Überlegungen zur Psychodynamik und Behandlungstechnik bei

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Zwischen Empathie und Grenzsetzungen – Überlegungen
zur Psychodynamik und Behandlungstechnik bei
psychoanalytischen Therapien von hyperkinetischen
Störungen
Hans Hopf
Summary
Between Empathy and Setting Limits – Reflections on psychodynamics and treatment
techniques in psychoanalytic therapies for hyperkinetic disorders
The rise in „hyperkinetic disorder“ diagnoses is not based on better but rather on less precise
diagnoses. As a rule the co-morbidities as mentioned in ICD-10 like emotional disorders, commitment disorders and social behaviour disorders, are the real clinical pictures accompanied by
such symptoms as inattentiveness, hyperactivity and impulsiveness. These are disorder pictures
based possibly on unconscious areas of conflict which can be managed by psychoanalytic treatment. However, this involves considerable treatment challenges taking into account that there
are some major difficulties: Children showing said disorder pictures have not only symbolizing
disorders but mostly also playing disorders. They experience playing not symbolically, no longer
mainly “as if ” and taking place in a space between imagination and reality. Their play may easily
turn into concreteness or reality and get out of control all of a sudden. In addition, children and
young people with externalizing disorders constantly attack basic conditions and seek to destroy
them. Verbal intervention frequently does not reach the patients. Counter transferences are very
difficult to bear and to control, and the tendency of psychotherapists to join in is strong. It is
therefore of great importance to work on the ability of symbolization and mentalization, on relationship and transference, simultaneously however on frame and structure, with reliability and
regularity of the settings. Analytic therapies as well as therapies founded on depth psychology
may be indicated, possibly supplemented by parallel medication; at the beginning a particularly
careful diagnosis should be made.
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 56/2007, 333-355
Keywords
ADHD – hyperkinetic disorder – mentalization – symbolization – playing disorders –
externalizing disorders – frame – setting
Zusammenfassung
Die Zunahme der Diagnose „Hyperkinetische Störung“ ist nicht auf bessere, sondern auf ungenauere Diagnosen zurückzuführen. In der Regel sind die in der ICD-10 genannten Komorbiditäten, wie emotionale Störungen, Bindungsstörungen und Störungen des Sozialverhaltens, die
Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 56: 333 – 355 (2007), ISSN 0032-7034
© Vandenhoeck & Ruprecht 2007
334 H. Hopf
eigentlichen Krankheitsbilder, welche von den Symptomen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität
und Impulsivität begleitet werden. Dies sind Störungsbilder, denen unbewusste Konfliktbereiche
zugrunde liegen können, die mit psychoanalytischen Behandlungen zu bewältigen sind. Dabei
zeigen sich allerdings erhebliche behandlungstechnische Herausforderungen, weil einige zentrale
Probleme bestehen: Kinder mit jenen Störungsbildern haben neben Symbolisierungsstörungen in
der Regel auch Spielstörungen. Sie erleben Spielen nicht symbolisch, nicht mehr überwiegend „als
ob“ und in einem Zwischenbereich von Phantasie und Realität angesiedelt. Das Spiel kann leicht
konkretistisch, real werden und blitzschnell aus der Kontrolle geraten. Kinder und Jugendliche
mit externalisierenden Störungen greifen zudem ständig Rahmenbedingungen an und suchen
sie zu zerstören. Verbale Interventionen erreichen die Patienten oft nicht. Gegenübertragungen
sind nur schwer auszuhalten und zu kontrollieren, die Neigung, dass Psychotherapeutinnen oder
Psychotherapeuten mitagieren, ist groß. Arbeit an der Symbolisierungs- und Mentalisierungsfähigkeit, an Beziehung und der Übertragung, aber auch zugleich an Rahmen und Struktur, mit
Verlässlichkeit, Regelmäßigkeit des Settings, sind daher von großer Bedeutung. Analytische, aber
auch tiefenpsychologisch fundierte Therapien können, auch mit parallel erfolgender Medikation,
indiziert sein; eine besonders sorgfältige Diagnose sollte zu Beginn erfolgen.
Schlagwörter
ADHS – Hyperkinetische Störung – Mentalisierung – Symbolisierung – Spielstörungen
– externalisierende Störungen – Rahmen – Setting
1
Einleitung
Zwar wird in der öffentlichen Diskussion vorrangig der Begriff ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Störung) verwendet, innerhalb der klinisch-diagnostischen Leitlinien ICD-10 (Dilling, Mombour, Schmidt, 2005) wird jedoch von „F90 hyperkinetische Störungen“ gesprochen. Da die ICD-10 und nicht DSM-IV innerhalb der
Psychotherapie-Richtlinien für Diagnosestellung verbindlich ist, sollen im folgenden auch diese Klassifizierungen verwendet werden.
In den Leitlinien zur Behandlung der ADHS steht, dass eine Behandlung der Ursache von ADHS, „die wahrscheinlich in einer Veränderung von Transmitteraktivität regulierenden Genen liegt“, nicht möglich ist. Insofern seien multimodale Vorgehensweisen, Medikation mit Stimulanzien und Verhaltenstherapie die empfohlenen
Therapieformen.
Diese Aussage ist eindeutig. Demnach sind die Ursachen dieses Störungsbildes
nicht direkt zu behandeln, sondern lediglich seine Folgen in den familiären und
sozialen Bezügen. Dennoch haben etwa 10-15% der Psychotherapieanträge für
analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, also für aufdeckende Verfahren bei Kindern, Diagnosen mit der ICD-10-Ziffer „F90 Hyperkinetische
Störung“ (oder entsprechende Ziffern), dies, obwohl sich „psychotherapeutische
Ansätze mit Wirksamkeitsnachweis lediglich auf verhaltenstherapeutische Prinzi-
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 335
pien“ stützen (Bundesärztekammer, 2006, S. 42). Diese Aussage ist insofern richtig,
weil es bislang noch keine Wirksamkeitsstudien zur psychoanalytischen Therapie
des ADHS in Deutschland gibt; die Untersuchungen von Leuzinger-Bohleber et al.
in Frankfurt am Main sowie weitere geplante sind noch nicht abgeschlossen (Leuzinger-Bohleber, Brandl, Hüther, 2006). Im folgenden Abschnitt soll begründet werden, warum psychoanalytische Behandlungen dennoch empfehlenswert, in vielen
Fällen sogar dringend geboten sind.
2
Problematik der Diagnostik
Die Diagnose Hyperkinetische Störung wurde einst auf ein klar umschriebenes
Symptombild angewandt. Zumeist waren es leichte frühkindliche Hirnschädigungen, Nissen (2005) spricht von einer über Jahrzehnte unveränderten Gruppe von
1-2%. Ursprünglich wurden – fast synonyme – Begriffe wie „leichter frühkindlicher Hirnschaden“, „frühkindlich exogenes Psychosyndrom“, „psychoorganisches
Syndrom (POS)“, „minimal brain damage“ sowie „minimale cerebrale Dysfunktion
(MCD)“ geprägt, vor dem Hintergrund der Annahme, dass die beschriebenen Störungen alle auf frühkindliche Hirnschädigungen zurückzuführen seien. Mittlerweile werden diese Begriffe in der Diagnostik psychischer Erkrankungen von Kindern
und Jugendlichen nicht mehr verwendet.
Unter hyperkinetischen Störungen versteht man die einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, die hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, die sonstige und die nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störung (F90.0, F90.1, F90.8,
F90.9). Hyperkinetische Störungen beginnen in den ersten fünf Lebensjahren. Die
Kernsymptome sind überaktives Verhalten, Unaufmerksamkeit sowie Impulsivität.
Die Symptome treten situationsunabhängig und zeitstabil auf. Etwa 3-10% aller Kinder sind betroffen, wobei die Störung bei Jungen zwei- bis neunmal häufiger auftritt
als bei Mädchen. Differentialdiagnostisch müssen tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84), Schizophrenie (F20), affektive Störungen (F30-F39) oder Angststörungen (F41 oder F93.0) berücksichtigt werden.
