Folge 57 11.04.2003 SLPM Veh GGF-Versorgung und Basel II Die Diskussionen um Basel II und Rating beschäftigen auch und wahrscheinlich insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Speziell Pensionsrückstellungen werden in diesem Zusammenhang negativ bewertet. Da die Pensionszusage die weitaus verbreitetste Form der Altersversorgung des GGF darstellt, soll dieser Kritik im folgenden nachgegangen werden. Basel II und Rating Dem sog. Basel II ging Basel I aus dem Jahr 1988 voraus. Damals hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht eine Vereinbarung über die Eigenkapitalausstattung von Banken, genannt Basel I, beschlossen. Gemäß dieser Vereinbarung müssen Kreditinstitute bei der Vergabe von Krediten generell eine Eigenkapitalhinterlegung von 8 % der verliehenen Mittel ansetzen. Diese Praxis soll durch eine neue Vereinbarung, genannt Basel II, geändert werden. Das individuelle Kreditrisiko soll demnach der alleinige Maßstab für die Eigenkapitalunterlegung der Banken sein. Als Termin des Inkrafttretens wird Anfang 2006 geplant. Je nachdem, wie hoch das Kreditausfallrisiko bei einer Firma ist, müssen Banken dann mehr oder weniger Eigenkapital hinterlegen. Danach richten sich dann wiederum die Kreditkonditionen, die die Banken den Kunden einräumen können. Die Bonitätseinstufung der kreditsuchenden Firmen erfolgt durch ein Rating - entweder bankintern oder durch eine externe Ratingagentur. Die Kriterien, die bei einem Rating als Indikatoren der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Firma herangezogen werden, sind mannigfaltig. Hierzu gehören zum einen eher weiche Kriterien wie z.B. die Managementqualifikation, die Existenz bzw. Nichtexistenz einer Nachfolgeregelung, die Mitarbeiterkompetenz, die Innovationsfähigkeit, die Kundenzufriedenheit, die Abhängigkeit von einzelnen Kunden, Lieferanten oder Branchen. Zum anderen erfolgt die Einschätzung eines Unternehmens auch anhand allgemein anerkannter Bilanz- und Liquiditätskennziffern, wie z. B der Eigenkapitalquote, dem Verschuldungsgrad, Liquiditätskennziffern, einer Cashflow-Analyse sowie der Bewertung der Kreditsicherheiten und der Kapitaldienstfähigkeit. Diese eher harten Kriterien haben natürlich den Vorteil einer einfacheren Mess- und somit auch Vergleichbarkeit. Besonderes Augenmerk wird auf die Eigenkapitalquote gelegt, denn das Eigenkapital ist für die Banken ein Indikator für das Haftungspotential. Je höher die Eigenkapitalquote ist, desto mehr Stabilität, Unabhängigkeit und Sicherheit signalisiert ein Unternehmen. Pensionsrückstellungen und Rating Pensionsversprechen sind ungewisse Verbindlichkeiten und müssen in der Bilanz über Pensionsrückstellungen erfasst werden. Sie gehören bilanziell gesehen zum Fremdkapital, d.h. erscheinen auf der Passivseite der Bilanz. Bekanntlich mindern die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen den zu versteuernden Gewinn und führen in der Anwartschaftszeit in der Folge zu einer Steuerersparnis, aus der sich ein Liquiditätsvorteil ergibt. Da Pensionsrückstellungen in der Rentenphase sukzessive wieder aufgelöst werden, handelt es sich insgesamt gesehen um einen Steuerstundungseffekt. Dieser Effekt ist im allgemeinen erwünscht. Allerdings kann in der Anwartschaftszeit durch den aufgrund der Pensionsrückstellungen geringeren Jahresüberschuss dem Eigenkapital weniger zugeführt werden als wenn kein Ausweis von Pensionsrückstellungen erfolgen würde. Deshalb wächst das Eigenkapital in den Folgejahren weniger stark als ohne gewinnmindernde Pensionsrückstellungen. Dies wird im Zusammenhang mit Basel II regelmäßig als nachteilig gesehen. Allerdings gilt dies nur bei Gewinnthesaurierung. Wird der Gewinn ausgeschüttet, trifft diese Argumentation nicht zu. Rückgedeckte Pensionszusage Bei der GGF-Versorgung, die in Form einer über eine Rückdeckungsversicherung (kongruent) rückgedeckten