ABSCHLUSSARBEIT 2012 Schulhaus Büelwiesen Christina Anderegg DIE KORONARE BYPASS-OPERATION MEINES OPAS Die koronare Bypass-Operation meines Opas DIE KORONARE BYPASS-OPERATION MEINES OPAS INHALT Motivation ......................................................................................................................................................... 3 Die Situation von Ewald Sigrist vor der Operation ..................................................................................... 4 Anatomie des Herzens ................................................................................................................................... 5 Arterien ..................................................................................................................................................... 5 Venen ....................................................................................................................................................... 5 Venenklappen ......................................................................................................................................... 6 Kapillaren ................................................................................................................................................. 6 Herzkranzgefässe ....................................................................................................................................... 6 Erkrankung des Herzens ............................................................................................................................... 6 Angina Pectoris ........................................................................................................................................... 6 Arteriosklerose ............................................................................................................................................ 7 Herzinfarkt.................................................................................................................................................... 8 Herzkatheter-Untersuchung ...................................................................................................................... 8 Die koronare Bypass-Operation ............................................................................................................... 9 Die Bypass-Operation meines Opas ........................................................................................................... 9 Die Operationsbesprechung ..................................................................................................................... 9 Operation ................................................................................................................................................... 11 Intensivstation ........................................................................................................................................... 12 14. Januar 2012 .................................................................................................................................... 13 Abteilung Herzchirurgie............................................................................................................................ 13 16. Januar 2012 .................................................................................................................................... 14 17. Januar 2012 .................................................................................................................................... 14 18. Januar 2012 .................................................................................................................................... 15 19. Januar 2012 .................................................................................................................................... 15 2 Die koronare Bypass-Operation meines Opas 20. Januar 2012 .................................................................................................................................... 