Inhaltsverzeichnis

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I
Inhaltsverzeichnis
1
1.1
1.2
1.3
1.3.1
1.3.2
1.4
1.4.1
1.4.2
1.4.3
1.5
1.6
Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Konstanten der Bewegung . . . . . . . . .
Das K EPLER-Problem . . . . . . . . . . . . .
Geometrische Konstruktion der Bahn . . . . .
Der zeitliche Verlauf der Bahn . . . . . . . . .
G ALILEI-Invarianz . . . . . . . . . . . . . . .
G ALILEItransformationen . . . . . . . . . . .
Die Struktur der G ALILEI-Gruppe . . . . . . .
Inertialsysteme und G ALILEI-Transformationen
Beschleunigte Bezugssysteme . . . . . . . . .
Kräfte, die auf makroskopische Körper wirken
Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
1
3
8
8
11
17
17
20
20
23
26
28
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Lösung der Bewegungsgleichungen
Differenzierbare Funktionen . . . . .
Die Hauptsätze . . . . . . . . . . . .
Lineare Differentialgleichungssysteme
Anwendungen . . . . . . . . . . . .
Ionenkäfige . . . . . . . . . . . . . .
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37
37
39
42
51
54
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.6.1
3.6.2
3.7
3.8
3.9
Das H AMILTONsche Prinzip
Arbeit, Potential, L AGRANGEfunktion . . . . . . . . . . . . . .
Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung . . . . . . .
Mathematische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Symmetrietransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Generalisierte Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zwangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der starre Körper: Zwangsbedingung und L AGRANGE-Funktion
Der starre Körper: Bewegungsformen . . . . . . . . . . . . . .
zyklische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wechsel des Zeitparameters . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der schwere Kreisel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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65
. 65
. 67
. 70
. 75
. 78
. 85
. 89
. 93
. 99
. 103
. 105
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II
INHALTSVERZEICHNIS
3.10
3.11
Beliebige Kurvenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
4
4.1
4.2
4.2.1
4.2.2
4.3
4.3.1
4.3.2
4.4
4.5
4.6
4.7
Die H AMILTONsche Mechanik
Die H AMILTONschen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . .
Die JACOBIsche Lösungsmethode . . . . . . . . . . . . . . .
JACOBI-Methode: Allgemeiner Separationsansatz . . . . . . .
Abschließende Bemerkungen zur JACOBI-Methode . . . . . .
Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Präambel: Algebraische Eigenschaften von Differentialformen
Pull-Back und das P OINCAR É-Lemma . . . . . . . . . . . . .
Die kanonische Zweiform im Phasenraum . . . . . . . . . . .
Kanonische Transformationen,. . . . . . . . . . . . . . . . . .
erweiterter Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
L IE-Klammern und P OISSON-Klammern . . . . . . . . . . .
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138
140
144
149
150
151
153
159
162
168
173
1
1
Die Grundlagen der Klassischen
Mechanik
1.1 Einleitung
Das Ziel der Mechanik ist die Vorhersage der Bewegung materieller Körper. Dies
wird möglich, wenn folgende Hypothesen erfüllt sind oder (in abgeschwächter Form)
zumindest mit ausreichender Genauigkeit zutreffen:
Hypothese I:
Alle materiellen Körper sind als Massenpunkte oder allgemeiner, als eine Familie
von n Massenpunkten xi darstellbar.
Dabei ist xi ein Vektor in einem dreidimensionalen euklidischen Vektorraum (kurz
mit R3 bezeichnet), und die Vorhersage der Bewegung besteht in der Berechnung der
Bahnkurven xi (t) dieser Massenpunkte, wobei die Zeit t ein für alle Punkte gleicher,
universeller Parameter ist.
Hypothese II
Die Bahnkurven xi (t) genügen den N EWTONschen Gleichungen:
mi ẍi = Ki (x1 (t), . . . , xn (t), ẋ1 (t), . . . , ẋn (t), t),
(i = 1, . . . , n)
(1.1)
Hierbei stellt Ki (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) eine vektorwertige Funktion der Vektoren
xi und der Geschwindigkeiten vi = ẋi (t) dar und wird die Kraft genannt, die auf
den Massenpunkt i wirkt. Die Masse m i des i-ten Teilchens ist ein charakteristischer
materieller Parameter und ẍi (t) bezeichnet die zweite Ableitung oder Beschleunigung
der Kurve xi (t). Wir verlangen, daß xi (t), ẋi (t) und ẍi (t) stetig sind.
Mathematisch stellt (1.1) ein Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung dar, von
dem wir (unter Voraussetzung geeigneter Differenzierbarkeitseigenschaften der Funktionen K) später zeigen werden, daß eine eindeutig bestimmte Lösung bei Vorgabe
2
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
der Anfangswerte xi (t0 ) sowie ẋi (t0 ) zu einer festen Zeit t0 existiert. Dieses Resultat
wird kurz zusammengefaßt in der Aussage:
Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten bestimmen die Bahnkurven eines
Systems von n Massenpunkten
und garantiert die Vorhersagekraft unserer beiden Hypothesen in rein mathematischer
Form. Von der physikalischen Seite her muß dazu eine von den Gleichungen selbst
unabhängige Bestimmung der Massen m sowie der Kräfte K als Funktion der
Variablen xi ,vi und t vorausgegangen sein, entweder durch eine direkte Messung oder
durch eine zusätzliche theoretische Überlegung. Hierauf hat schon N EWTON selbst
hingewiesen, als er unsere Hypothesen in seinen drei Axiomen formulierte (N EWTON
(1687)):
Axiom 1:
Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder gleichförmigen Bewegung,
wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Bewegungszustand zu ändern.
Axiom 2:
Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional
und geschieht nach der Richtung derjenigen Linie, nach welcher jene Kraft wirkt.
Axiom 3:
Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich oder die Wirkungen zweier Körper
aufeinander sind stets gleich, und von entgegengesetzer Richtung.
Axiom 1 und 2 sind in unserer zweiten Hypothese vereinigt und in die entsprechende
mathematische Form der Gleichung (1.1) gebracht. Setzt man dort K i = 0, so folgt
sofort durch Integration xi (t) = x0 + v0 · t ( x0 , v0 ∈ R3 ) als allgemeine Lösung, also
ein Zustand der Ruhe (v0 = 0) oder der gleichförmigen Bewegung, mit v 0 als konstante
Geschwindigkeit. Im allgemeinen Fall (K i 6= 0) ist nach (1.1) die Änderung der
Bewegung, d.h. die Beschleunigung ẍ i , proportional zum Vektor Ki , d.h. das Axiom
2 gilt.
Das dritte Axiom macht eine Aussage über Kräfte, von der wir heute wissen, daß sie so
1.2 Die Konstanten der Bewegung
3
nicht allgemein gilt, insbesondere dann nicht, wenn geschwindigkeitsabhängige Kräfte
wirken. N EWTON studierte zu seiner Zeit vor allem die Gravitationskraft; hierzu sind
im 19. Jahrhundert die elektromagnetischen Kr äfte und in diesem Jahrhundert die bei
subatomaren Distanzen wirksamen starken und schwachen Kr äfte getreten. Letztere
können überhaupt nicht mehr sinnvoll im Rahmen der N EWTONschen Gleichungen behandelt werden. Der Grund liegt darin, daß Ort und Geschwindigkeit nicht gleichzeitig
mit beliebiger Genauigkeit vermessen werden können. Die klassische Mechanik muß
in diesem Fall durch die Quantenmechanik ersetzt werden. Für die langreichweitigen
elektromagnetischen und gravitiven Kräfte gibt es dagegen eine befriedigende physikalische Herleitung der fundamentalen Kräfte zwischen Massenpunkten und zwar:
i). Die M AXWELLsche Theorie (Elektrodynamik) für die elektromagnetischen
Kräfte,
ii). die E INSTEINsche allgemeine Relativit ätstheorie für die Gravitation.
In beiden Theorien tritt die Lichtgeschwindigkeit c als charakteristischer Parameter
auf. Es ergibt sich für den (wegen der Größe von c in der täglichen Erfahrung stets
realisierten) Fall, daß die Geschwindigkeiten der Massenpunkte klein sind, in sehr
guter Näherung folgendes Kraftgesetz für n wechselwirkende Teilchen:
X
Ki =
(xi − xj )fij (|xi − xj |),
(i = 1, . . . , n),
(1.2)
i6=j
mit
fij =
1
4πε0 qi qj
.
x j |3
−Gmi mj +
|xi −
G bezeichnet die Gravitationskonstante und q i die Ladung des i-ten Teilchens. ε0
(die Dielektrizitätskonstante des Vakuums) ist ein Parameter, der das Maßsystem der
Elektrodynamik, in dem Ladungen gemessen werden, kennzeichnet. Aus Kräften der
Form (1.2) kann man sich fast alle Kräfte zwischen makroskopischen Körpern durch
Überlagerung entstanden denken. Bevor wir auf das Problem dieser Überlagerung
eingehen, lohnt es sich, gerade wegen ihres fundamentalen Charakters, die Wirkung
dieser Kräfte in ihrer reinen Form näher zu studieren.
1.2 Das n-Teilchen-Problem mit C OULOMB– und
Gravitationskr¨
aften: Die Konstanten der
Bewegung
Vorbemerkung: Die Resultate dieses Abschnitts h¨angen wesentlich von den Eigen-
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
4
schaften des dreidimensionalen euklidischen Raumes ab, d.h. von der Tatsache, daß
wir ein Skalarprodukt h·, ·i, welches jedem Vektor v ∈ R 3 eine L¨ange |v| zuweist, sowie für zwei Vektoren ein Produkt definiert. Zur Wiederholung dieser geometrischen
Grundbegriffe seien die Aufgaben 1.1-1.3 empfohlen.
Wir betrachten ein System von n Massenpunkten, das den N EWTONschen Gleichungen
mi ẍi = Ki ,
(i = 1, . . . , n)
(1.3)
mit den Kräften
X
Ki =
(xi − xj )fij
i6=j
genügt, wobei
fij =
κij
|xi − xj |3
und
κij = − Gmi mj +
1
qi qj ,
4πε0
ist. Der Term proportional zu den Massen ist der gravitive, der Term proportional zu
den Ladungen der elektrostatische oder C OULOMB-Anteil der Kraft. Wir haben uns
ferner bei der Niederschrift der Gleichung der Kurzfassungen x i , ẋi , ẍi statt xi (t),
ẋi (t), ẍi (t) bedient, um die folgenden Rechnungen transparenter zu halten. Zunächst
folgt aus (1.3) durch Summation
X
mi ẍi =
i
X
i6=j
(xi − xj )fij .
Weil fij (xi −xj ) bei Vertauschen der Indizes das Vorzeichen wechselt, muß die rechte
Seite dieser Gleichung verschwinden. Also gilt:
X
mi ẍi = 0,
i
d.h.
d X
mi ẋi = 0.
dt
i
(1.4)
1.2 Die Konstanten der Bewegung
5
Bilden wir analog mit Hilfe des Vektorproduktes
X
X
X
mi [xi , ẍi ] =
[xi , xi − xj ]fij = −
[xi , xj ]fij ,
i
i6=j
i6=j
so folgt mit den gleichen Argument wie zuvor das Verschwinden der rechten Seite,
also
X
mi [xi , ẍi ] = 0,
i
d.h.
d X
mi [xi , ẋi ] = 0.
dt
(1.5)
i
Zum Schluß bilden wir mit Hilfe des Skalarproduktes
X
i
mi hẋi , ẍi i =
X
i6=j
hẋi , xi − xj ifij =
1X
hẋi − ẋj , xi − xj ifij .
2
i6=j
Andererseits folgt aus der Definition von f ij :
κij
d
=
hẋi − ẋj , xi − xj ifij = hẋi − ẋj , xi − xj i
3
|xi − xj |
dt
κij
−
|xi − xj |
.
Wegen
d
|ẋi |2 = 2hẋi , ẍi i
dt
können wir deshalb folgern:
d X1
1X d
κij
mi |ẋi |2 = −
dt
2
2
dt |xi − xj |
i
i6=j
oder hierzu äquivalent:


X κij
d X mi
 = 0.
|ẋi |2 +
dt
2
|xi − xj |
i
(1.6)
i<j
Wir führen jetzt folgende nützlichen Größen ein und bezeichnen sie jeweils mit
Namen, die in Klammern folgen:
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
6
pi = mi ẋi
(Impuls des i-ten Teilchens)
li = mi [xi , ẋi ]
(Drehimpuls des i-ten Teilchens)
Ti = m2i |ẋi |2
(kinetische Energie des i-ten Teilchens)
κ
(Potential der Zweikörperkraft K ij = κij |xii−xjj|3 )
i mi ẋi
(Gesamtimpuls)
i mi [xi , ẋi ]
(Gesamtdrehimpuls)
(x −x )
ij
Vij = |xi −x
j|
P=
L=
H=
P
P
M=
P
i Ti
P
1
R= M
+
i mi
P
i
P
i<j
Vij (Gesamtenergie)
(Gesamtmasse)
mi xi
(Schwerpunkt des n-Teilchensystems)
Aus Gleichung (1.4) folgt sofort
P = P0 = const.,
d.h. P ist ein Vektor, der sich während des zeitlichen Verlaufs der Bewegung nicht
ändert. Offenbar setzt sich dieser Vektor additiv aus den Impulsen der einzelnen
Massenpunkte zusammen. Wegen
P0 = P =
X
mi ẋi =
i
d X
mi xi
dt
i
gilt außerdem, aufgrund der Definition des Schwerpunktes R:
R=
1
P0 t + R 0 ,
M
wobei R0 wieder ein zeitlich konstanter Vektor ist. Für den Gesamtdrehimpuls L
finden wir nach 1.5
L = L0 = const.
wieder einen zeitlich konstanten Vektor L 0 , der sich additiv aus den Drehimpulsen der
1.2 Die Konstanten der Bewegung
7
einzelnen Massenpunkte zusammensetzt und zum Schluß ergibt (1.6):
H = E = const.,
d.h. die Gesamtenergie, bestehend
aus den kinetischen Energien T und der sog.
P
potentiellen Energie V = i<j Vij der Teilchenpaare ist ebenfalls zeitunabhängig.
Unsere Ergebnisse können kompakt in einer Tabelle von Erhaltungssätzen zusammengefaßt werden:
Erhaltungssätzen
Impulssatz:
Schwerpunktsatz:
Drehimpulssatz:
Energiesatz:
P (t) = P0
R(t) − tP (t)/M = R 0
L(t) = L0
H(t) = E
(P0 ∈ R3 , P0
(R0 ∈R3 , R0
(L0 ∈ R3 , L0
(E ∈R, E
konstant)
konstant)
konstant)
konstant)
Der Name Erhaltungssatz erklärt sich aus der Tatsache, daß die an sich zeitabhängig
durch die Bahnkurven xi (t) definierten Größen Impuls, Drehimpuls, usw. während
der Bewegung auf Grund der Bewegungsgleichungen selbst ihre Werte nicht ändern,
sie bleiben erhalten. Diese Werte werden bereits durch Anfangslagen und Geschwindigkeiten zur Anfangszeit der Bewegung fixiert. Für ein System von Massenpunkten
spricht man überdies allgemein von einem Integral der Bewegung oder einer Erhaltungsgröße f , wenn eine Funktion f (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) die Eigenschaft
besitzt, auf Grund der Bewegungsgleichungen für jede erlaubte Bewegung die Beziehung
f (x1 (t), . . . , xn (t), ẋ1 (t), . . . , ẋn (t), t) = f0 = const.
zu erfüllen. Genau in diesem Sinne ist jede Komponente der Vektoren P , L, R−tP/M
sowie H eine Erhaltungsgröße; insgesamt haben wir also für unser spezielles nTeilchensystem 10 Erhaltungsgrößen gefunden.
Damit kein Mißverständnis aufkommt, ist vielleicht folgende Bemerkung angebracht:
Nicht für jedes n-Teilchensystem sind Impuls, Drehimpuls, usw. erhalten; ein anderes
Kraftgesetz kann diese Eigenschaft sofort zerstören. Ein wichtiges Ziel der Mechanik besteht genau darin, Erhaltungsgrößen zu speziellen Kraftgesetzen aufzuspüren.
Ohne großen Aufwand kann man dies zunächst in unserem Fall durch folgende Verallgemeinerung leicht tun: Wir ersetzen f ij durch eine allgemeine Funktion fij (r) des
Zweiteilchenabstands r =|xi −xj | sowie Vij durch eine Stammfunktion von −r·fij (r),
wobei wir nur die Forderung fji = fij stellen. Dann bleiben unsere Erhaltungssätze
weiter gültig (siehe Aufgabe 1.4).
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
8
Aus den Erhaltungsgrößen P , L, und H werden noch gerne der erhaltene sog. innere
Drehimpuls
L0 = L − [R, P ]
sowie die innere Energie
H0 = H −
1
|P |2
2M
abgeleitet. Der Grund besteht darin, daß [R, P ] = M [R, Ṙ] exakt wie ein Einteilchendrehimpuls für ein fiktives Teilchen der Masse M mit Bahnkurve R aussieht und
in dieser Form den Beitrag der Bewegung des Schwerpunktes zum Gesamtdrehimpuls liefert, was analog für |P |2 /(2M ) = M |Ṙ|2 /2 als Beitrag zur Gesamtenergie gilt.
Durch Einführung des inneren Drehimpulses bzw. der inneren Energie werden diese
Beiträge der Schwerpunktsbewegung, die ja komplett bekannt ist, aus den Erhaltungsgrößen eliminiert, ohne ein grundsätzlich neues Integral der Bewegung einzuführen.
Ein solches werden wir hingegen im nächsten Abschnitt kennenlernen.
1.3 Das K EPLER-Problem
1.3.1 Geometrische Konstruktion der Bahn
Wir bleiben bei unserem Beispiel mit C OULOMB- und Gravitationskraft, betrachten
aber nur ein Zweiteilchensystem. Die N EWTONschen Gleichungen lauten jetzt, voll
ausgeschrieben:
m1 ẍ1 = κ(x1 − x2 )/|x1 − x2 |3
m2 ẍ2 = κ(x2 − x1 )/|x1 − x2 |3 ,
(1.7)
wobei
κ = − Gm1 m2 +
1
q1 q2 .
4πε0
Das Gleichungssystem (1.7) definiert das sog. Zweiteilchen-K EPLERproblem. Es ist
physikalisch realisiert durch die Bewegung zweier Himmelskörper oder von zwei
entgegengesetzt geladenen Teilchen (κ < 0), sowie bei der Streuung von zwei Teilchen
mit gleicher Ladung (κ > 0). Wir wissen bereits von den Erhaltungssätzen, daß
R(t) =
1
P
(m1 x1 (t) + m2 x2 (t)) = R0 + t ,
M
M
(M = m2 + m2 )
1.3 Das K EPLER-Problem
9
sowie
L = m1 [x1 , ẋ1 ] + m2 [x2 , ẋ2 ] = L0
mit konstanten Vektoren R0 ,P0 ,L0 ∈ R3 gilt.
Mit
y = x 1 − x2
findet man leicht die Beziehungen
x1 = R + y
m2
M
x2 = R − y
m1
M
(1.8)
woraus durch Einsetzen in (1.7) wegen R̈ = 0
µÿ = κ
y
|y|3
(1.9)
mit µ = m1 m2 /M folgt. Gleichung (1.9) sieht aus wie die Gleichung für ein einziges
Teilchen mit der Bahnkurve y und der Masse µ im Kraftfeld κy/|y| 3 und definiert das
sog. reduzierte K EPLERproblem; µ heißt die reduzierte Masse .
Für den inneren Drehimpuls L0 des vorausgegangenen Abschnitts findet man nach
kurzer Rechnung:
L0 = µ[y, ẏ].
(1.10)
Er ist auf Grund der Erhaltungssätze konstant. Wir differenzieren nun den Vektor
B=
y
1
[ẏ, L0 ] +
κ
|y|
(1.11)
nach der Zeit:
d
1
d y
B = [ÿ, L0 ] +
dt
κ
dt |y|
wegen
d 0
dt L = 0.
Allgemein gilt weiter für jede Kurve y:
d y
[y, [y, ẏ]]
.
= −
dt |y|
|y|3
(1.12)
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
10
Setzt man dies zusammen mit dem Ausdruck für y nach (1.9) in (1.12) ein, so folgt
1 [y, L0 ] [y, [y, ẏ]]
d
B=
−
,
dt
µ |y|3
|y|3
woraus wegen (1.10) sofort
d
B=0
dt
(1.13)
folgt. Wir haben also in unserem Problem eine vektorwertige Erhaltungsgröße entdeckt. Leider waren wir nicht die ersten, weshalb B der RUNGE -L ENZ-Vektor genannt
wird.
B setzt sich nach (1.11) aus zwei Anteilen zusammen, die beide senkrecht auf L 0
stehen. Folglich gilt
hB, L0 i = 0.
(1.14)
Ferner finden wir für das Skalarprodukt hB, yi:
hB, yi =
1
hy, [ẏ, L0 ]i + |y|.
κ
Nach zyklischem Vertauschen der Argumente y, ẏ, L 0 in hy, [ẏ, L0 ]i folgt
hB, yi =
1 02
1 0
hL , [y, ẏ]i + |y| =
|L | + |y|.
κ
µκ
(1.15)
Mit (1.14) und (1.15) kann nun der geometrische Ort der Kurve y komplett bestimmt
werden, falls L0 6= 0, was jetzt vorausgesetzt wird. Wegen hy, L 0 i = 0 liegt die Kurve
in eine Ebene E senkrecht zu L0 ; wegen (1.14) liegt auch B in E und wegen (1.15)
gilt in E mit r =|y| und ϕ = ∠(B, y):
r(ϕ) =
|L0 |2
1
.
µκ |B| cos ϕ − 1
(1.16)
Die Gleichung (1.16) stellt einen Kegelschnitt in Polarkoordinaten dar. Folgende Fälle
müssen unterschieden werden:
1. κ > 0: Da nach Definition r > 0, muß |B| cos ϕ > 1 gelten, was nur für |B| > 1
möglich ist. Die Gleichung (1.16) beschreibt in diesem Fall eine Hyperbel.
2. κ < 0:
a.
|B| = 0: Es folgt nach (1.16) r = const. und die Bahnkurve ist somit ein Kreis.
b.
0 < |B| < 1: Die Bahnkurve ist eine Ellipse.
1.3 Das K EPLER-Problem
c.
d.
11
|B| = 1: Die Bahnkurve ist eine Parabel.
|B| > 1: Die Bahnkurve ist wieder eine Hyperbel.
Für den Fall |B| 6= 1 kann (1.16) äquivalent umgeformt werden zu
|y − cB| − sign(|B|2 − 1)|y| = − sign(|B|2 − 1) · c
(1.17)
mit
c=
2|L0 |2
µκ(|B|2 − 1)
und wobei sign(|B|2 − 1) das Vorzeichen von (|B|2 − 1) bezeichnet. Hieraus lassen
sich leichter die Brennpunkte der Ellipsen und Hyperbeln erkennen. Ein Brennpunkt
P1 liegt immer im Koordinatenursprung, der andere im Punkt P 2 =c · B. Falls κ das
Vorzeichen wechselt, wechselt auch P 2 das Vorzeichen.
1.3.2 Der zeitliche Verlauf der Bahn
Wir kennen also den geometrischen Ort der Kurve y(t) vollständig. Zu bestimmen ist
noch ihr zeitlicher Verlauf. Es soll weiter L 0 6= 0 gelten, und wir setzen
e1 =
B
|B|
e2 =
[L0 , e1 ]
|L0 |
falls |B| 6= 0; falls |B| =0, sei e1 ⊥L0 , |e1 | = 1 und ansonsten beliebig. In beiden Fällen
gilt dann [e1 , e2 ] = L0 /|L0 | und, wir können für y schreiben:
y = (cos ϕ e1 + sin ϕ e2 ) · r(ϕ),
(1.18)
wobei r(ϕ) sich aus (1.16) ergibt. Wir wissen
L0 = µ[y, ẏ] = const.
(1.19)
Andererseits ist nach (1.18)
[y, ẏ] = [y,
d
y]ϕ̇
dϕ
(1.20)
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
12
und
d
d
y(ϕ) = (− sin ϕ e1 + cos ϕ e2 )r(ϕ) + (cos ϕ e1 + sin ϕ e2 ) r(ϕ),
dϕ
dϕ
woraus für (1.20) die Beziehung
[y, ẏ] = r 2 (ϕ) ϕ̇ [e1 , e2 ] = r 2 (ϕ) ϕ̇
L0
|L0 |
und mit (1.19) die Gleichung
r 2 (ϕ) ϕ̇ =
|L0 |
µ
(1.21)
folgt.
Die letzte Beziehung läßt sich zunächst wieder geometrisch deuten: Das Integral
1
I=
2
Zt2
r 2 (ϕ(t)) ϕ̇(t) dt
t1
stellt genau die vom Vektor y(t) überstrichene Fläche dar. Offenbar ist nach (1.21)
I = |L0 |(t2 − t1 )/(2µ), d.h. in gleichen Zeiten werden gleiche Flächen überstrichen
(Flächensatz) .
ϕ(t2 )
r(t2 )
I
ϕ(t1 )
r(t1 )
Abbildung 1.1: Zum Fl¨achensatz
Analytisch kommen wir weiter, wenn wir (1.16) in (1.21) einsetzen. Wir erhalten sofort
ϕ̇
=α
(|B| cos ϕ − 1)2
(1.22)
1.3 Das K EPLER-Problem
13
mit
α=
µκ2
.
|L0 |3
Nur für |B| = 0, d.h. die Kreisbewegung, ergibt sich ein einfaches Resultat:
ϕ = αt + ϕ0 ,
wobei ϕ0 den Anfangswert des Winkels zur Zeit t = 0 bezeichnet. Für |B| 6= 0 wähle
man zunächst eine Stammfunktion F von (|B| cos ϕ − 1) −2 , d.h.
Z
dϕ
.
F (ϕ) =
(|B| cos ϕ − 1)2
Dann gilt
d
ϕ̇(t)
(F (ϕ(t)) − αt) =
− α = 0,
dt
(|B| cos ϕ(t) − 1)2
woraus
F (ϕ(t)) = αt + F (ϕ0 )
folgt. ϕ0 ist wieder der Anfangswert des Winkels ϕ zur Zeit t = 0. Mit der Umkehrfunktion F −1 von F läßt sich jetzt ϕ(t) und damit auch y(t) im Prinzip bestimmen:
ϕ(t) = F −1 (αt + F (ϕ0 )).
(1.23)
Die Funktion F (ϕ) ist jedoch bereits so kompliziert, daß eine explizite Angabe der
Umkehrfunktion nicht möglich ist:
"
!#
p
1 − |B|2 tan ϕ2
|B| sin ϕ
1
2
F (ϕ) =
+p
arctan
|B|2 − 1 |B| cos ϕ − 1
|B| − 1
1 − |B|2
|B| < 1,
#
p
"
|B|2 − 1 tan ϕ + |B| − 1 1
1
|B| sin ϕ
2
+p
F (ϕ) =
ln p
ϕ
2
2
|B|2 − 1 |B| cos ϕ − 1
|B| − 1
|B| − 1 tan 2 − |B| + 1 für
F (ϕ) =
für
Z
|B| > 1,
dϕ
1
= −
2
(1 − cos ϕ)
2
ϕ 1
ϕ
cot + cot3 ( )
2
3
2
für
|B| = 1.
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
14
Diese Formeln sind hier auch nur zitiert, um das K EPLERproblem soweit zu diskutieren, wie es analytisch möglich ist. Nicht besprochen wurde bisher der Fall L 0 = 0. Aus
(1.11) folgt nun aber y/|y| = B, d.h. mit r =|y| gilt y = B · r und nach (1.9)
µr̈ =
κ
,
r2
woraus
d µ 2 κ
=0
ṙ +
dt 2
r
oder
µ 2 κ
ṙ + = E = const.
2
r
abgeleitet wird. Dies führt auf die Gleichung
r r
2
κ
E− ,
ṙ = ±
µ
r
die analog zur Bestimmung von ϕ(t) gelöst wird (siehe Gleichung (1.22)). Zunächst
1
wird eine Stammfunktion f von (E − κ/r) − 2 bestimmt, mit der
f (r(t)) = ±
r
2
t + f (r0 )
µ
gilt. r0 ist der Anfangswert von r(t) zur Zeit t = 0. r als Funktion von t ergibt sich
dann mit Hilfe der Umkehrfunktion f −1 :
r
2
−1
±
r(t) = f
t + f (r0 ) .
µ
Die Kurve y(t) wäre somit für alle möglichen Fälle, auch in ihrem zeitlichen Verlauf,
komplett bestimmt. Wir müssen jedoch beachten, daß wir von einem Zweiteilchenproblem ausgegangen sind, uns also für die Bahnkurven von zwei Teilchen interessieren.
Nach Gleichung (1.8) gilt:
x1 (t) = R(0) +
m2
P
t+
y(t)
M
M
x2 (t) = R(0) +
P
m1
t−
y(t).
M
M
1.3 Das K EPLER-Problem
15
Wir betrachten zunächst eine Gesamtbewegung mit R(0) = P = 0 und bemerken, daß
der allgemeine Fall hieraus durch eine zeitlich gleichförmige Verschiebung um den
P
Vektor R(0) + M
t erfolgt. Es ist also
x1 (t) = +
m2
y(t)
M
x2 (t) = −
m1
y(t).
M
e2
m1
e1
m2
Abbildung 1.2: Keplerbewegung für E < 0, κ < 0,
m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die
Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 .
Falls eine Ellipsenbewegung y(t) vorliegt, bilden die beiden Massenpunkte ein gebundenes System (Abb. 1.2). Beide Bahnkurven x 1 (t) und x2 (t) liegen wieder auf
Ellipsen, wobei für gleiche Massen die beiden Ellipsen durch eine Raumspiegelung auseinander hervorgehen und für m 1 /m2 1 die beiden Ellipsen ineinander
geschachtelt sind (Abb 1.3). Für m 1 /m2 → 0, d.h. für unendlich große Masse m 2
schrumpft die Bahnkurve x2 (t) auf einen Punkt zusammen.
e2
m2
m1
e1
Abbildung 1.3: Keplerbewegung für E < 0, κ < 0,
m2 /m1 ≈ 9/1; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die
Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven
x1 and x2 .
Analoges findet sich für die Hyperbelbewegungen, so daß in diesem Fall beide Teilchen sich zunächst (aus dem Unendlichen kommend) einander bis auf einen minimalen
Abstand nähern, um dann wieder auseinanderzufliegen (Abb 1.4, 1.5). Bemerkenswert ist in beiden Fällen die Tatsache, daß die Symmetrieachse der Bewegung, d.h.
die Verbindung zwischen den Brennpunkten der Hyperbeln und Ellipsen, durch den
konstanten Vektor B bestimmt ist, der sich zeitlich nicht ändert. Zusammen mit den
ebenfalls konstanten Vektoren L0 und [L0 , B] bildet er ein Achsenkreuz, das starr
seine Lage im Raum beibehält. Das gilt offenbar auch für die allgemeine Lösung
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
16
e2
m1
e1
m2
Abbildung 1.4: Keplerbewegung für E > 0, κ < 0, m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y
für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 .
e2
m1
e1
m2
Abbildung 1.5: Keplerbewegung für E > 0, κ > 0,
m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and
x2 .
P
mit Schwerpunktsbewegungen R(t) = R(0) + t M
. Wir werden sogleich auf diese
merkwürdige Eigenschaft zurückkommen, schließen diesen Abschnitt aber zunächst
mit einer Bemerkung über die Bewegungskonstante B ab:
Es läßt sich zeigen (siehe Gleichung (1.11)), daß
|B|2 = 1 +
2
H 0 |L0 |2
µκ2
gilt, wobei H 0 die innere Energie ist:
H0 =
µ 2
κ
|ẏ| +
.
2
|y|
Somit haben wir mit den drei Komponenten der vektoriellen Bewegungskonstante
eigentlich nur eine einzige neue Bewegungskonstante gewonnen, diese hat aber erst
unsere rein geometrische Konstruktion der Bahnkurve ermöglicht!
1.4 G ALILEI-Invarianz
1.4
17
G ALILEI-Invarianz
1.4.1 G ALILEItransformationen
Die beiden Bahnkurven x1 (t) und x2 (t) lassen sich nach den Ergebnissen der beiden
letzten Abschnitte für den generischen Fall L 0 6= 0, B 0 6= 0 wie folgt schreiben:
x1 (t) = R(0) +
P
m2
t+
(e1 cos ϕ(t) + e2 sin ϕ(t)) r(ϕ(t))
M
M
x2 (t) = R(0) +
m1
P
t−
(e1 cos ϕ(t) + e2 sin ϕ(t)) r(ϕ(t))
M
M
(1.24)
R(0), P/M sind konstante Vektoren, ebenso wie e 1 und e2 :
e1 =
B
|B|
e2 =
[L0 , e1 ]
|L0 |
Zusammen mit e3 = L0 /|L0 | bilden die Vektoren ei sogar eine Orthonormalbasis, die
natürlich von den Vektoren L0 und B abhängt und sich zeitlich nicht ändert. Die Werte
der Vektoren ei können überdies durch die Anfangswerte von y(0) = x 1 (0) − x2 (0)
sowie durch ẏ(0) = ẋ1 (0) − ẋ2 (0) direkt bestimmt werden, wenn man die zeitliche
Konstanz von L0 und B berücksichtigt und L0 und B auf Grund der Formeln
L0 = µ[y, ẏ]
B=
y
[ẏ, L0 ]
+
κ
|y|
zur Zeit t = 0 berechnet.
Wir schreiben die beiden Bahnkurven jetzt zunächst nur in etwas anderer Form. Dazu
sei {ai } eine feste, von L0 und B unabhängige Orthonormalbasis und O ∈ SO(3) eine
eindeutig bestimmte Drehung, welche {a i } in {ei } überführt, d.h.
Oai = ei
(i = 1, 2, 3).
P
, O) : R3 → R3 bezeichnen wir die Abbildung (mit R 0 = R(0))
Mit ϕt (R0 , M
ϕt (R0 ,
P
P
, O)(h) = Oh + R0 +
t
M
M
für alle h ∈ R3 ,
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
18
woraus nach Gleichung (1.24) sofort folgt:
xi (t) = ϕt (R0 ,
P
, O)(x0i (t)),
M
(i = 1, 2)
(1.25)
mit
x01 (t) = +
m2
(a1 cos ϕ(t) + a2 sin ϕ(t)) · r(ϕ(t))
M
x02 (t) = −
m1
(a1 cos ϕ(t) + a2 sin ϕ(t)) · r(ϕ(t)).
M
x01 (t) und x02 (t) stellen selbst wieder Lösungen des Zweiteilchenproblems dar, die
durch Anfangswerte von L0 und B definiert sind, für die e1 = a1 und e2 = a2 gilt.
Tatsächlich haben wir genau eine solche Lösung im letzten Abschnitt repräsentativ
für das Gesamtproblem diskutiert. Jetzt sehen wir, daß die Kenntnis der speziellen
Lösungen x0i (t) überhaupt genügt, um alle Lösungen zu beschreiben: Wir erhalten die
P
, O) nach Gleichung (1.25)
Gesamtheit durch Anwendung der Abbildung ϕ t (R0 , M
P
und O.
für beliebige Werte von R0 , M
Noch mehr erkennen wir, wenn wir allgemein die Abbildungen ϕ t (a, b, A): R3 → R3
mit
ϕt (a, b, A)(h) = Ah + a + bt
für alle h ∈ R3
für beliebige a, b ∈ R3 , A ∈ SO(3) betrachten. Es gilt nämlich:
ϕt (a0 , b0 , A0 ) ◦ ϕt (a, b, A)(h) = ϕt (a0 , b0 , A)(Ah + a + bt)
= A0 Ah + A0 (a + bt) + a0 + b0 t
= A0 Ah + (A0 a + a0 ) + (A0 b + b0 )t
= ϕt (A0 a + a0 , A0 b + b0 , A0 A)(h),
d.h.
ϕt (a0 , b0 , A0 ) ◦ ϕt (a, b, A) = ϕt (A0 a + a0 , A0 b + b0 , A0 A).
(1.26)
Aus der letzten Gleichung folgt: Die Abbildungen ϕ t (a, b, A) bilden eine Gruppe, die
spezielle G ALILEI-Gruppe , wobei ϕt (0, 0, 1I) das Einselement und
ϕt (a, b, A)−1 = ϕt (−A−1 a, −A−1 b, A−1 )
1.4 G ALILEI-Invarianz
19
das Inverse von ϕt (a, b, A) darstellt. Lassen wir ϕt (a, b, A) auf unsere Lösungen xi (t)
wirken, so erhalten wir wegen der Multiplikationsformel (1.26) aus Gleichung (1.25)
wegen
ϕt (a, b, A) ◦ ϕt (R0 ,
P
P0
P
, O) = ϕt (AR0 + a, A
+ b, AO) = ϕt (R0 , , O 0 )
M
M
M
offenbar wiederum eine Lösung mit veränderten Werten für R 00 , P 0 und O 0 anstatt
R0 , P und O. Die spezielle G ALILEI-Gruppe operiert also auf den Lösungen unseres
Zweiteilchenproblems, indem sie Lösungskurven wieder in Lösungskurven überführt.
Die letzte Eigenschaft läßt sich allgemein für ein n-Teilchensystem mit zentralen
Zweikörperkräften zeigen; es gelte für ein solches System
mi ẍi =
X
i6=j
(xi − xj )fij (|xi − xj |)
(i = 1, . . . , n)
(1.27)
Wir setzen
yi (t) = ϕt (a, b, A)(xi (t)) = Axi (t) + a + bt
und finden
ÿi =
d2
(Axi (t) + a + bt),
dt2
d.h.
ÿi = Aẍi .
Wegen yi − yj = A(xi − xj ) und damit (wegen A ∈ SO(3)) |yi − yj | = |xi − xj | folgt:
(yi − yj )fij (|yi − yj |) = A(xi − xj )fij (|xi − xj |).
Hieraus ergibt sich nach (1.27):
mi ÿi =
X
i6=j
A(xi − xj )fij (|xi − xj |) =
X
i6=j
(yi − yj )fij (|yi − yj |).
Also ist mit den Lösungskurven xi (t) auch durch yi (t), i = 1, . . . , n ein System von
Lösungskurven gegeben.
Insbesondere gilt für den kräftefreien Fall (K i = 0): G ALILEI-Transformationen führen
gleichförmige Bewegungen in gleichförmige Bewegungen über.
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
20
1.4.2 Die Struktur der G ALILEI-Gruppe
Durch Spezialisierung erhalten wir aus der allgemeinen Transformation ϕ t (a, b, A)
spezielle Untergruppen von G ALILEI-Transformationen (x ∈ R 3 ).
x → ϕt (a, 0, 1I)(x) = x + a (Raumtranslation )
x → ϕt (0, b, 1I)(x) = x + bt (Geschwindigkeitstransformation
(engl.: ’Boost’) )
x → ϕt (0, 0, A)(x) = Ax
(Raumdrehung )
Sie können noch um die sog. Zeittranslation t → t+h 0 , (h0 ∈R) vermehrt werden, die
ebenfalls die Gleichungen (1.27) invariant lassen, d.h. mit x i (t) ist auch yi (t) = xi (t +
h0 ) (i = 1, . . . , n) ein System von Lösungskurven der Gleichungen (1.27).
Faßt man die Zeittranslationen mit den speziellen G ALILEI-Transformationen zusammen, erhält man wiederum eine Gruppe, die volle G ALILEI-Gruppe . Sie stellt eine
Transformation von Raum und Zeit dar, was man besser sieht, wenn man x und t zu
einem Raum-Zeitpunkt zusammenfaßt; dann gilt für unsere Transformation allgemein:
(x, t) → (ϕt (x), t + h0 ) = (Ax + a + bt, t + h0 ).
Noch mehr über die Struktur der G ALILEI-Gruppe findet man in Aufgabe 1.6, insbesondere über die Darstellung als Matrixgruppe und die einparametrigen Untergruppen.
Hervorgehoben sei hier nur ein besonders wichtiges Resultat, das die Drehungen betrifft: Für festes ω ∈ R3 definiert A(ω)x = [ω, x] einen linearen Isomorphismus A in
die Menge der schiefadjungierten linearen Transformationen des R 3 und
Oω (τ ) = exp(A(ω) · τ ),
τ ∈ R,
eine einparametrige Schar von Drehungen mit der Drehachse ω̂ = ω/|ω| und dem
Drehwinkel ϕ = |ω| · τ . Weiter läßt sich jede Drehung in der Form O = exp(A(ω))
schreiben. Die Zahl der reellen Parameter mit der die G ALILEI–Gruppe beschrieben
wird, ist also zehn: Jeweils drei für Raumtranslationen, Boosts und Drehungen sowie
einer für die Zeittranslationen.
1.4.3 Inertialsysteme und G ALILEI-Transformationen
Ein Inertialsystem besteht, ganz anschaulich, aus einem gleichförmig bewegten Beobachter am Ort y(t) = a + bt (a, b ∈ R3 ), der die Koordinaten aller Vektoren x ∈ R 3 mit
Hilfe eines starren, mitgeführten Achsenkreuzes (e 1 , e2 , e3 ) bestimmt (siehe Abb.1.6).
Der Beobachter erhält also für x die (zeitabhängigen) Koordinaten
y α (x) = heα , x − a − bti,
α = 1, 2, 3.
1.4 G ALILEI-Invarianz
y
x
a3
21
e3
e1
e2
a + bt
a2
a1
Abbildung 1.6: Zu Inertialsystemen
Bezüglich der Standardbasis a1 , a2 , a3 von R3 gilt eα = Aaα , α = 1, 2, 3, mit einer
eindeutig bestimmten Drehung A ∈ SO(3), also
y α (x) = hAaα , x − a − bti = haα , A−1 (x − a − bt)i,
d.h.
y α (x) = haα , ϕt (a, b, A)−1 (x)i
(1.28)
Mathematisch bedeutet also ein Inertialsystem nichts anderes als die Einführung spezieller Koordinaten, die nach Gleichung (1.28) durch eine G ALILEI-Transformation
erzeugt werden.
Fassen wir diese Koordinaten zu einem neuen Vektor y = (y 1 , y 2 , y 3 ) zusammen, so
gilt offenbar:
y = ϕt (a, b, A)−1 (x).
Wegen der Invarianz der N EWTONschen Gleichungen, die wir im vorletzten Abschnitt
gezeigt haben, folgt hieraus:
Die N EWTONschen Gleichungen haben in den Koordinaten aller möglichen
Inertialsysteme die gleiche Form.
Zunächst erscheint dieses Resultat so trivial, daß seine Erwähnung, insbesondere in
hervorgehobener Form, kaum gerechtfertigt erscheint. Tatsächlich ist es aber von
großer Bedeutung für die Bewegungsgleichungen selbst, wenn wir bedenken (was
22
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
bisher nicht geschah!), daß die Bahnkurven und Kräfte selbstverständlich gemessene
oder zu vermessende Größen sind. Eine solche Messung geschieht immer von einem
Beobachtungspunkt mit festem Achsenkreuz aus, der sich im allgemeinen bewegt,
auch wenn es dem Beobachter selbst so gar nicht bewußt ist. Dies gilt für jedes
Laboratorium auf der Erde, das sich ja mit der Erde dreht, mit der Erde um die
Sonne kreist, ja sogar als Teil der Milchstraße an der gesamten Expansion des Kosmos
teilnimmt. Für Meßzeiten, die klein genug sind, ist eine solche Bewegung in guter
Näherung gleichförmig und unser Laboratorium ein Inertialsystem; gleiches würde
auch für ein Laboratorium auf dem Mond oder in einem Satelliten gelten:
Die N EWTONschen Gleichungen haben in den Koordinaten dieser Inertialsysteme
also die gleiche Form und damit auch die gleichen physikalischen Konsequenzen.
Es ist daher unerheblich, welches Inertialsystem konkret benutzt wird, da wir
mit Hilfe einer G ALILEI-Transformation von einem Inertialsystem auf das andere
leicht umrechnen können.(i)
Die Definition von Inertialsystemen zu Anfang dieses Abschnitts durch einen gleichförmig bewegten Beobachter mit festem Achsenkreuz und Zeitskala (wenn wir jetzt
auch noch die von ihm durchgeführten Zeitmessungen betrachten), kann auf Grund
unserer bisherigen Ergebnisse noch etwas mehr vertieft werden. Betrachten wir das
Zweiteilchen-K EPLERproblem für den Fall zweier gebundener Teilchen (Ellipsenbewegung), so sehen wir aus Gleichung (1.24), daß jede Lösung selbst ein natürliches
Inertialsystem definiert; dieses ist gegeben durch die gleichförmige Bewegung des
Schwerpunktes sowie das durch L’ und B definierte Achsenkreuz. Wir können überdies
P
, O) durch Einführung von
in Gleichung (1.25) die G ALILEI-Transformation ϕ t (R0 , M
P
Koordinaten y nach (1.28) mit a = R0 , b = M und A = O eliminieren. Man sagt: Man
betrachtet die Lösung im Schwerpunktsystem, weil die transformierte Lösung so aussieht, als würde der Schwerpunkt ruhen. Auf Grund des Schwerpunktsatzes existiert
eine solche Transformation für beliebige Lösungen von Massenpunktsystemen, die
den Gleichungen (1.27) genügen; dabei wird aber die Drehung O nicht eindeutig festgelegt, weil i.A. keine ausgezeichneten Achsen wie im K EPLERproblem existieren.
(i)
Auf diese Weise verschwindet auch ein Problem, auf das wir bei der Formulierung der N EWTONschen
Gleichungen (mit Absicht!) noch nicht hingewiesen haben, als wir axiomatisch festlegten: Massenpunkte
werden durch Kurven in einem dreidimensionalen euklidischen Raum beschrieben. Das Problem besteht
darin, wie dieser Raum absolut definiert ist: Welcher Koordinatenursprung und welches Achsenkreuz
beschreibt seine Koordinaten auf Grund welcher Messung? Die Antwort hierauf ist: Jedes Inertialsystem
kann gleichberechtigt hierfür benutzt werden; ein ausgezeichnetes Inertialsystem gibt es in Wahrheit
nicht.
Zu denken gibt freilich, daß wir oben konkrete Inertialsysteme mit der Einschr¨ankung bei kleiner Dauer
”
der Messung kann die Bewegung des Laboratoriums als gleichförmig betrachtet werden“, bedacht haben.
Ganz abgeschlossen wird die Diskussion hierüber wohl also nicht sein und, tats¨achlich, sie wird Ihnen
im Laufe Ihres Studiums in verschiedenster Gestalt immer wieder begegnen.
1.5 Beschleunigte Bezugssysteme
23
Die Besonderheit des Zweiteilchen-K EPLERproblems besteht darin, daß ein solches
Achsenkreuz eindeutig für jede Bewegung fixiert wird. Offenbar ist das eine Folge der
speziellen dynamischen Gleichungen. (ii)
Wir sehen also, daß dynamische Systeme von Massenpunkten die sehr bemerkenswerte Eigenschaft besitzen, natürliche Inertialsysteme aus sich heraus“ zu definieren. Das
”
Zweiteilchen-K EPLERproblem bildet hierfür tatsächlich das prominenteste Beispiel.
1.5 Gleichförmig rotierte und gleichförmig
beschleunigte Bezugssysteme
Wir betrachten jetzt einen Beobachter, der die Koordinaten der Raumvektoren x mit
Hilfe eines gleichförmig rotierenden Achsenkreuzes e α (t), (α = 1, 2, 3) bestimmt. Er
mißt also für x die Koordinaten
y α = heα (t), xi,
wobei
eα (t) = exp(A(ω)t)eα
(1.29)
gilt und ω ∈R3 die konstante Winkelgeschwindigkeit bezeichnet, die vermöge unseres
Standardisomorphismus aus Abschnitt 1.4.2 in die schiefadjungierte Transformation
A(ω) überführt wird:
A(ω)x = [ω, x]
für alle x ∈ R3 .
(1.30)
Es gilt also
y α = heα , exp(−A(ω)t)xi
oder, falls wir die Koordinaten y wieder zu einem Vektor zusammenfassen:
y = exp(−A(ω)t)x.
(1.31)
Hieraus folgt für jede Kurve x(t)
ẏ = − A(ω) exp(−A(ω)t)x + exp(−A(ω)t)ẋ = − [ω, y] + exp(−A(ω)t)ẋ
(ii)
Analoges gilt auch für die Wahl der Zeitskala; offenbar bildet die Umlaufzeit der Ellipsenbewegung
eine natürliche, vom System selbst erzeugte Maßeinheit für die Zeitmessung.
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
24
und
mÿ = − 2m[ω, ẏ] − m[ω, [ω, y]] + exp(−A(ω)t)mẍ.
Wirkt auf den Massenpunkt x die Kraft K, so folgt aus den N EWTONschen Gleichungen :
mÿ = − 2m[ω, ẏ] − m[ω, [ω, y]] + K 0 (y)
(1.32)
wobei K 0 (y) = exp(−A(ω)t)K(exp(A(ω)t)y).
In den Koordinaten y α erscheinen neben dieser real wirkenden Kraft K 0 also Zusatzterme für die Beschreibung der Bewegung, die selbst wieder wie Kräfte aussehen,
aber erst durch die Verwendung eines rotierenden Beobachtungssystems erzeugt werden. Der erste Term heißt C ORIOLIS– , der zweite Zentrifugal–Kraft . Beide bilden
ein Beispiel für sog. Scheinkräfte , die immer dann in den N EWTONschen Gleichungen auftreten, wenn die Koordinaten eines Beobachtungssystems benutzt werden, das
kein Inertialsystem ist. Die Wirkung dieser Scheinkräfte läßt sich offenbar durch eine
Koordinatentransformation eliminieren, die die Achsendrehung rückgängig macht.
Ein besonders bekanntes Beispiel für ein rotierendes Bezugssystem ist durch jeden
an der Erdoberfläche fixierten Beobachter realisiert, der die Drehung der Erde mit
vollzieht, siehe Abb.1.7.
ω
e3 (t)
e2 (t)
e1 (t)
Abbildung 1.7: Mitrotierendes Koordinatensystem.
Für ihn haben die Bewegungsgleichungen eines Massenpunktes die Form (1.32),
wobei ω jetzt die Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung darstellt. Wirkt auf den
1.5 Beschleunigte Bezugssysteme
25
Massenpunkt z.B. nur die Schwerkraft der Erde, so ist


