2. Nationaler Workshop Diabetes-Versorgung, IGES, Berlin, 01.12.2010 Versorgungsansätze von Apothekern für Menschen mit Diabetes Dr. Uta Müller, MPH ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände 1 Übersicht Betreuungskonzept für Menschen mit Diabetes in Apotheken Aktuelle Schwerpunktthemen Arzneimitteltherapiesicherheit Therapietreue Lösungsansätze Arzt-Apotheker-Kooperationen Medikationsmanagement Zusammenfassung Ausblick 2 Betreuung von Menschen mit Diabetes in Apotheken - Entwicklung Ziele (1999) Apotheken intensivieren Betreuung von Menschen mit Diabetes Umfassendes Konzept soll entwickelt werden: Ausgestaltung adäquater Rahmenbedingungen Qualitätsanforderungen für die individuelle Apotheke Empfehlungen, Hilfsmittel und Unterstützungen zur qualitätsgesicherten Umsetzung Definierte Anforderungen an interdisziplinäre Kooperationen Gemeinsam mit Deutscher Diabetes-Gesellschaft (DDG) 3 Kommission EADV (Einbindung der Apotheker in die Diabetiker-Versorgung) Arzt-Apotheker-Kommission: DDG und Bundesapothekerkammer (BAK) Gründung 2000 Ziel: Entwicklung und Abstimmung eines Betreuungskonzeptes für Menschen mit Diabetes Konsensus über Rolle der Apotheker, Abgrenzung der Tätigkeiten zu anderen Berufen Curriculum für zertifizierte Fortbildung zum „diabetologisch qualifizierten Apotheker DDG“ (36 Std., Hospitation, Prüfung) 4 Arzt-Apotheker-Kooperation bei der intensivierten Betreuung vom Menschen mit Diabetes interdisziplinäre QS Arzt Apotheke Screening / Einschreibung Diagnose (Pharmako-) Therapie & Schulung BegleitMaßnahmen Erkennen von Risikopatienten (Datenzugang) Sicherung des Therapieerfolges Patient Empowerment Reminder Rückkopplung Auswahl geeigneter Personen Datenerfassung Identifizieren / Lösen ABP Patientenbetreuung Dokumentation und Monitoring Struktur- und Prozessqualität interne QS Dokumentation und Monitoring Ergebnisqualität Schnittstellen externe QS Arbeitsergebnisse der Kommission EADV (Bsp.) Interne Qualitätssicherung Qualitätssicherungsinstrumente (SOPs, Checklisten, Doku-Bögen etc.) Diabetes-Stufenkonzept (Umsetzung, QMS) Fortbildungscurricula Externe Qualitätssicherung Evaluationen (BZSK/EDGAr-Studie) Interdisziplinäre Qualitätssicherung Abstimmung von Grenzwerten / gemeinsame Sprachregelungen Gemeinsame Symposien / Veranstaltungen www.ddg.info und www.abda.de/Kommission-EADV.html ABER: flächendeckende Implementierung steht aus 6 Aktueller Fokus: Arzneimitteltherapiesicherheit interdisziplinäre QS (AMTS) Arzt externe QS Diagnose (Pharmako-) Therapie & Schulung Erkennen von Risikopatienten (Datenzugang) Sicherung des Therapieerfolges Patient Empowerment Reminder Rückkopplung Auswahl geeigneter Personen Datenerfassung Identifizieren / Lösen ABP Patientenbetreuung Dokumentation und Monitoring Therapietreue Schnittstellen Apotheke BegleitMaßnahmen Struktur- und Prozessqualität interne QS Dokumentation und Monitoring Ergebnisqualität Screening / Einschreibung Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) 8 Bsp. für Arzneimittel-bezogene Risiken 30 bis 40 % der > 65-Jährigen nehmen ≥ 4 Arzneimittel1 5 % der KH-Einweisungen durch AM-bezogene Morbidität2 davon vermeidbar wären etwa 2/33 Risiko für das Auftreten von arzneimittelbezogenen Problemen (ABP) steigt mit: Zahl gleichzeitig eingenommener Medikamente4 Alter der Patienten5 1 Laufs U et al. Eur Heart J. 2010: first published online August 21, 2010. Westerlund T et al. J Clin Pharm Ther. 2009;34:319. 3 Winterstein AG et al. Ann Pharmacother. 2002;36:1238. 4 Seymour RM et al. Drugs Aging. 1998:12;485. 5 Dormann H et al. Drug Saf. 2003:26;353. 2 9 Art und Ausmaß detektierbarer ABP in Apotheken Bei etwa 18,0 % der Patienten In der Selbstmedikation (OTC) (18,3 %) v.a. ungeeignete Selbstmedikation, ungeeignetes Präparat, Missbrauch, falsche Dosierung Bei verordneten Arzneimitteln (Rx) (18 %) Interaktionen, Dosierung und Art der Anwendung unbekannt, Unsicherheit durch Generikawechsel diabetesspezifische ABP sind identisch, zusätzlich Probleme durch spezielle Darreichungsformen4 Datenbasis - 3 Surveys mit insgesamt nAM = 47.4161,2,3 1 Griese N et al. Pharm Ztg. 2006;151:2374. Eickhoff C et al. Pharm Ztg. 2009;154:3606. 3 Hämmerlein A et al., zur Publikation eingereicht. 