EINLADUNG zur Vortragsreihe des FB Organismische Biologie, Universität Salzburg „Blickpunkt:Leben. Am Rande des Daseins?” „Viren – Genetische Parasiten an der Grenze des Lebens“ Univ.-Doz. Dr. Reinhard Vlasak (Molekularbiologe, Univ. Salzburg) Mittwoch, 05. Oktober 2011, Blauer Hörsaal, NAWI, 18.15-19.30 Uhr, EINTRITT FREI! Von der Antike bis in die Neuzeit verbreiteten die Pocken Angst und Schrecken. Die Spanische Grippe kostete mehr Menschenleben als der 1. Weltkrieg. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts war die Kinderlähmung ein entscheidender Anstoß zur gezielten Entwicklung effektiver Impfstoffe. Heute beherrschen Themen wie HIV, SARS, Schweinegrippe oder Noroviren immer wieder die Schlagzeilen. Es sind zigtausende verschiedener Viren bekannt, und täglich werden neue entdeckt. Es gibt mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Lebewesen, das nicht durch Viren infiziert werden kann. Viren bestehen aus genetischem Material, das von einer Kapsel aus Proteinen umhüllt ist. Diese stellt im übertragenen Sinn den Briefumschlag dar, auf dem die genaue Adresse notiert ist, wohin die genetische Information geliefert werden soll. Außerhalb einer lebenden Zelle sind Viren lebloses organisches Material, aber innerhalb des Wirtsorganismus erwachen sie zum Leben und entfalten ein oft zerstörerisches Eigenleben. Eines der wichtigsten Signale, die Viren über ihre genetische Information an lebende Zellen vermitteln, ist der Auftrag zu ihrer eigenen Vervielfältigung. Dieser Auftrag geht meist auf Kosten des Stoffwechsels des Wirts, und am Ende steht oft der Zelltod, verbunden mit der Freisetzung neu gebildeter Viren. Als Beispiel werden im Vortrag die Erreger des Akuten Brechdurchfalls (Noroviren) und der Grippe (Influenza Viren) näher besprochen. Andere Viren haben die Eigenschaft, dauerhafte Infektionen zu verursachen. Herpes Simplex Viren, die Erreger der Fieberblasen, verstecken sich nach der Erstinfektion in Nervenzellen und verbleiben dort meist lebenslang. Wieder andere, wie z. Bsp. Papillomaviren, verursachen Gebärmutterhalskrebs, und Hepatitis B und C Viren sind eng mit Leberkrebs assoziiert. Das Immunsystem des Menschen kann auf vielfältige Weise Infektionen durch Viren erkennen und bekämpfen. Aber das Immunsystem wird selbst auch von Viren attackiert. Das Epstein-Barr Virus, ein Vertreter der Herpesviren, infiziert bestimmte weiße Blutkörperchen, die sogenannten B-Lymphozyten und kann viele Jahre nach der Erstinfektion Blutkrebs verursachen. Wieder andere, wie HI-Viren, die Erreger der Immunschwächekrankheit AIDS, infizieren T-Lymphozyten und führen zu einer drastischen Verringerung dieser Immunzellen und in Konsequenz zum Verlust der Immunantwort auf ansonsten harmlose Infektionen. Einzeller, wie zum Beispiel Bakterien, haben kein Immunsystem und mussten andere Methoden entwickeln, um sich vor Virusinfektionen zu schützen: Sie erlauben zum Beispiel den Einbau der viralen Gene in ihr eigenes genetisches Material und unterdrücken damit die Vervielfältigung von Viren. Als angenehme Begleiterscheinung signalisieren die „gezähmten“ Viren anderen Viren, dass dieses Bakterium bereits „besetzt“ ist. Kurz bevor ein solches Bakterium stirbt, verliert es die Kontrolle über die integrierte virale genetische Information, die nun wieder vervielfältigt wird und in der Produktion neuer Viren endet. Ähnliche, wenn auch wesentlich komplexere Mechanismen, haben Retroviren (z. Bsp. HIV) entwickelt, deren genetische Information in die Chromosomen der Wirtszelle eingebaut wird. Infizieren solche Viren die Gonaden, können sie in die Keimbahn gelangen und werden weitervererbt. Im Lauf der Evolution hat sich eine Vielzahl von Viren in die Keimbahn eingeschleust: Über 40% der genetischen Information des Menschen bestehen aus Überresten viraler Gene, und diese übernehmen heute wichtige Funktionen in der Regulation der Aktivität der Wirtsgene. Damit sind Viren nicht nur lebloses Material, sondern auch Teil von uns selbst. Zur Person: 1985 Dr. phil. an der Univ.Salzburg (PLUS) in Biochemie, 1986-1988: Postdoctoral Fellow an der Mount Sinai School of Medicine in New York City. 2000 Habilitation an der Univ.Salzburg zum Univ.-Doz. für Molekularbiologie. 1988-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Molekularbiologie der Öster. Akademie der Wissenschaften. Seit 2003 Geschäftsführer der Firma „Angewandte Biotechnologie GmbH“. Lehrbeauftragter an der PLUS (Molekularbiologie & Mikrobiologie) und an der PMU (Virologie). Mehrfache Forschungsaufenthalte am Europ. Molekularbiol. Labor in Heidelberg, an den Universitäten Leiden (NL) und Kiel. Vlasak unterhält wiss. Kooperationen mit den Universitäten Leiden (NL). Utrecht (NL), Kiel (D), München (D), Krebsforschungszentrum Heidelberg (D), Centre National de la Recherche Scientifique Lille (F), Veterinärinstitut Oslo (N), Universität Kolkata (IND), Griffith University Gold Coast (AUS), University Portsmouth (UK), University of Western Ontario (CAN). Ko-Organisator der Ausstellung “Gentechnik Pro & Contra” im Haus der Natur und des 21. Internationalen Glykobiologie Kongress in Wien 2011. Mitglied des Wiss. Ausschuss der Öster. Gentechnikkommission als Spezialist für Molekulare Virologie. Hobby: Schach, 2010 Amateurweltmeister als Mitglied des Österreichischen Schach-Teams Gäste herzlich willkommen! Der Fachbereich Organismische Biologie