DSM-IV und ICD-10 fordern eindeutige Kriterien für die Diagnose und Differentialdiagnose ein, welche in der Praxis allerdings nur selten erfüllt werden. Die Zunahme der Diagnose ADHS ist in der Regel nicht auf bessere, sondern auf ungenauere
Diagnosen zurückzuführen. Oft wird nach kurzer Symptombeschreibung undifferenziert Bewegungsunruhe und ADHS gleichgesetzt, so als wäre jede Angst bereits
eine Angstneurose. In der Tat nennen Brandau, Pretis und Kaschnitz (2003) allein 16
Krankheitsbilder mit Bewegungsunruhe, von Angst- und Zwangsstörungen bis zum
„Fragile X-Syndrom“. Betrachtet man die Fülle von möglichen Differentialdiagnosen,
wird rasch deutlich, warum oft ungenau diagnostiziert wird: Genannt werden tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Störung des Sozialverhaltens, Anfallskrankheiten, Anpassungsreaktionen auf außerordentlich belastende familiäre Verhältnisse oder schu-
336 H. Hopf
lische Überforderung, emotionale Störungen wie Angststörung, agitierte Depression,
affektive Störungen (Knölker et al., 2000). Würden diese Krankheitsbilder stets sorgfältig ausgesondert, so würde vermutlich die zuvor von Nissen (2005) genannte Zahl
von 1-2%, welche er als „hirnorganische Kerngruppe“ bezeichnet, durchaus realistisch
werden. Es stellt sich somit die Frage, ob es überhaupt möglich ist, ein Krankheitsbild
ADHS mit einem Kometenschweif von Komorbiditäten (Depressive Störungen 9,1%,
Angststörungen 17,2%, dissoziale Störungen 46,9%, zit. nach Ihle u. Esser, 2002) exakt
zu diagnostizieren. Bei vielen Anträgen auf Psychotherapie ist die auf dem ärztlichen
Konsiliarbericht angegebene ICD-10-Ziffer nicht zutreffend und muss – nach neurosenpsychologischer Untersuchung – durch andere zutreffende Diagnosen (Emotionale Störungen, Bindungsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens etc.) ersetzt
werden. Dies sind alles Störungen, für welche psychoanalytische Therapien ohne Einschränkungen indiziert sind; Kindern mit diesen Störungen ist zumeist nur mit einer
Bewältigung ihrer unbewussten Konflikte zu helfen..
3
Ätiologie
Gemäß vorherrschender kinderpsychiatrischer Lehrmeinung ist das hyperkinetische
Syndrom als eine primär biologisch determinierte Störung anzusehen, bei der die einzelnen Hypothesen zur Atiopathogenese uneinheitlich sind, die Ätiologie gilt als nicht
vollständig geklärt. Familiäre und Umweltfaktoren beeinflussen zwar die Ausprägung,
die Sekundarsymptomatik und den Verlauf, verursachen jedoch nicht das klinische
Bild (Knölker et al., 2000). Zwar wird mittlerweile auf „Wechselwirkungen zwischen
genetischer Veranlagung und Umgebungsfaktoren“ (Bundesärztekammer, 2006, S. 41)
hingewiesen. Zentrale Aussage bleibt jedoch: Familiäre und Umweltfaktoren beeinflussen zwar die Ausprägung, die Sekundarsymptomatik und den Verlauf. Sie verursachen jedoch nicht das klinische Bild (Knölker et al., 2000). Die ADHS wird somit als
„primär biologisch determinierte Störung“ angesehen (Knölker et al., 2000) und nicht
– gemäß einer ganzheitlichen Auffassung von Störung – als ein „Wechselspiel zwischen Leib und Seele einerseits, wiederum in einem Wechselverhältnis zur Umwelt,
die den Menschen prägt und die von ihm geprägt wird“ (Ermann, 2004, S. 17). Zu dieser Problematik hat Amft (2006) wie folgt Stellung bezogen: „Festzuhalten ist, dass das
Erscheinungsbild ADS durch unterschiedliche Ursachen und Entstehungszusammenhänge hervorgerufen werden kann. Es gibt bislang kein einziges Verfahren, mit dem
eine objektive Unterscheidung mittels naturwissenschaftlicher Methodik zwischen einem hirnstoffwechselgestörten ADS-Kind und einem nicht hirnstoffwechselgestörten
Kind möglich wäre. Im Einzelfall ist daher immer eine aufwendige psychosomatische
Differenzialdiagnostik erforderlich“ (Amft, 2006, S. 77). Vor dem Hintergrund eigener
Erfahrungen in ambulanter und stationärer Psychotherapie gehe ich mit Amft (2004,
2006) einher, der feststellt, dass sich Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizitsymptomatik
in drei Gruppen differenzieren lassen:
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 337
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hirnfunktionell (mit)bedingte Störungen (hierunter fallen sicherlich auch die
traumatisierten Kinder).
Störungen von Psychostruktur und –dynamik
Erziehungs- und schulbedingte Probleme (Amft, 2006).
Vor dem Hintergrund der psychoanalytischen Konflikttheorie können Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität auch als symptomatische Manifestationen gesehen werden, denen unbewusste psychische Konflikte zugrunde liegen. Erik
H. Erikson, Anna Freud sowie Erich Fromm sind nur einige Psychoanalytikerinnen
und Psychoanalytiker, welche den gesellschaftlichen Einfluss auf die Entstehung von
psychischen Störungen beschrieben haben. Letzterer hat in diesem Zusammenhang
bekanntlich vom „Sozialcharakter“ gesprochen (1974). In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Krankheitsbilder bei Kindern und Jugendlichen vor dem
Hintergrund veränderter soziokultureller Verhältnisse erheblich gewandelt.
• Kindheit findet nicht selten statt zwischen materieller Verwöhnung und emotionaler Deprivation.
• Es kommt vermehrt zu Störungen der Symbolisierung, der Mentalisierung und
die Fähigkeit zum Spielen entwickelt sich oft nicht mehr ausreichend.
• Externalisierende Störungen nehmen zu, weil der gesellschaftliche Rahmen
nicht ausreichend haltend ist.
• Väter sind zunehmend „unsichtbar“ und haben keine triangulierende Funktion, die Jungen bekommen zunehmend Schwierigkeiten mit ihrem Umfeld.
Eine ausführliche Darstellung dieses Wandels findet sich in Heinemann und
Hopf (2006). Der bereits vorher zitierte Amft hat wichtige Veränderungen der
kindlichen Umweltbedingungen sorgfältig zusammengestellt und spricht von
einer „Tabuierung gesellschaftlicher Realität“ (2006, S. 86).
3.1 Einige zentrale Funktionen des Hyperkinetischen Syndroms aus Sicht der
Psychoanalyse
Im Folgenden sollen einige grundlegende psychische Ursachen bei der Entstehung
von Aufmerksamkeitsdefiziten und Bewegungsunruhe aus Sicht der Psychoanalyse
dargestellt werden. Hyperkinetische Unruhe ist, wie bereits erwähnt, ein unspezifisches Reaktionsmuster wie etwa der Zwang und dient als Bewältigungsstrategie bei
ganz unterschiedlichen Auslösern wie Affekten und Unsicherheiten (vgl. auch von
Lüpke, 2001). Wie bei anderen Störungen beruhen die verschiedenen Ausprägungen auch auf einem Vorhandensein von unterschiedlichen Strukturniveaus, von der
schwersten narzisstischen Beeinträchtigung bis hin zu leichten neurotischen Unruhezuständen. Die folgenden Konfliktbereiche konnte ich bei Kindern mit hyperkinetischen Störungen erkennen:
• Die Hyperkinetische Störung kann auf einem Mangel der affektiven und emotionalen Selbstregulation sowie der Symbolisierungsfähigkeit beruhen (Boven-
338 H. Hopf
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siepen, 2002, Heinemann und Hopf, 2006). Über psychodynamische Zusammenhänge wird im folgenden Abschnitt berichtet.
Die Hyperkinetische Störung kann Ausdruck von Trennungs- und Bindungsstörungen sein (Hopf, 2005; Brisch, 2002). Das Bindungsverhalten von Kindern,
welches ursprünglich nicht klassifiziert werden konnte, wird heute als desorganisiertes/desorientiertes Bindungsmuster bezeichnet. Diese Kinder zeigen auffällige, in sich widersprüchliche Verhaltensweisen, welche große Ähnlichkeiten
mit Vorschulkindern haben, bei denen ADHS diagnostiziert wurde. Sowohl die
immer wieder und gehäuft auftretenden Verhaltenssymptome des Innehaltens
und In-Sich-Versinkens, erinnern an die Vorläufer der Aufmerksamkeitsstörung. Aber auch die motorische Unruhe mit widersprüchlichen motorischen
Verhaltensweisen und impulsiven Richtungswechseln in der Aktivität, ruft
das Bild der Hyperaktivität bei Vorschulkindern ins Gedächtnis. Kinder nach
Traumatisierungen, Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch zeigen
gehäuft desorganisierte Verhaltensweisen (vgl. Brisch, 2002).