15 REHA .............................................................................................................................................................. 16 23. Januar 2012 M ................................................................................................................................ 16 1. Woche ................................................................................................................................................ 16 2. Woche ................................................................................................................................................ 17 3. Woche ................................................................................................................................................ 18 4. Woche ................................................................................................................................................ 19 Wie haben die Angehörigen die Situation erlebt? .................................................................................... 19 Wieder zu Hause .......................................................................................................................................... 20 Zwei Monate nach der Operation ........................................................................................................... 20 Quellenangaben ............................................................................................................................................ 21 Printmedien ................................................................................................................................................ 21 Internetquellen........................................................................................................................................... 22 Bilder ........................................................................................................................................................... 23 MOTIVATION Die schriftliche Arbeit „Die koronare Bypass-Operation meines Opas“ schreibe ich als Abschlussarbeit der 3. Sekundarschule A, des Schulhauses Büelwiesen in Winterthur Seen und für meinen Opa, den ich sehr gern habe. Anfangs war es nicht leicht für mich, ein geeignetes Thema zu finden. Vor den Weihnachtsferien erfuhr ich, dass mein Opa herzkrank ist und eine koronare Bypass-Operation brauchte. Mein Interesse für dieses Thema war gross, ich wollte mehr darüber wissen. So zögerte ich nicht lange und entschied mich, meine Arbeit über die Herzoperation meines Opas zu schreiben. 3 Die koronare Bypass-Operation meines Opas DIE SITUATION VON EWALD SIGRIST VOR DER OPERATION E. S. ist mein Grossvater. Mit seinen 74 Jahren ist er noch sehr aktiv. Sein Motto ist: „Wer rastet, der rostet!“, und mein Opa hat noch nicht viel Rost angesetzt. Unproduktives Herumsitzen liegt ihm nicht. Als ehemaliger Zimmermeister findet er immer etwas zum Handwerken. Sein Haus mit viel Umschwung und sein Wald halten ihn fit. Mein Opa bekam im November 2011 häufig bei der körperlichen Arbeit einen stechenden Schmerz in der Brust, der sich bis in beide Arme und in den Hals ausbreitete. Sobald er sich schonte, verging der Schmerz wieder. Dies beunruhigte ihn sehr. Daraufhin ging er zu seinem Hausarzt, welcher ihn ins Limmattalspital zu einem Belastungs-EKG schickte. Bei der Untersuchung stellte der Arzt ein Herzproblem fest. Zur weiteren Abklärung fand am 19. Dezember 2012 eine Herzkatheter-Untersuchung im Stadtspital Triemli in Zürich statt. Da es einen Notfall nach dem anderen gab und diese alle vorgezogen wurden, musste mein Opa zum Schluss ganze 24 Stunden im Spital auf die Untersuchung warten. Immer wieder vertröstet zu werden und die Ungewissheit, war sehr beunruhigend für ihn. Bei der Herzkatheter-Untersuchung wurde eine schwere koronare Dreigefässerkrankung festgestellt. Das bedeutete, dass mein Opa an allen drei Herzkranzgefässen starke Verengungen aufwies. Aufgrund dieses Befundes war klar, dass mein Opa operiert werden musste. Weitere Untersuchungen waren vor der Operation nötig, unter anderem um herauszufinden, welche Beingefässe für die Überbrückung am Herzen geeignet waren. Die Schmerzen in der Brust, ausstrahlend in die Arme und in den Hals, die mein Opa vor allem bei körperlicher Anstrengung verspürte, waren Angina Pectorisschmerzen. Risikofaktoren, die mein Opa für diese Krankheit mitbrachte, waren, dass er sich schnell aufregte und ein erhöhter LDL-Cholesterinwert (Blutfett). 