Der Deutsche Ritterorden Entstehung, Auftrag

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Der Deutsche Ritterorden
Entstehung, Auftrag, geschichtliche Wertung
ein kleiner Aufsatz von EDMUND EMINGER
Ich widme mich in dieser Arbeit einem Thema, das leider und
unverständlicherweise meist weder in allgemein bildenden höheren Schulen, als
auf Universitäten ausreichend behandelt wird. Bei den meisten Schülern und
Studenten wird der Deutsche Ritterorden - falls sie diesen Begriff überhaupt
jemals gehört haben - höchstens mit den Kreuzzügen in Zusammenhang gebracht.
Dieses mir unverständliche Nichtwissen erscheint um so merkwürdiger, da es ohne
das Wirken des Deutschen Ordens ein Osteuropa in der heutigen Form überhaupt
nicht geben würde. Niemand kann heute mehr nachvollziehen, welche Völkerschaften
und Mächtekombinationen in der Jetztzeit Ost- aber auch Mitteleuropa bewohnen
und beherrschen würden.
Weiters soll diese Schrift auch dazu dienen, die historisch ausschlaggebenden
Zusammenhänge und Wechselbeziehungen, die letztlich zum Entstehen vor allem der
Völker Polens und des Baltikums führten, besser verstehen und begreifen zu
lernen, um Irrtümern und falschen Interpretationen in der Geschichte
vorzubeugen. Diese Arbeit sollte nicht nur als gelegentliche historische
Lektüre, sondern auch als Lern- und Nachschlagbehelf Verwendung finden.
Edmund Eminger
Abendland und Morgenland.
Die Entwicklung der Beziehungen vom 7. bis zum 12. Jahrhundert
Leider ist es ein weitverbreiteter Irrtum, daß geschichtliche Ereignisse
vergangener Jahrhunderte, die durch eine große geistige Bewegung ausgelöst
wurden und zu entscheidenden politischen Ergebnissen führten - und beides trifft
ja auf den Deutschen Ritterorden zu - für die Gegenwart keinerlei Bedeutung mehr
hätten und daher der Vergessenheit überantwortet werden könnten. Gerade jetzt,
wo die Verhältnisse und Machtszenarien im Osten wieder einer schweren Krise
entgegentreiben, sind die Kenntnisse der historischen Entwicklungen, auf denen
die derzeitigen Schwierigkeiten weitgehend beruhen, für jeden Historiker und
politisch Suchenden von größter Wichtigkeit.
Das 11.Jhdt., bis etwa zu seiner Mitte geprägt durch die unangefochtene
Herrschaft der deutschen Kaiser aus dem Hause der Sachsen und Salier in Europa,
ist in seiner zweiten Hälfte die Zeit eines ungeheuren geistigen Umbruchs, der
die weitere Entwicklung der europäischen Geschichte auf das nachhaltigste
beeinflussen sollte. Der plötzliche Tod des Saliers (Frankenkaiser) Heinrich
III. im Jahre 1056 war die Ursache für das Entstehen eines völligen Vakuums in
der politischen Macht des Reiches. Heinrichs Witwe, Agnes von Poitou, eine
bigotte und haltlose Frau, ein sechsjähriges Kind als deutscher König, der
spätere Heinrich IV. (1056-1106), selbstsüchtige Fürsten, denen es nur um
Vergrößerung ihrer Hausmacht auf Kosten der Zentralgewalt ging. Sie alle, die
den jungen König in ihre Gewalt brachten, konnte keine Sachverwalter der Macht
und Größe des Reiches sein, wie sie noch bis vor wenigen Jahren bestanden hatte.
Eine Reihe bedeutender Päpste, wie Nikolaus II. (1059-1061) und Alexander II.
(1061-1073), alle gelenkt von dem sicherlich eisernen Willen des Kardinaldiakons
Hildebrandt, eines Langobarden, des späteren Papstes Gregor VII. (1073-1085),
getragen von der das ganze damalige Abendland begeisternden cluniazensischen
Erneuerungsidee des Christentums, rissen nicht nur die geistigen, sondern auch
die politischen Entscheidungen an sich, und bannten Kaiser und Könige, die sich
ihrem weltlichen Machtanspruch nicht beugen wollten. Die große Machtfülle, die
sich nun in den Händen der Nachfolger des hl. Petrus konzentrierte, ließ sehr
bald die Idee eines Krieges gegen die „Ungläubigen“ zur Befreiung der heiligen
Stätten in Palästina aus den Händen der Mohammedaner mit dem stets schon
geförderten Gedanken der christlichen Wallfahrt nach Jerusalem verschmelzen.
Diese Pilgerfahrten ins Heilige Land hatte es in allen Jahrhunderten gegeben. In
der Kirchengeschichte besonders bekannt ist die Reise der hl. Helena (257-336),
der Mutter Kaiser Konstantin des Großen (306-337), im Jahre 326, die zur
angeblichen Auffindung des Heiligen Kreuzes und der Errichtung der Grabeskirche
in Jerusalem führte.
Aber das Jahrhundert von Mohammeds Tod in Jahre 632 bis zur Abwehr des
arabischen Vorstoßes ins westliche Europa in der Schlacht bei Tours und Portiers
732 hatte das Gesicht des ganzen Mittelmeerraumes, dem Herzstück des alten
Imperium Romanum, völlig verändert. Große Teile Kleinasiens, Palästinas,
Ägyptens, ganz Nordafrikas, Spaniens und Teile von Südfrankreich waren an den
Islam verloren gegangen. Logischerweise könnte man das Ende der Antike hier
ansetzen, als beim Sturz des letzten weströmischen Kaisers Augustulus Romulus
(475-476) durch einen germanischen Fürsten, den Skiren Odoaker (433-493) im
Jahre 476 unserer Zeitrechnung. In der Geschichtswissenschaft wird als das Ende
der Antike und dem Beginn des Mittelalters das Jahr 375 angenommen, also das
Jahr des Einfall der Hunnen in Europa, das Jahr des Beginns der Völkerwanderung.
Doch auch die endgültige Besetzung Jerusalems durch die Araber 637 konnte den
christlichen Pilgerstrom nicht lahmlegen. Die Mohammedaner sahen und sehen ja in
Christus zwar nicht Gottes Sohn, wohl aber einen Propheten, und Jerusalem ist
auch für sie eine heilige Stadt, in der der zweite Nachfolger Mohammeds, der
Kalif Omar (634-644), seine berühmte Moschee baute, und in der wenige Jahrzehnte
später, 691, Kalif Abdul Malik (685-705) den Felsendom errichtete. Für die
Christen blieb Jerusalem mit seinem Felsengrab bis in die Zeiten der Renaissance
der mythische Mittelpunkt der Welt, der als solcher auch auf allen Landkarten
des Mittelalters aufscheint.
In der heutigen Auseinandersetzung der arabischen Welt mit dem Judenstaat Israel
spielt der Besitz dieser für beide Teile heiligen Stadt Jerusalem immer noch
eine große Rolle und bildet permanenten Zündstoff für gewaltsame
Auseinandersetzungen, die wieder Ausgangspunkt für einen neuen Nahostkonflikt
bilden könnten.
Die Verbindung zu den Stätten der Kreuzigung und der Auferstehung riß auch nach
der arabischen Besetzung niemals ab; der hl. Willibald (700-787), der erste
Bischof von Eichstätt (seit 741), besuchte zwischen 723 und 726 viermal
Jerusalem, und Bischof Gunter von Bamberg zog 1064/65 angeblich mit 7000
Pilgern(!) ins Heilige Land. Hatten zur Zeit Karls des Großen (768-814) mit dem
Kalifen Harun al Raschid (786-809) in Bagdad recht gute Beziehungen bestanden,
so verschlechterte sich dieses für beide Seiten äußerst fruchtbare Einvernehmen
nach der Jahrtausendwende dramatisch. Der fanatische Kalif al Hakim ließ 1009
die Grabeskirche der hl. Helena niederreißen, und die Seldschuken, die mit ihren
Einfällen die Macht von Byzanz in Kleinasien, besonders nach der Niederlage bei
Malazgirt 1071 zurückdrängten, aber nicht die vornehme arabische Duldsamkeit
besaßen, setzten die christlichen Pilger immer stärkeren Bedrückungen aus.
Die sich nun steigernden Hilferufe nach Rom blieben nicht ungehört. Während die
Kirche bis ins neunte Jahrhundert, gemäß des Satzungen ihres Gründers, jeden
Dienst mit der Waffe als unchristlich ablehnte, (Augustinus, 354-430,
unterschied zwar schon in seinem Werk „Über den Gottesstaat“ zwischen den sog.
„gerechten“ und „ungerechten“ Kriegen), machte sich jetzt eine steigende
Militarisierung der Kirche bemerkbar. Papst Johann VIII. (872-882) versprach
allen, die gegen die Einfälle der heidnischen Normannen mit der Waffe kämpfen
wollten, „den Frieden des ewigen Lebens“. Papst Leo IX. (1048-1054), ein Graf
aus dem elsässischen Geschlecht von Egisheim, stellte um 1050 als erster Papst
eine eigenes Heer auf, das zwar gegen die inzwischen christlich gewordenen
normannischen Berufskrieger nicht die geringsten Chancen hatte, aber er
versprach seinen Soldaten vollständige Absolution. Das gleiche tat Papst
Alexander II. (1061-1073) im Jahre 1064 für die Teilnehmer eines Feldzuges gegen
die Mauren in Spanien. Nur die Auseinandersetzungen mit Kaiser Heinrich IV.
(1056-1106) hinderten Papst Gregor VII. (1073-1085) daran, sich an die Spitze
eines allgemeinen Kreuzzuges zu setzen. Aber schon sein zweiter Nachfolger,
Urban II. (1088-1099), griff diesen Gedanken wieder auf. Urban entstammte einem
vornehmen französischen Adelsgeschlecht aus der Champagne und war daher mit den
Anschauungen der hohen ritterlichen Feudalherren auf das beste vertraut. Waren
Pilgerfahrten bisher grundsätzlich ohne Waffen durchgeführt worden, so verband
er jetzt den Gedanken der christlichen Wallfahrt mit der Theorie des Ritters als
Lehnsmann Gottes und als Befreier und Beschützer des Heiligen Grabes. Zu
Pilgerstab und Muschel kam nun das von der Kirche geweihte Schwert.
Die abendländischen Ritter, anfänglich vor allem die französischen, nahmen den
Gedanken Soldaten Christi zu sein und so für den „Himmelskönig“ zu kämpfen,
sofort begeistert auf, wie es der Erfolg des Konzils von Clermont 1095 bewies.
Das Zeitalter der Kreuzzüge konnte beginnen. Dem Papsttum ging es dabei, das
hatte schon Gregor VII. klar und unmißverständlich ausgesprochen, nicht nur
darum, an der Spitze eines christlichen Ritterheeres das Heilige Land zu
befreien und die „Ungläubigen“ aus dem von ihnen eben eroberten Kleinasien zu
vertreiben, sondern nach dem Sieg, auf einem großen Konzil, Byzanz zu zwingen,
die 1054 vollzogene Spaltung zwischen der Ost- und Westkirche zum Vorteil Roms
wieder zu beseitigen. Wir sehen also, daß hinter der Kreuzzugidee nicht nur der
Glaube an die „reine Lehre“ steckte, sondern das sehr wohl auch beinharte
wirtschaftliche Interessen mitspielten.
Das orthodoxe Christentum sollte auch dem Papst in Rom und nicht dem Patriarchen
von Konstantinopel unterstehen, ein Ziel, das wenigstens teilweise, und erst 900
Jahre später, nämlich 1966, durch Verhandlungen zwischen Papst Paul VI. (19631978) und dem Patriarchen Athenagoras, erreicht werden sollte. Die Gelegenheit
dazu erschien Urban II., der die Gedanken Gregors VII. in jeder Weise übernahm,
damals besonders günstig, weil der byzantinische Kaiser Alexios Komnenos (10811118), wenige Monate vor dem entscheidenden Konzil von Clermont, den Papst um
militärische Unterstützung gegen die Seldschuken gebeten hatte. Die Kenntnis
dieser geistigen Entwicklungen bildet die Voraussetzung, um die Entstehung der
drei großen Ritterorden aus dieser Zeit heraus zu verstehen.
Die Gründung der Orden der
Johanniter (Malteser) und der Templer
Bei der unsicheren Lage in Palästina und den vielen Entbehrungen und
Krankheiten, denen die Pilger im fremden Landen dauernd ausgesetzt waren, die in
den meisten Fällen letal ausgingen, war die Gründung einer Organisation zur
Krankenpflege die vordringlichste Aufgabe. Daran änderte sich auch nichts, als
im ersten Kreuzzug (1096-1099), nach fünfwöchiger Belagerung, am 15.Juli 1099,
die Heilige Stadt durch Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen (V
1100), erobert wurde und es zur Gründung des Königreiches Jerusalem (1099-1187)
kam. Man hatte schon um 1070 in Jerusalem ein christliches Hospiz mit Hilfe von
reichen normannischen Pilgern aus dem italienischen Amalfi gegründet. Sein
Schutzpatron war der hl. Johannes Elemosynarius, woraus sich dann für die 1113
offiziell als „Bruderschaft zur Krankenpflege“ von Papst Paschalis II. (10991118) mit Statuten versehene Organisation, unter dem Großmeister Rainold von
Puybald, bald der Name „Johanniter“ einbürgerte. Sie bekam sehr schnell
Konkurrenz durch die „Templer“, so genannt, weil diese ihr Quartier im
salomonischen Tempelbezirk von Jerusalem hatten, das ihnen Balduin II., König
von Jerusalem (1118-1131), zur Verfügung gestellt hatte. Gründer und erster
Großmeister war der französische Adelige Hugo von Paensals, der sich, zusammen
mit fünf anderen französischen Rittern, nicht nur, wie die Johanniter, der
Krankenpflege widmete, sondern auch den militärischen Schutz der Pilger auf dem
unsicheren Weg von Hafen Jaffa nach Jerusalem durchführte.
1130 wurde ihre von Bernhard von Clairvaux (1091-1153) entworfene Ordensregel
vom Papst Innozenz II. (1130-1153) genehmigt, und der militärische Orden nur
ihm, nicht aber dem zuständigen König von Jerusalem, unterstellt. Ein
Kennzeichen, welches allen drei großen Ritterorden gemeinsam ist. Die Templer,
meist Franzosen, trugen den weißen Mantel mit dem roten Kreuz. Zu den drei
Mönchsgelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams kam nun noch die
Verpflichtung zum Kampf gegen die Ungläubigen. Die Johanniter ließ dieser Erfolg
ihrer christlichen Konkurrenz nicht ruhen, und auch sie erreichten wenige Jahre
später die päpstliche Anerkennung und die unmittelbare Unterstellung unter Rom.
Zur Krankenpflege, die sie, im Gegensatz zu den Templern, nie vernachlässigt
haben, trat nun auch bei ihnen die Verpflichtung zum Kampf gegen die
Ungläubigen. Sie trugen den roten Mantel mit dem weißen Kreuz.
Beide Orden wurden bald durch Schenkungen und Zuwendungen Hilfesuchender sehr
reich. Die Templer vor allem wurden so im 13.Jhdt. zum wichtigsten
„Kreditinstitut“ im christlichen Europa. Um 1260 zählte der Orden ca. 20.000
Ritter und besaß 9000 Balleien, Komtureien und „Tempelhöfe“. Man denke nur an
den Stadtteil Tempelhof in Berlin, der den Templern noch heute seinen Namen
verdankt. Dieser Reichtum war - auch Ketzerei warf man ihnen vor - der
entscheidende Grund dafür, daß der französische König Philipp der Schöne (12851314), zusammen mit Papst Clemens V. (1304-1314) und der Inquisition, alle
Besitzungen des Ordens einzog und den letzten Großmeister, Bernhard von Molay,
unter fadenscheinigen Anschuldigungen in Paris 1314 öffentlich foltern und
anschließend am Scheiterhaufen mit zwei weiteren Getreuen auf „kleiner Flamme“
zu Tode rösten ließ.
Manche Historiker behauptet, daß der Orden vor allem in Schottland und Irland
noch weiter lebte und aus ihm der Grundstock der späteren Freimaurerei entstand.
