12 Pathophysiologie in der zweiten Schwangerschaftshälfte 12.5.5

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12 Pathophysiologie in der zweiten Schwangerschaftshälfte
Tab. 12-6 Management bei Übertragung. Gegenüberstellung der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und dem National Institute for Health and Care Excellence (NICE).
12
DGGG/AWMF
NICE-Guidelines
40+0 bis 40+6 SSW
„40 weeks“
Überprüfung, ob risikoarme Schwangerschaft
yy
keine zusätzlichen Untersuchungen
yy
Aufklärung über die Möglichkeit der Einleitung
yy
41+0 bis 41+6 SSW
„41 weeks“
Ultraschall 2-tägig (Fruchtwassermenge)
yy
Non-Stress-CTG alle 2 Tage
yy
Anbieten einer Einleitung ab 41+0 SSW
yy
Empfehlung zur Einleitung ab 41+3 SSW
yy
Empfehlung und Anbieten der Einleitung
yy
Anbieten der Eipolablösung
yy
Ab 42+0 SSW
„42 weeks“
Einleitung oder
yy
primäre Sectio
yy
Anbieten der Einleitung
yy
Wird dieses Vorgehen abgelehnt, wird die Entscheidung dokumentiert. Für das weitere Über­
wachungsprozedere gibt es keine Empfehlung.
2-mal wöchentlich Non-Stress-CTG
yy
2-mal wöchentlich Bestimmung der Fruchtyy
vorliegt
Ultraschallkontrolle:
yy
–– Bestimmung der Fruchtwassermenge
–– fetale Gewichtsschätzung
Non-Stress-CTG anbieten
yy
12.5.5Management
Bei Frauen mit niedrigem Risiko bei fehlenden mütterlichen und fetalen Zusatzpathologien und normaler Fruchtwassermenge
besteht die Möglichkeit, ein abwartendes
(spontaner Geburtsbeginn) oder ein aktives
(Geburtseinleitung) Management zu wählen (▶ Tab. 12-5). Nach entsprechender Aufklärung wird das weitere Vorgehen auf der
Basis einer informierten Entscheidungsfindung (informed choice) bestimmt. Hierbei soll die Hebamme über die Empfehlungen der DGGG (DGGG et al. 2014) sowie
des DHV (2011) zum Vorgehen bei Terminüberschreitung informieren. Die Verwendung von Informations- und Aufklärungsbroschüren unabhängiger Institute – wie der Wird diese abgelehnt:
wassermenge
Bundeszentrale für gesundheitliche Auf­
klärung und des Instituts für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen –
ist aus haftungsrechtlichen Gründen zu empfehlen. Die Broschüren beinhalten Stu­
dienergebnisse, Expertenwissen und Hinweise von Patientenorganisationen. Auf
­dieser Informationsgrundlage kann ein individueller Betreuungsplan erstellt werden.
Die Inhalte des Aufklärungsgespräches
und der getroffenen Entscheidungen werden im Betreuungsbogen dokumentiert.
Da die Mutterschaftsrichtlinien eine Übertragung als Risiko, nicht aber als patho­
logischen Geburtsverlauf definieren, ist
eine Hebammenbetreuung auch nach Überschreiten des Geburtstermins möglich (DHV
2011).
Mändle, Opitz-Kreuter: Das Hebammenbuch. ISBN: 978-3-7945-2970-4. © Schattauer GmbH
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12.5 Terminüberschreitung, Übertragung
Tab. 12-7 Alternative Methoden zur Geburtseinleitung.
Amniotomie. Voraussetzungen sind ein
yy
geburtsbereiter Zervixbefund und ein tief im
Becken stehender Kopf mit regelrechter
Einstellung.
Eipolablösung. Durch die digitale Ablösung
yy
des Fruchtblasenpols vom Muttermundrand
wird über die Ausschüttung von Prosta­
glandinen die Wehentätigkeit provoziert.
Eine Aufklärung über die dabei auftretende
leichte Blutung bzw. Schmerz muss vorab
erfolgen.