0
K0 =  0 
−mg
in den gewählten Koordinaten, wobei g die Erdbeschleunigung bezeichnet. Nur die
C ORIOLISkraft ist für diesen Fall numerisch bedeutsam; sie bewirkt auf der nördlichen
Halbkugel eine scheinbare Ostabweichung des freien Falls unseres Massenpunktes,
die durch Transformation auf ein Inertialsystem (z.B. das Achsenkreuz zur Zeit t = 0)
wieder verschwindet.
Physikalisch bedeutsamer als die gleichförmig rotierenden Bezugssysteme ist der Fall
eines Bezugssystems, bei dem sich der Beobachter auf einer Bahn h(t) = 12 bt2 mit
der konstanten Beschleunigung b ∈ R 3 bewegt. Für ihn haben alle Vektoren x die
Koordinaten
1
y α (x) = heα , x − bt2 i
2
α = 1, 2, 3
oder, zusammengefaßt zu einem Vektor,
1
y = x − bt2 .
2
(1.33)
Wir wollen diese Koordinaten einmal für die Beschreibung eines System von n
Massenpunkten verwenden, bei dem die Kräfte wieder eine Form wie in Gleichung
(1.27) haben (also zentrale Zweikörperkräfte sind), und zusätzlich auf jedes Teilchen
die konstante Gravitationskraft −m i g, g ∈ R3 wirkt. In den Koordinaten y lauten
wegen xi − xj = yi − yj und ÿi = ẍi − b die N EWTONschen Gleichungen jetzt
mi ÿi = − mi b +
X
i6=j
(yi − yj )fij (|yi − yj |) − mi g
(i = 1, . . . , n). (1.34)
Falls b = − g gewählt wird, so verschwindet die konstante Gravitationskraft vollständig in der neuen Koordinatenbeschreibung. Die Bahnkurven y i folgen dann
der inneren Kraft. Realisiert wird dieses Beobachtungssystem z.B. in einem frei
fallenden Laboratorium, aber auch in einem Satelliten, der um die Erde kreist, weil
in beiden Situationen der Beobachter die Gravitationsbeschleunigung durch die Erde
mitvollzieht.
Der Grund für die mögliche Elimination der Gravitation findet sich in der Form der
Gravitationskraft: Sie ist strikt proportional zur Masse m i selbst. Logisch wäre auch
eine andere Proportionalitätskonstante, sagen wir λ i denkbar. In diesem Fall wäre in
(1.34) mi g durch λi g zu ersetzen, und es würde i.a. wegen der Verschiedenheit der
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
26
Massen m kein Wert von b existieren, für den die Gravitationskraft eliminiert werden
könnte. Will man zwischen mi und λi einen Unterschied machen, so spricht man von
mi als der trägen und von λi als der schweren Masse . Ihre Gleichheit ist ein rein
experimentelles Resultat, das allerdings später in der Theorie der Gravitationskräfte
entscheidend verwendet wird.
1.6 Kr¨
afte, die auf makroskopische Körper wirken
Bisher haben wir uns in unseren Überlegungen fast ausschließlich auf Systeme von
Massenpunkten beschränkt, zwischen denen zentrale Zweikörperkräfte wirken. In den
Anwendungen der Mechanik spielen aber auch ganz andere Kräfte eine große Rolle. In
dem einleitenden Abschnitt wurde angedeutet, daß diese Kräfte durch Überlagerung
von Fundamentalkräften erzeugt werden, wobei C OULOMB- und Gravitations-Kräfte besonders hervorgehoben wurden. Wir wollen jetzt kurz skizzieren, wie man
sich eine solche Überlagerung vorzustellen hat, obwohl eine endgültige Klärung des
Sachverhaltes im Rahmen der Mechanik selbst nicht möglich ist, sondern erst in der
Thermodynamik erfolgt.
Dazu unterteilen wir ein n-Teilchensystem mit zentralen Zweikörperkräften in zwei
Subsysteme I1 und I2 , die z.B. die Teilchen 1 bis k bzw. k + 1 bis n enthalten und
betrachten die Schwerpunkte R1 und R2 von I1 und I2 , d.h. die Vektoren:
Ri =
X mi xi
,
M
M=
i∈Ik
X
mi ,
(k = 1, 2).
i∈Ik
Es gilt für den Gesamtschwerpunkt R:
R=
M1 R1 + M 2 R2
,
M
wobei M = M1 + M2 die Gesamtmasse ist. Auf Grund des Schwerpunktsatzes folgt
sofort:
M1 R̈1 = − M2 R̈2 .
Diese Gleichung hat z.B. für die Bahnkurve des Schwerpunktes R 1 die Form der
N EWTONschen Gleichung mit K1 = − M2 R̈2 als wirkende Kraft. Allerdings ist K 1
nicht allein von R1 und Ṙ1 abhängig, sondern explizit gegeben durch
X
K1 =
(xi − xj )fij (|xi − xj |),
i∈I1 ,j∈I2
was leicht aus Gleichung (1.27) abgeleitet wird. Wir sehen aber, daß sowohl R 1 als
auch K1 durch eine Mittelung über die Teilchen in I 1 und I2 entsteht. Für den Fall
1.6 Kr¨afte, die auf makroskopische Körper wirken
27
sehr vieler Teilchen, die räumlich benachbart bleiben, zeigt die Erfahrung, daß eine
solche Mittelung statistischen Gesetzen gehorcht; die speziellen Eigenschaften der
Bahnkurven xi spielen dabei keine Rolle mehr für die Kraft K 1 , die nur noch abhängt
vom Mittelwert der Kurven xi , den man mit R1 identifiziert. Die Beschreibung des
Systems I1 reduziert sich dann auf die Angabe der Bahnkurve dieses Schwerpunktes.
Nach der statistischen Mittelung braucht die Form der Kraft als Funktion von R 1
und ggf. auch von Ṙ1 und der Zeit nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit den
ursprünglichen Zweikörperkräften zu besitzen. Sie verliert i.a. auch die manifesten
Invarianzeigenschaften bei G ALILEI-Transformationen, weil die genannte Mittelung,
z.B. in einem festen Raum-Zeit-Gebiet, erfolgt.
Diese kurze Diskussion der Kräfte zwischen makroskopischen Körpern kann und
soll nicht befriedigen. Wir treten deshalb die Flucht nach vorn an: Solange sich die
Mechanik vor allem den Studien der Bewegungsgesetze widmet, kann sie auf eine
nähere Begründung der jeweils benutzten Kraftgesetze verzichten (wenigstens für eine
gewisse Zeit).
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
28
Übungen
Aufgabe 1.1 — Multilineare Funktionen in einem n-dimensionalen Vektorraum V
wk : V
| ×V ×·
{z · ·×V} → R heißt multilineare Funktion der Stufe k, falls w k (h1 , . . . , hk )
k-mal
linear in jedem Argument hi ist.
a) Zeigen Sie: Falls eµ (µ = 1, . . . , n) eine Basis von V ist, so ist w k eindeutig durch
die Funktionswerte wk (eµ1 , . . . , eµk ) bestimmt.
Die skalare Multiplikation und die Addition werden definiert durch:
(λwk )(h1 , . . . , hk ) : = λ · wk (h1 , . . . , hk ),
(wk + wk0 )(h1 , . . . , hk ) : = wk (h1 , . . . , hk ) + wk0 (h1 , . . . , hk )
für alle λ ∈ R und alle multilinearen Funktionen w k und wk0 der Stufe k.
b) Überprüfen Sie, daß die multilinearen Funktionen der Stufe k einen reellen
Vektorraum Vk der Dimension nk bilden.
Bezeichne die Permutationen der Zahlen (1, . . . , n) mit σ (1 → σ(1), 2 → σ(2), . . .)
und das Signum dieser Permutation mit ε(σ). Eine multilineare Funktion w k heißt
schief (oder antisymmetrisch ), bzw. k-Form, falls
wk (hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = ε(σ)wk (h1 , . . . , hk ). Ebenso heißt eine multilineare Funktion
wk symmetrisch falls
wk (hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = wk (h1 , . . . , hk ).
c.1) Zeigen Sie: Die symmetrischen und die schiefen multilinearen Funktionen bilden
jeweils Untervektorräume Sk , bzw. Ak von Vk .
c.2) Bestimmen Sie die Dimension von S k , bzw. Ak .
Eine symmetrische multilineare Funktion g zweiter Stufe auf V mit g(x, x) > 0 für alle
x ∈ V \ {x = 0} heißt euklidische Metrikpin V . Wir schreiben auch g(x, y) = hx, yi.
Die Länge oder Norm wird durch |x| = hx, xi erklärt. Entsprechend heißt |x − y|
der Abstand von x und y in V .
d.1) Zeigen Sie, daß |hx, yi| ≤ |x||y|.
Setze cos ϕ = hx, yi/(|x||y|), ϕ heißt Winkel zwischen x und y.
Übungen
29
d.2) Zeigen Sie, daß |x − y| =
p
|x|2 + |y|2 − 2|x||y| cos ϕ .
Wähle eine Orthonormalbasis {ei }, i = 1, . . . , n in V :
i
x = x ei : =
n
X
i=1
xi ei ,
xi ∈ R.
xi heißt Koordinate von x bezüglich e i .
d.3) Berechnen Sie |x| und cos ϕ als Funktion der Koordinaten.
Als Spezialfall von c) sollten Sie gefunden haben, daß die Dimension des Vektorraumes aller schiefen multilinearen Funktionen n-ter Stufe gleich 1 ist.
e.1) Falls wn 6= 0, dann gilt wn (h1 , . . . , hn ) = 0 ⇔ {h1 , . . . , hn } sind linear
abhängig.
e.2) Zeigen Sie: Falls A : V → V eine lineare Abbildung ist, so gibt es genau eine
Zahl det(A) mit
det(A)wn (h1 , . . . , hn ) = wn (Ah1 , Ah2 , . . . , Ahn )
für alle schiefen multilinearen Funktionen w n 6= 0.
det(A) heißt die Determinante von A.
e.3) Zeigen Sie:
i)
det(A.B) = det(A) · det(B);
ii) det(A) 6= 0 ⇔ A ist umkehrbar.
f) Bezeichne mit tr A die Spur von A. Zeigen Sie, daß
tr Awn (h1 , . . . , hn ) = wn (Ah1 , h2 , . . . , hn ) +
wn (h1 , Ah2 , . . . , hn ) + · · · + wn (h1 , h2 , . . . , Ahn )
Sei g eine E UKLIDische Metrik in V mit Orthonormalbasis (e 1 , . . . , en ), hei , ej i = δij .
Fixiere eine schiefe Multilinearfunktion ∆ n-ter Stufe (die Volumenform) durch
∆(e1 , . . . , en ) = 1. Setze Aij =hei , Aej i (Matrixelement von A bezüglich {e i }).
g) Berechnen Sie det A als Funktion der A ij .
Sei At die zu A adjungierte Abbildung , d.h. g(x, A t y) = g(Ax, y) für alle x, y ∈ V .
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
30
h.1) Zeigen Sie: det At = det A.
h.2) Zeigen Sie: ∆(e01 , . . . , e0n ) = ± ∆(e1 , . . . , en ) für jede andere Orthonormalbasis
(e01 , . . . , e0n ).
Aufgabe 1.2 — Der 3-dimensionale Vektorraum
Sei V ein reeller Vektorraum der Dimension 3, g die Metrik und ∆ die Volumenform.
Seien w, x, y, z ∈ V .
a) Zeigen Sie: Es gibt einen eindeutig bestimmten Vektor [x, y] ∈ V mit hz, [x, y]i = ∆(z, x, y)
für alle z ∈ V .
[x, y] heißt das Vektorprodukt von x und y.
b) Zeigen Sie folgende Eigenschaften:
1) [x, y] = 0 ⇔ x, y sind linear abhängig.
2) h[x, z], yi = − hz, [x, y]i .
c) Fixiere nun die Orthonormalbasis {e i } i = 1, 2, 3 mit ∆(e1 , e2 , e3 ) = 1 und berechnen Sie die Koordinaten von [x, y] als Funktion der Koordinaten von x und y.
Eine schiefadjungierte lineare Abbildung A ist definiert durch
hx, Ayi = − hAx, yi = − hy, Axi.
d.1) Zeigen Sie, daß der Raum A dieser Abbildungen A 3-dimensional ist.
d.2) Zeigen Sie: Die Abbildung A : V → A | x → A(x) mit A(x)y = [x, y] für alle y
definiert einen linearen Isomorphismus .
e) Beweisen Sie die sog. JACOBI-Identität:
[x, [y, z]] + [z, [x, y]] + [y, [z, x]] = 0
Hinweis: Zeigen Sie mit dem Isomorphismus aus d) zuerst, daß für w ∈ V :
∆(A(w)x, y, z) + ∆(x, A(w)y, z) + ∆(x, y, A(w)z)
= tr A(w)∆(x, y, z) = 0
f) Zeigen Sie jetzt folgenden Eigenschaften:
1) A(x)A(y)−A(y)A(x) = A([x, y]), d.h. A(x)A(y)z−A(y)A(x)z = A([x, y])z
Übungen
31
für alle z;
[x, [y, z]] = yhx, zi − zhx, yi ;
h[w, z], [x, y]i = hw, xihz, yi − hw, yihz, xi ;
|[x, y]|2 = |x|2 |y|2 sin2 ϕ, wobei ϕ der Winkel zwischen x und y ist.
2)
3)
4)
Aufgabe 1.3 — Differenzieren von multilinearen Funktionen
Sei w : V1 × . . . × Vn → W (Vi ,W lineare, reelle Vektorräume) eine multilineare
Funktion, d.h. für yi ∈ V gilt w(y1 , . . . , yn ) → W ist linear in jedem Argument.
(Beachte: Gegenüber der Aufgabe 1.1 sind die Vektorräume V i nicht gleich und der
Wert von w(y1 , . . . , yn ) liegt in einem Vektorraum W ).
Seien fi : I → Vi , i = 1, . . . , n (I offenes Intervall in R) differenzierbare Abbildungen.
Sei f : I → W definiert durch f (t) =w(f1 (t), . . . , fn (t)). Dann gilt in I:
˙ : = d f (t) = w(f˙1 (t), f2 (t), . . . , fn (t)) + w(f1 (t), f˙2 (t), . . . , fn (t))
f(t)
dt
. . . + w(f1 (t), f2 (t), . . . , f˙n (t))
Sei V jetzt ein 3-dimensionaler, E UKLIDischer, reeller Vektorraum mit Volumenform
∆ und Metrik h·, ·i. x(t) sei eine zweimal stetig differenzierbare Kurve in V .
Zeigen Sie:
a)
d
hẋ, ẋi = 2hẋ, ẍi
dt
b)
d
[x, ẋ] = [x, ẍ]
dt
c)
d
hx, ẋi
|x| =
dt
|x|
d)
d x
[x, [x, ẋ]]
= −
dt |x|
|x|3
Aufgabe 1.4 — Impuls-, Drehimpuls- und Energieerhaltung
Wir betrachten ein System von n Massenpunkten {x 1 , . . . , xn } mit inneren Kräften
Fij der Form
Fij = (xi − xj )fij (|xi − xj |)
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
32
und ¨außeren Kräften Ki0 (xi ). D.h. die Kraft auf Teilchen i hat die Form
Ki = Ki0 +
X
Fij
i6=j
Sei fij (r) = fji (r) einmal stetig differenzierbar.
Zeigen Sie jeweils den verallgemeinerten Impuls-, Drehimpuls- und Energiesatz:
a)
X
d X
mi ẋi =
Ki0 ;
dt
i
b)
i
X
d X
mi [i , ẋi ] =
[xi , Ki0 ];
dt
i
c)
wobei

d 
dt
i
X1
i
2
mi |ẋi |2 +
X
i<j

Vij (|xi − xj |) =
X
i
hẋi , Ki0 i
Vij0 (r) = − r fij (r).
Untersuchen Sie den Spezialfall Ki0 (xi ) = K = const.
Aufgabe 1.5 — Das K EPLER-Problem I
Gegeben sei ein Zweiteilchensystem mit
m1 ẍ1 = κ
x1 − x 2
|x1 − x2 |3
m2 ẍ2 = κ
x2 − x 1
|x1 − x2 |3
a) Zeigen Sie, daß
H0 : = H −
µ
κ
P2
= |ẏ|2 +
2M
2
|y|
L0 : = L − [R, P ] = µ[y, ẏ],
wobei P : = m1 ẋ1 +m2 ẋ2 der Gesamtimpuls, M = m1 +m2 die Gesamtmasse, y :
= x1 − x2 der Relativvektor, R : = (m1 x1 + m2 x2 )/M der Schwerpunktsvektor
und µ = m1 m2 /M die reduzierte Masse ist.
b) Zeigen Sie, daß sich die Relativbewegung in einer Ebene abspielt.
Übungen
33
c) Der RUNGE -L ENZ-Vektor sei gegeben durch
B=
y
1
[ẏ, L0 ] +
.
κ
|y|
Wiederholen Sie den Beweis der Behauptung, daß B eine Konstante der Bewegung
ist.
d) Zeigen Sie, daß folgende zwei Relationen zwischen den Bewegungskonstanten B,
L0 und H 0 gelten:
|B|2 = 1 +
2H 0 |L0 |2
µκ2
hB, L0 i = 0.
e) Seien B 6= 0, L0 6= 0. Wählen Sie ein “problemorientiertes” Koordinatensystem,
indem Sie zunächst drei orthogonale Einheitsvektoren einführen
e1 =
B
|B|
e2 =
[L0 , B]
|L0 ||B|
e3 =
L0
|L0 |
und durch
y=
3
X
y α eα
α=1
die Koordinaten y α von y definieren. Stellen Sie die Bewegung in den Koordinaten
y α dar. Diskutieren Sie die Bahnkurve qualitativ (Skizze!) für die Fälle
a) κ > 0;
b) κ < 0.
Unterscheiden Sie dabei zwischen |B| = 0, |B| < 1 und |B| > 1.
f) Sei L0 = 0. Zeigen Sie, daß hieraus folgt (mit r : =|y|):
ẏ = ṙ y0
wobei y0 konstant mit |y0 | = 1.
Zeigen Sie, daß µr̈ = κ/r 2 und µ2 ṙ 2 =E − κr , wobei E eine Konstante ist.
Diskutieren Sie den Bewegungsablauf, in dem Sie t als Funktion von r bestimmen.
Hinweise: Benutzen Sie dabei folgende unbestimmte Integrale:
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
34
Für a > 0:
Z r
p
1p 2
b
x
dx =
ax + bx − √ ln 2 a2 x2 + abx + 2ax + b
ax + b
a
2a a
Für a < 0:
Z r
x
1p 2
b
arcsin
dx =
ax + bx + √
ax + b
a
2a −a
2ax + b
b
Aufgabe 1.6 — Drehungen und die G ALILEI-Gruppe
Sei V ein 3-dimensionaler, E UKLIDischer Vektorraum mit Skalarprodukt h·, ·i und
normierter Volumenform ∆. In Aufgabe 1.2 wurde gezeigt: Es gibt zu jedem Vektor
ω ∈ V eine eindeutig bestimmte, schiefadjungierte Abbildung A(ω) : R 3 → R3 mit
A(ω)x = [ω, x], für alle x ∈ V.
Sei τ ∈ R und ω 6= 0. Zeigen Sie:
a) Es gilt: exp(A(ω)τ )x = x für alle x mit x = λω, λ ∈ R.
b) Es gilt: exp(A(ω)τ )x = cos(|ω|τ )x+sin(|ω|τ )[ω, x]/|ω|, für alle x mit hx, ωi = 0.
Sei jetzt ω fest und setze Oω (τ ) = exp(A(ω)τ ).
c) Zeigen Sie, daß Oω (τ1 )Oω (τ2 ) = Oω (τ1 + τ2 ) und Oω (0) = I, d.h. die Abbildung
τ → Oω (τ ) definiert eine sog. 1-parametrige Untergruppe von SO(3).
d) Setze τ =1. Zeigen Sie, daß für alle x ∈ V gilt: O ω (τ ) = Oω
Oω x = hω0 , xi ω0 + sin |ω| [ω0 , x] − cos |ω| [ω0 , [ω0 , x]]
ω0 = ω/|ω| heißt die Drehachse und |ω| der Drehwinkel der Drehung O ω .
G ALILEI-Transformation:
In Absatz 1.4.1 wurden die folgenden, zeitabhängigen Transformationen ϕ t (a, b, O) :
R3 → R3 definiert:
ϕt (a, b, O)x = Ox + a + bt für alle x ∈ R3 , wobei a, b ∈ R3 , O ∈ SO(3)
Übungen
35
Wir fügen die sog. Zeittranslation hinzu:
t → t̃ = t + a4 für alle t ∈ R, wobei a4 ∈ R.
Setzen wir x̃ = ϕt (a, b, O)x, so gilt also in den Standardkoordinaten:
α
x̃ =
3
X
O αβ xβ + aα + bα t
β=1
t̃ = t + a4
Wir definieren: y α = xα , ỹ α = x̃α für α = 1, 2, 3, y 4 = t, ỹ 4 = t̃, y 5 = ỹ 5 =1.
e) Zeigen Sie, daß in den Standardkoordinaten die Beziehung
ỹ µ = B µν y ν
 1
O1
 O2
 31
B=
O 1
 0
0
gilt , (µ = 1, . . . , 5), wobei

O 12 O 13 b1 a1
O 22 O 23 b2 a2 

O 32 O 33 b3 a3 
.
4
0 0 1 a 
0 0 0 1
f) Beweisen Sie, daß die Matrizen dieser Form eine Gruppe G bilden.
Wir setzen jetzt


A(ω)11 A(ω)12 A(ω)13 0 0
 A(ω)2 A(ω)2 A(ω)2 0 0 
1
2
3


3 A(ω)3 A(ω)3 0 0  .
J= 
A(ω)
1
2
3


 0
0
0 0 0
0
0
0 00
Nach Aufgabe c) bilden die Abbildungen


Oω (τ )11 Oω (τ )12 Oω (τ )13 0 0
 Oω (τ )2 Oω (τ )2 Oω (τ )2 0 0 
1
2
3


3
3
3

g(τ ) = exp(J(ω)τ ) = 
 Oω (τ ) 1 Oω (τ ) 2 Oω (τ ) 3 0 0  .

