zurück ! a r z n e i - t e l e g r a m m 2004; Jg. 35, Nr. 1 Warenzeichen in Österreich und Schweiz (Beispiele) Carbamazepin: TEGRETOL (A, CH) Clozapin: LEPONEX (A, CH) Haloperidol: HALDOL (A, CH) Lamotrigin: LAMICTAL (A) Olanzapin: ZYPREXA (A, CH) NUM u.a.). Nur für Lithium gibt es Hinweise, dass es das mit 10% bis 20% sehr hohe Suizidrisiko der Patienten senkt,4-6 möglicherweise auch unabhängig von der phasenprophylaktischen Wirkung.7 Zunehmend werden alternativ oder zusätzlich Antiepileptika verwendet, von denen in Deutschland bisher nur Carbamazepin (TEGRETAL u.a.) bei Versagen oder Nichtanwendbarkeit von Lithium zugelassen war. Hinreichende Nutzenbelege fehlen jedoch sowohl für Carbamazepin als auch für Valproat (ERGENYL u.a.; a-t 2001; 32: 51), das dennoch in den USA bereits häufiger verordnet wird als Lithium. Insbesondere das Suizidrisiko scheint unter den Antiepileptika höher zu sein als unter Lithium.8,9 Für Valproat lässt sich in einer großen Zwölf-Monats-Studie ein Vorteil gegenüber Plazebo nicht hinreichend sichern.10 Carbamazepin scheint nach den vorliegenden überwiegend kleinen und/oder methodisch mangelhaften Studien weniger zuverlässig zu wirken als Lithium.11,12 Jetzt stehen ein weiteres Antiepileptikum und ein atypisches Neuroleptikum zur Phasenprophylaxe zur Verfügung. Lamotrigin Seit Herbst 2003 wird das Antiepileptikum Lamotrigin (vgl. a-t 1993; Nr. 8: 78-9) unter dem Warenzeichen ELMENDOS zur Prävention depressiver Phasen bei bipolarer Störung angeboten. Phenytoin: EPANUTIN (A, CH) Valproinsäure: CONVULEX (A) ORFIRIL LONG (CH) EIGENSCHAFTEN: Lamotrigin hemmt spannungsabhängige Natriumkanäle und die Freisetzung des exzitatorischen Neurotransmitters Glutamat. Der genaue Wirkmechanismus bei bipolarer Störung ist jedoch nicht bekannt. Lamotrigin muss – zur Verringerung des Risikos bedrohlicher Hautschäden – langsam aufdosiert werden: Zieldosis ist 100-200 mg/Tag. Gesamtdosis und Dosissteigerung sind bei Kombination mit weiteren Antiepileptika anzupassen. Zwei amerikanische zulassungsrelevante Studien berücksichtigen Patienten mit akuter depressiver13 bzw. manischer oder hypomanischer Phase14 einer bipolaren Störung (Bipolar-I-Erkrankung nach amerikanischem Klassifikationssystem DSM IV). Bei jeweils etwa einem Drittel der Patienten besteht ein rascher Wechsel der Krankheitsphasen.15 Patienten mit mehr als 6 Phasen im Vorjahr werden jedoch ausgeschlossen, ebenso solche mit weiteren psychiatrischen Erkrankungen oder hohem Suizid-Risiko.13,14 Das spezifische Design („enriched”) sieht in beiden Studien eine offene 8- bis 16-wöchige Run-in-Phase vor, in der alle Patienten langsam aufdosiert bis zu 200 mg Lamotrigin pro Tag einnehmen, während ihre bisherige Medikation langsam ausgeschlichen wird. Nur die unter Lamotrigin stabilisierten Teilnehmer – 48% (463 von 966)13 der Patienten mit depressiver Symptomatik und 50% (175 von 349)14 der mit hypo- bzw. manischer Symptomatik – werden in die 18monatige doppelblinde Phase übernommen, in der sie nach randomisierter Zuteilung täglich 50 bis 400 mg Lamotrigin, hoch dosiertes Lithium oder Plazebo einnehmen.13,14 In der Plazebogruppe wird somit das zuvor aufdosierte Lamotrigin wieder abgesetzt (Lamotriginentzug). Das ethisch fragwürdige Design begünstigt positive Resultate für Lamotrigin und verringert die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf unausgewählte Patienten mit bipolarer Störung. Die Patienten der Lithium- und Plazebogruppen erfahren innerhalb kurzer Zeit eine zweimalige Medikamentenumstellung. Nach einer retrospektiven Kohortenstudie geht die Umstellung der Medikation bei bipolarer Störung mit erhöhtem Suizidrisiko einher.8 Für den primären Endpunkt, der Zeit, nach der wegen Auftretens von Krankheitssymptomen gleich welcher Phase eingegriffen werden muss, ergibt sich in beiden Studien eine signifikante Überlegenheit sowohl von Lithium als auch von Lamotrigin gegenüber Plazebo, nicht aber von Lamotrigin gegenüber Lithium. Bei jeweils der Hälfte der Teilnehmer muss unter Plazebo innerhalb von 9313 bzw. 8514 Tagen, unter Lithium innerhalb von 170 bzw. 292 Tagen und unter Lamotrigin innerhalb von 200 bzw. 141 Tagen interveniert werden. In beiden Studien scheint Lamotrigin vorwiegend depressiven Phasen vorzubeugen, Lithium vorwiegend manischen. 