Nelkenöltampons, ungeschützter vagiyy
naler Geschlechtsverkehr, Akupressur,
Aromatherapie, Akupunktur. Diese Maßnahmen werden von Hebammen aufgrund
ihrer Erfahrung empfohlen. Die unzureichende Studienlage lässt zurzeit keine evidenz­
basierte Empfehlung einer Anwendung zu.
Bruststimulation durch die Frau selbst.
yy
Aufgrund der derzeitig vorliegenden Forschungslage soll von dieser Anwendung
abgesehen werden.
Riziniuscocktail/Hebammencocktail.
yy
Aufgrund der derzeitig vorliegenden Forschungslage soll von dieser Anwendung
abgesehen werden.
In Tabelle 12-6 sind die Empfehlungen der
deutschen (DGGG, AWMF) und der eng­
lischen (NICE) Fachgesellschaften zum Management bei Übertragung zum Vergleich
gegenübergestellt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Geburtsbeginn bei Erstgebärenden innerhalb von
3 Tagen nach vollendeten 41. Schwangerschaftswochen einsetzt, liegt bei 60 %. Innerhalb von 7 Tagen haben 90 % der Frauen
einen spontanen Geburtsbeginn.
Nicht medikamentöse Methoden zur Stimulation der Geburt zeigt Tabelle 12-7.
Gibt es keine Anzeichen für einen spon­
tanen Beginn der Geburt, ist eine medi­
kamentöse Geburtseinleitung erforderlich
(▶ Tab. 12-8).
Tab. 12-8 Medikamentöse Geburtseinleitung.
Bei einer medikamentösen Einleitung besteht
die Gefahr der Überstimulation, es muss ein
venöser Zugang gelegt und (Bolus-)Tokolytika in
Griffnähe sein.
Einleitung mit Oxytocin (Syntocinon®)
bei geburtsreifer Zervix als kontrollierte
yy
Infusion mittels Perfusor oder Tropfenzähler,
mit kontinuierlicher CTG-Überwachung,
je nach Klinikstandard 3–6 IE
empfohlen werden Dosierungen von
yy
0,5–2 ml IE/min und Dosiserhöhungen von
1–2 ml IE/min bis zu 6 ml IE/min
Einleitung mit Prostaglandin E2 (PGE2)
Prostaglandin intravaginal (Vaginal­
yy
tablette Prostin E2®, Minprostin®) bei un­
reifer oder reifer Zervix. CTG-Überwachung
für 30 Minuten und nach 2 Stunden post
applicationem, danach nach Klinikstandard.
Folgegabe frühestens nach 6–8 Stunden
möglich.
Prostaglandin intrazervikal (Prepidil® Gel
yy
Fertigspritze) zur Zervixreifung. Das Gel
fließt leicht ab, daher Bettruhe für 2 Stunden
mit CTG-Kontrolle empfohlen, danach je
nach Klinikstandard. Folgegabe nach
8–12 Stunden möglich.
Propess® 10 mg (Vaginalinsert) bei unreifer
yy
oder reifer Zervix ab der 38. SSW. CTG-Überwachung für 30 Minuten, danach je nach
Klinikstandard. Kann 24 Stunden be­lassen
werden. Entfernung bei Wehentätigkeit,
Überstimulation, pathologischem CTG, Nebenwirkungen, mindestens 30 Minuten vor
Oxytocingabe.
Synthetisches PGE1-Derivat (Misoprostol,
yy
Cytotec®). Orale Verabreichung, keine Zu­
lassung für den Einsatz in der Geburtshilfe,
sogenannter „Off-Label-Use“ mit Ein­
willigung der Schwangeren.
Management der Geburt
Bei einer Übertragung beginnt die kontinuierliche CTG-Überwachung zum Zeitpunkt
der frühen Eröffnungsperiode. Ein günsti-
Mändle, Opitz-Kreuter: Das Hebammenbuch. ISBN: 978-3-7945-2970-4. © Schattauer GmbH
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