Lineare Algebra 2, am 17.6.2014 Name: Matrikelnummer: Dieser Test enthält 7 Aufgaben auf 2 Seiten und zählt insgesamt 36 Punkte. Ein Ergebnis ab 18 Punkten ist positiv. Bitte antworten Sie in unmissverständlicher Sprache, mit Formeln oder verbal, wie es Ihnen angenehmer ist. Die Klarheit Ihrer Sprache fließt wesentlich in die Bewertung ein! Bitte antworten Sie prägnant: Ausführungen, die nicht zur direkten Beantwortung der gestellten Fragen dienen, bringen keine zusätzlichen Punkte, und können sogar, wenn sie falsch sind, auch zu Punkteabzug führen! Danke und viel Erfolg! * Je eine Definition aus jedem der drei Hauptteile. Hier soll überprüft werden, ob Sie die genauen Begriffe kennen. Aufgabe 1. Definieren Sie die folgenden Begriffe: (Nur die Definitionen sind gefragt.) (1) 2 Punkte: Sesquilinearform (2) 2 Punkte: Charakteristisches Polynom einer Matrix A. (3) 2 Punkte: Unitär diagonalisierbare Matrix. Lösung: (1) Sei V ein Vektorraum über C mit innerem Produkt ⟨·, ·⟩ und a : V × V → C eine Abbildung. Dann heißt a eine Sesquilinearform, wenn folgende Eigenschaften für alle x, y, z ∈ V , α, β ∈ C gelten: a(αx + βy, z) = αa(x, z) + βa(y, z) , a(z, αx + βy) = αa(z, x) + βa(z, y) . (2) Sei A ∈ Kn×n eine quadratische Matrix. Dann ist das charakteristische Polynom die Determinante det(λ − A). (3) Eine Matrix A ∈ Cn×n heißt unitär diagonalisierbar, wenn es eine unitäre Matrix T und eine Diagonalmatrix D gibt, sodass T ∗ AT = D. Äquivalent dazu könnte man auch definieren: A ist unitär diagonalisierbar, wenn Cn eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von A besitzt. * Je eine Wissensfrage aus jedem Hauptabschnitt, hier soll überprüft werden, ob Sie Kenntnis und Überblick über den Inhalt des Stoffes haben. Aufgabe 2. 4 Punkte: Multiple-Choice-Frage: Zutreffendes ankreuzen. Jedes richtige Kreuz zählt einen Punkt, für jedes falsche Kreuz wird ein Punkt abgezogen. Nicht angekreuzte Fragen zählen 0 Punkte. Wenn die Summe am Ende der Aufgabe negativ ist, werden 0 Punkte vergeben. Sie müssen Ihre Antworten nicht begründen. FALSCH: Sei U ein Unterraum von Cn , sei x ∈ Cn und (1) RICHTIG y die orthogonale Projektion von x auf U . Dann gilt immer: Wenn ∥x∥ = ∥y∥, dann ist x ∈ U . (2) RICHTIG FALSCH: Sei a ∈ Rn , M = {x ∈ Rn | ⟨a, x⟩ ≥ 0}. Dann ist M konvex. FALSCH: Sei V ein Vektorraum mit innerem Produkt. (3) RICHTIG Dann kann es einen Unterraum U von V geben, sodass (U ⊥ )⊥ eine echte Teilmenge von U ist. FALSCH: Sei (b1 , · · · , bk ) ein System von Vektoren in Rn (4) RICHTIG n und U ⊂ R der von b1 , · · · , bk aufgespannte Unterraum. Sei G ∈ Rk×k die dazugehörige Gramsche Matrix. Dann ist immer ker(G) = U ⊥ . Lösung: (1) Richtig: Es liegen y und x − y orthogonal zueinander, sodass nach Pythagoras gilt ∥x∥2 = ∥y∥2 + ∥x − y∥2 . Wenn also gilt ∥x∥ = ∥y∥, so ist ∥x − y∥ = 0 und daher ist x = y. (2) Richtig: Seien x, y ∈ M , also ⟨a, x⟩ ≥ 0, ⟨a, y⟩ ≥ 0. Sei z = λx + (1 − λ)y mit λ ∈ [0, 1]. Dann ist ⟨a, z⟩ = ⟨a, λx + (1 − λ)y⟩ = λ⟨a, x⟩ + (1 − λ)⟨a, y⟩ ≥ 0 . Also ist λx + (1 − λy) ∈ M . (3) Falsch: Es gibt zwar Unterräume, sodass U eine echte Teilmenge von (U ⊥ )⊥ ist, aber U ist immer in (U ⊥ )⊥ enthalten. Ist nämlich u ∈ U , w ∈ U ⊥ , so muss wegen der Definition von U ⊥ gelten ⟨u, w⟩ = 0. Daher steht u orthogonal auf ganz U ⊥ . (4) Falsch: ker(G) ist immer ein Unterraum von Rk , während U ⊥ ein Unterraum von Rn ist. Die beiden können höchstens gleich sein, wenn k = n. Aber auch in diesem Fall gibt es Gegenbeispiele: ( ) ( ) ( ) ( ) 0 1 α 0 b1 = , b2 = , U ={ | α ∈ R} , U ⊥ = { | α ∈ R} , 0 0 0 α ( ) ( ) 0 0 α G= , ker(G) = { | α ∈ R} ̸= U ⊥ . 