cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 45 Ze r t i f i z i e r te Fo r t b i l d u n g Fortbildung d e r n i e d e r g e l a s s e n e a r z t 2 / 2 0 13 43 unterstützt Qualität in der ärztlichen Fortbildung. Rheuma Autor: Prof. Dr. Markus Gaubitz, Internist – Rheumatologe – Gastroenterologe Interdisziplinäre Diagnostik und Therapie in der Akademie für Manuelle Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Einleitung Viele Jahre stellte die Rheumatologie ein Stiefkind der Gruppe der Fachdisziplinen in der Inneren Medizin dar. Diese Situation hat sich im letzten Jahrzehnt dramatisch verändert. Eine wesentliche Verbesserung der Diagnostik entzündlich-rheumatischer Erkrankungen sowie besonders große Fortschritte in der Behandlung dieser Krankheiten sowohl in frühen als auch in fortgeschrittenen Stadien haben Aussichten und Ansprüche der betroffenen Patienten und ihrer behandelnden Ärzte erheblich verändert. Ein wesentlicher Aspekt dieser Fortschritte liegt in der frühen Diagnose der oft fortschreitenden Erkrankungen. Eine frühe Diagnose ist nur in der einvernehmlichen Zusammenarbeit zwischen dem Hausarzt als erster Anlaufstelle und dem spezialisierten Rheumatologen möglich. Dieser Artikel soll wesentliche aktuelle Aspekte der Diagnostik und Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, speziell der Rheumatoiden Arthritis, zusammenfassen. 1. Rheuma – eine Übersicht Während im Volksmund häufig sämtliche Beschwerden am Bewegungsapparat mit dem Begriff „Rheuma“ in Beziehung gebracht werden, werden als Rheuma im engeren Sinne nur die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bezeichnet. Diese kann man in vier Gruppen aufteilen: ■ Rheumatoide Arthritis ■ Spondyloarthritiden (Spondylitis ankylosans, also Morbus Bechterew, Psoriasisarthritis, reaktive Arthritiden sowie enteropathische Arthritiden) ■ Kollagenosen ■ Vaskulitiden Insgesamt sind etwa 2 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland von einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung betroffen. Die rheumatoide Arthritis und die Erkrankungen der Gruppe der Spondyloarthritiden nehmen hierbei den größten Anteil ein, Kollagenosen und Vaskulitiden sind seltener, müssen aber wegen ihrer akuteren Gefährdungen für Organ und Leben der Betroffenen in jedem Lebensalter auch bedacht werden. Gelenken, Muskeln oder der Wirbelsäule, sollte zuerst geklärt werden, ob es sich um eine entzündliche Form von Erkrankung handelt oder eine anders verursachte Beschwerde. Beschwerden durch Überlastung, Arthrose, oder somatisch nicht erklärliche Schmerzen sind erheblich häufiger in der Hausarztpraxis als entzündlich-rheumatische Erkrankungen. Anamnestische Hinweise auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung sind ■ Bei Erstvorstellung eines Patienten mit rheumatischen Beschwerden beim Hausarzt, also Schmerzen an großen oder kleinen ■ Zunahme der Beschwerden bei oder nach Ruhe Beschwerdehöhepunkt am Morgen mit Morgensteifigkeit cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 46 44 ■ Ze r t i f i z i e r te Fo r t b i l d u n g objektive Feststellung einer Gelenkschwellung, eventuell auch Überwärmung, insbesondere kombiniert mit einer Funktionsbeeinträchtigung. Notwendig und häufig hilfreich ist die Bestimmung eines allgemeinen Entzündungsparameter im Blut, also des BSG- oder CRP-Wertes. Die Mehrzahl der entzündlichrheumatischen Erkrankungen gehen mit einer Erhöhung dieser Parameter einher; jedoch können insbesondere aktive Formen der Bechterew-Erkrankung (der Spondylitis ankylosans) oder der Psoriasisarthritis auch ohne laborchemische Entzündungszeichen vorkommen. 