danach wurden die gewünschten Mutanten mit Antibiotika selektiert, dann vermehrt, kloniert und überprüft. Bei der Klonierung habe ich mit einer Service-Arbeitsgruppe zusammengearbeitet, die einen „Zellsortierer“ (Fluorescence activated cell sorting FACS) zur Verfügung hatten. Da eine Runde mehr als vier Wochen in Anspruch nimmt, zog sich das Projekt fast bis zum Ende des Praktikums. Die kurzfristigen Projekte waren weniger umfangreich und liefen parallel zum Hauptprojekt. Das heißt, dass eine gute Organisation und Planung gefragt ist, für die ich zwei Zeitpläne (Übersicht und Detail) selbständig geführt habe. Bei den kürzeren Projekten konnte ich meine Interessen und Ideen stärker einbringen und mehr ausprobieren. Ich durfte zum Beispiel ein Protokoll für Clonogenicity Tests entwickeln mit dem ich anschließend das Überleben von Zellen aus Zelltodexperimenten bewerten konnte. In diesem Rahmen habe ich Dictyostelium Zellen auf Bakterienrasen von Klebsiella aerogenes ausplattiert. Es handelte sich dabei um Wildtyp- und bereits existierende Mutantenzellen. Auf diese Weise sollte ich versuchen, die Rolle eines für den ACD-Weg wichtigen Gens einzuschätzen. Arbeiten im Zusammenhang mit der Zellkultur wurden immer unter sterilen Bedingungen an der Sterilbank durchgeführt. Zellzählungen mit Zählkammern und die Überprüfung der Kulturen auf Kontaminationen erfolgten an Lichtmikroskopen. Durch die Manipulierung und Untersuchung von Zellen in Zelltodexperimenten wurde ich ebenfalls mit der Arbeit an einem Fluoreszenzmikroskop vertraut. Während der gesamten Dauer des Praktikums mussten standardmäßig alle Aktivitäten, Ergebnisse etc. in einem eigenen Laborbuch festgehalten werden. Über meine Fortschritte in den Projekten habe ich fast täglich Bericht erstattet und konnte dabei in Diskussionen das weitere Vorgehen oder Fragen klären. Neben meinen Projekten habe ich die Projekte des Labors weiter mitverfolgt, darunter auch die Zusammenarbeit mit der Proteomikabteilung. Die Ergebnisse meines Praktikums habe ich in einer Präsentation zusammengefasst und meiner Arbeitsgruppe vorgetragen. Mit einem Teil der Ergebnisse konnte ich als Co-Autor an einer Publikation des Labors mitwirken. Auch konnte ich an einem großen Meeting im Institut zum Thema Zelltod teilnehmen, bei dem auch viele internationale Forscher anwesend waren. Insgesamt habe ich auch einen Einblick in die Zusammenarbeit verschiedener Arbeitsgruppen/Labore bzw. in das „Funktionieren“ eines Instituts bekommen. Ich bin im Institut fast ausschließlich auf freundliche und offene Menschen gestoßen. In den Pausen hat es sich angeboten mit Kollegen aus den Nachbarlaboren einen Kaffee trinken zu gehen und sich über die Arbeit oder auch Privates auszutauschen. Durch die freundliche Art der französischen Begrüßung, fühlt man sich rasch dazugehörig. Vorgesetzte werden übrigens nicht mit Küsschen, sondern auch per Handschlag begrüßt, es sei denn der Vorgesetzte bietet es von sich aus an. Für die Vorbereitung eines Auslandspraktikums sollte man ca. 6 Monate von der Bewerbung bis zum Beginn des Praktikums einplanen. Das Praktikum musste selber gesucht und organisiert werden. Ich habe es letztendlich über die Leonardo-Praktikumsbörse gefunden. Bei einem Praktikum in Frankreich sollte man außerdem bedenken, dass im Juli und August in Frankreich große Sommerferien sind, in denen nicht viele Leute arbeiten. Meine Unterkunft wurde im Vornherein und hauptsächlich mit der Unterstützung meines Praktikumsbetreuers organisiert. So konnte ich zu anderen Unterkünften vergleichsweise günstig in einem Wohnheim im Wissenschafts- und Technologie-Park von Luminy, in direkter Nähe des Instituts, wohnen. Das war sehr praktisch und hat z. B. Buskosten erspart. Der Raum hat monatlich ca. 330 € gekostet und war neben Bett, Schrank, Stuhl und Tisch mit Kühlschrank und kleinem Bad ausgestattet. Das Leben in Marseille ist relativ teuer, Busfahren ist allerdings relativ günstig. Trotz der Haftpflichtversicherung vom DAAD wurde vom Vermieter gefordert, dass man eine weitere Versicherung gegen Sachschaden, Raub und Feuerschäden abschließt. Es war ebenfalls überraschend, dass die Miete kurz nach der