Untitled - Gemeingut in BürgerInnenhand

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort.......................................................................................................................1
Warum ist es wichtig , das Alternative Weltwasserforum statt finden zu lassen-----------2
1: Weltwasserforen in Marseille 2012 – Geschichte, Akteure, Ziele..... ..............................4
Zeit für Lösungen oder Zeit für Probleme?...................................................................4
6. WWF: Schlechte Nachrichten für den Wassersektor – Wasser soll zu einem
Zugpferd für die Green Economy werden......................................................................6
Abschlusserklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
Alternativen Weltwasserforums in Marseille, 17. März 2012........................................8
2: Rekommunalisierung und Vergesellschaftung............................................................14
Lehren aus dem Referendum für das Menschenrecht auf Wasser in Kolumbien..........16
Demokratie und Mitsprache erlebbar machen — Das europäische Bürgerbegehren....19
Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie! — Der Berliner Wassertisch..................20
3: Auswirkungen von Privatisierung und Public—Private—Partnerships...........................22
Die globale Wassernahme — Was ist Water Grabbing.................................................24
Über die Wasserprivatisierung in Chile......................................................................26
Wassergerechtigkeit und Demokratie: Alternativen zur Kommerzialisierung
und Privatisierung des Wassers in Asien. Das Beispiel der Philippinen.......................28
Was läuft verkehrt bei der Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP)? Die Wasserversorgung des Kathmandu-Tals und das zugehörige Abwasserprojekt......................32
4: Alternativen zur Privatisierung – regionale und lokale Wasserbewirtschaftung...........38
Öffentliche Partnerschaften: Ein alternatives Modell zur
Nutzung der Kapazitäten Kommunaler Wasserwerke.................................................40
Das Projekt „Solidarische BürgerInnen für das Wasser“ in Nokoué, Benin.............. .....43
Die Bewegung 136: Eine BewohnerInnen-Initiative mit dem Ziel, die
Privatisierung des Trink- und Abwassersystems der Stadt Saloniki zu verhindern...... .45
5: Frauen und Wasserversorgung...................................................................................48
Erklärung und Alternativvorschläge zum Abschluss des Workshops und
der Plenarsitzung des Themenstranges „Frauen und Wasser“.....................................50
6: Widerstand gegen Privatisierung...............................................................................54
Die Mobilisierung für einen Privatisierungsstopp des Wasserversorgungsunternehmens Canal de Isabel II in Madrid.......................................................................56
Der Kampf der sozialen Organisationen und der städtischen Kontrollbehörde
gegen die Privatisierung der Wasserwirtschaft in Ecuador.........................................59
Dem skandalösen Wasser-Geschäft in Jakarta auf der Spur........................................61
Lektüre für Post-FAME 2012.....................................................................................66
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in Marseille stattgefunden haben: dem Weltwasserforum (FME) und seinem alternativen
Pendant (FAME). Die Texte schildern die Entstehungsgeschichte, AkteurInnen und Ziele
der beiden Foren. Im Anschluss steht die Abschlusserklärung des FAME, u. a. mit einem
Hinweis für alle, die sie mit ihrer Unterschrift
noch mit unterstützen und tragen wollen.
„Ohne Liebe haben Tausende gelebt,
ohne Wasser noch kein Einziger“
(W. H. Auden)
Mit einem Wirrwarr von Ideen, Erinnerungen
an die Gespräche und Veranstaltungen, mit
dem Nachklingen der gerade gehörten Beiträge und mit vollem Gepäck neuester Studien, Fotos und Videoaufnahmen kehrten wir
vom Alternativen Weltwasserforum (FAME)
2012 aus Marseille zurück. Eine Reise und
ein Ereignis, die es verdient haben, in Erinnerung zu bleiben – genau das hoffen wir
mit dieser Broschüre über das FAME 2012
zu erreichen.
Das Heft ist eine Dokumentation, die nicht
nur eine Gedächtnisstütze für uns sein soll.
Es ist auch mit dem Ziel entstanden, den interessierten und aufgeweckten Menschen in
Deutschland, die nicht am Alternativen Weltwasserforum teilnehmen konnten, einen
Einblick zu ermöglichen, welche Themen in
Marseille behandelt, welche Forderungen
aufgestellt und welche Erfolge gefeiert wurden.
Die globale Wasserbewegung erlebte auf
dem diesjährigen FAME ihren bisherigen
Höhepunkt – die TeilnehmerInnenzahl stieg
auf 5.000 und es wurden über 130 Veranstaltungen, Workshops und Plenarveranstaltungen angeboten. Leider können wir in dieser Broschüre nicht die gesamte Bandbreite
der diskutierten Themen abbilden, weshalb
wir uns dafür entschieden haben, das Thema
Privatisierung von Wasser in den Mittelpunkt
der Publikation zu stellen.
Den Einstieg bilden zwei Beiträge zu den beiden Veranstaltungen, die parallel zueinander
Die weitere Struktur unserer Broschüre orientiert sich an den auf dem FAME angebotenen Themensträngen. So geht es um Rekommunalisierung und Vergesellschaftung
(Themenblock 2), Auswirkungen von Privatisierung und PPP (Themenblock 3), kommunale Wasserbewirtschaftung und alternative
Modelle (Themenblock 4), Frauen und Wasser (Themenblock 5) und den lokalen Widerstand gegen Privatisierung (Themenblock 6).
Zum Schluss finden interessierte LeserInnen
eine Zusammenstellung von weiterführenden Literatur- und Internetquellen.
Die Broschüre soll eine Mischung von interessanten Beiträgen aus diversen Ecken der
Welt sein und so globale Zusammenhänge
und Abhängigkeiten zwischen den Kontinenten sichtbar machen. Durch die vielfältige
Herkunft der AutorInnen waren wir bei der
Erstellung der Broschüre auf die Hilfe zahlreicherer ÜbersetzerInnen angewiesen. Deswegen an dieser Stelle unser ganz großer
Dank an alle ehrenamtlichen ÜbersetzerInnen, die die Texte für das deutschsprachige
Publikum zugänglich gemacht haben. Ein
weiterer herzlicher Dank geht an das ehrenamtliche Lektorat-Team für die leserInnenfreundliche Gestaltung dieser Broschüre.
Viel Spaß beim Lesen und beim Kämpfen für
unser Gemeingut Wasser!
Lissi Dobbler und LauraValentukeviciuteS
für Gemeingut in BürgerInnenhand
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Warum ist es wichtig, das Alternative Weltwasserforum
stattfinden zu lassen? – Auf diese Frage antworten vier Menschen,
die das FAME mit organisiert und unterstützt haben
Christiane Hansen
Maude Barlow
Aktivistin bei attac und aquattac, Deutschland
Vorsitzende des Council of Canadians, Kanada
Das Alternative Weltwasserforum ist die Antwort der weltweiten Wassernetzwerke,
Organisationen und Gruppen auf das Weltwasserforum, das zur gleichen Zeit von den
Konzernen organisiert wird. Letzteres ist in
Wirklichkeit eine Verkaufsmesse für Wasser
und Technologien. Es hat keine Legitimation,
maßt sich aber an, Lösungen für die Wassernot von Millionen Menschen zu liefern.
Das FAME war das bisher größte von der Zivilgesellschaft organisierte alternative Wasserforum und es war ein durchschlagender
Erfolg! Alle neuen Ideen, Visionen, Pläne und
auch die aufregende Stimmung waren bei
uns auf dem FAME und nicht auf dem „offiziellen“ Forum des Weltwasserrates. Das FAME
ist der beste Beweis dafür, dass die Zeit unseres „water justice movements“ (der Bewegung für Wassergerechtigkeit) nun eindeutig
gekommen ist.
Wasser gehört zur Organisation des Lebens
auf diesem Planeten und das, seit es Menschen gibt. Deswegen gibt es auf der ganzen Welt viele Lösungen, die seit Urzeiten
erprobt sind und die es gilt, auszutauschen.
Weltweit kämpfen die Menschen um ihr
Wasser. Auf dem FAME berichten wir von den
Kämpfen, Siegen und Niederlagen. Wir entwickeln Strategien, um die Ressource Wasser
den Menschen, Tieren und der Natur vor Ort
zu lassen.
„Wasser ist keine Ware, es ist ein Menschenrecht und ein Gemeingut“ – das ist die Botschaft des FAME.
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Wir werden unsere Forderung durchsetzen,
dass Wasser ein gemeinschaftliches Erbe ist,
ein öffentliches Gut und ein Menschenrecht!
Die wunderbare gemeinsame Woche in Marseille gibt uns neue Energie und neues Engagement für unseren Kampf für die Umsetzung dieser Prinzipien in die Realität!
Christa Hecht
Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen
Wasserwirtschaft – AöW e.V., Deutschland
Die AöW hat das FAME 2012 unterstützt,
weil dort deutlich wurde, dass es auch andere Wege gibt als die gewinnorientierte
Vermarktung der Trinkwasserversorgung und
Abwasserbeseitigung, die von den multinationalen Konzernen, einigen Regierungen
und internationalen Institutionen propagiert
wird. Wasser gehört allen, Wasser brauchen
alle, Wasser darf nicht privatisiert werden.
In der öffentlichen Wasserwirtschaft in
Deutschland wird die Gewähr für alle Bürgerinnen und Bürger geboten, rund um die
Uhr täglich mit einwandfreiem Trinkwasser,
zu fairen Gebühren und Preisen versorgt zu
werden, bei gleichzeitig hohen Standards
der Abwasserbeseitigung. Deutschland ist
ein Land mit Wasserreichtum, trotzdem haben wir Nutzungskonflikte beim Grund- und
Oberflächenwasser mit der Landwirtschaft,
der Energiewirtschaft und der Industrie zu
bewältigen. Eine starke öffentliche Wasserwirtschaft ist wichtig, um diese Konflikte im
Sinne der Allgemeinheit zu lösen.
Jacques Cambon
Aktivist bei attac Frankreich
Ich habe die Organisation des FAME die letzten zwei Jahre mit begleitet. Uns war FAME
wichtig, weil die Wasserprobleme nicht von
privaten Konzernen gelöst werden können.
Denn Wasser ist ein Gemeingut, das der
Menschheit gehört, und keine Handelsware!
Diese Forderungen stellen wir nicht nur für
Frankreich auf, sondern vor allem in Ländern, in denen Wassermangel herrscht und
die Menschen die Wasserpreise nicht bezahlen können. Außerdem kämpfen wir für
eine Wasserversorgung in den Händen der
BürgerInnen: Nur so können die Interessen
der Öffentlichkeit gewahrt werden! Nach
jahrelanger Vernetzung kennen wir unsere
Übereinstimmungen und Unterschiede und
wir sind uns der Schwierigkeit unserer Aufgabe bewusst. Deshalb haben wir auch das
Europäische Netzwerk für Wasser als Gemeingut gegründet. Außerdem ist FAME notwendig, da die Anerkennung von Wasser als
Gemeingut immer noch zu wenig Fortschritt
macht. So hat die EU eine erneute Debatte
über Wasser als Menschenrecht bei Rio+20
gefordert. Unsere Regierungen wollen uns
einfach nicht hören – und genau deshalb ist
es wichtig, dass wir weiterhin kämpfen!
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1: Weltwasserforen in Marseille 2012 - Geschichte, Akteure, Ziele
Zeit für Lösungen
oder Zeit für Probleme?
Laura Valentukeviciute
Gemeingut in BürgerInnenhand GiB e.V.1
Am 13.-17. März 2012 fand in Marseille das
6. Weltwasserforum statt, eine internationale Konferenz mit starker Beteiligung von
internationalen Konzernen. Gleichzeitig lud
die Wasserbewegung zu seinem kritischen
Pendant ein — dem alternativen Weltwasserforum.
Anfang März hingen in Marseille etwas verwirrende Plakate, auf denen stand: „Zeit für
Probleme“. KritikerInnen des Weltwasserforums hatten dessen offizielles Motto „Zeit
für Lösungen“ entfremdet und versuchten
so, seine Schattenseiten in die Öffentlichkeit
zu tragen. Das Weltwasserforum, organisiert
vom Weltwasserrat, ist in der Tat nicht unumstritten.
1996 wurde der Weltwasserrat unter Beteiligung von Wasserkonzernen wie Veolia und
Suez gegründet, um nach eigener Auffassung die Wasserprobleme der Welt zu lösen.
Er wird zurzeit von Loïc Fauchon geleitet,
dem Chef der Groupe des Eaux Marseille, die
zu Veolia und Suez gehört. Dem Weltwasserrat gehören inzwischen über 300 Mitglieder
aus 60 Ländern an, die von Unternehmen,
Regierungen, UN- und Entwicklungs- und
Nichtregierungsorganisationen, Finanzeinrichtungen, Wissenschaft und Verbraucher-
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verbänden kommen. Das Weltwasserforum
ist das wichtigste Projekt des Weltwasserrates und findet alle drei Jahre statt: in Marrakesch 1997, Den Haag 2000, Kyoto 2003,
Mexiko City 2006, Istanbul 2009, und nun
in Marseille.
Gegen die enge Verknüpfung von Weltwasserrat, Weltwasserforum und Konzernen
formte sich seit dem 2. Weltsozialforum
2002 in Porto Alegre Widerstand. Dort
wurde von vielen Organisationen, Gewerkschaften und BürgerInneninitiativen eine
„Erklärung zum Wasser“ unterzeichnet. Diese
forderte die Anerkennung des Menschenrechts auf Wasser und ein Verbot, Wasser als
Ware zu behandeln und zu privatisieren. Ein
Jahr danach fanden in Kyoto erste Proteste
und zeitgleich in Florenz das erste alternative Weltwasserforum statt. In Mexico City
und Istanbul gab es große Demonstrationen
mit ziemlich brutalen Zusammenstößen zwischen Polizei und AktivistInnen. Der große
Erfolg für die globale Wasserbewegung folgte vor zwei Jahren: am 28. Juni 2010 erklärten die Vereinten Nationen Wasser zum universellen Menschenrecht (Res. 64/292).
So stand das diesjährige offizielle Weltwasserforum in Marseille ganz im Zeichen des
UN-Beschlusses. Wieder versammelten sich
dort neben den Wasserfirmen auch viele
WasserexpertInnen, Regierungen und UNOrganisationen. Nach eigenen Angaben
kamen dieses Jahr 140 Regierungsdelegationen und 35.000 TeilnehmerInnen – allerdings bei täglicher Neuzählung. Doch trotz
der starken Regierungsbeteiligung glich das
Forum oft eher einer Verkaufsmesse. Konzerne aus der ganzen Welt lockten mit riesigen
Ständen und Hochglanzbroschüren die BesucherInnen. Die Nachricht, die sie alle dabei
vermitteln wollen, ist seit Jahren die gleiche:
Es gibt Probleme mit dem Wasser und die
Staaten können sie ohne die Privaten nicht
lösen.
Das diesjährige alternative Weltwasserforum
(Forum Alternatif Mondial de l’Eau, FAME)
fand fast gleichzeitig mit dem offiziellen
Forum am 14.-17. März in Marseille statt.
5.000 Teilnehmer aus über 50 Ländern kamen zusammen, um über ihre Lösungen der
diversen Wasserprobleme und Schritte zur
Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser
zu sprechen.
Gasförderung („Fracking“) auf Wasser. Auch
Großstaudämme sorgen weiterhin für viel
Kritik.
Auf beiden Foren wurde die Europäische
Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ angekündigt. Sie fordert eine garantierte Wasserver- und Abwasserentsorgung in der EU,
das Verbot der Liberalisierung des Wassermarktes und den globalen Einsatz der EU für
den Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung. Am 1. April 2012 reichte der
Europäische Gewerkschaftsbund diese Initiative bei der EU ein, Start der Unterschriftensammlung soll Ende April sein.
Eine der wichtigsten Forderungen der WasseraktivistInnen dieses Jahr war, das nächste
Weltwasserforum unter der Schirmherrschaft
der Vereinten Nationen einzuberufen. Das
Anliegen wurde auch von der UN-Sonderberichterstatterin Catarina de Albuquerque
unterstützt. Doch dies fand kein Gehör beim
offiziellen Weltwasserforum, das ankündigte,
das siebte Weltwasserforum 2015 in Daegu
(Südkorea) auszurichten.
Weitere Informationen: www.gemeingut.org
Im Zentrum der Diskussionen standen Möglichkeiten einer lokalen, ökologisch und
ökonomisch sinnvollen Wasserversorgung
und Ideen eines gemeinwohlorientierten
Wassermanagements in öffentlicher Hand.
Lösungen, die weniger kostspielig sind und
daher einen geringeren Finanzbedarf haben,
spielten eine wichtige Rolle. Die Bandbreite
reichte von technischen Verbesserungen wie
Trockentoiletten, die auch beim alternativen Forum selbst eingesetzt wurden, bis hin
zur sozialen und politischen Dimension des
Themas Wasser. Stark diskutiert wurden die
zahlreichen Rekommunalisierungen in der
ganzen Welt in den letzten Jahren und öffentlich-öffentliche Partnerschaften. Für die
zahlreich anwesenden lateinamerikanischen
AktivistInnen war ein wichtiges Thema die
Wirkung von Minen und neuartiger Öl- und
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6. WWF: Schlechte Nachrichten für den
Wassersektor – Wasser soll zu einem
Zugpferd für die Green Economy
werden
Das von ihnen prognostizierte Wachstum
des Bruttosozialprodukts um mehr als 300
Prozent bis 2050 – man muss sich diese Prognose mal auf der Zunge zergehen lassen
angesichts der verbreiteten Wachstumskritik
in der Zivilgesellschaft, um zu erkennen, wie
weit die Positionen auseinander sind – werde enormen Druck auf die Wasserversorgung
ausüben, besonders für Stromerzeugung und
Industrie. Und die Aufforderung zu Investitionen geht einher mit der Erkenntnis, dass
„Business as usual“, also beispielsweise die
Hoffnung auf technologische Wunder, nicht
mehr ausreicht – grundlegende Reformen
seien notwendig.
Uwe Hoering
Journalist, Deutschland2
Man könnte dieses 6th World Water Forum,
das der selbsternannte World Water Council,
eine Frontorganisation der internationalen
Wasserwirtschaft, diese Woche in der südfranzösischen Stadt ausgerichtet hat, schnell
als „Business as usual” abhaken, wäre da
nicht das neue Stichwort „Green Economy“,
das bei UN, Weltbank und OECD die Hoffnung
weckt, dem auf Grund gelaufenen Versuch,
durch Public-Private Partnerships die Privatwirtschaft für die Lösung der Wasserkrise ins
Boot zu holen, durch Grünes Wachstum jetzt
wieder mehr Wasser unter dem Kiel zu verschaffen.
Green Economy
„Wir brauchen Wachstum und wir brauchen
Grün“, so Xavier Leflaive von der OECD. Die
Strategen von der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben ihre Hausaufgaben gemacht.
Mit gewaltigen Wachstumsprognosen für
Bevölkerung, Wirtschaft und Finanzierungsbedarf werben sie in ihrem Bericht „Meeting
the Water Reform Challenge“ dafür, Wasser
sei einem Zugpferd für weiteres Wachstum
zu machen. Umgekehrt könnten Probleme
im Wassersektor, vor allem Wassermangel,
das Wirtschaftswachstum deutlich bremsen.
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Dafür werden vor allem innovative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Wie so häufig
wird als erstes eine riesige Finanzierungslücke entdeckt: Manche sprechen von 30
Milliarden Euro, andere von Hunderten von
Milliarden im Jahr, wieder andere von einem Prozent des Bruttosozialprodukts, erforderlich unter anderem wegen des Bevölkerungswachstum. Wieder andere bleiben
lieber vage und benennen nur die Bereiche,
für die mehr Geld benötigt wird: für die Infrastruktur, vom Ressourcenschutz bis zur
Abwasserbeseitigung, Betrieb und Instandhaltung, Behörden, … Und in Krisenzeiten
wie gegenwärtig wird es sogar noch schwieriger, konventionelle Quellen wie öffentliche
Gelder dafür einzutreiben.
Wir sind also wieder bei der Behauptung, von
der die Wasserpolitik am liebsten ausgeht:
Sie unterstellt das bestehende teure Modell
von Wasserversorgung mit aufwändigen In-
vestitionen in Infrastruktur, teurer Technologie und ausuferndem Behördenapparat als
das einzig mögliche, wobei bei privaten Unternehmen noch die Rendite dazu kommen
muss. Alternativen, die weniger kostspielig
sind und daher einen geringeren Finanzbedarf haben, spielen dabei kaum eine Rolle.
Schöne Neue Begriffswelt
Ein Stichwort für die Innovationen ist „Strategische Finanzierungsplanung”. Die Akteure
im Wassersektor sollten ihre Finanzen besser, vorausschauender planen als bislang.
Das Kernanliegen dabei: Wie können in der
Krise neue Finanzquellen erschossen werden, zumal sich die privaten Wasserkonzerne
aus dem Sektor weitgehend zurückgezogen
haben und mit eigenen wirtschaftlichen Problemen kämpfen, auch wenn es andererseits,
so das verbreitete Credo, „ohne sie nun einfach nicht geht“.
Worum es dabei geht, das formuliert das
zweite Stichwort, 3T: Steuern (Taxes) und
Tarife sollten so weit wie möglich ausgereizt werden, die Verbraucher also direkt und
indirekt immer stärker zur Kasse gebeten
werden. Der dritte im Bunde sind Transfers,
zusätzliche Finanzmittel von Außen. Das
können Zuschüsse oder Kredite der Internationalen Finanzinstitutionen und der staatlichen Entwicklungsorganisationen sein. Vor
allem aber setzt man hier auf „rückzahlbare Finanzierung“, also auf Finanzinvestoren,
Pensionsfonds und Banken. Die Finanzierungsquellen für den Wassersektor als Teil
einer Grünen Ökonomie seien bei Weitem
nicht ausgeschöpft, so die Hoffnung. Um
sie anzuzapfen, muss allerdings erst der
Wassersektor in Ordnung gebracht werden,
denn welcher Investor steckt schon Geld in
ein marodes Unternehmen. Schließlich soll
es ja Gewinne, Rendite bringen, die – und da
schließt sich der Kreis – natürlich vor allem
aus Steuern und Tarifen kommen müssen.
Schmücken der Braut
Und damit beginnt wieder das hinlänglich
bekannte Spiel: Wie reformieren wir den
Wasser- und Abwasserbereich? Oder, wie
Xavier Leflaive von der OECD formulierte:
Welche innovativen Ansätze im Wassermanagement tragen zu einem Grünen Wachstum bei? Hier tauchen dann zum einen die
bekannten Stichwörter wieder auf: Öffentlich-private Partnerschaften, beispielsweise in der Bewässerungslandwirtschaft, die
dringlichst benötigt würden, und handelbare Wasserrechte, die Wasser dorthin fließen
lassen, wo es den höchsten Wert bringt. Da
ist viel von „Anreizen“ und wenig von Ordnungspolitik die Rede.
Aber es gibt auch viele neue Ideen: Handelbare Verschmutzungsrechte, als hätte das
im Klimabereich nicht schon genug Unheil
angerichtet. Das alte Lieblingskonzept „Volle
Kostendeckung“, also die Finanzierung aller
Kosten über Tarife, das sich als unrealistisch
erwiesen hat, wird durch die smarte Formulierung Sustainable Cost Recovery ersetzt,
präsentiert von ebenso smarten Experten.
Weitere Bestandteile dieser Reformen, teils
mit ähnlich schönen neuen Begriffen: Finanzierung auf der lokalen Ebene (Local-level
financing), innovative Finanzierung für die
Armen (Pro-poor innovative financing), und
– als würde das bislang nicht geschehen –
die Finanzierung von „weichen Themen“ wie
Regulierung, Behörden und Instandhaltung,
anstatt nur an die physische Infrastruktur zu
denken. Und dann werden noch die Lösungen entdeckt, die nichts kosten, beispielsweise solidarische Formen der Versorgung
(Decentralised Solidarity Mechanisms).
Um das nicht zu vergessen: Die schöne neue
grüne Ökonomie im Wassersektor hat auch
eine soziale Komponente. Sie heißt Bezah-
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lung für Umweltdienstleistungen (Payments
for Environmental Services), beispielsweise
für die Erhaltung von Wassereinzugsgebieten oder Feuchtgebieten, die im Newspeak
der Wasserökonomen von OECD und von
Umweltschutzorganisationen wie The Nature Conservancy jetzt „Grüne Infrastruktur“
heißen. Damit wird die Finanzialisierung der
Natur um die nächste Drehung der Schraube
vorangetrieben: Nur Geld kann die Welt retten, so die Botschaft.
Scheitern wie gehabt
Alles zusammen soll den Wassersektor sanieren. Ja, es soll auch den Zugang zu Wasser
und sanitären Einrichtungen bringen, wird
unermüdlich versichert. Aber vor allem soll
es ihn als Geschäftsmodell finanziell sanieren, damit er für kommerzielle Investoren
wie Pensionsfonds und Banken interessant
wird – Green Economy mit gesicherter Rendite. Damit wird zugleich elegant der alte
Streit über Public vs Private überspielt: Jetzt
heißt es, beide sind gut, wenn sie gut sind,
denn dann kommen die Finanziers angeströmt, egal ob es sich um öffentliche oder
private Versorgungsunternehmen handelt.
Hier könnte sich die ganze Sache in den
Schwanz beißen: Ohne Reformen keine Finanziers, ohne Finanziers keine Reformen.