Viele Argumente sprechen für diese These, vor allem die Hiramslegende, die
sowohl von Templern als auch Freimaurern gepflegt wurde. Viele Freimaurerlogen
sehen ergo auch ihren Ursprung im Templerorden. Aber darauf näher einzugehen
würde den Umfang dieser kurzen Arbeit sprengen. (Für wissenschaftlich
Interessierte verweise ich in diesem Zusammenhang auf das Buch der britischen
Historiker Baigent und Leigh: „Der Tempel und die Loge, das geheime Erbe der
Templer in der Freimaurerei“, erschienen im Bastei-Verlag, Band Nr.: 64106)
Die Gründung des
Deutschen Ritterordens
Es ist auffallend, daß die damals mächtigste Nation der Christenheit, die
Deutschen, erst verhältnismäßig spät mit einem eigenen Ritterorden in das Licht
der Geschichte traten. Wohl gab es seit 1118, zusammen mit einer Marienkapelle Maria war auch die Schutzheilige des späteren Deutschen Ordens - ein Hospital
für deutsche Pilger in Jerusalem, aber seine Bedeutung trat hinter die
Einrichtungen der Johanniter und Templer weit zurück. Der Grund dafür dürfte
darin zu suchen sein, daß sich die Deutschen am ersten Kreuzzug (1096-1099), im
Gegensatz zu den Franzosen, Lothringern und Flamen, nur verhältnismäßig schwach
beteiligt hatten. Es hing dies sicher mit dem ganz Deutschland erschütternden
Machtkampf zwischen Kaiser Heinrich IV. und dem Papst zusammen. Auch zum zweiten
Kreuzzug (1147-1149) mußte Bernhard von Clairvaux (1091-1153), der
Zisterziensermönch, der „das Abendland lenkte“, mit seiner außerordentlichen
Rednergabe den deutschen König Konrad III. (1139-1152), den ersten Hohenstaufer,
mühsam überreden, und erst nach verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es
ihm endlich, unter dem Eindruck der Weihnachtsmette im Dom zu Würzburg 1146 den
König dazu zu bringen, das Kreuz zu nehmen. Dieser total mißglückte zweite
Kreuzzug, den Konrad III. zusammen mit dem französischen König Ludwig VII.
(1137-1180) unternahm, und der das drei Jahre vorher an die Seldschuken
verlorengegangene Edessa zurückgewinnen sollte, war ein völliger Mißerfolg.
Erst der dritte Kreuzzug, den Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1190, auf
der Höhe seiner Macht, als gedachte Krönung seiner Regierungszeit (1152-1190)
durchführte - Barbarossa ertrank bekanntlich unterwegs am 10.Juni 1190 vor
Erreichung des Ziels im Fluße Saleph in Kilizien - kann als erster deutscher
Kreuzzug bezeichnet werden, auch wenn starke französisch-englische Kontingente
unter König Richard Löwenherz daran teilnahmen. Aber eine Wiedereroberung
Jerusalems, das nach der unglücklichen Schlacht von Hittin, drei Jahre vorher,
endgültig in den Besitz der Mohammedaner übergegangen war, gelang nicht mehr.
Nur die wichtige Hafenstadt Akkon konnte 1191 wieder erobert werden. Doch die
starke deutsche Beteiligung am dritten Kreuzzug hatte zur Folge, daß während der
durch Krankheiten sehr verlustreichen Belagerung von Akkon, unter Verschmelzung
mit dem durch die Übergabe Jerusalems an Saladin (1137-1193) nun heimatlos
gewordenen älteren deutschen Hospitalorden, durch massive finanzielle
Unterstützung Lübecker und Bremer Kaufleute, ein neuer Orden, der „Orden von St.
Marien“, gegründet wurde, der ausschließlich Deutsche aufnahm. Am 6.Februar 1191
bestätigte ihn Papst Clemens III. (1187-1191), und schon am 5.März 1198 wurde er
von Papst Innozenz III. (1198-1216) in einen Ritterorden umgewandelt, dessen
Mitglieder den weißen Mantel mit dem schwarzen Kreuz trugen.
Damals wurde eine Farbenzusammenstellung geschaffen, der in der späteren Fahne
Preußens und im Emblem des in den Befreiungskriegen gegen Napoleon gestifteten
„Eisernen Kreuzes“, ja noch heute in den Balkenkreuzen auf den Kampffahrzeugen
und Flugzeugen der deutschen Bundeswehr wiederkehrt. Der Orden zählte in den
ersten Jahren nach seiner Gründung nur an die 200 Mitglieder, wurde aber, wie
bei den anderen Orden, durch großen Grundbesitz, vor allem in Sizilien,
Griechenland und Deutschland, sehr schnell reich. Er erfreute sich über mehr als
ein Jahrhundert lang der besonderen Förderung durch die päpstliche Kurie, der er
ebenfalls direkt, ohne die Einschaltung der üblichen kirchlichen Hierarchie,
unterstand.
Die innere Gliederung des Ordens war streng militärisch. Die oberste Führung
hatte ein auf Lebenszeit gewählter Hochmeister, den das Generalkapitel
bestimmte. An der Spitze größerer Bezirke standen die Landmeister, zum Beispiel
für Deutschland oder das Baltikum. Der oberste „Gebietiger“ für den Besitz des
Ordens in Deutschland führte den Titel „Deutschmeister“. Jede Burg und
Wehranlage unterstand einem Komtur, dem der Konvent der zur Burg gehörenden
Ritter, meist 12, nach dem Vorbild der Apostelzahl, beratend zur Seite stand.
Den engeren Rat des Hochmeisters bildeten die fünf Gebietiger. Es waren dies der
Großkomtur, der den Hochmeister bei dessen Abwesenheit vertrat und der auch die
Aufsicht über den Ordensschatz und alle Vorräte zu führen hatte. Weiters der
Oberste Marschall, dem das Kriegswesen unterstand, der Oberste Spittler, der für
die Krankenpflege und das Spitalwesen verantwortlich war, der Oberste Trappier,
dem die Beschaffung und Verteilung aller Kleidung oblag, und der Oberste
Treßler, der die Verwaltung des gesamten Finanzwesens leitete.
Das Generalkapitel, bestehend aus den fünf Gebietigern und den Landesmeistern,
hatte alle Gesetze und Verordnungen, die für den Orden verbindlich waren, zu
genehmigen und war auch an der Ernennung und gegebenenfalls der Absetzung der
Gebietiger beteiligt, deren Tätigkeits- und Rechenschaftsberichte es auch
entgegennahm. Die Mitglieder des Ordens mußten durchwegs rittermäßigen Standes
sein und gliederten sich in Ritter- und Priesterbrüder. Daneben gab es noch
dienende Brüder, die sog. „Graumäntler“, die niederen Standes sein konnten. Die
vor dem großen Laterankonzil von 1215 erworbenen Besitzungen, so vor allem in
Sizilien, Griechenland und Deutschland, waren auf Veranlassung des Papstes von
jedem Zehnten befreit. Geistliche, die nicht dem Orden angehörten, unterstanden
der allgemeinen Jurisdiktion des Hochmeisters. Bischöfliche Funktionen, wie die
Weihe von Altären und Kirchen sowie die Einsetzung von Geistlichen, blieben aber
dem zuständigen Bischof weiterhin vorbehalten.
Der Hochmeister Hermann von Salza und der Beginn des Ordens in Preussen
Erst durch die Wahl des Thüringers Hermann von Salza (1170-1239) zum vierten
Hochmeister im Jahre 1209 begann die historische Rolle des Ordens. Hermann von
Salza war ein besonders hervorragender Diplomat, der sowohl von dem ungemein
befähigten Staufer Kaiser Friedrich II. (1214-1250), dessen persönlicher Freund
er auch war, als auch von mehreren Päpsten mit der Lösung schwieriger
Situationen in ganz Europa betreut war. So vertrat er Friedrich II. auf dem
Reichstag zu Frankfurt und vermittelte 1230 den Frieden von San Germano zwischen
Papst Gregor IX. (1227-1241) und dem Kaiser, durch den dieser noch einmal vom
Bannstrahl aus Rom gelöst wurde. In einem persönlichen Brief schildert er selbst
seine Vermittlerrolle, die zur Auflösung des Kirchenbanns führte: „Ich aber, der
die Ehre der Kirche und des Reiches liebt und nach beider Erhöhung strebt...“
Trotz der immer wieder aufbrechenden schweren Konflikte zwischen dem Kaiser, dem
Papst und den mächtigen lombardischen Städten, gelang es ihm Zeit seines Lebens
alle seine Auftraggeber zufriedenzustellen und einen endgültigen Bruch zwischen
ihnen immer wieder zu vermeiden. Es mutet wie ein Fingerzeig des Schicksals an,
daß an seinem Todestag, dem 20.März 1239, Papst Gregor IX. den Stauferkaiser
Friedrich II. endgültig bannte, und nun jener furchtbare Vernichtungskampf
begann, der letztlich die Macht des Kaiserreiches der Deutschen, und wenige
Jahrzehnte später auch den politischen Einfluß des Papsttums in der
avignonesischen Gefangenschaft des Jahres 1309 bis 1378 in Frankreich zerstören
sollte.
Das Hermann von Salza bei seinen erfolgreichen politischen Missionen keineswegs
vergaß, Besitz und Einfluß des Deutschen Ordens zu mehren, kann man ihm wohl
kaum übelnehmen. So erreichte er 1220 die Zusammenfassung und Erneuerung aller
Privilegien des Ordens durch Papst Honorius III. (1216-1227). 1226 erhob ihn der
Kaiser zum Reichsfürsten und verlieh ihm und allen seinen Nachfolgern als
Hochmeister das Recht, den schwarzen Reichsadler im Herzschild seines Wappens zu
führen.
Hermann von Salza war sich als Realpolitiker durchaus darüber im klaren, daß die
christliche Position in Palästina sich von Jahr zu Jahr verschlechterte. Auch
der zehnjährige äußerst günstige Vertrag mit Sultan Al Kamil von Ägypten (12181238), den Friedrich II. 1229 während des fünften Kreuzzuges abschließen konnte,
änderte nichts daran. Gehässige Rivalitätskämpfe zwischen den beiden anderen
Orden, die sogar zu Mordanschlägen gegen den gebannten Kaiser während seines
Palästineraufenthaltes (1228/29) ausarteten, taten ein übriges. Daher sah der
Hochmeister sich rechtzeitig nach einer neuen, zukunftsträchtigen Aufgabe für
seinen Orden um. Ein erster Versuch, 1211 auf einen Hilferuf des ungarischen
Königs Andreas II. (1205-1235) hin, Siebenbürgen gegen die Einfälle der
heidnischen Kumanen, eines türkischen Steppenvolkes, zu schützen, die durch den
Mongolensturm in Rußland nach Westen gedrückt worden waren, mißlang im Jahre
1225. Der König vertrieb nach der Zurückschlagung der Kumanen den Orden, der
nicht ihn, sondern nur den Papst als seinen Herrn anerkennen wollte, deshalb
wieder aus Siebenbürgen.
Die Probleme der deutschen Besiedelung Siebenbürgens und des Buchenlandes, die
noch bis vor wenigen Jahren ein Politikum zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und Rumänien darstellten, reichen bis auf jene koloniesatorische
Tätigkeit des Ordens in diesem Gebiet vor über 750 Jahren zurück.
In dieser Lage kam der Hilferuf des polnischen Fürsten Konrad von Masowien
(1194-1247), der sich der Einfälle der heidnischen Pruzzen, die er „bekehren“ und dabei natürlich hatte unterwerfen wollen, nicht mehr erwehren konnte.
Masowien, es umfaßte die Landschaften nordöstlich von Warschau am rechten
Weichselufer, war um diese Zeit eines der selbständigen polnischen
Teilherzogtümer, das seit 1194 bestand und erst 1526 wieder mit Großpolen
vereinigt wurde. Um die Entwicklung des Deutschen Ordens in Preußen zu
verstehen, sind nun einige Angaben über die leider meist sehr wenig bekannte
Geschichte der Entstehung des polnischen Staates notwendig.
Kurze Geschichte der Entstehung des Staates Polen
Aus noch antiken Quellen wissen wir, daß der Raum zwischen Oder und Weichsel,
und noch viel weiter ostwärts, germanisch besiedelt war. Weiter nach Osten und
Südosten saßen indogermanische Stämme in den südrussischen Steppen, die damals
alle unter dem Sammelbegriff „Skythen“ zusammengefaßt wurden. Die aus Schweden
kommenden Goten bildeten dort im dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ein
großes Reich, das unter König Ermanarich (350-375) von der Ostsee bis zum
Schwarzen Meer reichte. Es wurde um 375 durch den Einfall der asiatischen Hunnen
zerstört, wodurch die anschließende, große Völkerwanderung einsetzte.
Viele germanische Stämme, wie die Gepiden, Wandalen (oder Vandalen) und
Langobarden zogen nun durch die Weichselsenke nach Süden. Es wäre natürlich
vollkommen abwegig anzunehmen, wenn man die zeitlich sehr lange Wanderung dieser
Stämme bedenkt, die ja mit Familien, Vieh und Wagen unterwegs waren und
zwischendurch immer wieder Felder bestellen mußten, um sich zu ernähren, daß sie
stets und ohne Unterbrechungen weitergezogen wären. Im Laufe der Zeit hat sich
aus all diesen artverwandten Völkerschaften eine seßhafte, germanisch dominierte
Bevölkerungsschicht gebildet. Wegen der damals nur extensiv betriebenen
Landwirtschaft konnte die Bevölkerungszahl nicht sehr groß gewesen sein; sie
wird aber etwa der des ostfränkischen Reiches westlich der Elbe entsprochen
haben, die man für das neunte Jahrhundert auch nur auf etwa 2,5 bis höchstens 3
Millionen Menschen schätzt.
Die germanischen Völkerstämme Osteuropas wurden aber auch nach dem Zerfall des
hunnischen, nur sehr losen Machtgebildes um 460 immer wieder von asiatischen
Reitervölkern heimgesucht, so seit etwa 570 von den Awaren und seit dem Jahre
895 von den Madjaren (auch Magyaren). Besonders die Awaren unterwarfen die
altslawischen Stämme, die ohne eigene staatliche Bindungen südöstlich der
Pripjetsümpfe am Dnjepr in nicht sehr großer Anzahl saßen, und drückten sie
teilweise nach Westen. So werden die Tschechen ausdrücklich als „Sklaven der
Awaren“ bezeichnet. Im siebenten und achten Jahrhundert sind dabei Teile dieser
Stämme nicht nur nach Böhmen und Mähren, sondern auch in Gebiete zwischen Elbe
und Weichsel kampflos eingesickert, und haben sich als Indogermanen mit der
germanischen Grundbevölkerung vermischt. Man kann daher also die heutigen Polen
mit Fug und Recht als eine Mischung von germanischen, keltischen und
sarmatischen Volksgruppen bezeichnen, wobei die germanischen und keltischen
Elemente zweifelsfrei vorherrschend sind. Zur Bildung rein slawischer Staaten
ist es in diesem Raum aber bezeichnenderweise nie gekommen. Wo Widerstand gegen
die Awaren von Karl dem Großen geleistet wurde, geschah dies stets unter
germanischer Führung.
So in Böhmen unter dem Franken Samo (ca. 620-660) oder im Großmährischen Reich
des Swatopluk (869-894), wobei die slawisierten Namen nicht über die germanische
Abstammung hinwegtäuschen dürfen. Durch die fast schon manisch anmutenden
Christianisierungsbestrebungen Karls des Großen und seiner Nachfolger, die
natürlich auch den Vorwand für die politische Einbeziehung großer Gebiete ins
fränkische Reich lieferten, entstand zunehmend eine Spaltung zwischen dem
„bekehrten“ und dem „unbekehrten“ Germanien. Die Bewohner des letzteren nannte
man mit dem aus dem Mönchslatein stammenden Wortungeheuer „sclavi“, das aber
nicht das geringste mit dem erst viel später entstandenen Wort „Slawen“ zu tun
hat, denn in den Jahr-hunderten vor und nach der Jahrtausendwende unterschied
man nicht nach nationalen, sondern nur und ausschließlich nach religiösen
Merkmalen. Daß es sich bei den „sclavi“ um heidnische Germanen handelte, ist uns
eindeutig aus den Aufzeichnungen des fränkischen Geschichtsschreibers Einhard
(770-840) in seiner „Vita Caroli“ des Bischofs Thietmar von Merseburg (975-1018)
und des Domherrn von Bremen (um etwa 1070) ersichtlich
Ostgermanien ist also das nicht christianisierte, aber vorwiegend germanisch
besiedelte Land zwischen Elbe und Weichsel und weiter östlich bis hin zum
Ladogasee, die „amplissima Germaniae provintia“, wie sie Adam von Bremen
bezeichnete.
Schon in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts beginnt nun zunehmend ein
Wettlauf zwischen Byzanz und Rom um die Christianisierung der noch heidnischen
Völker zwischen der Ostsee und dem Unterlauf der Donau.