0
0
0
1 0
0
0
0
01
1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik
36
für festes ω eine 1-parametrige Untergruppe von G. Im folgenden diskutieren wir
weitere 1-parametrige Untergruppen von G:
g) Setze

0 0 0 v1
 0 0 0 v2

3
K(v) = 
0 0 0 v
0 0 0 0
000 0
Zeigen Sie:


0
0

4
0
 und P (a, a ) =
0
0
1 0 0 τ v1
 0 1 0 τ v2

3
eK(v)τ = 
0 0 1 τv
0 0 0 1
000 0


0 0 0 0 a1
 0 0 0 0 a2 


 0 0 0 0 a3 


 0 0 0 0 a4 
0000 0



0
1 0 0 0 τ a1
 0 1 0 0 τ a2 
0



4
P (a,a )τ
 0 0 1 0 τ a3 
0
und
e
=



 0 0 0 1 τ a4 
0
0000 1
1
h) Zeigen Sie, daß für festes v und a durch g(τ ) = exp(K(v)τ ) und g(τ ) = exp(P (a, a 4 )τ )
jeweils eine 1-parametrige Untergruppe definiert wird.
Die Größen K(v), P (a, a4 ), J(ω) heißen Generatoren von G.
37
2
Lösung der
Bewegungsgleichungen:
Differentialgleichungssysteme
2.1 Pr¨
aambel: Differenzierbare Funktionen von
mehreren Variablen
Sei U ⊂ Rn offen, f : U → R. Die partielle Ableitung von f nach der Koordinate
xα im Punkt x ist wie folgt erklärt (x = (x 1 , . . . , xn )):
∂f 1
f (x1 , . . . , xα + h, . . . , xn ) − f (x1 , . . . , xα , . . . , xn )
n
(x
,
.
.
.
,
x
)
:
=
lim
h→0
∂xα
h
Falls die partielle Ableitung nach x α für alle x ∈U existiert, kann eine neue Funktion
∂α f : U → R durch
∂α f (x) =
∂f 1
(x , . . . , xn )
∂xα
für alle x ∈ U
erklärt werden. ∂α f heißt partielle Ableitung von f nach x α . Ferner heißt f partiell
differenzierbar von 1. Ordnung, falls ∂ α f für alle α = 1, . . . , n existiert und stetig ist.
Die Funktionen mit diesen Eigenschaften bilden einen Vektorraum, der mit C 1 (U, R)
bezeichnet wird.
Die Definition von ∂α f erlaubt die induktive Definition der partiellen Ableitungen kter Ordnung: ∂α1 . . . ∂αk f . Falls diese Funktionen existieren und für alle α 1 , . . . , αk
stetig sind, heißt f partiell differenzierbar von k-ter Ordnung. Die Funktionen f
bilden wieder einen Vektorraum, der mit C k (U, R) bezeichnet wird. Für k > 2 gilt:
Die partiellen Ableitungen kommutieren, d.h. ∂ α1 . . . ∂αk f = ∂ασ(1) . . . ∂ασ(k) f für alle
σ ∈ Sk , (Sk = {Permutationen von k Elementen}). Da man häufig die Koordinate, nach
der partiell differenziert wird, deutlich machen möchte, wird für ∂ α1 . . . ∂αk f auch das
kf
Symbol ∂xα ∂...∂x
verwendet.
α
1
k
Im folgenden wird k > 2 vorausgesetzt.
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
38
Eine Abbildung f : U → Rm f (x) = (f 1 (x), . . . , f m (x)) heißt partiell differenzierbar von k-ter Ordnung, falls f β (x) ∈ C k (U, R) für alle β = 1, . . . , m. Die
Abbildungen f bilden auch einen Vektorraum, der mit C k (U, Rm ) bezeichnet wird.
Wir schreiben jetzt: f ∈C k (U, Rm ).
Sei f ∈ C k (U, Rm ), g ∈ C k (W, Rs ) und f (U ) ⊂ W ⊂ Rm . Sei
g(y) = (g 1 (y), . . . , g s (y)), y ∈ W,
h(x) : = (g ◦ f )(x),
x ∈ U,
h(x) = (h1 (x), . . . , hs (x)).
Dann gilt: h ∈ C k (U, Rs ) und
∂α hβ (x) =
m
X
∂hβ
∂g β
∂f γ
(x)
=
(f
(x))
·
(x)
∂xα
∂y γ
∂xα
(Kettenregel!)
γ=1
Aufgabe 2.1 — Differenzierbare Funktionen von mehreren Variablen
Sei f ∈ C k (U, Rm ), U ⊂ Rn .
d
a) Zeigen Sie: Für alle v ∈ Rn und x ∈ U existiert (Dv f )(x) : = dt
f (x + tv)|t=0
b) Zeigen Sie: (Dv f )(x) ist linear in v.
Dv f heißt Richtungsableitung von f nach v. Setze jetzt Df (x)(v) : = (D v f )(x).
c) Zeigen Sie: Für festes x ist Df (x) eine lineare Abbildung Df (x) : R n → Rm .
Diese Abbildung heißt JACOBI-Matrix von f . Sei nun y(t) eine differenzierbare
Kurve in Rn .
d) Zeigen Sie:
d
dt f (y(t)) = Df (y(t))(ẏ(t)).
Sei h = g ◦ f (wie in der Vorbemerkung).
e) Zeigen Sie: Dh(x)(v) = (Dg(f (x)) ◦ Df (x)) (v).
Sei jetzt f : Rn → R.
f) Zeigen Sie, daß Df (x) für festes x eine lineare Funktion auf R n ist.
Sei g(x, y) = hx, yi eine euklidische Metrik auf R n .
2.2 Die Haupts¨atze
39
g) Zeigen Sie: Es gibt ein eindeutig bestimmtes Vektorfeld ∇f auf R n mit
hv, ∇f (x)i = Df (x)(v) für alle x, v ∈ R n .
∇f heißt Gradient von f bezüglich der Metrik h·, ·i.
h) Berechnen Sie die Komponenten (Koordinaten) von ∇f (x) bezüglich der Stand
dardbasis. Zeigen Sie dt
f (x(t)) = hẋ, ∇f (x(t))i.
2.2 Die Haupts¨
atze
Im ersten Abschnitt über die Grundlagen der klassischen Mechanik wurde schon darauf hingewiesen, daß die N EWTONschen Gleichungen ihre Vorhersagekraft aus einem
mathematischen Theorem gewinnen, das in der Aussage: “Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten bestimmen die Bewegung von n Massenpunkten eindeutig”
zusammengefaßt wurde. Diese Aussage wollen wir nun präziser fassen und betrachten
dazu wieder die N EWTONschen Gleichungen für n Massenpunkte:
mi ẍi = Ki (x1 , . . . , xn , ẋ1 , . . . , ẋn , t)
(i = 1, . . . , n),
(2.1)
wobei die Kraft Ki (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) für jedes i eine vorgegebene Funktion
von 2n Vektoren xi , vi ∈R3 und der Zeit t ist.
Wir führen zunächst eine kompaktere Notation ein, indem wir die Vektoren x i ,vi
und Ki jeweils zu einem Vektor in einem 3n-dimensionalen Vektorraum V = R 3n
zusammenfassen:
x = (x1 , . . . , xn ) ∈ R3n ,
v = (v1 , . . . , vn ) ∈ R3n ,
K = (K1 , . . . , Kn ) ∈ R3n .
Außerdem definieren wir die Massenmatrix m durch die Gleichung
mx = (m1 x1 , . . . , mn xn )
und schreiben damit (2.1) in der Form
mẍ = K(x, ẋ, t).
(2.2)
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
40
Gleichung (2.2) ist ein Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung für die Kurve
x(t) im Raum V ; wir führen es in ein äquivalentes System erster Ordnung über:
ẋ = v
mv̇ = K(x, v, t).
(2.3)
Fassen wir nun x und v wieder zu einem Vektor y = (x, v) ∈ T (V ) = R 6n zusammen,
so schreibt sich (2.3):
ẏ = K̃(y, t),
(2.4)
wobei
K̃(y, t) = (v, m−1 K(x, v, t))
ist. Der Vektor y(t) kann jetzt als Kurve in T (V ) aufgefaßt werden.
Den Vektorraum V bezeichnen wir als den Raum der Ortslagen oder besser noch den
Raum der Freiheitsgrade des Massenpunktsystems; T (V ) nennen wir aus Gründen,
die wir erst im nächsten Kapitel erklären können, den Tangentialraum von V .
Die Funktion K̃ : T (V ) × R →T (V ) wird auch zeitabhängiges Vektorfeld genannt.
Die Menge dieser Funktionen mit der Zusatzeigenschaft, partielle Ableitungen beliebig hoher Ordnung zu besitzen, wird mit C ∞ (T (V ) × R, T (V )) bezeichnet und bildet
einen Vektorraum (mit unendlicher Dimension).
Es gelten nun die folgenden mathematischen Sätze:
Hauptsatz 1:
Sei K ∈C ∞ (T (V ) × R, T (V )). Für alle t0 ∈ R, y0 ∈T (V ) gibt es ein offenes
Intervall I mit t0 ∈I, so daß in I eine eindeutig bestimmte, zweimal stetig differenzierbare Lösung y(t) des Differentialgleichungssystems
ẏ = K̃(y, t) mit y(t0 ) = y0
existiert.
y0 heißt Anfangswert von y(t) bei einer Zeit t =t 0 . Um die Abhängigkeit vom
Anfangswert deutlich zu machen, bezeichnen wir die obige Lösung auch mit y(t, y 0 ).
2.2 Die Haupts¨atze
41
Hauptsatz 2:
Es gelte für alle Lösungen nach Hauptsatz 1 zusätzlich:
lim |y(t, y0 )| = ∞ ⇔ |T | = ∞.
t→T
Dann wird durch die Gleichung
Ft (y0 ) = y(t, y0 )
für alle t ∈ R eine Schar von umkehrbaren Abbildungen
Ft : T (V ) → T (V )
definiert. Als Funktion von t und y0 besitzt Ft (y0 ) partielle Ableitungen beliebig
hoher Ordnung.
Ft wird der Fluß des Differentialgleichungssystems genannt. Er hängt zusätzlich von
der Wahl von t0 ab. Da wir in der Folge meistens t0 = 0 als Anfangszeit benutzen,
wollen wir diese Abhängigkeit in der Notation jedoch unterdrücken. F hat eine
einfache geometrische Interpretation:
y(t, y0 )
y0
Ft
Abbildung 2.1: Fluß eines Differentialgleichungssystems
Man erhält den Funktionswert Ft (y0 ), indem man eine Bahnkurve, die zur Zeit t 0 bei
y0 beginnt, bis zum Zeitpunkt t verfolgt. y 0 = (x0 , v0 ) faßt genau die Anfangslagen und
Anfangsgeschwindigkeiten unserer Massenpunkte zusammen; Endlagen und Endgeschwindigkeiten zur Zeit t sind dann eindeutig durch F t bestimmt, d.h. die Bahnkurven
können nach den Hauptsätzen für alle Zeiten t eindeutig vorhergesagt werden.
Die Bedingung limt→T |y(t, y0 )| = ∞ ⇔ |T | = ∞, schließt den Fall aus, daß eine
Bahnkurve bereits nach endlicher Zeit ins Unendliche läuft und garantiert, daß F t
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
42
für alle Zeiten unabhängig von y0 existiert. Dies muß von Fall zu Fall überprüft
werden. Der Hauptsatz 1 bleibt davon unberührt; er bleibt auch weiter gültig, falls
K̃ ∈ C ∞ (W ×R, T (V )) mit W = T (V )−Ω. Ω ist dabei eine Menge, auf der die Kräfte,
die K̃ definieren, singulär werden. Ein Beispiel hierfür taucht bereits im K EPLERproblem auf: Die Kraft K = κ(x1 − x2 )/|x1 − x2 | ist für x1 = x2 singulär, ansonsten
aber eine C ∞ -Funktion. Für mehrere Teilchen hat die Singularitätenmenge Ω oft
eine komplizierte topologische Struktur; trotzdem existieren in T (V ) − Ω eindeutig
bestimmte Lösungen bei vorgegebenem Anfangswert; diese Lösungen lassen sich aber
meist nur für endliche Zeitintervalle angeben, nämlich solange, bis die Bahnkurve
in die Singularitätenmenge Ω hineinläuft. Man muß für diesen Fall den Fluß F t
nur für endliche Zeitintervalle betrachten, was technisch sehr unbequem ist. Man
kann sich aber eher durch einen Trick helfen, indem man die Kraft in der Nähe der
Singularitäten so glättet, daß überall eine C ∞ -Funktion entsteht. Für die überwiegende
Menge der Bahnkurven, nämlich all jene, die die Singularitäten nie treffen, ist eine
solche Änderung ohne Bedeutung. Am Beispiel des K EPLERproblems trifft dies für
alle Kurven zu, bei denen die zwei Teilchen stets einen Abstand > d haben, wobei
d beliebig klein gewählt werden kann. Alle Bewegungen mit innerem Drehimpuls
L0 6= 0 haben diese Eigenschaft. Die Ausnahmefälle erscheinen für L 0 = 0 und sind
in Kapitel 1 und in der Aufgabe 1.5 separat besprochen worden.
In der Folge werden wir von allen Vektorfeldern K̃ annehmen, daß sie in der
Differenzierbarkeitsklasse C ∞ liegen. Wir werden dies auch von jetzt an für alle
übrigen Funktionen tun, die wir in den Vorlesungen benutzen. Wir ersparen uns
damit lediglich Schreibarbeit; wesentliche physikalische Aussagen bleiben hiervon
unberührt.
2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme
Ein Spezialfall von (2.4) entsteht, wenn K̃(y, t) die Form
K̃(y, t) = A(t)y + B(t)
(2.5)
hat, wobei A(t) : T (V ) → T (V ) eine lineare Abbildung und B(t) einen Vektor von
T (V ) darstellen. Die Lösung des Anfangswertproblems
ẏ(t) = A(t)y + B(t),
y(t0 ) = y0
erhält man auf folgende Weise:
Zunächst löst man
Ż(t) = A(t)Z(t)
(2.6)
2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme
43
für eine lineare Abbildung Z(t) : T (V ) → T (V ) mit Anfangswert Z(t 0 ) = I. Hauptsatz 1 garantiert diese Lösung für alle Zeiten t. Z(t) ist überdies umkehrbar und man
verifiziert leicht:
Satz 1:
y(t) = Z(t)y0
löst das lineare, homogene Differentialgleichungssystem
ẏ(t) = A(t)y(t)
mit dem Anfangswert y(t0 ) = y0 .
Satz 2:
y(t) = Z(t)y0 + Z(t)
Zt
dτ Z(τ )−1 B(τ )
t0
löst das lineare, inhomogene Differentialgleichungssystem
ẏ = A(t)y + B(t)
mit dem Anfangswert y(t0 ) = y0 .
Beweis:
Zum Beweis wird der Ansatz für y(t) differenziert und Gleichung (2.6)
benutzt:
ẏ(t) = Ż(t)y0 + Ż(t)
Zt
t0
d
dτ Z(τ )−1 B(τ ) + Z(t)
dt
= A(t)Z(t)y0 + A(t)Z(t)
Zt
t0
Zt
dτ Z(τ )−1 B(τ )
t0
dτ Z(τ )−1 B(τ ) + Z(t)Z(t)−1 B(t)
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
44
= A(t)y(t) + B(t).
Weiter gilt y(t0 ) = y0 .
2
Nach Hauptsatz 2 sind die in Satz 1 und 2 angegebenen Lösungen eindeutig bestimmt.
Die Flüsse Ft (y0 ) sind gegeben durch
Ft (y0 ) = Z(t)y0
für das lineare, homogene Differentialgleichungssystem und durch
Ft (y0 ) = Z(t)y0 + Z(t)
Zt
dτ Z(τ )−1 B(τ )
t0
für das lineare, inhomogene Differentialgleichungssystem.
Ein bedeutender Spezialfall, der mit rein algebraischen Mitteln vollständig berechnet
werden kann, ergibt sich für A = const. In diesem Fall können wir o.B.d.A. t 0 = 0
setzen. Für Z(t) ergibt sich nach (2.6) sofort
Z(t) = exp(At)
auf Grund der bekannten Eigenschaften der Exponentialreihe.
Also ist
y(t) = exp(At)y0
(2.7)
Lösung von ẏ = Ay mit Anfangswert y(0) = y 0 , und ist
y(t) = exp(At)y0 + exp(At)
Zt
dτ exp(−Aτ )B(τ )
(2.8)
0
Lösung von ẏ = Ay + B mit Anfangswert y(0) = y 0 .
Wir wollen jetzt explizit den Ausdruck exp(At)y 0 berechnen. Dazu fassen wir y
als komplexen Vektor und A als komplex lineare Transformation auf und erinnern
an den Satz über die J ORDANsche Normalform einer beliebigen komplex linearen
Transformation A : Cm → Cm :
2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme
45
Satz(J ORDAN):
Sei
det(A − λI) =
Y
s∈E
(s − λ)r(s)
das charakteristische Polynom von A, wobei E die Menge der Eigenwerte von
A bezeichnet, s die Menge der Eigenwerte durchläuft und r(s) die algebraische
Vielfachheit von s angibt. Es gilt:
(1) Cm = ⊕s∈E V (s); V (s) = Kern(A − s)r(s) .
(2) In V (s) gibt es n(s) Vektoren eµ (s) mit (A − s)t(µ,s)+1 eµ (s) = 0; die Vektoren
(A − s)ν eµ (s), (ν =0, . . . , t(µ, s)) bilden zusammen eine Basis von V (s).
(3) Falls A reell ist, kann eµ (s) = eµ (s) gewählt werden.
Nach (1) bilden also die Vektoren
(A − s)ν eµ (s); (s ∈ E,
µ = 1, . . . , n(s),
ν = 0, . . . , t(µ, s))
eine Basis von Cm (von uns J ORDAN-Basis genannt), die leider mit drei Indizes s (für
den Eigenwert) sowie µ und ν durchindiziert werden muß.
Bezüglich dieser Basis hat A J ORDANsche Normalform, d.h. in der Matrix von A
bezüglich dieser Basis stehen auf der Hauptdiagonale die Eigenwerte und auf der
Nebendiagonale die Werte 1 oder 0.
Da die Vektoren (A − s)ν eµ (s) eine Basis bilden, gilt:
y0 =
n(s) t(µ,s)
XX
X
s∈E µ=1 ν=0
y0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s).
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
46
Lemma 1:
Für y(t) = exp(At)y0 gilt:
y(t) =
n(s) t(µ,s)
XX
X
s∈E µ=1 κ=0
y(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s)
mit
y(s, µ, κ, t) =
κ
X
ν=0
tκ−ν st
e y0 (s, µ, ν).
(κ − ν)!
Beweis:
exp(At)y0 =
n(s) t(µ,s)
X
XX
y0 (s, µ, ν) exp(At)(A − s)ν eµ (s)
n(s) t(µ,s)
X
XX
y0 (s, µ, ν) exp(st) exp((A − s)t)(A − s) ν eµ (s).
s∈E µ=1 ν=0
=
s∈E µ=1 ν=0
(2.9)
Andererseits gilt, wenn die Exponentialreihe entwickelt und Punkt (2) des
Satzes über die J ORDANsche Normalform beachtet wird:
exp((A − s)t)(A − s)ν eµ (s) =
t(µ,s)−ν λ
X t
λ=0
λ!
(A − s)λ+ν eµ (s).
Wird dies in Gleichung (2.9) eingesetzt, ergibt sich
exp(At)y0 =
n(s) t(µ,s) t(µ,s)−ν
XX
X X
tλ
y0 (s, µ, ν) exp(st) (A − s)λ+ν eµ (s)
λ!
µ=1 ν=0
s∈E
=
λ=0
n(s) t(µ,s) κ
XX
X X
s∈E µ=1 κ=0 ν=0
y0 (s, µ, ν)est
tκ−ν
(A − s)κ eµ (s)
(κ − ν)!
2
2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme
47
Falls wir in Gleichung (2.8) den Zusatzterm
C(t) = exp(At)
Zt
dτ exp(−Aτ )B(τ )
0
berechnen wollen, so beachten wir:
C(t) =
Zt
0
dτ exp(A(t − τ ))B(τ )
und schließen hieraus: C(t) kann nach Lemma 1 wie folgt berechnet werden:
(a) Ersetze y0 durch B(τ ).
(b) Ersetze t durch t − τ und integriere über τ .
Nach der J ORDAN-Basis entwickelt, gilt für B(τ ):
B(τ ) =
n(s) t(µ,s)
X
XX
s∈E µ=1 ν=0
B(s, µ, ν, τ )(A − s)ν eµ (s).
B(s, µ, ν, τ ) ist also in Lemma 1 an die Stelle von y(s, µ, ν, t) zu setzen, t durch t − τ
zu ersetzen und über τ zu integrieren. Es folgt also:
C(t) =
n(s) t(µ,s)
X
XX
s∈E µ=1 κ=0
C(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s),
wobei
C(s, µ, κ, t) =
κ
X
ν=0
1
(κ − ν)!
Zt
0
dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ ) B(s, µ, ν, τ ).
Wir fassen diese Ergebnisse in Satz 3 zusammen:
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
48
Satz 3:
Die Lösung des Differentialgleichungssystems ẏ(t) = Ay(t) + B(t) mit dem
Anfangswert y(0) = y0 hat für eine konstante lineare Abbildung A die Form
y(t) = y1 (t) + C(t). Es gilt:
(1) y1 (t) = exp(At)y ; entwickelt nach der J ORDAN-Basis von A hat y 1 (t) die
Form:
y1 (t) =
n(s) t(µ,s)
X
XX
s∈E µ=1 κ=0
y(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s)
mit
y(s, µ, κ, t) =
κ
X
y0 (s, µ, ν)
ν=0
tκ−ν st
e .
(κ − ν)!
(2)
C(t) =
Zt
0
=
dτ exp((t − τ )A)B(τ )
n(s) t(µ,s)
XX
X
s∈E µ=1 κ=0
C(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s).
mit
κ
X
1
C(s, µ, κ, t) =
(κ − ν)!
ν=0
Zt
0
dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ ) B(s, µ, ν, τ ).
2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme
49
Die Koeffizienten y0 (s, µ, ν) bzw. B(s, µ, ν, τ ) ergeben sich durch Entwicklung
von y0 bzw. B(τ ) nach der J ORDAN-Basis (A − s) ν eµ (s):
y0 =
n(s) t(µ,s)
X
XX
y0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s)
n(s) t(µ,s)
X
XX
B(s, µ, ν, τ )(A − s)ν eµ (s).
s∈E µ=1 ν=0
B(τ ) =
s∈E µ=1 ν=0
Abschließend berechnen wir noch den Sonderfall, daß B(t) eine einfache periodische
Funktion der Zeit ist:
B(t) = B0 eiωt + B0 e−iωt
mit
B0 =
n(s) t(µ,s)
X
XX
s∈E µ=1 ν=0
B0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s).
Für diesen Fall folgt aus Satz (3):
C(t) = C0 (t) + C0 (t)
(2.10)
mit
C0 (t) =
n(s) t(µ,s)
XX
X
s∈E µ=1 κ=0
C0 (s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s),
(2.11)
und
κ
X
1
C0 (s, µ, κ, t) =
(κ
−
ν)!
ν=0
Zt
0
dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ )+iωτ B0 (s, µ, ν).
Das Integral kann einfach ausgewertet werden:
κ
X
κ−ν zt
d
1
e −1
+iωt
e
B0 (s, µ, ν). (2.12)
C0 (s, µ, κ, t) =
κ−ν
(κ
−
ν)!
dz
z
z=s−iω
ν=0
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
50
Satz 3 erlaubt zunächst die möglichen Bewegungsformen eines dynamischen Systems,
das durch ein homogenes Differentialgleichungssystem mit konstanter Matrix A
beschrieben wird, ganz allgemein zu diskutieren. y(t) = y 1 (t) wird bestimmt durch
die Koeffizienten
y(s, µ, κ, t) =
κ
X
y0 (s, µ, ν)
ν=0
tκ−ν st
e .
(κ − ν)!
Die Zeitabhängigkeit dieser Koeffizienten wird dominiert durch e st , falls Re s 6= 0. In
diesem Fall wachsen die Koeffizienten exponentiell oder sie klingen exponentiell ab, je
nachdem ob Re s >0 oder Re s <0 gilt. Gilt Re s = 0, so kann immer noch polynomiales Wachstum vorliegen und zwar genau dann, wenn die Zahl der Eigenvektoren zum
Eigenwert s kleiner ist, als die algebraische Vielfachheit von s. Genau dann wenn A
diagonalisierbar ist, tritt dieser Fall nicht auf; ist zusätzlich Re s = 0, d.h. s ist imaginär,
sind die Bewegungen des Systems periodisch.
Wird das System durch eine zusätzliche zeitabhängige Kraft B(t) beeinflußt, so
tritt neben der allgemeinen Lösung des homogenen Systems in den Bahnkurven
der Zusatzterm C(t) additiv auf, der durch eine einfache Integration entsteht. Wir
betrachten den zuletzt diskutierten Fall einer periodischen Störung etwas näher: Nach
Formel (2.12) wird C(t) durch die Koeffizienten
C0 (s, µ, κ, t) =
κ
X
ν=0
κ−ν zt
e −1
d
1
+iωt
B0 (s, µ, ν)e
(κ − ν)!
dz κ−ν z
z=s−iω
bestimmt. Falls Re s > 0, wachsen auch diese Koeffizienten exponentiell. Falls
Re s <0, so dominiert die periodische Funktion e −iωt das zeitliche Verhalten. Ist
Re s <0 für alle Eigenwerte s, so verschwindet auch die homogene Lösung für große
Zeiten t; das ganze System schwingt periodisch mit der Frequenz ω, d.h. für große
Zeiten gilt:
y(t) ≈ C(t),
und die Koeffizienten C0 (s, µ, κ, t) erfüllen
C0 (s, µ, κ, t) =
κ
X
ν=0
B0 (s, µ, ν)e
+iωt
−1
s − iω
κ−ν+1
.
(2.13)
Dieser Koeffizient wird für ω = Im s maximal; falls ω variabel ist, beobachtet man
somit ein Anwachsen von C0 (s, µ, κ, t), wenn man sich mit ω dem Wert Im s nähert,
und ein Abklingen, wenn man sich von diesem Wert entfernt. Man spricht in diesem
2.4 Anwendungen
51
Fall vom Resonanzverhalten der Amplitude C 0 (s, µ, κ, t). Falls Re s = 0 gilt, finden
wir statt (2.13) für s = iω:
C0 (s, µ, κ, t) =
κ
X
ν=0
B0 (s, µ, ν)eiωt
tκ−ν+1
.
(κ − ν + 1)!
(2.14)
Dieser Fall wird als Resonanzkatastrophe bezeichnet: Die periodische Bewegung des
Systems mit Kraft B(t) wächst plötzlich polynomial an.
2.4 Anwendungen (Lösung durch Ansatz, Nachbarkurven
einer Sollbahn, Stabilit¨
at von Gleichgewichtslagen)
Die Bedeutung der beiden Hauptsätze für die Mechanik besteht, wie schon mehrfach
betont wurde, vor allem darin, daß sie nach Vorgabe von Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten eine vollständige Vorhersage der Bewegung eines dynamischen
Systems auf Grund der N EWTONschen Gleichungen erlauben.
Für die konkrete Berechnung der Lösung geben diese Sätze keine Vorschrift an. Ein
allgemein gültiges Lösungsverfahren, im Sinne einer Vorschrift, die die Lösung als
analytische Formel angibt, existiert auch nicht. Die beiden Hauptsätze können jedoch
partiell zur Begründung einer vielfach verwendeten Lösungstechnik herangezogen
werden, die man als ”Lösung durch Ansatz” bezeichnet. Zur Illustration starten wir
wieder mit den N EWTONschen Gleichungen für eine Kurve x(t) in V
mẍ = K(x, ẋ, t)