Um diesen Widerspruch aufzulösen, müssen
erst einmal weitere Tariferhöhungen, Subventionen, Garantien und Investitionen in
„weiche Bereiche“ mit öffentlichen Geldern
erfolgen. Früher nannte das ein Wasserexperte einer Entwicklungsbank einmal das
„Schmücken der Braut“, Maßnahmen, um
den öffentlichen Sektor für die globale private Wasserindustrie attraktiv zu machen.
Ob die Armen dabei Zugang zu Trinkwasser
und sanitären Einrichtungen bekommen, ist
sekundär. Dieses Konzept ist allerdings in
den 1990er Jahren schon einmal gescheitert, weil die großen Wasserkonzerne keinen
Gewinn darin sahen. Die Hoffnung ist, dass
die Finanzinvestoren das ähnlich einschätzen werden.
Weitere Infomationen: www.globe-spotting.de
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Abschlusserklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Alternativen
Weltwasserforums in Marseille,
17. März 20123
Als Mitglieder der globaler Wasser-Gerechtigkeitsbewegung, die im März 2012 in Marseille bei FAME, dem Alternativen Weltwasserforum, zusammengekommen sind, haben
wir eine gemeinsame Vision: Wasser ist ein
Gemeingut, keine Ware.
Dank der Wasser-Gerechtigkeitsbewegung
haben die Vereinten Nationen das Recht auf
Wasser und sanitäre Einrichtungen als ein
„Menschenrecht, das wesentlich ist für die
vollständige Lebenserfüllung“, anerkannt
(Resolution 64/292). Es gab wichtige weitere
Siege wie die Aufnahme dieses Rechts in die
Verfassungen vieler Länder in Südamerika
und Afrika, das erfolgreiche Referendum in
Italien gegen die Privatisierung des Wassermanagement, die Rekommunalisierung von
Wasser in Paris, Buenos Aires, Atlanta und
vielen anderen Städten rund um den Globus,
und erstmalig gab es gerichtliche Verfahren
um die Anwendung des Menschenrechts auf
Wasser.
Wir lehnen das vorherrschende wirtschaftliche und finanzielle Modell, das die Privatisierung und Kommodifizierung von Wasser
und sanitären Dienstleistungen bevorzugt,
ab. Die kapitalistische, extraktive Entwicklung hat dramatische und tiefgreifende wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen
verursacht. Dieser Ansatz, der Wasser als
eine Ware wie jede andere betrachtet, ist
ungerecht und ungeeignet, um Wasser und
sanitäre Einrichtungen für alle bereit zu stellen, und widerspricht dem Willen und den
Interessen der Menschen.
Als Antwort auf die zunehmende Privatisierung von Wasser halten wir das Konzept von
Wasser als einem grundlegenden Lebenselement des Planeten und als ein fundamentales und unveräußerliches Menschenrecht
aufrecht. Wir bestehen darauf, dass die Solidarität zwischen heutigen und zukünftigen
Generationen garantiert werden muss, wir
weisen alle Formen von Wasserprivatisierung zurück und erklären, dass Wasser öffentlich, kooperativ, partizipativ, gerecht und
nicht auf Profit ausgerichtet organisiert und
kontrolliert sein muss.
Wir fordern, dass Regierungen den Zugang
zu sauberem und sicherem Wasser für alle
sicherstellen, in einer Menge, die zum Leben reicht. Wir rufen alle Regierungen auf,
offiziell das Recht auf Wasser und sanitäre
Einrichtungen für alle Menschen in ihrem
nationalen Recht anzuerkennen, in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 64/292.
Wir rufen alle Regierungen auf, den Anspruch
und die Legitimität des Weltwasserforums als
Ort für die Entwicklung der internationalen
Wasserpolitik zurückzuweisen. Das finanzielle Versagen des herrschenden wirtschaftlichen Denkens und der Zusammenbruch
neoliberaler, kapitalistischer Strukturen, die
zu dieser Situation geführt haben, machen
eines klar: Das Weltwasserforum und der
Weltwasserrat haben keine Legitimation.
Wir rufen die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, im Oktober 2014 einen
Demokratischen Weltgipfel zu Wasser zu organisieren, bei dem sich die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, das Menschenrecht
auf Wasser und sanitäre Einrichtung umzusetzen, in einer Form, die auf die globale
Gemeinschaft Rücksicht nimmt. Die zunehmende Wasserkrise macht einen legitimierten, rechenschaftspflichtigen, transparenten
und demokratischen Wassergipfel notwendig. Dieser Gipfel muss sinnvolle und offene
Diskussionen mit betroffenen Bevölkerungsgruppen, ArbeiterInnen, indigenen Völkern
und Zivilgesellschaft ermöglichen und in
verbindlichen Verpflichtungen, nicht in ministeriellen (Absichts)erklärungen resultieren. Um in gleichem Ausmaß partizipieren zu
können, wie es heute den wirtschaftlichen
und politischen Mächte möglich ist, muss
die Zivilgesellschaft ausreichende materielle und finanzielle Ressourcen erhalten.
Es ist dringlich und zentral wichtig, „wirkliche Demokratie“ herbeizuführen; betroffene
Bevölkerungsgruppen sollten an wichtigen
Entscheidungen über Wassernutzung, Verteilung und Erhaltung sowie beispielsweise
im Wassermanagement oder der Umsetzung
großer Projekte beteiligt sein. BürgerInnen
und Verbände müssen eine aktive Rolle im
Wassermanagement spielen. Regierungen
müssen dafür sorgen, dass dies erreicht wird,
indem sie politische und finanzielle Mittel
nutzen, um Bürger und Bürgerinnen in die
Lage zu versetzen, sich an diesen Tätigkeiten
zu beteiligen, und Bildungsmaßnahmen zu
Wasser durchführen.
Das Menschenrecht auf Wasser erfordert
ausreichende öffentliche Gelder. Das Muster
wirtschaftlicher Sparmaßnahmen in industrialisierten Ländern und Strukturanpassung
in Entwicklungsländern, die dazu geführt
haben, dass Regierungen die Ausgaben wie
lebenswichtige Wasser- und Sanitärversorgung zusammengestrichen und private
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Unternehmen größeren Zugang zu diesen
Sektoren erhalten haben, müssen beendet
werden.
Wir rufen Regierungen auf, öffentliche Wasser- und Sanitärsysteme durch progressive
Besteuerung, nationale und internationale Finanztransaktionssteuern und die Verwendung von Geldern für Wasser anstatt
für militärische Zwecke zu finanzieren. Wir
verlangen, dass Regierung sicherstellen,
dass niemand vom Zugang zu Wasser ausgeschlossen wird: Die Berechnung von Wasser
für Haushalte sollte durch ein progressives
System erfolgen (auf der Grundlage des Einkommens).
Gute öffentliche Dienstleistungen für Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen, vor allem in großen Städten, sind unmöglich, ohne
die Infrastruktur und das Personal bereit
zu stellen. Wir unterstützen die Rechte von
ArbeiterInnen, wie sie in den Konventionen
der Internationalen Arbeitsorganisation ILO
festgelegt sind. Arbeitsbedingungen müssen
würdig sein und ArbeiterInnen müssen die
notwendigen Fähigkeiten haben, um ihre Arbeit durchführen und an der Demokratie am
Arbeitsplatz teilnehmen zu können.
jener, die normalerweise ignoriert werden:
die spirituellen, ästhetischen, symbolischen
und kulturellen Dimensionen. Diese Herangehensweise gibt Gemeinschaften auch eine
Möglichkeit, ihre Bedürfnisse neu zu formulieren und Kräfte in ergänzende Projekte bezogen auf Landwirtschaft, Bildung und Gemeinschaftsorganisationen zu mobilisieren.
Wir sind überzeugt, dass die harmonische
Nutzung von Wasser zu Harmonie in der Gemeinschaft führt und dass die Qualität des
Wassermanagements sich in der Qualität der
Gesellschaft wiederfindet.
Wir weisen die Vorstellung von öffentlichprivaten Partnerschaften zurück und bevorzugen stattdessen öffentliches und von
Bürgern betriebenes Wassermanagement.
Wir möchten öffentlich-öffentliche Partnerschaften fördern, schaffen und stärken. Wir
verlangen öffentliche Investitionen in diese Partnerschaften und die Vermittlung von
Wissen, das im öffentlichen Sektor vorhanden ist, an die Menschen und an die Gemeinschaften, die in diesem Bereich eine Ausbildung benötigen.
Wir bekräftigen die Rechte von Frauen in ihrer zentralen Bedeutung für den weltweiten
Kampf um Wasser. Da sie eine entscheidende
Rolle in der Bereitstellung und dem Management von Wasserressourcen haben, fordern
Frauen, dass Wissen geteilt wird, besonders
technische Kenntnisse, um in den praktischen Aspekten des Zugangs zu Wasser hilfreich zu sei. Sie stehen für die Beteiligung an
Entscheidungsprozessen als Gleichberechtigte – beim Wassermanagement, sanitären
Einrichtungen, Hygiene und allen Aspekten
des Prozesses, einschließlich wissenschaftlicher und technologischer Aspekte.
Wir erkennen der Wert von gemeinschaftlichem Wassermanagement an, das umgesetzt
werden kann, wenn öffentliche Dienstleistungen unmöglich sind oder gemeinschaftliche
Anforderungen über die reine Dienstleistung
hinaus gehen. Beim Gemeinschaftsmanagement wird Wasser in der ganzen Vielfalt seiner Funktionen bereitgestellt, einschließlich
Wir unterstützen eine kleinteilige Familienlandwirtschaft und fordern Ernährungssouveränität, die es den Menschen erlaubt,
sich selbst zu ernähren, sowie Zugang zu
Wasser und Land. Wir wollen, dass eine
agro-ökologische Produktionsweise, die angepasst ist an den Klimawandel, die Umwelt
respektiert, weniger wasserintensiv ist und
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weniger Verschmutzung verursacht, Vorrang
erhält, sowohl in industrialisierten als auch
in Entwicklungsländern. Wir wollen, dass
agro-ökologischen Bauern und Bäuerinnen
das Recht auf Wassernutzung für ihre Landwirtschaft garantiert wird, damit sie die
Städte und Dörfer mit hochwertiger Nahrung
versorgen können, indem sie ausreichende
Finanzierung erhalten und in Regenwassersammlung und Wassernutzungstechniken investieren können, die angepasst sind an die
lokalen Bedingungen und Rücksicht nehmen
auf traditionelle Praktiken.
„Entwicklungs“-Modell unterstützten und
verfolgen. Die Machtkonzentration dieser
unterschiedlichen Akteure zielt darauf ab,
die Meinungsäußerungen der Menschen einzuschränken und alternative politische Vorschläge auf lokaler wie auf globaler Ebene
zu unterbinden.
Wir rufen auf zu Veränderungen in unserem
Verbraucherverhalten, um den Überkonsum
und das Dogma eines unbegrenzten Wachstums zu beenden, das die exponentielle
Beschleunigung bei der Ausbeutung natürlicher Ressourcen vorantreibt.
Wir sind gegen die industrielle Ausbeutung
und Extraktion natürlicher Gemeinschaftsgüter in all ihren Formen, besonders gegen
Bergbau und den Abbau fossiler Energieträger, einschließlich Gas und Öl, die die
Grenzen von „Gebieten, die geopfert werden
müssen“, immer weiter zurück schieben um
die Versorgung mit Rohstoffen und Energie
sicher zu stellen und dabei den Zugang zu
Wasser und seine Verfügbarkeit und Qualität
für immer mehr Menschen weltweit gefährden.
Wir rufen die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, über die Schaffung
eines neuen Modells der Zusammenarbeit
zwischen Regierungen nachzudenken, um
einen Ausweg aus dem wirtschaftlichen System, das auf heftiger Konkurrenz beruht, zu
ermöglichen. Dieser globale wirtschaftliche
Krieg verursacht eine Spirale aus Überproduktion und Überkonsum, der eine andauernde, unbegrenzte Plünderung der Biosphäre befeuert, die weit über die Befriedigung
von grundlegenden Bedürfnissen hinaus
geht. Dies führt zu wachsenden Spannungen in entwickelten und sich entwickelnden
Ländern.
Wir klagen nicht nur extraktivistische multinationale Unternehmen an, sondern auch
internationale Finanzinstitutionen, internationale Verträge und Regierungen, die dieses
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Wir rufen zu einer Energiewende auf, die auf
einer Verringerung des Gesamtverbrauchs,
auf Energieeffizienz und auf dem Vorrang
erneuerbarer Energie gegenüber begrenzten
Ressourcen beruhen muss. Die Erzeugung
und Verteilung von Energie muss sich an der
Befriedung der Bedürfnisse der Menschen
reorientieren und nicht länger von transnationalen Interessen und industriellem
Überkonsum kontrolliert werden. Lokale,
alternative und nachhaltige Lösungen müssen Vorrang erhalten, wobei die Produktion
dezentralisiert werden sollte. Diese Wende
macht einen sofortigen Stop des Abbaus von
Erdöl und Schiefergas, Ölsanden, des Einsatzes von Off-shore-Plattformen und ganz allgemein des Abbaus fossiler Ressourcen, der
Techniken verwendet, die für Umwelt und
Gesundheit schädlich sind, erforderlich.
Wir widersetzen uns dem Zwangsprozess,
alle Aspekte des Lebens – Natur, Wasser,
Arbeit – zu kommodifizieren, ein Prozess,
den transnationale Unternehmen und die
internationale Finanzwelt mit ihrem Plan
für eine Green Economy zu besetzen versuchen, unterstützt durch Regierungen bei
der internationalen Konferenz Rio+20. Wir
fordern von den Regierungen, die falschen
Lösungsansätze dieser Green Economy wie
Großstaudämme, Atomenergie, Agrartreibstoffe, monokulturelle Landwirtschaft und
industrielle Forstwirtschaft sowie die kommerzielle Ausbeutung von Flaschenwasser
zurückzuweisen, die nicht nur die Umweltund Finanzkrisen nicht lösen können, sondern vielmehr die Verfügbarkeit und Qualität
von Wasser bedrohen.
Wir unterstützen ökonomische Systeme, die
darauf abzielen, Wohlergehen und eine gesunde Umwelt für Gemeinschaften sicher zu
stellen, anstatt der Verfolgung eines größtmöglichen individuellen Reichtums und inflationärer Gewinne für Unternehmen und
Finanzen.
Wir rufen die Regierungen auf, sich an die
Richtlinien der Weltstaudammkommission
zu halten und aufzuhören, die Vorschläge
des Protokolls über die Evaluierung der Dau-
12
erhaftigkeit von Wasserkraft gut zu heißen.
Gleichzeitig fordern wir die internationalen
Organisationen auf, ein Moratorium für die
Finanzierung von Großstaudämmen zu verhängen.
Wir prangern die Kriminalisierung von Sozial- und Umweltbewegungen, die für das
Recht auf Wasser und gegen Extraktivismus
kämpfen, an und verlangen, dass ihr Schutz
sichergestellt wird. Besonders entsetzt sind
wir über den Mord an Bernardo Vásquez Sánchez am 15. März, während FAME, der sich
gegen das Bergbauprojekt des kanadischen
Unternehmens Fortuna Silver Mines in Oaxaca, Mexiko, zur Wehr setzte.
Wir behalten uns das Recht zu zivilem Ungehorsam vor, um gegen die Zerstörung der
Umwelt, der Subsistenzsicherung, der Qualität von Leben und Gesundheit vorzugehen.
Wir schlagen die Schaffung eines unabhängigen internationalen Rechtssystems vor, das
das Recht auf Wasser und sanitäre Einrichtungen garantiert: Das Recht muss weltweit
durchgesetzt und Vergehen gegen dieses
Recht müssen gestoppt werden.
Wir rufen auf zur Schaffung eines Internationalen Gerichtshofs für Umweltverbrechen.
Wir rufen dazu auf, die Integrität des Wasserkreislaufs zu erhalten, im Rahmen der Anerkennung der Rechte von Ökosystemen und
Arten zu existieren, sich zu entfalten und zu
reproduzieren.
Wir rufen auf, die Rechte der Natur zu etablieren und anzuerkennen, um sicherzustel-
len, dass die Biosphäre und ihre Bewohner
den Schutz erhalten, der für Gleichgewicht
und Nachhaltigkeit erforderlich ist.
Wir verpflichten uns, weiter am Aufbau von
Netzwerken und neuen sozialen Allianzen
zu arbeiten und unsere Verbindung mit sozialen Bewegungen, die für Ernährungssouveränität, Klimagerechtigkeit, Demokratie
und soziale und ökologische Gerechtigkeit
kämpfen, zu verstärken. Wir werden auch
weiterhin Aktivitäten rund um den Globus
koordinieren. Wir verpflichten uns, sowohl
lokale Behörden als auch Parlamentsmitglieder, die entschlossen sind, Wasser als
Gemeingut zu verteidigen und das Recht auf
Wasser für alle Menschen und die Natur zu
bekräftigen, einzubeziehen. Wir ermuntern
alle öffentlichen Wasserunternehmen und
Gemeinschaften von WassernutzerInnen, zusammenzuarbeiten und nationale Verbände
und regionale Netzwerke zu bilden.
tigen und zukünftigen Siege, und wir sind
glücklich über diese gemeinsamen Anstrengungen, die Grenzen und Kontinente übergreifen! FAME hat seine Ziele erreicht, dazu
beizutragen, dass das Weltwasserforum bald
verschwindet. Der Weg wurde frei gemacht,
um das Recht auf Wasser und sanitäre Einrichtungen durchzusetzen, das ein grundlegendes Menschenrecht ist, und sicher zu
stellen, dass Wasser wieder ein Gemeingut
wird, das der Menschheit und der Biosphäre
gehört.
Marseille, 17. März 2012
Die Deklaration kann auf der FAME-Webseite
unterzeichnet werden:
www.fame2012.org/en/signing-declaration
Kommentar zur
FAME-Abschlusserklärung
Mary Ann Manahan
Focus on the Global South, Philippinen4
Wir rufen alle Bewegungen, Netzwerke, und
Organisationen, die Teil der Bewegung für
Wassergerechtigkeit sind, auf, sich zu verpflichten, die Bürger für Rio+20 zu mobilisieren, um den Peoples‘ Summit (15.-23.Juni
2012) und den Tag globaler Aktion (20. Juni
2012) zu einem großartigen, breiten Erfolg
zu machen. Das wird dazu beitragen, die
Kommodifizierung und Finanzialisierung
unseres Lebens zu stoppen und unsere Alternativen durchzusetzen, die eine Antwort
darstellen auf die gegenwärtigen ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und demokratischen Krisen.
Wir bewundern die Ernsthaftigkeit und den
Zusammenhalt unserer Bewegung, die heu-
Auch Treffen von sozialen Bewegungen und
zivilgesellschaftlichen Organisationen bringen Abschlusserklärungen hervor. Jedoch ist
der Entstehungsprozess ein ganz anderer
als der von vorgefertigten Erklärungen, die
wir üblicherweise aus „offiziellen“ Veranstaltungen erhalten. Die Abschlusserklärung
des FAME wurde von einer Gruppe freiwilliger Einzelpersonen aus ganz unterschiedlichen Organisationen und Bewegungen aus
verschiedenen Ländern der Welt erarbeitet und der abschließenden Plenarsitzung
vorgestellt. Der Vorschlag wurde – wie zu
erwarten – heftig diskutiert, denn alle TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt wollten
schließlich ihr Anliegen im Text unterbringen. Praktisch bedeutete das echte Demokratie und Partizipation, ein Konsens wurde
während des Plenums jedoch nicht erreicht.
So wurden nachträglich noch eine ganze Reihe zusätzlicher relevanter Punkte integriert.
Eine Vorgehensweise, die notwendig war, um
sicherzustellen, dass die Bewegung für Wassergerechtigkeit zusammen das umsetzen
kann, was wir selbst immer predigen.
13
2: Rekommnalisierung und Vergesellschaftung
14
David Boys
Abteilungsleiter Wasser und Energie bei EPSU – Europäischer Gewerkschaftsverband
für den Öffentlichen Dienst, Großbritannien
„Gerade am Beispiel Wasser wird besonders deutlich, wie notwendig
es ist, die Kraft der BürgerInnen unserer Länder aufzubauen, um die
neoliberale Agenda der Privatisierung dieser grundlegenden Ressource zu verhindern. Wir müssen die BürgerInnen in jeder Kommune und
in jeder Stadt darüber informieren, warum ihre Wasserversorgung
kostbar ist und warum sie öffentlich bleiben soll. Dazu brauchen wir
unterschiedliche Strategien in unterschiedlichen Ländern.
In Europa stellen wir aktuell eine wachsende Popularität von Volksentscheiden fest, in denen die gewählten VolksvertreterInnen gezwungen
werden, unsere Stimmen zu hören, denen wir durch den friedlichen,
demokratischen und legalen Prozess einer Volksabstimmung Ausdruck
verleihen. So zum Beispiel beim letzten Referendum in Madrid, wo
über 177. 000 Menschen in einer informeller BürgerInnenbefragung
ihre Stimme abgaben haben – 95,5% davon gegen die Privatisierung!
Als Nächstes werden wir eine europäische BürgerInneninitiative erleben, deren Ziel es ist, die neoliberale Politik der Europäischen Union
in Richtung Wasserprivatisierung zu stoppen. Gemeinsam wollen wir
den Weg der direkten Demokratie zur Durchsetzung unserer Forderung nutzen: Mit unserem Wasser darf kein Profit gemacht werden!“
Weitere Informationen: www.world-psi.org
15
Lehren aus dem Referendum
für das Menschenrecht auf Wasser
in Kolumbien
je bedroht sowohl durch den Klimawandel
als auch durch den Mega-Bergbau, gerade in
Lateinamerika.
Das Paradox der Wasserknappheit in Kolumbien
Kolumbien ist das siebtgrößte Wasserreservoir der Welt. Das Wasserangebot innerhalb
seines Territoriums, 59 Liter in der Sekunde
pro Quadratkilometer, ist das sechsfache des
Weltdurchschnitts und das Dreifache des südamerikanischen Durchschnitts.
Rafael Colmenares
Ehemaliger Sprecher des Referendums für das
Menschenrecht auf Wasser in Kolumbien5
Im Jahr 2008 haben 2,1 Millionen Kolumbianerinnen und Kolumbianer mit ihren Unterschriften einen Volksentscheid gefordert,
durch den in der Verfassung des Landes das
Menschenrecht auf Trinkwasser festgeschrieben werden sollte, wobei als Garantie dieses
Rechts das Lebensminimum kostenfrei sein
muss. Ferner sollte durch das Referendum in
die Verfassung der Schutz der für den Wasserkreislauf wesentlichen Ökosysteme als
öffentliche Gemeinschaftsaufgabe aufgenommen und so deren Privatisierung ausgeschlossen werden.
Der kolumbianische Kongress, d. h. das Parlament, lehnte diesen Aufruf zum Volksentscheid im Mai 2010 ab – nach mehr als einem
Jahr Debatten. Eine Analyse der verschiedenen Faktoren, Ausgangspunkte und Entwicklungen, die bei diesem Beschluss eine Rolle gespielt haben, dürfte für die weltweite
Bewegung zur Verteidigung des Wassers als
einem gemeinsamen öffentlichen Gut von
großem Nutzen sein, gerade jetzt, da wichtige Fortschritte gemacht worden sind wie
die Anerkennung des Menschenrechts auf
Wasser durch die UNO im Juli 2010. Wasser
bleibt aber weiterhin ein Gut, das die multinationalen Konzerne an sich reißen wollen, und der Wasserkreislauf ist mehr denn
16
Warum also haben mehr als neun Millionen
Menschen keinen Zugang zu trinkbarem
Wasser in Kolumbien, in einem Land mit einem solchen Überfluss an Wasser?
Die Antworten sind in den geschichtlichen
Formen der Landbesetzung und –nutzung
seit der Kolonialzeit zu suchen. Die Rohstoffgewinnung konzentriert sich in der Andenregion. Sie ist mit den Flussbecken zweier
großer Ströme – der Magdalena und dem
Cauca, die das Land von Süden nach Norden durchziehen – das wesentliche Rückgrat
für den Wasserkreislauf. Die Entwaldung,
die mit nicht-nachhaltigen Produktionssystemen einhergeht, ebenso wie das Fehlen
der Abwasserbehandlung in den Städten
und Dörfern der Andenregion haben eine
schwerwiegende Verschlechterung des
Oberflächenwassers hervorgerufen und neuerdings auch die des Grundwassers.
Die ökologisch schädlichen Produktionsweisen gehen einerseits mit massiver Grundeigentumskonzentration und andererseits mit
expansiver, ungeplanter Zersiedlung einher.
Das alles geschieht im Rahmen sehr großer
sozialer Ungleichheit, die den gewalttätigen
Konflikten zugrunde liegt, von denen das
Land seit Jahrzehnten erschüttert wird.
Gesellschaftliche Konflikte und Umweltzerstörung sind in Kolumbien, wie in vielen anderen Teilen der Welt, nur die zwei Gesichter
derselben Münze.
Privatisierung als Belastung
Die Situation verschlechterte sich massiv seit 1993 mit der Verabschiedung des
Gesetzes 142, das privaten Unternehmen,
entweder direkt oder in Verbindung mit öffentlichen Körperschaften, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gestattet.
Außerdem schreibt dieses Gesetz vor, dass
die leistungserbringenden Institutionen,
auch wenn sie rein staatlich sind, rentabel
sein müssen. Schließlich verlagert es alle
Kosten der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung auf die Abnehmer, wodurch ein
erheblicher Anstieg in den Tarifen für diese
Dienste ausgelöst wurde. So haben sich die
Verbraucherpreise auf dem Sektor von Trinkwasser und Abwasserkanalisation um 200%
erhöht, während die Inflationsrate insgesamt
bei 92% liegt.