Die Hyperkinetische Störung kann Ausdruck von Inzestangst und Sexualisierung wegen eines Mangels von väterlicher Funktion und Triangulierung sein
(Heinemann u. Hopf, 2004, 2006). Am Beispiel einer Fallsequenz soll dieser
Konfliktbereich aufgezeigt werden.
Die Hyperkinetische Störung kann als Reizschutz gegen Aggression und Depression über manische Abwehr dienen (Hopf, 2005). Mit körperlicher Unruhe
werden auch Trennungstraumata zu bewältigen versucht und die zugehörigen
depressiven Ängste abgewehrt, was in der Beziehung als „manische Abwehr“
zu erkennen ist. Die Kinder fliehen in die Bewegung, der zugrunde liegende
– meist depressive – Konfliktbereich wird maskiert und unkenntlich gemacht:
Bilden sich während einer Behandlung des hyperkinetischen Syndroms die
Symptome zurück, werden nicht selten die zugrunde liegenden Selbstwertprobleme und depressiven Affekte erkennbar.
Die Hyperkinetische Störung kann der Selbst- und Objektabgrenzung durch Motorik dienen und eine Individuationsstörung sein (Stork, 1993). Das hyperkinetische
Syndrom ist – in seinem Hin und Her – auch Ausdruck des Schwankens zwischen
narzisstischer Verbundenheit mit den Mutterbildern und einer Öffnung in Richtung
auf eine eigene Identität und Individuation (Heinemann u. Hopf, 2004, 2006). Stork
(1993) geht davon aus, dass bei Kindern mit einem hyperkinetischen Syndrom die
Individuation eingeengt und unterdrückt wurde, was Suche nach Befreiung und
Aggressivierung nach sich zieht. Zum andern meint er, dass der psychische Konflikt
in eine motorische Verhaltensweise übergeführt und so unkenntlich gemacht wird.
Darum wird oft lediglich an hirnorganische Defekte gedacht, weil auf diese Weise
das Assoziieren in der Gegenübertragung eingeschränkt wird.
Über psychosomatische Abwehr können Konflikte unkenntlich gemacht werden (Stork, 1993). Nach Storks Meinung werden bestimmte Geschehnisse aus
der elterlichen Phantasie- und Vorstellungswelt als ungeheuer gefährlich erlebt.
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 339
Sie dürfen weder besprochen, noch bewusst gemacht werden und darum auch
keine nennbare Gestalt annehmen. Zeige das Kind psychische Auffälligkeiten,
werde es für die Eltern zu einem gefährlichen Wesen, das sie mit ihren unbewussten Ängsten konfrontiert: „Aus diesen Überlegungen könnte verständlich
werden, warum die Kinder eine Art Körpersprache benutzen, um ihren inneren
Problemen wenigstens auf diese Weise Ausdruck zu verleihen, da sie – eng mit
den Eltern verstrickt – vor allem den Auftrag haben, jede Form von Konflikthaftigkeit zu verbergen“ (Stork, 1993, S. 210f.).
3.2 Hyperkinetische Unruhe ist auch Ergebnis einer Mentalisierungs- und
Symbolisierungsstörung
Erst Symbolisierungsfähigkeit macht es einem Kind möglich, Trennungen samt dazugehörenden Unlustgefühlen auszuhalten. Die Fähigkeit zum Symbolisieren entwickelt sich
bekanntlich von der symbolischen Gleichsetzung, über das Übergangsobjekt hin zu einer
reifen symbolischen Darstellung. Bei symbolischer Gleichsetzung wird das Symbol mit
dem symbolisierten Objekt gleichgesetzt, so dass beide identisch erlebt werden. Bei reifer Symbolbildung oder symbolischer Darstellung repräsentiert das Symbol das Objekt,
aber es wird nicht mit ihm gleichgesetzt: Fremdes wird somit vertraut und Abwesendes
denkbar (Kämpfer, 2001). Segal (1990, 1991) meint, dass es allerdings keinen Patienten
gäbe, dessen Symbolbildung sich ausschließlich auf reifer symbolischer Ebene abspielt.
Ebenso wenig ist sie der Meinung, dass die Symbolik der depressiven Position ganz frei
von konkreten Elementen wäre. Symbolbildung strukturiert die innere Welt des Kindes
und erlaubt eine zunehmende Unabhängigkeit von realen äußeren Objekten.
Innerhalb der Behandlungen von Patienten mit einer hyperkinetischen Störung
wird vom Kinderpsychoanalytiker in der Gegenübertragung meist nur wenig Bildhaftes empfunden, und er kann in der Regel kaum Phantasien zum szenischen Geschehen entwickeln: Vieles mutet überwiegend konkretistisch an, das Assoziieren in
der Gegenübertragung bleibt eingeschränkt, oft ist es, als werde das Phantasieleben
des Therapeuten geradezu gelähmt. Dies macht deutlich, dass bei diesen Patienten
schwere Symbolisierungsstörungen vorliegen. Fehlen Phantasien und Symbolisierungsmöglichkeiten, können Trennungen nicht bewältigt werden und eine affektive
Bewältigung ist nur begrenzt möglich: Erst die Fähigkeit zum Symbolisieren – auf
dem Boden von Mentalisierung – ermöglicht einen Aufschub von Affekten, ansonsten
bleibt gemäß der Terminologie von Mahler (1985) eine „Affektinkontinenz“ erhalten.
Die Leistungsmotorik bleibt dann grundlegend gestört und kann sich nicht weiterentwickeln. Die Ausdrucksmotilität äußert sich auch weiterhin in Gestalt von ungesteuerten hyperkinetischen Verhaltensweisen, weil die motilitätskontrollierende Funktion
des Ichs beeinträchtigt bleibt. Affekte werden – wie beim kleinen Kind – motorisch in
Form von Unruhe abgeführt: Eine symbolvermittelte Abfuhr und ein Aufschub von
Affekten ist Kindern mit starker Bewegungsunruhe offensichtlich nicht möglich. Psychoanalytiker wie Winnicott, Bion sowie in neuerer Zeit Fonagy haben hierüber The-
340 H. Hopf
orien entwickelt. Kinder mit Hyperaktivität haben neben Symbolisierungsstörungen
in der Regel auch Spielstörungen. Sie erleben Spielen nicht symbolisch, nicht mehr
überwiegend „als ob“ und in einem Zwischenbereich von Phantasie und Realität angesiedelt (Streeck-Fischer, 1997). Das Spiel kann dann leicht konkretistisch, real werden
und blitzschnell aus der Kontrolle und in einen bitteren Ernst geraten. Es ist mit einem
niederstrukturierten Traum zu vergleichen, ohne eine zugrunde liegende unbewusste
Bedeutung, die über Deutung erschlossen werden kann.
Papoušek (2003) hat in den vergangenen Jahren in ihrer Münchner Sprechstunde für
Schreibabys ein neues Syndrom bei Säuglingen und Kleinkindern bis zwei Jahren festgestellt: Spielunlust oder sogar eine Unfähigkeit zu spielen, gepaart mit chronischer Unruhe, Unzufriedenheit und gedrückten Stimmungen. Sie schreibt: „Im Kleinkindalter
ist die Spielunlust besonders häufig mit Teufelskreisen assoziiert, bei denen das Kind
durch Aufmerksamkeitsprobleme mit motorischer Umtriebigkeit, geringer Ausdauer,
raschem Aufgeben und Frustration bei geringfügigen Anforderungen im Spiel auffällt.“
(S.175). Papoušek hat festgestellt, dass diese Kinder häufig Mütter haben, die kein ausreichendes Gespür für strukturierende Rahmenbedingungen besitzen, die nicht selten
überfordert und depressiv sind, oder über keine ausreichende Feinfühligkeit bei der dialogischen Abstimmung verfügen. Es ist davon auszugehen, dass bei den beobachteten
Kleinkindern bereits Bindungsstörungen vorlagen, welche die erwähnten Regulationsund Spielstörungen nach sich gezogen haben. Es kann auch vermutet werden, dass bei
den von Papoušek beschriebenen Kindern im Kleinkindalter eine ADHS diagnostiziert
werden wird. In diesem Zusammenhang kann eine weitere Untersuchung zitiert werden, in welcher so genannte Schreibabys – exzessiv schreiende Säuglinge – im Alter von
8 Jahren nochmals untersucht wurden. Es konnte bei dieser Gruppe ein signifikant häufigeres Auftreten einer ADHS festgestellt werden (Wolke, Rizzo, Woods, 2002). Die anamnestischen Daten des Forschungsprojektes von Heinemann (2003) machten ebenfalls
deutlich, dass bei über der Hälfte der Kinder bereits während der Schwangerschaft und
Geburt sowie in der frühen Entwicklung Auffälligkeiten bestanden. Diese Symptome
lassen vermuten, dass bei den in diesem Projekt untersuchten Kindern die frühe MutterKind-Bindung sehr belastet war (Heinemann u. Hopf, 2006).