12 der 1.315 Patienten unternehmen einen Suizidversuch: 10 in der Run-in-Phase und jeweils einer nach Randomisierung unter Plazebo bzw. Lamotrigin. Von vier vollendeten Suiziden ereignen sich drei in und nach der Run-in-Phase, einer nach Randomisierung unter Lamotrigin.13,14 Subgruppenanalysen zum Therapieeffekt bei raschem Phasenwechsel fehlen.13,14 In einer Studie, an der 182 Patienten ausschließlich mit „rapid cycling” teilnehmen, bleibt ein Vorteil von Lamotrigin gegenüber Plazebo aus.16 Eine weitere plazebokontrollierte Negativstudie mit 206 an bipolarer Depression erkrankten Patienten über zehn Wochen17 ist unseres Wissens bis heute nicht vollständig publiziert. Häufige Nebenwirkungen von Lamotrigin sind Kopfschmerz und Schwindel sowie Hautschäden (a-t 1993; Nr. 8: 78-9), die in der größeren Zulassungsstudie13 bei 11% der Patienten in der Aufdosierungsphase und bei 7% der Patienten der Lamotrigingruppe auftreten. Ein Patient entwickelt ein STEVENS-JOHNSON-Syndrom.13 Dies entspricht der aus der Antiepileptikatherapie bekannten Häufigkeit (1 : 1.000) dieser lebensbedrohlichen Hautschädigung. Mit toxisch epidermaler Nekrolyse ist bei einem von 10.000 Patienten zu rechnen. Das Risiko schwerer Hautschäden ist besonders hoch bei schneller Dosissteigerung, Kombination mit Valproat und bei Kindern (bis 1 : 50).18 Bei den ersten Anzeichen auf Schädigung ist Lamotrigin sofort abzusetzen. Hypersensitivitätsreaktionen und Multiorganversagen können auftreten, ebenso Kreuzreaktionen mit Carbamazepin und Phenytoin (PHENHYDAN u.a.). Bei einer Tagesdosis von 200 mg kostet Lamotrigin (ELMENDOS) in Deutschland monatlich 127 und damit etwa das 8-fache der Phasenprophylaxe mit täglich 24,4 mmol Lithium (QUILONUM RETARD u.a.; 16 ). In Österreich verteuert Lamotrigin die Prophylaxe um mehr als das 11-fache (137 gegenüber 12 ; s. Tabelle Seite 4). Olanzapin Das bislang auch zur Behandlung akuter Manien angebotene atypische Neuroleptikum Olanzapin (ZYPREXA; a-t 1997; Nr. 10: 103-5) ist jetzt zusätzlich zur Phasenprophylaxe bei Patienten zugelassen, deren manische Symptomatik auf das Mittel angesprochen hat. HINTERGRUND: Olanzapin ist in Studien zur Schizophrenie durch eine im Vergleich zu Haloperidol (HALDOL u.a.) deutlichere Besserung depressiver Symptomatik aufgefallen, die möglicherweise mit der höheren Affinität zu 5-HT2-Rezeptoren in Zusammenhang steht.19 Olanzapin hat zudem eine nachgewiesene antimanische Wirkung. Atypische Neuroleptika wie Clozapin (LEPONEX u.a.) und Olanzapin gehen mit geringerem Risiko extrapyramidaler Bewegungsstörungen einher als konventionelle Neuroleptika. Für Clozapin ist auch ein geringeres Risiko von Spätdyskinesien belegt. Patienten mit affektiven Störungen gelten andererseits als empfindlicher für diese Komplikationen.21 Für konventionelle Neuroleptika gibt es Hinweise, dass sie bei Langzeitanwendung den Verlauf einer bipolaren Erkrankung verschlechtern.19,20 Drei bisher nicht vollständig veröffentlichte Studien über 12 bis 18 Monate liegen der Zulassung von Olanzapin zur Phasenprophylaxe bei bipolarer Störung zugrunde. Nach Angaben der Fachinformation21 scheint das Mittel im direkten Vergleich zwar besser zu wirken als Plazebo, nicht aber als Lithium. Die Kombination von Olanzapin mit Lithium oder Valproat scheint ohne Vorteil gegenüber der Therapie mit Lithium oder Valproat allein.21 Zur Suizidalität unter Olanzapin finden wir keine Angaben. Im Vordergrund der unerwünschten Wirkungen steht die exzessive Gewichtszunahme: Unter der Prophylaxe nehmen im Verlauf eines Jahres 40% der Patienten um mindestens 7% ihres Ausgangsgewichtes zu. Mehr als 10% der Olanzapin-Anwender klagen über Schläfrigkeit. Zu den häufigen Störwirkungen gehören außerdem anticholinerge Effekte wie Mundtrockenheit und Verstopfung, orthostatische Hypotonie, Leberschäden und extrapyramidale Bewegungsstörungen einschließlich Bewegungsunruhe (Akathivor