Das führt zu einem skandalösen Anstieg von
Wasserabsperrungen bei Familien, die diese
hohen Tarife nicht mehr bezahlen können.
Der Durchschnitt solcher Absperrungen, d. h.
Entzug der Versorgung, betrug in den letzten drei Jahren allein in Bogotá ca. 300.000
Fälle bei einer Gesamtzahl von 1,5 Millionen
registrierten Familien.
Derweil steigen die Profite der Wasserunternehmen, ob sie nun öffentlich, privat oder öffentlich/privat sein mögen, ständig an. Ihre
Rentabilität liegt mit 8% nur leicht unter der
des kolumbianischen Bankensystems – dem
Sektor, der die höchste Rentabilität im Land
erwirtschaftet.
Der Volksentscheid als Alternative
Unter den vorgenannten Bedingungen ist es
nicht überraschend, dass die Vorschläge für
ein Referendum größte Zustimmung gefunden haben. Man kann sagen, dass mit dieser
Initiative nur eine Forderung, die sowieso
schon im öffentlichen Bewusstsein war, aufgegriffen wurde und dass sie das soziale Problem wie nie zuvor mit der Bedeutung und
dem Verfall der wesentlichen Wasserkreislaufsysteme verbunden hat.
Darum haben soziale Netzwerke wie auch
unzählige einzelne BürgerInnen sich mit
so viel Einsatz an der Sammlung von Unterschriften beteiligt, dass die durch Gesetz
vorgeschriebene Anzahl um 600.000 überstiegen wurde.
Das Referendum prallt an einem antidemokratischen Parlament ab
Nach der Verfassung von Kolumbien genügt
es nicht, Unterschriften von 5% der wahlberechtigten Bevölkerung zusammenzubringen, um ein Referendum in Gang zu setzen.
Allein das Parlament hat letztlich das Recht,
darüber zu entscheiden, ob zu einer Volksabstimmung aufgerufen wird. Wir haben also
ein System sehr eng begrenzter partizipativer bzw. direkter Demokratie, da sie stets der
Bevormundung durch die „Repräsentanten“
des Volkes unterworfen ist.
Als das gesetzliche Verfahren für ein Referendum im Oktober 2008 in Gang gebracht
worden war, formierte sich sofort heftige
Opposition dagegen, die von der Vizeministerin für Wasser und der Oberaufseherin für
öffentliche Dienstleistungen der Regierung
von Uribe ausging. In deren Schatten wurde
das mächtige Gremium ANDESCO aktiv, in
dem die Versorgungsunternehmen versammelt sind, sowohl private als auch öffentliche oder gemischte Unternehmen (PPP).
Mehrere Privat- und PPP-Unternehmen werden von multinationalen Untenehmen wie
Suez, Vivendi, Aguas de Barcelona oder dem
Canal de Isabel Segunda kontrolliert, der in
Madrid ein öffentliches Unternehmen ist, in
Kolumbien aber als transnationales Privatunternehmen agiert.
Die Gegner führten als Argument an, dass
die Anerkennung des Menschenrechts auf
Wasser eine Lawine von Forderungen nach
sich zöge, die es unmöglich machen würde,
die offiziellen „Ministerialpläne zur Wasserversorgung“ (Planes Departamentales de
Agua) umzusetzen, durch die allein die Wasserversorgung der gesamten Bevölkerung
fortschreitend sicher gestellt werden könne.
Das Parlament versuchte zunächst, den
von den Bürgern unterschriebenen Text zu
ändern, indem es die Forderung nach dem
17
„Menschenrecht auf Wasser“ daraus eliminierte und den Anspruch auf ein kostenfreies
Existenzminimum an Wasser auf ein Almosen
für den allerärmsten Teil der Bevölkerung reduzierte. Als dieser Versuch gescheitert war,
weil das Verfassungsgericht entschied, dass
von der Bevölkerung unterschriebene Texte
nicht verändert werden dürfen, stimmte das
Parlament im Mai 2010 gegen den Aufruf zu
einem Referendum mit der überwältigenden
Mehrheit der Stimmen der Uribistas gegen
die Stimmen lediglich der Opposition des
Polo Democratico Alternativo und der Partido Liberal.
Die aktuelle Lage: Durst leiden trotz Wasser
bis zum Hals
Einige Monate nach der Ablehnung durch
das Parlament setzten in Kolumbien sehr
schwere Regenfälle ein, die mit kurzen Unterbrechungen das ganze Jahr 2011 über
andauerten, und aktuell, im März 2012, erneut begonnen haben. Es ist das als „La Niña“
bekannte Phänomen, das jetzt auf Gebiete
trifft, in denen es keine Vegetation gibt, die
diese enormen Wassermengen absorbieren
und regulieren könnte. La Niña überrollt
derzeit Gebiete bis zur Magdalena und zum
Cauca und ruft in der ganzen Andenregion
sowie in der Ebene an der karibischen Küste
Überschwemmungen hervor.
Die Erdrutsche und die Ablagerungen der
Flüsse haben es mit sich gebracht, dass in
Großstädten von mehr als 500.000 Einwohnern wie Manizales und Cúcuta die Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen oft fast einen
ganzen Monat lang nicht in Betrieb sind.
Noch gravierender ist die Lage in kleinen
Ortschaften auf der gesamten Länge des
Flusses Magdalena.
Inzwischen hat der Rechnungshof der Republik in einem Bericht vom April 2011 die
Ineffektivität der offiziellen Ministerialpläne
zur Wasserversorgung gerügt, die als Vorwand für die Ablehnung eines Referendums
gedient hatten. Dem Bericht zufolge wurden
gut 45 Millionen Euro für diese Pläne an private Geschäftsleitungen ausgegeben, ohne
18
dass irgendeine konkrete Leistung dafür erbracht worden ist.
Die „Defensoría del Pueblo“ [ein öffentliche
Schlichtungsstelle, d. Übers.] hat ihrerseits
im vergangenen Jahr ihre Angabe über die
Anzahl von Personen ohne Zugang zu Trinkwasser in Kolumbien aktualisiert und einen
Anstieg auf 10 Millionen registriert.
Zusätzlich erscheint als neue Bedrohung
des Wasserkreislaufs der sich ausweitende
Tagebau, da mehrere Konzessionen auch für
Gebiete vergeben worden sind, die für die
Wassergewinnung wesentlich sind, die sogenannten „Páramos“ (brachliegende Hochebenen) in mehr als 3000 m Höhe über dem
Meeresspiegel.
Die Zukunft der Wasserbewegung in
Kolumbien
Die Bewegung befindet sich in einer Etappe
der mutigen Neuformierung, gestärkt durch
die bis jetzt erfolgreiche Verteidigung des
Páramo de Santurban gegen die Bedrohung
aus dem Bergbau und durch den Beschluss
des neuen Bürgermeisters von Bogotá, Gustavo Pedro, ein Existenzminimum von monatlich sechs Kubikmetern Wasser pro Familie
kostenfrei zur Verfügung zu stellen, wovon 2
Millionen Personen Nutzen haben werden.
Natürlich ist auch die UNO-Resolution, die
das Menschenrecht auf Wasser anerkennt,
ein wichtiger stimulierender Faktor.
Die zentrale Herausforderung besteht darin,
zwischen den sozialen Organisationen eine
neue, so machtvolle Koordination zu erreichen wie die für die Unterschriftensammlung für ein Referendum, und darin, neue
Zielvorgaben für den Vormarsch von unten
nach oben zu umreißen, d. h. von der lokalen und regionalen Ebene bis zur nationalen.
Dafür ist die Schaffung weiterer Räume der
Bürgerbeteiligung und deren Verbindung
mit den vorhandenen sozialen Netzwerken
von fundamentaler Bedeutung.
Weitere Informationen:
www.censat.org
www.culturagua.com
Demokratie und Mitsprache erlebbar machen – Das europäische Volksbegehren
Matthias Ladstätter
Bundesfachgruppenleiter Wasserwirtschaft bei
Verdi, Deutschland
Seit dem 01. April gibt es per europäischer
Verordnung die Möglichkeit, ein europäisches Bürgerbegehren (EBB) anzustrengen.
Damit ist Europa weiter in der Partizipation
der BürgerInnen als mancher der Mitgliedsstaaten. Nur kommt es darauf an, diese gebotene Chance mit Kraft und Engagement
zu füllen und Ergebnisse zu erzielen, die uns
nicht wie den sinnbildlichen Tiger als Bettvorleger landen zu lassen.
Hier setzen wir an: Wir nehmen die Kommission beim Wort und werden den Stimmen der
EU-Völker millionenfach Gehör verschaffen.
Das Weltwasserforum in Marseille war ein
geeigneter Ort, unsere gewerkschaftliche
Kampagne: „Anerkennung des Menschenrechtes auf Zugang zu Wasser und sanitärer
Grundversorgung“ zu starten. Das geschah
dort sowohl auf dem mit 30 Millionen Euro
Steuergeldern geförderten „offiziellen“ Forum, und dies mit sehr gutem Erfolg vor vollem Saale, als auch beim mit nur einer halben
Million Euro geförderten alternativen Forum
FAME. Dieses FAME wurde den Ansprüchen
eines Weltwasserforums wesentlich mehr
gerecht als das „offizielle“ andere. Das lag an
der Faszination der beim FAME angebotenen
einfachen Lösungen ebenso wie an den engagierten, kämpferischen WeltbürgerInnen
ohne Kapital-Hintergrund. Diese Famose Ansammlung höchst Motivierter EnthusiastInnen hat einen bleibenden stark prägenden
Eindruck hinterlassen.
Mit diesem EBB, das am 10. Mai von der
Kommission registriert worden ist, begibt
sich die Europäische Gewerkschaftsbewegung nicht auf absolutes Neuland, denn
Erfahrungen des Unterschriftensammelns
liegen vor. Nur muss diese Aktion gelingen,
um die EU-Kommission in die richtige Spur
zu setzen, ansonsten könnten wir die Verlierer sein und mit uns all die Menschen, die
nur auf dieses Menschenrecht setzend eine
lebenswerte Zukunft erwarten dürften. Die
Sammlung der Unterschriften kann gleich
nach Registrierung erfolgen. Jede davor geleistete Unterschrift hat keinen rechtlichen
Status.
Und so sehen unsere Forderungen aus:
Die EU sollte allen Mitgliedstaaten verbindliche Ziele setzen, das Menschenrecht auf
Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung in Europa zu 100
Prozent zu erfüllen und das Gleiche weltweit einzufordern. Millionen von Menschen
werden diese Dienstleistungen immer noch
vorenthalten.
Dazu gehören:
1. Wasser und sanitäre Grundversorgung als
Garantie für alle Menschen in Europa.
2. Keine Liberalisierung der Wasserwirtschaft.
3. Universeller (globaler) Zugang zu Wasser
und sanitärer Grundversorgung.
Unsere Kampagne will bei der Europäischen
Kommission einen Umdenkprozess bewirken und anstelle des marktorientierten Modells mit dem Schwerpunkt Wettbewerb ein
auf Rechten basierendes Modell mit dem
Schwerpunkt öffentliche Dienstleistungen
setzen. Ziel ist die Bereitstellung eines universellen (globalen) Zugangs zu Wasser und
sanitärer Grundversorgung und der Erhalt
der begrenzten Wasserressourcen für zukünftige Generationen.
19
Einige unserer wichtigsten Vorschläge an die
EU-Kommission sind:
1. Hinweis auf dieses Menschenrecht in
allen Mitteilungen über Wasser und
Abwasserwirtschaft.
Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie! — ein Beitrag beim FAME 2012
2. Garantierte Wasserversorgung und sanitäre Grundversorgung für alle Menschenin den EU-Mitgliedstaaten, Einsatz darüber hinaus weltweit.
3. Herausnahme der Wasserwirtschaft
aus dem Geltungsbereich des Binnenmarkts und damit:
• Wasser und sanitäre Dienstleistungen
nicht zu liberalisieren.
• Wasser und sanitäre Dienstleistungen
nicht zum Gegenstand von Handelsabkommen wie dem CETA zu machen.
• Öffentlich-öffentliche Partnerschaften zu fördern.
4 . Den Grundsatz „Wasser ist keine Handelsware” gesetzlich verbindlich festschreiben.
5. Dem Schutz unserer aquatischen Umwelt Vorrang vor der Handelspolitik zu
geben.
6. Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeitenund rechte der Bürgerinnen und
Bürger wie bereits in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen.
7. Umsetzung der Lissabonverträge dahin
gehend, dass die Kontrolle über das
Was-ser und die Wasserressourcen in
der öffentlichen Hand bleiben muss.
8. Stärkung der Anreize für Wasserversorger, einen bestimmten Prozentsatz des
Jahresumsatzes für Partnerschaften mit
Wasserversorgern in Entwicklungsländern zu verwenden (wie dies in Frankreich und den Niederlanden bereits der
Fall ist).
Weitere Informationen:
www.right2water.eu/de
20
Dorothea Härlin
Berliner Wassertisch, GiB e. V., Deutschland
Alle sprechen vom Wasser, sowohl beim offiziellen Weltwasserforum der globalen Wasserkonzerne (WWF) als auch beim Alternativen Weltwasserforum (FAME). Aber Vorsicht,
nicht alle meinen das gleiche! Das alternative Forum steht unter dem Leitspruch der
italienischen Wasserbewegung „Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie“. Das WWF
könnten wir unter folgenden Titel stellen:
„Wir sagen Wasser und meinen Profit.“
Am 12. März, bei der Eröffnung des 6. WWF,
präsentierte sich Veolia als weltoffen und
um das Wohl der Weltbevölkerung bemüht.
Doch just am selben Tag reichten Veolia und
RWE in Berlin eine Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen das Volksgesetz „Unser Wasser“ ein. Noch klarer konnten sie ihre
freundliche Fassade nicht fallen lassen!
Wir erinnern uns: am 13. Februar 2011
gewannen wir den ersten Volksentscheid
in Berlin. Das von 666.000 BerlinerInnen
verabschiedete Gesetz wurde am 13. März
2011 vom Parlamentspräsidenten Momper
offiziell verkündet und damit ratifiziert. Besonders weh tat den Konzernen anscheinend
der Artikel 4, der besagt, dass alle Teile des
Vertrages, die binnen eines Jahres nicht veröffentlicht wurden, mit Jahresfrist ungültig
werden. Der 12. März war also genau einen
Tag vor Inkrafttreten dieser Bestimmung
– eine volle Bestätigung der Vermutungen
des Berliner Wassertischs, dass bisher nicht
alles veröffentlicht wurde. Da muss es wohl
doch noch Absprachen geben, die den Nerv
der Konzerne treffen, ihre Profitrate also.
Zwei Konzerne klagen gegen 666.000 BürgerInnen! Das ist ein Schlag ins Gesicht der
Demokratie! Anschaulicher kann man nicht
demonstrieren, dass Privatkonzerne sich
einen Dreck scheren um die Meinung von
Hunderttausenden, eine höhere Anzahl von
WählerInnen als irgendeine Fraktion im Abgeordnetenhaus auf sich vereinigen konnte.
Aber jetzt ist auch die Politik gefragt. Wir
fordern den regierenden Bürgermeistern
Herrn Wowereit und alle Abgeordneten im
Abgeordnetenhaus auf, sich nun endlich auf
die Seite der Berliner Bevölkerung zu stellen
und frontal gegen die Konzerne Stellung zu
beziehen! Immerhin klagen Veolia und RWE
gegen diesen Senat und das Parlament, das
dieses Gesetz ratifiziert hat. Wir fordern den
Senat auf, endlich aus der Beutegemeinschaft mit den Privatkonzernen auszusteigen! Das heißt:
anstatt für teures Geld wie bisher eine
Kanzlei wie Freshfields Bruckhaus Deringer mit der Klage zu beauftragen – eine
Kanzlei, die auch RWE und Veolia vertritt
und an unzähligen PPP-Verträgen zum
Schaden der Bevölkerung mit beteiligt
war.
4. Wir fordern den regierenden Bürgermeister, Herrn Wowereit, auf zu einer Regierungserklärung, in der er klar die Interesse der Berliner Bevölkerung vertritt und
sich für den Erhalt einer am Gemeinwohl
orientierten Infrastruktur in Berlin ausspricht. Damit könnte er endlich den Vorwurf der Komplizenschaft des Senats mit
den allein am Profit interessierten Privatunternehmen aus der Welt schaffen.
Mit dieser Klage beim Bundesverfassungsgericht haben die Konzerne das Berliner Problem auf die Bundesebene gebracht. Damit
wird auch unser Widerstand sich bundesweit
ausbreiten und ein Präzedenzfall gegen die
aktuelle Form der Privatisierung, die öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP), verhandelt
werden. Damit werden wir viel mehr werden
und viel lauter, denn der Widerstand gegen
den Ausverkauf des öffentlichen Eigentums
ist ständig am Wachsen. Wir sind deshalb
guter Hoffnung, dass sich die Klage in einen
Bumerang gegen RWE und Veolia verwandeln wird.
Weitere Informationen:
www.berliner-wassertisch.net
1. Der Aufforderung des Kartellamts nachzukommen und die Wasserpreise um
mindestens 19% zu senken, anstatt die
zweifelhafte Begründung von Veolia und
RWE, die sie gegen das Kartellamt anführen, mit zu tragen.
2. Offenlegung der bisherigen Verkaufsverhandlungen mit RWE und Stopp der Verhandlungen auf Basis des skandalösen
Vertrages.
3. Beauftragung einer tatsächlich unabhängigen Anwaltskanzlei, um die Interessen
der 666.000 BerlinerInnen zu vertreten,
21
3: Auswirkungen von Privatisierung
und Public-Private-Partnerships
22
Mehdi Lahlou
Vorsitzender von ACME Marokko
„Die Wasser-Situation in Marokko ist noch immer sehr beunruhigend:
Nach aktuellen Zahlen stehen jedeR EinwohnerIn weniger als 700 m3
Wasser pro Jahr zur Verfügung. 80-85% der verfügbaren Wasserressourcen werden für die Landwirtschaft verbraucht, die jedoch noch
immer nicht für eine Befriedigung der Nahrungsmittel-Grundbedürfnisse der Bevölkerung sorgen kann. 60% dieses Wassers für die Landwirtschaft geht außerdem durch technische Mängel in den Bewässerungssystemen verloren.
Außerdem findet die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Marokkos seit 1997 über Konzessionen statt, von denen hauptsächlich
französische Unternehmen profitieren. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe herrscht ein eklatanter Mangel an Transparenz. Die öffentlichen Institutionen, besonders auch auf lokaler Ebene, sind – politisch
und finanziell – machtlos. Sie schaffen es nicht, die Einhaltung der Auftragsspezifikationen durchzusetzen, diese werden üblicherweise auch
nie öffentlich zugänglich gemacht. Das Modell hat in keinster Weise
die Vorteile gebracht, die anfänglich versprochen wurden: Der Zugang
zum Wasser wurde nicht verbessert, die Preise sind nicht gesunken,
die Qualität ist nicht gestiegen und es stehen auch nicht – wie angekündigt – mehr finanzielle Ressourcen nicht-öffentlicher Natur zur
Verfügung, um wichtige langfristige Investitionen zu gewährleisten.
Aus diesen Gründen muss die Mobilisierung der Bevölkerung in Marokko auf jeden Fall weitergehen. Unser Ziel ist es, den Privatisierungsprozess zu stoppen. Wir kämpfen für ein von den BürgerInnen
selbstbestimmtes und demokratisches Modell, für einen solidarischen
Zugang zum Wasser und eine nachhaltige Nutzung, die es allen erlaubt, von der Ressource Wasser zu profitieren.“
Weitere Informationen: www.acme-eau.org
23
Die globale Wassernahme Was ist Water Grabbing?
Sylvia Kay und Jenny Franco
Transnational Institute, Niederlande6
Von Wassernahme (englisch „water grabbing“) spricht man, wenn sich einflussreiche
Akteure zu ihrem eigenen Vorteil Kontrolle über wertvolle Wasservorkommen und
-gebiete verschaffen und sie so örtlichen
Gemeinschaften entziehen, deren Existenz
oft von diesen Vorkommen und Ökosystemen abhängt. Die Kontrolle wird ermöglicht
durch Privatisierung, Kommerzialisierung
und Aneignung von Vorkommen, die bisher
Gemeineigentum der Gemeinschaften waren.
Dadurch wird Wasser von einer für alle verfügbaren Ressource zu einem privaten Gut,
dessen Verfügbarkeit ausgehandelt werden
muss und von der Zahlungsfähigkeit abhängt.
Wassernahme tritt also in vielen verschiedenen Formen in Erscheinung: angefangen von
der Wassergewinnung für großflächige Monokulturen zur Nahrungs- und Biospritproduktion, über das Anstauen von Flüssen für
Wasserkraftwerke, bis zur privaten Kontrolle
über öffentliche Wasservorkommen. Es umfasst auch ein Modell von Entwicklung, das
auf dem Handel mit virtuellem Wasser aufbaut. Wassernahme ist keine neue Erscheinung, sondern hat viel gemeinsam mit der
früheren Aneignung anderer Ressourcen und
dem, was als „Einzäunung“ („enclosures“) der
Gemeingüter bezeichnet wurde. Die neue
Dimension der gegenwärtigen Wassernahme besteht darin, dass die Mechanismen zur
Aneignung und Umwandlung von Wasservorkommen in private Güter viel weiter entwickelt und immer stärker globalisiert sind,
begünstigt durch internationale Investitionsund Handelsgesetze.
Deshalb besteht Grund zur Sorge, dass von
dieser Entwicklung auf Kosten lokaler Gemeinschaften und Ökosysteme eine neue
Generation von „Mulhollands“ (siehe Kasten
unten) profitiert, und zwar in bisher ungekannten Ausmaß. Angesichts einer weltweiten Wasserkrise, bei der 700 Millionen
24
Menschen in 43 Ländern unterhalb der Wasserstress-Schwelle – gemäß Falkenberg-Bericht von 1976 an UNEP/WMO – von 1.700
Kubikmetern Wasser pro Kopf und Jahrleben,
muss die weltweite Wassernahme dringend
beendet werden.
In welcher Verbindung steht Wassernahme
zur Privatisierung von Wasservorkommen?
Privatisierung und Kommerzialisierung von
Wasservorkommen sind Schlüsselmechanismen der Wassernahme. Die Privatisierung
der Wasserversorgung ist kein neues Phänomen, doch hat die neue Welle der Wassernahmen die Ressource Wasser zweifellos
stärker als Wirtschaftsgut in das Zentrum der
Aufmerksamkeit gerückt.
Die Privatisierung und der Handel mit Wasserrechten können dazu führen, dass Einheimische ihre Wasserrechte verlieren oder
diese meistbietend versteigert werden. Besonders besteht diese Gefahr dort, wo die
Wasserrechte der einheimischen Gemeinschaften nicht formalrechtlich anerkannt
sind, weil sie gewohnheitsrechtlichen und
gemeinschaftlichen Formen der Verwaltung
unterliegen. So räumt etwa das mosambikanische Wassergesetz theoretisch der Wassernutzung durch ländliche Haushalte für ihren
häuslichen Bedarf, ihr Vieh und ihre geringfügige landwirtschaftliche Bewässerung
Vorrang ein. Das Gesetz sieht jedoch keine
Registrierung dieser „üblichen Nutzung“ vor.
In der Folge ist diese durch den Wettbewerb
mit anderen NutzerInnen bedroht, weil sie
für die Planer der Regierung im Großen und
Ganzen „unsichtbar“ ist.
Die Zuteilung privater Wassernutzungsrechte
an Investoren ist im Gegensatz dazu unübersehbar. So kann Wasserprivatisierung Macht
von örtlichen Gemeinschaften an private Investoren übertragen und stellt einen ersten
Schritt zur Aushöhlung althergebrachter und
gemeinschaftlicher Formen der Wasserverwaltung dar.
Die Zerstörung der gemeinschaftlichen Wasserverwaltung und ihre Ersetzung durch private, individualisierte Formen marktbasier-
ter Wasserwirtschaft ist eines der Hauptziele
neoliberaler Wasserpolitik. Ihre ProtagonistInnen stellen dies als fortschrittliche Entwicklung dar, weil dadurch das Wasser den
effizientesten und produktivsten Nutzern zugeteilt und die Sicherung der Wasserrechte
unterstützt werde. Das Problem dieses Argumentes ist, dass es die beträchtliche Ungleichheit in der Machtverteilung zwischen
den Akteuren auf dem Wassermarkt leugnet.
Die Annahmen der neoliberalen Wasserpolitik träfen nur dann zu, wenn alle Akteure frei
und gleich im Wassermarkt aufträten. Das jedoch ist natürlich eine Täuschung. Gegen die
neue „Einzäunung“ der Wasservorkommen
durch Wasserprivatisierung sollte deshalb
entschieden Widerstand geleistet werden.
Der nächste Mulholland?