4
Hyperkinetische Störung, Symbolisierungs- und Spielstörungen bei
mangelndem Containment – ein Fallbeispiel
4.1 Falldarstellung
In einer Supervision konnte ich eine Symbolisierungsstörung und deren Bewältigungsversuch über Containment der Therapeutin eindrücklich erleben: Eine niedergelassene Kollegin1 supervidierte bei mir die Behandlung eines 11-jährigen Mädchens. Der
¹ Ich danke meiner Kollegin, Frau Ulrike Hadrich, ganz herzlich für die Überlassung des Fallmaterals.
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 341
untersuchende Arzt hatte eine ADHS mit einer ausgeprägten Bewegungsunruhe diagnostiziert. Manuela lebte bei ihrer Mutter sowie Stiefvater und fiel mit ihrem extremen
oppositionellen Verhalten, Verweigern und Streiten auf und erntete überall Zorn und
Ablehnung. Sie konnte auf Dauer keine Freundschaft halten, nach anfänglicher großer
Hoffnung und Idealisierung fühlte sie sich schnell verachtet und verraten. In solchen
Momenten verbündete sich die Mutter mit ihr und bestärkte sie darin, dass man sich
auf niemanden verlassen könnte. Auch die Mutter löste Beziehungskonflikte zumeist
mit Abbrüchen. Die Freundschaft zu Jungen und jungen Männern suchte Manuela über
zudringliche, sexualisierte Anmache und wurde darum in Gruppen rasch ausgegrenzt.
Die Schwangerschaft war von der Mutter nicht erwünscht gewesen, und sie hatte das
Kind immer abgelehnt. Verstärkt wurde dies durch eine Sehbehinderung, die seit Manuelas Geburt bestand und dem Kind ein leicht entstelltes Aussehen gab, was für die Mutter
eine schwere narzisstische Kränkung bedeutete. Manuela hatte eine schlimme Kindheit
gehabt, und es war früh zu massiven Beziehungsstörungen gekommen. Als Manuela
schließlich auch in der Schule große Probleme bekommen hatte, war eine psychoanalytische Behandlung mit einer Frequenz von zwei Stunden pro Woche begonnen worden.
Zunehmend waren die Stunden schwieriger geworden, die Patientin wollte sich
an keinerlei Rahmenbedingungen halten und zeigte immer häufiger unkontrollierte
Affekte, die nur schwer ausgehalten werden konnten. Die Psychotherapeutin berichtete von einer Stunde mit ihrer Patientin wie folgt:
„Wir spielen im Puppenhaus. Es wird für zwei Familien aufgeteilt, eines ist ihre, die
andere meine Familie. Zuerst verständigen sich die beiden Familien noch. Langsam
entwickelt sich ein Streit, der immer mehr eskaliert und immer realer wird. Schließlich
beginnt Manuela meinen Hausteil zu zerstören, und fängt an, Gegenstände des Puppenhauses wirklich kaputt zu machen, zu zerstören. Sie verlässt immer mehr die Spielebene und wird zunehmend von den ehemaligen „Spiel-Affekten“, Streit und Wut,
ganz real überwältigt. Ich versuche, die symbolische Spielebene wieder zu erreichen,
indem ich einen äußeren Beobachter einführe („wie meinst du, wie wird der Streit der
Familien weitergehen?“). Aber mein Appell an ihr bewusstes Ich erreicht sie bereits
nicht mehr. Ich bin inzwischen für sie, ganz real, längst die „böse Mutter“. Ich fühle
mich ausgeliefert und völlig hilflos und ich bekomme Angst, sie könnte alles zerstören.
Dann müssen wir die Stunde beenden, und sie geht wütend und türenknallend hinaus.
In mir hinterlässt sie große Angst, sie könnte möglicherweise nicht wiederkommen.“
Die Therapeutin hatte in der Nacht vor der Supervision den folgenden Traum: „Ich
stehe auf der Straße und sehe in einiger Entfernung mein Auto stehen. Manuela
nähert sich dem Auto und macht sich am Fenster zu schaffen. Ich bekomme Angst,
dass sie etwas Giftiges hineinsprüht (eventuell eine Flüssigkeit?) und dass sie meinen Kindern schaden könnte.“
Nach Traum und Supervision folgte eine Woche später die Anschlussstunde. „Manuela kommt gut gelaunt und freundlich in die Stunde und schlägt unvermittelt
342 H. Hopf
vor: „Spielen wir wieder das mit der Familie?“ Das Spiel entwickelt sich wie in der
vergangenen Stunde. Ihre Angriffe auf meinen Hausteil werden immer vehementer
und realer. Ich versuche den Schaden zu begrenzen, baue immer wieder auf, versuche Frieden zu stiften und mich nicht entmutigen zu lassen. Aber es hilft alles nichts.
Als ihre Attacken unerträglich werden, stelle ich mich mit dem Bauch schützend
vor meinen angegriffenen Hausteil und sage: „Ich passe hier jetzt auf, dass nichts
zerstört wird und dass alle dableiben können. Niemand wird rausgeschmissen!“ Tatsächlich kehrt Manuela daraufhin zur symbolischen Spielhandlung zurück.“
4.2 Psychodynamische Überlegungen
Drei Dinge aus dieser Behandlung sind bemerkenswert:
Die Patientin besetzt konkretistisch Räume. Wie in vielen anderen Therapiesequenzen von Patienten mit hyperkinetischer Störung, besetzt auch diese Patientin rücksichtslos Räume – diesmal eines Puppenhauses – und sucht deren Inhalte zu zerstören. Es ist zu vermuten, dass sie damit versucht, sich konkretistisch von schlechten
Introjekten zu befreien und diese zu zerstören. Dabei wird sie übergriffig und entgrenzt. Sie sucht den Rahmen anzugreifen und zu zerstören. Die Welt der Objekte
und Gegenstände ist symbolisch dem gleichgesetzt worden, was sie bedeuten.
Das Spiel verliert seinen symbolischen Charakter und wird real. Die schwere Symbolisierungsstörung der Patientin zeigt sich, als das Spiel plötzlich seinen „Als-Ob-Charakter“ verliert. Es sind zunächst noch Symbolisierungen zu erkennen, aber sie tragen nicht mehr, sondern brechen immer wieder weg. Sofort gerät das Spiel aus der
Kontrolle und wird real. Dies hat erhebliche behandlungstechnische Konsequenzen,
weil die Patientin nicht mehr erreichbar ist. Die Therapeutin trat nach Scheitern
des Verbaldialogs mit ihr in einen Handlungsdialog (Klüwer, 1983), weil sie reale
Destruktion nicht zulassen wollte.
Die Therapeutin verarbeitet die übermäßige projektive Identifizierung in einem Traum.
Zwiebel (1977) ging davon aus, dass besonders schwere Persönlichkeitsstörungen
eines Patienten archaische Reaktionsweisen beim Analytiker mobilisieren können
und zu Gegenübertragungsträumen führen können (ebd., 57f.). Die Patientin hat
Teile des Ichs projektiv-identifikatorisch ausgestoßen und in der Therapeutin „untergebracht“. Bezeichnenderweise kann diese von ihrer Patientin träumen, als sie
ausreichende Distanz hat. Der Traum beschreibt, wie die Patientin flüssiges Gift ins
Auto der Therapeutin sprüht. Wir gehen davon aus, dass die Therapeutin in diesem
Traum wahrnimmt, wie die Patientin unintegrierte Beta-Elemente (Bion, 1990) in
ihrem Körper unterbringen will und damit die inneren Objekte bedroht. Im Gegenübertragungstraum bekommt das Unausgesprochene der Stunden wieder Sinn
zugeschrieben, über träumerische Reverie werden die Inhalte symbolisierungsfähig.
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 343
Sie haben die Therapeutin verändert. Jetzt konnte sie bewusst Ekel spüren und die
Situation der Patientin als ungeliebtes Kind im Hier und Jetzt reflektieren.