4 Hämmerlein A et al. Diabetes-Forum 5/2008. (Subgruppenauswertung von 1) 2 10 Therapietreue 11 Aus: Heuer et al. 1999 Therapietreue bei Diabetes mellitus Persistenz > 80 % im 1. Behandlungsjahr1: 100 72,3 54,6 51,2 Osteoporose 60 65,4 Hypercholestrinämie 80 40 20 12 12 Briesacher B et al. Pharmacother 2008; 28:437. (OAD) Diabetes Typ 2 Hypertonie 0 13 30 26 25 20 13 Sokol MC et al. Med Care 2005;43:521. hohe Therapietreue (MPR > 80 %) MPR 60-79 % MPR 40-59 % 13 MPR 20-39 % 35 30 25 20 15 10 5 0 Jährliche Hospitalisationsrate von Menschen mit Diabetes in Abhängigkeit von der Therapietreue geringe Therapietreue (MPR < 20 %) Hospitalisationsrate [%] Bedeutung der Therapietreue Einflussfaktoren auf Therapietreue Faktoren, die mit einer verminderten Therapietreue bei Diabetikern assoziiert sind: Komplexität des Therapieregimes Depression Alter Angst vor unerwünschten Arzneimittelwirkungen 14 Cramer JA Diabetes Care 2004;27:1218. Katon W PsychosomaticMedicine 2009;71:965. Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz (und des Outcomes) bei Diabetes Vermeire et al. Cochrane Review, 2009, Issue 1: Interventions for improving adherence to treatment recommendations in people with type 2 diabetes 21 Studien mit sehr heterogenen Ergebnissen: Diverse Ansätze (Krankenschwestern, Apotheker, Diabetesschulungen, Therapiesimplifizierung) Geringe Effekte auf Therapieergebnisse wie HbA1c Keine Daten zu Morbidität, Mortalität oder HRQoL „...the evidence base on adherence to treatment recommendations in diabetes is almost inexistent.“ 15 Lösungsansätze? 16 AMTS: Faktoren, die Anzahl erkannter und gelöster ABPs in Apotheken erhöhen Systematisches Vorgehen (standardisiert, strukturiert)1 Persönliches Gespräch2 Systematische Erfassung und Analyse aller Arzneimittel eines Patienten3 Medikationsmanagement4,5 Gute Arzt-Apotheker-Zusammenarbeit verbessert AMTherapie bei Multimorbidität5,6 1 Lewinski D. et al. Dtsch Apoth Ztg. 2007;147:1812. Krska J. et al. Age Ageing. 2005;30:205. 3 Castelino RL. et al. J Eval Clin Pract. 2010; Aug 15. (Epub ahead of print) 4 Stafford A. et al. Pharm World Sci. 2009;31:216. 5 Laaksonen R. et al. Ann Pharmacother. 2010;44:1181-90. 6 Doucette W. et al. Clin Ther. 2005;27:1104. 2 17 Therapietreue: Interventionen mit wahrscheinlich positivem Effekt Dosiersysteme 18 (nur gekoppelt an Betreuung, isoliert kein Effekt) Refill-Reminder als Teil der Patientenbetreuung (isoliert kein Effekt) Klare Einnahmeregeln (schriftlich) Einnahmefrequenz Wechsel zu fixdosierter Kombinationstherapie Telefonanrufe (und virtuelle Hausbesuche) Versand von Schulungs- und Terminunterlagen Gute Patienten-Arzt-Apotheker-Zusammenarbeit Medikationsmanagement Abzuleitende Maßnahmen für die Patientenbetreuung Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker ausbauen Konzept von KBV und ABDA zur patientengerechten Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung Koordinierungsgruppe zum Aktionsplan 2010-2012 des BMG zur Verbesserung der AMTS in Deutschland Kommission EADV von DDG und BAK Strukturiertes Medikationsmanagement auf Basis einer umfassenden Medikationsdatei (Einverständnis des Patienten natürlich vorausgesetzt) 19 AMTS-Prüfungen Erhöhung der Therapie- & Einnahmetreue Informationsaustausch Arzt-Apotheker Position zur abgestimmten Verantwortung von AMTS-Prüfung & Medikationsmanagement Ärzteschaft und Apothekerschaft zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit im ambulanten Sektor Kundenkarte Apotheke Medikationsdatei Rx und OTC Dosierung Medikationsprofil / Reichweitenprüfung Detektion von ABP Risikochecks: Interaktionen + C.A.V.E-Modul Doppelverordnungen, -medikation Folgeverordnungen (Einnahmetreue?) 20 Monitoring und Intervention Interaktion/Kommunikation Apotheker, Arzt & Patient ! Aktionsplan AMTS 2010 – 2012, Maßnahme 13, Koordinierungsgruppe AP AMTS des BMG mit KBV, 28.09.2010 Zusammenfassung Aspekete der AMTS und Therapietreue haben hohe gesundheitsbezogene und volkswirtschaftliche Relevanz. Eine stärkere Einbindung von Apothekern/innen in die Diabetikerbetreuung ist sinnvoll und wird von DDG und BAK ausdrücklich befürwortet. Qualitätsanforderungen für die Betreuung wurden definiert, Angebote zur Qualifizierung, zur praktischen Umsetzung und zur Qualitätssicherung wurden entwickelt. Medikationsmanagement beschreibt den Beitrag von Apotheken zur Reduktion von Risiken durch das Erkennen und Lösen von arzneimittelbezogenen Problemen (ABP) und bildet den Rahmen für die Verbeserung der Therapietreue. Machbarkeit und Effektivität sind grundsätzlich belegt. 21 Ausblick Bisher fehlen weitgehend praktikable Lösungen für den Informationstransfer und Datenabgleich zwischen den Beteiligten. Auch das Problem, wie ein Medikationsplan für den Patienten aktuell gehalten werden kann, ist ungelöst. Die Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern muss weiter ausgebaut werden. Eine breite bzw. nachhaltige Implementierung des Medikationsmanagements in Apotheken steht aus (Schaffung der Rahmenbedingungen). 22 Fragen? Kontakt: [email protected] 23