Zusammenfassung 4. Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das Einbringen von Substituenten unterschiedliche Auswirkungen auf die antiproliferative Aktivität und die biologischen Eigenschaften von Rhodium(III)- bzw. Iridium(III)-Komplexen mit Polypyridylliganden hat. In der Substanzklasse [(η5-C5Me5)RhCl(pp)](CF3SO3) konnte für die methylierten 1,10-Phenanthrolinliganden an den HT-29 Zellen eine deutliche Verbesserung für die antiproliferative Aktivität, im Vergleich zu [(η5-C5Me5)RhCl(phen)](CF3SO3) festgestellt werden. Jedoch zeigen die Komplexe gegen die immortalisierten Zellen HEK-293 eine stärkere Aktivität als für die adherenten Zellen MCF-7 und HT-29 auf, so dass sie als Antitumormittel weniger geeignet sind. Die elektronenziehenden Substituenten COOH bzw. nBuNHCO zeigen bei allen Zelllinien einen negativen Effekt auf die antiproliferative Aktivität. Für die längeren pp-Liganden (dpq, dppz) konnten innerhalb dieser Substanzklasse eindeutige Anzeichen für interkalative DNA Wechselwirkungen erhalten werden. Durch biologische Studien an Leukämie- und Lymphoma-Zellen konnte gezeigt werden, dass Apoptose und keine signifikante Nekrose ausgelöst wird und somit konnte zeitgleich herausgestellt werden, dass die Apoptose vermutlich nicht durch Interkalation in die DNA ausgelöst wird, sondern eher durch Wechselwirkung mit der Zellmembran bzw. Störungen von intrazellulären Prozessen. Beispielhaft konnte für die Verbindung [(η5-C5Me5)RhCl(dppz-COOH)](CF3SO3) (13) bestätigt werden, dass die Kopplung mit einem CPP-Peptid die antiproliferative Aktivität signifikant steigert. Für den Komplex [(η5-C5Me5)RhCl(5,6- Me2phen)](CF3SO3) (9) konnte an BJAB-Zellen gegenüber gesunden Leukozyten eine Selektivität mit einem Faktor 8.4 für eine 25 µM Lösung erreicht werden, welche jedoch nicht an den adherenten Tumorzellen MCF-7 und HT-29 gegenüber den immortalisierten HEK-293 Zellen bestätigt werden konnte. Im Vergleich dazu, wurde in der zweiten Rhodium-Substanzklasse [RhX3(L)(pp)] ein eindeutiger Trend bei den antiproliferativen Selektivitätsstudien von adherenten Eigenschaften Tumorzellen (MCF-7 und und bei den HT-29) und immortalisierten Zellen (HEK-293) erreicht. Für die adherenten Tumorzellen wurden folgende Trends beobachtet (bezogen auf die IC50-Werte): - 126 - Zusammenfassung 1. MeCN > TMTH >> DMSO für den Liganden L 2. 5-NH2phen > 5-CH3phen > 5-NO2phen ~ 5-Clphen 3. 4-Mephen > 4,7-Me2phen; 5-Mephen > 5,6-Me2phen 4. 4,7-(MeO)2phen > 4,7-Me2phen 5. I > Cl > Br 6. Me2dppz > 5,6-Me2phen > dppz Wohingegen für die immortalisierte Zelllinie HEK-293 folgende IC50-Reihenfolge bestimmt werden konnte: 1. 5-NO2phen > 5-Clphen > 5-NH2phen > 5-CH3phen 2. 4,7-(MeO)2phen > 5-Mephen, 4-Mephen, 4,7-Me2phen, 5,6-Me2phen Aus den beiden Trends ergibt sich folgende Selektivitätsreihenfolge für die Komplexe mit substituierten Phenanthrolinliganden. 