In der Hyperaktivität werden Gegenstände unter der Vorherrschaft der Aggression
konkretistisch verwendet und der Rahmen angegriffen. Die Giftattacke der Patientin könnte auch als Aggression gegen die Motorik (Auto) der Therapeutin verstanden werden. Ist der unbewusste Sinn der Giftattacke wie bei einem Schlangenangriff
das Opfer zu lähmen, es bewegungsunfähig zu machen? In der Arbeit mit hyperaktiven Kindern fühlt man sich häufig wie gelähmt. Der Traum und die Supervision
ermöglichten ein Verstehen und Entgiften der Gegenübertragung (Bion, 1990), die
Therapeutin war anschließend zum „Nein“ fähig.
5
Sexualisierung und Aggressivierung vor dem Hintergrund von
Geschlechterdifferenz
5.1 Theoretische Überlegungen
Auf die Assymetrie der Geschlechtsverteilung zugunsten der Jungen wurde bereits
kurz eingegangen: Zur ambulanten psychoanalytischen Behandlung des hyperkinetischen Syndroms mit oder ohne Aufmerksamkeitsstörung kommt nur ein wesentlich geringerer Prozentsatz an Mädchen, weil diese weniger sozial auffällig werden:
In meinen Statistiken als KBV-Gutachter im Rahmen der Richtlinienpsychotherapie
betrug das Verhältnis bei tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen übrigens 1:7. Es ist aufschlussreich, dass sich
dieses Verhältnis auch bei Legasthenie und anderen Sprachstörungen in ähnlicher
Weise zeigt: Offensichtlich ist die Kommunikationsfähigkeit von Jungen generell
störanfälliger.
Motorik, Aggression und Sexualität, Lust an der Bewegung sind bei Jungen eng
miteinander verknüpft. Jungen bewegen sich sogar mehr in ihren Träumen, haben
häufiger Träume vom Fliegen und vom Schweben. (Hopf, 2005). Sie suchen das Risiko, die Angstlust und Grenzsituationen, überschätzen sich und unterschätzen Beziehungen. Das sind wenige Geschlechtsunterschiede, welche hier nur kurz gestreift
werden können (Hopf, 1998; Heinemann u. Hopf, 2004).
Weil bei Jungen die Bewegungsfunktion deutlicher libidinös besetzt ist, ihnen jedoch häufig keine ausreichenden Möglichkeiten zur Regulation ihrer Affekte zur
Verfügung stehen, machen sie aus dieser Not eine – vermeintliche – Tugend. Sie
externalisieren Affekte bereits früh, sie beantworten innere Unruhe und depressive
Ängste mit motorischer Unruhe und Getriebenheit: Das Symptombild der Depression bei Kindern unterscheidet sich darum zwischen Jungen und Mädchen. Depressionen kommen bei Jungen nicht etwa seltener vor, die depressiven Affekte werden
nur häufiger von einem lärmenden aggressiven und unruhigen Agieren zugedeckt,
344 H. Hopf
was – wie zuvor aufgezeigt – als „manische Abwehr“ bekannt ist, jedoch in der Regel als Hyperkinetische Störung diagnostiziert wird. Bekannt sind kleine Jungen,
die anlässlich von Schwellensituationen, welche Trennung erforderlich machen, wie
Kindergarten und Schule, unruhig und getrieben werden und nicht mehr still sitzen
können. Ulrike Schmauch hat 1987 Kinder in einer Krabbelgruppe beobachtet und
kam zu ähnlichen Ergebnissen: „Die Mädchen wurden im Laufe ihrer Entwicklung
‚mädchenhafter‘, in den offenen Äußerungen ihrer Aggression gehemmt, häufig depressiv ängstlich, und die Jungen ‚jungenhafter‘, nämlich oft aggressiv und grandios
agierend.“ (S. 65)
Jungen werden häufiger an psychologischen Beratungsstellen vorgestellt, weil sie
Sand in das soziale Getriebe tragen. Mit beginnendem Jugendalter ist sogar eine
noch stärkere geschlechts- und altersspezifische Ausprägung von psychischen Erkrankungen zu beobachten. Männliche Jugendliche tendieren insgesamt deutlich
mehr zu ausagierenden, sozial störenden Verhaltensformen mit vermehrten Aggressionen, Hyperaktivität und sozial abweichendem Verhalten; Mädchen leiden dagegen stärker unter psychosomatischen und neurotischen Verarbeitungsformen von
Konflikten mit Neigung zu vermehrter Depression und Ängsten (vgl. auch Seiffge-Krenke, 1986, 2004). Mädchen machen den eigenen Körper zum Kampfplatz,
Jungen den Schulhof (Hopf, 1998).
Der Vater unterstützt bekanntlich als triangulierendes Objekt die Loslösung und
dient als ödipales Objekt der Identifikation. Über die physische und psychische Abwesenheit von Vätern, die Zunahme von Trennungen und die psychischen Folgen,
existiert eine Fülle von Literatur (u. a. Rotmann, 1978; Stork, 1986; Dammasch,
2000; Schäberle, 2003; Dammasch u. Metzger, 2005).
Der Verlust des Vaters, nach Tod oder Trennung der Eltern, kann für den Jungen
eine ganz besondere Bedrohung mit sich bringen. Er verliert auf diese Weise das
Objekt, mit dem er sich hätte identifizieren können und welches ihn davor geschützt
hätte, in eine inzestuöse Beziehung mit der Mutter zurückzufallen und – möglicherweise – seine Geschlechtsidentität zu verlieren. Jungen werden darum oft „herrisch“
und großspurig, sie zeigen nicht selten ein machohaftes, aggressives und sexualisiertes Verhalten: Es fehlt ihnen an der Gelegenheit, sich mit einem realen Mann zu
identifizieren – auch mit seinen Schwächen. Sie entwickeln darum ein hyperphallisches, übertrieben „männliches“ Verhalten, um sich ausreichend von ihren Müttern
abzugrenzen. Bewegungsunruhe ist also auch eine Form von Aggressivierung, die
den Individuationskonflikt mit der Mutter über Fortbewegungsimpulse ausdrückt.
Fehlt der Vater als Triangulierungsobjekt, ist der Junge hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mit der Mutter narzisstisch zu verkleben und sich andererseits
zu individuieren; er zappelt gleichsam am Angelhaken und sucht sich gewaltsam zu
befreien (Heinemann u. Hopf, 2004). Jungen bewegen sich mehr, Mädchen hingegen
träumen häufiger vom Reiten und zeigen schon früh ein intensiveres Spielverhalten
im Kindergarten. Sie scheinen die Fähigkeit zur Mentalisierung und Symbolisierung
leichter zu erreichen.
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 345
5.2
Falldarstellung
Ich möchte im Weiteren zu den vorherigen theoretischen Überlegungen zu inzestuöser Nähe, Angst und hyperphallischer Entwicklung eine weitere kleine Fallsequenz
vorstellen. Ein sechsjähriger Junge wurde mir zur Behandlung mit der Diagnose
F90.1, hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, überwiesen.
5.2.1 Erstgespräch mit der Mutter
Die Mutter welche zum Erstgespräch kam, wirkte eigenartig, befremdlich. Einerseits erlebte ich sie starr und zwanghaft, emotional kaum spürbar. Ihre Stimme klang eintönig
und schwang affektiv kaum mit. Frau F. breitete eine Fülle von Notizen vor sich aus,
blätterte in Tagebüchern und schrieb gleichzeitig meine Bemerkungen mit. Sie suchte
offensichtlich Halt in Formalitäten und Regeln. Andererseits wirkte sie übergriffig und
eindringend: Sie oszillierte zwischen kühler Distanziertheit und bedrängender Nähe.
Frau F. war eine hübsche, schwarzhaarige Frau. Sie war als Deutsche in einer
östlichen Diktatur geboren und aufgewachsen, was vermutlich Einfluss auf ihre
Struktur genommen hatte. Mit 24 Jahren war sie nach Deutschland gekommen
und hatte hier ihr Sprachenstudium fortgesetzt, es allerdings nie abgeschlossen. Sie
lernte nach zwei Jahren einen etwas älteren Akademiker kennen, wurde von ihm
schwanger und heiratete den Vater des Kindes. Es entwickelte sich jedoch rasch eine
spannungsreiche Beziehung, der Ehemann betrog sie, zog aus, zog wieder ein. Zwei
Jahre nach Geburt der Tochter wurde Daniel als „Versöhnungskind“ geboren. Drei
Monate danach starb der Großvater mütterlicherseits. Als Daniel sechs Monate alt
war, zog der Vater wiederum aus. Nach einem halben Jahr kehrte er wieder zurück,
die Familie zog wegen beruflicher Gründe des Vaters ins Ausland, nach zwei Jahren
wieder zurück nach Deutschland. Als Daniel vier Jahre alt war, verließ der Vater die
Familie endgültig und zog zu einer anderen Frau. Daniel hatte unstillbare Sehnsucht
nach ihm. Die gekränkte Mutter suchte jedoch alle Kontakte zu ihm zu unterbinden,
was einen erbarmungslosen Scheidungskrieg nach sich zog.