1.a Spezielle Aspekte: Spondyloarthritiden Die Möglichkeit einer Spondyloarthritis sollte bedacht werden bei Patienten mit entzündlichen Rückenschmerzen oder bisher nicht erklärten, häufig asymmetrischen Arthritiden kleiner oder großer Gelenke. Kennzeichen des entzündlichen Rückenschmerzes sind das Auftreten in der zweiten Nachthälfte oder nach längeren Ruhephasen, die allmähliche Symptomentwicklung, die Besserung auf Bewegung und Einnahme von NSAR. In den frühen Phasen der Erkrankung sollte eine MRT-Diagnostik der Sakroiliakalgelenke zur Bestätigung einer Sakroiliitis erfolgen. Nach längerjährigem Krankheitsverlauf können auch nativ-radiologisch die bekannten Veränderungen auffallen. Die peripheren Arthritiden im Rahmen einer Spondyloarthritis betreffen typischerweise in asymmetrischer Form große Gelenke. Bei der reaktiven Arthritis sind ganz überwiegend Knie- oder Sprunggelenke betroffen, selten Gelenke der oberen Extremität. Bei der Psoriasisarthritis ist typisch das sonst in der Rheumatologie seltene Mitreagieren der Fingerendgelenke sowie der Befall im Strahl (also diffuse Verdickung einer Zehe oder eines Fingers). Therapeutisch ist der lindernde Effekt von NSAR oder Coxiben meist gut. Zu den reaktiven Arthritiden soll betont werden, dass allein für durch Chlamydia trachomatis oder Borrelien ausgelöste reaktive Arthritiden ein Effekt durch antibiotische Therapie belegt ist. Alle anderen Formen von reaktiven Arthritiden sollten unter NSAR oder kurzfristiger Glukokortikoidtherapie zurückgehen. Chronische Verläufe der Spondyloarthritiden müssen immer interdisziplinär von Hausarzt und Rheumatologen behandelt werden. Häufig ist eine Basistherapie analog zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis indiziert; bei einem schweren Krankheitsverlauf mit röntgenologischen Veränderungen und Beein- trächtigungen der Funktion oder nicht ausreichender Schmerzlinderung ist durch den Einsatz von Biologika oft ein besonders guter Effekt zu erreichen. 1.b Spezielle Aspekte: Kollagenosen Für Kollagenosen typisch ist das parallele Auftreten von Symptomen am Bewegungsapparat (Arthritis, Myalgie) mit Veränderungen der Haut (zum Beispiel Exantheme, Verhärtung der Haut, Raynaud-Phänomen der Finger mit Weißwerden bei Kälte oder spontan) sowie möglichen Organbeteiligungen (z. B. Nephritis, Lungenfibrose). Betroffen sind häufig jüngere Patienten im Jugendlichenund jungen Erwachsenenalter, dabei überwiegend Frauen. Grundsätzlich können Kollagenosen jedoch in jedem Alter und natürlich auch bei Männern auftreten. Bei einer typischen Symptomkonstellation fällt die Diagnose leicht; bei atypischen Verläufen kann sie jedoch häufig erst im Verlauf der Erkrankung gestellt werden. Der Nachweis von antinukleären Antikörpern ist ein diagnostischer Hinweis auf das Vorliegen einer Kollagenose, beweisend ist er jedoch keineswegs. Die Diagnose kann nur individuell unter Würdigung aller klinischen, gegebenenfalls bildgebenden und laborchemischen Aspekte gestellt werden. Die Behandlungserfolge bei Kollagenosen haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten dramatisch verbessert. Die häufig jungen Patienten überwinden oft auch schwerste akute Krankheitsphasen und haben bei konsequenter Therapie eine annähernd normale Lebenserwartung. 