0 1 0 Aufgabe 3. 4 Punkte: Multiple-Choice-Frage: Zutreffendes ankreuzen. Jedes richtige Kreuz zählt einen Punkt, für jedes falsche Kreuz wird ein Punkt abgezogen. Nicht angekreuzte Fragen zählen 0 Punkte. Wenn die Summe am Ende der Aufgabe negativ ist, werden 0 Punkte vergeben. Sie müssen Ihre Antworten nicht begründen. (1) RICHTIG FALSCH: Seien f, g, p, r Polynome über R, wobei f = gp+r. Dann sind die gemeinsamen Nullstellen von g und r genau die gemeinsamen Nullstellen von f und g. (2) RICHTIG FALSCH: Seien A, B ∈ Kn×n Matrizen mit denselben Eigenwerten und denselben algebraischen Vielfachheiten. Dann sind A und B ähnlich, d.h., es gibt eine reguläre Matrix T ∈ Kn×n sodass B = T −1 AT . (3) RICHTIG FALSCH: Die Matrix A ∈ K3×3 besitze drei verschiedene Eigenwerte λ1 , λ2 , λ3 . Dann gibt es Matrizen C1 , C2 , C3 ∈ K3×3 sodass für alle k ∈ N gilt 3 ∑ Ak = λki Ci . i=1 (4) RICHTIG FALSCH: Eine Matrix ist nur dann diagonalisierbar, wenn die geometrische Vielfachheit aller Eigenwerte gleich 1 ist. Lösung: (1) Richtig: Ist f (x) = g(x) = 0, so gilt natürlich g(x) = 0, aber auch r(x) = f (x) − 0q(x) = 0. Ist umgekehrt g(x) = r(x) = 0, so ist f (x) = 0q(x) + 0 = 0. (2) Falsch: Zum Beispiel sind die beiden Jordanschen Normalformen ( ) ( ) 2 0 2 1 und 0 2 0 2 nicht ähnlich, weil die Jordansche Normalform bis auf die Reihenfolge der Blöcke eindeutig definiert ist. (3) Richtig: Weil A drei verschiedene Eigenwerte hat, ist A diagonalisierbar, es gibt also eine reguläre Matrix T sodass λ1 0 0 A=T0 λ2 0 T −1 . 0 0 λ3 Dann ist (mit der k λ1 k A =T0 0 Einheitsbasis (e1 , e2 , e3 )) 0 0 3 3 ∑ ∑ k λ2 0 T −1 = T ( λki ei e∗i )T −1 = λki T ei e∗i T −1 . i=1 i=1 0 λk3 (4) Falsch: Die Matrix ist genau dann diagonalisierbar, wenn die geometrische Vielfachheit aller Eigenwerte zugleich ihre algebraische Vielfachheit ist. Es dürfen durchaus Eigenwerte mit Vielfachheit größer als 1 vorkommen. Aufgabe 4. 4 Punkte: Multiple-Choice-Frage: Zutreffendes ankreuzen. Jedes richtige Kreuz zählt einen Punkt, für jedes falsche Kreuz wird ein Punkt abgezogen. Nicht angekreuzte Fragen zählen 0 Punkte. Wenn die Summe am Ende der Aufgabe negativ ist, werden 0 Punkte vergeben. Sie müssen Ihre Antworten nicht begründen. (1) RICHTIG FALSCH: Sei A ∈ Cn×n hermitisch. Dann ist det(A) immer eine reelle Zahl. FALSCH: Sei A ∈ Cn×n . Wenn A∗ A normal ist, dann ist (2) RICHTIG auch A normal. (3) RICHTIG FALSCH: Sei A ∈ Cn×n normal und v ein Eigenvektor von A. Dann ist v auch ein Eigenvektor von A∗ . (4) RICHTIG FALSCH: Sei A ∈ Rn×n selbstadjungiert und T ∈ Rn×n regulär (nicht unbedingt orthogonal). Der Trägheitssatz von Sylvester sagt, dass A und T ∗ AT dieselben Eigenwerte haben. Lösung: (1) Richtig: Die Determinante ist das Produkt der Eigenwerte (mit Vielfachheit gezählt). Weil eine hermitische Matrix immer reelle