Die frühe Entwicklung des Jungen wurde von der Mutter als unauffällig beschrieben. Mittlerweile war es jedoch zu großen Schwierigkeiten gekommen. Daniel
klammerte an die Mutter und konnte sich nicht von ihr trennen. Nachts wollte er
in ihr Bett, schlief schließlich nur mit Licht in seinem Zimmer. Tagsüber hingegen
war er laut, unruhig und hektisch, überrannte alle Grenzen. Zeitweise hätte er auch
einen Schnüffeltic gehabt, der allerdings wieder verschwunden sei.
Daniel wurde altersgerecht eingeschult. Schon nach wenigen Tagen kam es zu großen Problemen. Er blieb nicht an seinem Platz sitzen, wirkte getrieben und unruhig,
konnte sich auf nichts konzentrieren und boykottierte zudem Arbeitsanweisungen.
Er begann herumzukaspern und sich vor seinen Mitschülern aufzuspielen. Er steckte Stifte in seine Ohren, grimassierte, hüpfte herum. In den Pausen kam es zu ersten
Auseinandersetzungen mit Mitschülern sowie Aufsicht führenden Lehrern. Bitten
346 H. Hopf
und Ermahnungen ignorierte er. Strafen führten auch zu keinen Veränderungen.
Daniel verweigerte während des Unterrichts Leistungen. Hausaufgaben fertigte er
natürlich auch keine an. Die Mutter wurde immer wieder in die Schule bestellt. Daniel wurde schließlich – wegen „sozialer Schulunreife“ – ausgeschult.
Als die Mutter im Erstgespräch detailliert über alle jene Probleme berichtete,
zeigte sie sich zum ersten Mal bewegt und weinte sogar ein wenig. Täglich gäbe
es „Krieg“ zwischen ihnen, weil Daniel – der inzwischen altershalber wieder eingeschult worden war – seine Hausaufgaben wieder nicht machen wollte. Ständig
läge er auch im Streit mit der älteren Schwester. Der Junge müsse ununterbrochen
ermahnt werden und würde inzwischen mit heftiger Wut reagieren. In letzter Zeit
hätte er überdies begonnen, Sachen zu zerstören oder aus nichtigen Gründen auf
die Schwester einzuschlagen. Beispielsweise hätte er in verschiedene Türen Löcher
gebohrt, worüber er sich zu freuen schien. Unerträglich fände sie zudem, dass der
Junge so großspurig und überheblich daherreden würde. Auch verwende er übelste
sexuelle Ausdrücke, was sie besonders störte. Er wäre ein richtiger kleiner „Macho“.
Sie könnte sich das auffällige Verhalten des Jungen nicht erklären. Sie berichtete
auch, wie sich der Junge beim Essen verhalten würde. Er werfe mit Nahrung um
sich, kippe mit dem Stuhl und provoziere laufend. Ich fragte sie, warum sie sich das
denn gefallen lasse, warum sie kein klares „Nein“ ausspräche. Darauf meinte sie, dass
das doch Liebesentzug wäre. Es hätte ihm nie an Liebe gefehlt. Immer sei sie bei ihm
gewesen und hätte sich ausschließlich um ihn gekümmert. Überhaupt nicht passen
würde zu seinem sonstigen Gebaren, dass Daniel sich nicht von ihr trennen könnte,
nachts Angst hätte, alleine zu schlafen und sie immer in seiner Nähe wissen wolle.
Daniel bekam übrigens, trotz Verordnung, kein Methylphendidat, weil die Mutter
alle Eingriffe, welche sie nicht einschätzen und kontrollieren konnte, fürchtete. So
durften die Kinder auch nie in die Sonne, weil sie Angst hatte, es könnten sich bei
ihnen Melanome entwickeln. Die Familie war eine „Festung“, die vor Angriffen von
außen schützen sollte.
5.2.2 Die erste Stunde mit dem Patienten
Daniel war ein hübscher, dunkelhaariger Junge mit leicht femininen Zügen. Er sah
seiner Mutter ähnlich, und er wirkte auf den ersten Blick aufgeweckt und intelligent.
Allerdings fiel auf, dass er nur schwer Blickkontakt aufnehmen und halten konnte.
Er war motorisch unruhig, aufgedreht und löste in der Gegenübertragung spontan
Vorsicht aus – er war unberechenbar.
Er wirkte kindlich und erwachsen sowie sanftmütig und sadistisch zugleich. In prahlerischer Weise erzählte er, was er alles könnte und schon an wichtigen Dingen mit seinem Vater bewerkstelligt hätte. Realität und Phantasien gingen dabei ineinander über
und schienen ungetrennt. Ich spürte Brüchigkeit und ahnte, dass seine Größenphantasien, seine forcierte „Männlichkeit“ die zugrunde liegende Selbstunsicherheit zudecken
mussten. Er fragte mich, wie lange er zu mir kommen dürfte und dass er das sehr schön
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 347
fände. Zur selben Zeit zielte er blitzartig mit dem gespannten Bogen auf mich. Ich erschrak natürlich, wurde ärgerlich und sagte ihm, dass ich selbstverständlich nicht wollte,
dass wir uns hier möglicherweise verletzen könnten, um von Anfang an stabile und haltende Rahmenbedingungen auszuhandeln. Gleichzeitig meinte ich, dass er es vielleicht
nicht nur schön finden würde, jetzt regelmäßig zu mir zu kommen, sondern dass es ihn
vielleicht auch ärgern würde, dass über ihn bestimmt würde. Daniel begann daraufhin
Sand aus dem Sandkasten zu werfen. Ich betonte wiederum, dass ich nicht wollte, dass
er Dinge täte, welche mich lediglich ärgern würden. Blitzartig fragte Daniel, „ob er mir
in die Eier treten dürfe“. Diese aggressive und wiederum völlig unerwartete Distanzlosigkeit erschreckte mich, und die Entwertung machte mich zudem wütend. Urplötzlich
rannte Daniel aufs WC, kam nach wenigen Minuten wieder und packte eine Tasche aus.
Gierig trank er aus einer Flasche und aß hinterher Birnenschnitze, welche ihm seine
Mutter sorgfältig vorbereitet hatte. Dann wollte er ein Spielzeugauto mit nach Hause
nehmen. Das nahm ich zum Anlass, ihm zu erklären, dass die Dinge aus dem Spielzimmer hier bleiben würden und warum das so gut wäre. Ich spürte, dass sich Daniel nur
unterwarf, allerdings nichts eingesehen hatte. Im Anschluss an die Stunde holte Frau F.
Daniel ab und führte ihn an der Hand zum Auto.
5.2.3 Interpretation
Daniels Mutter, die ich im Erstkontakt erlebte, war eine selbstunsichere, zwanghafte Frau
mit vielfältigen Ambivalenzen. Ich erlebte sie depressiv und wenig halt gebend. Sie fühlte
sich vereinsamt mit ihren Kindern und sehnte sich nach Nähe zu einem Mann. Andererseits sah sie sich einer kalten, feindseligen Welt gegenüber und von außen bedroht, natürlich auch von Daniel. Während des Gesprächs hatte sie Angst, aus dem Erleben heraus
zu berichten und hielt sich an ihren Aufzeichnungen geradezu fest. Jede Rückfrage meinerseits erschreckte sie und verstärkte ihr zwanghaftes Verhalten. Sie hatte offensichtlich
Angst, sich auf ihre Gefühle zu verlassen, was Daniel von früh an irritiert hatte, so dass
er keine ausreichend sichere Basis für eine einigermaßen ungestörte Entwicklung, Symbolisierung und Mentalisierung fand. Frau F. hatte aber auch kein ausreichendes Gespür
für Distanz und Nähe, wie bereits im Erstgespräch spürbar wurde. Aus diesem Grunde
waren ihr keine deutlichen Grenzsetzungen, kein eindeutig abgrenzendes und strukturierendes „Nein“ möglich gewesen: Dies wurde deutlich, als sie beispielsweise berichtete,
wie der Junge sich beim Essen verhalten würde. Daniels unruhiges, hyperkinetisches
Verhalten war also auch – wie bereits zuvor ausgeführt – der Versuch einer Selbst-Objekt-Abgrenzung, weil die Individuation misslungen war.