mit einem speziellen Kraftgesetz K = K(x, v, t) und nehmen an, daß eine Lösung
x = x(t, α1 , . . . , αk ) erraten wurde, die von k Parametern abhängt. Für den Prozeß
des Erratens gibt es natürlich kein allgemein gültiges Rezept; gelingt es aber nun
zu zeigen, daß x erstens die N EWTONschen Gleichungen erfüllt und zweitens die
Parameter α1 , . . . , αk stets so gewählt werden können, daß für t = t 0 , x(t0 , α1 , . . . , αk )
und ẋ(t0 , α1 , . . . , αk ) beliebige Anfangswerte annehmen, so ist nach den Hauptsätzen
x(t, α1 , . . . , αk ) tatsächlich die gesuchte allgemeine Lösung. Dies gilt, weil nach den
Hauptsätzen diese Lösung durch die Anfangswerte eindeutig bestimmt ist. (Einige
Beispiele für Lösungen, die durch Ansatz bestimmt werden, finden sich in den
Aufgaben 2.3 und 2.4).
Falls die Kraft die Form m−1 K = A1 (t)x + A2 (t)v + A3 (t) hat, wobei A1 (t)
und A2 (t) lineare Transformationen von V und A 3 (t) ein Vektor in V ist, läßt
sich die allgemeine Lösung in geschlossener Form als Funktion der Anfangswerte
angeben. Das zu den N EWTONschen Gleichungen äquivalente Gleichungssystem für
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
52
y(t) = (x(t), ẋ(t)) ∈ T (V ) lautet in diesem Fall:
ẏ = K̃(t, y)
(2.15)
mit
K̃(t, y) = (v, A1 (t)x + A2 (t)v + A3 (t)) ,
d.h. es gilt:
K̃(t, y) = A(t)y + B(t),
(2.16)
wenn wir (beachte y = (x, v)!) definieren:
A(t)(x, v) = (v, A1 (t)x + A2 (t)v)
B(t) = (0, A3 (t)) ,
d.h. es gilt in Blockmatrixform:
0
1I
A(t) =
,
A1 (t) A2 (t)
B(t) =
0
a3 (t)
.
(2.15) stellt also ein linear inhomogenes Gleichungssystem dar, und wir können zu
diesem Fall die allgemeine Lösung nach den Sätzen 1 und 2 bestimmen. Sie ist für
A3 (t) = 0 eine lineare Funktion der Anfangswerte y 0 = (x(t0 ), ẋ(t0 )) bzw. eine linear
inhomogene Funktion, falls A3 (t) 6= 0 ist. Ein konkretes physikalisches Beispiel
werden wir im nächsten Abschnitt kennenlernen.
Zunächst möchten wir jedoch auch die grundsätzliche Bedeutung der linearen Differentialgleichungssysteme im Zusammenhang mit Näherungslösungen diskutieren.
Häufig ist man nicht sehr an der Kenntnis der allgemeinen Lösung eines konkreten
physikalischen Problems interessiert, sondern nur an der Beschreibung von Bahnkurven, deren Anfangswerte in einem bestimmten Bereich liegen, der physikalisch
vorgegeben ist. In einem Teilchenbeschleuniger werden z.B. geladene Teilchen an einem festen Ort x = x0 + ∆x0 mit Geschwindigkeiten v = v0 + ∆v0 injiziert. ∆x0 und
∆v0 stellen durch den Beschleuniger vorgegebene Abweichungen von den Sollwerten
x0 und v0 dar. Die N EWTONschen Gleichungen lauten allgemein
mẍ = K(x, v, t)
oder als Differentialgleichungssystem 1. Ordnung (y = (x, v)) geschrieben:
ẏ = K̃(y, t)
(2.17)
2.4 Anwendungen
53
mit
K̃(y, t) = (v, m−1 K(x, v, t)),
wobei K jetzt durch die elektromagnetischen Felder des Beschleunigers vorgegeben
ist. Wir setzen jetzt y(t) = y0 (t) + ∆y(t) und bezeichnen mit y0 (t) die sog. Sollbahn
mit den Anfangswerten y0 = (x0 , v0 ). Zwei Probleme sind für das praktische Funktionieren des Beschleunigers von Interesse, nämlich erstens die Form der Sollbahn
y0 (t) = (x0 (t), ẋ0 (t)), die die Geometrie des Beschleunigers bestimmt, und zweitens
die Abweichungen ∆y(t) = (∆x(t), ∆v(t)) als Funktion von ∆x 0 und ∆v0 . Die Form
der Sollbahn erhalten wir durch Bestimmung einer einzigen Bahnkurve, nämlich derjenigen mit den Anfangswerten x0 und v0 . Die Abweichungen ∆x(t) können wir
näherungsweise bestimmen, wenn wir annehmen, daß ∆x(t) während der Bewegung
beschränkt bleibt; in diesem Fall dürfen wir K̃ linear approximieren:
K̃(y, t) = K̃(y0 (t), t) + D K̃(y0 (t), t)∆y(t).
(2.18)
D K̃(y0 (t), t) ist die JACOBImatrix von K̃, ausgewertet auf der Sollbahnkurve. Nach
(2.17) gilt also in dieser linearen Näherung:
ẏ(t) = ẏ0 (t) + ∆ẏ(t) = K̃(y0 (t), t) + D K̃(y0 (t), t)∆y(t).
Da y0 (t) selbst Lösung von (2.17) ist, folgt
∆ẏ(t) = D K̃(y0 (t), t)∆y(t),
(2.19)
d.h. die Abweichungen von der Sollbahn werden in linearisierter Näherung durch
ein lineares Differentialgleichungssystem beschrieben und sind demzufolge lineare
Funktionen der Abweichungen der Anfangswerte ∆x 0 und ∆v0 zur Zeit t =0. Die
Vereinfachungen, die durch die linearisierte Näherung entstehen, sind offenkundig:
Man hat erstens nur die Sollbahn allein zu bestimmen und dann mit der JACOBImatrix
D K̃(y0 (t), t), ausgewertet auf der Sollbahn, die Lösungen des linearen Systems
(2.18), die eine viel einfachere Struktur haben als die Lösungen des ursprünglichen
Problems. Insbesondere läßt sich so eine erste Antwort auf die Frage geben, ob geringfügige Abweichungen ∆x0 und ∆v0 von den Anfangswerten x0 und v0 große
Abweichungen nach endlicher Zeit ergeben oder ob, wie für einen geordneten Beschleunigerbetrieb natürlich unbedingt erwünscht, diese Abweichungen kontrollierbar
klein bleiben.
Das oben geschilderte Verfahren ist offenkundig nicht auf Teilchenbeschleuniger
beschränkt, sondern kann auf ein allgemeines dynamisches System von n Massenpunkten angewandt werden. Die Formeln (2.18) und (2.19) bleiben dann mit
geändertem Vektorfeld K weiter gültig. Interessant ist in diesem Fall die Situation, daß K̃ keine explizite Funktion der Zeit ist und y(t) = y 0 =(x0 , 0) gilt, d.h.
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
54
die Massenpunkte verändern ihre Lage mit der Zeit nicht. Man bezeichnet x 0 als
Gleichgewichtspunkt. Offenbar stellt dann D K̃(y0 ) eine zeitlich konstante lineare
Transformation A dar, und die Lösungen von (2.19) können nach Satz 3 bestimmt
werden. Die möglichen Bewegungen ∆y(t) um die Gleichgewichtslage y 0 = (x0 , 0)
ergeben sich nun direkt aus der allgemeinen Diskussion von Abschnitt 2.3; sie werden
durch die Eigenwerte s von A (d.h. von der JACOBImatrix D K̃(y0 )) bestimmt. Die
Gleichgewichtslage wird nun stabil genannt, falls keine Lösung ∆y(t) mit polynomialem oder exponentiellem Wachstum existiert. Falls A einen Eigenwert mit positivem
Realteil besitzt, ist diese Bedingung nicht erfüllbar. Man kann dann durch eine beliebig kleine Änderung der Anfangswerte eine exponentiell wachsende Lösung erzeugen.
Falls alle Eigenwerte rein imaginär sind, ist prinzipiell auch polynomiales Wachstum
möglich. Stabilität ist in diesem Fall nur dann gegeben, wenn A diagonalisierbar ist.
2.5 Ionenk¨
afige
Lineare Differentialgleichungssysteme spielen, wie im letzten Abschnitt betont wurde,
eine ausgezeichnete Rolle, wenn ein kompliziertes mechanisches Problem näherungsweise gelöst und die Stabilität von Bahnen in der Nähe einer Sollbahn untersucht
werden. Bei hochdimensionalen Systemen ist man auch hier letztlich auf numerische Rechnungen angewiesen. Im Unterschied hierzu gibt uns das Problem der sog.
Ionenkäfige von vornherein ein lineares Differentialgleichungssystem vor, das noch
weitgehend analytisch gelöst werden kann. Es handelt sich darum, geladene Teilchen (Ladung q, Massen m) in einer Kombination von elektrischen Quadrupol- und
magnetischen Dipolfeldern einzufangen und zu speichern. Dieses Problem ist von
grundsätzlicher Bedeutung selbst für ganz aktuelle Fragen der Elementarteilchenphysik, weil ein solcher elektromagnetischer Käfig die einzigartige Möglichkeit bietet, die
elementaren Eigenschaften von geladenen Teilchen im Labor zu studieren.
Die Bewegungsgleichungen des geladenen Teilchens in einem solchen Ionenkäfig
lauten:
mẍ = q(Qx + [ẋ, B]).
Das Quadrupolfeld Qx wird durch eine lineare, selbstadjungierte Abbildung Q :
R3 → R3 mit tr Q = 0 beschrieben, das Magnetfeld durch einen Vektor B. Falls Q
und B periodische Funktionen der Zeit sind (man spricht dann von einem elektromagnetischen Wechselfeld), erhält man eine PAULfalle ; falls Q und B konstant gewählt
werden, liegt einen P ENNINGfalle vor. Wir wollen hier nur die P ENNINGfalle besprechen und betrachten zunächst zwei Spezialfälle:
2.5 Ionenk¨afige
55
Fall a: Q 6= 0, B = 0
Dann lautet die Bewegungsgleichung:
mẍ = qQx.
Dieser Spezialfall kann ohne die allgemeine Lösungstheorie direkt behandelt werden.
Weil Q selbstadjungiert ist, kann Q durch eine Drehung diagonalisiert werden; wir
können also ein kartesisches Koordinatensystem (x 1 , x2 , x3 ) finden, in dem
Qαβ = εα δ αβ
gilt. Die εα sind die Eigenwerte von Q. Die Bewegungsgleichung ist dann äquivalent
zu
ẍα =
q
εα xα ;
m
α = 1, 2, 3.
q
εα >0, (α = 1, 2). Wegen tr Q = 0 gilt dann
Sei m
der Ansatz
xα (t) = cosh(ωα t) xα0 + sinh(ωα t)
x3 (t) = cos(ω3 t) x30 + sin(ω3 t)
v0α
;
ωα
q
m ε3 <0.
Wir verifizieren leicht, daß
(α = 1, 2)
v03
ω3
q
mit (ωα )2 = | m
εα | diese Differentialgleichungen mit den Anfangsbedingungen
α
xα (0) = x0 und ẋα (0) = v0α erfüllt. Die Koordinate x3 (t) wird also eine periodische
Funktion der Zeit; die anderen Koordinaten wachsen dagegen exponentiell an. Falls
q
q
εα < 0 für α = 1, 2 fordern, so gilt m
ε3 > 0 wegen tr Q =0; in diesem Fall sind
wir m
in unserem Lösungsansatz jeweils cosh und sinh durch cos bzw. sin zu ersetzen:
xα (t) = cos(ωα t) xα0 + sin(ωα t)
v0α
;
ωα
x3 (t) = cosh(ω3 t) x30 + sinh(ω3 t)
(α = 1, 2)
v03
ω3
Jetzt gilt, daß x3 (t) exponentiell wächst. Wegen tr Q = 0 liegt für beliebiges Q
einer der betrachteten Fälle stets vor. Für alle reinen Quadrupolfelder wächst also
mindestens eine Teilchenkoordinate stets exponentiell. Ein Quadrupolfeld allein kann
also niemals ein geladenes Teilchen einfangen.
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
56
Fall b: Q = 0, B 6= 0
Die Bewegungsgleichung lautet jetzt:
mẍ = q[ẋ, B].
Wir wählen jetzt ein Koordinatensystem, so daß B 3 = |B|, B α = 0, (α = 1, 2), gilt. Es
folgt mit der Zyklotronfrequenz ω = q|B|/m:
ẍ1 = ω ẋ2 ;
ẍ2 = − ω ẋ1 ;
ẍ3 = 0
d.h.
x3 (t) = x30 + v03 t
und
ẋ1 = ωx2 + a;
ẋ2 = − ωx1 + b;
(a, b ∈ R).
Hieraus leitet man durch Differenzieren der ersten Gleichung nach Substitition von ẋ 2
durch −ωx1 + b ab:
d2
b
b
1
2
1
x −
= −ω x −
,
dt2
ω
ω
woraus
b
x (t) − = cos(ωt)
ω
1
x10
b
−
ω
+ sin(ωt)
v01
ω
folgt. (x1 (0) = x10 und ẋ1 (0) = v01 sind die Anfangswerte). Somit gilt für x 2 :
b
a
v1
1 1
1
2
+ cos(ωt) 0 − .
x (t) = (ẋ − a) = − sin(ωt) x0 −
ω
ω
ω
ω
a und b sind jetzt durch die Anfangswerte von x 2 (t) zu bestimmen:
v01 − a
,
ω
b
2
1
2
ẋ (0) = v0 = −ω x0 −
,
ω
x2 (0) = x20 =
d.h.
a = v01 − ωx20 ,
b = v02 + ωx10 .
2.5 Ionenk¨afige
57
Wir erhalten damit das Endergebnis
x1 (t) = x10 +
v02
v2
v1
− cos(ωt) 0 + sin(ωt) 0
ω
ω
ω
x2 (t) = x20 −
v01
v1
v2
+ cos(ωt) 0 + sin(ωt) 0
ω
ω
ω
x3 (t) = x30 + v03 t.
In der (1 − 2)-Ebene stellt dies eine Drehung dar; diese wird durch eine Bewegung
mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung der dritten Koordinatenachse überlagert.
Insgesamt ergibt sich eine Spirale.
e3
B
e2
e1
Abbildung 2.2: Bewegung in einem homogenen Magnetfeld
Ein Magnetfeld B allein kann ein Teilchen also auch nicht einfangen; es besteht immer
die Möglichkeit, in Richtung des Magnetfeldes selbst zu entwischen.
Fall c: Q 6= 0, B 6= 0
Jetzt betrachten wir den allgemeinen Fall Q 6= 0, B 6= 0 mit
mẍ = q(Qx + [ẋ, B]),
den wir in ein lineares Differentialgleichungssystem erster Ordnung für y = (x, v)
überführen:
ẏ = Ay.
A ist in Blockmatrixschreibweise durch
0
1I
A=
q
q
m Q − m A(B)
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
58
gegeben A(B) ist die schiefadjungierte lineare Transformation (vergl. Aufgabe 1.2):
A(B)h = [B, h] für alle h ∈ R3 .
Die Eigenwerte und Eigenvektoren e(s) von A bestimmen die Bewegungsformen
unseres Systems. Wir schreiben e(s) = (a(s), b(s)), mit a(s), b(s) ∈ R 3 und finden
sofort als Eigenwertgleichung:
b(s) = sa(s),
q
q
Qa(s) − A(B)b(s) = sb(s).
m
m
Hieraus folgt
q
q
Q − s A(B) − s2 I a(s) = 0,
m
m
d.h. es muß zunächst die Bedingung
q
q
det
Q − s A(B) − s2 I = 0
m
m
für die Eigenwerte s erfüllt sein. Diese Determinante läßt sich mit einiger Mühe
berechnen; es ergibt sich
q2
s + 2 |B|2 s4 −
m
6
q3
q3
1 q2
2
2
tr
Q
+
hB,
QBi
s
−
det Q = 0.
2 m2
m3
m3
Zunächst erhalten wir also eine reelle Gleichung dritter Ordnung für s 2 ! Eine solche
Gleichung hat entweder drei reelle Lösungen oder eine reelle Lösung√und zwei
zueinander komplex konjugierte Lösungen λ i . Es gilt für s selbst: s = ± λi ; beide
Vorzeichen sind erlaubt. Falls also nicht alle λ i die Bedingung λi < 0 erfüllen so gibt es
stets einen Eigenwert s mit Re s > 0 bzw. s = 0. Nach Abschnitt 2.3 führt dies zu einer
reichlich unbeschränkten Bewegung; damit also unser Ionenkäfig nur beschränkte
Bewegungen der geladenen Teilchen erlaubt, also eine echte Falle darstellt, dürfen
in der letzten Gleichung nur negative Lösungen λ i = s2 auftreten, d.h. alle Eigenwerte
s sind selbst rein imaginär. Es muß dann gelten:
3
Y
i=1
2
s − λi
q2
= s + 2 |B|2 s4 −
m
6
q3
q3
1 q2
2
2
tr
Q
+
hB,
QBi
s
−
det Q.
2 m2
m3
m3
2.5 Ionenk¨afige
59
woraus folgt:
−(λ1 + λ2 + λ3 ) =
q2
|B|2 ,
m2
λ1 λ2 + λ 1 λ3 + λ 2 λ3 = −
−λ1 λ2 λ3 = −
q3
1 q2
2
tr
Q
−
hB, QBi,
2 m2
m3
q3
det Q.
m3
Damit λi < 0 gilt, müssen die rechten Seiten dieser Gleichungen > 0 sein. Das
ist eine notwendige Bedingung an Q und B. Die notwendigen und hinreichenden
Bedingungen erhält man vollständig, wenn man die Wurzeln λ i als Funktion von Q
und B nach den C ARDANischen Formeln bestimmt.
Für das Design einer P ENNINGfalle kann man umgekehrt vorgehen: Man gibt die
negativen Zahlen λi vor und bestimmt Q und B aus den letzten Gleichungen.
Diese Gleichungen schränken die Form von Q und B lediglich ein und legen diese
Größen noch nicht vollständig fest. Es gibt also einen erlaubten Variationsbereich der
Quadrupol- und Magnetfelder, in dem die P ENNINGfalle immer noch stabil arbeitet.
Aus den negativen Wurzeln λi kann man die Eigenwerte
s = sk = ± |λk |,
k = 1, 2, 3
gewinnen und damit auch die Eigenvektoren von A bestimmen. Nach Abschnitt (2.3)
erhält man damit die komplette Beschreibung aller Teilchenbahnen. Analytisch gelingt
dies allerdings nur in einem Spezialfall (vgl. Aufgabe 2.4).
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
60
Aufgabe 2.2 — Lösungen von Differentialgleichungssystemen
Sei V reeller Vektorraum und Z(t) : V → V eine (einparametrige) Schar von
linearen Abbildungen, die in einem offenen Intervall I, das die Null enthält, stetig
differenzierbar von t abhängen. Es gelte die Differentialgleichung Ż(t) = A(t)Z(t)
mit Z(0) = I und A(t) : V → V linear.
a) Benutzen Sie die Resultate von Aufgabe 1.1, um zu zeigen, daß
det Z(t) = exp
Zt
dτ tr A(τ )
0
b) Zeigen Sie: Das Differentialgleichungssystem
ẏ(t) = A(t)y(t)
mit dem Anfangswert y(0) = y0 , besitzt genau die Lösung:
y(t) = Z(t)y0 .
Hinweis: Zeigen Sie zuerst, daß Z(t) invertierbar ist und
d
Z(t)−1 = − Z(t)−1 A(t).
dt
Benutzen Sie dieses Resultat, um zu zeigen, daß y(t) eindeutig ist.
Aufgabe 2.3 — Lösung von Differentialgleichungssystemen (DGS) durch
Ansatz
Sei V = R3 mit üblicher Metrik, Volumenform und Standardbasis. Seien B, D, Q
lineare Abbildungen von V nach V und ω ∈V . Gegeben sei das DGS für eine Kurve
x(t) in V :
ẍ = Qx + D ẋ + [ω, ẋ]
mit den Anfangsbedingungen x(0) = x 0 , ẋ(0) = ẋ0
a) Zeigen Sie, daß für folgende Spezialfälle das obige DGS durch die angegebenen
Lösungsansätze befriedigt wird:
Übungen
i)
61
Sei D = 0, ω = 0, Qαβ = (λα )2 δ αβ , λα ∈ R:
1
sinh(λα t)ẋα0
λα
Der harmonische Oszillator : Sei D =0, ω = 0, Q αβ = − (ω α )2 δ αβ , ω α ∈ R:
1
Ansatz:
xα (t) = cos(ω α t)xα0 + α sin(ω α t)ẋα0
ω
Sei D = 0, ω = 0, Q = − B 2 (also Q negativ definit), B t = B:
Ansatz:
x(t) = cos(Bt)x0 + sin(Bt)B −1 ẋ0
Bewegung mit Reibungskraft: Q = 0, ω = 0, D αβ = − dα δ αβ , dα ∈ R:
1
Ansatz:
xα (t) = xα0 + α (1 − exp(−dα t)) ẋα0
d
Bewegung in einem homogenen Magnetfeld unter Einfluß der L ORENTZkraft: Q = 0, D = 0, ω = − q · B/m (q, m Ladung und Masse eines Teilchens
im Magnetfeld B)
< ω, ẋ0 >
[ω, ẋ0 ]
+
ωt + x0 ,
Ansatz:
x(t) = (1 − exp(A(ω)t))
2
|ω|
|ω|2
wobei A(ω)v = [ω, v] für alle v ∈ V .
xα (t) = cosh(λα t)xα0 +
Ansatz:
ii)
iii)
iv)
v)
b) Zeigen Sie, daß das DGS ẍ = Qx + D ẋ + [ω, ẋ] gelöst werden kann durch den
Ansatz:
x(t) = F (t)g(t),
F : V → V ; g(t) eine Kurve in V ;
wobei
F (t) = exp
1
(D + A(ω))t
2
und g(t) dem DGS
g̈ =
F
−1
(D + A(ω))2
QF +
4
g
genügt.
Aufgabe 2.4 — Bewegung eines Massenpunktes in elektromagnetischen
Feldern
Betrachtet wird die Bahn x(t) eines Massenpunktes (Masse m, Ladung q > 0) in einem
statischen elektromagnetischen Feld (E(x), B(x)). Bestimmen Sie x(t) mit x(0) = x 0 ,
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
62
ẋ(0) = ẋ0 für die Bewegung:
mẍ = qE − q[B, ẋ]
a) innerhalb einer homogen negativ geladenen Kugel mit Radius R, wo E(x) = −
x
E0 R
, B =0 (E0 ∈R+ ). Für welche Anfangsbedingungen ist dies eine Kreisbewegung?
b) in einem homogenen Magnetfeld E =0, B(x) = B 0 . Diskutieren Sie den Bewegungsablauf.
c) in einem sog. P ENNINGkäfig(i) , mit einem elektrischen Quadrupolfeld E = ER0 (x1 , x2 , −2x3 )
und einem Magnetfeld B = (0, 0, B0 ). Diskutieren Sie die Bedingung, für die die
0
Bewegung beschränkt ist, in Abhängigkeit der Parameter ω c = qB
m (der sog. ZyqE0
2
klotronfrequenz) und ω0 = mR .
Aufgabe 2.5 — Lösung mit J ORDANscher Normalform
Wir betrachten die eindimensionale Bewegung eines Massenpunktes x(t) ∈ R. Dieser
kann verschiedenen Kräften unterworfen sein, die vom Weg x und der Geschwindigkeit ẋ abhängen oder auch unabhängig von beiden sind. Eine einfache lineare
Wegabhängigkeit wird z.B. durch die Rückstellkraft einer Feder gegeben. Durch Reibungseffekt wird im einfachsten Fall eine linear von der Geschwindigkeit abhängige
Kraft induziert. Zusätzliche wirke eine zeitabhängige Störung k(t). Die Bewegung
kann durch folgende Gleichung beschrieben werden:
mẍ = − mω02 x − 2mD ẋ + k(t)
ω0 , D > 0
Nach der Vorschrift der Vorlesung führen wir diese Gleichung in ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung über, mit
x
y=
v
K=
0
k(t)
m
a) Zeigen Sie:
ẏ = Ay + K mit A =
(i)
0
1
2
−ω0 −2D
siehe z.B. W. PAUL: Elektromagnetische K¨afige für geladene und neutrale Teilchen“, Phys. Bl. 46
”
(1990) 227
Übungen
63
Nach der allgemeinen Lösungstheorie (siehe Absatz 2.3) gilt (o.B.d.A. t =0):
At
y(t) = e y0 +
Zt
0
dt0 eA(t−t ) K(t0 ),
0
wobei y0 =y(0) der Anfangswert der Bewegung ist, d.h.
x0
y0 =
, x0 Anfangspunkt, v0 Anfangsgeschwindigkeit .
v0
b) Fassen Sie A als komplexe Transformation auf.
1) Bestimmen Sie die Eigenwerte zi (i = 1,
2).
1
2) Sei z1 6= z2 . Zeigen Sie, daß ei =
, (i = 1, 2) Eigenvektor von A ist.
zi
0
3) Sei z1 = z2 = z. Zeigen Sie, daß A bezüglich der Vektoren e 1 =
,
1
1
e2 =
J ORDANsche Normalform hat, d.h. zeigen Sie, daß
z
(A − z)e1 = e2 und (A − z)e2 = 0. P
z1
Hinweis: Aeα = β Aβα eβ , zu zeigen Aβα =
für obige Basis.
0z
c) Bezüglich dieser Basen gilt:
y0 =
X
cα (y0 )eα und K(t) =
α
X
K α (t)eα .
α
Berechnen Sie jeweils cα (y0 ) und K α (t).
d) Benutzen Sie (c) zur Berechnung folgender Ausdrücke bezüglich der obigen
Basen:
1) exp(At)y
0;
Rt
2)
exp
A(t
− t0 )K(t0 ) dt0 ;
0
3) Bestimmen Sie y(t).
e) Diskutieren Sie die Bewegung für Fälle ω 0 >D, ω0 =D, ω0 < D, d.h. bestimmen
Sie, für welche Fälle die Bewegung beschränkt bleibt. Untersuchen Sie:
1) k(t) = 0;
2) k(t) = α sin ωt, α, ω ∈ R;
Zeigen Sie, daß in Fall (2) für große positive Zeiten gilt:
y(t) = beiωt + be−iωt
b∈C
64
2 Lösung der Bewegungsgleichungen
Bestimmen Sie b als Funktion von α und ω 0 .
65
3
Das H AMILTONsche Prinzip
3.1 Arbeit, Potential, L AGRANGEfunktion
Wir betrachten ein n-Teilchensystem, das durch die N EWTONschen Gleichungen
mẍ = K(x, t),
(x = (x1 , . . . , xn ) ∈ R3n und m die Massenmatrix) mit einer nur von Ort und Zeit
abhängigen Kraft bestimmt ist. Wir wählen zu einer festen Zeit t eine Kurve
y(τ ), τ ∈ [a, b] und ordnen y das Integral
A(y, t) =
Zb
a
hK(y(τ ), t), ẏ(τ )i dτ
(3.1)
zu. A heißt die von der Kraft K entlang der Kurve y verrichtete Arbeit. Unter dem
Integral steht das Skalarprodukt der zwei Vektoren K(y(τ ), t), ẏ(τ ) ∈ V , das wir noch
definieren müssen:
Für beliebige Vektoren v, w ∈ V , v = (v 1 , . . . , vn ), w = (w1 , . . . , wn ), vi , wi ∈R3 gilt
hv, wi =
X
i
hvi , wi i.
(3.2)
Falls die Kraft K die Eigenschaft besitzt:
A(y, t) = A(y 0 , t)
(3.3)
für alle Kurven y, y 0 mit y(a) = y 0 (a), y(b) = y 0 (b) (d.h. die Arbeit ist wegunabhängig),
so läßt sich eine eindeutige Funktion U : V × R → R durch die Formel
U (x, t) = − A(y, t)
(3.4)
erklären, wobei y(τ ) irgendeine Kurve mit y(a) = y 0 (y0 fest) und y(b) = x, (x
variabel) ist.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
66
Wegen (3.3) hängt U nicht von der speziellen Wahl der Kurve y(τ ) ab. Aus (3.1) folgt