1.c Spezielle Aspekte: Vaskulitiden Auch Vaskulitiden können sich durch Arthralgien und Myalgien kombiniert mit fleckigen Hautveränderungen (häufiger der Akren und Extremitäten als am Rumpf) bemerkbar machen. Bei Betroffensein mittelgroßer und großer Arterien kann ein Ischämiesymptom der abhängigen Organe Hinweis sein; häufig treten diese jedoch erst spät im Krankheitsverlauf auf. Die häufigste Form einer Vaskulitis ist die Riesenzellarteriitis. Diese kann in typischer Form beschränkt sein auf die Arteria temporalis; durch erhebliche Verbesserungen der bildgebenden Diagnostik wurde jedoch in den letzten Jahren deutlich, dass eine solche Riesenzellarteriitis viele andere Gefäßregionen des Körpers betreffen kann. Besonders häufig betroffen sind neben den supraaortalen Ästen (A. Subclavia, A. carotis) die Aorta selbst, auch die Leisten-Oberschenkelarterien. Diese Riesenzellarteriitis kann als Begleiterkrankung der häufigeren Poly- d e r n i e d e r g e l a s s e n e a r z t 2 / 2 0 13 myalgia rheumatica (mit ihren nächtlich betonten Myalgien im Schulter und /oder Beckengürtel) auftreten, jedoch ist auch das Vorliegen einer alleinigen Vaskulitis ohne begleitende Myalgie nicht selten. Hier sind häufig allgemeine Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit, Temperaturerhöhungen verbunden mit einer deutlichen Entzündungsreaktion im Blut führend. 2. Rheumatoide Arthritis Die rheumatoide Arthritis betrifft etwa 0,8 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland. Sie stellt eine entzündliche Systemerkrankung dar; dies bedeutet, dass zwar am häufigsten Symptome am Bewegungsapparat, speziell den Gelenken, anzutreffen sind, jedoch durch die chronische Entzündung systemische Folgen an vielen Organen des Betroffenen möglich sind. So ist inzwischen gesichert, dass eine Erkrankung an rheumatoider Arthritis einen eigenständigen kardiovaskulären Risikofaktor darstellt. Damit ist erklärlich, dass Patienten mit einer aktiven, dauerhaft schlecht behandelten rheumatoiden Arthritis eine erhebliche Einschränkung der Lebenserwartung aufweisen. 2.a Diagnostik Zur empfohlenen Erstdiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis gehören die Anamnese, die körperliche Untersuchung sowie die Bestimmung eines Entzündungsparameters. Anamnese: Schmerz wo? Wann? Seit wann? Schwellung? Morgensteifigkeit länger als 60 Minuten? Allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Schwäche? Körperliche Untersuchung: Differenzierung zwischen Schwellung und knöcherner Auftreibung? Symmetrisches Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke (meist Handgelenke, Fingergrund- und Mittelgelenke, Zehengrundgelenke)? Bewegungseinschränkung? Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten)? In der interdisziplinären Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“ wird empfohlen, den Patienten mit persistierenden Gelenkschwellungen (länger als sechs Wochen an mehr als zwei Gelenken) unter dem Verdacht auf eine frühe rheumatoide Arthritis einem Rheumatologen vorzustellen. Die Wahrscheinlichkeit einer rheumatoiden Arthritis wird durch den Nachweis von Entzündungsparametern und rheumaspezi- cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 47 Ze r t i f i z i e r te Fo r t b i l d u n g d e r n i e d e r g e l a s s e n e a r z t 2 / 2 0 13 fischen Antikörpern erhöht. Daher wird empfohlen, bei Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis folgende Werte zu bestimmen: BSG, CRP, Antikörper gegen zyklische zitrullinierte Peptide (anti-CCP) sowie traditionelle Rheumafaktoren. Der Vorteil der anti-CCP-Antikörper ist, dass bei Nachweis von anti-CCPAntikörpern eine rheumatoide Arthritis hoch wahrscheinlich ist, während der Nachweis von traditionellen Rheumafaktoren häufig unspezifisch ist. Beachtet werden muss, dass immer noch etwa 20 bis 30 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis weder traditionelle Rheumafaktoren noch die neueren antiCCP-Antikörper aufweisen. In manchen Fällen wird durch die Anamnese, Untersuchung und Bestimmung von Entzündungsparametern und Rheumafaktoren beziehungsweise Anti-CCP-Antikörpern die Diagnose bereits klar sein. In vielen Fällen wird jedoch gerade in der frühen Krankheitsphase eine weitergehende Diagnostik beziehungsweise Ausschlussdiagnostik notwendig sein. Hierbei sind besonders bedeutsam die bildgebenden Verfahren, speziell die Arthrosonografie der Gelenke, die frühzeitig Kapselverdickungen, einen Gelenkerguss wie auch frühe erosive Veränderungen zu erkennen gibt. Im Zweifelsfall werden zusätzlich Klassifikationskriterien zurate gezogen. Die neuen ACR/EULAR-Kriterien (siehe Abb. 1) verteilen nach einem international anerkannten und evaluierten System Punkte (für die Anzahl betroffener Gelenke, das Vorhandensein von Entzündungszeichen und Rheumafaktoren sowie die Dauer der Beschwerden). Ab einer festgelegten Punktzahl von 6 oder mehr gilt bei Fehlen einer anderen Diagnose die Krankheit als sehr wahrscheinlich. Für die hausärztliche Praxis erscheinen diese Klassifikationskriterien weniger geeignet. 2.b Prognose Die Prognose von Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis hat sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verbessert. Ganz subjektiv wird dies dadurch deutlich, dass man im Jahr 2013 einem Patienten mit gut behandelter rheumatoider Arthritis seine Erkrankung häufig nicht ansehen kann und auch keine sichtbaren Funktionseinschränkungen festzustellen sind. Diese Tatsache wird als wohltuender Unterschied zur Situation vor einigen Jahrzehnten gerade von älteren Rheumatologen betont. Exakter messbar hat sich bei einer Untersuchung des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums bestätigt, dass die mittlere Aktivität der Erkrankung, gemessen in einem allgemein anerkannten Aktivitätsscore, von 1997 auf Abbildung 1: ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die RA ACR 2009 Ab Punktwert > 6 Klassifikation als definitive Rheumatoide Arthritis wenn: keine andere Diagnose! Ausmaß der Gelenkbeteiligung (0 – 5) ■ ■ ■ ■ ■ Ein großes Gelenk Zwei bis zehn große Gelenke Ein bis drei kleine Gelenke (große Gelenke nicht gezählt) Vier bis zehn kleine Gelenke (große Gelenke nicht gezählt) Mehr als zehn Gelenke (zumindest ein kleines Gelenk) 0 1 2 3 5 Serologie (0 – 3) ■ ■ ■ Negativer RF und negative ACPA Niedrig positiver RF oder niedrig positive ACPA Hoch positiver RF oder hoch positive ACPA ■ < 6 Wochen ≥ 6 Wochen 2.d Therapie 2 Die eingesetzten Therapiemodalitäten bei der rheumatoiden Arthritis sind: ■ NSAR ■ Glukokortikoide ■ Basistherapie mit konventionellen Basismedikamenten ■ Basistherapie mit Biologika ■ Physiotherapie 3 0 1 Akutphasenparameter (0 – 1) ■ ■ normales CRP oder normale Blutsenkung abnormes CRP oder abnorme Blutsenkung hinderung. Dieses Ziel wird durch Untersuchungen der Gelenke und Bestimmung der Entzündungsparameter (zusammen ausgewertet in einem Aktivitätsscore) im