Kaiser Michael III. von Byzanz (856-866) entsandte 864 die Mönche Kyrill (V 869)
und Methodius (V 885), die schon bei den Bulgaren versucht hatten zu
missionieren, auf Anforderung des Fürsten Ratislaw (846-869) nach Mähren. Dieser
erhoffte sich dadurch ein Gegengewicht gegen die Annektionsversuche König
Ludwigs des Deutschen (840-876). Die beiden griechischen Mönche bedienten sich
für ihren Gottesdienst der glagolitischen (altslawischen) Kunstsprache, nach
neuesten Erkenntnissen sehr mit dem Althochdeutschen verwandt, aus der sich die
heutigen slawischen Idiome weiterentwickelt haben und was ihre große Ähnlichkeit
untereinander auch verständlich macht. Sie schufen wahrscheinlich auch das
sogenannte kyrillische Alphabet. Die uns bekannten Urkunden aus diesem Raum, bis
etwa zum Jahr 1200, sind allerdings lateinisch oder deutsch geschrieben. Die
Verständigung der seit den Sachsenkaisern im zehnten Jahrhundert nach
Ostgermanien einströmenden Deutschen mit den dortigen, germanische Dialekte
sprechenden Bewohnern war jedenfalls keineswegs schwierig.
Ähnlich wie genau 100 Jahre vorher der schwedische Wikinger Rurik das
Warägerreich zwischen Nowgorod und Kiew, und damit die Keimzelle des späteren
russischen Reiches geschaffen hatte, fuhr um das Jahr 960 der norwegische
Wikinger Dago mit seiner Gefolgschaft die Oder aufwärts, und schloß die
verschiedenen Stämme östlich des Flusses, der damals ungefähr die Reichsgrenze
bildete, zu einem Staat mit der Hauptstadt Posen zusammen. Sein germanischer
Name Dago wurde später zu „Mieszko“ slawisiert. Sein Ausdehnungsdrang ging nach
allen Himmelsrichtungen. So nach Pommern im Norden, nach Böhmen im Südwesten und
gegen die gerade von Otto dem Großen durch den Markgrafen Gero unterworfenen,
sehr stark germanisch bestimmten Stämme bis zur Elbe im Westen. Es kam sehr
schnell zum Zusammenstoß mit dem Deutschen Reich, und Markgraf Gero zwang DagoMieszko 963 zur Anerkennung der deutschen Oberhoheit und zu Tributen. Erst als
der übrigens ebenfalls deutsch-stämmige Vinzenz Kadlubek (1160-1223), seit 1208
Bischof von Krakau, seine 1218 in lateinisch geschriebene „Chronica polonorum“
verfaßt hatte, bürgerte sich für dieses neue Staatsgebilde das Wort „Polen“,
gleich „Land der Ebene“, allgemein ein. Doch der heidnische Dago heiratete 965
Dobrawa (V 977), die Tochter des christlichen Herzogs Boleslaw von Böhmen (935972), und trat ein Jahr später selbst zum Christentum über. In zweiter Ehe war
er seit 979 mit einer Deutschen namens Oda, der Tochter des Markgrafen Thiedrich
von der sächsischen Nordmark, vermählt, was sich natürlich für die
Christianisierung seines Landes günstig auswirkte. Otto der Große (912-973)
hatte seinen Lieblingsplan, das von ihm gegründete Erzbistum Magdeburg zu einer
Art „deutschen Rom“ und zum Mittelpunkt der ganzen deutsch bestimmten
Christianisierung des Ostens zu machen, nicht mehr vollkommen verwirklichen
können. Auch sein Versuch, den Großfürsten von Kiew zur Annahme des katholischen
Christentums zu bewegen, scheiterte schließlich. Groß-fürst Wladimir, der
„Heilige“ (980-1015), heiratete eine byzantinische Prinzessin und trat mit
seinen Untertanen zum orthodoxen Christentum im Jahre 988 über. Wäre Ottos Plan
geglückt, wie viel anders wäre dann die Entwicklung Rußlands und seiner
hinkünftigen Beziehungen zu Deutschland verlaufen!
Von einschneidender Bedeutung war es, daß der junge Otto III. (983-1002), Enkel
Ottos des Großen, auf seiner Pilgerfahrt nach Gnesen, der neuen Hauptstadt
Boleslaws I., des „Kühnen“ im Jahre 1000 zum Grabe des drei Jahre vorher von den
Pruzzen erschlagenen Bischofs Adalbert von Prag (982-997), die Gründung des von
Magdeburg unabhängigen Erzbistums Gnesen genehmigte und diesem auch noch die zu
Magdeburg gehörenden Bistümer Posen, Breslau und Krakau unterstellte. Zugleich
entließ er den Herzog als „Freund und als Bundesgenossen des römischen(!)
Volkes“ aus der deutschen Oberhoheit. Die gegen das Reich und gegen den
Führungsanspruch Magdeburgs gerichtete Politik der Kurie und der
Führungsanspruch Boleslaws, des Sohnes von Dago-Mieszko, nach Selbständigkeit,
hatten einen deutlichen Sieg wider den deutschen Interessen errungen.
Dies bekam auch schon sehr bald der Nachfolger Ottos III., Heinrich II. (10021024), zu spüren. Viele Jahre seiner Regierung mußte er gegen Boleslaw Kriege
führen, konnte ihm zwar Böhmen und die Mark Meißen wieder entreißen, aber im
Frieden von Bautzen 1018 mußte er die Lausitz und das Milzener Land dem Gegner
überlassen. Erst 1031, nach dem Tode Boleslaw I. und dem schnellen Zerfall
seines Reiches, gelang Kaiser Konrad II. (1024-1039) die Rückgewinnung dieser
Gebiete. Boleslaw hatte sich kurz vor seinem Tode im Jahre 1024 mit Einwilligung
des Papstes Benedikt VIII. (1012-1024) Zum König krönen lassen und schon sechs
Jahre vorher die damalige russische Hauptstadt Kiew erobert. Es war dies die
erste kriegerische Auseinandersetzung zwischen den späteren Erbfeinden Rußland
und Polen.
So begannen die politischen Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und dem
polnischen Staat schon zur Zeit der Sachsenkaiser vor etwa 1000 Jahren nicht
gerade als die besten, obwohl dieser Staat in der Geschichte immer wieder durch
deutsche Hilfe in seinem Bestand gesichert wurde. In der gemeinsamen Aufgabe und
durch die sehr ähnliche völkische Zusammensetzung hätten sich beide Völker
finden müssen. Auch die deutsche Siedlungstätigkeit war lange Zeit erwünscht und
wurde gefördert, aber zuerst durch den übertriebenen Ausdehnungsdrang der
polnischen Fürsten und Könige des Mittelalters, dann durch den uferlosen
Chauvinismus des polnischen Adels, der sog. „Schlachta“, bis zum Jahre 1939, der
völligen Auflösung dieses Staates durch Hitler und Stalin. Dazu kommt jene
seltsame Unbegreiflichkeit der Polen: Trotz größter Tapferkeit und eines
bewundernswerten Ehrbegriffes, gelingt es ihnen nie, das innere und äußere
staatliche Leben in eine dauerhafte Form zu bringen. Aber schon unter Boleslaw
I. zeigte sich, daß nicht Deutschland, sondern Rußland aus religiösen,
kulturellen und geopolitischen Gründen der Erbfeind Polens war und ist.
Die Besitznahme Preussens durch den Deutschen Orden
und die Zeit bis zum Aufstand der Pruzzen 1260
Die nördlich der polnischen Gebiete und östlich der Weichsel angesiedelten
pruzzischen Stämme, nach Sprache und Herkunft zur baltischen Völkerfamilie und
nicht zu den Slawen gehörend, hatten, nach Süden und Osten geschützt durch
riesige Wälder, in ruhiger Abgeschiedenheit die Jahrhunderte überdauert. Allen
Bekehrungs-versuchen hatten sie sich allerdings, wohl der richtigen
Einschätzung, daß sie mit ihrem alten Glauben auch ihre Freiheit verlieren
würden, stets sehr heftig widersetzt. So erschlugen sie bekanntlich im Jahre 977
Bischof Adalbert von Prag, zu dessen Grab Kaiser Otto III. im Jahre 1000 seine
so verhängnisvolle Pilgerfahrt unternahm, und wenige Jahre später, 1009, den
Missionar Bruno von Querfurt mit 18 Begleitern, beides Vertreter der
Bekehrungsversuche der sächsischen Kaiser. Boleslaw der Kühne unterstützte diese
Versuche in der Hoffnung, sich dann das Pruzzenland unterwerfen zu können. Seit
1206, nach der Gründung des Zister-zienserklosters Oliva durch Herzog Sobjeslaw
I. von Pommerellen im Jahre 1178, versuchte der Mönch Christian mit dem etwas
anmaßenden Titel eines „Bischofs von Preußen“ (seit 1215), hier mit nur sehr
bescheidenen Erfolg sein Glück. Die Pruzzen schlugen ihn nicht mehr kurzer Hand
tot, denn sie hatten in erster Linie nicht viel gegen den christlichen Glauben
einzuwenden, wohl aber um so mehr gegen eine mit der „Bekehrung“ unweigerlich
verbundene polnische oder deutsche Oberhoheit.
So standen also die Dinge im Jahre 1226, als die Pruzzen, nach einem „Kreuzzug“,
den Herzog Konrad von Masowien 1221 gegen sie inszeniert hatte, 1224 erfolgreich
zurückschlugen und das ganze Herzogtum Masowien bis auf wenige feste Burgen
ausgeplündert und besetzt hatten.
Nach dem siebenbürgischen Fehlschlag, von dem ich bereits berichtete, sicherte
Hermann von Salza das preußische Unternehmen nun aber erst sorgfältig nach allen
Seiten ab. Nach verschiedenen versuchten Winkelzügen mußte Konrad von Masowien
im Juni 1230 im Vertrag von Creusnitz das Kulmer Land offiziell „zum ewigen
Besitz“ an den Orden abtreten. (Da eine Originalurkunde darüber leider nicht
mehr vorhanden ist, bezweifeln polnische „Historiker“ überhaupt das
Zustandekommen dieses Vertrages(!) Kaiser Friedrich II. sicherte in der
„Goldenen Bulle von Rimini“ dem Orden schon im März 1226 in allen neu eroberten
„heidnischen“ Gebieten, die eine Art Reichslehen waren, das Recht auf Herrschaft
und Gerichtsbarkeit zu. 1234 wurde das Ordensland von Papst Gregor IX. zum
Eigentum der Kurie gegen Leistung eines geringen Kammerzinses gemacht.
Es gehörte nicht zum Reichsgebiet, ein Zustand, der erst 1871 bei der Gründung
des neuen Deutschen Reiches unter Bismarck vollkommen beseitigt wurde. Das
Ordensland war nun zwar doppelt abgesichert und auch völlig unabhängig von
Masowien, aber diese Doppelbelehnung sollte noch in der Zukunft zu manchen
Schwierigkeiten mit der Kurie führen.
Allein in dieser Konstruktion lagen schon alle Vor- und Nachteile begründet, die
die spätere Geschichte des Ordens positiv und negativ beeinflussen sollten. Von
vornherein war das Verhältnis zu den schon bestehenden, meist mit Nichtdeutschen
besetzten Bistümern im Ermland und im Kulmerland ein sehr gespanntes, weil diese
die direkte Unterstellung des Ordens unter den Papst nicht anerkennen wollten.
Das anfänglich durch die politischen Verhältnisse bedingte gute Einvernehmen mit
den polnischen Teilfürsten in Masowien und Pommerellen, die ja die militärische
Unterstützung durch die Ordensritter dringend benötigten, endete schon wenige
Jahre später wegen der päpstlichen Schenkung von 1234; es zeigte sich, für
mittelalterliche Umstände überraschend schnell, daß die politische und später
auch nationalistische Ablehnung eines deutschen Staatsgebildes an der Ostsee
größer war als die religiöse Gemeinsamkeit gegenüber den noch heidnischen
Pruzzen und später gegenüber den Litauern. Papst Gregor IX. ließ im September
1230 zur Unterstützung des Ordens in ganz Deutschland das Kreuz predigen.
Außerordentliche geistliche Vergünstigungen wurden für die Teilnahme an einem
solchen Kreuzzug in Aussicht gestellt, so zum Beispiel Absolution auch für
Brandstiftung und Mißhandlung von Geistlichen, und dieses Gnadenmittel sollte
sogar für die verhaßten papstfeindlichen Ghibellinen gelten!
Im Jahre 1231 konnte der Landmeister Hermann Balk (V 1239) aus niedersächsischmärkischer Familie, den Salza für diese Aktion ausersehen hatte - er hätte auch
keinen Besseren finden können - mit dem ersten Kreuzheer und sieben
Ordensrittern von der schon 1226 erbauten, am linken Weichselufer gelegenen Burg
Vogelsang aus den Fluß überschreiten. Hier gelang es Balk, Burg und Stadt Thorn
zu gründen. 1232 folgte, nach einem genau festgelegten Plan, die Stadt Kulm. In
einer brillanten Generalstabsarbeit ohnegleichen, entworfen von Hermann von
Salza, der das Preußenland selbst nie gesehen hatte, erfolgten Besetzung, Anlage
von festen Plätzen und die Besiedelung, zunächst entlang der Weichsellinie, dann
an der Haffküste. So entstanden schon in den ersten Jahren die Ordensburgen
Marienwerder (1233), Graudenz (1234) und Christburg im Inneren des Kulmer
Landes. 1236 wurde die Nogatmündung erreicht, 1237 das strategisch wichtige
Elbing am Drausensee gegründet. Im gleichen Jahr gelang Balk die Verschmelzung
seines Ordens mit dem 1202 gegründeten Schwertbrüder-Orden in Riga und Livland,
und da Dänemark Estland besetzte und 1219 die Stadt Reval gründete, war so ein
Riegel gegen mögliche Expansionsgelüste des mächtigen russischen Großfürsten
Alexander Newskij (1236-1263) vorgeschoben.
Den zunächst noch wenigen Ordensrittern, den noch immer war der Hauptsitz des
Ordens in Akkon in Palästina, wäre, ohne intensive Unterstützung aus dem Reich,
eine so schnelle Besetzung derart weiter Landstriche nicht möglich gewesen.
Zwischen 1233 und 1240 waren es vor allem Mittel- und Ostdeutsche Fürsten, wie
Heinrich I. von Schlesien (V 1238), Gatte der hl. Hedwig von Andechs (11741243), sowie Herzog Otto von Braunschweig-Lüneburg (1218-1252), der Enkel
Heinrichs des Löwen und Ahnherr aller Welfen, die diese Hilfe leisteten. Ab 1242
kamen Österreicher, ab 1246 Lichtensteiner, und in den Jahren 1254/55 zog auch
der mächtige König Ottokar II. von Böhmen (1253-1278) zweimal mit einem großen
Heer zur Unterstützung des Ordens nach Preußen. Ihm zu Ehren wurde 1255 eine
damals neu gegründete Burg „Königsberg“ genannt.
Zu einer organisierten Gegenwehr der Pruzzen kam es, abgesehen von dem ersten
größeren Sieg des Ordens in der Schlacht an der Sirguna 1234, erst um 1240, als
der Orden, unter dem Nachfolger Hermann Balks als Landmeister, dem Sachsen
Heinrich von Wida, mit der Gründung der Burg Balga 1239 anstelle der zerstörten
Pruzzenfestung Honeda, die von dem Stamm der Warmier dicht besiedelte
Samlandküste bedrohte. Ein allgemeiner, blutiger Aufstand im Jahre 1260 unter
Führung des in Magdeburg vom Orden ausgebildeten und später zum Ritter
geschlagenen Natangerfürsten Herkus Monte aus dem Gebiet um das spätere
Kreuzburg, der fast alles, was der Orden bisher geschaffen hatte, zerstörte und
das ganze so erfolgreich begonnene Unternehmen in Frage stellte, konnte erst
nach über zwanzigjährigem Ringen niedergeschlagen werden.
Im Jahre 1283 verließ Skurdo, Fürst des Stammes der Sudauer im östlichen Teil
Ostpreußens, nach aus-sichtslos gewordenem Kampf seine bereits völlig verwüstete
Heimat und zog mit den Resten seiner Getreuen zu den stammverwandten heidnischen
Litauern .Die sogenannte „Große Wildnis“, das riesige Waldgebiet bei dem
späteren Johannisburg, erinnerte noch Jahrhunderte an diese äußerst schweren
Kämpfe.
Der Widerstand der stark dezimierten Pruzzen war damit erloschen. Sie verloren
zunächst jedes Recht, durften nur in eigenen Dörfern wohnen und waren praktisch
Leibeigene des Ordens. Langsam haben sie, nach einer nur widerwillig ertragenen
„Bekehrung“, im deutschen Volkstum Aufnahme gefunden und bereicherten dann das
aus so vielen deutschen Stämmen entstandene Ostpreußen um wertvolle Elemente.
Ihre Sprache dagegen ist gegen Ende des 16. Jahrhunderts vollkommen erloschen,
da es den Deutschen verboten war, pruzzisch mit dem Gesinde zu sprechen. Daran
änderte sich auch nichts, Als der erste Herzog von Preußen, Albrecht von
Brandenburg (1525-1568), um das Jahr 1550 den kleinen Katechismus Luthers ins
Pruzzische übersetzen ließ. In manchen den Binnendeutschen oft sehr seltsam
anmutenden Familiennamen lebt noch heute die pruzzische Sprache fort.