Ankunft komplett im Voraus gezahlt werden musste. Da das Stipendium aber ebenso komplett im Voraus vorlag, war dies machbar. Die vom DAAD angebotene Kombiversicherung ist empfehlenswert, der entsprechende Tarif für Graduierte, die ins Ausland gehen, befindet sich jedoch auf der Seite http://www.daad.de/ausland/service/daad-gruppenversicherungen/05124.de.html (Tarif 726!). Die Personenhaftpflichtversicherung ist auch für den Arbeitsplatz effektiv. Dies war sehr praktisch, da ich herausfand, dass ich nicht über den Arbeitgeber im Institut versichert war. Das scheint in Frankreich nicht unüblich zu sein. Wenn man in Frankreich kostenlos Geld abheben möchte, ist es von Vorteil ein Konto bei der Deutschen Bank zu besitzen, weil zwischen dieser und der französischen Bank BNP Paribas eine Kooperation besteht. Um günstig nach Deutschland telefonieren zu können, kann man sich eine französische PrepaidKarte mit speziellen Auslandstarifen kaufen. Ich habe Marseille mit dem Zug erreicht. Luminy liegt ein wenig außerhalb der Stadt, zwischen Marseille und Cassis. Mit dem Bus, der regelmäßig verkehrt, ist man in ca. 30 min im Stadtzentrum von Marseille. Frankreich ist ein sehr schönes abwechslungsreiches Land und seine Menschen besitzen ein besonderes „savoir vivre“. Ich kannte es schon ein wenig durch mehrere kurze Reisetrips. Im Süden von Frankreich war ich allerdings zum ersten Mal und ich muss sagen, dass ein Unterschied zu merken ist. Natürlich ist Marseille schön, bunt, multikulturell und mediterran. Der alte Hafen verleiht der Stadt einen besonderen Charme und es gibt mehrere Strände. Marseille ist sehr lebhaft und leider sind die Bedingungen (außerhalb des Arbeitsorts) manchmal recht chaotisch und allgemeine Informationen etwas rar. Unglücklicherweise verlief mein Aufenthalt auch während der Streikmonate. In Frankreich wird oft und viel gestreikt. Es hat eine gewisse Tradition, wurde mir berichtet. Es war eine faszinierende Erfahrung, aber die daraus resultierenden Einschränkungen waren für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Zum Beispiel war die Stadt zwischenzeitlich sehr dreckig als die Müllbeseitigung für mehrere Wochen ausfiel. Ansonsten ist die Umgebung und Landschaft sehr schön und man kann an den Wochenenden viel unternehmen und entdecken. Wie bereits erwähnt, liegt Luminy etwas außerhalb, dafür ist man jedoch innerhalb weniger Minuten in den wunderschönen Calanques, der mediterranen Felsenküstenregion. Bis Ende September war es noch sehr warm, so dass man bis dahin noch gut im Meer schwimmen gehen konnte. Wandern, Joggen und Klettern ist ebenfalls sehr gut möglich. Im Winter, wenn es früh dunkel wird, ist es nicht so einfach Sport zu betreiben. Fahrradfahren habe ich mich trotz Ausleihmöglichkeiten nicht getraut, da es in Frankreich weniger etabliert ist und die Autofahrer in Marseille oftmals einen sehr aggressiven Fahrstil haben. Ich habe gehört, dass es in einigen Gegenden der Stadt etwas gefährlich sein soll, aber in Luminy oder anderen gut besuchten Orten tagsüber oder in Gesellschaft, hatte ich keine großen Bedenken. Als europäische Frau muss man allerdings damit rechnen häufiger von südländischen Männern angesprochen zu werden. Während meines Aufenthalts konnte ich viele interessante Sozialkontakte zu anderen internationalen jungen Leuten knüpfen, die ebenfalls in Luminy gelebt haben. Außerhalb des Instituts reichen Englischkenntnisse alleine zur Verständigung nicht mehr aus. Man sollte also auf alle Fälle auch wenigstens Grundkenntnisse in Französisch aufweisen können. Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich das Auslandspraktikum in persönlichen Erfahrungen bereichert hat und dass es meine professionellen Erfahrungen gestärkt und erweitert hat. Unter anderem sind Erfahrungen in eukaryotischer Zellkultur im Bereich der Biologie sehr gefragt. Ich habe auch gezeigt, dass ich mich erfolgreich in ein neues Team integrieren kann. Außerdem konnte ich meine Sprachkenntnisse trainieren und verbessern, was auf dem heutigen Arbeitsmarkt ein großer Vorteil ist. Ich war sehr erfreut und dankbar diese Erfahrungen machen zu können. Mit freundlichen Grüßen, Birthe Harms