Verlauf der Erkrankung immer wieder verfolgt, bei Nichterreichen wird die Therapie geändert, meist intensiviert. Unbestritten ist, dass die wirksame Unterdrückung der Entzündung der entscheidende Weg zum Erreichen des Ziels Remission ist. Anders ausgedrückt: ein Rheuma-Patient mit erhöhten Entzündungsparametern (speziell dem CRP-Wert) oder geschwollenen Gelenken ist nie gut behandelt. Dies impliziert, dass gerade in den frühen Phasen der Erkrankung eine erfolgreiche Entzündungsunterdrückung allein eine völlig ausreichende Therapie darstellt; bei gut unterdrückter Entzündung sind keine zusätzlichen Analgetika notwendig. 0 Symptomdauer (0 – 1) ■ 45 0 1 2007 erheblich zurückgegangen ist. Der hier genutzte Disease Activity Score (kurz DAS 28 bei Inspektion und Palpation von 28 Gelenken) fiel bei einer großen Gruppe von erfassten Patienten von einer mittleren Aktivität von 4,5 im Jahr 1997 signifikant auf einen Punktwert von 3,4 nahe der Grenze zur niedrigen Krankheitsaktivität im Jahr 2007. Gesichert ist inzwischen ebenfalls, welche Patienten ein besonderes Risiko eines schnell fortschreitenden Verlaufes haben. Negative Prognosefaktoren sind unzweifelhaft der frühe Nachweis von radiologischen Erosionen, eine anfänglich hohe Entzündungsreaktion (CRP oder BSG) in der Labordiagnostik, stark erhöhte anti-CCP-Antikörper oder Rheumafrakturen, eine frühe Funktionseinschränkung sowie das weibliche Geschlecht. 2.c Therapieziel Das Ziel der Therapie bei einem Patienten mit neu diagnostizierter rheumatoider Arthritis ist die Remission, also ein Zustand ohne messbare Entzündung, Gelenkschwellungen und damit auch Schmerz und Funktionsbe- NSAR (mit ihrem geringen antientzündlichen Effekt zusätzlich zur Analgesie) werden überwiegend in der Frühphase der Erkrankung, vor endgültiger Diagnosesicherung eingesetzt. Auch Patienten mit langjähriger Erkrankung, die bereits sekundäre Arthrosen entwickelt haben, werden zusätzlich zur Basistherapie NSAR oder Coxibe benötigen. Sinnvoll ist meist eine abendliche Gabe in retardierter oder längerwirkender Form, um den Beschwerdehöhepunkt in der zweiten Nachthälfte und am frühen Morgen zu beeinflussen. Glukokortikoide werden in jedem Stadium der Erkrankung eingesetzt, sollten aber bei langfristigem Einsatz möglichst nicht in einer Dosis von über 5 mg pro Tag verabreicht werden. Bei einer gut wirksamen Basistherapie sind sie häufig nur kurzfristig zur Überwindung von Phasen erhöhter Aktivität (sogenannter Schübe) notwendig. Praktisch wichtig ist, dass eine schnelle Dosisreduktion und ein komplettes Ausschleichen einer kurzfristigen Glukokortikoid-Therapie innerhalb weniger Wochen oder gar Tage möglich ist. Bei einem Patienten ohne langfristige Kortisoneinnahme kann ein Schub durch die Einnahme von z. B. Prednison 20 mg über drei Tage, dann drei Tage 10 mg, dann noch drei bis sieben Tage 5 mg oft gut beherrscht werden; ein mg-weises Zurückgehen über Monate ist nur bei langfristiger Glukokortikoid-Therapie notwendig. cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 48 46 Ze r t i f i z i e r te Fo r t b i l d u n g Basistherapeutika sind weiter der Eckpfeiler einer erfolgreichen Rheumatherapie. Die am häufigsten eingesetzte Substanz ist hierbei mit großem Abstand Methotrexat, oral oder subkutan verabreicht, meist in Dosen zwischen 10 und 20 mg einmal pro Woche. Einen Tag nach der MTX-Applikation sollte Folsäure in einer Tablette mit 5 mg zugeführt werden. Bis zum