4 Die koronare Bypass-Operation meines Opas ANATOMIE DES HERZENS Das Herz ist eine Muskelpumpe, ein muskuläres Hohlorgan, das alle Organe mit Blut und Sauerstoff versorgt. Es ist etwa so gross wie die eigene Faust und hat die Form eines Kegels. Unser Herz ist in der Mitte in zwei gleich grosse Teile geteilt, das rechte und das linke Herz. Jede Hälfte besteht aus einem Vorhof und einer Kammer. Die beiden Herzseiten arbeiten zwar gleichzeitig, haben jedoch nicht dieselbe Aufgabe. Die rechte Herzhälfte versorgt den kleinen Kreislauf. Die linke Herzhälfte ist für den grossen Kreislauf, den Körperkreislauf, zuständig. Der rechte Vorhof saugt das Blut aus der Hohlvene. Von dort gelangt das sauerstoffarme Blut durch die rechte Kammer in die Lungenarterie und weiter zum Gasaustausch in die Lungen. Das nun sauerstoffreiche Blut gelangt durch die Lungenvene zum linken Vorhof und weiter in die linke Herzkammer, wo das sauerstoffreiche Blut in die Aorta, die Hauptschlagader, gepumpt wird. Sobald das Herz mit Blut gefüllt ist, zieht sich die Muskelwand zusammen und das Blut wird herausgepresst. Kurz danach erschlafft der Herzmuskel und neues Blut kann einfliessen. Ohne Stress geschieht das beim Erwachsenen etwa 60-80 Mal pro Minute, jedes Zusammenziehen ist ein Herzschlag. Bei Bedarf, zum Beispiel bei körperlicher Arbeit, kann das Herz seine Pumpleistung anpassen. Taktgeber für den Herzschlag ist eine Ansammlung von Muskelzellen in der Wand des rechten Vorhofs. Vom Vorhof werden die elektrischen Impulse zur Kammer weitergeleitet. ARTERIEN sind Blutgefässe mit einer sehr dicken, elastischen Muskelschicht, die das Blut vom Herzen weg in alle Körperteile und in die Lunge führen. Das Blut der Arterien ist sauerstoffreich, mit Ausnahme der Lungenarterie, in welcher sauerstoffarmes Blut fliesst. VENEN sind Blutgefässe, die das verbrauchte, sauerstoffarme Blut aus dem Körper und das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge zum Herzen führen. Im Gegensatz zu den Arterien haben Venen sehr dünne Muskelschichten, weil sie einen niedrigeren Blutdruck aushalten müssen. 5 Die koronare Bypass-Operation meines Opas VENENKLAPPEN sorgen dafür, dass das Blut in den Venen nicht zurück in den Körper fliesst. KAPILLAREN sind feinste Blutgefässe. Sie ermöglichen den Stoffaustausch im Körper zwischen Blut und Zellen, bzw. in der Lunge den Gasaustausch zwischen Blut und Lungenbläschen. HERZKRANZGEFÄSSE Die Herzkranzgefässe versorgen das Herz mit Blut. Sie umgeben das Herz kranzförmig und werden deshalb in der Fachsprache Koronararterien genannt. Der Begriff „Corona“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Krone oder Kranz. An der Stelle, an der die Aorta das Herz verlässt, zweigen die beiden Koronararterien für die Blutversorgung des Herzmuskels ab. Die rechte Kranzarterie, genannt RCA, versorgt normalerweise die Herzhinterwand. Die linke Kranzarterie, genannt LCA, teilt sich kurz nach ihrem Abgang aus der Aorta in zwei Gefässe auf, wovon ein Gefäss, genannt RIVA, die Vorderwand versorgt und das andere Gefäss, genannt RCX, die Seitenwand des Herzens versorgt. ERKRANKUNG DES HERZENS ANGINA PECTORIS Die Herzkranzarterien versorgen den Herzmuskel mit Blut, sind die Herzkranzgefässe jedoch verstopft oder verengt, wird der Herzmuskel bei Belastung oder Anstrengung nicht mehr genügend mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Die Minderdurchblutung des Herzens führt zu Engegefühl und starken 6 