Vor einhundert Jahren behob William Mulholland, Oberaufseher der städtischen Wasserbehörde, den Wassermangel in Los Angeles durch eine brutal wirksame Idee: eine
„Wassernahme“. Indem er mit Gewalt die Zuleitung von Wasser von Bauern aus dem
über 370 Kilometer entfernten Owens Valley durchsetzte, ermöglichte er es Los Angeles, zur am schnellsten wachsenden Stadt der Vereinigten Staaten zu werden. In der
Folge war 15 Jahre nach der Inbetriebnahme von Mulhollands Los-Angeles-Aquädukt
der Owens Lake vollständig ausgetrocknet. Von den gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Bau des Aquädukts handelt Roman Polanskis Film „Chinatown“. Die Kontrolle über das Wasser ist in Kalifornien unverändert eine Quelle heftiger Auseinandersetzungen, obwohl diese Kämpfe heute vor allem vor Gericht ausgefochten werden.
Dagegen verstärkt sich in weiten Teilen der Entwicklungsländer der Wettbewerb um
das Wasser mit alarmierender Geschwindigkeit und führt zu drastischen – und manchmal gewalttätigen – Konflikten. Es besteht die Gefahr, dass das Modell Mulhollands in
neuem Gewand wieder auftaucht und dass statt der Sorge um Armut und menschliche
Entwicklung allein die Macht das Ergebnis bestimmt.
25
Über die Wasserprivatisierung in Chile
Cristian Villarroel Novoa
Koordinator bei der Ökologieinitiative Programa
Chile Sustentable, Chile7
Auch in Chile hängen Fragestellungen der
Wasserversorgung und -entsorgung von geographischen, ökologischen und wirtschaftlichen Faktoren ab. Jedoch sind es allen voran
politische Variablen, die das Thema bestimmen – das heißt, Gesetze, die Partizipationsmöglichkeiten der BürgerInnen bei Fragen,
die die Wasserressourcen und die Umweltverschmutzung betreffen. Um die Situation
der Wasserversorgung zu verstehen, ist es
also wichtig, den politischen Kontext genauer zu kennen.
Wassergesetze
Die gesetzlichen Normen zum Thema Wasser in Chile sind in zwei Dokumenten fixiert:
dem Código Civil (Äquivalent zum dt. Bürgerlichen Gesetzbuch) sowie im Código de Aguas
(Wassergesetz) aus dem Jahr 1981. Letzteres
entstand in Zeiten der Diktatur und hat eine
stark am Markt orientierte Ausrichtung, die
die Privatisierung der Ressource Wasser ermöglichte – zum ersten Mal in der Geschichte Chiles, und zwar durch eine Trennung
der Wasser- und Bodenrechte. Gleichzeitig
wurde die Möglichkeit einer kostenfreien
und zeitlich unbefristeten Überlassung der
Wasserrechte an Privatpersonen geschaffen.
Dies bewirkte, dass das Wasser in Chile aktuell hauptsächlich in Händen von – häufig
transnationalen – Unternehmen liegt: Unternehmen aus der Bergbau-, Forst- und Agroindustrie, der Wasserenergie oder Wasserver-
26
sorgung im Allgemeinen.
Ein Großteil der Anhänger der in Chile vorherrschenden neo-liberalen Wasserpolitik
teilt die Ansicht, dass die fehlenden Eingrenzungen bei der Wasserrechtevergabe
offensichtlich starke Verzerrungen und Verfälschungen am „Wassermarkt“ hinterlassen
haben – eine klare Folge der oben beschriebenen monopolistischen Rechte. Wenn man
nach 31 Jahren praktischer Anwendung des
marktorientierten Wassermodells heute also
über die sozialen Konflikte sprechen will,
die rund um das Thema Wasser in Chile
vorhanden sind, so stehen diese immer in
irgendeiner Verbindung zu der herrschenden Gesetzgebung. Unbestritten leidet Chile
heute unter einem erhöhten sozialen Konfliktpotential und unter verstärkten Wasserzwistigkeiten zwischen wirtschaftlichen Produktionsbereichen.
Unter anderem ist das Folge der Tatsache,
dass bei der Festlegung der Gesetzgebung
Kriterien und Mindestanforderungen in Abstimmung mit den geographischen, klimatischen und umweltsoziologischen Faktoren
(Gleichheit und Gerechtigkeit) unberücksichtigt blieben. Auch wurde es versäumt, bei
der Verteilung der Wasserressourcen eine
sinnvolle Prioritätensetzung vorzunehmen,
die Wasser für den menschlichen Verbrauch
Vorrang gewährt und darüber hinaus eine
ausgewogene Entwicklung der Bereiche der
Nahrungsmittelproduktion, der Landwirtschaft oder anderer Industriezweige fördert.
Wasser im Griff der Unternehmen
Das chilenische Modell des „freien Wettbewerbs“ bot die Grundlage für eine Eigentumskonzentration in den Bereichen Energie, Bergbau, Wasser und Exporte. Dies sind
auch die Wirtschaftssektoren, die aktuell am
meisten und am direktesten davon profitieren. Die Gesetzbücher, die diese Bereiche
– seit der Verfassung von 1980 – regeln,
wurden ohne jegliche Beteiligung des Parlaments oder anderer Stellen ausgearbeitet
und beschlossen. Es ist also keineswegs absurd, wenn man daraus ableitet, dass es eine
ganz gezielte Abstimmung zwischen den Interessenbereichen gab. Und dass genau diese Abstimmung heute ermöglicht, dass jeder
dieser Industriezweige die Kontrolle über
die Wasserressourcen zu seinem exklusiven
Vorteil innehat. Im Kontrast dazu stehen die
permanenten sozialen und Umwelt-Konflikte
in den territorialen Gebieten, in denen diese
Unternehmen ihre Geschäftstätigkeiten ausüben. Ein Nebeneinander verschiedener lokaler Akteure und Produktionssektoren wird
dort durch die Verweigerung des Zugangs zu
Wasser schlicht verhindert.
Privatisierung
Der Prozess der Privatisierung und Transnationalisierung des Wassers im Bereich der
Wasserversorgung und -entsorgung fand im
Wesentlichen während der Übergangszeit
zur Demokratie statt, das heißt unter den
Regierungen von Eduardo Frei (1994 und
1999) und von Ricardo Lagos (1999 und
2005). In beiden Fällen wurden die Wasserrechte zusammen mit den dazugehörigen
öffentlichen Unternehmen verkauft.
Insgesamt werden durch die chilenischen
Wasserversorgungs- und -entsorgungsunternehmen 4,5 Millionen Haushalte (= 15 Millionen Menschen) in den urbanen Zonen des
Landes versorgt. Bis zum Jahr 2010 hielt der
Staat durch die Behörde zur Produktionsförderung CORFO noch einen nennenswerten
Aktienanteil an den entsprechenden Unternehmen: 34,98% an Aguas Andinas, 29,43%
an ESVAL, 43,44% an ESSBIO und 45,46%
an ESSAL. Dies änderte sich am 24. Dezember 2010 (inmitten der Ablenkungen durch
den Weihnachtstrubel), als die Regierung
von Sebastián Piñera in einer außerordentlichen Direktoriumssitzung beschloss, die öffentlichen Aktien zum Verkauf freizugeben.
Die Unternehmen Aguas Andinas, ESVAL und
ESSBIO wurden folglich im Jahr 2011 verkauft, im Wesentlichen an Administradora de
Fondos de Pensiones (ein privates Pensionsfondverwaltungunternehmen) sowie an die
Unternehmensgruppen Luksic und Bethia.
Der Verkauf von ESSAL kam nicht zustande,
da alle Angebote unter der als Verkaufswert
festgelegten Summe lagen. In allen Fällen
musste die Regierung nach Ablehnung und
Protesten seitens der Bevölkerung und verschiedener politischer Gruppen (inklusive
regierungsfreundlicher VertreterInnen) 5%
der Aktien jedes der Unternehmen für sich
behalten.
Wasserpreise und Wasserversorgung
Nun zu den Wasserpreisen: Vor der Privatisierung – zwischen 1989 und 1998 – lagen
die Preise in der Spitzverbrauchszeit zwischen 0,18 und 0,78 Dollar pro Kubikmeter
Wasser. Nach der Privatisierung lässt sich ein
erheblicher Preisanstieg erkennen (auch außerhalb der Spitzverbrauchszeit): in Santiago
lag der Preis bei 1,10 Dollar, in La Serena bei
1,6 Dollar, in Punta Arenas bei 2,07 Dollar
und in Antofagasta bei 2,6 Dollar. An dieser
Stelle ist auch noch festzustellen, dass der
Staat aktuell Förderungen für rund 700.000
Haushalte mit Niedrigeinkommen bereitstellt, die 16% der Gesamtzahl der KundInnen auf nationaler Ebene darstellen. So werden also mit öffentlichen Geldern auch noch
die Gewinne der Unternehmen aufgestockt.
Die Flächendeckung der Wasserversorgung
wurde nach der Privatisierung (d. h. zwischen 1998 und 2008) nur minimal erweitert, da die Standards im Land bereits vorher
auf hohem Niveau waren. Kritisch hingegen
war die Situation der Wasserqualität vor der
Privatisierung, mit negativen Auswirkungen
vor allem in den Bereichen der öffentlichen
Gesundheit und der Bewässerung für die
Landwirtschaft. Durch bessere Wasseraufbereitung konnten hier im oben genannten
Zeitraum erhebliche Verbesserungen erreicht werden, wobei die Kosten für diesen
27
„Erfolg des Landes“ auf jede Nutzerin und jeden Nutzer umgelegt wurden. Die Trinkwasserpreise stiegen und ein neuer Kostenpunkt
im Zusammenhang mit der Wasseraufbereitung wurde in die Wasserrechnungen aufgenommen.
Der aktuelle Stand
Zusammengefasst heißt das also: Der Staat
überließ die Ressource Wasser den Unternehmen kostenfrei und garantierte ihnen
durch die gewährten Förderungen einkommensschwacher Haushalte gewisse GrundErträge. Der Fortschritt im Bereich Wasseraufbereitung – eines der Hauptmotive für
die Privatisierung – wurde zu 100% direkt
von den NutzerInnen bezahlt.
95,4% der Wasserver- und -entsorgungsunternehmen in den großen urbanen Zentren
des Landes sind privat und in den Händen
meist internationaler Konzerne. Und dennoch gibt es einige herausragende Ausnahmen, wie zum Beispiel das Unternehmen
Servicio Municipal de Agua Potable y Alcantarillado de Maipú (SMAPA), das Eigentum
der Kommune Maipú ist sowie die Kommunen Nogales und Puerto Octay. Was die
Trinkwasserversorgung im ländlichen Raum
betrifft so sind die Asociaciones de Agua Potable Rural erwähnenswert: Vereinigungen,
deren Basis sozial organisierte NutzerInnen
sind. Diese versorgen mit verschiedenen
Verwaltungsmodellen rund 1,8 Millionen
EinwohnerInnen im ganzen Land, und das
unter Anwendung sozialer und solidarischer
Kriterien zu Gunsten der gesamten Gemeinschaft.
Weitere Informationen:
www.chilesustentable.net
www.derechoalagua.cl
Wassergerechtigkeit und Demokratie:
Alternativen zur Kommerzialisierung
und Privatisierung des Wassers in Asien. Das Beispiel der Philippinen
Mary Ann Manahan
Focus on the Global South, Philippinen8
Die Philippinen stellen ein interessantes
Fallbeispiel im Themenbereich Wasserprivatisierung dar, und zwar insofern, als dass
das Land zu den aggressivsten Liberalisierern Asiens gehört und es sich zudem um
ein frühes Struktur-Anpassungs-Experiment
des internationalen Währungsfonds sowie
der Weltbank handelt. Die Organisation der
Wasserversorgung, in Bezug auf den Betrieb,
reicht von Organisationsformen auf Ebene
einzelner Dörfer bis hin zu Unternehmen, die
sich im vollständigen Besitz und unter Kontrolle des Staates befinden. Des Weiteren
existiert ein landesweiter Zusammenschluss
von Wasserversorgungsunternehmen. All
diese Organisationsformen sind jedoch nicht
einheitlich in Bezug auf ihre Zielgruppen.
Einzelne fokussieren sich auf die Versorgung
der Ärmsten, andere stellen ihre Dienstleistungen allen Bevölkerungsschichten zur Verfügung.
Die philippinische Wasserversorgung ist über
so genannte „Wasserbezirke“ organisiert. Die
Organisationsformen können hier ganz unterschiedlich sein:
• Staatsbetriebe
• lokale, ebenfalls im öffentlichen Besitz
befindliche, Wasserwerke
• in Privatbesitz befindliche Wasserversorgungsunternehmen
• Wasserversorgungsunternehmen, die von
28
NutzerInnen bzw. Nachbarschaften selbst
verwaltet werden, wie z. B. Kooperativen,
Wasserver- und Wasserentsorgungsvereinigungen auf Dorf-ebene sowie ländliche
Wasserver- und Abwasserentsorgungsvereinigungen
Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ist
das System der Wasserversorgung von der
philippinischen Regierung finanziell merklich vernachlässigt worden. Dies hatte zur
Folge, dass auch aktuell keine verlässliche,
umfassende und erschwingliche Wasserversorgung für alle BürgerInnen gewährleistet
werden kann. 1990 verfügten 87 Prozent der
Bevölkerung über einen, wenn auch oft unzuverlässigen, Basis-Zugang zum Trinkwasserversorgungsnetz. Demgegenüber zeigten
die Daten des philippinischen Innenministeriums, dass durch die verschiedenen Wasserversorgungsunternehmen im Jahr 2007
insgesamt nur ca. 9 Millionen Menschen
bedient wurden (Interagency Steering Committee of the Philippine Water Supply Sector Roadmap Project, 2008). 2008 war das
Niveau des Trinkwasserzugangs schließlich
auf 84 Prozent der Bevölkerung abgesunken (National Statistical Coordination Board,
2010), wodurch nicht zuletzt auch die Erfüllung des entsprechenden UN-MillenniumZiels in Gefahr gerät, das darin besteht, im
Jahr 2015 eine 87-prozentige Versorgung
der Bevölkerung zu gewährleisten.
In diesem Kontext sind viele Alternativmodelle entstanden. An dieser Stelle ist das
Municipal Services Project zu erwähnen,
eine weltweite Initiative, die systematisch
Alternativen zur Privatisierung und Kommerzialisierung von Dienstleistungen des
Gesundheits-, des Wasser- und Elektizitätsversorgungs- sowie des Abfallentsorgungssektors untersucht. Gemäß den von dieser
Initiative erarbeiteten politischen Kriterien
können die Alternativmodelle folgendermaßen unterteilt werden:
Innovative Modelle
Dies sind neue und/oder innovative Modelle
der Wasserversorgung, die weder privat noch
nach dem alten Stil öffentlich betrieben werden. Als beispielsweise ein Bergbau-Unternehmen einen Antrag auf eine bergbauliche
Erschließung innerhalb des im Zentrum der
Philippinen gelegenen Sibalom-Wassereinzugsgebietes stellte, schlossen sich sowohl
auf nachbarschaftlicher Ebene organisierte
WassernutzerInnen, Dorf- und Kommunalverwaltungen, Wasserversorgungsunternehmen und NGOs in einer Koalition zusammen,
um sich gegen eine Genehmigung dieses
Antrags zu positionieren. Um ihrem Anliegen
weiteren Nachdruck zu verleihen, wendeten
sie sich zudem an WissenschaftlerInnen:
Es wurde eine Studie durchgeführt, um die
Vorteile eines Schutzes des Wassereinzugsgebietes quantifizieren zu können. Dadurch
gewannen alle Beteiligten ein viel umfassenderes Verständnis für die Vorteile einer
Nicht-Nutzung sowie auch für den Wert des
Ökosystems für künftige Generationen. Das
Bergbau-Projekt konnte so erfolgreich verhindert werden.
Die Verteidigung des öffentlichen Sektors
gegen Privatisierungsbestrebungen
Dies erfolgte beispielsweise durch separate
Stellungnahmen zweier wichtiger philippinischer Interessensvertretungen: der Gewerkschaft der öffentlichen Wasserbetriebe sowie
der „Philippine Association of Water Districts“
(Philippinische Vereinigung der Wasserbezirke). In den Stellungnahmen brachten sie
ihren Widerstand gegen die offizielle Politik
zum Ausdruck, finanziell tragfähige Wasserbezirke privatisieren zu wollen. Sie erklärten
ihre feste Überzeugung, dass öffentliche Unternehmen immer noch das beste Modell zur
Bereitstellung von Wasserdienstleistungen
seien.
Die Stärkung und Förderung öffentlicher
Wasserdienstleistungen
Auch wenn die Wasserdienstleistungen nicht
direkt von Privatisierung bedroht sind, sind
sie üblicherweise starkem Druck ausgesetzt:
Sie müssen ihre Leistungsziele erreichen, ihre
Dienstleistungen verbessern oder werden in
anderen Bereichen unter Beschuss genommen. Dem versuchen mehrere Wasserversor-
29
gungunternehmen aktiv entgegen zu wirken.
Ein Beispiel dafür ist eine gemeinsame Initiative von Dorf- und Gemeinderäten, NGOs
und wissenschaftlichen Institutionen aus
Salcedo in Ost-Samar (Zentral-Philippinen),
in der es darum geht, die Grenzen der lokalen Wassereinzugsgebiete auszuarbeiten
und festzulegen. Das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen waren Gesetze, die die
entsprechenden Zonen zu Schutzgebieten
erklärten. Diese lokalen Rechtsvorschriften
statteten die Dorf- und Gemeinderäte mit
dem gesetzlichen Auftrag aus, Programme
für eine nachhaltige Wasserversorgung bzw.
zum Schutz der Quellen und gegen die Zerstörung der Wasserressourcen zu formulieren und zu implementieren.
Rückgewinnung der öffentlichen Dienstleistungen
2006 gab es in den Philippinen zum ersten Mal die Möglichkeit einer Rekommunalisierung, nämlich als das Unternehmen
„Maynilad Water Services Inc.“ (MWSI) seinen
Bankrott erklärte. MWSI versorgt den Westteil des Großraums Manila, der rund 90%
des Stadtgebietes ausmacht und war ein
Joint Venture aus Vertretern der lokalen Eliten und des französischen Konzerns Ondeo.
Nach dem Bankrott verkündete der frühere
Eigentümer die Absicht, die Konzession zurück an den Staat geben zu wollen. Trotz
dieser Möglichkeit und der Kampagnen der
Zivilbevölkerung, das Wasser wieder unter
öffentliche Kontrolle zu bringen, blieb die
philippinische Regierung bei ihrer Entscheidung, Wasserkonzessionen bei privaten An-
30
bietern zu belassen.
Jedoch haben einige Gemeinden, die zwar
nicht direkt an Rekommunalisierungsversuchen über den legalen Weg beteiligt waren,
Mechanismen geschaffen, um die Beibehaltung der Wasserversorgung in kommunaler
Hand sicherzustellen. Ein solches Alternativmodell wurde in der Stadt Caloocan, die
zum MWSI-Versorgungsgebiet gehört, von
der Wassergenossenschaft „Bagong Silang
Community Water Service Cooperative“ implementiert. Die Genossenschaft, deren EigentümerInnen die die WassernuterzInnen
selbst sind, hat es immerhin geschafft, die
zuverlässige Verteilung von Wasser zu gewährleisten, das als Rohwasser wiederum
vom privaten Drittanbieter MWSI geliefert
wird. Das Genossenschaftsmodell ermöglichte tatsächliche demokratische Kontrolle,
die gleichberechtigte gegenseitige Überwachung auf Augenhöhe und die Durchsetzung
von Vorschriften in Richtung der Etablierung
einer verbesserten Wasserversorgung und
-verteilung. Ein ähnliches Projekt führte die
BewohnerInnen-Initiative in Tinagong Paraiso in Zusammenarbeit mit örtlichen NGOs
und der Wasserverwaltung der Stadt Bacolod
in Zentral-Philippinen durch: Es wurden gemeinschaftliche Entnahmestelle eingerichtet, betrieben und gewartet. Dadurch wurde
die Kontrolle über den Zugang zu sauberem
Trinkwasser zurück in die Hand der Gemeinschaft geführt, anstatt den Betrieb den Privaten zu überlassen, die für die Wasserlieferung an die Slum-BewohnerInnen hohe
Preise verlangen.
Zukunftsalternativen
Darüber hinaus gibt es noch weitere Modelle, über deren Umsetzung gerade noch
diskutiert wird. Auf kommunaler Ebene ist
hier das Beispiel der Gemeinderäte von Patag und Gabas (Ortsteile der Stadt Baybay,
Zentral-Philippinen) zu nennen: Sie stehen
in Verhandlungen mit den Wasserbehörden
von Baybay darüber, Wasser aus einer lokalen Quelle entnehmen zu dürfen, an der der
Wasserbezirk die Rechte hat. Außerdem fordert sie, die lokale Verwaltungshoheit über
die Wasserspeicher, Leitungen und anderen
Einrichtungen von den Behörden übertragen
zu bekommen. Als Gegenleistung bieten sie
die Sicherstellung des Schutzes der Wasserentnahmegebiete und der Anlagen für die
Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung
des Wassers an die Gesamtregion Baybay.
Solche Vereinbarungen könnten im Fall ihrer Umsetzung die Partnerschaft zwischen
Gemeinderegierungen, Wasserdienstleistern
und der lokalen Bevölkerung stärken. Gleichzeitig kann ein wichtiges Paradoxon aufgebrochen werden: In den Wassereinzugsgebieten lebende Bevölkerungsgruppen, die
üblicherweise von der Wasserversorgung
ausgeschlossen werden, würden plötzlich
eine entscheidende Rolle beim Schutz ihrer
eigenen Wasserquellen spielen.
Weitere Informationen:
http://ph.focusweb.org
31
Was läuft verkehrt bei der ÖffentlichPrivaten Partnerschaft (ÖPP)?
Die Wasserversorgung des Kathmandu-Tals und das zugehörige Abwasserprojekt
Ratan Bhandari
Water & Energy User‘s Federation, Nepal9
Das Melamchi Wasserversorgungsprojekt
(Melamchi Water Supply Project = MWSP) ist
eines der widersprüchlichsten Projekte, das
von der Asian Development Bank (ADB) in Zusammenarbeit mit der World Bank, der Japan
Bank for International Cooperation (JBIC), der
Norwegian Agency for Development Cooperation (NORAD), der Swedish International
Development Assistance (SIDA), dem Nordic
Development Fund (NDF) und der Organization of Petroleum Exporting Countries
(OPEC) Fund gefördert wird. Allerdings sind
NORAD im Jahr 2002 und SIDA 2005 aus der
Projektförderung ausgestiegen. Das MWSP
plant, täglich 170 Millionen Liter Wasser aus
dem kleinen Melamchi-Fluss ins Kathmandu-Tal (Hauptstadt Nepals) durch einen 26,5
km langen Tunnel abzuleiten.
Das
Melamchi-Wasserversorgungsprojekt
war schon vor einiger Zeit vorgeschlagen
worden; und zwar unter der Annahme dass
die örtlich vorhandenen Wasserquellen nicht
ausreichen würden, um den augenblicklichen
und zukünftigen Wasserbedarf des Kathmandu-Tals zu decken. Die Nutzung des Melamchi
wurde als die geeignetste Möglichkeit betrachtet. Bessere oder billigere Alternativen,
die im Tal zur Verfügung gestanden hätten,
waren jedoch vor der Entscheidung für das
MWSP nicht gründlich untersucht worden.
32
Anlass zur Besorgnis im Melamchi-Tal
Das Melamchi-Tal ist dicht besiedelt. Landwirtschaft ist traditionell die wesentliche
Grundlage der Beschäftigung und der Sicherung des Lebensunterhalts der Bevölkerung.
Feldfrüchte und Gemüse werden dreimal im
Jahr praktisch während aller Monate produziert. Der Melamchi-Fluss ist nicht weniger
als die Lebensader der Menschen. Verarmte
Bevölkerungsgruppen ohne eigenes Land,
wie die Majhi und Danuwar, hängen vollständig vom Melamchi-Fluss für den Fischfang ab. Einige Familien leben auch vom
Einkommen aus ihren Pani Ghatta (traditionellen wassergetriebenen Mühlen). Es gibt
einige Dutzend kleinerer und auch großer
Bewässerungskanäle, die das ganze Jahr
über Wasser führen.
Die Ansässigen kämpfen seit beinahe zwei
Jahrzehnten für einen Anspruch auf ihre
Wasseranteile, bevor der Fluss umgeleitet
wird. Sie haben eine umfassende Beurteilung
der Umweltauswirkungen (Environmental
Impact Assessment = EIA) in Bezug auf die
gegenwärtige und zukünftige Versorgungssicherheit im Falle einer möglichen Umleitung des Flusses gefordert. Sie sind darauf
vorbereitet, ihren Fall sogar vor den nepalesischen Gerichtshof zu bringen, speziell im
Hinblick auf die Haftungsmechanismen der
Asian Development Bank (ADB) für deren
Garantie der regulären Wassernutzungsrechte. Die Forderung nach einer umfassenden
EIA und nach einer Garantie der Wassernutzungsrechte haben aber bis heute keinerlei
Ergebnisse gezeigt.
Anlass zur Besorgnis im Kathmandu-Tal
Es ist eine Hauptsorge der BewohnerInnen
des Kathmandu-Tals, Auskunft darüber zu
erhalten, wann sie mit dem Melamchi-Wasser in ihren Leitungen rechnen können. Sie
wissen, dass ihnen Wasser im Tal im Überfluss zur Verfügung steht, aber es wird ihnen
weiterhin erzählt, dass die Versorgung mit
Melamchi-Wasser die beste Option sei. Seit
mehr als zwei Jahrzehnten wird ihnen dieser
Traum verkauft, bislang jedoch ohne realen
Fortschritt. Die Menschen verstehen nicht,
warum die Regierung, die ADB und andere
Geldgeber nicht bereit sind, in die örtlichen
Wasserressourcen zu investieren.