ferner:
K = − ∇U.
U heißt das Potential der Kraft K. Ein spezielles Beispiel für ein Potential ist uns
bereits bei der Diskussion der n-Teilchensysteme mit
K = (K1 , . . . , Kn ),
Ki =
X
i6=j
(xi − xj )fij (|xi − xj |).
(3.5)
begegnet. In diesem Fall gilt nämlich
K = − ∇U
mit
U=
X
i<j
Vij (|xi − xj |),
wobei Vij (r) eine Stammfunktion von −rfij (r) ist. Ein anderes Beispiel ist die
Quadrupolkraft des letzten Abschnitts:
K = qQx.
Für diese Kraft lautet das Potential:
q
U = − hx, Qxi.
2
Für das n-Teilchensystem mit den Kräften (3.5) galt der Energiesatz:
X1
i
2
mi |ẋi |2 +
X
i<j
Vij (|xi − xj |) = E = const.,
d.h. in unserer neuen kompakten Schreibweise gilt:
1
hẋ, mẋi + U (x) = E = const..
2
Wir betrachten jetzt eine andere Kombination von kinetischer Energie und Potentialfunktion, die sog. L AGRANGE-Funktion L(x, v, t):
1
L(x, v, t) = hv, mvi − U (x, t)
2
(3.6)
3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung
67
und ordnen jeder Kurve y(t) die reelle Zahl (abhängig von t 1 und t2 )
S(y) =
Zt2
L(y(t), ẏ(t), t) dt,
Zt2
L(y, ẏ, t) dt,
t1
( kurz
S(y) =
t1
geschrieben) zu. Hierbei ist y(t) nicht notwendigerweise eine Lösungskurve der N EW TONschen Gleichungen! S heißt das zu L gehörige Wirkungsfunktional oder kurz die
Wirkung . Sei C die Menge aller Kurven mit
y(t1 ) = x1 ,
y(t2 ) = x2 ,
(x1 , x2 ∈ V feste Vektoren)
und sei x(t) die tatsächliche Bahnkurve des n-Teilchensystems mit x(t 1 ) = x1 ,
x(t2 ) = x2 . Wir wollen nun im nächsten Abschnitt die folgenden Aussage beweisen:
Unter allen Kurven y(t) ∈ C stellt x(t) ein Extremum von S(y) dar und die
Bewegungsgleichungen selbst folgen aus dieser Extremaleigenschaft.
3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten
Wirkung
Wir wollen zunächst präzisieren, was unter dem Begriff Extremum von S“ genau zu
”
verstehen ist. Dazu sei L0 (x, v, t) zunächst eine beliebige reelle Funktion auf T (V )×R
und
0
S (y) =
Zt2
t1
L0 (y, ẏ, t) dt für alle y ∈ C.
Sei δx(t) eine Kurve mit δx(t) = 0 in einer offenen Umgebung von t 1 und von t2 und
sei C0 die Menge aller dieser Kurven. Setze y α (t) = x(t) + αδx(t).
3 Das H AMILTONsche Prinzip
68
Definition:
x heißt Extremum von S 0 oder Extremalkurve zur L AGRANGEfunktion L 0 , falls
d 0
S (yα )
= 0 für alle δx ∈ C0 .
dα
α=0
(3.7)
(3.7) ist genau die notwendige Bedingung, die man für ein Extremum einer Funktion
von α an der Stelle α = 0 zu fordern hat. Für α = 0 ist aber y α (t) = x(t). Falls δx
in C0 variiert, wird wegen yα (t) = x(t) + αδx(t) die Gesamtheit der Kurven in C
ausgeschöpft. Damit ist genau präzisiert, was unter einer Extremalkurve von S 0 zu
verstehen ist.
Wir haben mit Absicht die Form der Funktion L 0 noch nicht auf die spezielle Gestalt
(3.6) eingeschränkt, weil wir später auch allgemeinere L AGRANGE-Funktionen als die
des letzten Abschnitts benutzen werden. Wir bleiben in dieser allgemeinen Form und
beweisen jetzt die
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen:
x ist Extremalkurve zur L AGRANGE-Funktion L 0 ⇔
x
d v 0
0
∇ L (x, ẋ, t) = ∇ L (x, ẋ, t),
dt
(3.8)
x
v
In (3.8) sind ∇ L0 (x, ẋ, t) und ∇ L0 (x, ẋ, t) Vektoren mit den Komponenten
∂L0
∂L0
(x,
ẋ,
t)
bzw.
(x, ẋ, t),
∂viα
∂xαi
d.h. ausgeschrieben lautet (3.8):
∂L0
d ∂L0
(x(t),
ẋ(t),
t)
=
(x(t), ẋ(t), t),
dt ∂viα
∂xαi
weis:
d
d 0
S (yα ) =
dα
dα
Zt2
t1
L0 (yα , ẏα , t) dt
(i = 1, . . . , n; α = 1, 2, 3)
Be-
3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung
=
Zt2 t1
=
Zt2 t1
69
x
v
d
d
0
0
yα , ∇ L (yα , ẏα , t) +
ẏα , ∇ L (yα , ẏα , t)
dt
dα
dα
d v 0
δx, ∇ L (yα , ẏα , t) −
∇ L (yα , ẏα , t)
dt
x
0
!
E
v
d D
0
+
δx, ∇ L (yα , ẏα , t)
dt
dt
d
yα (t) = δx(t)). Den zweiten Term können wir sofort integrieren und
(wegen dα
erhalten wegen δx = 0 in einer Umgebung von t 1 und t2 keinen Beitrag zu
dS 0
dα (yα ). Setzen wir ferner α = 0 und beachten y α (t)|α=0 = x(t) so folgt also:
Zt2 x
dS 0
d v 0
0
(yα )
=
δx(t), ∇ L (x(t), ẋ(t), t) −
∇ L (x(t), ẋ(t), t) dt
dα
dt
α=0
t1
wobei wir hier die Zeitabhängigkeit unter dem Integral voll ausgeschrieben
haben. Die rechte Seite verschwindet für alle δx(t) dann und nur dann, wenn
x
d v 0
0
∇ L (x, ẋ, t) = ∇ L (x, ẋ, t)
dt
2
Wir wollen jetzt zeigen, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für
L0 (x, v, t) = L(x, v) =
1
hv, mvi − U (x)
2
mit dem N EWTONschen Gleichungen übereinstimmen: Wir finden sofort:
v
x
∇ L(x, ẋ) = mẋ und ∇ L(x, ẋ) = − ∇U (x),
d.h. die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGEfunktion L lauten:
d
mẋ = − ∇U (x)
dt
und sind daher mit den N EWTONschen Gleichungen identisch.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
70
Die Behauptung am Schluß des letzten Abschnitts ist damit bewiesen: Die Bahnkurven unseres n-Teilchensystems sind Extremalkurven der Wirkung S und die
Bewegungsgleichungen folgen aus dieser Extremaleigenschaft.
Die Herleitung der Bewegungsgleichungen aus der Bedingung, daß die Wirkung
einer L AGRANGE-Funktion für die Bahnkurven eines dynamischen Systems extremal werden soll, heißt H AMILTONsches Prinzip oder Prinzip der kleinsten
Wirkung .
Zunächst haben wir damit nichts Neues gewonnen und nur die Bewegungsgleichungen
als E ULER-L AGRANGE-Gleichungen von L redefiniert. In den nächsten Abschnitten
werden wir nun zeigen, daß dieses Prinzip die Lösung einer Vielzahl von Problemen
der Mechanik entscheidend vereinfacht.
3.3 Mathematische Konsequenzen des
H AMILTONschen Prinzips
Wir benötigen zunächst eine Reihe von rein mathematischen Sätzen:
Lemma 1:
Seien
und
reelle Funktionen auf T (V ) × R; W eine reelle
Funktion auf V × R. Es gelte für alle Kurven y(t):
L00 (x, v, t)
L0 (x, v, t)
d
L (y(t), ẏ(t), t) = L (y(t), ẏ(t), t) + W (y(t), t)
dt
00
0
Behauptung: Dann stimmen die Extremalkurven von L 00 und L0 überein.
weis:
00
S (y) =
=
Zt2 t1
Zt2
t1
L00 (y, ẏ, t) dt
d
L (y, ẏ, t) + W (y, t) dt = S 0 (y) + [W (y(t), t)]tt21
dt
0
Be-
3.3 Mathematische Konsequenzen
71
für alle Kurven y(t). Speziell für y α (t) = x(t) + αδx(t) gilt also:
d 00
d 0
S (yα ) =
S (yα ),
dα
dα
da δx(t) in einer Umgebung von t1 und t2 verschwindet. Also folgt:
dS 00 (yα ) =0
dα
α=0
⇔
dS 0 (yα ) =0
dα
α=0
d.h. die Extremalkurven von S 0 und S 00 stimmen überein.
2
Bemerkung:
0
Die Abbildung L0 → L00 = L0 + dW
dt heißt Eichtransformation von L . Der
dW
Zusatzterm dt hat nach Lemma 1 kein Einfluß auf die Extremalkurven.
Lemma 2:
Seien Ω offen in R3n , T (Ω) = Ω × R3n , L00 (q, vq , t) reelle Funktion auf T (Ω) × R,
L0 reelle Funktion auf T (V ) × R und W reelle Funktion auf V × R. Sei ϕ t :
Ω → Ω0 ⊂ V eine zeitabhängige Familie von Diffeomorphismen. Für alle Kurven
q(t) in Ω gelte
d
L (q, q̇, t) = L (y, ẏ, t) + W (y, t),
dt
00
0
wobei y(t) durch y(t) = ϕt (q(t)) definiert ist.
Behauptung: Dann ist q(t) genau dann Extremalkurve von L 00 , wenn y(t) = ϕt (q(t))
Extremalkurve von L0 ist.
weis:
Völlig analog zum Beweis von Lemma 1 zeigt man für alle Kurven
qα (t) = q(t) + αδq(t):
d 00
d 0
S (qα )|α=0 =
S (yα )|α=0 für yα (t) = ϕt (qα (t)),
dα
dα
wobei S 00 und S 0 wieder die zu L00 bzw. L0 gehörenden Wirkungsfunktionale bezeichnen. q(x) ist also genau dann Extremalkurve von L 00 , wenn
Be-
3 Das H AMILTONsche Prinzip
72
y(t) = ϕt (q(t)) Extremalkurve von L0 ist.
2
Bemerkung:
Offensichtlich gilt Lemma 2 auch unter der Voraussetzung
L00 (q, q̇, t) = L0 (y, ẏ, t) +
d 0
W (q, t)
dt
mit einer reellen Funktion W 0 auf Ω × R. Weder der Zusatz
d
der Zusatz dt
W 0 (q, t) beeinflussen die Extremalkurven.
d
dt W (y, t)
noch
Den Raum T (Ω) = Ω × R3n , auf dem L00 definiert ist, wollen wir wieder den
Tangentialraum von Ω nennen, so wie wir es mit T (V ) = V × R 3n getan haben. Die
Koordinaten (q 1 , . . . , q 3n ) von q werden als generalisierte Koordinaten bezeichnet,
die Koordinaten (vq1 , . . . , vq3n ) von vq als generalisierte Geschwindigkeiten .
Satz 1:
Sei ϕt : V → V eine Familie von zeitabhängigen Diffeomorphismen, L 0 (x, v, t)
reelle Funktion auf T (V ) × R, W reelle Funktion auf V × R. Für alle Kurven x(t)
gelte:
L0 (y, ẏ, t) = L0 (x, ẋ, t) +
d
W (x, t)
dt
mit
y(t) = ϕt (x(t))
und wir nennen ϕt eine Symmetrietransformation von L 0 .
Behauptung: Falls x(t) Extremalkurve ist, so gilt dies auch für y(t).
weis:
Der Beweis folgt unmittelbar aus Lemma 1 und 2, wenn L 00 = L0 gesetzt wird.
2
Be-
3.3 Mathematische Konsequenzen
73
Satz 2: (N OETHER-Theorem)
Sei ϕtα eine Diffeomorphismenschar, die zusätzlich noch von dem reellen Parameter
α abhängt mit ϕtα=0 = I. Es gelte, analog zu Satz 1,
L0 (yα , ẏα , t) = L0 (x, ẋ, t) +
d
Wα (x, t)
dt
(3.9)
Be-
mit yα (t) = ϕtα (x(t)) und einer Schar Wα von reellwertigen Funktionen auf V × R
für alle Kurven x(t).
Behauptung: Falls x(t) Extremalkurve von L 0 ist, gilt:
weis:
v
d
d
yα (t)
, ∇ L0 (x(t), ẋ(t), t) −
Wα (x(t), t)
= const..
dα
dα
α=0
α=0
Wir differenzieren (3.9) nach α:
d 0
d d
d d
L (yα , ẏα , t) =
Wα (x, t) =
Wα (x, t).
dα
dα dt
dt dα
Nun gilt:
x
v
d
d
d 0
0
0
L (yα , ẏα , t) =
yα , ∇ L (yα , ẏα , t) +
ẏα , ∇ L (yα , ẏα , t)
dα
dα
dα
x
d
d v 0
0
=
yα , ∇ L (yα , ẏα , t) −
∇ L (yα , ẏα , t)
dα
dt
v
d
d
+
yα , ∇ L0 (yα , ẏα , t) .
dt dα
Für α = 0 ist yα = x(t); da x(t) Extremalkurve sein soll, gelten die E ULERL AGRANGE-Gleichungen, und der erste Term verschwindet deshalb für α = 0.
Also ist
v
d
d d
d
d 0
0
=
, ∇ L (x, ẋ, t) =
L (yα , ẏα , t)
yα Wα (x, t)
dα
dt dα
dt dα
α=0
α=0
α=0
2
3 Das H AMILTONsche Prinzip
74
Die einparametrige Schar von Abbildungen ϕ tα : V → V mit
L0 (yα , ẏα , t) = L0 (x, ẋ, t) +
d
Wα (x, t)
dt
nennen wir eine einparametrige Schar von Symmetrietransformationen von
L0 . Falls Wα = 0 und zusätzlich ϕtα ◦ ϕtβ = ϕtα+β gilt, sprechen wir von einer
einparametrigen Invarianzgruppe von L 0 .
Falls
∂L0
∂t (x, v, t) = 0,
Lemma 3:
so gilt für jede Extremalkurve x(t) von L 0 :
Be-
D
E
v
ẋ(t), ∇ L0 (x(t), ẋ(t)) − L0 (x(t), ẋ(t)) = const.
weis:
0
0
0
0
Wegen ∂L
∂t (x, v, t) = 0 ist L nicht explizit zeitabhängig: L = L (x, v). Die
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für x(t) liefern:
D x
E
d v 0
0
ẋ,
L
(x,
ẋ)
=
ẋ,
L
(x,
ẋ)
;
∇
∇
dt
v
addiert man auf beiden Seiten dieser Gleichung den Term hẍ, ∇ L0 (x, ẋ)i, so
folgt für die linke Seite
D
E
E
v
d D v 0
d v 0
0
ẋ,
ẋ, ∇ L (x, ẋ)
∇ L (x, ẋ) + ẍ, ∇ L (x, ẋ) =
dt
dt
und für die rechte Seite
D x
E D v
E
d
ẋ, ∇ L0 (x, ẋ) + ẍ, ∇ L0 (x, ẋ) = L0 (x, ẋ);
dt
also gilt:
E
d D v 0
d
ẋ, ∇ L (x, ẋ) = L0 (x, ẋ)
dt
dt
2
3.4 Symmetrietransformationen
75
3.4 Physikalische Konsequenzen des
H AMILTONschen
Prinzips: Symmetrietransformationen
Wir wollen uns zunächst mit Anwendungen der Sätze 1 und 2 sowie vom Lemma 3
beschäftigen. Dazu betrachten wir die Standard-L AGRANGE-Funktion:
L(x, v) =
1
hv, mvi − U (x)
2
für ein n-Teilchensystem mit Potential
X
U (x) =
Vij (|xi − xj |).
i6=j
Wir haben im ersten Kapitel bereits gezeigt, daß für ein solches System Impuls,
Schwerpunkt, Drehimpuls und Energie Integrale der Bewegung darstellen und daß die
G ALILEI-Transformationen auf den Bahnkurven operieren: Sie transformieren jede
Bahnkurve wieder in eine erlaubte Bahnkurve. Mit Hilfe der Sätze 1,2 und Lemma 3
werden wir nun zeigen, daß diese beiden Phänomene nicht unabhängig voneinander
existieren, sondern einander bedingen.
Dazu seien h, a, b ∈ R3 , O ∈ SO(3) und hierdurch eine G ALILEI-Transformation
ϕ̃t (h) = Oh + a + bt wie in Kapitel 1 erklärt. Wir definieren ϕ t : V → V durch
ϕt (x) = (ϕ̃t (x1 ), . . . , ϕ̃t (xn )) = (Ox1 + a + bt, . . . , Oxn + a + bt).
Es gilt
d t
ϕ (x(t)) = (O ẋ1 + b, . . . , O ẋn + b)
dt
und
d.h.
t
ϕ̃ (xi ) − ϕ̃t (xj ) = |xi − xj |,
Vij (|ϕ̃t (xi ) − ϕ̃t (xj )|) = Vij (|xi − xj |)
Für die Kurve y(t) = ϕt (x(t)) folgt somit:
X
1
M 2
L(y, ẏ, t) = hẋ, mẋi − U (x) +
mi hb, O ẋi +
|b|
2
2
i
(3.10)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
76
= L(x, ẋ) +
d
W (x, t)
dt
mit
M 2
|b| t.
W (x, t) = M O −1 b, R(t) +
2
R ist dabei der Schwerpunkt und M die Gesamtmasse des n-Teilchensystems wie in
Kapitel 1. Jede G ALILEI-Transformation definiert also eine Symmetrietransformation
von L. Die Voraussetzungen von Satz 1 sind erfüllt, und wir schließen (da wir wissen, daß die N EWTONschen Gleichungen mit den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen
übereinstimmen):
Jede Bahnkurve des n-Teilchensystems wird durch eine G ALILEI-Transformation
in eine andere Bahnkurve überführt.
In Gleichung (3.10) ersetzen wir jetzt a, b und O durch αa, αb und exp(αA(ω)),
wobei (mit ω ∈ R3 ) A(ω) die zugehörige antisymmetrisch lineare Abbildung nach
Abschnitt 1.4.1 bezeichnet. Wir erhalten damit eine von α abhängige Schar von
t
Transformationen ϕtα von V
mit ϕα=0 = I. Nach obiger Rechnung gilt für y α (t) =
t
t
ϕ̃α (x1 (t)), . . . , ϕ̃α (xn (t)) :
L(yα , ẏα , t) = L(x, ẋ, t) +
d
Wα (x, t)
dt
mit
Wα (x, t) = M α hexp (−αA(ω)) b, Ri +
M 2 2
α |b| t.
2
Die Voraussetzungen des N OETHER-Theorems (Satz 2) sind also erfüllt. Zu berechnen
sind:
d
= M hb, R(t)i,
Wα (x, t)
dα
α=0
d
= (A(ω)x1 (t) + a + bt, . . . , A(ω)xn (t) + a + bt)
yα (t)
dα
α=0
= ([ω, x1 (t)] + a + bt, . . . , [ω, xn (t)] + a + bt) ,
sowie
v
∇ L(x, ẋ) = mẋ,
3.4 Symmetrietransformationen
77
und es gilt nach Satz 2:
v
d
d
const. =
yα (t)
, ∇ L(x, ẋ) −
Wα (x(t), t)
dα
dα
α=0
α=0
=
X
i
mi (hω, [xi (t), ẋi (t)]i + ha, ẋi (t)i + thb, ẋi (t)i) − hb, M R(t)i
= hω, L(t)i + ha, P (t)i + hb, P (t)t − M R(t)i,
wobei L und P nach Kapitel 1 den Gesamtdrehimpuls bzw. den Gesamtimpuls des
Systems bezeichnen. Wir können nun ω, a und b völlig beliebig wählen. Es folgt also
als Konsequenz des N OETHERschen Theorems:
L(t), P (t) und
1
M P (t)t
− R(t) sind Integrale der Bewegung.
Wählen wir für ω, a oder b jeweils einen Basisvektor e µ der Standardbasis des R3 ,
so erhalten wir für ϕ̃tα eine einparametrige Untergruppe der G ALILEIgruppe und als
zugehörige Erhaltungsgröße die Komponenten L µ , P µ oder R(0)µ =(tP/M − R(t))µ
des Drehimpulses, Impulses oder des Schwerpunktes.
Für die volle G ALILEI-Gruppe sind noch die Zeittranslationen als einparametrige
Untergruppe zu betrachten. Diese lassen L invariant, da L keine explizite Funktion
der Zeit ist. Es gilt somit ∂L
∂t = 0 und aus Lemma 3 folgt:
D
E
v
1
ẋ, ∇ L(x, ẋ) − L(x, ẋ) = hẋ, mẋi + U (x) = const.
2
Auf der rechten Seite erscheint die Gesamtenergie, die auf Grund von Lemma 3
erhalten ist(i) .
Man kann jetzt unsere Betrachtungen der G ALILEI-Gruppe kurz wie folgt zusammenfassen: G ALILEI-Transformationen sind Symmetrietransformationen der L AGRANGEFunktion L, und deshalb transformieren sie die Bahnkurven unseres Systems von
Massenpunkten wieder in erlaubte Bahnkurven. Daß G ALILEI-Transformationen
Symmetrietransformationen von L sind, ist gleichfalls die tiefere Ursache der Erhaltung von Gesamtdrehimpuls, Gesamtimpuls, Schwerpunkt und Energie.
(i)
Im Sinne des letzten Abschnitts definiert ϕtα für β = eµ und a = ω = 0 eine einparametrige Schar
von Symmetrietransformationen und für die anderen F¨alle jeweils eine einparametrige Invarianzgruppe
von L. H¨aufig wird in der Literatur nur der letzte Fall diskutiert und auch Satz 2 nur für Invarianzgruppen
allein formuliert. Eine einheitliche Behandlung der G ALILEI-Gruppe, wie wir sie hier vorlegen, ist damit
natürlich ausgeschlossen.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
78
Das N OETHER-Theorem verspricht nun allerdings noch mehr, nämlich, daß für
jede einparametrige Schar von Symmetrietransformationen einer vorgegebenen
L AGRANGE-Funktion L0 eine solche Erhaltungsgröße vorliegt. Sollten wir uns überdies einmal dazu entschließen, andere Raum-Zeit-Transformationsgruppen als die
G ALILEIgruppe zuzulassen, so gibt uns dieses Theorem die Möglichkeit, die entsprechenden Erhaltungsgrößen direkt zu berechnen.
3.5 Generalisierte Koordinaten
Wir wollen jetzt die Konsequenzen von Lemma 2 näher diskutieren und beginnen mit
der Frage, was die Bedingung
L00 (q, q̇, t) = L0 (y, ẏ, t) +
d
W (y, t)
dt
(3.11)
für die Funktionen L00 , L0 und W selbst bedeutet. Erinnern wir uns: Gleichung (3.11)
soll für jede Kurve q(t) gelten und y(t) ist durch eine zeitabhängige Schar von
Diffeomorphismen ϕt : Ω → Ω0 , (Ω ⊂ R3n , Ω0 ⊂ V ) aus q(t) entstanden:
y(t) = ϕt (q(t)).
Also ist ẏ(t) = Dϕt (q(t)) q̇(t)) +
∂
∂t ϕ(q(t)
, und (3.11) lautet, voll ausgeschrieben:
∂ϕt
(q(t)), t
L (q(t), q̇(t), t) = L ϕ (q(t)), Dϕ (q(t))(q̇(t)) +
∂t
∂ϕt
∂W t
t
t
+ Dϕ (q(t))(q̇(t)) +
(q(t)), ∇W (ϕ (q(t)), t) +
(ϕ (q(t)), t).
∂t
∂t
00
0
t
t
(3.12)
Damit diese Identität für alle Kurven q(t) gilt, muß zu jedem Zeitpunkt t Gleichung
(3.11) für beliebige Paare (q(t), q̇(t)) = (q, v q ) ∈ T (Ω) gelten; also folgern wir, daß für
die Funktionen L00 : T (Ω) × R → R, L0 : T (V ) × R → R und W : V × R → R die
Identität
∂ϕt
00
0
t
t
(q), t
L (q, vq , t) = L ϕ (q), Dϕ (q)(vq ) +
∂t
∂ϕt
∂W t
t
t
+ Dϕ (q)(vq ) +
(q), ∇W (ϕ (q), t) +
(ϕ (q), t)
(3.13)
∂t
∂t
3.5 Generalisierte Koordinaten
79
bestehen muß. Um dieses Ergebnis transparenter zu machen, definieren wir die
Abbildung ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) durch
ϕ̂t (q, vq ) =
ϕt (q), Dϕt (q)(vq ) +
∂ϕt
(q) .
∂t
(3.14)
Die Abbildung ϕ̂t erinnert“sich auf Grund ihrer Definition noch daran, daß sie
”
ursprünglich durch die Transformation von Kurven entstanden ist.
Ferner führen wir die neue Funktion L̃(x, v, t) ein:
L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i +
∂W
(x, t).
∂t
Gleichung (3.13) ist dann, wie man direkt durch Einsetzen zeigt, äquivalent zu
L00 (q, vq , t) = L̃ ϕ̂t (q, vq ), t ,
(3.15)
d.h. L00 entsteht aus der Funktion L̃ durch Ersetzen des Paares (x, v) (von Ortslagen
und Geschwindigkeiten) durch die Bilder ϕ̂ t (q, vq ) (der generalisierten Koordinaten
q und der generalisierten Geschwindigkeiten v q ). Vorgegeben war zunächst nur die
Abbildung ϕt : Ω → V ; diese induziert, wie man sagt, kanonisch die Abbildung
ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) zwischen den Tangentialräumen. Jetzt wird auch der Ursprung
der Bezeichnung Tangentialraum“deutlich: (q, vq ) und (x, v) sind stets deutbar als
”
ein Kurvenpunkt mitsamt seiner Kurventangente.
Die Eigenschaft einer Abbildung ϕt , Symmetrietransformation von L0 zu sein, (vergleiche Satz 1) läßt sich jetzt sehr bequem mit Hilfe von ϕ̂ t ausdrücken:
ϕt ist genau dann Symmetrietransformation von L 0 wenn
L0 (ϕ̂t (x, v), t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i +
∂
W (x, t)
∂t
Für Satz 2 (N OETHER-Theorem) gilt analog:
ϕtα ist genau dann Symmetrietransformation von L 0 wenn
L0 (ϕ̂tα (x, v), t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇Wα (x, t)i +
∂
Wα (x, t)
∂t
3 Das H AMILTONsche Prinzip
80
Entscheidend ist nun jedoch die Aussage von Lemma (2), daß q(t) genau dann Extremalkurve von L00 ist, wenn dies für ϕt (q(t)) gilt. Um Extremalkurve zu sein,
müssen aber für q(t) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen gelten und zwar mit der
L AGRANGEfunktion L00 (q, vq ). (Wir haben diese Gleichung zwar nur für eine Funktion L0 (x, v, t) bewiesen, aber bei der Ableitung niemals benutzt, daß die kartesischen
Koordinaten irgendwie ausgezeichnet sind). Es gilt also auch mit q = (q 1 , . . . , q 3n ) und
vq = (vq1 , . . . , vq3n ):
d ∂L00
∂L00
(q,
q̇,
t)
=
(q, q̇, t).
dt ∂vqα
∂q α
(3.16)
Gleichung (3.15) gibt nur die Vorschrift an, wie L 00 mit Hilfe von ϕ̂t aus L0 und
W berechnet wird. Aus den Extremalkurven q(t), die die Gleichung (3.16) lösen,
kann man die Extremalkurven x(t) von L 0 (x, v, t) nach Lemma 2 zurückgewinnen:
x(t) = ϕt (q(t)). Wir fassen diese Ergebnisse in folgendem Schema noch einmal
zusammen:
Schema (generalisierte Koordinaten): (q, v q )
L0 (x, v, t)
(vorgegebene L AGRANGE-Funktion, definiert auf T (V ) × R)
x(t) = ϕt (q(t))
(Bahnkurve in V )
∂L00
d ∂L00
(q,
q̇,
t)
=
(q, q̇, t), α = 1, . . . , 3n
dt ∂vqα
∂q α
L00 (q, vq , t) = L̃(ϕ̂t (q, vq ), t)
(Bestimmungsgleichung für q(t))
(Vorschrift zur Berechnung von L 00 )
∂
W (x, t)
∂t
∂ t
t
t
t
ϕ̂ (q, vq ) = ϕ (q), Dϕ (q)(vq ) + ϕ (q) .
∂t
L̃ = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i +
Beispiel 3.1 — Polarkoordinaten in R3
Wir wollen dieses Schema zunächst einmal am einfachen Beispiel demonstrie-
3.5 Generalisierte Koordinaten
81
ren. Sei (x, v ∈ R3 ):
L0 =
m 2
|v| − U (x)
2
die L AGRANGE-Funktion für ein Teilchen der Masse m. Die Bewegungsgleichungen sind gegeben durch
mẍ = − ∇U (x(t)).
Wir setzen in unserem Schema jetzt q 1 = r, q 2 = θ, q 3 = φ, wobei r, θ und φ Polarkoordinaten in R3 sind. Es ist jetzt zweckmäßig, vq = (vq1 , vq2 , vq3 ) = (vr , vθ , vφ )
zu schreiben. Mit W =0 und