Der Stammesname (Pruzzen = Preußen) wurde zum Namen jenes Staates, der die
neuere deutsche Geschichte so entscheidend mitbestimmt hat, und der heute noch,
trotz und entgegen den pervertierten Bestimmungen des alliierten
„Kontrollratsgesetzes“ Nr.46 vom 25.2.1947, das seine staatsrechtliche Aufhebung
dokumentieren sollte, mit all seinen besten Tugenden: der Pflichterfüllung, der
Sparsamkeit und der religiösen Toleranz in unserem Volke fortlebt und auch
fortleben muß, wenn es für Deutschland eine Zukunft geben soll.
Die Besiedelung des Ordenslandes
mit deutschen Bauern und Handwerkern
Nach der Niederschlagung des letzten großen Pruzzenaufstandes setzte mit dem
Wiederaufbau der zerstörten Burgen und der Neugründung von systematisch
angelegten festen Plätzen, aus denen sich meist bald Städte entwickelten, die
eigentliche deutsche Siedlungstätigkeit ein. Der zunehmende
Bevölkerungsüberschuß im Reich, die immer ungünstiger werdende Lage der Bauern
im Westen und Südwesten Deutschlands, da der weltliche und geistliche Adel den
ihm gehörenden Boden nur noch als eine Rente abwerfendes Kapital ansah,
verheerende Sturmfluten an der Nordsee, aber vor allem der Anreiz auf
persönliche Freiheit, auf erbliches Besitztum mit festem, durchaus erträglichem
Zins und Zehent und genau begrenzte Pflichten, beispielsweise zum Burgenbau und
zur Landesverteidigung, waren nun verständlicherweise lockende Angebote für
Tausende von deutschen Bauern und Handwerkern am Ende des 13. und zu Beginn des
14. Jahrhunderts, als Siedler und freie Bauern nach Preußen zu ziehen.
Die vom Jahre 1233 stammende, berühmte „Kulmer Handveste“, auf der Grundlage des
Magdeburger Stadtrechtes von 1188, inhaltlich eng verwandt mit der Bulle von
Rimini von 1226, in der Kaiser Friedrich II., sicher nicht ohne Mitwirkung
Hermanns von Salza, seine weit in die Zukunft weisenden Gedanken niedergelegt
hat, neben dem Sachsenspiegel (um 1230) des Schöffenrichters Eike von Repkow aus
Reppichau bei Aken an der Elbe, sicherlich die wichtigste mittelalterliche
Gesetzessammlung, bot nun die rechtliche Grundlage für die neuen Siedlungen in
Stadt und Land. Auch Holländer kamen, wie der Name der 1297 gegründeten Stadt
„Preußisch-Holland“ beweist, um die so wichtigen Deicharbeiten am
Weichselwerder, an der Nogat und am Frischen Haff durchzuführen. Schottische
Siedler aus dieser Zeit sind vermutlich die Vorfahren des großen deutschen
Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) aus Königsberg.
Die deutschen Siedler kamen auf dem Landweg meist über Magdeburg, Meissen,
Thüringen oder Schlesien, auf dem Seeweg aus Niedersachsen und Westfalen, unter
Einschaltung der Hanse, nach Preußen. In der zweiten Hälfte des 14.Jhdts., vor
allem aber nach 1400, stockte der Zuzug aus dem Reich fast völlig, wobei
natürlich auch die furchtbare Pestepidemie der Jahre 1348-1350 eine große Rolle
spielte, die etwa ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands hinwegraffte. Die
spätere Siedlungstätigkeit ist fast nur durch Binnenkolonisation durchgeführt
worden. Die Besiedelung und der generalstabsmäßige Plan dazu lagen
ausschließlich in der Hand des Ordens.
Für die praktische Durchführung nach seinen Anweisungen sorgten die sog.
Lokatoren, die dafür durch Ämter und Einkünfte entschädigt wurden, zum Beispiel
durch das Erbschulzenamt, durch Freihufen oder durch die Übertragung von
Dorfkrug oder Mühle. Die Siedlungsdörfer waren meist Straßendörfer mit
Gewannflur, auf der Dreifelderwirtschaft betrieben wurde. Flächen- und
Steuereinheit war die sogenannte Flämische Hufe mit einem Umfang von 16,8
Hektar.
Die bäuerlichen Anwesen, sechs bis dreißig Stellen pro Dorf, hatten eine Größe
von 3 Hufen, also 50 Hektar. Nur der Schulze und die Kirche besaßen vier Hufen.
Der Orden gewährte den Siedlern für die Zeit, bis der Hof ertragfähig war und je
nach Lage des Dorfes, „Freijahre“ ohne Besteuerung, die sich in der besonders
gefährdeten und auch erst vollkommen zu erschließenden „Wildnis“ sogar bis auf
einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren erstrecken konnte. Bestehende pruzzische
Dörfer wurden neu vermessen und nach deutschem Muster angelegt. Grundsätzlich
trennte der Orden die Siedler nach ihrer Herkunft; die Pruzzen unterstanden
direkt dem Ordenskämmerer, nicht den deutschen Gerichten.
Neben diesen bäuerlichen Zinsgütern gab es die Dienstgüter, deren Inhaber, in
der Regel Adelige, Reiterdienste zu leisten hatten und zum Kriegsdienst und zum
Burgenbau verpflichtet waren; außerdem mußten sie eine gewisse Geldabgabe und
das sogenannte „Pflugkorn“, je einen Scheffel Weizen und Hafer für vier Hufen,
entrichten. Das Rückgrat dieser Ansiedlungen bildeten stets die Burgen oder
„festen Plätze“.
Die Burg war meistens eine geschlossene, quadratische Anlage nach normannischem
Vorbild aus Süditalien und Sizilien übernommen, um einen Hof gruppiert, mit vier
Ecktürmen, wozu noch, wie in jeder mittelalterlichen Burg, der große Bergfried
als letzte Verteidigungsmöglichkeit kam. Neben diesen Burgen entstanden, sobald
das Land einigermaßen befriedet war, fast überall kleinere Städte. Dies zeigt
sich deutlich in der zeitlichen Abfolge. Bis zum großen Aufstand von 1260 wurden
nur acht Städte neu gegründet, zwischen 1280 und 1310 zwölf, und während der
Blütezeit des Ordens zwischen 1310 und 1360 nicht weniger als siebenundzwanzig.
Um 1410, zur Zeit der schweren Niederlage von Tannenberg, von der sich der Orden
nie mehr so richtig erholt hat, unterstanden dem Hochmeister und seinen etwa
3000 Ritterbrüdern im ehemaligen Ost- und Westpreußen 76 Städte, 740 Pfarrdörfer
und 18.368 gemeine Dörfer auf einer erschlossenen Fläche von mehr als 30.000
km². Eine wahrhaft gigantische Leistung, vollbracht von deutschen Bauern,
Handwerkern und Bürgern aus allen Stämmen unseres Volkes, straff geleitet und
wohl organisiert von den nachgeborenen Söhnen besonders mitteldeutscher und
fränkischer Adelsgeschlechter, bei ständiger kriegerischer Bedrohung, zuerst
durch die Pruzzen, dann durch die Litauer und Polen.
Wie ich schon erwähnte, ging die Besiedelung nach einem generalstabsmäßigen Plan
vor sich. Zuerst die „Weichsellinie“ von Thorn bis Marienburg, dann die
„Hafflinie“ von Elbing bis Lochstädt (1270), dann ins Innere vorstoßend zum
sogenannten „Heilsberger Dreieck“, mit den Burgen Bartenstein, Rössel und
Heilsberg, alle erstmalig 1241 angelegt. Dieses Heilsberger Dreieck sollte
später zwischen 1920 und 1935 nochmals eine wichtige Rolle spielen: es war das
einzige Festungsgebiet, in dem nach dem Versailler Diktat Deutschland schwere
Artillerie erlaubt war. Von dort aus stieß der Orden ab 1320 gegen sie sog.
„Wildnis“ mit Siedlungen vor: nach Nordosten in Richtung auf Gerdauen (1325) und
Insterburg (1337), östlich nach Angerburg (1335), Rastenburg und Lötzen (1377)
und errichtete überall Burgen, die wie römische Kastelle in einem Abstand von 16
Kilometern planmäßig angelegt wurden.
Die Städte waren, ähnlich wie im Reich, relativ klein; sie hatten
durchschnittlich um die tausend Einwohner, nur Elbing, Königsberg, Thorn und
Kulm zählten damals zwischen 10.000 und 15.000 Einwohner. Eine Ausnahme bildete
die große Handelsstadt Danzig, die dem Orden seit 1309 gehörte, mit über 20.000
Seelen im 15. Jahrhundert. Sie waren also durchaus vergleichbar mit den
damaligen „Großstädten“ des Reiches, wie z.B. Nürnberg, Augsburg, Köln oder
Wien. Die Bewohner der Städte waren fast ausschließlich Deutsche; so gab es in
Danzig im letzten Viertel des 14. Jhdts. nur etwa ein Prozent Slawen. Jede Stadt
erhielt bei der Gründung ihre sog. „Handveste“ nach Kulmer, Lübecker oder
Magdeburger Recht. Darin waren die Rechte innerhalb der Mauern, die Grundsteuer
für den Orden, die Pflichten der Wehrbürger und allgemeine juristische Fragen
genauest geregelt. Kein Besitz durfte an die Kirche, die man als „tote Hand“
bezeichnete, gegeben werden. In den ersten eineinhalb Jahrhunderten der
Ordensherrschaft waren die hier gewährten Privilegien und Rechte wohl einmalig
in Europa und einer der Hauptgründe, warum so viele deutsche Siedler nach Osten
zogen.
Der Deutsche Orden war von jeher, im krassen Gegensatz zu vielen anderen
mittelalterlichen Herrschern, an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
seines Gebietes außerordentlich interessiert. Er besaß in erster Linie das
wichtige und sehr einträgliche, aber bei der samländischen Bevölkerung verhaßte
Bernstein-Monopol, das von Anselm von Losenburg, dem Vogt des Samlands, 1260
eingeführt wurde, und nicht unwesentlich zum Ausbruch des großen Aufstandes im
gleichen Jahr mit beitrug.
Auf die Verletzung dieses Monopolrechtes stand die Strafe des sofortigen
Erhänges ohne Gerichtsverfahren - also das Standrecht - das auch erbarmungslos
durchgeführt wurde. Eine ganze Reihe von Galgen „zierte“ damals die schöne
samländische Küste. Durch eine geschickt gelenkte Ansiedlung konnten jährlich
große Mengen von Getreide aus dem trockengelegten, fruchtbaren Weichselwerder,
Tuchwaren aus Thorn auf Grund der im Umland der Stadt betriebenen Schafzucht,
Wachs aus Masuren, damals sehr begehrt für kirchliche Zwecke, ferner Holz,
Flachs und sogar Wein ausgeführt werden. Die Falkenschulen des Ordens lieferten
für ganz Europa die vom Adel so hoch bezahlten Jagdfalken.
Ohne die Steuerschraube bei den Untertanen übermäßig anziehen zu müssen, war das
Ordensland im 14. Jahrhundert der mit Abstand wohl reichste und am besten
verwaltete Staat Europas.
Die 1309 erfolgte Übersiedlung des Hochmeisters in die Marienburg und die
Entwicklung des Ordens bis zur Schlacht von Tannenberg im Jahre 1410
Während der Deutsche Orden in Preußen einen in jeder Beziehung blühenden Staat
schuf, verschlechterte sich die Lage in Deutschland und besonders in Palästina
grundlegend. 1291 fiel Akkon als letzter christlicher Stützpunkt im heiligen
Land in die Hände der türkisch-ägyptischen Mamelucken, die seit 1257 das
Sultanat in Kairo innehatten. Das Zeitalter der Kreuzzüge war somit zu Ende. Der
Hochmeister, der offiziell immer noch in Akkon residiert hatte, übersiedelte
nach Venedig. Aber es lag natürlich, abgesehen von den Schwierigkeiten, die man
mit dem mißtrauischen Hohen Rat der Lagunenstadt hatte, auf der Hand, daß man
bestrebt war, dorthin zu gehen, wo der Orden Sitz und Macht hatte. Der
Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen, 1303-1311, tat nun 1309 diesen Schritt,
und wählte die Marienburg an der Nogat zu seiner Residenz. Diese Burg war 1276,
nach ihrer ersten Zerstörung durch die Pruzzen, vom Komtur Konrad von Thierberg
mit einem Hochschloß für zwölf Ordensritter - nach dem Vorbild der Zahl der
Apostel - neu angelegt worden. Sie schützte die damals wichtigste Straße des
Ordens, den Wasserweg von Thorn nach Königsberg auf der Weichsel, der Nogat und
dem Frischen Haff.
Nach der Umsiedlung des Hochmeisters waren große Neubauten notwendig. So wurde
das Konventshaus erweitert, und 1320 mit dem Bau des Mittelschlosses mit dem
berühmten großen Remter im Hochmeisterpalast begonnen, dessen kühne Konstruktion
auf nur einer einzigen tragenden Säule ruht. Die Vorburg, die Annenkapelle als
Grablege der Hochmeister und die Marienkapelle folgten, letztere mit der
„Goldenen Pforte“ mit dem acht Meter hohen Marienrelief. Maria war ja die
Schutzpatronin der deutschen Ritter und ihr zu Ehren trug der Orden den Namen
„von St. Marien“. Erst 1398, nach über hundertjähriger Bauzeit, hatte die
Marienburg jenen Umfang und jene wunderbare Geschlossenheit erreicht, die jeden,
der sie einmal betreten und gesehen hatte, noch heute unverrückbar vor Augen
steht. Dabei war sie eigentlich nur als Zweckbau für Gottesdienst und Verwaltung
im Frieden und für die Verteidigung im Krieg geschaffen worden. Hier hatten
neben dem Hochmeister auch der Großkomtur als sein Vertreter und der Tressler,
als oberster Verwalter aller Finanzen des Ordens, ihre Dienstsitze.
Das Schicksal dieser einmalig schönen Burg war nach kurzer Blütezeit ein recht
trauriges. Schon 1457 wurde sie von meuternden Söldnern des Ordens als
Faustpfand für ausstehende Löhnung besetzt und dann an den König von Polen
verkauft. Der schwache Hochmeister Ludwig von Erlichshausen (1450-1467) mußte
nach Königsberg fliehen. Im zweiten Thorner Frieden von 1466 wurde sie an Polen
abgetreten und litt in der Folge durch die sog. „polnische (Sau) Wirtschaft“,
aber auch durch stillose Umbauten der Jesuiten und verheerende Brände, vor allem
in den schwedisch-polnischen Kriegen des 17. Jahrhunderts, in deren Verlauf die
Schweden die Festung jeweils für mehrere Jahre besetzten.
Im Zuge der ersten Teilung Polens kam sie an Preußen; am 14.September 1772
rückte der General von Thadden mit dem Regiment Sydow in die Marienburg ein. Am
27.Juli des gleichen Jahres huldigten die westpreussischen Stände im großen
Remter des Hochmeister-Palastes der Krone Preußens. Aber auch das
friederizianische Preußen benutze sie bis 1803, bar jeden Kunstverständnisses
für mittelalterliche Bauwerke, als Kaserne, Proviantdepot und Pferdestall. Erst
die Roman-tiker wie Max von Schenkendorf (1783-1817) und Joseph von Eichendorff
(1788-1857) wiesen auf ihren einmaligen künstlerrischen und historischen Wert
hin. Eichendorff schrieb ange-sichts des großen Remters: „Er gleicht dem Himmel
einer gedankenvollen Mondnacht, die hie und da milde segnend den Boden berührt.“
Von 1817 bis 1831 wurde die Marienburg dann von den preußischen Baumeistern
Steinbrecht und Schmid im wesentlichen in ihrer alten Schönheit
wiederhergestellt.
Der große Burgkomplex gliedert sich in drei Teile. Das Hochschloß, der älteste
Teil des Baues mit dem Kapitelsaal, war der Sitz des Generalkapitels. Es
enthielt ferner die Wohn- und Schlafräume der Ordensbrüder, die Küchen und
Wirtschaftsräume und die Magazine der Waffenkammer. Angebaut waren die
hochmeisterliche Gruftkapelle St.Anna sowie die eigentliche Schloßkirche St.
Marien mit der goldenen Pforte und dem riesigen Marienstandbild. Im Mittelschloß
befand sich der Palast des Hochmeisters mit den drei „Remtern“, wie die großen
Versammlungs- und Speisesäle auf den Ordensburgen bezeichnet wurden, sowie die
Gasträume für auswärtige Ordensbrüder und die Krankenräume. In der Vorburg, von
der heute leider nur mehr wenig vorhanden ist, befanden sich die Ställe,
Scheunen, Kornspeicher sowie die Werkstätten und Bauhöfe.