Zwar hatte die Mutter Daniels frühe Entwicklung als „unauffällig“ beschrieben.
Die Angabe der Mutter, Daniel wäre von beiden Eltern gewollt gewesen, blieb allerdings widersprüchlich. Ich vermutete, dass Daniel die damals schon brüchige Beziehung kitten sollte. Seine frühe Entwicklung erfolgte in einem spannungsreichen und
von Beziehungsabbrüchen geprägten Raum. Die Eltern stritten, trennten sich, zogen
wieder zusammen und trennten sich endgültig. Die vielfachen Trennungen hatten
348 H. Hopf
sich vermutlich zusätzlich traumatisierend ausgewirkt und noch zur Lähmung des
Phantasieerlebens und Störung der Symbolbildung geführt. Der Vater war meist abwesend. War er anwesend, so war er es nicht in einem psychischen Sinne.
Tatsächlich war die erste Stunde mit Daniel ein Spiegel jener Konflikte mit der Mutter und dem abwesenden Vater. Die Unruhe des Jungen, seine aggressiven Attacken
gegen die Mutter, seine Grenzüberschreitungen und Provokationen müssen als sein
Versuch gewertet werden, sich aus der mütterlichen Umklammerung zu befreien. Die
Blitzartigkeit mit welcher seine Attacken abliefen, ließen erkennen, wie ängstigend und
unberechenbar er die Mutter mit ihrem Eindringen und ihrer abrupten Distanzierung
erlebt hatte. Dabei zeigte Daniel Unvermögen einzuschätzen, was sein Verhalten bei
anderen Menschen auslöste. Er war zudem ein trennungsängstliches Kind mit Dunkelheitsängsten. Es hatten sich keine adäquaten internalisierten Objektrepräsentanzen
gebildet, oder sie waren wieder zerstört worden. Es war jedoch auch keinerlei Respekt,
keine Schamangst und vor allem keine Realangst bei ihm zu erkennen.
Das sexualisierte Verhalten des Jungen zeigte einerseits, dass ihn die übergroße Nähe
zur Mutter stimuliert hatte. Andererseits sah er sich auch in seiner männlichen Entwicklung bedroht (feminine Identifikation), so dass er Kastrationsängste abzuwehren
versuchte („Darf ich Dir in die Eier treten…“). Seine Sehnsucht nach Nähe und Verschmelzung, nach Geborgenheit und Sicherheit hatte offensichtlich heftige Angst und
in der Folge Wut ausgelöst, dass er auf diese Weise wieder abhängig würde. Es war die
gleiche Situation wie zu Hause mit der Mutter und die gleiche, wie in der Schule mit
der Lehrerin, welche sich in dieser Behandlungssequenz abbildete. Um nicht wieder
regressives Kleinkind zu werden, entwickelte Daniel – auch wegen des psychisch fehlenden Vaters – ein hyperphallisches Verhalten: Die entwicklungsadäquate Phallizität
hypertrophierte, auch um sich wieder von der Mutter zu „entidentifizieren“.
Das hyperphallische Verhalten des Jungen war von manischer Abwehr „unterfüttert“: Allmachtsgefühle führten zu ständigen Großsprechereien, welche auf Verleugnung beruhten. Daniel tendierte zu Idealisierungen, die jedoch sofort zusammenbrechen konnten. Er suchte dann das Objekt zu entwerten, verächtlich zu machen
und es auf diese Weise zu kontrollieren, was ihm sadistischen Triumph bereitete, der
in der Gegenübertragung nur schwer aushaltbar war. Ständig mussten Racheimpulse kontrolliert werden.
5.2.4 Zentraler Konflikt
Daniel fühlte sich von seiner Mutter angezogen und weggestoßen, was die Individuation verhinderte. Die stimulierende Nähe der Mutter wurde nicht gemildert, weil
der Vater zur männlichen Identifikation ausfiel. Ängste vor Verlust seiner Männlichkeit wurden über hyperphallisches Verhalten abgewehrt, Sexualisierung und
Aggressivierung verschafften Daniel Abgrenzung zur Mutter und wandten die Aggression nach außen. Meine Diagnose aus psychoanalytischer Sicht formulierte ich:
Hyperkinetische Symptomatik – die auch der Selbst- und Objektabgrenzung dient
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 349
– mit Sexualisierung und Inzestängsten. Störung auf mittlerem Strukturniveau mit
borderlineähnlichen Tendenzen.
5.2.5 Überlegungen zum Behandlungsverlauf – Hass in der Gegenübertragung
Ich habe diese Behandlung eines hyperkinetischen Kindes als eine meiner schwersten überhaupt erlebt, weil sie mich an die Grenzen meiner Möglichkeiten brachte. Ich musste fortdauernd zweierlei tun. Ich musste versuchen, den bedrohlichen,
unberechenbaren Attacken des Jungen standzuhalten, musste überleben und durfte nicht in Angst oder einen chronischen Hass mit überflutenden Racheimpulsen
verfallen. Und ich musste mit Daniel immerfort aushaltbare Rahmenbedingungen
aushandeln, damit unsere Beziehung überlebte. Ich war im ständigen Zweifel, ein
ausreichend guter Therapeut zu sein und nicht überwiegend das Falsche zu tun. Ich
geriet ununterbrochen in Situationen, von denen ich glaubte, sie nicht behandlungstechnisch bewältigen zu können. Ich halte die Problematik der Gegenübertragung
für das größte behandlungstechnische Risiko in der Behandlung von Kindern mit
hyperkinetischen Störungen. Weil sie die Behandler konkretistisch und unvermittelt
attackieren können, geraten diese in eine ähnliche Situation wie ihre Patienten. Sie
meinen, eigene Affekte nicht mehr in sich halten zu können und beginnen zu agieren. Meiner Erfahrung nach sollten solch komplexe Behandlungen – vor allem – in
Gruppen supervidiert werden, in denen Therapeuten sich gegenseitig entlasten.
6
Was ist zu tun, wenn sich Kinder an keine Rahmenbedingungen halten
wollen?
Wie weit sich ein Kinderanalytiker in die Behandlungsszenen einlässt, hängt unter
anderem von seiner Fähigkeit ab, aushalten zu können. Bei manchen Therapeuten
ist diese Grenze rasch erreicht, wenn sie das tobende Kind ununterbrochen maßregeln und die Rolle eines sadistischen Über-Ichs übernehmen. Das andere Extrem
wäre ein masochistisches Gewährenlassen und Ertragen: Ein Kollege ließ sich einmal fesseln und verbrachte eine ganze Behandlungsstunde in hilfloser Lage. Die Gefahr des sadistischen Machtkampfes ist bei Behandlungen von Kindern mit Persönlichkeitsstörungen immer gegeben. Es ist also auch in diesen Bereichen wichtig, mit
dem Patienten klare Bedingungen auszuhandeln und abzusprechen.
Werden der ich-psychologischen Deutungstechnik aus heutiger Sicht auch gewisse
Einseitigkeiten unterstellt, insbesondere eine Vernachlässigung des Beziehungsaspektes, der Übertragung und vor allem der Gegenübertragung, so fasziniert immer noch,
wie übersichtlich die Behandlungstechnik dargestellt und diskutiert wurde, nebst den
notwendigen Einschränkungen bei aggressiven Durchbrüchen eines Patienten.