Pensionszusage besteht, gestaltet sich der geschilderte Zusammenhang allerdings anders. Da die Rückdeckungsversicherung ein Vermögensgegenstand der Firma ist, muss sie auf der Aktivseite der Bilanz erfasst werden. Der Ausweis von Pensionsrückstellungen wird somit durch den Ausweis des Aktivwerts der Rückdeckungsversicherung "neutralisiert". Es ergeben sich keine bzw. wesentlich geringere Gewinnauswirkungen und folglich auch keine nennenswert geringeren Zuführungen zum Eigenkapital. Die durch diese rückgedeckte Pensionszusage verursachte Bilanzverlängerung führt allerdings zu einer geringeren Eigenkapitalquote, denn diese wird gemessen als Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme. Umso höher also die Bilanzsumme ist, umso niedriger ist die Eigenkapitalquote. Die Höhe des Eigenkapitals ist zwar unverändert, doch aufgrund des größeren Nenners, der Bilanzsumme, ist die Eigenkapitalquote geringer. Dies wird gemeinhin negativ gewertet, was nicht sachgerecht ist. Denn dies ändert nichts an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder dem Risiko, das für die Bank mit einem Kredit an diese Firma verbunden ist. Sämtliche mit der Pensionszusage für die Firma verbundenen biometrischen Risiken sind durch die kongruente Rückdeckungsversicherung ausgelagert. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine seriöse Rating-Agentur die betriebliche Altersversorgung nicht unter HGB-Gesichtspunkten, sondern auf der Basis betriebswirtschaftlicher Kriterien wie z.B. nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften bewerten wird. Und hier besteht in der Regel die Möglichkeit, eine Rückdeckungsversicherung mit den Pensionsrückstellungen zu saldieren, d.h. es wird lediglich eine Über- oder Unterdeckung bilanziell ausgewiesen. Somit ergeben sich auch keine bzw. wesentlich geringere Bilanzverlängerungen. Beleihbarkeit der Rückdeckungsversicherung Darüber hinaus muss man auch berücksichtigen, dass die Firma eine Rückdeckungsversicherung zu attraktiven Konditionen beleihen kann. Die Rückdeckungsversicherung kann also als kurz- und mittelfristiger Kredit genutzt werden und stellt somit in gewissem Umfang eine echte Alternative zum klassischen Bankkredit dar. Hierdurch verbessert sich auch die Position einer Firma, wenn sie bei einer Bank einen Kredit beantragt, denn der beliehenen Rückdeckungsversicherung dürfte wesentlich geringere Aufmerksamkeit geschenkt werden als einem bereits bestehenden Bankkredit. Die Kreditlinie bei einer Bank wird somit geschont. Sinn eines Ratings Der eigentliche Sinn eines Ratings ist die Einschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Hierfür werden Bilanzkennziffern als Indikatoren verwendet. Diese Indikatoren besitzen in ihrer Aussagekraft jedoch auch Grenzen. So verringert sich - wie bereits gesagt z.B. durch eine kongruent rückgedeckte und ausfinanzierte Pensionszusage durch den Ausweis von Pensionsrückstellungen und Aktivwert die Eigenkapitalquote aufgrund der Bilanzverlängerung. Das sich hieraus ergebende mögliche Minus bei einem Rating ist nicht sachgerecht, denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Firma ist nicht wirklich tangiert. Die Zusage ist kongruent rückgedeckt, biometrische Risiken sind ausgelagert. Der alleinige und isolierte Blick auf Bilanzkennziffern sollte also regelmäßig durch einen genaueren Blick hinter die Ziffern ergänzt werden. Zusammenfassung 1. In der Diskussion um Basel II werden Pensionsrückstellungen für gewöhnlich als negativ gesehen, da sie zu einer geringeren Eigenkapitalquote führen können. 2. Hierbei wird häufig übersehen, dass sich bei einer kongruent rückgedeckten Pensionszusage die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Firma keineswegs verschlechtert. 3. Eine Rückdeckungsversicherung kann darüber hinaus beliehen werden und verringert somit den Bedarf an Bankkrediten, d.h. schont die Kreditlinie.