Schwer litt die Burg unter den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges, aber
noch verheerender wirkte der Großbrand, der am 8.September 1959 in der
polnischen Touristenherberge, die in der Burg untergebracht war, ausbrach und
unersetzlichen Schaden anrichtete. Als „Schloß von Marlbork“, dem polnischen
Namen für die alte deutsche Stadt Marienburg, ist sie heute, teilweise wieder
aufgebaut, mit einer berühmten Bernsteinsammlung, ein attraktiver Mittelpunkt
des polnischen Fremdenverkehrs.
Während in Deutschland nach dem Tode Kaiser Friedrichs II. im Jahre 1250 in
einem fast zwanzigjährigem Interregnum, „der kaiserlosen, der schrecklichen
Zeit“, die Macht des Reiches immer schwächer wurde, erlebt der Orden im 14.
Jhdt. unter fähigen Hochmeistern, wie Werner von Orselen (1324-1330), Luther von
Braunschweig (1331-1335), Ludolf König (1342-1345) und Winrich von Kniprode
(1351-1382) seine innere und äußere Blütezeit. 1311 erwarb er neben Danzig auch
das westlich der Weichsel gelegene Pommerellen, dessen Herzog Swantopolk II.
(1220-1266) ihm und den polnischen Teilfürsten erheblichen Ärger bereitet hatte.
Der Orden mußte aber bis 1343, wo Polenkönig Kasimir III. (1333-1370) im Frieden
von Kalisch endgültig auf dieses Gebiet verzichtete, was Polen heute natürlich
nicht mehr wahrhaben will, um seinen Besitz kämpfen. Pommerellen, bekannt durch
die Tucheler Heide, mit seiner kaschubischen und nicht polnischen Grundbevölkerung, konnte, schon wegen der Kargheit seines Bodens, nicht mehr durch
deutsche Siedler erschlossen werden wie Ost- und Westpreußen.
Die unheilvollen Auswirkungen dieser Tatsache belasteten die deutsche Geschichte
in der Form des sog. „Polnischen Korridors“ bis zum Beginn des Zweiten
Weltkrieges. 1346 erwarb der Orden auch Estland von Dänemark, und damit befand
sich die Ostseeküste auf über 900 km Länge von der Mündung der Leba in Pommern
bis zum Peipussee nun in der Hand des Hochmeisters.
In der berühmten Rudau-Schlacht südlich des Kurischen Haffs im Jahre 1370, die
die Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) in ihrer Ballade „Henning Schindekopf“
verewigt hat, und in der sie dem dort gefallenen Ordensmarschall ein Denkmal
setzt, wurden die Litauer unter ihren Herzögen Kynstudt und Olgerd entscheidend
geschlagen und Samaiten - der alte Name für das heutige Litauen - als letztes,
fehlende Glied der Verbindung zwischen dem Baltikum, 1398 vom Orden besetzt. Zur
gleichen Zeit griff der Hochmeister Konrad von Jungingen (1393-1407), zusammen
mit dem Städtebund der deutschen Hanse, mit 80 Schiffen des Ordens nach Gotland
über und besetzte für zehn Jahre die alte Handelsstadt Visby, in der sich die
als Seeräuber gefürchteten Vitalienbrüder festgesetzt hatten. Schließlich kaufte
der Orden 1402 von den völlig verschuldeten Söhnen Kaiser Karls IV. (1347-1378)
die Neumark, und hatte damit endlich auch eine direkte Landverbindung mit dem
Reich.
Im Reich selber verfügte der Orden, unter Leitung des Deutschmeisters, über
zwölf Balleien. Unter einer Ballei, der ein Landeskomtur vorstand, verstand man
die Zusammenfassung mehrerer Komtureien zu einer Ordensprovinz. So gehörten
beispielsweise zur Ballei Franken 14 Komtureien oder Kommenden. Österreich und
Koblenz waren die reichsten und wichtigsten Balleien. In sehr vielen Städten des
deutschen Raumes erinnert uns noch heute ein „Deutsches Haus“ daran, daß hier
der Ritterorden von St. Marien einmal eine Niederlassung gehabt hat.
Jedes Jahr im Winter, weil nur dann das moorige Gelände für ein gepanzertes
Reiterheer passierbar war, unternahm der Orden seine Feldzüge durch die große
„Wildnis“, in das Gebiet der heidnischen Litauer, die sogenannten „Reisen“.
Außer gegenseitigen Verwüstungen und Niedermetzeleien wurde dabei allerdings
nicht sehr viel erreicht. Von Bekehrung, die zwecklos erschien, war jedenfalls
kaum mehr die Rede. Daran teilnehmen zu können, und gar auf einer solchen
„Reise“ vom Hochmeister zum Ritter geschlagen zu werden, war das höchste Ziel
des europäischen Adels des späten Mittelalters. So nahm König Johann von
Luxemburg-Böhmen (1310-1346), der Vater Kaiser Karl IV., mehrmals an solchen
Kriegsfahrten teil und verlor dabei ein Auge, 1345 war König Ludwig der Große
von Ungarn (1342-1382) in Preußen, etwas später Herzog Philipp I. von Burgund
(1363-1404). Auch König Heinrich IV., der erste englische König der „Roten Rose“
aus dem Hause Lancaster (1399-1413), war vor seiner Thronbesteigung zweimal Gast
auf der Marienburg, und Herzog Albrecht III. von Österreich (1365-1395) erhielt
1377 vom Hochmeister Winrich von Kniprode den Ritterschlag. Geoffrey Chauncer
(1340-1400), der Vater der neuenglischen Dichtung, schildert in einer seiner
Schriften die „Reise“ eines englischen Ritters gegen die Litauer. Aber auch
Oswald von Wolkenstein, der südtiroler Minnesänger (1377-1445) stand in seiner
Jugendzeit einige Jahre im Dienste des Ordens.
Mit dem höheren Bildungswesen stand es im Ordenstaate, wie in so manchen
Militärstaaten, allerdings nicht zum besten. Diese mönchischen Berufskrieger
fürchteten, daß die Wissenschaft den Zweifel nähren und ihre absolute
Geschlossenheit gefährden könnte. Eine auf der Marienburg errichtete
Rednerschule ging nach einiger Zeit wieder sang- und klanglos ein. Nie kam es
zur Eröffnung der zwar geplanten Universität in Kulm, für die auch seit 1387
eine päpstliche Genehmigung vorlag, während im übrigen deutschem Raum zwischen
1348 und 1506 nicht weniger als 17 Universitäten gegründet wurden.
Im Ordensstaat entstand kein Kloster der gelehrten Benediktiner. Das Kloster
Olivia, das Zisterzienser-Mönche verwalteten, mußte aber wohl oder übel geduldet
werden, da es schon 1178, also lange vor Ankunft des Deutschen Ordens, gegründet
worden war. Zugelassen waren nur die Bettelorden. Von allen gelehrten
Disziplinen wurde einzig und allein die Geschichtsschreibung gefördert. Hier
haben der Priesterbruder Peter von Duisburg, der 1326 sein „Chronicon terrae
Prussiae“ dem Hochmeister Werner von Orselen widmete, und Johann von Pusilge zu
Anfang des 15. Jhdts. sehr wertvolle zeitgenössische Nachrichten überliefert,
die natürlich im Sinne des Ordens mehr oder weniger gefärbt sind. Die ein ganz
neues Zeitalter begründende Schrift „de revolutionibus orbium coelestium“ des
berühmten Nikolaus Kopernikus (1473-1543), geboren in Thorn, gehört nicht mehr
in die klassische Ordenszeit.
Von der Schlacht bei Tannenberg 1410
bis zum Ende des geistlichen Ritterordens in Preussen 1525
Aber diese blendende äußere Fassade um 1400 täuschte über die wahrhafte
Situation; denn es gab eine ganze Reihe von Gründen, die zum Niedergang des
Ordens führen mußten. Vieles hatte sich grundlegend in den eineinhalb
Jahrhunderten seit der Glanzzeit der Staufer in Europa geändert, nur der Orden
selbst und seine Herrschaft waren starr und unverändert geblieben. Je klarer der
Staat sich seiner weltlichen Bestimmung überall bewußt wurde, um so drückender
empfand man die kirchlich-mönchischen Formen des Ordens, die noch aus der Zeit
der Kreuzzüge stammten.
Der Keim für einen Teil der Gründe für den Niedergang war schon bei der
Errichtung des Ordensstaates gelegt worden. So gehörte sein Gebiet in Preußen
nicht zum Reich, sondern unterstand der Kurie, mit der sich aber der Orden seit
der Zeit der avignonesischen Gefangenschaft der Päpste (1309-1377) wegen deren
gegen das Reich und den Kaiser gerichteten französisch bestimmten Politik,
verfeindet hatte. Fortan förderten nun die Päpste Polen und seinen
ordensfeindlichen Klerus auf allen nur erdenkbaren Gebieten gegen den
Hochmeister.
Die staatsrechtliche und räumliche Trennung zwischen Reichs- und Ordensgebiet
bedingte ein Eigenleben jedes Teiles ohne wesentliche gemeinsame Interessen,
denn die direkte räumliche Verbindung mit dem Reich über die Neumark, die der
Orden auch nur von 1402 bis 1454 besaß, kam viel zu spät. Selbst für den
Deutschmeister in Mergentheim und die Landeskomture der zwölf Balleien im
Reichsgebiet war Preußen so etwas wie ein ferner, fremder Staat. Dies zeigte
sich deutlich bei der beschämend mangelhaften Unterstützung des Hochmeisters in
der Not und Bedrängnis des Ordens im letzten Jahrhundert seines Bestehens im
Osten. Die landfremden Ordensritter, meist die nachgeborenen Söhne ober- und
mitteldeutscher Adelsgeschlechter, verwurzelten durch den Zölibat nicht mit dem
Lande, das sie aber ohne Einschränkung beherrschten. Unklugerweise wurden
Mitglieder aus den östlichen Adelsgeschlechtern, auch den deutschen, nur in
seltenen Fällen als Ritterbrüder aufgenommen. Die starre Herrschaft des Ordens
führte auch seit Beginn des 15. Jahrhunderts mehr und mehr zu einer Entfremdung
gegenüber seinen deutschen Siedlern, die doch gerade wegen der großen
Freiheiten, die die „Kulmer Handveste“ oder das fast schon liberal anmutende
„Magdeburger Recht“ ihnen gewährten, einmal begeistert nach Osten gezogen waren.
Die strengen Handelsmonopole des Ordens wieder waren bei den großen Städten, die
alle auch Mitglieder der Hanse waren, naturgemäß äußerst unbeliebt. Der
einheimische Adel neigte, je länger je mehr, zu Polen, weil der dortige Adel
längst dem Königtum entscheidende Rechte abgetrotzt hatte und schon bald
selbstherrlich jede Politik, die seinen Interessen nicht entsprach, mit seinem
Vetorecht im polnischen Reichstag sabotieren sollte, was den Staat langsam
völlig unregierbar machen sollte.
Entscheidend aber war die Ende des 14. Jahrhunderts eingetretene Änderung der
ganzen politischen Situation in Osteuropa. Der Orden war zur aktiven
Heidenmission gegründet worden. Dafür erhielt er die moralische und praktische
Unterstützung von halb Europa. Im Jahre 1386 trat aber der litauische Großfürst
Jagiello (1377-1434), Sohn des Großfürsten Olgerd, den der Orden in der RudauSchlacht 1370 so vernichtend geschlagen hatte, zum Christentum über, ließ in
seinem Schloß in Wilna das heilige Feuer löschen und die geweihten Schlangen
töten. Dies konnte in damaliger Zeit mit der Bekehrung seines ganzen Volkes,
wenigstens äußerlich, gleichgesetzt werden. Jagiello zwang noch im gleichen Jahr
1386 Hedwig (1377-1399), ein neunjähriges Kind, zur Ehe. Sie war die Tochter und
Erbin des vier Jahre zuvor verstorbenen letzten Polenkönigs aus dem bedeutenden
Geschlecht der Piasten, Ludwig des Großen (1370-1382). Jagiello bestieg unter
dem Namen Wladislaw II. (1386-1434) den polnischen Königsthron und wurde so zum
Begründer jagellonischen Königsdynastie, die in Polen bis 1572 herrschte. Er
mußte bei seiner Wahl das Versprechen abgeben, „die verlorenen polnischen
Gebiete“ zurückzuerobern, was natürlich nur den Krieg mit dem Deutschen Orden
bedeuten konnte. Litauen übergab er 1392 seinem Vetter Witold (1350-1430) als
Großfürst unter seiner Oberhoheit. Witold, als fähiger Heerführer, schuf ein
polnisch-litauischen Großreich bis an die Küsten des Schwarzen Meeres unter
Einschluß der westlichen Ukraine mit Kiew, das er 1420, nach 400 Jahren, zum
zweiten Male für Polen eroberte.
Es waren dies Gebiete, auf die die Großfürsten von Moskau, unter dem Vorwand der
„Sammlung der russischen Erde“, schon sehr bald Anspruch erhoben, so daß es
erneut zu Zusammenstößen zwischen Rußland und Polen kommen mußte. Durch den
Übertritt der Litauer zum Christentum und die Vereinigung von Polen und Litauen
durch eine Personalunion, waren für den Orden zwei höchst ungünstige
Entscheidungen getroffen worden: kriegerische Einfälle in Litauen zum
angeblichen Zweck der Bekehrung seiner nur christlichen Bewohner fielen weg und
damit die Unterstützung von außen, anderseits stand der Hochmeister jetzt der
vereinten polnisch-litauischen Macht gegenüber, während bisher diese beiden
Staaten sich des öfteren heftig bekämpft hatten.
Der unvermeidliche Zusammenstoß kam sehr bald. Vergebens hatte der sterbende
Hochmeister Konrad von Jungingen 1407 versucht, die Wahl seines Bruders Ulrich
zu seinem Nachfolger zu verhindern, da er dessen ungestümes Naturell nur zu gut
kannte. Ulrich wurde aber trotzdem gewählt, ließ sich auch bald nach seiner Wahl
von Litauen provozieren und erklärte sich mit dem mächtigen, vereinigten PolenLitauen im Krieg befindlich.
Am 15.Juli 1410, einem der großen Unglückstage der deutschen Geschichte, kam es
zur Entscheidungsschlacht bei Tannenberg im ehemaligen Landkreis Osterode, oder
bei Grünwald, wie die Polen den Schlachtort nennen. Das Ordensheer zählte etwa
50.000 Mann unter 65 Bannern, ein Drittel davon beritten. Sogar das schwere
Geschütz aus der Marienburg ließ Ulrich von Jungingen mitführen; der Orden war
seit dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts führend in der Anwendung der neuen
Artillerie, der mit Schießpulver betriebenen Feuerwaffen. Die Polen und Litauer
waren mehr als doppelt so stark wie das Ordensheer. Die Anwerbung der Truppen
war verräterischer Weise von der Krakauer Handelsniederlassung der preussischdeutschen Städte wesentlich mitfinanziert worden!
Der ungestüme Angriff der schwer gepanzerten Ordensritter zerschlug schon in
kurzer Zeit den litauischen Heeresteil. Schon glaubte der Hochmeister die
Schlacht sei so gut wie gewonnen und der linke Flügel des Ordensheeres
zerstreute sich in kleinere Teile zur Verfolgung des Feindes. Doch jetzt griff
der polnische Kronfeldheer Zyndram mit böhmischen Söldnern unter Johannes
Zischka (1370-1424), die wenige Jahre später als Hussiten weite Teile
Deutschlands verheeren sollten, überraschend das Zentrum des Ordensheeres an. In
dieser kritischen Phase der Schlacht flohen verräterischer Weise die Ritter des
sogenannten „Eidechsenbundes“ unter Nikolaus von Renys, der später, 1411, wegen
einer erneuten Verschwörung gegen den Orden, hingerichtet wurde. Der
„Eidechsenbund“ war 1397 vom preußischen Landadel zur Erringung ständischer
Rechte im zentralistisch regierten Ordensstaat gegründet worden. Durch diese
verräterische Flucht deutscher Ritter trat eine völlige Verwirrung im Ordensheer
ein. In dieser Schlacht fiel der Hochmeister mit fast allen seinen Gebietigern,
51 Banner, die heute im Dom zu Krakau hängen, wurden erbeutet, der Großteil der
Blüte des deutschen Adels war gefallen, das Ende des Ordens schien gekommen.