Im Kathmandu-Tal existiert eine Vielzahl
von Alternativen für die Wasserversorgung,
hunderte von öffentlichen Wasserzapfstellen und Brunnen sowie Teiche, Bäche und
Flüsse. Diese wurden jedoch alle nicht in
Betracht gezogen. Auch wurden derartige
Wasserquellen auch nicht entsprechend gepflegt, sondern durch unkontrollierte städtische Bautätigkeit und Infrastrukturprojekte
sogar zerstört. Ebenso mangelte es an Investitionen in Zisternensysteme für die riesigen
Regenwassermengen während der Monsunmonate von Mai bis August. Durch Konservierungsmethoden könnten große Mengen an
Grundwasser genutzt werden, indem Flüsse
und öffentlichen Anlagen entsprechend gewartet werden. An der Behebung der Leckage-Verluste von 40-70% durch die verrottete
Infrastruktur für die Wasserversorgung wird
ebenfalls nicht gearbeitet. Besondere Besorgnis erregt die Tatsache, dass die Regierung sich nicht ausreichend um den Erhalt
und den Ausbau der Infrastruktur kümmert,
die benötigt würde, sobald das MelamchiWasser ins Tal gefördert wird.
ExpertInnen sind der Meinung, dass Trinkwasser wesentlich schneller und billiger als
mit dem Melamchi-Projekt zur Verfügung
gestellt werden könnte. Das geschieht aber
infolge der Interessen der Geldgeber und der
Regierung, die der Gier des großen Geldes
gehorchen, nicht. Gleichzeitig ist es so, dass
weder die Regierung noch die Geldgeber die
TalbewohnerInnen je über die zu erwartenden hohen Kosten für das Melamchi-Wasser
aufgeklärt haben.
Die Bedingungen der Geldgeber
Eine Hauptbedingung der Asian Development Bank (ADB) für die Kreditvergabe ist
die wirtschaftliche Privatisierung der Wasserversorgung und des Abwassersystems
von Kathmandu. Obwohl es heißt, die Verträge über die Wasserversorgung und das Abwassersystem entsprächen dem Prinzip der
Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP), ist
das Management und der Betrieb des Systems vollständig in privater Hand. Die Armen
haben kaum Zugang zur Versorgung. Weil die
ÖPP nach dem Prinzip der vollen Kostendeckung arbeitet, gibt es keine Unterstützung
für die 40% der Familien mit niedrigen Einkommen oder die Landlosen im Metropolgebiet, die mehr als drei Millionen Menschen
ausmachen.
Das Verfahren lief so ab, dass die Regierung
zunächst alle Vermögenswerte und Rechte
sowie die Betriebsaufsicht über die gut funktionierende, öffentlich-rechtliche nepalesische Wasserversorgungsgesellschaft (Nepal
Water Supply Corporation = NWSP) abgeben
musste. In Vorbereitung darauf wurde im
Jahre 2000 die Wasserversorgungsbehörde
für das Kathmandu-Tal gegründet. Im Jahr
2003 stellte dann die ADB 15 Millionen
US $ für die gesellschaftsrechtliche Reform
33
und die Ausarbeitung des Management-Vertrags zur Verfügung. Danach wurde das Kathmandu-Tal Wasserversorgungsdirektorium
(Kathmandu Valley Water Supply Management Board = KVWSMB) gebildet, um die
Vermögenswerte und Rechte der öffentlich
rechtlichen NWSP zu übernehmen.
Schließlich wurde die Kathmandu Trinkwasser GmbH (Kathmandu Upatyaka Khanepani
Limited = KUKL) gegründet, die die Verantwortung für den Betrieb und die Wasserversorgung des Tals übernehmen sollte. Vom
Parlament wurde zur Gründung all dieser
Institutionen eine Vielzahl von Gesetzen
erlassen. Unter der Leitung des Wasser- und
Energienutzerverbandes - Nepal (Water and
Energy Users‘ Federation - Nepal = WAFED)
wurde Einspruch gegen diese Gesetze vor
dem Obersten Gerichtshof erhoben, unter
Hinweis auf die Garantie für das Recht auf
Wasser als öffentliche Dienstleistung. Der
Prozess wurde jedoch verloren. Im weiteren
Verlauf konnte der WAFED-Verband in Zusammenarbeit mit anderen nepalesischen
ProjektgegnerInnen und mit der Londoner
Organisation World Development Movement den Rückzug von Severn Trent Water
International (einer berüchtigten multina-
34
tionalen Gesellschaft aus Birmingham, UK)
erzwingen. Die Privatisierung durch die
einheimische KUKL konnte allerdings nicht
verhindert werden. Auf diese Weise erhielt
die KUKL vom Direktorium der Kathmandu-Tal-Wasserversorgung (KVWSMB) eine
Lizenz für eine Laufzeit von 30 Jahren zu
jährlichen Gebühren von 10 Millionen Nepalesischen Rupien. In der KUKL sind die
Aktienanteile wie folgt verteilt: Regierung
30%, Kathmandu Metropolis 30%, Lalitpur
Sub-Metropolis 10%, Gemeinden von Bhaktapur, Kirtipur und Madhyepur Thimi 10%,
private Organisationen 15% (Föderation der
Nepalesischen Industrie- und Handelskammer 3%, Handelskammer von Laitpur 1,5%,
Nepalesische Handelskammer 9% und die
Handelskammer von Bhaktapur 1,5%) sowie
eine von der Regierung finanzierte Treuhandgesellschaft für die Angestellten von
5%.
Für die Verwaltung werden vier Direktoren
von den AktionärInnenen nominiert. Drei
unabhängige werden wiederum berufen.
Der Vorsitzende wird aus den Reihen des Direktoriums gewählt. Außerdem hat die KUKL
drei internationale Experten für Positionen
in den Bereichen allgemeine ManagementBeratung, Betriebs- und technische Management-Beratung sowie FinanzmanagementBeratung vorgesehen. Ihre Aufgabe ist es,
die Betriebsstruktur, die Geschäftsabläufe,
das Finanzmanagement und die Verwaltung
zu überwachen. Das Team der drei ausländischen Experten wird von dem britischen
Spezialisten Richard Pope geleitet und umfasst als weitere Mitglieder Denys Bushal
und Cristopher Saddler, die von der KUKL
bereits für die Partnerschaft zum Ausbildungstraining (Capacity Building Partnership Programm = CBP) angestellt worden
waren. Die ADB, von der die Idee der CBP
stammt, zahlt angeblich die Gehälter und
andere Vergütungen für dieses Team.
Die öffentlich-rechtliche Nepalesische Wasserversorgungsgesellschaft (NWSP) aus dem
Kathmandu-Tal hatte den Auftrag, ihren Service fortzusetzen. Gleichzeitig weitete die
Regierung ihr System der Privatisierungen
jedoch trotz Protesten und Gerichtsverordnungen schrittweise auf andere Städte und
Gemeinden aus.
Die folgende Grafik zeigt die Aufteilung der
Arbeit zwischen den Institutionen und den
Arbeitskräften:
Die KUKL sollte qualitativen und quantitativen Service zu bezahlbaren Preisen anbieten,
dies ist jedoch nicht geschehen. Sowohl die
Qualität und Quantität, als auch die Verteilung, sowie das Management und das Anlagensystem haben sich weiter verschlechtert.
Einer der Hauptgründe dafür ist die geringe
Effizienz der KUKL – ein Resultat der Kontroversen über die Ernennung und Zuständigkeiten der Bosse, sowie die Gehälter und
Vergütungen der Angestellten. Finanzielle
Unregelmäßigkeiten und Korruption sind
völlig außer Kontrolle geraten und haben in
den letzten Monaten zu offiziellen Untersuchungen geführt.
Die Himalayan Times berichtete am 27.
März 2012, wie begeistert die BewohnerInnen von Milan Chowk, Sangam Chowk und
Madhya Marga in der Hauptstadt waren, als
bereits nach einer Woche Wasser aus den
Wasserhähnen kam. Aber was sie erleben
mussten, war eine kalte Dusche. Was aus den
Hähnen floss, war kein Trinkwasser, wie es
von der KUKL geliefert werden sollte. Es war
schlammig und mit menschlichen Exkrementen verunreinigt. Die Menschen konnten
sich nicht in der Nähe geöffneter Wasserhähne aufhalten, weil das dreckige Gemisch, das
daraus hervorquoll, die gesamte Umgebung
mit seinem Gestank verpestete. „Das Wasser
ist nicht einmal für die Nutzung durch Tiere
geeignet“, beschwerten sich die AnwohnerInnen voller Abscheu. BewohnerInnen von
Milan Chowk erklärten, dass aus ihren Leitungen länger als einen Monat überhaupt
kein Wasser floss. Nach Angaben des Kathmandu-Tal-Wasserversorgungsdirektoriums
(KVWSMB) benötigt das Tal 350 Millionen
Liter Wasser am Tag, wobei die KUKL während der Trockenzeit jedoch nur 94 Millionen Liter und auch während der Regenperiode nur 131 Millionen Liter liefert.
Ein anderes schwerwiegendes Problem sind
die steigende Wasserpreise. Die ADB hat
bereits eine 30-prozentige Tariferhöhung
durchgesetzt, obwohl noch gar kein Wasser
fließt. Die KundInnen protestieren gegen
einen solchen Basistarif, den sie zahlen sollen, selbst wenn überhaupt keine Wasserversorgung besteht. Außerdem ist sich die
Kommission zur Festlegung der Wasserversorgungstarife (Water Supply Tarif Fixation Commission = WSTFC) nicht im Klaren
darüber, wie sie angemessene Standards
für KundInnenen festlegen soll, die Wasser
entweder vorzugsweise betrieblich oder rein
privat nutzen. Die ungerechte Verteilung des
vorhandenen Wassers unter den AnwohnerInnenn ist ein weiteres Beispiel für die institutionalisierte Korruption.
35
Die Rolle von WAFED bei der Kampagne gegen die Wasserprivatisierung
Heute spielt der WAFED-Verband die führende Rolle unter den Organisationen in Nepal,
die sich dafür einsetzen, dass die Verfügbarkeit von Wasser zum Menschenrecht erklärt
wird. Der Verband hat alles unternommen,
was in seiner Macht steht, um die Privatisierung der Wasserversorgung zu verhindern.
Die Unterstützer der WAFED-Kampagne waren völlig geschockt, als sie herausfanden,
dass die maoistische Regierung im Februar
2008 die Privatisierung der Wasserversorgung von Kathmandu unterzeichnete und
durchsetzte, obwohl sie sich dagegen ausgesprochen hatte, bevor sie an die Macht kam.
Das Hauptziel des WAFED war die Stärkung
der öffentlich-rechtlichen Nepalesischen
Wasserversorgungsgesellschaft NWSP und
ihre Gleichstellung mit der privaten Kathmandu Trinkwasser GmbH KUKL, jedoch
nicht in Bezug auf Autonomie und Budget.
Allerdings wurde die NWSP wegen der Vergabe von Posten aus politischer Gefälligkeit
und mangelnder Effizienz ihrer Angestellten sowie wegen Korruption kritisiert. Diese
Mängel sind bei der KUKL jedoch weitaus
gravierender. WAFED ist immer noch davon überzeugt, dass die Reorganisation des
Wasserversorgungssystems in der Hand der
öffentlich-rechtlichen NWSP die beste Option darstellt. Die ÖPP hat sich eindeutig zu
36
einem gigantischen Fehler entwickelt.
WAFED bemüht sich außerdem um die Nutzung der oben beschriebenen Vielzahl alternativer Wasserquellen im Tal durch die
NWSP und die fünf Gemeinden als Kooperative. Auf diese Weise würde die kostspielige
und für viele Menschen existenzgefährdende Umleitung des Melamchi-Wassers unnötig gemacht. Fachleute sind der Ansicht, dass
auf diese Weise mehr Wasser für den halben
Preis und in der halben Zeit zur Verfügung
stehen würde als mit dem Melamchi-Projekt, das mit ungefähr 464 Millionen US $
veranschlagt wird. Diese Kosten würden den
Wasserpreis für die BewohnerInnen des Kathmandu-Tals beinahe auf die Höhe von Flaschenwasser treiben. Außerdem kämpft WAFED für die umfassende Reparatur der alten
verrotteten Infrastruktur der Wasserversorgung, mit dem Ziel, Verlustraten von bis zu
70% in manchen Gegenden zu eliminieren.
Aus all diesen Gründen ruft WAVED die Regierung und die ADB auf, die Pläne zur Wasserprivatisierung in ganz Nepal aufzugeben.
Die ADB hat auch keine Beweise für ihren
Erfolg in anderen Ländern. Das Desaster der
Privatisierung in Manila ist ein Paradebeispiel im eigenen Hinterhof. Stattdessen muss
Nepal den Ansatz der gemeindlichen Kooperativen vorantreiben, um die raren Wasserressourcen nachhaltig für die wachsende
Bevölkerung im Tal zu sichern. Anlagen mit
hohem Wasserverbrauch wie Teppichhersteller, Krankenhäuser etc. müssen aus dem Tal
umgesiedelt werden. Das Kathmandu-Tal hat
einfach nicht die Kapazität für unbegrenztes
Bevölkerungswachstum mit seinen folgenden wirtschaftlichen Aktivitäten einschließlich des Wohnungsbaus.
Schließlich dürfen die ADB sowie Nepals
andere augenblickliche und zukünftige Unterstützer und Kreditgeber nicht vergessen,
dass das Land gerade dabei ist, sich eine
neue Verfassung zu geben. Die Anerkennung
von Wasserversorgung und Abwasserentsorgung als fundamentales Menschenrecht ist
bereits jetzt ein akzeptiertes Konzept der
verfassungsgebenden Versammlung. Des-
wegen sollten externe wirtschaftliche oder
globale Interessenten auf keinen Fall versuchen, Nepal – mit seinen traditionellen
auf Landwirtschaft basierenden kleinen im
Übergang befindlichen Gemeinden – irgendwelche extern geleiteten, finanzierten oder
kontrollierten Wasserversorgungssysteme
aufzuzwingen. Spenden und Kredite von
Geldgebern sollten dort vergeben werden,
wo die Nepalesen ihre Angelegenheiten bestens selbst managen können, und zwar ohne
Auflagen und Schulden aus dem Ausland.
Weitere Informationern:
www.wafed.org,
www.ratanji.blogspot.com
37
4: Alternativen zur Privatisierungregionale und lokale Wasserbewirtschaftung
38
Ceveriano Silva
Aktivist bei der Asociación Tekoha, Paraguay
„Mein Land ist reich an Wasser, aber auch reich an Problemen im Zusammenhang damit. Unser größtes Problem neben der Erosion des
Bodens ist die Verschmutzung und der Verlust von Quellen einiger
wichtiger Flüsse im Land. Ursache für beide Phänomene ist die Monokultur in der Landwirtschaft, vor allem die Bewässerungskultur im
Reisanbau. Durch den Bau großer Staudämme haben sich die Fischbestände in den Flüssen verringert – dadurch wird vielen Familien die
Nahrungsmittelbeschaffung immens erschwert.
In meiner Heimatkommune, General Artigas, haben wir es nach 62 Jahren Einheitsregierung mit diktatorischer Politik endlich geschafft, uns
selbst zu organisieren. Wir arbeiten nach einem Konzept aus Brasilien
namens „Gutes Wasser kultivieren“, mit der wir es geschafft haben, die
Bevölkerungsbeteiligung maßgeblich zu erhöhen. Die EinwohnerInnen sind die einzige Instanz, die die Fähigkeiten und auch die Berechtigung dazu haben, Alternativen und Lösungsmöglichkeiten für die
Wasserprobleme der Gemeinschaft in unserer Region zu entwickeln.
Wir gehen folgendermaßen vor: Zuerst finden wir heraus, mit welchen
Problemen wir in der Gemeinde kämpfen. Alle haben die Möglichkeit,
an einer „Klagemauer“ auszudrücken, was ihrer Meinung nach schlecht
läuft. In einem zweiten Schritt pflanzen wir einen symbolischen Baum
der Hoffnung. Die Gemeindemitglieder versammeln sich erneut und
tauschen sich über ihre Träume aus. Wie soll das Leben in unserer Gemeinde aussehen, wohin wollen wir uns entwickeln? Was wollen wir
tun? Mit wem wollen wir zusammenarbeiten? Dann tauchen verschiedene AkteurInnen auf, u. a. auch nationale Institutionen. Das Ergebnis
ist eine konstruktive Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen.“
39
Öffentliche Partnerschaften: Ein alternatives Modell zur Nutzung der Kapazitäten kommunaler Wasserwerke
Darcey O‘Callaghan
Food & Water Watch10, 11
Allgemeiner Zugang zu sicherem und erschwinglichem Wasser und zu Sanitäreinrichtungen ist wesentlich für die öffentliche
Gesundheit, für die jedoch erhebliche Investitionen in die Infrastruktur und Sachkompetenz gebraucht werden. Weltweit haben
geschätzte 884 Millionen Menschen keinen
Zugang zu sicherem Wasser, und 2,6 Milliarden Menschen mangelt es an ausreichenden
Sanitäranlagen. In den USA weisen die Wasser- und Kanalisationssysteme ein jährliches
Defizit von 55 Milliarden US-Dollar auf.
Public-Public-Partnership (PUP) – im Folgenden Öffentliche Partnerschaft genannt12
– ist ein neues, auf einzigartige Weise geeignetes und auf diese Bedürfnisse zugeschnittenes Handlungsmodell.
Was ist eine Öffentliche Partnerschaft?
Es handelt sich bei der Öffentlichen Partnerschaft um die Kooperation zwischen zwei
oder mehr öffentlichen Einrichtungen, die
dazu dient, gesellschaftliche Dienstleistungen auf nichtkommerzieller Basis zu verbessern. In einer ÖP vereinen zwei oder mehrere
Wasserwerke, Regierungs- und Nichtregie-
40
rungsorganisationen ihre Kräfte und nutzen
ihre gemeinsamen Kapazitäten zur Verbesserung der Wasserversorgung und der sanitären Anlagen. Die öffentlichen Partner bündeln Ressourcen, Kaufkraft und technisches
Fachwissen, um die Leistungen und ihre
Qualität zu verbessern, indem sie die besten
Verfahren weitergeben und teilen.
Über die Arbeitsweise von Öffentlichen Partnerschaften
Zur Steigerung ihrer Kapazitäten, das heißt
zur Kostenkontrolle und zur Verbesserung
der Wasserverteilung und der Kanalisationssysteme, beschreiten kooperierende öffentliche Institutionen hauptsächlich drei Wege:
Großmengenbeschaffung: Durch Kooperationen oder Vertragsabstimmungen können öffentliche Institutionen und Betriebe Zeit und
Geld sparen, indem sie etwa Chemikalien,
Geräte, Heizmaterialien und andere Mittel
und Zubehör in größeren Mengen einkaufen.
Geteilte Dienstleistungen: Kommunale Wasserwerke können Einsparungen erzielen,
indem sie Kapital für bestimmte Projekte
zusammenlegen oder gemeinsame Leistungsvereinbarungen treffen. So können
Investitionskosten verringert werden, indem
statt des Baus zweier kleinerer Wassertanks
benachbarter Wasserwerke der Bau eines
größeren gemeinsamen geplant wird.
Innerbetriebliche Veränderungen: Kommunale
Wasserwerke können in Partnerschaft treten
mit arbeitseffizienteren Kommunalwerken,
NGOs oder ihren eigenen Angestellten, um
fehlende Qualifikationen auszugleichen oder
systemische Verbesserungen zu erreichen.
Derartige Partnerschaften ermöglichen, die
vereinigte Kompetenz von Technikern, Ingenieuren und Kundenpersonal zu nutzen,
um die Effizienz zu erhöhen und Kosten zu
reduzieren.
Öffentliche Partnerschaften übertreffen PPP
In den letzten zwei Jahrzehnten haben multinationale Unternehmen die Strategien
des Privatsektors vorangetrieben, darunter
PPP-Projekte zwischen kommunalen und
privaten Betrieben auch bei der Wasser- und
Sanitärversorgung in Industrie- und Entwicklungsländern. Neueste Studien jedoch
zeigen, dass Öffentliche Partnerschaften im
Vergleich zu PPP-Projekten effektiver und
effizienter sind und, darüber hinaus, mit sozial verträglicherem Ansatz arbeiten. Dies
gilt in allen Dimensionen der unternehmerischen Tätigkeit.
Leistungsfähigkeit: Öffentliche Partnerschaften sind leistungsstärker und innovativer
in der öffentlichen Versorgung, während
bei PPP-Projekten die Servicequalität aller
Erfahrung nach schlechter wird, je unangefochtener diese Beschaffungsform ist. Da
Öffentliche Partnerschaften die gemeinsamen Ziele mindestens zweier öffentlicher
Institutionen verfolgen, können sie beim
Wassermanagement eher einem ganzheitlichen Ansatz folgen und haben einen nachhaltigeren Einfluss auf die Arbeitsweisen der
Versorgungswirtschaft.
Wirtschaftlichkeit: Öffentliche Partnerschaften zeichnen sich durch signifikant steigende Effizienz aus und neigen dazu, weniger
kostspielig zu sein. Demgegenüber scheitern
PPP-Projekte oft daran, dass sie die versprochene Effizienz nicht erreichen; sie sind mit
hohen Transaktionskosten verbunden und
treiben die Wasserpreise hoch.
Fairness: Da sie die gesamte Gemeinschaft
mit einbeziehen – die Gemeindeverwaltung,
kommunale Gruppen, die Versorgungsunternehmen und die einzelnen BürgerInnen
– steigern Öffentliche Partnerschaften die
Verantwortlichkeit und Fairness der Wasserwerke. Öffentliche Partnerschaften erbringen ihre Leistungen jedem, auch Menschen
und Gemeinschaften, die ausgeschlossen,
unterrepräsentiert oder benachteiligt sind.
In einer Öffentlichen Partnerschaft erwartet keiner der Partner unmittelbare ökonomische Vorteile von der Zusammenarbeit.
Während in PPP-Projekten häufig die Preise erhöht und die Servicequalität gesenkt
wird, weil man angetreten ist, „aus weniger
mehr zu machen“, bringen Öffentliche Part-
nerschaften Regierungsvertreter, Beschäftigte und Kommunale Abgeordnete an einen
Tisch, um die Effizienz und Gleichheit in der
Wasser- und Sanitärversorgung zu steigern.
In den USA werden die Öffentlichen Partnerschaften immer wichtiger. Eine Umfrage
ergab, dass die Zahl zwischenstaatlicher Öffentlicher Partnerschaften im Wasserversorgungs- und Abwassersektor um ein Vierfaches höher ist als die der PPP-Projekte.
Zusammenfassung
Öffentliche Partnerschaften weisen die gemeinschaftlichen Vorteile der PPP-Projekte auf, ohne den profitorientierten Fokus
privater Betreiber. Weil die Öffentlichen
Partnerschaften effizienter, wirkungsvoller
und verantwortlicher mit den Wasser- und
Sanitärbetrieben umgegangen sind, sollten
Lösungen der öffentlichen Hand erwogen
werden, bevor man sich auf riskante und
möglicherweise kostspielige Privatisierungsgeschäfte einlässt.
Öffentliche Partnerschaften sind für die Kommunen eine praxistaugliche und verantwortliche Weise, ihren Bedarf bezüglich Wasserund Abwasser anzugehen, dabei die Kosten
im Auge zu haben und die lokale Kontrolle
über das Eigentum zu behalten. Wir haben
gegenwärtig die Wahl: Wir können weiterhin
auf das gescheiterte PPP-Modell setzen, das
die Kontrolle über unsere wertvolle Wasserversorgung an private Interessen abtritt,
oder wir können die erprobte Öffentliche
Partnerschaft nutzen, die die Wasserversorgung in der öffentlichen Hand behält.
Beispiele für Öffentliche Partnerschaften
Öffentliche Partnerschaft in einem Land
Zum Beispiel in Puerto Cortés in Honduras.
Die Probleme mit dem staatlichen Wasserversorger Servicio Autónomo Nacional de
Acueductos y Alcantsrillados (SANAA) hatten zur Wasserrationierung geführt und die
Dienstleistungsqualität wurde noch schlechter, als 1993 ein tropischer Sturm Teile der
Infrastruktur zerstörte. Als Antwort darauf
schuf die Stadt, mit dem Ziel einer Verbesserung des Wassersystems und der Aufsicht
41
darüber, für die Metropolregion eine neue
Gesellschaft: das Cortés Municipal Water
Department (DAMCO). Einige Jahre später
ging die Stadt mit fünf zivilgesellschaftlichen Gruppen eine Kooperation ein, um den
Interessen der Gemeinde entsprechend, eine
neue Wasserdienstleistungsgesellschaft aufzubauen – Aguas de Puerto Cortés (APC).
Diese Partnerschaft war erstaunlich effektiv.
1994 hat SANAA 79 Prozent der BewohnerInnen mit Wasser versorgt, aber im Durchschnitt nur 14 Stunden pro Tag. 1999 versorgte DMCO 90 Prozent der BewohnerInnen
24 Stunden lang. 2007 steigerte APC die
Versorgung auf 98 Prozent und blieb bei 24
Stunden Wasserservice. Den BürgerInnenkooperativen wurde zugute gehalten, dass sie
die Transparenz fördern und das Vertrauen in
die Wasserdienstleistungen erhöhen.