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Schmerzen in der Brust. Normalerweise verschwinden die Schmerzen wieder bei Ruhe. In schweren Fällen kann dies auch zu einem Herzinfarkt führen. Ursachen für eine Verengung oder Verstopfung der Herzkranzgefässe können folgende sein: Stress, Rauchen, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Arteriosklerose. ARTERIOSKLEROSE Die Arteriosklerose ist eine chronische Erkrankung der Arterien, die zur Verengung der Gefässlichtung, sowie zur Verdickung, Verhärtung und zum Elastizitätsverlust der Arterienwand führt. Wörtlich übersetzt heisst Arteriosklerose Verhärtung der Schlagadern. Das kann in jeder Arterie des Körpers geschehen. Arteriosklerose unbemerkt. entsteht meistens Beschwerden treten erst auf, wenn mehr als 70 Prozent der Gefässe verstopft sind und das Blut nicht mehr richtig durchfliessen kann. Im Verlauf lagern sich weiße Blutkörperchen in die Gefässwand ein. Dort nehmen sie verändertes LDL-Cholesterin aus dem Blut auf und wandeln es zu sogenannten Schaumzellen um. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion der Gefässwand. Freigesetzte Entzündungs- und Wachstumsfaktoren locken weitere Blutzellen an, die sich ebenfalls einlagern. So baut sich das Gewebe allmählich um. In der Arterie entsteht eine sogenannte arteriosklerotische Plaque. Durch die Ablagerungen wird die Innenhaut der Arterie immer dicker und der Gefässdurchmesser immer kleiner. Ausserdem verliert die Arterienwand durch die Kalkeinlagerungen ihre Elastizität und wird steifer. Weitere Blutplättchen lagern sich ab, die den Gefässdurchmesser noch weiter verengen und die Arterie im schlimmsten Fall ganz verschließen. Meist wird bei diesen Menschen ein erhöhter LDL-Cholesterinwert gemessen. LDL heisst Low Density Lipoprotein und bedeutet: Blutfett mit einer Eiweisshülle und einer geringen Dichte. Es wird auch schädliches Cholesterin genannt. 7 Die koronare Bypass-Operation meines Opas HERZINFARKT Im Gegensatz zur Angina Pectoris kommt es beim Herzinfarkt fast immer zum vollständigen Verschluss von einem oder mehreren Herzkranzgefässen. Dies führt zu einer Minderdurchblutung des Herzmuskels und zum Absterben des Muskels. Schon 30 Minuten nach dem Infarktereignis nimmt das Ausmass der Herzmuskelschädigung zu. Die Pumpleistung des Herzens nimmt ab. Kann der betroffene Teil des Herzmuskels seine Aufgabe nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erfüllen, wird der Körper nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Der Herzinfarkt ist eine lebensbedrohliche Situation. Rasches Handeln ist in einer solchen Situation wichtig. Je früher ein Herzinfarkt erkannt und behandelt wird, desto geringer sind die Schäden am Herzmuskelgewebe und umso besser sind die Überlebens- und Genesungschancen. Die Ursachen sind die Gleichen wie bei der Angina Pectoris beschrieben. 40 Prozent aller Infarkte passieren in den Morgenstunden zwischen 6 und 12 Uhr. In den Wohlstandsländern ist der Herzinfarkt eine der Haupttodesursachen. HERZKATHETER-UNTERSUCHUNG Der Katheter wird meist durch die rechte Leiste in die Arterie eingeführt. Durch eine Schleuse wird ein ca. 2 mm dünner Katheter in die Hauptschlagader eingeführt und bis zum Herzen vorgeschoben. Von dort aus wird Kontrastmittel in die Herzkranz- Arterien gespritzt, um die Gefässe auf dem Röntgenbild sichtbar zu machen. Somit kann man sehen, ob und wo Verengungen vorhanden sind. Verengungen werden als Stenosen bezeichnet. 