Da entstand in der Person des Komturs Heinrich Reuß von Plauen (1370-1429), also
eines Mannes, der in der Hierarchie des Ordens keine besonders hohe Stelle
einnahm, noch einmal ein Retter. Plauen stammte aus dem vogtländischen
Geschlecht der späteren Fürsten von Reuß, mit dem springenden Löwen im Schild,
welches dem Orden durch die Jahrhunderte sehr viele tüchtige Mitglieder gestellt
hat. Sie glichen sich alle, wie sie der Schriftsteller und Historiker Heinrich
von Treitschke (1834-1896) so treffend charakterisiert hat: „Ein Geschlecht
schroffer, herrischer Menschen, einer königlicher Ehrsucht voll, hart und
lieblos, mit dem kalten Blick für das Notwendige.“ Heinrich war zum Schutz der
Westflanke des Ordensgebietes gegen die Pommernherzöge in der kleinen Burg
Schwetz am linken Weichselufer bei Kulm zurückgeblieben.
Auf die Nachricht von der verheerenden Niederlage des Ordens bei Tannenberg warf
er sich mit den wenig verbliebenen Kräfte, nicht mehr als 3.000 Mann, sofort in
die Marienburg und richtete diese zur Verteidigung her, unter Aufgabe der
reichen Stadt zu ihren Füßen, die er niederbrennen ließ, um dem Feind keinen
Stützpunkt und keine Verpflegung zu überlassen. Zehn Tage nach Tannenberg schloß
König Wladislaw die Hauptburg des Ordens ein und belagerte sie zwei Monate lang
vergeblich. An dem ungebrochenen und heldenhaften Widerstand Plauens und seiner
Männer scheiterten alle Angriffe der Polen kläglich. Der Legende nach soll die
Jungfrau Maria selbst zum Schutz ihres Ordens eingegriffen haben, indem sie das
schwere Geschütz, das der mit den Örtlichkeiten der Burg vertrauten
Geschützmeister genau auf die eine tragende Säule im großen Remter des
Hochmeister-Palastes gerichtet hatte, beim Abschuß explodieren ließ und den
frevelhaften Kanonier blendete. Nun, Rohrkrepierer waren in jener Anfangszeit
der Artillerie nicht so selten, es sind uns etliche solche Vorfälle auch
urkundlich berichtet.
Jedenfalls gab der Polenkönig die Belagerung vorzeitig auf, wohl auch deswegen,
weil in seinem Lager in den kühlen Herbsttagen die Ruhr wütete. Im ersten
Thorner Frieden vom 1.Feber 1411, der durch die Drohungen König Sigismund von
Ungarn (1387-1437), des späteren deutschen Kaisers (1410-1437), den Polen den
Krieg zu erklären, zustande kam, behielt der Orden wider Erwarten, trotz der
vernichtenden Niederlage, sein ganzes Gewicht mit Ausnahme des erst vor wenigen
Jahren erworbenen litauischen Samaiten. Er mußte aber 100.000 Schock böhmische
Groschen in Raten als Kriegsentschädigung zahlen, eine Belastung, die sich auf
die fast leere Ordenskasse unheilvoll auswirkte.
Am 9.November 1410 war Heinrich von Plauen vom Ordenskapitel zum neuen
Hochmeister gewählt worden. Er war sich darüber vollends im klaren, daß die alte
Politik des Ordens nicht fortgesetzt werden konnte. Er berief deshalb 1412 einen
Landesrat unter Hinzuziehung von Abgeordneten der großen Städte und des
Landadels mit dem Recht der Steuerbewilligung und der Mitsprache bei allen
wichtigen Entscheidungen. Das war politisch eine unbedingte Notwendigkeit,
verstieß aber gegen die alten Regeln der Ordenssatzung, wonach die Mitbestimmung
weltlicher Personen in Ordensangelegenheiten strengstens verboten war.
Mißernten, eine neue harte Besteuerung zum Zweck der Bezahlung der hohen
Kriegsschulden und des Loskaufs der vielen Gefangenen von Tannenberg, ein
blutiger Streit mit der wichtigen Handelsstadt Danzig, wo der Bruder des
Hochmeisters als Komtur bei einem Aufruhr einige Mitglieder des sinnlos
quasselnden Stadtrates hatte kurzerhand erschlagen lassen, ohne dafür zur
Rechenschaft gezogen worden zu sein, trugen zu dieser Lage bei.
Dazu kam noch der permanente Zwist mit den verräterischen preußischen Bischöfen,
die wie immer zu Polen neigten, und die wieder in ihre Ämter einzusetzen sich
Plauen strikte weigerte, verschärfte die Lage noch mehr. Der Hochmeister,
jähzornig und oft vorschnell in seinen Entschlüssen wie alle Angehörigen des
Geschlechts der Reuß von Plauen, begann im Herbst 1413, ohne Befragung des
Ordenskapitels, wozu er nach den Satzungen aber verpflichtet gewesen wäre,
erneut einen Krieg mit Polen, weil Großfürst Witold widerrechtlich auf
Ordensgebiet bei Welun eine Burg bauen ließ. Aber der Ordensmarschall Michael
Küchmeister von Sternberg selbst sabotierte den Vormarsch, so daß der Feldzug
abgebrochen werden mußte. Auf dem Kapiteltag von 14.Oktober 1413 auf der
Marienburg, wo Plauen Küchmeister wegen der Befehlsverweigerung zur Rechenschaft
ziehen wollte, wurde aber er abgesetzt und der Saboteur Küchmeister zu seinem
Nachfolger gewählt. Plauen hatte sich im Orden viele persönliche Feinde
geschaffen, weil er alle Ritterbrüder, die nach der Niederlage von Tannenberg
ins Reich geflohen waren, in Ketten zur Aburteilung nach Preußen hatte
zurückschaffen lassen. Mit der ziemlich bescheidenen Komturei von Engelburg
wollte man ihn nun abfinden. Als man aber seinen Bruder der Konspiration mit dem
Polenkönig zur Wiedereinsetzung Heinrichs als Hochmeister überführte, es blieb
unklar, ob der abgesetzte, ehrgeizige Hochmeister sich an den Verrätern rächen
wollte und davon gewußt hatte, wurde der „Retter des Ordens“ 1414 unter der
Anklage der Mitschuld für über zehn Jahre „in festem Gewahrsam“ in der Feste
Brandenburg am Frischen Haff eingekerkert. Solange Küchmeister Hochmeister war
(1413-1422), änderte sich daran auch nichts.
Erst fünf Jahre nach seinem Tode begnadigte ihn der neue Hochmeister Paul von
Rußdorff (1422-1441). Plauen wurde 1424 in das recht bescheidene Amt eines
Pflegers der Burg Löchstädt in Samland eingesetzt. Ein fürwahr trauriges Ende
eines schon fast dämonisch anmutenden Heldenlebens. Mit der Absetzung Heinrich
von Plauens am St. Burkhardstag des Jahres 1413 endete die eigentliche
Geschichte des alten Ritterordens von St. Marien, dessen Mitglieder die
sittliche Kraft längst verlassen hatte. Was noch folgt, ist Verfall und
Auflösung einer von der Entwicklung und der Zeit überholten Organisation und
schließlich wieder ein bescheidener Neuanfang unter ganz anderen
Voraussetzungen.
Am 14.März 1440 kam es in Marienwerder zur Gründung der „Preußischen Bundes“ der
Städte unter Führung Danzigs und des Adels gegen den Deutschen Orden, als eine
Art Nachfolgeorganisation für den ausgelösten „Eidechsenbund“. Sein Oberhaupt
war Ritter Hans von Baisen. Als auf Bitten des schwachen Hochmeisters Ludwig von
Erlichhausen (1450-1467) der ebenso schwache Kaiser Friedrich III. (1440-1493)
diesen Bund für aufgelöst erklärte, schickte Baisen dem Orden am 4.Feber 1454
einen offenen Absagebrief und bot gleichzeitig dem Polenkönig Kasimir IV. (14471492) die Herrschaft über Preußen an. Baisen hat diese verräterische Tat und die
sich daraus ergebende Entwicklung, die einem großen Teil des Ordensstaates für
Jahrhunderte die Freiheit kosten sollte, am Ende seines Lebens bitter bereut.
Der nun folgende und verheerende dreizehnjährige Krieg, der 1454
bezeichnenderweise mit der Erstürmung der ältesten Ordensburg Thorn begann,
brachte in nur wenigen Wochen noch 56 andere Ordensburgen in die Hand der
Aufständischen.
Bei Konitz siegte der Orden unter dem Obersten Spittler zum letzten Male über
die Polen. Da dem Orden seit langem der Zuzug aus dem Reich fehlte, mußte er den
Krieg mit böhmischen Söldnern führen, ein Umstand, der ihn auch wirtschaftlich
schnell ruinierte. Selbst der Verkauf der Neumark im Jahre 1454 an den
Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg (1440-1470) konnte keine dauernde
Abhilfe schaffen. Aber zum ersten Mal tritt damit unter einem Hohenzollern jene
Macht auf den Plan, die den Orden einmal beerben und seine Lande fest mit dem
Deutschen Reich verbinden sollte: Brandenburg-Preußen. Als die böhmischen
Söldner 1457 nicht mehr bezahlt werden konnten, besetzten sie kurzerhand die
Marienburg und verkauften sie an den polnischen König.
Der machtlose Hochmeister mußte nach Königsberg fliehen. In diesem allgemeinen
Zusammenbruch hielt der unermüdliche Heinrich Reuß von Plauen, der zwölf Jahre
später, leider nur sehr kurz, selbst Hochmeister werden sollte (1469-1470),
zusammen mit dem treuen Bürgermeister Bartholomäus Blome wenigstens die Stadt
Marienburg drei Jahre lang, bis 1460, gegen alle polnischen Angriffe. Der
tapfere Blome wurde dafür später von den Polen enthauptet.
Als endlich am 19.Oktober 1466 der zweite Thorner Friede, ein Erschöpfungsfriede
nach einem Abnützungskrieg, geschlossen wurde, war das Land vollkommen verwüstet
und ausgeblutet. Alle Gebiete westlich der Weichsel und Nogat fielen an Polen,
dazu das Kulmer Land, die Marienburg, Elbing und das Ermland, das wie ein Keil
in das ostpreußische Land hineinragte. Ostpreußen mußte der Hochmeister in der
Gildehalle zu Thorn als Lehen aus der Hand des polnischen Königs nehmen, nun als
„Fürst und Rat des Reiches zu Polen“. Er war jetzt polnischer Vasall. Auch die
Hälfte der Ordensritter sollten in Zukunft Polen sein. Von Kaiser und Reich, die
selbst in zahllose kleine Händel verstrickt waren, kam nicht die geringste
Hilfe. Aber auch der Deutschmeister in Mergentheim und der Landmeister von
Livland in Riga, die sich nun weigerten dem Hochmeister als polnischem Vasallen
zu gehorchen, hatten dem um seine nackte Existenz ringenden Orden keinerlei
Unterstützung gegeben.
Der Orden versuchte in den letzen Jahrzehnten seines Bestehens als polnischer
Vasallenstaat durch die Wahl weltlicher deutscher Fürsten zu Hochmeistern, wie
zum Beispiel 1498 des Sachsenherzogs Friedrich (1486-1510) aus der
albertinischen Linie des Hauses Wettin, Anschluß an das Reich zu finden.
Schlechthin es war zu spät, und der längst notwendige Vorgang der Umwandlung in
einen weltlichen Staat wurde durch diese fürstlichen Hochmeister nur
beschleunigt. Den entscheidenden Schritt tat, begünstigt durch die Reformation
und auf Martin Luthers Rat, ein Hohenzoller, der Markgraf Albrecht von
Brandenburg, seit 1511 der letzte Hochmeister alten Stils.
Am 10.April 1525 wandelte er im Vertrag von Krakau den Ordensstaat in ein
weltliches, vom König von Polen, Sigismund I. (1506-1548), zu Lehen genommenes
Herzogtum um. Das Kreuz verschwand aus dem Wappen des neuen Herzogs, aber der
schwarze Reichsadler blieb. Diesem Schritt war vorausgegangen, daß Kaiser
Maximilian I., der „letzte Ritter“, im Vertrag von Wien 1515 zugunsten der
Erbfolge der Habsburger in Böhmen und Ungarn (der Erbfall trat dann schon 1526
ein), dem polnischen König Sigismund I. aus kleinlicher, habsburgischer
Hausmachtpolitik offiziell sein Desinteresse am Staat des Deutschen Ordens
bestätigte. Nun war es klar: Seitens des Reichs war für den Orden also keinerlei
Unterstützung mehr zu erwarten.
Ein letzter vergeblicher Kampf gegen Polen im Jahre 1519, zu dem Hilfe aus
Deutschland nur durch ein kleines Aufgebot von Rittern unter Hans von Sickingen,
dem Sohn Franz von Sickingens, geleistet worden war, hatte dies mit aller
Deutlichkeit bewiesen. Die notwendige Entscheidung Albrechts von Brandenburg war
nicht einfach das ruhmlose Ende einer großen Epoche, sondern eher ein
bescheidener Neuanfang. Die alten Gewalten hatten allerdings kein Verständnis
dafür; Papst Clemens VII. (1523-1534) bannte den evangelisch gewordenen
ehemaligen Hochmeister, und Karl V. (1519-1555) verhängte 1533 eine allerdings
wirkungslose Reichsacht über ihn.
Der Deutsche Ritterorden im Reich nach 1525
Der Deutschmeister im Mergentheim und der Landmeister von Livland in Riga
folgten dem Beispiel Albrechts nicht, sondern blieben der alten Lehre treu und
verweigerten dem ehemaligen Hochmeister als weltlichem, polnischen Vasallen
wiederum den Gehorsam. Der livländische Zweig des Ordens, zunächst unter dem
hervorragenden Wolter von Plettenberg (1494-1535), der die nun zum ersten Mal
akut gewordene Gefahr eines russischen Einfalls ins Baltikum 1502 durch einen
Sieg am See Smolina bei Pleskau gegen die Truppen des Zaren Iwan III. (14621505) stoppte, dann unter Gotthard von Ketteler (V 1587), bestand nur noch bis
1561 und Livland überlebte das 16. Jahrhundert als selbständiger Staat ebenfalls
nicht. Ketteler ging wegen der drohenden Besetzung des Baltikums durch den Zaren
Iwan IV., dem „Schrecklichen“ (1533-1548), nun auch den Weg Albrechts von
Brandenburg, überließ Livland dem Polenkönig Sigismund II. (1548-1572), und nahm
Kurland und Semgallen als weltliches Herzogtum von Polen zu Lehen.
Die Titel Hochmeister und Deutschmeister fielen nach 1525 in Personalunion
zusammen. Der neue Hochmeister, es war der bisherige Deutschmeister Walter von
Cronberg (1526-1543), wurde 1530 von Kaiser Karl V. zum Reichsfürsten erhoben
und residierte, wie alle Hochmeister nach ihm, bis zur Zeit Napoleons, weiter im
Schloß zu Mergentheim, weil die meisten verbliebenen Besitzungen des
Ordensstaates im Südwesten von Deutschland lagen. Es war aber nur noch ein
Abglanz alter Pracht und Stärke. Der restliche Orden mit seinen zwölf Balleien
im Reich, Es waren das Thüringen, Hessen, Franken, Koblenz, Elsaß, Bozen,
Utrecht, Alt-Biesen, Lothringen, Sachsen, Österreich und Westfalen, bekam vom
Kaiser für kurze Zeit eine neue Zielsetzung: die Unterstützung des katholischen
Kaisers gegen die Protestanten und die Stellung von Hilfstruppen gegen die
auswärtigen Reichsfeinde wie Franzosen und Türken. So hatte der zweite
Hochmeister in Mergentheim, Wolfgang Schutzbar (1543-1566), entscheidenden
Anteil an dem Sieg Karls V. über die protestantischen Truppen des
Schmalkaldischen Bundes in der Schlacht bei Mühlberg 1447.
Um 1586, nach dem Tode des zweiten polnischen Wahlkönigs Stephan Bathory (15751586), aus vornehmen ungarischen Geschlecht - die Jagellonen, die alten
Widersacher des Ordens, waren bereits 1572 im Mannesstamm mit Sigismund II.
ausgestorben - schien sich noch einmal eine Möglichkeit zur Wiedergewinnung des
alten Ordensgebietes im Osten anzubahnen. Erzherzog Maximilian (V 1618), ein
jüngerer Bruder Kaiser Rudolfs II. (1576-1612), war neben Sigismund, dem Sohn
des schwedischen Königs Johann III. (1568-1592) aus dem Hause Wasa,
Kronprätendent in Polen. Als polnischer König wäre Maximilian Lehnsherr des
Herzogs von Preußen, des nun weltlichen Nachfolgers des Hochmeisters, geworden.
