314 12 Pathophysiologie in der zweiten Schwangerschaftshälfte Tab. 12-6 Management bei Übertragung. Gegenüberstellung der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und dem National Institute for Health and Care Excellence (NICE). 12 DGGG/AWMF NICE-Guidelines 40+0 bis 40+6 SSW „40 weeks“ Überprüfung, ob risikoarme Schwangerschaft yy keine zusätzlichen Untersuchungen yy Aufklärung über die Möglichkeit der Einleitung yy 41+0 bis 41+6 SSW „41 weeks“ Ultraschall 2-tägig (Fruchtwassermenge) yy Non-Stress-CTG alle 2 Tage yy Anbieten einer Einleitung ab 41+0 SSW yy Empfehlung zur Einleitung ab 41+3 SSW yy Empfehlung und Anbieten der Einleitung yy Anbieten der Eipolablösung yy Ab 42+0 SSW „42 weeks“ Einleitung oder yy primäre Sectio yy Anbieten der Einleitung yy Wird dieses Vorgehen abgelehnt, wird die Entscheidung dokumentiert. Für das weitere Über­ wachungsprozedere gibt es keine Empfehlung. 2-mal wöchentlich Non-Stress-CTG yy 2-mal wöchentlich Bestimmung der Fruchtyy vorliegt Ultraschallkontrolle: yy –– Bestimmung der Fruchtwassermenge –– fetale Gewichtsschätzung Non-Stress-CTG anbieten yy 12.5.5Management Bei Frauen mit niedrigem Risiko bei fehlenden mütterlichen und fetalen Zusatzpathologien und normaler Fruchtwassermenge besteht die Möglichkeit, ein abwartendes (spontaner Geburtsbeginn) oder ein aktives (Geburtseinleitung) Management zu wählen (▶ Tab. 12-5). Nach entsprechender Aufklärung wird das weitere Vorgehen auf der Basis einer informierten Entscheidungsfindung (informed choice) bestimmt. Hierbei soll die Hebamme über die Empfehlungen der DGGG (DGGG et al. 2014) sowie des DHV (2011) zum Vorgehen bei Terminüberschreitung informieren. Die Verwendung von Informations- und Aufklärungsbroschüren unabhängiger Institute – wie der Wird diese abgelehnt: wassermenge Bundeszentrale für gesundheitliche Auf­ klärung und des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen – ist aus haftungsrechtlichen Gründen zu empfehlen. Die Broschüren beinhalten Stu­ dienergebnisse, Expertenwissen und Hinweise von Patientenorganisationen. Auf ­dieser Informationsgrundlage kann ein individueller Betreuungsplan erstellt werden. Die Inhalte des Aufklärungsgespräches und der getroffenen Entscheidungen werden im Betreuungsbogen dokumentiert. Da die Mutterschaftsrichtlinien eine Übertragung als Risiko, nicht aber als patho­ logischen Geburtsverlauf definieren, ist eine Hebammenbetreuung auch nach Überschreiten des Geburtstermins möglich (DHV 2011). Mändle, Opitz-Kreuter: Das Hebammenbuch. ISBN: 978-3-7945-2970-4. © Schattauer GmbH 315 12.5 Terminüberschreitung, Übertragung Tab. 12-7 Alternative Methoden zur Geburtseinleitung. Amniotomie. Voraussetzungen sind ein yy geburtsbereiter Zervixbefund und ein tief im Becken stehender Kopf mit regelrechter Einstellung. Eipolablösung. Durch die digitale Ablösung yy des Fruchtblasenpols vom Muttermundrand wird über die Ausschüttung von Prosta­ glandinen die Wehentätigkeit provoziert. Eine Aufklärung über die dabei auftretende leichte Blutung bzw. Schmerz muss vorab erfolgen. Nelkenöltampons, ungeschützter vagiyy naler Geschlechtsverkehr, Akupressur, Aromatherapie, Akupunktur. Diese Maßnahmen werden von Hebammen aufgrund ihrer Erfahrung empfohlen. Die unzureichende Studienlage lässt zurzeit keine evidenz­ basierte Empfehlung einer Anwendung zu. Bruststimulation durch die Frau selbst. yy Aufgrund der derzeitig vorliegenden Forschungslage soll von dieser Anwendung abgesehen werden. Riziniuscocktail/Hebammencocktail. yy Aufgrund der derzeitig vorliegenden Forschungslage soll von dieser Anwendung abgesehen werden. In Tabelle 12-6 sind die Empfehlungen der deutschen (DGGG, AWMF) und der eng­ lischen (NICE) Fachgesellschaften zum Management bei Übertragung zum Vergleich gegenübergestellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Geburtsbeginn bei Erstgebärenden innerhalb von 3 Tagen nach vollendeten 41. Schwangerschaftswochen einsetzt, liegt bei 60 %. Innerhalb von 7 Tagen haben 90 % der Frauen einen spontanen Geburtsbeginn. Nicht medikamentöse Methoden zur Stimulation der Geburt zeigt Tabelle 12-7. Gibt es keine Anzeichen für einen spon­ tanen Beginn der Geburt, ist eine medi­ kamentöse Geburtseinleitung erforderlich (▶ Tab. 12-8). Tab. 12-8 Medikamentöse Geburtseinleitung. Bei einer medikamentösen Einleitung besteht die Gefahr der Überstimulation, es muss ein venöser Zugang gelegt und (Bolus-)Tokolytika in Griffnähe sein. Einleitung mit Oxytocin (Syntocinon®) bei geburtsreifer Zervix als kontrollierte yy Infusion mittels Perfusor oder Tropfenzähler, mit kontinuierlicher CTG-Überwachung, je nach Klinikstandard 3–6 IE empfohlen werden Dosierungen von yy 0,5–2 ml IE/min und Dosiserhöhungen von 1–2 ml IE/min bis zu 6 ml IE/min Einleitung mit Prostaglandin E2 (PGE2) Prostaglandin intravaginal (Vaginal­ yy tablette Prostin E2®, Minprostin®) bei un­ reifer oder reifer Zervix. CTG-Überwachung für 30 Minuten und nach 2 Stunden post applicationem, danach nach Klinikstandard. Folgegabe frühestens nach 6–8 Stunden möglich. Prostaglandin intrazervikal (Prepidil® Gel yy Fertigspritze) zur Zervixreifung. Das Gel fließt leicht ab, daher Bettruhe für 2 Stunden mit CTG-Kontrolle empfohlen, danach je nach Klinikstandard. Folgegabe nach 8–12 Stunden möglich. Propess® 10 mg (Vaginalinsert) bei unreifer yy oder reifer Zervix ab der 38. SSW. CTG-Überwachung für 30 Minuten, danach je nach Klinikstandard. Kann 24 Stunden be­lassen werden. Entfernung bei Wehentätigkeit, Überstimulation, pathologischem CTG, Nebenwirkungen, mindestens 30 Minuten vor Oxytocingabe. Synthetisches PGE1-Derivat (Misoprostol, yy Cytotec®). Orale Verabreichung, keine Zu­ lassung für den Einsatz in der Geburtshilfe, sogenannter „Off-Label-Use“ mit Ein­ willigung der Schwangeren. Management der Geburt Bei einer Übertragung beginnt die kontinuierliche CTG-Überwachung zum Zeitpunkt der frühen Eröffnungsperiode. Ein günsti- Mändle, Opitz-Kreuter: Das Hebammenbuch. ISBN: 978-3-7945-2970-4. © Schattauer GmbH 12