Wirkeintritt nach sechs bis zehn Wochen ist meist eine Glukokortikoid-Therapie nötig. Als alternative Basistherapeutika kommen Leflunomid (meist 20 mg täglich), bei milderen Verläufen auch Sulfasalazin oder Hydroxychloroquin als Bestandteil einer Kombinationstherapie in Frage. Azathioprin, parenteral appliziertes Gold und Cyclosporin A werden bei der Rheumatoiden Arthritis selten eingesetzt, Penicillamin und orales Gold praktisch nicht mehr. Gelingt es mit den traditionellen Basistherapeutika, eingesetzt als Mono- oder Kombinationstherapie nicht, den Zustand einer Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität zu erreichen, ist leitliniengerecht der Einsatz von Biologika indiziert. Diese Eiweiße blockieren entscheidende Schritte in der Entzündungskaskade und ermöglichen früher nicht für möglich gehaltene Therapieerfolge. Neben einer beeindruckenden Entzündungshemmung in meist kurzer Zeit gelingt bei der Mehrzahl der Patienten eine Unterdrückung jeglicher radiologischer Progression. Eingesetzt werden vor allem Hemmstoffe proentzündlicher Zytokine, wie TNF-alpha-Blocker oder Interleukin-6-Blocker, auch Antikörper gegen B-Lymphozyten oder interzelluläre Interaktionen. Die Biologika sind fast frei von organbezogenen Nebenwirkungen; zu beachten ist eine geringe Erhöhung des Infektrisikos im ersten Jahr der Applikation. Die Daten bezüglich einer möglichen vermehrten Inzidenz von Tumoren sind insgesamt beruhigend, werden jedoch noch weiter aufmerksam verfolgt. Biologika sind teuer; sozioökonomische Studien belegen jedoch, dass diese Kosten volkswirschaftlich durch erhebliche Verbesserungen im Krankheitsverlauf aufgewogen werden. Abbildung 2 zeigt den aktuell empfohlenen Behandlungsalgorithmus. ■ ■ d e r n i e d e r g e l a s s e n e a r z t 2 / 2 0 13 Untersuchung auf, ggf. Behandlung von Komorbiditäten Langfristige Begleitung und Ermunterung des Patienten Der Hausarzt wird gebeten um anfangs engmaschige (etwa alle 2 – 4 Wochen), später in größeren Abständen erfolgende Untersuchungen der Verträglichkeit der Medikation. Neben der Anamnese sind hierbei Kontrollen von Leber-, Nieren- und Blutbildparametern notwendig. Der Rheumatologe wird das Ziel der Entzündungsunterdrückung, speziell das Erreichen einer Remission kontrollieren. Hierzu wird ein Aktivitätsscore (meist der angesprochene DAS 28) regelmäßig berechnet. Bei Nichterreichen einer Remission (DAS 28 < 2,6) oder zumindest einer niedrigen Krankheitsaktivität (DAS 28 < 3,2) muss eine Therapieänderung erfolgen. Eine gemeinsame Aufgabe für Hausarzt und Rheumatologen stellt die Vermeidung bzw. Behandlung von Komorbiditäten dar. Besonders wichtig sind dabei die kardiovaskulären Erkrankungen. Eine aktive Rheumaerkrankung stellt einen selbständigen Risikofaktor dar; ein Rheumapatient benötigt daher neben der konsequenten Entzündungsunterdrückung in besonderem Maße die Beeinflussung weiterer Risikofaktoren (Rauchen, Arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie). Auch die Vermeidung einer Osteoporose bzw. deren konsequente Behandlung ist von großer Bedeutung. Fazit ■ Die Prognose für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen hat sich dramatisch verbessert. ■ Behandlungsziel ist die Remission, der Weg hierzu die konsequente Unterdrückung der Entzündung. ■ Die möglichst frühe Diagnose (erleichtert durch den Nachweis der anti-CCP-Antikörper) ist entscheidend für den Therapieerfolg. ■ Glukokortikoide und Methotrexat sind