8 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Teilweise kann man die verengten Stellen mit Hilfe eines Ballons aufdehnen und/oder einen Stent einlegen. Ein Stent ist ein Implantat, das an die verengte Stelle eingesetzt wird, um sie offen zu halten. Es handelt sich meist um ein feines Gittergerüst aus Metall, das mit dem Herzkatheter an die richtige Stelle platziert wird. DIE KORONARE BYPASS-OPERATION Die erste koronare Bypass-Operation wurde am 2. Mai 1960 am Albert Einstein College in den USA durchgeführt. Zur Herstellung eines Bypasses wurden früher ausschliesslich Venen eingesetzt. Heute verwendet man Brustwandarterien, Armarterien und Beinvenen. Es werden eine oder mehrere Gefässbrücken zwischen der Hauptschlagader und den Herzkranzgefässen gelegt, um die verengten Stellen zu umgehen. Die koronare Bypass-Operation ist die geeignetste Behandlung, wenn alle drei Hauptäste der Kranzgefässe verengt sind oder wenn eine Stenteinlage mit dem Herzkatheter nicht möglich ist. Die reine Operation dauert etwa 2-4 Stunden und wird unter Vollnarkose durchgeführt. Diese Operation wird immer weniger häufig mit dem Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine gemacht, das verringert die Risiken. Die Operation am schlagenden Herzen erfordert viel Fingerspitzengefühl. Das Operationsrisiko liegt bei < 2%. DIE BYPASS-OPERATION MEINES OPAS DIE OPERATIONSBESPRECHUNG Am 4. Januar 2012 fand die Operationsbesprechung mit Prof. Dr. med. Genoni, Chefarzt für Herzchirurgie am Stadtspital Triemli in Zürich, statt. Mit meinem Opa und meiner Mutter durfte ich bei dem Gespräch dabei sein. Es wurde besprochen, 9 Die koronare Bypass-Operation meines Opas wie die Operation abläuft, mit welchen Komplikationen zu rechnen ist und dass die Operation auch tödlich ausgehen kann. Wenn keine Probleme auftauchten, würde der Aufenthalt auf der Intensivstation einen Tag dauern, auf der Abteilung wäre mein Opa eine Woche und danach noch zwei bis vier Wochen in der Rehabilitation. Alles wurde uns genau erklärt. Der Chefarzt war sehr nett und forderte mich auf, Fragen zu stellen. Das Gespräch war sehr informativ, danach war mir jedoch erst klar, wie gross die Risiken waren. Mein Opa musste sich bis zur Operation schonen. Von diesem Augenblick an machte ich mir Gedanken darüber, was wäre, wenn mein Opa diese Operation nicht überlebte. Es wurde mir bewusst, dass ich unter Umständen den Titel dieser Arbeit anpassen müsste. Das ist eine Skizze der geplanten Herzoperation. Eingezeichnet sind die verengten Stellen an den Herzkranzgefässen und die geplanten Bypässe. 10 Die koronare Bypass-Operation meines Opas OPERATION Mein Opa wurde am 13. Januar 2012 am Herzen operiert. Dabei wurde das Brustbein aufgesägt, um einen Zugang zum Herzen zu bekommen. Es wurden vier Bypässe eingesetzt, einer davon musste dreimal neu angelegt werden, weil der Blutfluss durch das Gefäss jedes Mal ungenügend war. Man nahm zur Überbrückung der verengten Stellen zwei Brustwand-arterien und zwei Transplantate aus den Beinvenen. Trotz dieses Problems konnte auf den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine verzichtet werden, es wurde die ganze Zeit am schlagenden Herz operiert. Am Schluss wurde das durchtrennte Brustbein wieder mit Draht befestigt. Insgesamt war mein Opa 7 Stunden im Operationssaal. Mit etwa 2 Stunden Verzögerung kam er, mit vielen Schläuchen versehen, auf die Intensivstation. Bild nach Anlage der vier Bypässe am Ende der Herzoperation. 11 Die koronare Bypass-Operation meines Opas INTENSIVSTATION Am Tag der Operation besuchte ich meinen Opa abends um 19 Uhr auf der Intensivstation. Er wurde noch beatmet und war kurz vor dem Aufwachen. Mein sonst so fitter und aktiver Opa lag regungslos und ganz bleich inmitten von vielen Geräten und Schläuchen. Ich war geschockt, denn ich hatte meinen Opa noch nie so gesehen. Eine halbe Stunde war ich bei ihm zu Besuch, und in dieser Zeit wachte er langsam auf. Wegen dem Beatmungsschlauch konnte er nicht reden und durch schwaches Nicken des Kopfes konnte er bestätigen, dass er Schmerzen hatte. Seine Augen konnte er jedoch noch nicht so richtig öffnen. Kraftlos lag er da. Man merkte, dass ihn der Beatmungsschlauch störte, denn er versuchte, mit der Hand zum Mund zu greifen. Als er von der Intensivpflegefachfrau erfuhr, dass es gefährlich wäre, am Schlauch zu ziehen, tolerierte er diesen und lag wieder ruhig im Bett. Gegen 22 Uhr wurde ihm dann der Beatmungsschlauch herausgezogen. Mein Opa auf der Intensivstation 12 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Ein Tag nach der Operation. Mein Opa konnte noch nicht auf die 14. JANUAR 