Zwischenstaatliche Öffentliche Partnerschaften
Öffentliche Entwicklungs-Partnerschaften
bringen typischerweise Wasserdienstleister
aus dem Globalen Süden mit KollegInnen,
Verbänden oder Nichtregierungsorganisationen aus Industrieländern zusammen. Bei solchen Partnerschaften werden mit Hilfe der
Ressourcen und Expertise aus den Industrieländern die Wasserdienstleistungen in den
so genannten Entwicklungsländern gestärkt,
ohne dass die Industrieländer dafür Profit
herausschlagen.
Ein Beispiel dafür ist das 2008 vom USamerikanischen Entwicklungsministerium
(USAID) gestartete Projekt der Öffentlichen
Partnerschaft zwischen der Thailändischen
Abwasserentsorgungsgesellschaft in der
Stadt Krabi in Thailand und der Abwasserbehandlungsabteilung von King County
(Bundesstaat Washington) in den USA. 2009
haben die Experten aus King County 45 BetriebsleiterInnen und andere Angestellte in
der Behandlung vom Abwasserproblemen
geschult, mit dem Ziel, Verbesserungen der
Wasserqualität und des Gesundheitswesens
nicht nur in Krabi, sondern in ganz Thailand
zu erreichen.
Weitere Informationen:
www.foodandwaterwatch.org
42
Das Projekt Solidarische BürgerInnen
für das Wasser in Nokoué, Benin
Patrick Atohoun und
Stéphane Melchiorri
Emmaüs International, Benin und Frankreich 13
Jeder fünfte Mensch auf unserer Welt hat
keinen Zugang zu Trinkwasser. Unter anderem angesichts dieser Tatsache hat die NGO
Emmaüs International in Nokoué in Benin
ein Programm ins Leben gerufen, das es zum
Ziel hat, den Trinkwasserzugang für alle Gemeindemitglieder zu gewährleisten. Dieser
Initiative haben sich zahlreiche Gruppen angeschlossen. Auf Basis dieser Projekterfahrungen können in Zukunft weitere ähnliche
Projekte gestartet werden.
Der See Nokoué befindet sich im Süden Benins – einem kleinen Land in Westafrika –, in
der Nähe der Stadt Sô-Ava. Der Süden des
Landes liegt an der Küste zum Atlantischen
Ozean, ist Flachland und charakterisiert sich
durch Sumpfgebiete, Seen und Lagunen. In
dieser Region lebt der Großteil der Bevölkerung und dort befinden sich auch die beiden größten Städte Benins: Cotonou und die
Hauptstadt Porto Novo. Das Klima ist heiß
und feucht, wobei die Niederschlagsmengen
trotz zweier Regenperioden im Jahr relativ
niedrig sind. Die um den See Nokoué ansässige Bevölkerung verteilt sich auf mehrere
Dörfer. Die Einwohnerinnen und Einwohner
leben im Wesentlichen vom Fischfang, der
Viehzucht und der Landwirtschaft; außerdem gibt es einige HändlerInnen und HandwerkerInnen. Die Mehrheit der Haushalte
lebt von weniger als 1000 CFA-Francs pro
Tag, das ist rund 1,50 Euro.
Die Lebensrealität der Bevölkerung lässt
sich als sehr paradox beschreiben: Während
die Menschen regelrecht über dem Wasser –
nämlich in Pfahlbauten – leben, hat dennoch
nur 10 Prozent der Bevölkerung Zugang zu
Trinkwasser und nur 2 Prozent zur Abwasserversorgung. 25% der Haushalte benutzen
ausschließlich das gesundheitsschädliche
Wasser aus dem See (in Hochwasserperioden betrifft dies fast die Gesamtheit der
Haushalte) oder aber anderes Wasser, das in
der Umgebung verfügbar ist: in Moorgebieten, an Flüssen oder in gegrabenen Löchern.
Die EinwohnerInnen müssen häufig mehrere Kilometer Weg zurücklegen, um sich mit
Wasser zu versorgen. So ist der Alltag von
65.000 Menschen rund um den Nokoué-See
in Benin durch den Mangel an Trinkwasser
und das Fehlen einer Infrastruktur zur Abwasserentsorgung bestimmt.
Die lokale Bevölkerung reagierte auf diese
Missstände unter anderem durch eine Vereinigung der Fischer und Fischerinnen Ausdruck, die zusammen mit der lokalen Emmaüs-Gruppe daran arbeitete, nachhaltige
Lösungen zum Trinkwasserzugang und einer
Abwasserentsorgung zu entwickeln – so entstand schließlich das hier vorgestellte Projekt.
Im Jahr 2007 gab es eine erste Zusammenarbeit zwischen der lokalen Bevölkerung und
Emmaüs International. Die Menschen vor
Ort beschlossen, AkteurInnen im Kampf um
ihr Recht auf Wasser zu werden. Aktuell läuft
ein Projekt zur Trinkwasser- und Abwasserversorgung, aber der wichtigste Punkt in der
Arbeit ist die Aneignung des Grundrechtes
auf Wasser durch die Bevölkerung. Wasser ist
ein öffentliches Gut und gehört der Menschheit!
Das Projekt lief konkret in folgenden zwei
Phasen ab:
Von 2006 bis 2010 fand eine Pilotphase an
zwei Orten – Ahomey Gblon und Gbessou
– statt, während der die Bedürfnisse der NutzerInnen und der lokalen AkteurInnen identifiziert wurden. Darüber hinaus wurden erste
43
Analysen durchgeführt, lokales und internationales Wissen zusammengebracht und
aufeinander abgestimmt. Es wurden Bauarbeiten zu einem Wasserversorgungsnetz und
einem Latrinensystem durchgeführt und es
fanden Veranstaltungen zum Thema Hygiene
und zur Kapazitätenbildung bei den lokalen
AkteurInnen statt. Des Weiteren wurde eine
NutzerInnen-Vereinigung ins Leben gerufen,
und es wurde viel Energie darauf verwandt,
die Partizipation der Bevölkerung bei der
Definition der Statuten dieser Vereinigung zu
erhöhen und verstärkt auch die Beteiligung
von Frauen in der neu geschaffenen Struktur
zu fördern. Insgesamt waren 80 EmmaüsGruppen in dieser Phase mit dabei, viele der
Mitglieder halfen selbst auf den Baustellen
vor Ort mit. Diese Pilotphase endete 2010
mit der öffentlichen feierlichen Eröffnung an
beiden oben genannten Orten.
fest, kümmert sich um die Beitragszahlungen
der Haushalte und mobilisiert die Bevölkerung. Sie bereitet sich außerdem darauf vor,
langfristig in weiteren Bereichen der öffentlichen Wasserversorgung mitzuarbeiten, beispielsweise in Fragen der Nachhaltigkeit der
Infrastruktur und um eine gute Nutzung.
Von 2011 bis 2015 findet nun eine Entwicklungsphase statt, in der es darum geht,
Aktivitäten an sieben weiteren Orten durchzuführen: So sollen sieben Netzwerke zur
Wasserversorgung in Dörfern eingerichtet
werden, darunter 139 Trinkbrunnen, 124 Sanitärblöcke, eine Abfallaufbereitungsanlage.
Weitere wichtige Bestandteile der Projektarbeit werden eine Informations-, Bildungsund Kommunikationskampagne sein, sowie
weitere Aktivitäten zur Selbstermächtigung
der lokalen Bevölkerung.
Gemäß dem Dezentralisierungs-Modell in
Benin ist es so, dass die Stadtverwaltung
die Kompetenzen in den Bereichen der öffentlichen Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung und der Hygiene innehat. In der
Region um den Nokoué-See hat die Stadtverwaltung von Sô-Ava diese Kompetenzen an
Emmaüs International abgegeben, um eine
Durchführung dieses Projektes zu ermöglichen. Dennoch bleibt sie gewisser Weise in
den Prozess involviert, da sie sich langfristig
um die Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur kümmern soll. So werden gleichzeitig also auch die Fähigkeiten der kommunalen Verwaltung und der MitarbeiterInnen
im technischen Bereich gestärkt.
Zentraler Punkt des Erfolgs des hier beschriebenen Programms ist die Verwaltung der
Wasser- und Abwasserversorgung durch die
Bevölkerung selbst. Die EinwohnerInnen beteiligen sich voll und ganz am Projekt, um ihr
Recht auf Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung in konkrete Ergebnisse umzusetzen.
Zu diesem Zweck haben sie eine NutzerInnenvereinigung mit dem Namen AUAEAN
gegründet, die aus gewählten VertreterInnen
besteht. Diese Vereinigung trägt die Verantwortung für alle kollektiven Entscheidungen
im Laufe des Projektes. Sie beteiligt sich an
der Entscheidungsfindung rund um technische Fragen, verwaltet die Trinkwasserstellen, legt die Preise für die Wasserversorgung
44
Im Rahmen des Projektes „Solidarische BürgerInnen für das Wasser in Nokoué“ wurde
eine Vielzahl von AkteurInnen mobilisiert:
die lokale Bevölkerung, Einrichtungen der
lokalen Verwaltung, Institutionen zur KoFinanzierung, Partnereinrichtungen sowie
lokale und internationale ExpertInnen. Das
Projekt zeigt, wie es möglich ist, benachteiligen Menschen mehr Selbstorganisation
und Aneignung ihrer Rechte zu ermöglichen.
Dabei ist es unabdingbar, auch die Bedürfnisse der Menschen, die am äußersten Rand
der Gesellschaft leben, miteinzubeziehen, so
dass alle die Möglichkeit haben, ihre Rechte
selbstbewusst einzufordern.
Weitere Informationen:
www.emmaus-international.org
Die Bewegung 136: Eine BewohnerInitiative mit dem Ziel, die Privatisierung des Trink- und Abwassersystems
der Stadt Saloniki zu verhindern
T. Tzakris
Initiative 136, Griechenland14
Nach einem neuen Gesetz, das vom griechischen Parlament verabschiedet wurde,
soll ein Anteil von 40% des Besitzes und
der Managementaufgaben der Öffentlichen
Wasser- und Abwassergesellschaft Salonikis
(EYATh) bis Mai 2012 zum Verkauf angeboten werden.
Durch unsere Initiative, die unser städtisches
Wassersystem zu erhalten versucht, wollen
wir die möglichen Optionen hervorheben,
über die die BürgerInnen Salonikis und Griechenlands unter den gegenwärtigen Bedingungen einer generellen (Wirtschafts-)Krise
verfügen und damit die Betroffenen zugleich
ermutigen, ihr Leben in die eigenen Hände
zu nehmen.
Wir glauben, dass diese Optionen auf der
Grundlage von kooperativer Organisation,
von Solidarität und von Respekt gegenüber der Umwelt wirksam wahrgenommen
werden können – und zwar durch eine Bewegung der Sozialen Ökonomie, die in Theorie und täglicher Praxis ein neues Entwicklungsmodell vorstellt, d. h. eine Alternative
zum herrschenden Kapitalismus bietet. Es
handelt sich um ein produktives und ökonomisches Modell, das kollektives Eigentum
mit wirtschaftlichen Anreizen für den Einzelnen erfolgreich verbinden möchte.
Ein vernünftiges Wassermanagement bildet
45
das Kernstück dieses Modells, das die Umwelt sowie unsere natürlichen Ressourcen
durch eine Form des Eigentums und der Kontrolle respektieren und schützen möchte, die
nicht profitorientiert, sondern demokratisch,
öffentlich und überprüfbar ist.
Wer sind wir und wen repräsentieren wir?
Am 21. Juni 2011 votierte das griechische
Parlament für ein Gesetz, das den „Fond für
die Entwicklung von Staatseigentum“ in Kraft
setzte. Dieses Gesetz zielte darauf, eine große Anzahl von staatseigenen Besitztümern
bzw. staatlichen Anteilen an Verbänden oder
Organisationen zu verkaufen. In Griechenland bezeichnen wir diesen Besitz als „das
Silber des Landes“.
Zu diesem staatlichen Eigentum gehörte
auch die „Wasserversorgungs- und Abwasser-Gesellschaft von Athen (EYDAP)“ sowie
40% (entsprechend 14.400.000 Anteilen)
der „Wasserversorgungs- und Abwasser-Gesellschaft Salonikis (EYATh)“.
EYATh machte in den letzten Jahren einen
Gewinn von 75 Mio. €, wohingegen der Verkaufserlös in der Folge des aktuellen Börsenkollaps der griechischen Börse keine 55
Mio. € betrug.
Während des gleichen Zeitraums, von Juni
bis Juli 2011, wurde Griechenland von Demonstrationen gegen die von der „Troika“
(bestehend aus dem IMF, der EZB und der
EU-Kommission) aufgezwungenen Politik erschüttert.
Die Idee der Bewegung 136 wurde im Sommer 2011 entwickelt. Sie war der Ursprung
von Debatten, die schon im Verlauf der vorangegangenen Periode in den Versammlungen der „indignant-aghanaktismeni-Indignados“-Treffen am sogenannten „Weißen Turm“
von Saloniki stattgefunden hatten 15.
Unter dem Druck fortwährender politischer
und ökonomischer Wandlungen entschieden
Angestellte der Wasserversorgungs- und Abwassergsellschaft von Saloniki (EYATh SA)
am 10. August 2011 gemeinsam mit sozialen und kulturellen Vereinigungen der Stadt
46
sowie mit anderen EinwohnerInnen Salonikis, niemandem Spekulationen mit dem
Trinkwasser unserer Familien zu gestatten.
Wir beschlossen, dass es absolut niemandem, weder Griechen noch Ausländern, erlaubt sein sollte, Profit mit unserem Wasser
zu machen und die öffentliche Gesundheit
wie auch den Zustand der natürlichen Ressourcen unserer Region zu gefährden. Das
Eigentum an EYATh ist eine Angelegenheit,
die allein in den Händen der BürgerInnen
Salonikis liegt.
Wir beschlossen, uns zu einem gemeinsamen
Kampf mit dem Namen „Bewegung 136“ zusammenzuschließen, der zum Ziel hat:
• Den Erwerb von 40% der Gesellschaftsanteile einschließlich des Managements von
EYATh durch die StadtbürgerInnen.
• Die soziale Kontrolle über das Wasser in
der Stadt.
• Eine demokratische Führung und Verfahrensweise der Gesellschaft.
• Die Gründung einer Non-for-Profit-Gesellschaft in Verbindung mit der Vorsorge für
eine soziale Politik [der Güterverteilung] und
des Umweltschutzes.
Wir haben alle BürgerInnen dazu eingeladen,
aktiv an dieser Bewegung teilzunehmen.
Wir haben bereits alle Bürgermeister, Kommunen- und GemeinderätInnen Salonikis
darüber informiert, ebenso wie die meisten
der Sozial- und Berufsverbände. Die große
Mehrheit der genannten AnsprechpartnerInnen unterstützt unsere Bewegung, die am
28. November 2011 zum ersten Mal öffentlich auftrat.
Unsere Pläne
Nach langwierigen Diskussionen mit Bürgern
und Organisationen von Saloniki, haben wir
ein Modell verabschiedet, das vier Grundvoraussetzungen erfüllt:
• Wirtschaftliche Transparenz.
• Demokratische Verfahren und Verwaltung
• Ein Non-for-Profit-Management.
• Beteiligung (am Projekt) von mindestens
372.000 Haushalten mit Geräten zur Wasserverbrauchsmessung — von insgesamt
510.000.
EYATh steht im Dienst von sechs städtischen
[Teil-]Kommunen Salonikis und elf Regionalkommunen, die insgesamt den Großraum Salonikis ausmachen, ein Gebiet von über einer
Millionen EinwohnerInnen.
Wir schlagen das folgende Modell vor:
Bildung von Einrichtungen entsprechend
dem Verwaltungsgrundsatz von EYATh
I. Kooperativen
Teilkommune
gesetzlichen
Kooperativen
werden.
gefordert wurde, um jeden möglichen
Beteiligungsausschluss von Kooperativen
an der Gesellschaft beim Wettbewerb um
den Erwerb von Betriebsteilen an EYATh
zu verhindern.
Die Ziele der Kooperativen:
1. Der Erwerb und das Non-Profit-Manage
ment von EYATh.
2. Die Wasserversorgung der Haushalte und
Geschäftstätigkeiten, die sich beziehen
auf:
• Hohe (Wasser)Qualität
• Niedrige Preise
• Umweltschutz
• Demokratische Verfahrensweisen
• Soziale Gerechtigkeit
3. Jedes Mitglied der Kooperative hat eine
Stimme – unabhängig von der Anzahl der
Anteile, die es hält 16.
Wo wir aktuell stehen
Wir befinden uns in der Mitte einer Kampagne, mit der wir die BürgerInnen Salonikis
motivieren wollen, sich aktiv an den Kooperativen zu beteiligen, obwohl die Lage
der griechischen Wirtschaft es tatsächlich
schwer macht, auch nur 140 € als notwendige Beteiligungssumme für die Mitwirkung in
jeder Kooperative aufzubringen.
Weitere Informationen: www.136.gr
erster Ordnung in jeder
von Saloniki, die auf der
Grundlage für Städtische
in Griechenland gebildet
II. Eine Vereinigung von Kooperativen zweiter Ordnung in Form einer GmbH (KEYATh
S.A.), die den Erwerb von 40% der Anteile
und der gegenwärtigen Leitungsfunktionen von EYAth beanspruchen können.
Anteilseigner dieser Gesellschaft sind die
primären sozialen Kooperativen [s.Pkt.1]
unter Berücksichtigung der Stammanteile,
die sie in ihrem Besitz halten. Es sollte hier
angemerkt werden, dass die Bildung einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
47
5: Frauen und Wasserversorgung
48
Appell von Bintou Ibrahima Datt
beim FAME 2012
Association Laawol Diam, Senegal
„Ich möchte einen feierlichen Appell an alle Frauen auf der Welt richten: Unterstützt die Frauen in Afrika mit mehr Zusammenarbeit in
unseren Kämpfen. Denn ohne Synergien und Kommunikation ist ein
Streben nach nachhaltiger Entwicklung unmöglich. Wir dürfen nicht
vergessen, dass viele der Probleme in Afrika der extremen Armut geschuldet sind, unter der die Frauen am allermeisten leiden. Die Frauen
sind verletzlich, aber sehr mutig. Selbst mit wenigen technischen und
finanziellen Mitteln und ohne Ausbildung schaffen sie es, ihre Familien zu erhalten. Sie sind es, die von früh bis spät kämpfen! Einige von
ihnen legen tausende Kilometer auf der Suche nach Trinkwasser für
ihre Familien zurück. Und wenn sie abends nach Hause kommen müssen sie auch noch die ganze Hausarbeit erledigen: kochen, Abwasch
erledigen, Wäsche waschen, sich um die Kinder kümmern. So sieht das
Schicksal der Frauen in fast allen Dörfern in den ländlichen Gegenden
aus. Und dennoch: Eine andere Welt ist möglich. Es ist möglich, das
Leben der Frauen zu verändern, nämlich durch den Zugang zu Wasser. Durch Wasser kann man ihnen die Freude am Leben zurückgeben,
denn Wasser bedeutet Leben, Wasser ist die Quelle des Lebens. Und
wie bitte sollen wir Frauen gut leben, wenn wir keinen Zugang zum
Lebenselement Wasser haben? Wasser und Frauen, Frauen und Wasser. Das sind Dinge, die man niemals voneinander trennen sollte, denn
das Recht auf Wasser ist in meinen Augen das allerwichtigste für uns
Frauen!“
Weitere Informationen: www.laawoldiam.org
49
Erklärung und Alternativvorschläge
zum Abschluss des Workshops und der
Plenarsitzung des Themenstranges
„Frauen und Wasser“
VertreterInnen des Collectif 13 Droits des
Femmes (Kollektiv 13 Rechte der Frauen),
Frankreich17
Während die UNO den Weltwassertag am
22. März 2012 unter das Thema „Wasser und
Nahrungsmittelsicherheit“ stellt, bekräftigt
das Collectif 13 Droits des Femmes, das sehr
aktiv am Alternativen Weltwasserforum vom
14. bis 17. März in Marseille teilgenommen
hat, dass das Wasser ein gemeinsames Gut
der Menschheit und keine Ware ist und dass
es unter öffentlicher BürgerInnenkontrolle
verwaltet werden muss.
Das Kollektiv ist über das qualitative Niveau der Diskussionen und Debatten erfreut,
die sich während des FAME in etwa fünfzig
Workshops entwickelt haben (von denen
wiederum einige ausschließlich dem Themenstrang „Frauen und Wasser“ gewidmet
waren), sowie auch über die daraus entstandenen Alternativvorschläge. Das FAME, bei
dem sich etwa 5000 Menschen in freundschaftlicher und konstruktiver Atmosphäre
versammelt haben, hat den Beweis seiner
Berechtigung erbracht. Das Collectif 13 Droits des Femmes ist auch Mitglied des Netzwerkes „Marche Mondiale des Femmes“, das
u. a. durch die Koordinatorin Miriam Nobre
vertreten war. In gegenseitiger Abstimmung
wollen wir folgende Erklärung abgegeben:
Wir Frauen aus verschiedenen Teilen der
Welt, die sich im März 2012 zum Alternativen
50
Weltwasserforum in Marseille versammelt
haben, wissen, dass der Zusammenschluss
unserer Kräfte eine Veränderung herbeiführen kann und bekräftigen unsere Solidarität
mit dem Kampf aller Frauen der Welt. Ihre
Kämpfe stärken zusammen mit den Kämpfen
aller, Männer und Frauen, den Widerstand,
der sich überall gegen das globale kapitalistische und patriarchalische System erhebt.
Heute durchleben wir immer wieder Krisen
im Weltmaßstab – ökonomische, ökologische, soziale und Nahrungsmittelkrisen. Und
wir stellen beunruhigt fest, dass diese Krisen
andauern und sich vertiefen. Wir wiederholen hier unsere Analyse, nach der diese
Krisen keine isolierten Erscheinungen sind.
Vielmehr sind sie Ausdruck der Krise unseres
Gesellschaftsmodells, das von der Überausbeutung der Arbeit und der Umwelt sowie
durch Finanzspekulationen in der Wirtschaft
gekennzeichnet ist. Darum sagen wir Frauen weiterhin, dass dieses ökonomische Gesellschaftsmodell – dieses Modell von Produktion und Konsum, das die wachsende
Verarmung unserer Völker und besonders
der Frauen hervorbringt – verändert werden
muss.
Wir Frauen, die für die Achtung und Verteidigung der Prinzipien der Gerechtigkeit, des
Friedens und der Solidarität eintreten, müssen beim Aufbau von Alternativen zu diesen
Krisen vorankommen. Jedoch: Oberflächliche
Antworten, die auf der Logik des Marktes beruhen, interessieren uns nicht.
Wir können es nicht akzeptieren, dass Versuche, das gegenwärtige System aufrechtzuerhalten, auf Kosten der Frauen gemacht werden. In diesem System ist die Zeit von Frauen
eine der Variablen bei der Strukturbegradigung: ihre Tagesarbeitszeit ist dehnbar, und
ihre sogenannte „Haus“-Arbeit wird nicht als
Arbeit anerkannt.
Weil Wasser eine lebensnotwendige Ressource ist, für die es keinen Ersatz gibt, und
weil Wasser in seiner Natur und durch seine
Natur das unersetzlichste Lebenselement
ist!
Weil Wasser ein gemeinsames Gut der
Menschheit ist, als Menschenrecht anerkannt wurde in der UNO-Resolution vom 28.
Juli 2010, die von 144 Ländern ratifiziert
wurde!
Weil Wasser keine Ware sein kann!
Weil vor allem Frauen und junge Mädchen
für die Wasserbeschaffung aufkommen müssen und ihnen so jede andere, bezahlte Beschäftigung verbaut wird oder sie am Schulbesuch gehindert werden!
Weil sie für den Mangel an Gesundheitseinrichtungen einen schweren gesundheitlichen Tribut zahlen müssen!
Weil Vergewaltigungen und Gewalt gegen
Frauen Realität sind und der Mangel an
geeigneten sanitären und Gesundheitseinrichtungen diese Gefahren für sie noch verschärft!
Aus all diesen Gründen wollen wir uns am
Aufbau von Alternativen außerhalb der
Marktlogik für den Zugang zu Trinkwasser
und Reinigungsanlagen beteiligen, die nicht
nur der nötigen Rücksicht auf die Umwelt,
auf die Mutter Erde Rechnung tragen, sondern auch der Verwirklichung der Gleichheit
zwischen Frau und Mann.
Wir fordern für alle und besonders für Frauen den Zugang zu sauberem Trinkwasser, das
der Schlüssel ist zu ihrem Leben, zu ihrer
notwendigen Bildung, zu ihrer Gleichheit
den Männern gegenüber, zum Ende der Gewalttaten.
Wir fordern von den Regierungen, dass sie
über ihre ewig wiederholten Versprechun-
gen hinausgehen: Wir müssen sie zwingen,
die Texte, die sie unterzeichnet haben, auch
anzuwenden.
In Anbetracht der Hauptrolle, die den Frauen bei der Beschaffung und Verwaltung des
Wassers zufällt, fordern wir die Verteilung
des entsprechenden Wissens, besonders des
technischen Know-hows, für die konkrete
Herstellung des Zugangs zu Wasser. Wir fordern, paritätisch an Entscheidungen und an
der Verwaltung des Wassers, der Anlagen
und der hygienischen Einrichtungen beteiligt zu werden. Und das auf allen Ebenen des
Prozesses, auch den wissenschaftlichen und
technologischen.