5-NH2phen < 4-Mephen < 4,7-Me2phen < 5-Mephen < 5,6-Me2phen < 5-Clphen < 5NO2phen 70 MCF-7 vs. HEK-293 60 59.7 HT-29 vs. HEK-293 Selektivitätsfaktoren 50 35.3 34.4 40 27.6 30 20 16.2 10.2 10 1.3 0.7 2.9 2.1 3.2 3.8 5.5 5.2 0 5-NH2 5-NH2 (19) (19) 4-Me (21) (21) 4,7-Me 4,7-Me2 5-Me (20) 5,6-Me2 4-Me 2 (22) 5-Me (20) 5,6-Me2 (23) (22) (23) 5-Cl (18) 5-NO 5-NO2 (17) 5-Cl (18) 2 (17) Abb. 4.1: Selektivitätsfaktoren für Komplexe [RhCl3(DMSO)(pp)] gegen Tumorzellen im Vergleich zu immortalisierten HEK-293 Zellen - 127 - Zusammenfassung Dieser Trend ist durch den MTT-Assay an den Zelllinien MCF-7, HT-29 und HFF-1 ebenfalls für ausgewählte Verbindungen bestätigt worden. Die Wirksamkeit der Komplexe kann nicht durch interkalative DNA- Wechselwirkungen erklärt werden, da für alle Verbindungen dieser Substanzklasse keine Anzeichen für diese Bindungsart gefunden wurden. Außerdem konnte durch biologische Untersuchungen in Form von LDH-Freisetzung, Zellvitalitätsuntersuchungen und DNA Fragmentierungen gezeigt werden, dass der apoptotische Zelltod über den intrinsischen mitochondrialen Weg ausgelöst wird. Somit kann festgestellt werden, dass die beiden unterschiedlichen Substanzklassen mit dem gleichen Zentralatom (RhIII) Apoptose und keine Nekrose auslösen, jedoch über unterschiedliche Mechanismen. Zusätzlich sind noch die Isomerenverhältnisse in der Rhodiumklasse untersucht worden. Bei den protonenfreien Substituenten mit einem starken –I Effekt (NO2, Cl) wird das mer-Isomer begünstigt und bei den Methylsubstituenten (+I Effekt) wird ein fac/mer-Gemisch erhalten. Alle Isomere sind in polaren und nicht polaren Lösungsmitteln in Dunkelheit über 5 Tage stabil. Durch Einfluss von Licht bildet sich in polaren Lösungsmitteln das antiproliferative weniger aktive faciale Isomer, welches in DMSO stärker ausgeprägt ist, als in DMF. Ähnliche Trends konnten auch in der dritten Substanzklasse der Iridiumtrihalogenidokomplexe [IrX3(L)(pp)] mit substituierten Phenanthrolin-Liganden festgestellt werden. In Dunkelheit sind die Isomerenverhältnisse auch über 5 Tage stabil, aber in Anwesenheit von Licht fällt das mer-Isomer auf Grund der schlechteren Löslichkeit aus. Die Syntheseprodukte bei den Iridiumverbindungen werden durch den Transeffekt (H2O, CH3OH < N(pp) < Cl, Br < DMSO-κS) beeinflusst. Innerhalb der Iridiumklasse konnten folgende Struktur-Wirkungsbeziehungen mit Hilfe des Kristallviolett-Assays an den Zelllinien MCF-7 und HT-29 bestimmt werden (bezogen auf den IC50-Wert): 1. MeCN > TMSO > DMSO für X = Cl und pp = phen 2. 1-Methylbenzimidazol > 1-Methylimidazol > H2O für X = Br und pp = phen 3. mer > fac für X = Cl, Br und pp = phen 4. phen > 4,7-Me2phen > 4-Mephen > 5-Mephen > 5,6-Me2phen für X = Cl - 128 - Zusammenfassung Für die immortalisierten HEK-293 Zellen wurde dagegen folgende IC50-Reihenfolge erhalten: 5,6-Me2phen > 4-Mephen > 5-Mephen > 4,7-Me2phen 5 MCF-7 5,6-Me2phen HT-29 4 HEK-293 4,7-Me2phen 5,6-Me2phen IC50-Werte [µM] 4-Mephen 3 5-Mephen 2 1 0 37 38 39 X = Cl, fac 40 41 X = Br, fac/mer Abb. 4.2: IC50-Werte an den Zelllinien MCF-7, HT-29 und HEK-293 für (37) - (41) Es wird der größte Selektivitätsfaktor für fac-[IrCl3(DMSO)(5,6-Me2phen)] (40) mit 6.1 (HEK-293/MCF-7) und 4.2 (HEK-293/HT-29) erhalten, welcher auch mit dem MTTAssay für MCF-7, HT-29 und HFF-1 Zellen bestätigt werden konnte. Zusätzlich konnte wie bei den analogen Rhodium(III)-Komplexen gezeigt werden, dass der apoptotische Zelltod über den intrinsischen mitochondrialen Weg mit Beteiligung des pro-apoptotischen Faktors Smac ausgelöst wird. Der 5,6-Me2phen Komplex konnte Resistenzen an Zelllinien wie BJAB 7CCA (gegen Doxorubicin) und BJAB BIBO (gegen Vincristin) überwinden, weshalb er als Antitumormittel wegen seiner hohen Selektivität und biologischen Eigenschaften sehr geeignet zu sein scheint. - 129 -