Eckpfeiler der Therapie. ■ Biologika ermöglichen bei nicht ausreichendem Ansprechen eine sehr gute Unterdrückung der Entzündung und radiologischen Progression. ■ Die Langzeitbetreuung kann auch die Vermeidung häufiger Komorbiditäten (besonders kardiovaskulärer Art) erreichen. ■ Eine gute Kooperation zwischen Hausarzt und Rheumatologen ist entscheidend. Abbildung 2: S1-Leitlinie der DGRh zur sequenziellen medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis 2012 Adaptierte EULAR-Empfehlungen und aktualisierte Therapiealgorithmus Alternativen: Monotherapie MTX (15 mg/Wo) + Prednisolon 4 – 6 Wochen Leflunomid Sulfasalazin Gold parantenal (Hydroxy)chloroquin Ciclosporin A Azathioprin MTX Optimierung, Prednisolon Anpassung 4 – 6 Wochen DMARD Kombination MTX + LEF MTX + SSZ + HCQ * MTX + CIA 3 Monate 2.e Langzeitbetreuung 1. Biologikum ■ Kontrolle der Wirksamkeit der Therapie Kontrolle der Verträglichkeit der Therapie Anakinra + MTX 3 – 6 Monate 2. Biologikum ■ ABC, ADM**, CEZ**, ETC**, GOM, INX, TOZ*** + MTX } Die gelungene interdisziplinäre Langzeitbetreuung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis ist entscheidend für das Erreichen der hohen Behandlungsziele. Wichtige Aufgaben der Langzeitbetreuung sind: ABC, RIX, TNF**, TOZ*** + MTX Weitere Immunmodulierende Therapien inkl. Cyclophosphamid cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 49 Interne Codierung: Lernerfolg Barcode-Etikett (oder EFN-Nummer) Arztadresse / Stempel Frau Herr Titel /akademischer Grad Vor- und Nachname Straße cmi · Institut für certifizierte medizinische Information und Fortbildung e. V. Alte Ziegelei 2 – 4 PLZ/Ort Praxis-Telefon -Fax 51491 Overath E-Mail-Adresse Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Bitte ausgefüllt faxen an: 0 22 04 / 97 31-111 oder per Post zurücksenden. Datum/Unterschrift Stempel bei Postversand bitte an der grauen Linie falzen Fragen zur strukturierten Fortbildung „Rheuma“ Es ist immer nur eine Antwort richtig. Schicken oder faxen Sie bitte nur den ausgefüllten Fragebogen an die oben genannte Adresse. Bei 7, 8 oder 9 richtigen Antworten schicken wir Ihnen das Fortbildungszertifikat „Rheuma“ mit 1 cme-Punkt, bei 10 richtigen Antworten mit 2 cme-Punkten. 1. Welches der nachfolgenden Kranheitsbilder gehört nicht zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen? □ a) Die Psoriasisarthritis □ a) Die Rheumatoide Arthritis □ a) Der systemische Lupus erythematodes □ a) Das Fibromyalgie-Syndrom □ a) Die Riesenzellarteriitis 2. Was ist ein typischer Hinweis auf das Vorliegen einer Rheumaerkrankung? □ a) Beschwerden nur bei Bewegung □ b) Beschwerden besonders morgens mit Steifigkeit □ c) Beschwerden unregelmäßig, eher bei trockenem Wetter □ d) Beschwerden besonders während sportlicher Betätigung □ e) Beschwerden eher vermehrt unter Glukokortikoiden 3. Was ist die sinnvollste Diagnostik zum Nachweis einer frühen Sakroiliitis? □ a) Die Röntgenübersichtsaufnahme nativ □ b) Die CT des Beckens □ c) Die 3-Phasen-Skelettszintigraphie □ d) Die Funktionsaufnahme der LWS □ e) Die MRT der Sakroiliakalgelenke 4. Der Nachweis von antinukleären Antikörpern in der Immunfluoreszenz bedeutet: □ a) Einen Hinweis auf eine Spondylitis ankylosans □ b) Einen sehr spezifischen Hinweis auf eine Rheumatoide Arthritis □ c) Einen Beweis einer Kollagenose □ d) Einen Hinweis auf eine Kollagenose □ e) Einen Hinweis auf ein chronisches Schmerzsyndrom ✃ 5. Ein typischer Palpationsbefund bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis ist. . . □ a) ...eine weiche bis pralle Schwellung, besonders an Hand-, Finger- und Mittelgelenken. □ b) ...eine knöcherne Verbreiterung der Fingermittelgelenke. □ c) ...eine Schwellung der Fingerendgelenke. □ d) ...eine knöcherne Verbreiterung der Daumensattelgelenke. □ e) ...eine Druckdolenz ohne Schwellung. Lernerfolgskontrolle gültig bis Februar 2014. Zur Zertifizierung eingereicht bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe cmi WPV Modul 2_2013_04022013_cmi WPV Modul 11 – 02.11. 05.02.13 17:01 Seite 50 ✃ Lernerfolg Rheuma 6. Was ist der spezifischste Laborparameter in der Diagnostik einer rheumatoiden Arthritis? □ a) Der Nachweis einer CRP-Erhöhung □ b) Der Nachweis des Blutgruppenmerkmals HLA B 27 □ c) Der Nachweis einer Anämie □ d) Der Nachweis einer BSG-Erhöhung □ e) Der Nachweis von anti-CCP-Antikörpern 7. Das Therapieziel für Patienten mit einer neu diagnostizierten rheumatoiden Arthritis lautet: □ a) Remission □ b) Beschwerdelinderung □ c) Progressionsverzögerung □ d) Verlangsamung des Funktionsverlusts □ e) Verzögerung der Immobilität 8. Das am häufigsten eingesetzte Basistherapeutikum bei der rheumatoiden Arthritis ist: □ a) Penicillamin □ b) Leflunomid □ c) Methotrexat □ d) Diclofenac □ e) Gold 9. Was ist die sinnvollste Maßnahme bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis, der nicht auf eine Kombination von MTX und Leflunomid angesprochen hat? □ a) Wechsel auf Sulfasalazin □ b) Langfristig hochdosierte Kortison-Therapie □ c) Wechsel auf ein Biologikum, speziell einen TNF-alpha-Hemmer □ d) Operative Synovektomie an allen betroffenen Gelenken □ e) Eine palliative Schmerztherapie 10. Was ist die für die Langzeitprognose des Rheumapatienten wichtigste Komorbidität? □ a) Die gastrointestinale □ b) Die renale □ c) Die pulmonale □ d) Die kardiovaskuläre □ e) Die zerebrale Strukturierte interaktive Fortbildung (Neutralitätserklärung des Autors liegt vor.) Bitte kreuzen Sie folgende Zahlen zur Bewertung an: 1 = sehr gut, 2 = gut, 3 = befriedigend, 4 = ausreichend, 5 = mangelhaft, 6 = ungenügend 1. Meine Erwartungen hinsichtlich der Lernziele und Inhalte des Fortbildungsbeitrags haben sich erfüllt. c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6 2. Die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags hat sich für mich gelohnt, weil ich etwas dazugelernt habe. c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6 3. Der Fortbidlungsbeitrag hat Relevanz für meine praktische ärztliche Tätigkeit. c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6 4. Bitte beurteilen Sie die didaktische Aufbereitung und die Güte der präsentierten Inhalte des Fortbildungsbeitrags. c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6 5. Durch die Lernerfolgskontrolle wurden das erworbene Wissen in angemessener Weise abgefragt. c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6 6. Bitte beurteilen Sie, ob produkt- oder firmenbezogene Werbung den Inhalt des Fortbildungsbeitrags beeinflusst hat. Beeinflussung feststellbar c Keine Beeinflussung feststellbar c 7. Wie sind Sie auf diesen Fortbildungsbeitrag aufmerksam geworden? 8. Wieviel Zeit in Minuten haben Sie für die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags benötigt? c bis 10 c 11 – 20 c 21 – 30 c 31 – 40 c 41 – 50 c 51 – 60 c über 61 9. Weitere Bemerkungen: cmi e.V. verpflichtet sich, die Bestimmungen des Bundesdatenschutz-Gesetzes einzuhalten.