Wir arbeiten daran, einen wirksamen Bezug
der Kräfte zueinander herzustellen, da die
Übereinstimmung der feministischen Bewegung mit der sozialen Bewegung von fundamentaler Bedeutung ist.
Wir verteidigen das Prinzip eines lebensnotwendigen Minimums an Wasser pro Tag und
pro Person, das gratis sein muss. Unserer
Rechnung legen wir die Menge von 40 Litern
zugrunde, die von der Weltgesundheitsorganisation vorgegeben wurde.
Wir fordern, dass die militärischen Ausgaben
der Welt umgewidmet werden, und zwar zugunsten von Programmen und Techniken der
51
nachhaltigen Entwicklung, sowie der Versorgung aller Menschen mit sauberem Wasser.
Wir wollen die Energien aller feministischen
Bewegungen bündeln, um den Widerstand
der Frauen gegen die Beschlagnahme des
Wassers sichtbar zu machen. Wir wollen ih-
nen ermöglichen, ihren Anteil bei allen auf
das Wasser, seine Nutzung und seine Bewahrung gerichteten Entscheidungen voll wahrzunehmen.
Außerdem setzt sich das Collectif 13 Droits
des Femmes auch mit der kommenden Konferenz von Rio+20 auseinander. Die dortigen
TeilnehmerInnen werden sich folgendem
Punkt öffnen, dem ökologischen und sozialen Übergang unserer Gesellschaften und
unseres ökonomischen Systems zu Gesellschaften, die ohne Öl und ohne fossile Energieträger auskommen und die mit den natürlichen Ressourcen sparsam umgehen.
Weiterhin fordern wir, dass die Erklärung von
Rio+20 einige fundamentale Prinzipien absichert:
• Die Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts, die Stabilisierung des Klimas
und den Schutz der biologischen Vielfalt
(in den Meeren und zu Lande). Und das auf
einem Niveau, das es erlaubt, den Zugang zu
Wasser, Energie und Nahrung für alle zu
garantieren und ökologische Katastrophen
zu vermeiden.
52
• Beseitigung der Armut und Verminderung
von Ungleichheiten.
• Recht auf Ernährung und Ernährungssouveränität für alle.
• Rücksicht auf die Grenzen des Planeten
– u. a. durch eine bessere und besser ver
mittelte Kenntnis seiner Ressourcen und
der damit zusammenhängenden Risiken
– durch das Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit und neuen Verpflichtungen gegenüber den Ressourcen.
• Anerkennung fundamentaler Güter (Luft,
Erde, Wasser, Energie) als gemeinschaftliche Güter und deren lokale Verwaltung
nach den demokratischen Prinzipien des
Zugangs für alle und der Sparsamkeit.
• Erweiterung des Prinzips 10 der Erklärung
von Rio-92 zum Recht auf Transparenz,
zum Zugang zu Informationen, zu der Notwendigkeit, komplexe technische und wissenschaftliche Gegebenheiten zu verste
hen, zur öffentlichen Beteiligung an Entscheidungsprozessen und zum Zugang zur
Justiz.
• Anerkennung lokalen Wissens und der unterschiedlichen Formen von wissenschaftlichen und BürgerInnen-Expertisen.
Weitere Informationen:
http://collectif13.ddf.free.fr
53
6: Widerstand gegen Privatisierung
54
Maria-Theresa Lauron
IBON International, Philippinen
„Bei unserem Widerstand gegen die Wasserprivatisierung in den Philippinen kommen verschiedene kreative Mobilisierungsformen zum
Einsatz: Neben den üblichen Straßendemonstrationen mit Plakaten
und Schildern gibt es immer auch andere Ideen, mit denen die lokale Bevölkerung ihre speziellen Probleme oder ihr spezielles Anliegen
sichtbar macht. So zum Beispiel beim Protest der philippinischen Fischer, die ihr Boote schmücken und auf ihnen Nachrichten platzieren.
Damit fahren sie dann den Strand in Manila entlang, um darauf hinzuweisen, dass Wasser-Privatisierung auch die Lebensgrundlage der
Fischer gefährdet. Oder aber Kinder, die Lieder singen oder Theaterstücke aufführen. In ganz unterschiedlichen Gruppen engagieren wir
uns mit verschiedenen Protestformen, ohne jedoch aus den Augen zu
verlieren, dass wir für dasselbe große Anliegen kämpfen: das Menschenrecht auf Wasser.“
Weitere Informationen: http://iboninternational.org
55
Mobilisierung für einen Privatisierungsstopp des Wasserversorgungsunternehmens Canal de Isabel II, Madrid
che der staatlichen Flughafenbetreibergesellschaft „Aeropuertos españoles“ oder der
„Sociedad Estatal de Loterías“.
AktivistInnen der Plattform gegen die
Privatisierung von Canal de Isabel II,
Spanien18
Vorstellung der Plattform18
Die Privatisierung des Wasserversorgungsunternehmens Canal de Isabel II (CYII) wurde
im Dezember 2008 im Madrider Parlament
beschlossen – allein die VertreterInnen der
Partido Popular, der spanischen Volkspartei,
stimmten dafür. Mit dieser Entscheidung
verbindet sich die Absicht der Regierung,
aus dem gesamten Wasserbewirtschaftungszyklus ein Geschäft zu machen und die gesamten Vermögenswerte des Unternehmens
(sowohl im Inland, als auch im Ausland, vorrangig in Lateinamerika) zu verkaufen.
Dieser Privatisierungsprozess war von Anfang an wenig demokratisch und völlig intransparent, da die BürgerInnen keine Möglichkeiten hatten, sich an einer für sie so
wichtigen Entscheidung zu beteiligen. Das
Vorgehen war undurchsichtig, sowohl den
BürgerInnen als auch den Mitgliedern des
regionalen Parlaments wurden relevante Informationen vorenthalten: über die Rahmenbedingungen des Marktauftrittes des neuen
Unternehmens, das neue Unternehmensmodell, den Vermögenswert, den Verkaufswert,
die Kompetenzbereiche, den tatsächlichen
Prozentanteil der privaten Aktionäre und
die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gemeinderäten der Region. Besonders
interessant ist die Frage der Bewertung des
Unternehmenswertes – die Privatisierung
findet in Zeiten der Finanzkrise statt und in
anderen Ländern wie Griechenland, Italien
und Portugal lassen sich ähnliche Prozesse
beobachten. Die Unternehmen werden dazu
gezwungen, ihren Wert herabzusetzen und
sich so zu schlechten Bedingungen, d. h. unter ihrem Wert zu verkaufen. So war dies z.
B. bei der Privatisierung der Sparkasse „Caja
Madrid“ der Fall, bei der der Verkaufspreis bei
lediglich 70% des buchmäßigen Unternehmenswertes lag. Außerdem zu nennen sind
hier die gescheiterten Privatisierungsversu-
56
Die Plattform gegen die Privatisierung von
Canal de Isabel II will sich gegen diese Privatisierungspläne zur Wehr setzen. An ihr
beteiligen sich sozial engagierte Gruppen,
Gewerkschaften, politische Parteien und Einzelpersonen. Ihr Ziel ist es, eine möglichst
große Zahl an Aktionen zur Verhinderung der
Privatisierung anzuregen und zu koordinieren sowie die BürgerInnen zu mobilisieren
und über die Auswirkungen des Privatisierungsvorhabens zu informieren. Die Plattform sieht sich als pluralistische Alternative
und arbeitet auf Basis von monatlichen Plena, in denen Aktivitäten besprochen und beschlossen werden, die dann in spezifischen
Arbeitsgruppen umgesetzt werden. Aktuell
gibt es Arbeitsgruppen für die Bereiche Kommunikation, Kontakt und Zusammenarbeit
mit Institutionen, Fragestellungen zu Gesetzen und Finanzen sowie für die allgemeine
Überwachung der Aktivitäten.
Die Plattform zählt um die 18 Gruppen,
dieals Vollmitglieder fungieren, u. a. ATTAC,
Ecologistas en Acción, Izquierda Anticapitalista, Teile der Gewerkschaft von Canal de
Isabel II. Darüber hinaus arbeiten zahlreiche
Einzelpersonen mit und es gibt eine Reihe
von sympathisierenden Organisationen und
Gruppen, die über die Mailingliste der Plattform regelmäßig über Vereinbarungen und
Aktivitäten informiert werden. Als weiteres
mächtiges Instrument zur Ankündigung von
Aktionen, Verbreitung von Positionspapieren
und anderen Dokumenten dient die Webseite der Plattform (www.plataformacontralaprivatizaciondelcyii.org). Als Hauptziele der
Arbeit der Plattform lassen sich folgende
Punkte nennen:
nen werden den BürgerInnen über verschiedene Kanäle zur Verfügung gestellt: über
eigene und fremde Medien und im Rahmen
von Veranstaltungen in der Region Madrid,
unter anderem mit den Nachbarschaftsgruppen (deren Regionalverband auch aktives
Mitglied der Plattform ist) und bei den Versammlungen der 15M-Bewegung.
• Die Gesellschaft über die Unsinnigkeit und
die negativen Folgen der Privatisierung
über alle verfügbaren Medien, Versammlungen, Debatten und über elektronische
Kommunikationsmittel informieren;
• Die BürgerInnen, Organisationen und sozialen Bewegungen gegen den Privatisierungsversuch mobilisieren;
• So viele Aktivitäten wie möglich anstoßen,
um auf sozialer, juristischer und institutioneller Ebene den Stopp des Privatisierungsvorhabens zu erreichen.
Erwähnenswert ist auch die Rolle der 15MBewegung auf die Einflussfähigkeit und
Wirkungskraft der Aktivitäten der Plattform: Diese haben bemerkenswert an Kraft
gewonnen, vor allem durch die große Zahl
an Stadtteil- und Ortsversammlungen, die
die Forderungen der Plattform in ihr Programm aufgenommen haben. So kamen
sogar regelmäßige gemeinsame Treffen mit
den 15M-Versammlungen zur Planung und
Abstimmung von Aktionen zustande und
gleichzeitig nahmen Mitglieder verschiedener 15M-Gruppen an den Plenar-Versammlungen der Plattform teil.
Informationsverbreitung
Der bisherigen Undurchsichtigkeit des Privatisierungsprozesses will die Plattform klare
und aussagekräftige Informationen entgegenstellen, z. B. über das Unternehmen CYII
selbst und über die Rahmenbedingungen
der Privatisierung. Unter anderem wurde
eine Handreichung erarbeitet, die wie alle
Dokumente auf der Plattform auf unserer
Internetseite verfügbar ist. Diese Informatio-
Arbeit auf institutioneller Ebene
Institutionen wie Gemeinderäte, politische
Parteien oder Gewerkschaften waren wichtige Partner für uns, da sie eine wichtige Rolle im Oppositions- und Widerstandskampf
spielen.
• Gemeinderäte: Die Gemeinden tragen im
Fall einer Privatisierung von CYII den größten Schaden, sie verdienen deshalb besonders viel aufklärende Information und Unterstützung in ihren Forderungen. Ziel ist
es, eine aktive Widerstandsfront zu schaffen, die sich in konkreten Aktionen wie der
Iniciativa Legislativa Municipal (Legislative Gemeindeinitiative) widerspiegelt, auf
die weiter unten noch eingegangen wird.
• Politische Parteien: Die Zusammenarbeit
erfolgt sowohl mit Parteien, die Mitglied
57
der Plattform sind, aber auch mit jenen, die
sich grundsätzlich gegen die Privatisierung
einsetzen. Diese Abstimmungen sind wichtig, um auch auf der Ebene des regionalen
Parlaments eine koordinierte Opposition
zu erreichen
• Gewerkschaften: Hier waren die Betriebsräte von CYII die wichtigsten Partner der
Plattform, allen voran die VertreterInnen
der „Comisiones Obreras“, einem der größten spanischen Gewerkschaftsverbände,
der anfänglich kommunistisch orientiert
war, jetzt jedoch von keiner Partei abhängig ist. Durch die Zusammenarbeit war eine
Abstimmung mit den ArbeiterInnen von
CYII in unseren Widerstandsaktivitäten
möglich.
Mobilisierung
Die Mobilisierung der Bevölkerung stellt einen der wichtigsten Bestandteile der Arbeit
der Plattform dar. Wir haben kontinuierlich
zu Versammlungen, breiten Treffen und Demonstrationen aufgerufen, wobei uns letztere vor allem durch ihre Wirkung im sozialen
Bereich und in den Medien zu Gute kam. Die
Plattform selbst hat zwei Demonstrationen
gegen die Privatisierung von CYII organisiert
und an mehreren anderen teilgenommen,
die in Madrid zum Thema öffentliche Dienstleistungen stattfanden und entweder von
Untergruppen der Plattform oder der 15MBewegung auf die Beine gestellt wurden.
Initiativen auf juristischer Ebene
Aktuell gewinnen auch die Wege und Möglichkeiten im juristischen und institutionllen
Bereich an Wichtigkeit, die dazu dienen könnten, den Privatisierungsprozess zu verhindern. Dazu hat sich innerhalb der Plattform
eine spezielle Arbeitsgruppe formiert, die
herausfinden soll, wie Gesetzesumgehungen
verhindert werden können, sowohl im Laufe
des potentiellen Privatisierungsprozesses als
auch auch im Fall einer Neugründung einer
Aktiengesellschaft. Zu diesem Zweck gab es
Abstimmungen mit verschiedenen Bürgermeistern und StadträtInnen aus der Region
und es wurde die oben erwähnte „Iniciativa
Legislativa Municipal“ gegründet. Diese Initi-
58
ative ist ein im Autonomiegesetz der Region
Madrid festgelegtes Instrument zur Partizipation, mit Hilfe dessen die StadträtInnen
Gesetzesänderungen vorschlagen können,
die folglich im Parlament der Region debattiert und abgestimmt werden. So haben im
Dezember 2011 sieben Gemeinden einen
solchen Vorschlag eingebracht, in dem es
konkret um die Aufhebung der Artikel geht,
in denen 2008 die Privatisierung festgelegt
wurde.
Zukunftspläne
Auch wenn sich der Widerstandskampf der
Plattform gegen die Privatisierung von CYII
auf lokaler Ebene bewegt und hauptsächlich
in der Region Madrid stattfindet, so steht es
doch außer Zweifel, dass er Teil einer globalen Bewegung für die Bewahrung öffentlicher Güter und Dienstleistungen ist. So kam
ein sehr positiver Reflektionsprozess über
allgemeine Aspekte der Widerstandsmöglichkeiten gegen Privatisierung und über die
Bedeutung von Wasser als Gemeingut und
Menschrecht in Gang.
Die BürgerInnenbefragung im März
2012
Am 5. März 2012 wurden von der Plattform
gegen die Privatisierung von Canal de Isabel
II und Mitgliedern der 15M-Bewegung in 50
Gemeinden 319 Informations- und Abstimmungstische eingerichtet, um eine BürgerInnenbefragung über die Privatisierung des öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens
durchzuführen. Nach der Auszählung von
293 Abstimmungsurnen gaben 167.710 ihre
Stimme ab, 165.860 davon sprachen sich
gegen die Privatisierung aus. [Aktualisierung
GiB 27.04. 2012: Das Endergebnis lautete:
177.685 Stimmen, 95,5% davon gegen die
Privatisierung.] Mit dem Ergebnis fordern die
InitiatorInnen der Befragung die Chefin der
Regionalregierung von Madrid, Esperanza
Aguirre, dazu auf, ein bindendes Referendum
abzuhalten.
Laut SprecherInnen der Plattform sollte mit
der Befragung den Bürgerinnen und Bürgern
von Madrid die Möglichkeit gegeben werden,
sich zu einer höchst wichtigen Angelegenheit
zu äußern, die „in keinem Wahlprogramm
vorkommt“ und die die verantwortlichen PolitikerInnen „hinter dem Rücken der Zivilgesellschaft“ abhandeln.
Der Kampf der sozialen Organisationen
und der städtischen Kontrollbehörde
gegen die Privatisierung der Wasserwirtschaft in Ecuador
Gemäß den Aussagen von Enrique García
aus der 15M-Gruppe aus Tetuán „wussten
die BürgerInnen bis vor einigen Monaten
noch überhaupt nicht über die Privatisierung
von CYII“ und dank der „erfolgreichen“ BürgerInnenbefragung wurde „bereits die Informierung eines großen Teil der Bevölkerung
erreicht“.
Zur Fragestellung, ob die Befragung bindenden Charakter hat oder nicht, stellt die Plattform fest, dass die Abstimmung durchaus
über politische Gültigkeit verfügt. „Ob das
Ergebnis bindend ist, hängt ganz vom politischen Willen der Regierung ab.“
Weitere Informationen:
www.plataformacontralaprivatizaciondelcyii.org/
www.ecologistasenaccion.org/article22500.html
Marlon Cabrera Posligua
Asamblea de usuarios del agua – Versammlung
der Wasser-NutzerInnen, Ecuador21
Ecuador und insbesondere die Stadt Guayaquil – die Stadt mit der größten Einwohnerzahl Ecuadors – ist seit dem Jahr 2001
einem Privatisierungsprozess in der Trinkwasserversorgung wie in der Abwasserentsorgung unterworfen. Dieser Prozess begann
mit einer 30-jährigen Konzession zur Wasserbewirtschaftung. Der Abschluss sowie
die Ausführung dieses Konzessionsvertrages
wurde 1997 durch die finanzielle Unterstützung der der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) vermittels einer Kreditvergabe ermöglicht. Das Privatunternehmen,
dem die Verwaltung der Trinkwasserversorgung übertragen wurde, war die Gesellschaft
INTERAGUA, deren anfängliche Eigentümer
das nordamerikanische Unternehmen BECHTEL und das italienische Unternehmen Edison waren. Heute gehört INTERAGUA zu 51%
zur Unternehmensgruppe PROACTIVA MEDIO
AMBIENTE, die ihrerseits unter der Leitung
des französischen Unternehmens Veolia und
der spanischen Gesellschaft „Fomento de
Construcciones y Contratas“ (FCC) steht.
Dessen ungeachtet ist das mit der Privatisierung gegebene Versprechen einer Verbesserung der Trinkwasserversorgung und
Abwasserkanalisation in der Gemeinde Gua-
59
yaquils nicht eingelöst worden – was sich
anhand unzähliger Trinkwassersperren und
fehlender Zugänge zu Trinkwasserstellen in
den Außenbezirken der Stadt zeigt. Zusätzlich häufen sich die Klagen über die Kontamination des Rio Guayas wegen mangelnder
Abwasserreinigung. Besonders engagiert bei
diesem Protest war die städtische Stelle zur
Beobachtung der öffentlichen Versorgungsdienste, die mit dem Ziel der Prüfung von
EinwohnerInnenbeschwerden
gegründet
worden war. Gegenstand der tagtäglichen
Beschwerden in der Beobachtungsstelle
waren eine schlechte Wasserqualität, ungerechtfertigte Gebührenforderungen in den
Tariflisten und Wasserrechnungen, eine unzureichende Qualität der Wasserleitungen
im gesamten Trinkwassernetz, ständige Unterbrechungen der Trinkwasserversorgung
und eine schlechte Unterhaltung des Systems der Abwasserkanalisation.
Aufgrund dieser Vorgänge kämpfte die städtische Beobachtungsstelle gemeinsam mit
Organisationen wie der CUBE, der Asamblea
de Barrios oder der Frente de Profesionales
del Guayas dafür, dass das Menschenrecht
auf Wasser in der Staatsverfassung von
2008 festgeschrieben, die Privatisierung
der Wasser- und anderer Basisversorgungen
verboten und die Einrichtung von Aufsichtsbehörden vorgesehen wird, um die zuverlässige Verwaltung dieser Dienstleistungen
zu gewährleisten. Im Jahr 2010 einigte sich
die städtische Aufsichtsbehörde mit VertreterInnen verschiedener sozialer Bereiche
– insbesondere aus der der Stadt Guayaquil
– darauf, grundsätzlich allen Beschwerden
nachzugehen, die gegen INTERAGUA erhoben wurden. Die von der Aufsichtsbehörde
festgestellten Beschwerdebefunde waren
identisch mit den bereits zuvor von den Organisationen geäußerten Klagen. Die Aufsichtsbehörde wurde daraufhin angehalten,
geeignete Maßnahmen seitens der Anlagenbetreiber von INTERAGUA zu verlangen, um
den Beschwerden nachzukommen:
1. Beseitigung von Wasserrohrbrüchen und
-beschädigungen in einigen Stadtteilen;
60
2. Auswechslung von unbrauchbaren MessgerSäten des Wasserverbrauchs;
3. Erweiterung der Anlage zur Trinkwasseraufbereitung, die fortan in Staatsbesitz
verbleiben sollte;
4. Verbesserung der Wasserqualität bei der
Nutzung von hartem Wassers, das eine
hohe Verunreinigung mit Mikroorganis
men und einen höheren Anteil an Kolibakterien und Fäkalienrückständen aufweist;
5. Einstellung der Abwasserentsorgung in
den Rio Guayas ohne vorherige Reini
gung;
6. Unterlassung ungerechtfertigter Preisforderungen und Leistungskürzungen gegenüber der ärmsten Personengruppe,
die die Dienstleistungskosten der Trinkwasserlieferung nicht bezahlen kann.
Das generelle Ziel der Aufsicht ist ein permanentes Kontroll- und Regulierungsorgan
für die gesamte Vertragsdauer mit dem Unternehmen INTERAGUA. Der Vertrag sollte
– im Lichte der neuen Staatsverfassung Ecuadors – keineswegs als letztes Wort angesehen werden.
Dem skandalösen Wasser-Geschäft in
Jakarta auf der Spur
Muhammad Reza
KruHA – BürgerInnenkoalition für das Recht auf
Wasser, Indonesien22
Die Entscheidung zur Wasserprivatisierung
in Jakarta basierte auf dem Mythos, es würden ausländische Investitionen benötigt. Von
daher hat das Land, das auf den Prinzipien
Nicht-Ausbeutung und Humanismus gründet, mit der Vereinbarung mit der Weltbank
den eigenen Schwur verletzt. Diese Vereinbarung erlaubt es den multinationalen Konzernen, die Menschen auszubeuten, obwohl
die Regierung die UN-Resolution zum Menschenrecht auf Wasser und Sanitäranlagen
unterzeichnet hat.
1991 benötigte das Stadtwerk von Jakarta
PAM Jaya dringend eine Restrukturierung
und Finanzmittel für die Tilgung seiner
Schulden und für die Sicherung von Wasserqualität und –versorgung. Im Rahmen eines
Kredits in Höhe von 92 Mio. US Dollar hat die
Weltbank die indonesische Regierung dazu
gedrängt, einen Privatisierungsplan für das
Wasser zu beschließen. Der Prozess begann
mit einem Brief des Präsidenten Suharto im
Jahr 1995, ihm folgte ein Konzessionsvertrag
für 25 Jahre mit zwei großen Wasserkonzernen ohne öffentliche Ausschreibung, obwohl
das gegen das indonesische Recht verstößt.
Der Plan teilte die Stadt in zwei Konzessionsgebiete. Die Westseite wurde dem Unternehmen PT Garuda Dipta Semesta (GDS)
zugewiesen und den Ostteil bekam PT Kekar Thames Airindo (KTA). Zum Inkrafttreten
des Vertrags am 1. Februar 1998 wurde das
ganze Betriebsvermögen von PAM Jaya (u. a.
die Wasseraufbereitungsanlagen, Wasserleitungen, Ausstattung, Büros und weitere Bestände) in die Verfügungsgewalt der privaten
Versorger überführt (PALYJA, 2005).
Die Korruption in dem Prozess erkennt man
an der Zuteilung der Anteile. Die britische
Firma Thames Water gab Anteile an ein Unternehmen im Besitz des Präsidentensohns
weiter. Der Französische Konzern Lyonnaise
des Eaux vergab Anteile an die Firma von
Salim, einem Freund von Suharto. Nach dem
Sturz Suhartos im Jahre 1998 wurde dieser
Anteil schnell reduziert.
Ebenfalls wurde nach dem Sturz und im
Gefolge der Asienkrise der Vertrag neu verhandelt. Der große Währungswertverlust hat
dazu geführt, dass die vereinbarten Investitionspläne nicht eingehalten wurden, weil die
Firmen für ihre Investitionen von auswärtigen Krediten abhingen.
Der neu verhandelte Vertrag, bekannt als das
Neue Kooperationsabkommen (RCA), wurde
am 22. Oktober 2001 zwischen PAM Jaya
und einem privaten Konsortium, das seinen
Namen vom KTA zu PT Thames PAM Jaya
(TPJ) änderte, unterzeichnet. Acuatico Pte.
Ltd and PT. Alberta Utilities übernahmen
das Unternehmen 2007 und der Name „TPJ“
wurde geändert in Aetra Air Jakarta oder
einfach Aetra. 2011 verkaufte Acuatico, ein
Konsortium aus dem Beratungsunternehmen
Indonesia’s ReCapital Advisory und Glendale
Partners, seine Anteile an eine weniger bekannte Firma von den Philippinen. Gleichzeitig wechselte GDS zu PT PAM Lyonnaise Jaya
(PALYJA), ein Tochterunternehmen von Suez.
Nach Juli 2006 gehörte die Mehrheit der Anteile Suez Environment und PT. Astratel Nusantara, einer Niederlassung von Astra International. Die fünf Dienstleistungsstandards
und die fünf technischen Zielvorgaben, die
überwacht werden, wurden im neuen Vertrag überarbeitet.