Es war dies damals der etwas schwachsinnige Herzog Albrecht Friedrich (15721618), über den sich auch die Verbindung zur Nachfolge der Hohenzollern in
Preußen anbahnte, und für den der fränkische Markgraf Friedrich von Brandenburg
als Administrator die Regierungsgeschäfte führte. Aber Maximilian wurde 1588 von
den Schweden geschlagen und gefangen genommen, der nun als Sigismund III. (15871632) den polnischen Thron bestieg. Und hier liegen auch die Wurzeln für die
polnisch-schwedischen Verwicklungen, die bis in die Tage König Karls XII. (16971718) zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Beziehungen zwischen den beiden Staaten
bestimmen sollten.
Die nun kommende weitere Entwicklung des Ordens ist für die deutsche Geschichte
nicht mehr von allgemeinem Interesse. Der Vollständigkeit halber seien nur noch
folgende kurze Angaben gemacht: Seit der Wahl des Erzherzogs Maximilian von
Österreich im Jahre 1590 bis zur Auflösung des Ritterordens im Jahre 1923 durch
Papst Pius XI. (1922-1938) haben fast nur habsburgische Prinzen die
Hochmeisterwürde inne gehabt, die mehr und mehr zu einer „anständigen und
ehrenvollen Versorgung“ für die Erzherzöge wurde. Dieser beschauliche Zustand
des Ordens wurde 1701 noch einmal durch ebenso lärmende wie sinnlose Proteste
des Hochmeisters, gemeinsam mit Papst Clemens XI. (1700-1721), gegen die
Errichtung des Königreiches Preußen unterbrochen.
Im Barock und Rokoko wurde die Residenz Mergentheim, ebenso wie die übrigen
deutschen Klöster und Bischofssitze, mit prunkvollen Schloß- und Kirchenbauten
ausgestattet. Sehr bald aber bekam der Spottvers des Volkes über die ziellose
und mehr oder weniger nur mehr zum Selbstzweck vorhandene Betätigung der
Ordensherren seine Richtigkeit: „Kleider aus, Kleider an, Essen, Trinken,
Schlafen gan, ist die Arbeit, so die deutschen Herren han.“
In der französischen Revolution gingen die reichen Besitzungen des Ordens im
Elsaß und in den Rheinbund-Staaten verloren, und der damalige Hochmeister Anton
Viktor von Österreich (1804-1835) mußte 1809 seine Residenz Mergentheim
aufgeben, die an Württemberg fiel. Auch ein Bürgeraufstand in Mergentheim
zugunsten des Ordens konnte daran nichts ändern. Dem Orden verblieben nur seine
Besitzungen in Österreich und die Ballei Utrecht. 1834 erfolgte durch den
österreichischen Kaiser Franz I. (1806-1835) die Umwandlung des Ordens in ein
„selbständiges, geistlich-militärisches Institut als kaiserlich unmittelbares
Lehen“. Caritative Maßnahmen, vor allem die Krankenpflege, wurden nun, wie in
seiner Gründungszeit vor über 650 Jahren im Heiligen Land, das
Hauptaufgabengebiet des Ordens; Papst Pius VII. (1800-1823) genehmigte sogar die
Aufnahme von Schwestern.
Die kämpferische Tradition der alten Ordensritter führte das 1696 in den
Türkenkriegen errichtete Regiment „Hoch- und Deutschmeister“, das spätere
Infanterie-Regiment Nr.4, das „Wiener Hausregiment“, bis 1918 unverändert fort.
Diese Tradition hat bei der Wehrmacht auch die Wiener 44. Infanteriedivision im
Zweiten Weltkrieg ruhmvoll aufrechterhalten, die 1943 im Kessel von Stalingrad
fast gänzlich am Feld der Ehre geblieben ist. Auch die Waffen-SS, der „Orden
unter dem Totenkopf“, glich in Hierarchie, Selbstverständnis und mit seinen
Ordensburgen sehr stark dem Aufbau der Ordensritter.
Seit 1929 ist der Orden ein reiner Priesterorden mit dem Namen „Brüder des
Deutschen Ordens St. Marien zu Jerusalem“ mit seelsorgerischer Tätigkeit und
Jugendpflege, oder, wie es ein Kaplan der Ballei Oberetsch einmal sarkastisch
ausgedrückt hat: „... ein armer Pfarrerverein mit einer großen historischen
Vergangenheit!“
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Ost- und Westpreussen als polnische Lehen
bzw. als annektierte Gebiete (1525 bis 1772)
Für die deutsche Geschichte bis auf den heutigen Tag haben aber jene
Entwicklungen eine brennende, aktuelle Bedeutung, die durch den zweiten Thorner
Frieden von 1466 ausgelöst wurden. Ostpreußen und Königsberg blieben bekanntlich
als polnische Lehen in der Hand des Hochmeisters, wurde aber durch den
notwendigen Schritt Albrechts von Brandenburg ein weltliches, vom König von
Polen zu Lehen genommenes Herzogtum. Durch Erbschaft fiel es, immer noch als
polnisches Lehen, 1618 an Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg (1608-1619).
Erst seinem Enkel, dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1640-1688) gelang es
mit äußerst geschickten und gewagten diplomatischen und militärischen
Schachzügen, wobei er mehrmals die Fronten wechseln mußte, 1660 im Frieden von
Oliva die polnische Lehenshoheit ganz abzuschütteln. Das deutsche Ostpreußen
sollte nur wenige Jahrzehnte später dem neuen Königreich der Hohenzollern seinen
mit der Geschichte des Deutschen Ordens so eng verbundenen Namen geben, und zwar
am 18.Januar 1701.
Ganz anders lagen die Dinge in dem späteren Westpreußen. Hier war aus
Pommerrellen, dem Kulmer Land, dem Bistum Ermland und den wichtigen Städten
Danzig, Elbing und Thorn 1466 ein besonderer Ständestaat mit eigenem Recht unter
der Oberherrschaft des polnischen Königs gebildet worden. Polnische Adelige
drängten sich aber in die Woiwodenstellen in Westpreußen und auf den
Bischofssitz von Ermland. Trotz aller Versprechungen, Eide und Beschwörungen
wurde auf dem Reichstag von Lublin am 18.Juni 1596 durch ein Dekret, welches
einen glatten Rechtsbruch darstellte, dieses Gebiet dem polnischen Staat
widerrechtlich vollkommen einverleibt. Die preußischen Stände mußten in Zukunft
auf dem polnischen Reichstagen erscheinen. Noch vor Ende des 17.Jahrhunderts war
auch auf den Landtagen Westpreußens, trotz aller Proteste von deutscher Seite,
das Polnische die einzige Verhandlungssprache. Nur das Ermland und die drei
alten Hansestädte Danzig, Elbing und Thorn konnten eine gewisse Selbständigkeit
behaupten, die Danzig 1577, natürlich auch mit Waffengewalt, erfolgreich zu
verteidigen wußte.
Nach dem Aussterben der Jagellonen mit dem Tod König Sigismund II. im Jahre 1572
ging es mit der polnischen Stellung in Politik und Wirtschaft rapide bergab,
eine Entwicklung, unter der auch die west-preußischen Gebiete wirtschaftlich
schwer zu leiden hatten. Dazu kam für den polnischen Staat der wachsende
Gegensatz mit dem alten Erbfeind Rußland auf geopolitischem und religiösem
Gebiet. Polen mischte sich, freilich erfolglos, in Rußland in die Thronwirren
ein, die nach dem Tode des Zaren Boris Gudunow (1598-1605) durch den von ihm
unterstützten „falschen Demetrius“ entstanden (1605-1669), und besetzte sogar
zeitweise Moskau.
Die wachsende Unduldsamkeit des Katholizismus der Gegenreformation, vor allem
durch den fanatischen Bischof von Ermland, Kardinal Stanislaus Hosius (15041579), und durch die Jesuiten, führte zu blutigen Zusammenstößen mit den
Andersgläubigen, wie zum Beispiel anläßlich der Unruhen, die das erste „Thorner
Blutgericht“ auslösten. Bei einer Fronleichnamsprozession des Jahres 1724 kam es
in Thorn zu Ausein-andersetzungen zwischen Jesuitenzöglingen und deutschen
Schülern des protestantischen Gymnasiums, wobei das Jesuitenkolleg bei wüsten
Raufereien verwüstet wurde. Die polnische Regierung ließ daraufhin, obwohl der
Sachse August der Starke (1697-1733) damals König von Polen war, in einem völlig
ungesetzlichen Verfahren am 7.Dezember 1724 den Stadtpräsidenten Rößner und neun
weitere deutsche Bürger, trotz Einspruchs des preußischen Königs Friedrich
Wilhelm I. (1713-1740), der die Interessen der Evangelischen vertrat, kurzerhand
enthaupten.
Polen war seit dem Jahre 1572 offiziell eine Wahlmonarchie, d.h., daß das
Königtum nicht vererbbar war, sondern der König vom Reichstag bestimmt wurde.
Also lag in Wirklichkeit alle Macht beim Reichstag bei den etwa 30 altadeligen
Familien, die ungeheuren Landbesitz ihr Eigen nannten. Seit 1652 konnte jeder
einzelne Angehörige des polnischen Reichstages Beschlüsse der Regierung oder
Gesetzesanträge durch sein Veto zu Fall bringen.
Ein ordnungsgemäßes Regieren war daher nicht mehr möglich. Polen hatte, längst,
noch vor den „Teilungen“, praktisch als Staat aufgehört zu bestehen. In Europa
ging der Spottvers um, daß dort, bei der „polnischen (Sau) Wirtschaft“, auch
dieser Begriff kam damals auf, eine „durch Bürgerkrieg gemäßigte Anarchie
herrsche!“
Polen hatte sich durch seine rücksichtslose Expansionspolitik, der auch der
Deutsche Orden zum Opfer gefallen war, an allen seinen Grenzen Feinde
geschaffen. Im Osten war es der alte Erbfeind Rußland, im Norden Schweden, und
auch das Verhältnis zu Habsburg war manchen schweren Belastungen ausgesetzt.
Dazu kam im Südosten, vom 15. bis ins 18. Jahrhundert, die ständige
Türkengefahr, die man mit Hilfe deutscher Söldner zu bannen versuchte. Den
Gebietserwerbungen durch die Zerschlagung des Ordensstaates standen große
Landverluste an seine Gegner an allen Fronten gegenüber, wie der
Schwarzmeerküste 1475, der Moldau 1512 und des Gebietes zwischen Cherson und
Odessa 1526, von Livland und Riga 1621, der Südukraine und Kiew 1654, Ostpreußen
1660, Smolensk 1667 und Podolien 1672.
Die Zustimmung für die Erwerbung neuer Gebiete mußte von König seit dem Ende des
14. Jahrhunderts laufend mit der Erteilung von Privilegien an den beutegierigen
Adel erkauft werden. Die Macht des Königtums ging ständig zurück, Polen wurde
zum Objekt ausländischer Mächte, die sich nach Wunsch und Bedarf die Stimmen des
Adels erkauften. Der Bauernstand wurde völlig entrechtet, das ehemals deutsche
und kulturell wichtige Bürgertum zur Bedeutungslosigkeit herabgedrückt, und
Fraktionen von mächtigen Adelsfamilien erlangten letztlich den ausschlaggebenden
Einfluß im Staate.
Nach dem Tode König Augusts III. im Jahre 1763 setzte es die Zarin Katharina II.
(1762-1796) mit Bestechung und Gewalt - russische Truppen standen schon seit
über fünfzig Jahren ständig in Polen - durch, daß ihr Günstling, Stanislaus
Poniatowski 1764 zum polnischen König gewählt wurde. Als dieser verschiedene,
von der Zarin gewünschte Maßnahmen durchzusetzen versuchte, so besonders die
rechtliche Gleichstellung der Orthodoxen mit den Katholiken, kam es wieder
einmal zum Bürgerkrieg. Ein Teil des polnischen Adels schloß sich in der
Konföderation von Bar in Podolien zur Wahrung der katholischen Vorrechte und zur
Eindämmung des russischen Einflusses bei Hofe am 24.Feber 1768 zusammen und
veranlaßte den alten Feind des Christentums, die Türkei, Rußland den Krieg zu
erklären.
Der Konföderation von Bar stand die von Radom (1767) unter Führung von Karl
Radziwill, dem Paladin von Wilna (1734-1790), die auf russische Hilfe angewiesen
war, gegenüber. Schon 1740 hatte Stanislaus Leszczynski Friedrich dem Großen die
Abtretung Westpreußens als Preis für die Unterstützung seiner Thronkandidatur
angeboten, was der Preußenkönig aber mit Rücksicht auf Rußland ablehnte. Jetzt,
29 Jahre später, wünschte Poniatowski, daß Kaiser Josef II. (1765-1790) zur
Unterdrückung eines Adelsaufstandes die Zips besetzen sollte. Katharina wollte
nun ihren schon lange gehegten Plan einer vollkommenen Aufteilung Polens
durchführen, wozu sie, um einen europäischen Krieg zu vermeiden, aber die
Unterstützung von Österreich und Preußen brauchte.
Die Entwicklung der Verhältnisse im Osten
von den Teilungen Polens seit 1772 bis zur Gegenwart
In den Petersburger Verträgen vom 5.August 1772 wurde die erste Teilung Polens
festgelegt. Den Löwenanteil bekam Rußland durch die Inbesitznahme von
Weißruthenien mit der Hauptstadt Witebsk, Österreich erhielt ganz Galizien mit
der Hauptstadt Lemberg, und schließlich Friedrich der Große Westpreußen,
allerdings ohne Danzig, Thorn und das Ermland. Der preußische Anteil betrug
35.000 km² und damit nur 16,3 % des Polen damals entrissenen Gebietes. Für
Preußen war der Erwerb dieser dem Deutschen Orden 1466 geraubten Länder
lebensnotwendig, weil sie endlich eine Landverbindung zwischen Ostpreußen und
Brandenburg gewährleisteten. Es handelte sich hier, und das kann nicht oft genug
betont werden, um uraltes, von Deutschen erschlossenes Ordensgebiet, das sich
Polen widerrechtlich auf dem Lubliner Reichstag von 1569 einverleibt hatte. Der
größte Teil der etwa 600.000 zu Preußen gekommenen Einwohner war daher
zweifelsfrei deutsch-stämmig. Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß
der Teilungsplan allein von Rußland ausging, das auch später, nach der völligen
Aufteilung Polens 1795, 80% von dessen ursprünglichen Staatsgebiet besaß.
In der europäischen Öffentlichkeit wurde vor allem die erste Teilung Polens eher
mit Gelassenheit hingenommen; man lebte ja in der Zeit des mehr oder weniger
aufgeklärten Absolutismus, und nationalstaatliche Erwägungen, die dann später
das 19. und das 20. Jahrhundert beherrscht haben, kannte man noch nicht.
Außerdem war Polen selbst, mit seinen Weißruthenen, Westukrainern, Deutschen,
Litauern und khasarischen Juden, alles andere als ein Nationalstaat gewesen!
So sandte Voltaire (1694-1778) Friedrich dem Großen seine Glückwünsche wegen
dessen klugen Verhaltens, und es war die offene Meinung vieler Staatsmänner
dieser Zeit, daß Europa durch die Teilung vor einem großen Krieg bewahrt worden
sei. Die Polen selbst, besonders der völlig rechtlose und unterdrückte
Bauernstand, zeigten sich äußerst wenig von den Ereignissen berührt, der Adel
beklagte natürlich die Beschneidung mancher nun unhaltbarer Vorrechte. Die
Bewohner der nun an Preußen gefallenen Gebiete haben die Teilung fast
ausnahmslos begrüßt, wurden sie doch jetzt mit den Deutschen gleichgestellt, die
furchtbare Leibeigenschaft unter der polnischen Herrschaft wurde wesentlich
gemildert, die religiösen Bekenntnisse tolerant behandelt, aber in keiner Weise
mehr unterdrückt, und der allgemeine Schulunterricht eingeführt, was der
polnische Reichsrat noch kurze Zeit vorher ausdrücklich verboten hatte. Sehr
viele der heutigen Machthaber, vor allem im Osten und in Polen selbst, könnten
daraus lernen, daß Friedrich der Große von seinen deutschen Beamten und Lehrern,
von denen 187 sofort nach Westpreußen versetzt wurden, ausdrücklich die
Beherrschung der polnischen Sprache verlangt hat.