2012 Abteilung verlegt werden. Das Atmen fiel ihm schwer, denn ein Teil seiner linken Lunge war kollabiert. Zudem brauchte er noch ein kreislaufunterstützendes Medikament. Das Sitzen an der Bettkante ermüdete ihn sehr stark, er war jedoch froh darüber, dass einige Schläuche entfernt werden konnten. Am Nachmittag besuchten meine Oma und mein Cousin meinen Opa auf der Intensivstation. Kaum waren sie am Krankenbett, wurde es meinem Opa bereits zuviel. Da er sich noch immer sehr schlapp fühlte und keinen Besuch mehr wollte, mussten sie schon nach zwei Minuten wieder gehen. Meine Oma war über den Anblick ihres Mannes schockiert. Sie war jedoch auch etwas enttäuscht, weil ihr Besuch nicht erwünscht war. ABTEILUNG HERZCHIRURGIE 15. JANUAR 2012 Um 14 Uhr konnte mein Opa auf die normale Abteilung verlegt werden. Mit einer Telemetrie (einem Gerät, das die aufzeichnete Herzstromkurve und von der Intensivstation aus überwacht wurde) und einem Herzschrittmacher wurde er verlegt. Als ich ihn am Nachmittag besuchte, war er noch sehr kurzatmig und müde, jedoch zeigte er grosse Freude an meinem Besuch. In dieser ganzen Zeit der Heilung musste mein Opa ein Korsett tragen, damit beim Husten, oder einer anderen Belastung, die Naht auf der Brust nicht platzte. 13 Die koronare Bypass-Operation meines Opas 16. JANUAR 2012 Vergangene Nacht hatte mein Opa schlecht geschlafen, weil ihn das Klopfen des Herzschrittmachers (Pacer) wach hielt und es ihm immer wieder übel wurde. Später wurden ihm die Herzschrittmacher Stärke und Frequenz reduziert, und es ging ihm wieder besser. Beim Bewegen und Stehen auf dem rechten Bein hatte er immer noch sehr starke Schmerzen. Die Schmerzen stammten von einem Bluterguss bei der Venenentnahme-stelle am rechten Bein. 17. JANUAR 2012 Alle Schläuche bis auf den Sauerstoffschlauch wurden entfernt. Mit der Wunde am Brustbein hatte mein Opa keine Probleme und auch kaum Schmerzen. Sein rechtes Bein schmerzte jedoch weiterhin extrem. Mein Opa war noch sehr kurzatmig. Es hatte sich im Brustraum ein halber Liter Flüssigkeit angesammelt, der meinem Opa auf die linke Lunge drückte und ihm das Atmen erschwerte. Die Oberärztin wollte eigentlich mit einer Nadel diese Stelle punktieren und die Flüssigkeit ablassen. Mein Opa war jedoch dagegen. Zwei Tage später zeigte sich, dass dies eine gute Entscheidung gewesen war. Die Ansammlung im Brustraum war dank wasserausscheidenden Medikamenten, zurückgegangen und auch das Atmen ging wieder besser. Mein Opa war sehr glücklich darüber. Mein Opa und ich 14 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Zum ersten Mal nach der Operation durfte mein Grossvater 18. JANUAR 2012 wieder duschen. Da in der Dusche der Boden sehr glitschig war und er nur schlecht auf dem rechten Bein stehen konnte, rutschte er aus und verlor dabei das Gleichgewicht. Aua! Glücklicherweise nahmen weder der Kopf, noch die Operationswunde Schaden. Am Nachmittag wurde sein neues Korsett angepasst, es kostete 500 Franken. Mein Opa fand den Preis für das bisschen Gurt und Polster extrem überteuert, worüber er sich sehr aufregte. 19. JANUAR 2012 Als ich meinen Grossvater mit meiner Oma und seiner Schwester besuchte, lag er im Bett und sah wieder richtig munter aus. Beim Gang zur Toilette konnte er jedoch kaum auf dem rechten Bein auftreten, so schmerzhaft war das Belasten. Zur Sicherheit nahm er einen Stuhl und schob ihn langsam vor sich her. Damit das Brustbein besser zusammenwächst, war das Anheben und Abstützen der Arme verboten. Das machte es meinem Opa mit seinem Beinproblem nicht gerade einfach. 