Vierzehn Jahre das teuerste schmutzige Wasser
Die Verträge mit den Firmen, die die Was-
61
serversorgung im Auftrag der staatlichen
Dienstleistungsgesellschaft PAM Jaya durchführen sollten, wiesen zahlreiche Mängel zum
Nutzen der Privaten auf. Die Gesellschaften
wurden für ihre Ausgaben bezahlt, geschützt
gegen Inflation, Zins-, Währungs- und sogar
Steuerschwankungen. Sie beinhalteten auch
eine know-how- oder Management-Pauschale, die für Wasserkonzessionen typisch ist.
Außerdem wurden Gebühren erhoben, die
eine Eigenkapitalrendite von 22 Prozent garantieren. Die Gebühren für die NutzerInnen
werden so berechnet, dass sie den erwarteten Gewinn ergeben müssen, und falls sie
doch gesenkt werden, um bezahlbar zu bleiben, muss die öffentliche Hand das Defizit
ausgleichen, nicht die Privaten. (Hall)
PAM Jaya weist einen rasch wachsenden
Schuldenberg auf – mehr als 600 Milliarden
Rupien (67 Millionen US Dollar) schuldete es
zuletzt den privaten Betreibern. Die Schulden stammen aus der Differenz zwischen
dem Wassertarif und den vertraglich vereinbarten „Wassergebühren“.
Die Wassergebühren steigen normalerweise automatisch jedes halbe Jahr. Aber 2008,
nach einem öffentlichen Aufschrei wegen
der miserablen Versorgung und der hohen
Preise, hat der Bürgermeister von Jakarta
die Steigerung der Tarife abgelehnt. Seitdem
wächst die Verschuldung.
Die volle Kostendeckung bei der Privatisierung von PAM Jaya heißt, dass die Wasserkunden über die Wassertarife 100% der
Projektfinanzierung tragen müssen. Die Hunderte Milliarden Indonesischer Rupien, die
PAM Jaya an die privaten Betreiber abgeben
musste (wegen der vertraglich garantierten
„Gebühren“), und die Hunderte Millionen
Dollar an Gewinn für Palyja und AETRA müssen von den Wasserkunden von PAM Jaya
über die Wassergebühren abbezahlt werden.
Die Armen tragen die Verluste doppelt: als
Kunden von PAM Jaya, die nur niedrige Gebühren bezahlen können, waren sie für PAM
Jaya nie ein Priorität. Weil die Wasserversorgung nicht richtig funktioniert, müssen sie
Wasser von Straßenverkäufern kaufen, aber
62
andererseits ihre Wasserrechnungen trotzdem zahlen.
Was hat die Gesellschaft gemacht?
Zumindest nach dem Sturz des Diktatoren
Suharto 1998 gab es viele Bemühungen von
Seiten verschiedener Gruppen, das skandalöse Wassergeschäft in Jakarta zu hinterfragen.
Darauf folgen viele politische Maßnahmen
zugunsten privater Interessen.
Nach dem Jahr 2000 stieß die Indonesische
Zivilgesellschaft die Debatte darüber an,
welche umfassenden Lösungen das Land
braucht, das 32 Jahre unter Repressionen
litt, die von einem schockierenden Übergang
gefolgt wurden. Das war die Geburtsstunde
der „Globalisierung der freien Märkte“ im
öffentlichen Diskurs. In der Ära der Liberalisierung und der Kommerzialisierung des
Lebens rückte die Rolle des Staates in den
Fokus der landesweiten Netzwerke der Bauer- und BäuerInnen-, ArbeiterInnen- und Jugendbewegungen.
KruHA wurde 2002 gegründet als eine Antwort auf den Kredit der Weltbank und die
Entscheidung, dass die Wasserwirtschaftspolitik (WATSAL) den ökonomischen Wert des
Wassers zur Lösung der Wasserkrise maximieren soll. KruHA entschied sich, den Fall
der illegitimen Schulden vor das neu eingerichtete Verfassungsgericht zu bringen, weil
der Weltbankkredit die Landesverfassung
verletze.
Nachdem das Gericht den Schutz der Verfassung von 1945 zum Auftrag hat, fallen die
Gesetze außerhalb der Verfassung eigentlich
nicht in seinen Kompetenzbereich. Nichtsdestoweniger war die Interpretation des
Gerichts darüber, wie die wirtschaftliche Bestimmung des Wassers reguliert werden und
welche Prinzipien in den öffentlichen Wasserwerken gelten sollten, richtungweisend
für die Argumente der zivilgesellschaftlichen
Gruppen, dass die Politik der Regierung, die
die Wasserprivatisierung zugelassen hat,
nicht rechtmäßig war.
Das Verfassungsgericht schrieb: „Das Prinzip
‚WasserverbraucherInnen sollen Servicegebüh-
ren für das Wasserressourcenmanagement zahlen‘ bedeutet nicht, dass das Wasser im ökonomischen Sinne mit einem Preis versehen wird,
sondern es steht in Übereinstimmung mit dem
Status des Wassers als ‚res commune‘. Dieses
Prinzip heißt, dass die Wasserverbraucher weniger zahlen müssen als wenn Wasser wie ein
ökonomisches Gut behandelt würde; wenn die
NutzerInnen nicht nur den Preis des Wassers
zahlen, sondern neben den Produktionskosten
auch den Gewinn für die Unternehmensführung tragen.“
PDAM, das öffentliche Wasserunternehmen,
muss sich selbst als eine staatliche Versorgungsinstitution verstehen, die ihre öffentlichen
Aufgaben erfüllen muss, wie es im Artikel 5 im
Wasserressourcenrecht heißt, und nicht wie ein
profit-orientiertes
Wirtschaftsunternehmen.
Obwohl Artikel 80 Absatz 1 des Wasserressourcenrechts besagt, dass für die Befriedigung der
täglichen Grundbedürfnisse die Kleinbauern
und -bäuerInnen und andere WassernutzerInnen von Wassergebühren befreit werden, ist
diese Bestimmung nur insoweit anwendbar
als der tägliche und kleinbäuerliche Bedarf direkt aus Wasserressourcen befriedigt wird. Das
heißt, wenn der tägliche und kleinbäuerliche
Bedarf über Versorgungsleitungen erfolgt, ist
das vorhin erläuterte Prinzip „WassernutzerInnen müssen eine Wassergebühr zahlen“ anwendbar. Jedoch kann dieser Umstand nicht als
Grundlage für die Belastung der BürgerInnen
mit übermäßigen Kosten herhalten, wenn deren Befriedigung des täglichen Bedarfs von den
Versorgungsleitungen von PDAM abhängt.
Die Höhe der Wassergebühren muss transparent sein und die Gemeinden bei der Kalkulation einbeziehen. Aufgrund der Tatsache, dass
Wasser lebensnotwendig ist und direkt mit
Menschenrechten zusammenhängt müssen die
Verwaltungsvorschriften zum Wasserressourcengesetz die Verpflichtung der Regionalregierung beinhalten, die Finanzierung des Wasserressourcenmanagements in ihrer Regionalen
Einnahmen- und Ausgabenbudget zu berücksichtigen.“
Bestrebungen, das Wasser zurück zu
gewinnen
Im Juni 2011 wurde die Petition „Öffentliche
Wasserversorgung zurückgewinnen“ gestartet, in der die Beendigung der öffentlichprivaten-Partnerschaft zwischen PAM Jaya
und den privaten Betreibern PAM Lyonnaise
Jaya (PALYJA) und AETRA Air Jakarta (AETRA)
gefordert wird. Die Petition haben 592 VertreterInnen von 35 lokalen Organisationen
und 502 VertreterInnen von 55 internationalen Organisation unterschrieben. Bei der
Gedenkveranstaltung „14-Jahre Privatisierungsvertrag“ gründeten die Einzelpersonen
und Gruppen, die die Petition unterstützen,
u. a. BürgerInnen, Frauen- und Jugendgruppen, KundInnen und die Gewerkschaft von
Jakarta Wasser (SP PAM Jaya), eine neue Koalition mit dem Titel KMMSAJ (BürgerInnenkoalition gegen die Wasserprivatisierung in
Jakarta). Sie haben eine Kundgebung veranstaltet und überreichten die Petition an den
Bürgermeister. Während der Kundgebung erschienen RegierungsvertreterInnen, die zustimmten, dass die gegenwärtigen Wasserdienstleistungen überprüft werden müssen.
Zwei Monate davor hat die Wassergewerkschaft von Jakarta einen Generalstreik und
Demonstrationen veranstaltet. Im April
2011 verweigerten die Angestellten bei
PALYJA sich die Arbeit, legten Computer in
Gebührenzählern still und beklebten Autos
mit Protestplakaten. Die ArbeitnehmerInnen
marschierten zum Geschäftsbüro von PALYJA in Sentral Senayan und forderten unter
anderem die Erhöhung des Lohns, der seit
2003 nicht mehr gestiegen war.
63
Aufwendungen, die nicht mit dem Projekt verbunden sind, aber als Wassergebühren eingeflossen sind:
Ausgaben
Gesamt (IDR)
Schulgebühren für Kinder
1.207.824.829
Haushalt
8.633.000
Ausgaben
366.220.039
Steuern für persönliche Reisen
79,346.787
Persönliche Reisen /Biaya Perjalanan
119.754.486
Hausmiete und Flutversicherung
2.083.706.143
Gesamt (IDR)
3.865.485.284
Quelle: Untersuchungsbericht des Rechnungshofes über die Erträge
und Aufwendungen von PT Playja 2007 und 2008
Auf die neueste Protestkampagne reagierte
der Direktor von PAM Jaya mit dem offiziellen Eingeständnis, dass der Vertrag problematisch sei und geändert werden müsse.
Leider gab es bis Anfang 2012 nur ganz
geringe Fortschritte. Das Ganze ist durch
die fragwürdige Absetzung des PAM JayaDirektors Maurits Napitupulu im Dezember
2011 ins Stocken geraten. Kommentare in
den Medien deuten darauf, dass diese Entfernung eine politische Intervention bei der
Neuverhandlung des Prozesses war. Hidayat
A.R. Yasin, ein Mitglied des Landtages stellte in der Zeitung Indopos fest, dass die Entfernung von Maurits zeigt, wie schwach die
Landesregierung im Vergleich mit den privaten Betreibern ist.
Die Januar-Ausgabe der Zeitschrift „Tempo“
beschrieb die Absetzung folgendermaßen:
Im Juni 2011 schrieb der Chef von GDF Suez
Gerard Mestrallet an den Wirtschaftsminister und bat ihn um Hilfe bei den Schwierigkeiten im Neuverhandlungsprozess mit PAM
Jaya. Der französische Energiekonzern GDF
Suez ist Hauptanteilseigner von Suez Environment, dem Wasserunternehmen, das die
meisten Anteile von PALYJA besitzt.
Die Verhandlungen mit PALYJA, wie Tempo
schreibt, waren auch Thema beim Treffen
64
zwischen dem Französischen Ministerpräsidenten Francois Fillon und dem Indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono im Juli 2011. Der Bürgermeister von
Jakarta geriet unter großen Druck, sich in die
Verhandlungen einzumischen.
Zum 14. Jubiläum der Wasserprivatisierung
in Jakarta wurde vom Amrta Institute, vom
KruHA und vom Transnational Institute (TNI)
eine Veranstaltung organisiert. Teil nahmen
VertreterInnen diverser Interessengruppen,
inklusive PAM Jaya, zwei private Betreiber,
betroffene Gemeinschaften und andere zivilgesellschaftliche Gruppen, öffentliche
Rechnungsprüfer, nationale und internationale Finanzinstitute und andere. Das war
das erste Mal, dass diese Interessengruppen sich getroffen haben und jede hatte ein
dringendes Anliegen mitzuteilen. PAM Jaya
berichtete von den finanziellen Verlusten
und Schäden, die sie erleiden, die privaten
Betreiber lobten die Verbesserungen und die
betroffenen Gemeinschaften klagten über
die unzureichende Wasserversorgung, die sie
seit der Privatisierung hinzunehmen haben.
Das Treffen war spannungsreich.
Zu diesen Spannungen kommt hinzu, dass
die Zusammenarbeit Gegenstand einer juristischen Untersuchung wurde. Bezirksstaats-
anwälte in Jakarta haben im November 2011
und im Januar 2012 zwei Ermittlungsverfahren durchgeführt, um Vorwürfen nachzugehen, dass PALYJA Vermögen von PAM Jaya im
Wert von 3 Milliarden Indonesischer Rupien
(326.000 US Dollar) übertragen habe (Koran
Tempo 13/1). Aufgrund zunehmender Befürchtungen, dass staatliche Vermögenswerte über Korruption veruntreut worden sind,
haben zivilgesellschaftliche Organisationen
die Kommission zur Korruptionsbekämpfung
hinzugezogen.
www.remunicipalisation.org/cases#Jakarta
Public Petition, Jakarta, April 2011.
www.kruha.org/page/en/dinamic_detil/40/183/
Get_Involved/PUBLIC_PETITION__TAKING_BACK_
PUBLIC_WATER_.html
Indonesia: Jakarta’s Water Agreement muddied by
lack of transparency
www.article19.org/resources.php/resource/2957/
en/indonesia:-jakarta%E2%80%99s-water-agreement-muddied-by-lack-of-transparencyS
Ein weiteres Treffen, an dem KMMSAJ teilnahm, fand im August 2011 statt. An diesem
Treffen wurde angekündigt, dass eine Klage
gegen die Regierung und die Konzessionäre
erhoben wurde. Der Staat wird beschuldigt,
fahrlässig mit seiner Pflicht umgegangen zu
sein, den BürgerInnen das in der Verfassung
verankerte Recht auf Wasser zu gewähren.
Die Öffentlichkeit verlangt eine gerechte
und transparente Neuverhandlung. Wenn
diese nicht eingeleitet wird, droht sie mit
neuen Protesten. Die Botschaft bei den Protesten, Kundgebungen und bei der Petition
war deutlich: die Wasserversorgung in Jakarta muss rekommunalisiert werden, damit
sie vor dem finanziellen Ruin und vor dem
profit-orientierten privaten Sektor gerettet
wird. Das ist die globale Entwicklung und
sie braucht internationale Solidarität, um die
Menschen in der ganzen Welt vor der privatisierten und somit unzugänglichen Wasserversorgung zu schützen.
Weitere Informationen:
Hall, D., Lobina, E., Corral, V. (2010) Replacing
failed private water contracts.
Jacobson, P., Down the drain Jakarta‘s disastrous
water privatization deal has left the city drowning
in debt.
In Jakarta, a Fight Over Money and Water www.
thejakartaglobe.com/home/in-jakarta-a-fightover-money-and-water/487216
Workers and Jakarta Water Privatization, May 31
2011. www.waterjustice.org/?mi=1&res_id=305
No Pro-Poor Agenda in Jakarta Water Concession,
Oct 21 2010.
www.waterjustice.org/?mi=1&res_id=285
65
Lektüre für Post-FAME 2012
Uwe Hoering
Journalist , Deutschland
Neben den zahlreichen Workshops, Veranstaltungen und Demonstrationen mit mehreren tausend Beteiligten war das Alternative Forum auch ein Fixpunkt, um eine Reihe
neuer Publikationen vorzustellen.
In der Broschüre „From privatisation to corporatisation – Exploring the strategic shift
in neoliberal policy on the urban water services“ analysiert Jorgen Eiken Magdahl von
FIVAS (The Association for International Water Studies) in Oslo, die Veränderungen in der
Strategie der Weltbank, eine Reihe von Kommerzialisierungsprojekten in Afrika südlich
der Sahara, darunter in Johannesburg und
Kapstadt in Südafrika, in Lusaka in Sambia
und in der kenianischen Hauptstadt Nairobi,
sowie deren Auswirkungen auf die internationale Bewegung für Wassergerechtigkeit.
(www.fivas.org/fivas/media/Report%20-%2
0From%20privatisation%20to%20corporati
sation.pdf).
Mit der Schuldenkrise und rigorosen Sparmaßnahmen im sozialen und öffentlichen
Bereich als der vorherrschenden Lösungsstrategie hat auch in Europa die Privatisierung im Wassersektor neuen Rückenwind
bekommen. Ob in Irland, Portugal oder
Griechenland – überall stehen Forderungen
nach dem Verkauf öffentlicher Versorgungsunternehmen und höheren Wasserpreisen
im Raum. Einen Überblick bietet Our Right
to Water. Case Studies on Austerity and Privatization in Europe
(www.blueplanetproject.net/documents/
RTW/RTW-Europe-1.pdf).
Remunicipalisation. Putting Water Back into
Public Hands, veröffentlicht vom Transnational Institute in Amsterdam, stellt verschiedene Fallstudien vor, die zeigen, dass – so
der Einleitungstext — „Remunicipalisation
Works!“
(www.tni.org/tnibook/remunicipalisation).
Darunter sind Paris, Vorreiter in einer breiten
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Bewegung in französischen Kommunen, auslaufende Verträge mit Veolia oder Suez nicht
wieder zu erneuern, die tansanische Küstenstadt Dar es Salaam, wo nach dem Desaster
durch das britische Versorgungsunternehmen Biwater eine Rekommunalisierung
stattfindet, Buenos Aires und die Bewegung
für öffentliches Wasser in Malaysia, sowie ein
weiteres Beispiel aus einem Industrieland
– Hamilton in Kanada. Die Rückübertragung
von Versorgungsunternehmen – nicht nur im
Wassersektor – wird attraktiver, da in vielen
Städten die Mängel der Privatisierung und
der sogenannten Öffentlich-privaten Partnerschaften immer deutlicher werden.
Schließlich liefert ein 500 Seiten dicker
Schinken, vorgelegt vom Municipal Services
Project, gewichtige Gegenargumente gegen
den häufig vorgebrachten Vorwurf, Kritiker
der Privatisierung würden keine Alternativen
präsentieren. Die Beiträge in Alternatives
to Privatisation, Public options for essential
services in the Global South von Wissenschaftlern, Praktikern und Aktivisten untersuchen verschiedene Modelle kreativer Initiativen im Öffentlichen Sektor in mehr als
40 Ländern mit den Schwerpunkten Wasser,
Gesundheit und Energieversorgung und analysieren deren Vor- und Nachteile, untermauert durch empirische Daten
(http: //hsrcpress.bookslive.co.za/
blog/2012/03/02/introducing-alternativesto-privatisation-public-options-for-essential-services-in-the-global-south/).
Auch der Text Water Commons, Water Citizenship and Water Security zeigt an Beispielen aus Indien, Australien und New York auf,
wie Wassermanagement und -politik „revolutioniert“ werden können
(http://ourwatercommons.org/sites/default/
files/Water-commons-water-citizenshipand-water-security.pdf). Bereits im Vorfeld
der beiden Wasserforen hatte ausserdem
Food and Water Watch bereits einen Bericht
vorgelegt, wie Öffentlich-öffentliche Partnerschaften in den USA umgesetzt werden
und, kontrolliert von der Öffentlichkeit, zu
Kostenersparnis für Gemeinden und besserer
Versorgung mit Trinkwasser und Abwasserentsorgung beitragen: „Public-Public Partnerships: An Alternative Model to Leverage
the Capacity of Municipal Water Utilities.“
(www.foodandwaterwatch.org/
tools-and-resources/public-publicpartnerships-an-alternative-model-toleverage-the-capacity-of-municipal-waterutilities/).
Die Umsetzung solcher Alternativen ist allerdings keine einfache Sache, wie David McCoy von der Volksgesundheitsbewegung im
Klappentext zu „Alternatives to Privatisation“
schreibt: „Das Öffentliche ist ein Gebiet, auf
dem die Menschen kämpfen müssen, wenn
sie ihre Überzeugung von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechten umsetzen
wollen. Wesentlich für einen Erfolg sind eine
breite Beratung und Beteiligung bei der Bereitstellung von Dienstleistungen.23
Multimediabeiträge:
•
„GiB Berichterstattung FAME“ Kurzvideos
vom
Alternativen
Weltwasserforum in Marseille: www.
gemeingut.org/2012/03/17-03-2012gib-berichterstattung-fame-das-alternative-weltwasserforum-in-marseilleist-zu-ende/
•
Über 50 Interviews vom FAME-Medien- team: www.youtube.com/user/
FAME2012onYT
•
Stimmen vom Alternativen Weltwasserforum – Video vom alternativen OnlineNachrichtenmagazin Kontext TV:
www.kontext-tv.de
•
Videos vom freien, selbstorganisierten
Medienkanal LaTele.cat aus Spanien:
http://latele.cat/aigua/truth-strangerfiction-la-realidad-esta-superando-laficcion-help-translateayuda-en-la-traducc
Weitere Informationen:
www.globe-spotting.de/nachlese-fame2012.html
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Endnoten:
1 Der Artikel ist erstmals erschienen im
Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung, 04. April 2012.
2 Der Artikel ist erstmals erschienen unter
www.globe-spotting.de
3 Übersetzt von Uwe Hoering
4 Erschienen am 27.04.2012 auf der
Webseite der Initiative „Municipal Services Project.“
(www.municipalservicesproject.org/
blog/walk-talk-marseille-rio-together),
übersetzt aus dem Englischen und zusammengefasst von Lissi Dobbler.
5 Übersetzt aus dem Spanischen von Dr.
Ulrike Kölver.
6 Auszüge aus der Broschüre „The Global
Water Grab: A Primer“. TNI – Transnational Institute, Niederlande, März 2012.
Übersetzt aus dem Englischen von Jörg
Preisendörfer
7 Übersetzt aus dem Spanischen von Lissi
Dobbler
8 Übersetzt aus dem Englischen von Jan
Dangendorf und Laura Valentukeviciute. Auszüge aus der Broschüre „Of Water
Justice and Democracy: Alternatives to
Commercialization and Privatization of
Water in Asia“, veröffentlicht von Focus
on the Global South im März 2012.
9 Übersetzt aus dem Englischen von Peter
Lefrank.
10 Übersetzt aus dem Englischen von Elisabeth Grün, Abschnitt „Beispiele für Public-Public-Partnerships“ von Laura Valentukeviciute. Von der Redaktion leicht
gekürzt.
11 Public-Public Partnerships: An alternative model to leverage the capacity of
municipal water utilities. Hrsg. Food &
Water Europe, Februar 2012, www.foodandwaterwatch.org/factsheet/publicpublicpartnerships/ und http://www.
foodandwaterwatch.org/tools-and-resources/public-publicpartnerships/, S. 4.
12 Wir halten es für sprachlich geboten und
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sachlich für vertretbar, von Öffentlicher
Partnerschaft zu sprechen statt von Öffentlich-öffentlicher Partnerschaft; im
Wort „Partnerschaft“ ist die Mehrzahl der
Beteiligten bereits ausgedrückt (Anm. d.
Red.)
13 Übersetzt aus dem Französischen von
Lissi Dobbler. Von der Redaktion leicht
gekürz.t
14 Übersetzt aus dem Englischen von André
Lundt (attac Sprach AG), von der Redaktion leicht gekürzt
15 Es handelt sich dabei um eine spontane
EinwohnerInnenversammlung zum Ausdruck des Protests und der Empörung
16 Weitere Regelungen betreffen die
Mitglieder und die Verwaltungsorgane
der Kooperativen sowie die Union der
Kooperativen und die geplante Struktur
von KEYAT S.A. Anm. d. Redaktion.
17 Übersetzt aus dem Französischen von
Prof. Dr. Brigitte Sändig.
18 Aus der Publikation „Water, like life, is
not a commodity“: www.ecologistasenaccion.org/rubrique306.html, Übersetzt
aus dem Spanischen von Lissi Dobbler,
von der Redaktion leicht gekürzt.
19 Auszüge aus der Pressemeldung der
Plattform gegen die Privatisierung von
Canal de Isabel II, Spanien.
20 Übersetzt aus dem Spanischen von Lissi
Dobbler.
21 Übersetzt aus dem Spanischen von André Lundt, Attac (Sprach-AG) Berlin.
22 Übersetzt von Laura Valentukeviciute.
23 Der Artikel ist erstmalig erschienen unter: Swww.globe-spotting.de/nachlesefame2012.html
Impressum
Herausgeber:
Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.
Weidenweg 37
10249 Berlin
www.gemeingut.org
Kontakt: [email protected], Tel: 030 37 300 442, Fax: 030 37 30 22 69
Juni 2012
Creative commons Lizenz 3.0: Wiederverwendung bei Namensnennung, für Nicht-kommerzielle Zwecke, unter gleichen Bedingungen
Layout: Jürgen und Uschka Thierfelder
Druckerei: bod.de
Erstauflage 2.000 Exemplare
Fotos:
Einleitung: Council of Canadiens, AöW, FAME´S Media Team
Abschnitt 1.: www.fame2012.org
Abschnitt 2.: Conchita Guerra, Alexandros Kastrinakis
Abschnitt 3.: BAYAN-CaviteChapter, ACME Marokko, Transnational Institute (TNI),
Ratan Bhandari
Abschnitt 4: Giorgos Archontopoulos, Movement 136, Emmaüs International,
FAME‘S Media Team
Abschnitt 5: Association Laawol Diam (La voie de la paix), Bintou Ibrahima Datt,
www.fame2012.org
Abschnitt 6: Plataforma Contra la Privatización del Canal de Isabel II, KruHA ,
IBON International, Fisherfolk group Pamalakaya,
Water for the People Network-Philippines, FAME´S Media Team
Alle anderen Fotos: GiB e.V.
LektorInnen: Markus Henn, Dr. Constanze Kube, Dirk Kramm,
Prof. Dr. Jürgen Schutte.
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„...Daß das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.“
Bertolt Brecht
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