Die wirtschaftliche Lage in Westpreußen war 1772 wahrhaft katastrophal. Man lese
nur nach, was der Kulturhistoriker Gustav Freytag (1811-1895) in seinem Werk
„Die Ahnen“ über die damaligen Verhältnisse geschrieben hat: „Die Städte lagen
in Trümmern wie die meisten Höfe des Flachlandes. Bromberg, die deutsche Stadt,
fanden die Preußen in Schutt und Ruinen, Kulm hatte sich aus alter Zeit seine
wohlgefügten Mauern und die stattlichen Kirchen bewahrt, aber in den Straßen
ragten die Hälse der Hauskeller über das morsche Holz und die Ziegelbrocken der
zerfallenen Gebäude hervor, ganze Straßen bestanden nur aus solchen
Kellerräumen, in denen die Bewohner elend hausten. Von den 40 Häusern des großen
Marktplatzes hatten 28 keine Türen, keine Dächer, keine Fenster und keine
Eigentümer. Wer einem Dorf nahte, der sah graue Hütten und zerrissene
Strohdächer auf kahler Fläche ohne einen Baum, ohne einen Garten, nur die
Sauerkirschbäume waren altheimisch. Die Häuser waren aus hölzernen Sprossen
erbaut, mit Lehm ausgeklebt; durch die Haustür trat man in die Stube mit großem
Herd ohne Schornstein, Stubenöfen waren unbekannt. Selten wurde ein Licht
angezündet, nur der Kienspan erhellte das Dunkel der langen Winterabende. Das
schmutzige und wüste Volk lebte von Brei aus Roggenmehl, oft nur von Kräutern,
die sie als Kohl zur Suppe kochten, von Heringen und Branntwein, dem Frauen wie
Männer unterlagen. Brot wurde nur von den Reichsten gebacken. Es war in der Tat
ein verlassenes Land, ohne Zucht, ohne Gesetz, ohne Herren; es war eine Einöde.“
Die zweite und die dritte Teilung Polens in den Jahren 1793 und 1795, bei der es
neben der Erwerbung von Thorn und Danzig für Preußen um die Verhinderung eines
weiteren Einbruchs des Zarenreiches in Ostmitteleuropa ging, waren einerseits
durch den unersättlichen Machthunger Moskaus, andererseits durch die weiter
katastrophalen innenpolitischen Zustände in Polen beschleunigt worden. Sie
löschten diesen Staat, trotz einer im letzten Augenblick gegebenen moderneren
Verfassung, die auf den Grundprinzipien der französischen Revolution beruhte,
und trotz tapferer Gegenwehr unter General Thaddäus Kosciuszko (1746-1817) in
der Endphase der Jahre 1792 bis 1794, für über 120 Jahre von der Landkarte. Die
Reformen der Verfassung von 1791, die endlich das „liberum veto“ und das Recht
des Adels auf Konföderationen abschafften, den Bürgerstand für gleich- und
wahlberechtigt erklärten, sich aber nicht an die Aufhebung der Bauern wagten,
kamen um Jahrzehnte zu spät und konnten so das Ende nicht mehr verhindern.
Im Wiener Kongreß von 1815 verlor Preußen die bei der zweiten und dritten
Teilung Polens erworbenen fremdvölkischen Gebiete zum größten Teil wieder an
Rußland. Das auf diesem gesamteuropäischen (Wiener)-Kongreß geschaffene, und mit
Rußland in Personalunion verbundene „Kongreßpolen“, das zudem nach einem
Aufstand im Jahre 1831 seine geringfügigen Autonomierechte wieder völlig verlor,
änderte nichts an dem Zustand, daß die Polen keinen eigenen Staat mehr besaßen.
Sie haben nie aufgehört gegen das ihnen bei der zweiten und dritten Teilung
zugefügte, aber nicht ganz unverschuldete Unrecht Sturm zu laufen. Ihre
Empörungen richteten sich dabei folgerichtig zunächst gegen ihren alten
nationalen und konfessionellen Erbfeind Rußland. Preußen wurde nur durch seine
enge politische Bindung zu Rußland in die Niederschlagung der verschiedenen
polnischen Aufstandsversuche , so besonders in Jahre 1863, mit hineingezogen.
Der erste große Polenaufstand von 1831, der sich in Kongreßpolen gegen Moskau
richtete, fand in weiten Kreisen des deutschen Bürgertums des Biedermeier volle
moralische Unterstützung, als eine große Zahl politisch Verfolgter Polen nach
Deutschland flüchtete. Der beste Beweis sind die „Polenlieder“ Heines, Herweghs
und Freiligraths, oder die Gedichte von Platen („Vermächtnis der sterbenden
Polen an Deutschland“) und von Nikolaus Lenau („Am Jahrestag der unglücklichen
Polenrevolution“). Das Bild des „edlen, unglücklichen Polen“ war damals wie
heute wieder, trotz der haarsträubenden Ereignisse der Zwischenkriegszeit und
1945, deutsches Allgemeingut.
Auch ist sicher von Interesse, wie Goethe kurz vor seinem Tode unter dem
Eindruck des Aufstandes von 1831 die polnischen Teilungen beurteilte. Am
1.Januar 1832 verteidigte er in einem Gespräch mit dem Weimarer Kanzler
Friedrich von Müller (1779-1849) sehr lebhaft die Politik Preußens bei den
polnischen Teilungen: „Die Polen wären doch untergegangen, mußten nach ihrer
ganzen verwirrten Sinnesweise untergehen. Sollte Preußen dabei mit leeren Händen
ausgehen, während Rußland und Österreich zugriffen?“
Mit dem aufkommenden Panslawismus, mit der strikten Ablehnung des BismarckReiches und dem Kulturkampf und seit der russisch-deutschen Verstimmung nach dem
Berliner Kongreß 1778 wegen der Dardanellenfrage, ferner, angefacht durch die
viel zu späte und manchmal nicht sehr gewandte deutsche Ansiedlungspolitik um
1900, bei der die Deutschen in Posen und Pommerellen nur wenig Erfolg hatten,
weil die dortigen Polen geburtenstärker und damit eher in der Lage waren, durch
eine geschicktere Politik freiwerdende Güter zu erwerben, verschob sich das
Verhältnis zwischen den beiden Völkern grundlegend. Die von den Polen wegen der
Teilungen immer wieder betonte Schuld wurde nun in vollkommen unberechtigter
Weise Preußen-Deutschland allein angelastet. Daran änderte sich auch nichts, als
im Ersten Weltkrieg, am 5.November 1916, ein selbständig werden sollendes
Königreich Polen von Deutschland und Österreich geschaffen wurde. Die Stimmung
in Polen war zunächst geteilt: Josef Pilsudski (1867-1935) kämpfte anfangs, von
1914 bis 1916, mit seiner polnischen Legion auf österreichischer Seite, ging
aber dann 1917 zu den Alliierten über. Mit dem unglücklichen Ausgang des Krieges
war auch das Schicksal des soeben gegründeten Königreiches Polen entschieden. Es
entstand unter Pilsudkis Führung, der übrigens gar kein Pole, sondern ein in
Zulowo bei Wilna geborener Litauer war, die Republik Polen, die unter
französischem Patronat die mittelalterliche Raubpolitik von 1466 bis 1569 in
verstärktem Maße fortsetzte und mit der Schaffung des „Polnischen Korridors“
durch uraltes deutsches Gebiet den Zündstoff und den Ausschlag für den Zweiten
Weltkrieg schuf. (Korridorfrage).
Wiederum mußte sich der polnische Staat zunächst eines Angriffs des nun
kommunistischen Rußlands im Jahre 1920 erwehren, diesmal erfolgreich mit
massiver französischer Unterstützung. Aber das Verhältnis zwischen Polen und
Deutschland verschlechterte sich wegen des völkerrechtswidrigen Gebietsraubes
großer deutscher Gebiete nach dem Ersten Weltkrieg - entgegen den klaren
Abstimmungsergebnissen in Westpreußen und dem industriell so wichtigen
Oberschlesien - den die Weimarer Republik nie anerkannt hat, laufend, nur
unterbrochen von der kurzen Phase des Nichtangriffs- und Freunschaftspaktes
zwischen Hitler und Pilsudski in den Jahren 1934/35.
Das schlechte deutsch-polnische Verhältnis fand im letzten Krieg, in den Polen
in größenwahnsinniger Verblendung und bewußt irregeleitet - weil England es
nicht von dem durch Verrat bekannt gewordenen deutsch-russischen Angriffspakt
vom 23.August 1939, der für Polen einen aussichtslosen Zweifrontenkrieg
bedeutete, unterrichtet hatte - und nach Ablehnung der äußerst maßvollen und
vernünftigen deutschen Vorschläge zur Lösung der Korridorfrage hineintaumelte,
den ersten, und in den unhaltbaren Verhältnissen nach 1945 seinen absoluten
Höhepunkt.
Was dem deutschen Volk von Polen, auch wenn die treibende Kraft das
kommunistische Rußland war, das Polen selbst 1945 große Teile seines ehemaligen
Staatsgebietes im westlichen Weißruthenien um Pinsk und in der Westukraine mit
Lemberg bei zugegeben sehr unübersichtlichen Bevölkerungsverhältnissen entriß,
um es dann auf Deutschlands Kosten im Westen rücksichtslos zu „entschädigen“, an
Raub, Vertreibung von über 14 Millionen Menschen, wovon weit über zwei Millionen
die brutale Vertreibung nicht überlebten, und millionen-fachen Völkermord
angetan wurde, ist auch heute, nach nunmehr fast sechs Jahrzehnten, den Völkern
noch bewußt. Auch wenn Deutschland jetzt mit Hilfsgütern jeder Art sich für
dieses Polen einsetzt, dessen glücklose Bevölkerung ein Opfer ihres blinden
Chauvinismus und der Mißwirtschaft des früher kommunistischen Systems geworden
ist, dessen Auswirkungen wahrscheinlich noch Jahrzehnte andauern werden.
Zu den Verbrechen fügte und fügt noch heute die polnische Propaganda massiv den
Hohn, wenn sie die furchtbare Vertreibung zu einem „Wegziehen der wenigen nach
dem Rückzug der Deutschen Wehrmacht noch verbliebenen Deutschen“ schamlos
verfälscht.
Nachwort und Ausklang
Die Geschichte des deutschen Ritterordens, durch die auch das Verhältnis zu
unseren östlichen Nachbarn entscheidend mitbestimmt wurde, führt, von den tagen
der Sachsenkaiser und Staufer an, durch bald neun Jahrhunderte deutscher und
europäischer Entwicklung. Höhen und Tiefen, Treue und Pflichterfüllung bis in
den Tod und unheilvoller Verrat an der Gemeinschaft oder schändliche
Gleichgültigkeit treten in den verschiedenen geschichtlichen Epochen als
Gegenpole des deutschen Volkscharakters auf. Aber wohl einzigartig blieben die
Leistungen deutscher Ritter und Bauern als Siedler, die trotz aller Härte, nicht
nur mit dem Schwert, sondern in erster Linie mit dem Pflug und der Maurerkelle
schon im 13. und 14. Jahrhundert aus Wildnis und Einöde einen in vielem modern
anmutenden Staat, allen Widerständen zum Trotz, aufgebaut haben, der nicht von
ungefähr eine der Keimzellen des späteren Preussens und damit des Deutschen
Reiches wurde. Der unglückliche Ausgang des letzten Krieges hat Deutschland
diese wertvollen Provinzen entrissen und seine Bewohner unter furchtbarsten
Verlusten und Entbehrungen ins Altreich zurückgetrieben, aus dem sie vor mehr
als sieben Jahrhunderten, als gesuchte Bauern und Handwerker gerufen, gekommen
waren. Das deutsche Volk sollte aber stolz sein auf die Leistungen ihrer
Vorväter im Osten, mögen sie auch teilweise unter weltanschaulichen
Voraussetzungen erfolgt sein, die heute nicht mehr die unseren sind. Es sollte
aber nie vergessen werden, dass das alte Ordensland Preussen Deutschland und der
Welt Geister von der Grösse eines Nikolaus Kopernikus, eines Johann Gottfried
Herder, eines Immanuel Kant, eines Max von Schenkendorf, eines Lowis Corinth und
einer Agnes Miegel geschenkt hat.
Das deutsche Volk darf nie vergessen, auch wenn jetzt alles wieder düster und
hoffnugslos aussieht, dass von seiner eigenen Haltung die zukünftige Entwicklung
zwischen den beiden Völkern abhängt. Polen steht vielleicht wieder vor einem
drohenden Abgrund, wie nicht zum ersten Mal in seiner Geschichte, die in Zukunft
vielleicht wieder von dem Verhalten Russlands bestimmt wird. Aber wie die
Zukunft sich auch entwickeln mag, Polen muss endlich einsehen, dass Unrecht auf
Dauer keine Plattform für eine ehrliche Verständigung zwischen zwei Völkern sein
kann. Mit offensichtlich völlig unwahren und entstellten Behauptungen, wie sie
vor einigen Jahren die deutsch-polnische Kommission für „Schulbuch-Empfehlungen“
für die geschichtliche Erziehung an deutschen und auch österreichischen Schulen
fordert, gerade auch was die Leistungen des Deutschen Ordens betrifft, der ja
schliesslich von den Polen selbst ins Land gerufen wurde, um Probleme zu lösen
mit denen sie selbst nicht fertig wurden, dient man nie und nimmer dem Frieden
und der Verständigung. Dauerhaften Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern
kann es nur und ausschliesslich auf der Grundlage geschichtlicher Wahrheit
geben.
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Die Hochmeister des Deutschen Ordens
1198 bis 1291 Sitz in Akkon in Palästina
1198-1200 Hermann Walpoto
1200-1206 Otto von Kerpen
1206-1210 Heinrich (oder Hermann) Bart
1210-1239 Hermann von Salza
1239-1240 Konrad von Thüringen
1241-1244 Gerhard von Malberg
1244-1249 Heinrich von Hohenlohe
1249-1253 Günther von Schwarzburg
1253-1257 Poppo von Osterna
1257-1274 Anno von Sangerhausen
1274-1282 Hartmann von Heldrungen
1282-1290 Burkhard von Schwanden
1291 bis 1309 Sitz in Venedig
1290-1296 Konrad von Feuchtwangen
1297-1303 Gottfried von Hohenlohe
1303-1311 Siegfried von Feuchtwangen
1309 bis 1457 Sitz auf der Marienburg
1311-1324 Karl von Trier
1324-1330 Werner von Orselen
1331-1335 Luther von Braunschweig
1335-1341 Dietrich von Altenburg
1342-1345 Ludolf König
1345-1351 Heinrich Dusemer von Arfberg
1351-1382 Winrich von Kniprode
1382-1390 Konrad Zöllner von Rothenstein
1391-1393 Konrad von Wallenrod
1393-1407 Konrad von Jungingen
1407-1410 Ulrich von Jungingen
1414-1422 Michael Küchmeister von Sternberg
1422-1441 Paul von Rußdorf
1441-1449 Konrad von Erlichshausen
1450-1467 Ludwig von Erlichshausen
1457 bis 1525 Sitz in Königsberg
1469-1470 Heinrich Reuß von Plauen
1470-1477 Heinrich von Richtenberg
1477-1489 Martin Truchseß von Wetzhausen
1489-1497 Hans von Tiefen
1498-1510 Herzog Friedrich von Sachsen
1511-1525 Markgraf Albrecht von Brandenburg
1525 bis 1809 Sitz in Mergentheim
1526-1543 Walter von Cronberg
1543-1566 Wolfgang Schutzbar Milchling
1566-1572 Georg Hund von Wenkheim
1572-1590 Heinrich von Bobenhausen
1591-1618 Maximilian von Österreich
1619-1625 Karl von Österreich
1625-1627 Johann Eustach von Westernach
1627-1641 Johann Kaspar von Stadion
1641-1662 Leopold Wilhelm von Österreich
1662-1664 Karl Joseph von Österreich
1664-1684 Johann Kaspar von Amerongen
1684-1694 Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg
1694-1732 Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg
1732-1761 Clemens August von Bayern
1761-1780 Karl Alexander von Lothringen
1780-1801 Max Franz von Österreich
1801-1804 Karl Ludwig von Österreich
Seit 1809 Sitz in Wien
1804-1835 Anton Viktor von Österreich
1835-1863 Maximilian Joseph von Österreich
1863-1894 Wilhelm von Österreich
1894-1923 Eugen von Österreich
1923-1893 Norbert J. Klein
1933-1936 Paul Heider
1936-1948 Robert Schälzky
1948-1970 Dr. Marianus Tumler
seit 1970 Ildefons Pauler
Verwendetes Schriftgut
Baigent/Leigh Der Tempel und die Loge
Blunck Wolter von Plettenberg
Fink Friedrich II., der Staufer
Freytag Die Ahnen
Gerlach Nur der Name blieb
Greil Slawenlegende
Herre Nation ohne Staat
Holtzmann Geschichte der sächsischen Kaiserzeit
Leitner Allgemeine Geschichte
Löns Der Werwolf
Meyer Das Memelland
Runciman Die Kreuzritter
Schuchert Kirchengeschichte
Spengler Preussentum und Sozialismus
Suchenwirth Deutsche Geschichte
von Treitschke Das Ordensland Preussen
Wassermann Unter polnischer Verwaltung
An dieser Stelle bedanke ich mich noch bei meinen Kollegen und Verbandsbrüder
der Universitäten Wien, Graz und München, die mir zum Zustandekommen dieses
kurzen Kompendiums wertvolles Material zur Verfügung gestellt haben, recht
herzlich.
Edmund
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