Eigenwerte hat, muss auch ihre Determinante reell sein. (2) Falsch: Für jede Matrix A, unabhängig ob sie normal ist oder nicht, ist A∗ A hermitisch, also normal. (3) Richtig: Ist nämlich (λ − A)v = 0, so ist ∥(λ − A∗ )v∥2 = ⟨(λ − A∗ )v, (λ − A∗ )v⟩ = ⟨(v, (λ − A)(λ − A∗ )v⟩ = ⟨(v, (λ − A∗ )(λ − A)v⟩ = ⟨(λ − A)v, (λ − A)v⟩ = ∥(λ − A)v∥2 = 0 . Also ist v ein Eigenvektor von A∗ mit Eigenwert λ. (4) Falsch: Der Trägheitssatz sagt nur, dass der Summenraum der Eigenräume zu positiven Eigenwerten von T ∗ AT dieselbe Dimension hat wie der Summenraum der Eigenräume zu positiven Eigenwerten von A. * Je eine Aufgabe zu den Details der Beweise in jedem Hauptabschnitt. Hier soll überprüft werden, ob Sie die mathematischen Zusammenhänge verstehen und auch in unmissverständlicher und klarer Sprache wiedergeben können. Aufgabe 5. 6 Punkte: Seien U , W zwei Unterräume eines Vektorraumes V über R mit innerem Produkt. Seien p, q ∈ V und X = p + U , Y = q + W . Zeigen Sie, dass folgende Aussagen äquivalent sind: (i) Für alle x ∈ X, y ∈ Y ist ∥x − y∥ ≥ ∥p − q∥. (ii) (p − q) ∈ (U + W )⊥ . Lösung: (i) ⇒ (ii): Sei (ii) falsch, also gibt es also u ∈ U , w ∈ W mit ⟨u + w, p − q⟩ > 0. Wir betrachten nun x = p − ϵu, y = q + ϵw mit ausreichend kleinem ϵ > 0. Dann ist ∥x−y∥2 = ∥p−q−ϵu−ϵw∥ = ∥p−q∥2 −2ϵ⟨p−q, u+w⟩+ϵ2 ∥u+w∥2 = ∥p−q∥−ϵ(2⟨p−q, u+w⟩−ϵ∥u+w∥2 ) Ist ϵ klein genug, dann ist 2⟨p − q, u + w⟩ − ϵ∥u + w∥2 > 0 , und damit ∥x − y∥2 < ∥p − q∥2 im Widerspruch zu (i). (ii) ⇒ (i): Sei p − q ∈ (U + W )⊥ . Seien x = p + u ∈ X, y = q − w ∈ Y beliebig. Dann ist nach Pythagoras ∥x − y∥2 = ∥(p − q) + (u + w)∥2 = ∥p − q∥2 + ∥u + w∥2 ≥ ∥p − q∥2 . Aufgabe 6. 6 Punkte: Beweisen Sie folgende Details aus dem Lemma von Fitting: Sei F ∈ Kn×n , sei r ∈ N so, dass ker(F r+1 ) = ker(F r ). (1) 3 Punkte: ker(F r ) ∩ rg(F r ) = {0}. (2) 3 Punkte: Cn ist die direkte Summe des Kernes und des Bildraumes von F r . Sie dürfen , wenn es Ihnen nützt, bereits verwenden, dass ker(F r+s ) = ker(F r ) für alle s = 1, 2, 3, · · ·. Lösung: (1) Sei x ∈ ker(F r ) ∩ rg(F r ). Es gibt also ein y ∈ Kn sodass x = F r y. Weil F r y ∈ ker(F r ) ist F 2r y = 0, d.h., y ∈ ker(F 2r ) = ker(F r ). Dann ist aber x = F r y = 0 was zu zeigen war. (2) Für alle Matrizen G ∈ Kn×n gilt dim(ker(G)) = n − ρ(G) = n − dim(rg(G)). Damit ist aber nach der Dimensionsformel für Summenräume dim(ker(F r ) + rg(F r )) = dim(ker(F r )) + dim(rg(F r )) − dim(ker(F r ) ∩ rg(F r )) = (n − ρ(F r )) + ρ(F r ) − 0 = n . Also ist ker(F r ) + rg(F r ) = Kn . Aufgabe 7. 6 Punkte: Sei A ∈ Cn×n eine normale Matrix und sei λ ∈ C ein Eigenwert von A. Zeigen Sie, dass dann gilt: (1) 3 Punkte: v ∈ ker(λ − A) ⇒ v ∈ ker(λ − A∗ ). (2) 3 Punkte: ker((λ − A)2 ) = ker(λ − A). Verwenden Sie nicht, dass A diagonalisierbar ist, denn die Aussagen oben beweist man, um mit ihnen die Diagonalisierbarkeit von A zu beweisen. Lösung: (1) Sei v ∈ ker(λ − A). Dann ist ∥(λ − A∗ )v∥2 = ⟨(λ − A∗ )v, (λ − A∗ )v⟩ = ⟨v, (λ − A)(λ − A∗ )v⟩ = ⟨v, (λ − A∗ )(λ − A)v⟩ = ⟨(λ − A)v, (λ − A)v⟩ = 0 . (2) Sei v ∈ ker((λ − A)2 ). Dann ist (λ − A)v ∈ ker(λ − A), also auch (λ − A)v ∈ ker(λ − A∗ ). Also ist 0 = ⟨v, (λ − A∗ )(λ − A)v⟩ = ⟨(λ − A)v, (λ − A)v⟩ = ∥(λ − A)v∥2 . Daher ist v ∈ ker(λ − A).