20. JANUAR 2012 An diesem Tag wäre er eigentlich in die Reha–Klinik in Seewis verlegt worden. Mein Opa verlor jedoch früh morgens auf dem Weg zur Toilette 15 Die koronare Bypass-Operation meines Opas erneut das Gleichgewicht und prallte gegen die Wand. Um herauszufinden, ob beim Sturz etwas im Kopf verletzt worden war, machte man eine Schädelcomputertomographie (Schichtröntgen des Kopfes). Zum Glück fand man nichts. Auch die Beine wurden untersucht, und es wurde festgestellt, dass ein grosser Bluterguss ( ein halber Liter Altblut ) auf das Schienbein drückte und meinem Opa diese Schmerzen bereitete. Operieren wollte man nicht, es bräuchte jedoch einige Wochen Zeit, bis der Körper das Blut wieder abgebaut hätte. Es lagen schmerzhafte Wochen vor meinem Opa. REHA Reha heisst Rehabilitation und bedeutet Wiedereingliederung oder Massnahmen, die helfen, wieder gesund zu werden. Viele Kranke gehen nach einer grossen Operation zur Kur, dabei wird Ihnen geholfen, wieder fit für den Alltag zu werden. 23. JANUAR 2012 Mit drei Tagen Verzögerung, durfte mein Opa in die Reha-Klinik in Seewis, im Prättigau, im Kanton Graubünden. Diese Klinik ist ein kleineres Kurhaus, welches vor allem auf Herz-Kreislaufpatienten spezialisiert ist. Da mein Opa halbprivat versichert ist, bekam er ein Einzelzimmer. Darüber war er sehr froh. Geplant war der Aufenthalt für 2-4 Wochen. 1. WOCHE Bei Eintritt in die Reha musste mein Opa zuerst einen Fragebogen ausfüllen, in dem er auch sein Ziel für die Reha-Zeit definierte. Es lautete: „Ich will wieder die frühere Aktivität erreichen.“ Ebenso führte ein Arzt einen Eintrittsuntersuch durch. 16 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Es gab 6 Leistungsgruppen, mein Opa wurde in die Gruppe 5 eingeteilt, die zweitschlechteste. Je nach Befinden und Leistung wurde die Gruppe gewechselt. Der Tagesablauf in der Gruppe 5 bestand aus Gymnastik, Velofahren und Wandern. Am liebsten fuhr mein Opa mit dem Hometrainer, da diese Aktivität das rechte Bein am wenigsten belastete. Während des Aufenthalts in Seewis lag über ein Meter Schnee, deshalb musste mein Opa beim Wandern immer Spikes an den Schuhen tragen. Am Abend gab es häufig einen Vortrag zu Themen wie: Herzinfarkt, gesunde Ernährung, Burnout oder Übergewicht. 2. WOCHE Während des Reha-Aufenthalts und auch noch danach musste mein Opa Stützstrümpfe tragen. Die Stützstrümpfe konnte er noch nicht alleine anziehen, auch tat ihm das Anziehen extrem weh. Für die Heilung seines Beines ging er 17 Die koronare Bypass-Operation meines Opas regelmässig zur Physiotherapie. Der Physiotherapeut praktizierte Lymphdrainage im rechten Bein. Meinem Opa brachte dies grosse Linderung. Durch die Fortschritte konnte mein Grossvater in die Gruppe 4 aufsteigen. Die Ärzte erklärten meinem Opa, dass Bewegung trotz der Schmerzen im Bein die beste Therapie sei, und dass diese Komplikation eher selten sei. Mein Opa biss die Zähne zusammen und kämpfte sich durch die Therapie. An diesem Sonntag besuchte ich meinen Opa. Er sah wieder ganz okay aus. Auffällig war sein Schongang. Um sein rechtes Bein zu entlasten, ging er schief. Er zeigte mir sein verhärtetes, blaues Bein, und ich war froh, dass ich nicht mit ihm tauschen musste. Ich verbrachte einen wunderschönen Tag mit meinem Grossvater. 3. WOCHE In dieser Woche durfte mein Opa wieder aufsteigen, nämlich in die Gruppe 3. Diese Gruppe wanderte an einem Tag bis zu10 km weit. Es war immer ein Pfleger mit Funkgerät und einer Notfall-Ausrüstung dabei. Mein Opa konnte gut mithalten. 18 Die koronare Bypass-Operation meines Opas 4. WOCHE Zum Ende dieser Woche war der Austritt meines Opas geplant. Zuvor wurde jedoch noch eine Schlussuntersuchung durchgeführt, bei der mein Opa 105% des Gesundheitsdurchschnitts erreichte. Das war ein sehr gutes Ergebnis. Mein Opa war sehr erfreut und hoffte, bald wieder so belastbar wie vor der Operation zu sein. WIE HABEN DIE ANGEHÖRIGEN DIE SITUATION ERLEBT? Die ganze Aufregung um die Operation ihres Mannes nahm meine Oma sehr mit. Am Tag vor der Operation fuhr meine Oma meinen Opa ins Spital. Auf dem Heimweg war meine Oma beim Autofahren nicht konzentriert, ihre Gedanken waren bei ihrem Mann. Sie überfuhr eine rote Ampel und hatte dabei riesiges Glück. Danach war sie fix und fertig. Meine Grossmutter war überfordet. Ihr war erst nach dem Anblick ihres Mannes auf der Intensivstation klar, dass noch viele Komplikationen auftreten konnten. Da meine Oma gesundheitlich angeschlagen war, vermisste sie meinen Opa sehr. Es half meiner Oma, ihren Mann so gut versorgt zu wissen. Während ihr Mann in Seewis war, starb ihr geliebter, altersschwacher Hund. Der Tod des Hundes nahm sie sehr mit. Einsam, am Waldrand wohnend, ohne Mann und Hund, war sie sehr glücklich über Besuch. Zum Glück bekam meine Oma jede Menge Unterstützung durch Familie und gute Freunde. 