Damals wurden bei aggressiven Attacken kleinere Kinder festgehalten, gefährliche
Spielzeuge wurden aus dem Behandlungszimmer entfernt, etc. Dem Patienten wur-
350 H. Hopf
den Einschränkungen auferlegt, um ihn selbst, den Therapeuten und die Umwelt zu
schützen. Dies geschah mit der deutlichen Absicht, dass das Kind nicht ängstlich werden und sich danach schuldig fühlen sollte. Und die Kinder wurden ermutigt, das
unbewusste Material durch Phantasiespiele oder verbal darzustellen und es nicht zu
agieren. Hierzu meinte A. Freud unmissverständlich(Sandler, Kennedy, Tyson, 1982,
S. 230): „In der frühen Geschichte der Kinderanalyse glaubte man, dass das Agieren
und besonders die Freisetzung von Aggressionen an sich schon einen therapeutischen
Wert hätten. Heutzutage hört man das gelegentlich noch in dem Gedanken ausgedrückt, dass man dem Kind in seinem Verhalten einen großen Spielraum geben müsse, weil sich das, was unbewusst ist, im freien Ausdruck deutlicher zeigen werde. Dem
ist nicht so. Im Gegenteil, das analytische Material wird verdunkelt und verändert,
wenn der Analytiker auf diese Weise massive Regression gestattet“. Nach Meinung
A. Freuds ist es für kleine Kinder – es ging hier um einen Dreijährigen – durchaus
altersgerecht, wenn nötig, von einem Erwachsenen gehalten zu werden. Einschränkungen sollten jedoch immer von Verbalisierungen und Deutungen begleitet werden;
dann könnte eine Deutung durchaus wirksam werden, obwohl das Kind gleichzeitig
körperlich zurückgehalten wird. Es sollte auch eine klare Unterscheidung getroffen
werden zwischen Einschränkungen, die sich im Laufe der Analyse als nötig erweisen,
und einer sogenannten Disziplin, der das Kind unterworfen wird.
Dies geschah in einer Zeit, so müssen wir feststellen, in der Scham- und Respektlosigkeiten noch nicht zur Tagesordnung gehörten wie heutzutage. Ich denke, dass es
auch heute noch gemeinsamer Nenner aller Behandlungstechniken ist, dass destruktive Impulse, also konkretistische Destruktionen begrenzt werden müssen. Grenzsetzungen sind Strukturierungsmaßnahmen. Sie geben der Therapeut-Kind-Beziehung
einen sicheren Rahmen, und sie entlasten den Patienten von möglichen Schuldgefühlen.
Wer Kinder mit schweren externalisierenden Störungen in ambulante Psychotherapie
nimmt, wird den Umgang mit destruktiven Aktionen immer wieder bedenken müssen.
7
Zur Behandlungstechnik von externalisierenden Störungen
Externalisierende Störungsbilder (hyperkinetische Störungen und Störungen des
Sozialverhaltens) gehören mittlerweile zu den am häufigsten diagnostizierten Auffälligkeiten bei männlichen Kindern und Jugendlichen. Über stationäre Arbeit mit
jenen Kindern und Jugendlichen hat Streeck-Fischer ausführlich gearbeitet und die
Rahmenbedingungen dargestellt (2006, 2007). Innerhalb von ambulanten psychoanalytischen Therapien erfordern diese Patienten eine modifizierte Behandlungstechnik, weil sich zentrale Probleme ergeben: Kinder mit jenen Störungsbildern haben neben Symbolisierungsstörungen in der Regel auch Spielstörungen. Sie erleben
Spielen nicht symbolisch, nicht mehr überwiegend „als ob“ und in einem Zwischenbereich von Phantasie und Realität angesiedelt. Das Spiel kann leicht konkretistisch,
real werden und blitzschnell aus der Kontrolle geraten. Kinder und Jugendliche mit
Zwischen Empathie und Grenzsetzung 351
externalisierenden Störungen greifen zudem Rahmenbedingungen ständig an und
suchen sie zu zerstören. Verbale Interventionen erreichen die Patienten oft nicht.
Die Gegenübertragungen sind nur schwer auszuhalten und zu kontrollieren.
In Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen konnte ich feststellen, dass Behandlungen von Patienten mit schweren Mentalisierungs-, Symbolisierungsstörungen
und strukturellen Defiziten, Therapeuten oft an ihre Grenzen bringen können. Es
stellen sich sogar gelegentlich Zweifel ein, ob diese schwer gestörten Patienten mit
ambulanten Therapien überhaupt erreichbar sind, oder ob nicht stationäre Psychotherapie das Mittel der Wahl sein müsste. In der Tat müssen neue BehandlungsWege gefunden werden, um bei solch massiven Externalisierungen erträgliche Rahmenbedingungen auszuhandeln und eine psychoanalytische Situation herzustellen,
in der sowohl Analytiker als auch Patient überleben können.
Es können zwei zentrale Positionen innerhalb der Psychoanalyse und ihren Schulen beschrieben werden: Arbeit an Beziehung und Übertragung, sowie Arbeit an
Struktur und Rahmen. Anne Alvarez (2001) hat mit dem folgenden Zitat eine schöne Brücke zwischen den beiden Polaritäten geschlagen: „Mutiges und aufnahmebereites Zuhören, aber auch eine feste, nicht zu stark masochistische Einstellung
gegenüber den vielleicht furchtbaren Projektionen des Kindes – d. h. gegenüber dem
verzweifelten Bedürfnis des Kindes, uns das anzutun, was seinem Gefühl nach ihm
angetan wurde – scheinen in der Tat zu helfen“ (S. 21). Alvarez betont aber auch,
dass Verlässlichkeit, Regelmäßigkeit des Settings und eine feste Struktur der psychoanalytischen Technik erst Entwicklung von psychischer Struktur ermöglichen. Das
bedeutet, dass ein produktiver Prozess immer eines stabilen Rahmens bedarf, damit
Beziehungen internalisiert werden können (Hopf, 2006).
In der aktuellen kinderanalytischen Literatur werden immer noch selten Fragen
zur Behandlungstechnik bei ambulanten Psychotherapien von externalisierenden
Störungen, also von hyperkinetischen Störungen und Störungen des Sozialverhaltens, diskutiert. In der Vergangenheit waren es vor allem Autoren, die Erfahrungen mit traumatisierten Kindern und dissozialen Patienten hatten, wie etwa Diepold (1995), Bettelheim (1997), Cohen (2004), Alvarez (2001), Hurry (2002, 2004),
Rauchfleisch (2003) und Streeck-Fischer (2006). Ein entwicklungsorientierter psychodynamischer Ansatz, der sich auf neuere Entwicklungen aus der Säuglings-, Bindungs- und biomedizinischen Forschung bezieht, wird am Beispiel einer Einzeltherapie von Fricke und Streeck-Fischer (2006) ausführlich dargestellt.
Ein rein verbaler deutender Umgang ist anfänglich oft nicht möglich, weil Objekte und
reale Machtverhältnisse von den Patienten nicht ausreichend wahrgenommen werden
können. Anregungen, wie mit modifizierter Technik kinderanalytisch gearbeitet werden kann, erfolgten von verschiedenen Seiten. A. Freud hat bereits mehrere Kategorien
unterschieden, Entwicklungsstörungen, infantile Neurosen samt deren Abart, zu denen
sie die „Verwahrlosungserscheinungen, Ichregressionen und Persönlichkeitsstörungen“
zählte (1971, 195 f.). Hurry hat vor dem Hintergrund der Arbeiten von A. Freud, Winnicott sowie der Säuglingsforschung ihr Konzept vom Analytiker als Entwicklungsobjekt
352 H. Hopf
ausgearbeitet, indem sie Psychoanalyse als eine Entwicklungstherapie betrachtet, „in der
sich Deutung und Beziehung untrennbar ineinander verweben“ (2004, S. 3).
Gelingt es dem Analytiker, diese Patienten „bei der Stange zu halten“ (letztendlich „auszuhalten“), sind gemäß Fonagy und Target die Behandlungserfolge so gut
wie bei Kindern mit neurotischen Störungen, allerdings bei möglichst intensiver
Frequenz, am besten mindestens dreistündig. Deutungen, welche Einsicht fördern
sollen, scheinen bei diesen Kindern nur von begrenztem Wert zu sein. Patienten
dieser Gruppe fehlte, zumindest hin und wieder, die Fähigkeit, den Anderen und
sich selbst als Wesen mit geistig-seelischen Zuständen zu begreifen, und sie sind
nur bedingt zu symbolischem und kreativem Denken fähig. Die Summe dieser Fähigkeiten nennen die beiden Autoren bekanntlich Mentalisierung; sie befähigt den
Mensch, das Verhalten seiner Mitmenschen zu verstehen und sich Vorstellungen
über deren Einstellungen oder Absichten zu machen.
Festzuhalten ist: Werden bei einem Krankheitsbild zugrunde liegende spezifische
intrapsychische und interpersonale Konflikte erkannt und beschrieben, sind aufdeckende psychodynamische Verfahren indiziert, um diese Konflikte aufzuarbeiten.
Gehen wir, wie in diesem Beitrag dargestellt, davon aus, dass bei der Entstehung
einer ADHS Störungen der Beziehung im Vordergrund stehen, so sind Therapiemethoden adäquat, die mit und an der Beziehung arbeiten.
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E-Mail: [email protected]
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