19 Die koronare Bypass-Operation meines Opas WIEDER ZU HAUSE Als mein Opa wieder zu Hause war, fühlte er sich recht schlapp. Eine kleine Stelle bei der Naht am Brustbein war noch immer offen, und Wundflüssigkeit floss heraus. Deshalb ging er zum Hausarzt, denn nach 5 Wochen sollte die Wunde eigentlich schon längst geschlossen sein. Der Hausarzt führte ein Stäbchen in die Wunde ein und stellte fest, dass es einen Hohlraum bis auf das Brustbein gab. Als der Arzt mit dem Stäbchen auf das Brustbein klopfte, hörte mein Opa das metallische Geräusch des Drahtes, welcher das Brustbein zusammenhielt. Dies bereitete meinem Opa grosse Sorgen und Angst, denn er hatte zuvor schon Komplikationen mit dem rechten Bein, und noch mehr Komplikationen wollte er wirklich nicht. Der Arzt reinigte die Wunde und gab meinem Opa Antibiotika. Eine Woche später war die Wunde glücklicherweise verschlossen. Die ganze Operation mit Rehabilitation kostete die Krankenkasse rund 35‘000 Franken. ZWEI MONATE NACH DER OPERATION Mein Opa arbeitete schon wieder im Garten und in seiner Werkstatt. Leichte Schmerzen in der Brust und im rechten Bein hielten ihn davon ab, mehr zu machen, als er sollte. Manchmal war er ungeduldig und leicht genervt, weil er noch nicht ganz der Alte war. Seit der Operation hatte sich sein Leben ein bisschen verändert. Schwere körperliche Arbeit, wie Holzspalten, war noch nicht möglich. Er stellte die Ernährung um und versuchte weniger fettig zu essen und auf Wurstwaren zu verzichten. 20 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Es war für mich sehr interessant, diesen speziellen Lebensabschnitt mit meinem Opa miterleben zu dürfen. Die Beziehung zu meinem Opa hat sich durch diese Situation vertieft. Ich bin sehr froh darüber, dass er die Operation so gut überstanden hat. QUELLENANGABEN PRINTMEDIEN Dr. Kirsten Bleich & Prof. Dr. Stefan Bleich: Was ist Was/ Der menschliche Körper, Tessloff Schweizerische Herzstiftung Patienteninformationen: Angina Pectoris Schweizerische Bypass-Operation Herzstiftung Patienteninformationen: Die koronare 21 Die koronare Bypass-Operation meines Opas Schweizerische Herzstiftung Patienteninformationen: Herzoperationwie weiter? Schweizerische Herzstiftung Patienteninformationen: Herzgesund geniessen R. A. Hope & J. M. Longmore : Oxford Handbuch der klinischen Medizin, 1989, Oxford, Hans Huber INTERNETQUELLEN http://de.wikipedia.org/wiki/Koronare_Herzkrankheit http://www.gesundheitsprechstunde.ch/koronare-herzkrankheit http://www.gesundheitsprechstunde.ch/herzinfarkt http://www.gesundheit.ch/cholesterin http://www.avhho.ch/_avhho/documents/AVHHO-Herzkrankheit.pdf http://www.herz.hexal.de/erkrankungen/koronare-herzkrankheit/ursachen.php https://www.luks.ch/standorte/luzern/kliniken/herzzentrum/chirurgischesangebot/koronare-bypasschirurgie.html http://www.dr-hierl.net/expertentips/koronare-bypass-operation/index.html http://de.wikipedia.org/wiki/Arteriosklerose http://www.anatomie-online.com/ http://www.swissheart.ch/index.php?id=543 http://www.swissheart.ch/index.php?id=172 http://www.herz.hexal.de/grundwissen/herz/herzkranz.php http://www.uniklinik-herzzentrum.de/herz-und-thoraxchirurgie/zuweisendeaerzte/herzkranzgefaesse 22 Die koronare Bypass-Operation meines Opas http://www.herzstiftung.de/Anzeichen-Herzinfarkt.html http://www.rehaseewis.ch BILDER http://www.k-hoelter.de/glossar/ http://vitanet.docmed.tv/index.php?id=836 Bilder und Skizzen Seite 10 und 11: Prof. Dr. med. M. Genoni, Stadtspital Triemli Fotos: Christina und Anita Anderegg Mit freundlicher Genehmigung des Stadtspitals Triemli. Namen und Personen sind im Einverständnis aller beteiligter Personen genannt und abgebildet. 23