r sin θ cos φ
ϕt (q) = x(r, θ, φ) =  r sin θ sin φ 
r cos θ
liefert unser Schema:
L00 (q, vq ) = L0 (x(r, θ, φ), Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ )) .
(3.17)
Für die JACOBI-Matrix Dx(r, θ, φ) finden wir
∂x ∂x
Dx(r, θ, φ) = ∂x
∂r ∂θ ∂φ

und hieraus

sin θ cos φ r cos θ cos φ −r sin θ sin φ
=  sin θ sin φ r cos θ sin φ r sin θ cos φ 
cos θ
−r sin θ
0
Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ ) =
Nun sind die Spaltenvektoren
normiert), d.h.
(3.18)
∂x
∂x
∂x
vr +
vθ +
vφ .
∂r
∂θ
∂φ
∂x ∂x
∂r , ∂θ
und
m
m
|Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ )|2 =
2
2
∂x
∂φ
von Dx orthogonal (aber nicht
!
2
∂x 2 ∂x 2 2 ∂x 2 2
v + v + v .
∂r r ∂θ θ ∂φ φ
3 Das H AMILTONsche Prinzip
82
Man findet nach (3.18) leicht:
2
∂x = 1,
∂r 2
∂x = r2,
∂θ 2
∂x = r 2 sin2 θ.
∂φ Die Anwendung von Gleichung (3.15) liefert für L 00 die Formel
L00 (r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) =
wobei
m 2
vr + r 2 vθ2 + sin2 θvφ2 − Ũ (r, θ, φ)
2
Ũ (r, θ, φ) = U (x(r, θ, φ)).
Die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für L00 können hieraus abgeleitet werden. Wir benutzen
∂ Ũ
∂L00
∂L00
= mvr ,
= mr vθ2 + sin2 θ vφ2 −
∂vr
∂r
∂r
∂L00
∂L00
∂ Ũ
= mr 2 vθ ,
= mr 2 cos θ sin θ vθ2 −
∂vθ
∂θ
∂θ
∂L00
∂ Ũ
∂L00
= mr 2 sin2 θ vφ ,
= −
∂vφ
∂φ
∂φ
Wir haben diese Größen an der Stelle
(r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = (r(t), θ(t), φ(t), ṙ(t), θ̇(t), φ̇(t))
auszuwerten und in die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen einzusetzen: Es
folgt nach unserem Schema:
∂ Ũ
d
mṙ = mr θ̇ 2 + sin2 θ φ̇2 −
dt
∂r
∂ Ũ
d
mr 2 θ̇ = mr 2 cos θ sin θ φ̇2 −
dt
∂θ
d
∂ Ũ
mr 2 sin2 θ φ̇ = −
.
dt
∂φ
3.5 Generalisierte Koordinaten
83
Wir machen jetzt die zusätzliche Annahme U (x) = U (|x|), d.h. Ũ = U (r) ist
Ũ
= 0. Aus der zweiten Gleichung
eine Funktion von r allein und somit ∂∂θŨ = ∂∂φ
π
folgt, daß eine spezielle Lösung mit θ = 2 existieren muß. Diese spezielle
Bewegung findet in einer Ebene statt. Die dritte Gleichung liefert dann:
mr 2 φ̇ = l = const.
(3.19)
Wir setzen dies in die erste Gleichung ein, die wir noch mit ṙ multiplizieren;
es folgt
mṙr̈ =
ṙ 2
∂U
l − ṙ
3
mr
∂r
oder
d
dt
m 2
l2
ṙ +
+ U (r)
2
2mr 2
= 0,
d.h.
m 2
l2
ṙ +
+ U (r) = E = const.
2
2mr 2
Dies kann äquivalent umgeformt werden zu:
r
ṙ
2
q
= ±
.
2
m
E − l − U (r)
2mr 2
Hierzu benutzen wir ein nun schon bekanntes Verfahren: Wir bestimmen eine
Stammfunktion
Z F (r) =
E−
l2
− U (r)
2mr 2
− 21
und finden nach der letzten Gleichung
F (r(t)) = ±
2
m
1
2
t + F (r(0)).
dr
3 Das H AMILTONsche Prinzip
84
Mit der Umkehrfunktion F −1 gilt also für unsere spezielle Lösung
r(t) = F −1
±
2
m
1
2
!
t + F (r(0)) .
Die allgemeine Lösung können wir mit Hilfe von Satz 1 und 2 bestimmen.
L ist invariant unter Drehungen und damit nach Satz 2 der Drehimpuls L
erhalten. Die Bewegung verläuft in der Ebene senkrecht zu L. Für unsere
spezielle Lösung steht also L senkrecht auf der Ebene θ = π2 . Gleichzeitig
können wir nach unseren alten Rechnungen zum K EPLERproblem |L| mit
der Konstante l in Gleichung (3.19) identifizieren; diese Gleichung stellt
genau den dort definierten Flächensatz dar: Bei der Bewegung überstreicht
der Bahnvektor in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Nach Satz (1) können
wir die Bewegung in der Ebene θ = π2 durch eine Drehung in eine beliebige
andere Ebene E transformieren. Der Drehimpuls transformiert sich mit und
steht dann senkrecht zu E, ohne seinen Betrag zu ändern. Auf diese Weise
wird aus unserer speziellen Lösung die allgemeine Lösung erzeugt.
Unser Beispiel demonstriert bereits exemplarisch, wie sich die Konstruktion der
Bewegung eines dynamischen Systems bei geschickter Wahl der generalisierten Koordinaten vereinfacht. Etwas komplizierter ist die Situation für ein Zweiteilchensystem
mit Potential V (|x1 − x2 |). In diesem Fall erweisen sich die Koordinaten R 1 , R2 , R3
des Schwerpunktes und die Polarkoordinaten r,θ, φ von y = x 1 − x2 als besonders
geeignet (vgl. Aufgabe 3.9).
In beiden Fällen tritt der allgemeinste Fall, bei dem die L AGRANGEfunktion L 0 noch
durch einen additiven Zusatz der Form hv, ∇W i + ∂W
∂t abgeändert wird, noch nicht
auf. Ein praktisch wichtiger Fall hierfür wird in Aufgabe 3.11 diskutiert, wo die Nachbarkurven einer gegebenen festen Lösung (Sollbahn ) der Bewegungsgleichungen in
linearer Näherung untersucht werden. Dieses Beispiel zeigt, daß die L AGRANGEFunktion für die Abweichungen von der Sollbahn sich beträchtlich vereinfacht, wenn
ein solcher Term von vornherein subtrahiert wird. Die Bewegungsgleichungen selbst
werden durch einen solchen Zusatz nach Lemma 1 nicht beeinflußt; man kann dies
auch explizit nachkontrollieren, indem man zeigt, daß sich die Beiträge von W in
den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen wegheben. Von daher gesehen erscheint die
Modifikation von L0 um den Term hv, ∇W i + ∂W
∂t , in unserem Schema ”Generalisierte Koordinaten“, zunächst als ein gewisser Luxus. Für beide praktischen Probleme
erspart man sich jedoch eine Menge Rechenarbeit bei der Herleitung der Bewegungsgleichungen, wenn man ihn in der L AGRANGE-Funktion so berücksichtigt, wie wir es
in unserem Schema angegeben haben. (Siehe auch Übungsbeispiel 3.9).
3.6 Zwangsbedingungen
85
3.6 Zwangsbedingungen
Wir betrachten jetzt eine L AGRANGE-Funktion L 00 (q, vq , t) von generalisierten Koordinaten q, die aus der L AGRANGE-Funktion L 0 mit Hilfe der Abbildung ϕt errechnet
wurde. Die Lösungen der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L 00 bestimmen die zeitliche Entwicklung unseres dynamischen Systems; wir denken uns aber jetzt die Werte
der letzten k Koordinaten q α während der Bewegung festgehalten:
q α = cα = const.
α = 3n − k + 1, . . . , 3n
(3.20)
und setzen demzufolge auch die entsprechenden Geschwindigkeiten gleich Null:
vα = 0
α = 3n − k + 1, . . . , 3n.
(3.21)
Man nennt die Gleichungen (3.20) und (3.21) Zwangsbedingungen . Physikalisch
soll die konkrete Realisierung eines solchen Problems durch sog. Zwangskräfte erfolgen, die sonst keinen Einfluß auf die zeitliche Entwicklung der restlichen Koordinaten
q 1 , . . . , q 3n−k haben. Das H AMILTONsche Prinzip gestattet nun, die Bewegungsgleichungen dieses durch Zwangskräfte eingeschränkten Systems direkt abzuleiten, ohne
die Zwangskräfte explizit zu kennen. Dazu ist die L AGRANGEfunktion L 00 nur für
solche Werte von q und vq zu betrachten, für die (3.20) und (3.21) gilt. Setzen wir
q = (q 1 , . . . , q 3n−k ),
vq = (vq1 , . . . , vq3n−k ),
(3.22)
so erhalten wir damit eine neue L AGRANGE-Funktion
Lz (q, vq , t) =
L00 (q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n−k , 0, . . . , 0, t)
(3.23)
Da die Zwangskräfte die zeitliche Entwicklung der Koordinaten q nicht beeinflussen
sollen, ist die Bewegung des Systems durch das H AMILTONsche Prinzip mit L z
als L AGRANGEfunktion bestimmt. Die Bewegungsgleichungen erhält man also als
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu Lz .
d ∂Lz
∂Lz
(q, q̇, t).
(q, q̇, t) =
α
dt ∂vq
∂q α
(3.24)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
86
Es lohnt sich, Lz etwas näher zu untersuchen. Setzen wir die Definition von L 00 explizit
in (3.23) ein, so folgt:
Lz (q, vq , t) =
L̃ ϕ̂t q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n−k , 0, . . . , 0 , t . (3.25)
Setzen wir jetzt
und
ϕtz (q) = ϕt q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n
ϕ̂tz (q, vq )
=
ϕtz (q), Dϕtz (q)(vq )
∂ϕtz
(q) ,
+
∂t
so folgt zunächst
ϕ̂tz (q, vq ) = ϕ̂t (q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n , 0, . . . , 0)
und hieraus wegen (3.25):
Lz (q, vq , t) = L̃ ϕ̂tz (q, vq ), t .
(3.26)
Die Abbildung ϕtz : Ωz ⊂ R3n−k → V induziert also eine Abbildung ϕ̂ tz :
T (Ωz ) → T (V ) des Tangentialraums T (Ωz ) = Ωz × R3n−k , genau wie ϕt die Abbildung ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) induziert. (Der Zusammenhang zwischen ϕ tz und ϕ̂tz bzw. ϕt
und ϕ̂t wird durch die gleiche Formel (3.24) beschrieben!)
Dieses Ergebnis stellt zusammen mit Gleichung (3.24) in der Tat eine entscheidende
weitere Vereinfachung dar: Bei der Berechnung des Systems mit Zwangsbedingungen
muß man die komplette Abbildung ϕt nicht einmal als Funktion aller Koordinaten
(q 1 , . . . , q 3n ) kennen, sondern es genügt schon die Kenntnis von ϕ tz allein, um
die neue L AGRANGE-Funktion Lz aus der vorgegebenen L AGRANGE-Funktion L 0
zu berechnen. Die Berechnung von Lz erfolgt wegen Gleichung (3.26) exakt nach
unserem Schema Generalisierte Koordinaten“; dort ist lediglich ϕ t durch ϕtz zu
”
ersetzen.
Der Unterschied zwischen beiden Abbildungen ist der folgende: ϕ t war als eine
zeitabhängige Schar von Diffeomorphismen ϕ t : Ω ⊂ R3n → Ω0 ⊂ V erklärt.
ϕtz ist kein solcher Diffeomorphismus mehr, sondern lediglich eine injektive (nicht
umkehrbare) Abbildung von Ωz nach V . Wir fassen diese Ergebnisse in folgendem
Schema zusammen:
3.6 Zwangsbedingungen
87
Generalisierte Koordinaten und L AGRANGEfunktion
eines Systems mit Zwangsbedingungen
Die Bewegung eines Systems von n Massenpunkten sei durch die E ULERL AGRANGE-Gleichungen mit der L AGRANGEfunktion L 0 bestimmt. Eine Zwangsbedingung wird durch eine zeitabhängige Schar ϕ tz von injektiven Abbildungen
ϕtz : Ωz ⊂ R3n−k → V beschrieben. Die L AGRANGE-Funktion L z des Systems mit
Zwangsbedingungen ist durch
Lz (q, vq , t) = L̃ ϕ̂tz (q, vq ), t
mit
L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i +
∂W
(x, t)
∂t
und
ϕ̂tz (q, vq )
=
ϕtz (q), Dϕtz (q)(vq )
∂ϕtz
(q)
+
∂t
gegeben.
Die Bewegung des Systems mit Zwangsbedingungen wird durch die E ULERL AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGEfunktion L z bestimmt.
Geometrisch stellt ϕtz eine Abbildung dar, die eine feste offene Menge Ω z zeitabhängig
in eine Hyperfläche (gleicher Dimension) von V abbildet. Die Zwangsbedingungen
sind vollständig durch die Abbildung ϕ tz allein beschrieben und besagen offensichtlich, daß die Bewegung des Systems auf diese Hyperfläche eingeschränkt ist.
Wir wollen dies an zwei einfachen Beispielen illustrieren:
Beispiel 3.2 — Teilchen im Schwerefeld
Ein Teilchen bewege sich auf einer vorgeschriebenen geometrischen Bahn
x(s) im Schwerefeld der Erde: Seine L AGRANGE-Funktion lautet ohne
Zwangsbedingung
L=
m 2
|v| − mgz;
2
die potentielle Energie hängt also nur von der z-Koordinate ab. Wir schreiben
3 Das H AMILTONsche Prinzip
88
die Zwangsbedingung in der Form
ϕtz (s) = x(s);
ϕtz : R → R3 ,
wobei s jetzt die Bogenlänge der Kurve x(s) sein soll. (ϕ tz ist jetzt zeitunabhängig). Damit folgt
ϕ̂tz (s, vs ) = (x(s),
d
x(s) vs )
ds
und (mit W = 0) nach unserem Schema:
2
2
m d
vs − mgz(s).
x(s)
Lz (s, vs ) =
2 ds
d
Für die Bogenlänge s ist ds
x(s) = 1, d.h.
Lz (s, vs ) =
m 2
v − mgz(s).
2 s
(Anwendung: Siehe Aufgabe 3.12).
Beispiel 3.3 — Kugelpendel
Wir definieren für die gleiche L AGRANGE-Funktion die Zwangsbedingungen:


sin θ cos φ
ϕtz (θ, φ) = x(θ, φ) = R  sin θ sin φ  ,
cos θ
wobei R = const. und (θ, φ) Polarkoordinaten sind. Die Bewegung ist also auf
eine Kugel von Radius R eingeschränkt. Es folgt jetzt:
∂x
∂x
ϕ̂tz (θ, φ, vθ , vφ ) = x(θ, φ),
vθ +
vφ
∂θ
∂φ
∂x
∂θ
und
∂x
∂φ
wurden in Abschnitt (3.5) berechnet; hieraus ergibt sich
Lz (θ, φ, vθ , vφ ) = L̃ ϕ̂tz (θ, φ, vθ , vφ )
=
m 2 2
R vθ + sin2 θ vφ2 − mgR cos θ.
2
3.6 Zwangsbedingungen
89
(Anwendung: Siehe Aufgaben 3.4 und 3.5).
3.6.1 Der starre K¨
orper: Zwangsbedingung und
L AGRANGE-Funktion
Ein weiteres Beispiel für ein System mit Zwangsbedingungen ist der starre Körper.
Man betrachtet dabei ein System von n Massenpunkten, dessen Bewegungsgleichungen durch die L AGRANGE-Funktion
1
L(x, v, t) = hv, mvi − U (x)
2
(3.27)
bestimmt ist und unterwirft es Zwangsbedingungen der Form
xi = R + Ox0i ,
i = 1, . . . , n,
mit O ∈ SO(3) und R ∈R3 variabel sowie x0i ∈ R3 fest. Außerdem soll
gelten; R hat damit die Bedeutung des Schwerpunktes.
(3.28)
P
0
i xi mi =0
Gleichung (3.28) besagt, daß das System als Ganzes eine Translation (R) und eine
Rotation (O) ausführen kann, wegen x 0i = const. jedoch keine Relativbewegung der
Massenpunkte gegeneinander stattfindet.
Wir wollen durch Gleichung (3.28) eine Abbildung ϕ z definieren, die unsere Zwangsbedingungen wie im letzten Abschnitt beschreibt. Dazu parametrisieren wir die
Drehungen durch Koordinaten q =(q1 , q2 , q3 ) ∈ Ωz ⊂ R3 ; ein Beispiel für eine solche Parametrisierung sind die drei Komponenten des Drehvektors (vgl. Aufgabe 1.6);
eine Alternative hierzu sind die E ULERschen Winkel. Wir brauchen uns hier jetzt noch
nicht festzulegen und definieren zunächst:
ϕi (R, q) = R + O(q)x0i ;
i = 1, . . . , n
(3.29)
und erhalten mit
ϕz (R, q) = (ϕ1 (R, q), . . . , ϕn (R, q))
die Zwangsbedingung in Form einer injektiven (zeitunabhängigen) Abbildung ϕ z .
Die L AGRANGE-Funktion L des Systems mit Zwangsbedingungen berechnen wir nun
nach dem Schema des letzten Abschnitts: Es gilt
Dϕz (R, q)(vR , vq ) = (Dϕ1 (R, q)(vR , vq ), . . . , Dϕn (R, q)(vR , vq )) .
(3.30)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
90
Für die JACOBI-Matrizen Dϕi (R, q), (i = 1, . . . , n) finden wir:
Dϕi (R, q)(vR , vq ) =
3 X
∂ϕi (R, q)
∂Rα
α=1
α
vR
∂ϕi (R, q) α
+
vq
∂q α
3
3
X
X
∂O α 0
Bα vqα x0i ,
v x = vR + O
= vR +
α q i
∂q
α=0
α=1
(3.31)
wobei Bα durch die Gleichung
Bα = O −1
∂O
∂q α
(3.32)
definiert ist.
An dieser Stelle müssen wir eine längere Diskussion der (q-abhängigen) linearen
Abbildungen Bα einschieben: Zunächst gilt für die transponierten Abbildungen:
Bαt
=
O
−1
∂O
∂q α
t
=
∂O t
∂q α
(O
−1 t
) =
∂O −1
∂q α
O
(3.33)
wegen O t = O −1 . Hieraus folgt:
Bαt =
∂
∂O
O −1 · O − O −1 · α = − Bα
α
∂q
∂q
(3.34)
Bα ist also schiefadjungiert, und es gibt einen eindeutig bestimmten (q-abhängigen)
Vektor ωα mit
Bα = A(ωα ).
(3.35)
Mit A wird wieder der Standardisomorphismus des R 3 auf die Menge der schiefadjungierten, linearen Abbildungen des R 3 bezeichnet. Wir differenzieren (3.34) noch
einmal nach q β :
2
∂O −1 ∂O
∂ −1 ∂O
∂ωα
−1 ∂ O
O
=
O
+
=
A
∂q β
∂q β
∂q α
∂q β ∂q α
∂q β ∂q α
=O
−1
= O −1
∂2O
+
∂q α ∂q β
∂O −1
O
∂q β
∂2O
− Bβ · Bα .
∂q α ∂q β
O
−1
∂O
∂q α
3.6 Zwangsbedingungen
91
Hieraus folgt:
∂ωα ∂ωβ
A
− α = Bα Bβ − Bβ Bα = A ([ωα , ωβ ])
∂q β
∂q
(3.36)
auf Grund von (3.35) und der Eigenschaft des Standardisomorphismus (vergl. Aufgabe 1.2):
A(h)A(k) − A(k)A(h) = A([h, k]) für alle h, k ∈ R 3 .
Wir schließen hieraus:
∂ωα ∂ωβ
− α = [ωα , ωβ ] .
∂q β
∂q
(3.37)
Wir bemerken noch: Die Abbildungen B α und damit auch die Vektoren ωα sind linear
unabhängig, weil die qα Koordinaten der Drehgruppe sein sollen.
Diese Zwischenrechnung ergibt nach Gleichung (3.31):
Dϕi (R, q)(vR , vq ) = vR + OA(ωvq )x0i ,
(3.38)
mit
ω vq =
3
X
ωα vqα .
(3.39)
α=1
Jetzt sind wir in der Lage,
Lz (R, q, vR , vq ) = L (ϕ̂z (R, q, vR , vq ))
auszurechnen. Wegen (3.27) und (3.38) finden wir
Lz (R, q, vR , vq ) =
=
X mi vR + OA(ωvq )x0i 2 − U (ϕz (R, q))
2
i
X mi vR + O[ωvq , x0i ]2 − U (ϕz (R, q))
2
i
=
X mi
i
2
(wegen A(ωvq )x0i =[ωvq , x0i ] und
|vR |2 +
P
X mi ωvq , xo 2 − U (ϕz (R, q))
i
2
i
0
i mi xi = 0).
3 Das H AMILTONsche Prinzip
92
Die letzte Gleichung wird noch einmal umgeformt und ergibt für L die Gestalt
Lz =
M
1
|vR |2 +
ωvq , θωvq − U (ϕz (R, q))
2
2
mit dem Trägheitstensor θ:
X
θh = −
mi x0i , x0i , h , für alle h ∈ R3 .
(3.40)
i
Es ist nun sinnvoll, auch noch den Potentialterm U (ϕ z (R, q)) zu vereinfachen und als
Funktion von R allein zu betrachten. Dies gilt in guter Näherung, falls |x 0i | klein gegen
R, oder sogar exakt, falls z.B.
X
U=
mi gx3i
i
P
0
das Potential der Teilchen im Schwerefeld der Erde darstellt. Wegen
i mi xi = 0
3
folgt in der Tat U =U (R) = M gR . In beiden Fällen erhalten wir für die L AGRANGEFunktion Lz des starren Körpers das Resultat
Lz (R, q, vR , vq ) =
1
M
|vR |2 − U (R) +
ωvq , θωvq .
2
2
Für die Diskussion der Bewegung des starren Körpers sind die Eigenschaften des
Trägheitstensors θ entscheidend. Für alle h, k ∈ R 3 gilt:
X
X
hh, θki = −
mi hh, [x0i , [x0i , k]]i = −
mi h[x0i , [x0i , h]], ki = hθh, ki,
i
i
d.h. θ ist eine selbstadjungierte Abbildung des R 3 . Ferner ist
X
hh, θhi =
mi h[x0i , h], [x0i , h]i ≥ 0
(3.41)
i
Befinden sich die x0i in allgemeiner Lage (notwendig hierfür ist n >3), was wir in der
Folge voraussetzen wollen, so ist also nach (3.41) hh, θhi ≥ 0 und hh, θhi = 0 genau
dann, wenn h = 0 gilt. θ ist also durch eine Drehung diagonalisierbar. Die Eigenwerte
von θ seien mit Iα , die Eigenvektoren mit eα bezeichnet; es gilt also, daß:
θeα = Iα eα , mit Iα > 0
(3.42)
und daß die Vektoren eα eine Orthonormalbasis des R3 bilden. Man spricht von den
eα auch als von den Hauptträgheitsachsen des starren Körpers und von den I α als
den Hauptträgheitsmomenten des starren Körpers.
3.6 Zwangsbedingungen
93
3.6.2 Der starre K¨
orper: Bewegungsformen
Die Bewegungsgleichungen erhalten wir als E ULER-L AGRANGE-Gleichungen von
Lz :
∂Lz
d ∂Lz
(R, q, Ṙ, q̇) =
(R, q, Ṙ, q̇)
α
dt ∂vR
∂Rα
(3.43)
d ∂Lz
∂Lz
(R, q, Ṙ, q̇) =
(R, q, Ṙ, q̇)
α
dt ∂vq
∂q α
(3.44)
(3.43) führt sofort auf
M R̈ = − ∇U (R).
(3.45)
Der starre Körper führt also eine Translationsbewegung aus, bei dem der Schwerpunkt
einer Bahnkurve folgt, deren Bewegungsgleichung genau wie die Gleichung eines
einzigen Teilchens mit der Gesamtmasse M aussieht.
Gleichung (3.44) lautet ausgeschrieben:
3 X
d
∂
β
hωα , θωq̇ i =
ωβ q̇ , θωq̇ ,
dt
∂q α
(α = 1, 2, 3)
(3.46)
β=1
mit
ωq̇ =
3
X
α=1
d
ωα q̇ α = A−1 O −1 O .
dt
(3.47)
Die zeitliche Differentiation wird ausgeführt und alle Terme auf einer Seite versammelt:
X
∂ωα β ∂ωβ β
d
q̇
−
q̇
,
θω
0 = ωα , θωq̇ +
q̇
dt
∂q β
∂q α
β
=
ωα ,
d
θωq̇
dt
+ h[ωα , ωq̇ ] , θωq̇ i
wegen (3.37). Es folgt:
d
ωα , θωq̇ + [ωq̇ , θωq̇ ] = 0
dt
(α = 1, 2, 3)
(3.48)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
94
Wegen der linearen Unabhängigkeit der Vektoren ω α folgen die sog. E ULERschen
Gleichungen
d
θωq̇ + [ωq̇ , θωq̇ ] = 0,
dt
(3.49)
die noch durch die aus (3.47) folgende Gleichung
d
O = OA (ωq̇ ) .
dt
(3.50)
ergänzt werden. Man erhält aus den E ULERschen Gleichungen leicht eine skalare und
eine vektorielle Erhaltungsgröße: Offenbar gilt:
d
d 1
hωq̇ , θωq̇ i = ωq̇ , θωq̇ = 0,
dt 2
dt
d.h.
1
hωq̇ , θωq̇ i = T = const.
2
1
2 hωq̇ , θωq̇ i
trat bereits in der L AGRANGE-Funktion L z auf und wurde aus der inneren
kinetischen Energie des n-Teilchensystems errechnet. Wir bezeichnen T deshalb als
innere kinetische Energie des starren Körpers.
Die vektorielle Erhaltungsgröße finden wir wie folgt: Gleichung (3.49) hat die äquivalente Form:
d
d
d
−1
O θωq̇ ,
0 = θωq̇ + A(ωq̇ )θωq̇ = θωq̇ + O
dt
dt
dt
d.h.
d
Oθωq̇ = 0.
dt
Es folgt also: Oθωq̇ = L0 = const. Wegen
L0 = Oθωq̇ = − O
=O
X
i
mi
X
i
mi x0i , [x0i , ωq̇ ]
x0i , O −1
d
Ox0i
dt
=
X
i
mi
Ox0i ,
d
Ox0i
dt
stellt L0 offenbar den inneren Drehimpuls des starren Körpers dar.
3.6 Zwangsbedingungen
95
Die Bewegung des starren Körpers ist durch die Translation R(t) und die Drehung
O(t) vollständig bestimmt. Die einzelnen Massenpunkte x i folgen den Bahnkurven
xi = R(t) + O(t)x0i .
Wir wollen jetzt O(t) für eine Reihe von Spezialfällen berechnen.
Fall a: I1 = I2 = I3 = I
Es gilt also θ =I · 1I und nach (3.49) folgt somit:
d
ωq̇ = 0,
dt
d.h.
ωq̇ = ωq̇ (t = 0) = ω0 = const.
Gleichung (3.50) lautet jetzt:
d
O = OA(ω0 );
dt
d.h.
O = O0 exp (A(ω0 )t) .
Die konstante Drehung O0 können wir o.B.d.A. gleich 1I setzen; der Körper führt also
eine gleichförmige Rotation um die Achse ω 0 mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit |ω0 | aus. ω0 ist allein durch die Anfangsgeschwindigkeit der Drehung bestimmt.
Fall b: I1 = I2 6= I3
Wir schreiben mit den Hauptträgheitsachsen e µ :
ωq̇ = ω 1 e1 + ω 2 e2 + ω 3 e3
und finden nach (3.49) das Gleichungssystem
I1
d 1
ω + ω 2 ω 3 (I3 − I2 ) = 0
dt
I3
d 3
ω + ω 1 ω 2 (I2 − I1 ) = 0
dt
I2
d 2
ω + ω 3 ω 1 (I1 − I3 ) = 0.
dt
(3.51)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
96
Wegen I1 =I2 liefert die mittlere Gleichung sofort ω 3 (t) = ω 3 (0) = ω03 = const. Die
beiden anderen Gleichungen ergeben
d 1
ω + αω 2 = 0
dt
(3.52)
d 2
ω − αω 1 = 0
dt
(3.53)
mit
α=
I3 − I 1 3
ω0 .
I1
Differenziert man (3.52) noch einmal und eliminiert man anschließend
von (3.53), so folgt
(3.54)
d 2
dt ω
mit Hilfe
d2 1
ω + (α)2 ω 1 = 0,
dt2
d.h.
ω 1 = a cos(αt) + b sin(αt).
Man verifiziert leicht a = ω 1 (0) = ω01 und b = −ω 2 (0) = ω02 auf Grund von (3.52). Diese
Gleichung bestimmt jetzt auch ω 2 ; unser Endergebnis lautet also
ω 1 (t) = ω01 cos(αt) − ω02 sin(αt)
ω 2 (t) = ω01 sin(αt) + ω02 cos(αt).
Insgesamt ergibt dies für ωq̇ :
ωq̇ = ω03 e3 + cos(αt)(ω01 e1 + ω02 e2 ) + sin(αt)(−ω02 e1 + ω01 e2 )
= ω03 e3 + cos(αt)(ω01 e1 + ω02 e2 ) + sin(αt) e3 , (ω01 e1 + ω02 e2 ) .
Dieses Ergebnis erlaubt die Schreibweise:
ωq̇ = exp (αtA(e3 )) ω0
mit
ω0 = ω01 e1 + ω02 e2 + ω03 e3 .
(3.55)
3.6 Zwangsbedingungen
97
Für O(t) gilt somit nach (3.50) und (3.55)
d
O(t) = O(t)A (exp(αtA(e3 ))ω0 ) .
dt
(3.56)
Man kann jetzt noch eine weitere Eigenschaft von A verwenden: Für alle h, k ∈ R 3 gilt
A(h)k = [h, k], aber auch mit einer beliebigen Drehung B
A(Bh)Bk = [Bh, Bk] = B[h, k] = BA(h)k.
Es folgt A(Bh)B = BA(h), d.h. A(Bh) = BA(h)B −1 ; für (3.56) bedeutet dies
d
O(t) = O(t) exp (αtA(e3 )) A(ω0 ) exp (−αtA(e3 )) ,
dt
(3.57)
woraus für O 0 (t) = O(t) exp (αtA(e3 )) die Gleichung
d 0
O (t) = O 0 (t)A(ω0 + αe3 ),
dt
(3.58)
folgt. Somit gilt O 0 (t) = O0 exp (tA(ω0 + αe3 )) und wir erhalten als Endresultat für
O(t):
O(t) = O0 exp (tA(ω0 + αe3 )) exp (−αtA(e3 )) .
Die gesuchte Drehung O(t) besteht also aus zwei Drehungen mit konstanter Winkelgeschwindigkeit und fester Achse, die hintereinander geschaltet sind. Die erste Drehung
erfolgt um die Symmetrieachse e3 des starren Körpers, die zweite Drehung um eine
freie wählbare Achse ω0 + αe3 , die durch die Anfangsgeschwindigkeit der Drehung
bestimmt ist. (Auf diese Weise scheint der Körper zu taumeln. Man kann dieses Phänomen sofort sehen, wenn man einen zylinderförmigen Körper in die Luft wirft.)
Fall c: I1 > I2 > I3
In diesem Fall benutzen wir die Erhaltungssätze
|L0 |2 = hθωq̇ , θωq̇ i = const.,
(3.59)
2E = hωq̇ , θωq̇ i = const.
(3.60)
Ausgeschrieben lauten diese für ω 1 , ω 2 und ω 3 :
(I1 )2 (ω 1 )2 + (I2 )2 (ω 2 )2 + (I3 )2 (ω 3 )2 = |L0 |2 ,
(3.61)
I1 (ω 1 )2 + I2 (ω 2 )2 + I3 (ω 3 )2 = 2E.
(3.62)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
98
Multipliziert man (3.62) mit I3 und subtrahiert die entstehenden Gleichungen, so folgt:
I1 (I1 − I3 )(ω 1 )2 + I2 (I2 − I3 )(ω 2 )2 = |L0 |2 − 2EI3 .
(3.63)
Analog folgt:
I1 (I1 − I2 )(ω 1 )2 + I3 (I3 − I2 )(ω 3 )2 = |L0 |2 − 2EI2 .
(3.64)
Hieraus ergibt sich
(ω 2 )2 = β1 − β2 (ω 1 )2
(ω 3 )2 = β3 − β4 (ω 1 )2
mit Koeffizienten β1 , β2 , β3 und β4 , die aus (3.63) und (3.64) direkt gewonnen werden
d 1
ω ein, so folgt
können. Setzt man dies in die Gleichung (3.51) für dt
I1
1 d 1
ω = (I2 − I3 ) β1 − β2 (ω 1 )2 β3 − β4 (ω 1 )2 2 .
dt
(3.65)
Man kann diese Gleichung im Prinzip wieder mit einem von uns bereits mehrfach
erprobten Verfahren lösen: Zunächst bestimmt man eine Stammfunktion F (x) von
β1 − β2 (x)2
β3 − β4 (x)2
− 12 .
Es gilt dann
I2 − I 3
d
1
F ω (t) −
t = 0,
dt
I1
d.h.
I2 − I 3
t + F ω 1 (0)
F ω 1 (t) =
I1
und es folgt
1
ω (t) = F
−1
I2 − I 3
1
t + F ω (0) .
I1
Damit sind aber auch ω 2 , ω 3 und folglich ωq̇ bekannt. O(t) läßt sich ferner mit
Hilfe von ωq̇ durch eine einfache Integration bestimmen. Leider gibt es hierfür keine
analytische Formel mehr.
3.7 zyklische Koordinaten
99
Abschließend sollen noch einige Bemerkungen zum sog. körperfesten Koordinatensystem des starren Körpers nachgetragen werden, die an sich nichts zur Ableitung seiner
Bewegungsformen beitragen. Dieses körperfeste Koordinatensystem ist durch ein rotierendes Achsenkreuz (O(t)e1 , O(t)e2 , O(t)e3 ) erklärt, das die Drehung des starren
Körpers mitvollzieht. Nach Abschnitt 1.4.3 haben alle Vektoren h bezüglich dieses
Achsenkreuzes die Gestalt:
hk = O −1 (t)h
(k steht für körperfest).
(3.66)
Die letzte Gleichung erlaubt eine ansprechende Interpretation speziell für ω q̇ . Es gilt
zunächst:
ẋi = Ṙ + Ȯx0i = Ṙ + ȮO −1 Ox0i = Ṙ + [ω, Ox0i ]
mit
A(ω) = ȮO −1 .
ω(t) ist somit die momentane Winkelgeschwindigkeit von x i . Sie hängt mit ωq̇ wie
folgt zusammen:
A(ω) = ȮO −1 = O(O −1 Ȯ)O −1 = OA(ωq̇ )O −1 = A(Oωq̇ ),
d.h.:
ωq̇ = O −1 ω.
(3.67)
Nach (3.66) ist ωq̇ somit die Winkelgeschwindigkeit im körperfesten System. Entsprechend ist L0k = θωq̇ der innere Drehimpuls im körperfesten System. Die konstan”
te“innere Energie E erlaubt jetzt mehrere äquivalente Schreibweisen:
1
1
1
1
E = hωq̇ , θωq̇ i = hωq̇ , L0k i = hω, OθO −1 ωi = hω, L0 i.
2
2
2
2
Insbesondere folgt hieraus die interessante Tatsache, daß das Skalarprodukt zwischen
ω(t) und dem konstanten Vektor L0 ebenfalls konstant ist.
3.7 Separable L AGRANGE-Funktionen und
zyklische Koordinaten
Wir betrachten ein dynamisches System (mit oder ohne Zwangsbedingungen), dessen
Bewegungen durch die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion
3 Das H AMILTONsche Prinzip
100
L(q, v, t) beschrieben wird. Mit q = (q 1 , . . . , q m ) seien generalisierte Koordinaten bezeichnet, die ggf. schon die Zwangsbedingungen wie in Abschnitt 3.5 berücksichtigen;
die Unterscheidung zwischen q und q (sowie zwischen L, L 0 und L00 ) lassen wir deshalb von jetzt an fallen.
Die Koordinate
qα
Definition 1:
heißt zyklisch, falls
∂L
(q, vq , t) = 0.
∂q α
Für eine zyklische Koordinate gilt auf Grund der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen:
d ∂L
∂L
(q, vq , t) = α (q, vq , t) = 0,
α
dt ∂vq
∂q
d.h.
∂L
(q, vq , t) = const.
∂vqα
Zu jeder zyklischen Koordinate gehört also ein Integral der Bewegung.
Beispiel 3.4 — Teilchen im Zentralpotential
Für
L(r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) =
1 2
vr + r 2 (vr2 + sin2 θ vφ2 ) − V (r).
2
(Teilchen im kugelsymmetrischen Kraftfeld) ist φ zyklisch, d.h.
∂L
= mr 2 sin2 θ φ̇ = const.
∂vφ
(Drehimpulserhaltung)
Im Idealfall sind alle Koordinaten zyklisch:
L = L(q̇, t).
3.7 zyklische Koordinaten
101
In diesem Fall gilt:
∂L
(q̇, t) = cα .
∂vqα
∂L
∂vqα (q̇, t)
kann nach q̇ aufgelöst werden:
q̇ α (t) = f α (t, c),
woraus sofort folgt:
α
α
q (t) = q (0) +
Zt
dt0 f α (t0 , c).
0
Die Konstanten cα berechnet man aus den Anfangswerten:
q̇ α (0) = f α (0, c).
Ein System, das durch zyklische Koordinaten allein beschrieben werden kann, heißt
integrabel.
Definition 2:
L heißt separabel , falls
L(q, vq , t) = L1 (q1 , vq1 , t) + L2 (q2 , vq2 , t)
mit q = (q1 , q2 ) und vq = (vq1 , vq2 ); d.h. die Vektoren q1 = (q 1 , . . . , q k ) und
q2 =(q k+1 , . . . , q n ) sollen die ersten k− bzw. die letzten (n − k)− Koordinaten
von q zusammenfassen.
Beispiel 3.5 — Zweiteilchensystem mit kugelsymmetrischer Wechselwirkung
M
µ
|vR |2 + |vy |2 − V (|y|)
2
2
Es gilt offenbar:
L=
L = L 1 + L2
3 Das H AMILTONsche Prinzip
102
mit
L1 =
M
|vR |2 ,
2
L2 =
µ
|vy |2 − V (|y|).
2
L heißt vollständig separabel, falls
L=
m
X
α=1
Lα (q α , vqα , t).
In diesem Idealfall sind nur eindimensionale Probleme zu lösen:
d ∂Lα α α
∂Lα α α
(q , q̇ , t) =
(q , q̇ , t);
α
dt ∂vq
∂q α
α = 1, . . . , m.
α
Falls zusätzlich ∂L
∂t = 0 gilt, gelingt die Lösung immer mit Hilfe des Erhaltungssatzes
nach Lemma 3:
q̇ α
∂Lα α α
(q , q̇ , t) − Lα (q α , q̇ α , t) = cα ,
∂vqα
der nach q̇ α aufgelöst eine Gleichung der Form
q̇ α
=1
fα (q α , c)
ergibt. Für eine Stammfunktion Fα (x) von (fα (x, c))−1 gilt also:
d
(Fα (q α (t)) − t) = 0,
dt
d.h.
Fα (q α (t)) = t + Fα (q α (0))
oder, wenn Fα−1 die Umkehrfunktion von Fα bezeichnet:
q α (t) = Fα−1 (t + Fα (q α (0))) .
Die Konstante c muß jetzt wieder durch den Anfangswert q̇ α (0) bestimmt werden.
Separabilität der L AGRANGE-Funktion und die Eigenschaft der Koordinaten, zyklisch
zu sein, sind die allgemeinen Bedingungen, die optimal angepaßte generalisierte
Koordinaten eines mechanischen Systems auszeichnen.
3.8 Wechsel des Zeitparameters
103
3.8 Eine Variante des H AMILTONschen Prinzips:
Wechsel des Zeitparameters
Wir betrachten wieder eine allgemeine L AGRANGE-Funktion L(q, v q , t) sowie das
zugehörige Wirkungsfunktional
Zt2
S=
t1
L(q, q̇, t) dt.
für die Kurve q(t) = (q 1 (t), . . . , q m (t)). Wir nehmen an, daß die Koordinatenfunktion
q m (t) im Integranden nach t aufgelöst werden kann, d.h. t = t(q m ) wird eine Funktion
von q m . Ebenso werden q und q̇ Funktion von q m . Wir setzen t0 = dqdm t(q m ) und finden
zunächst:
d
q = q̇ t0 .
dq m
q0 =
(Beachte q m0 = 1!). Für S bedeutet dies:
S=
qm
Z (t2 )
L(q, q 0 /t0 , t) t0 dq m ,
(3.68)
q m (t1 )
d.h. die Integration über t kann durch eine Integration über q m ersetzt werden.
S kann als Wirkungsfunktional der Variablen q =(q 1 , . . . , q m−1 , t) sowie der
Geschwindigkeiten vq = (v 1q , . . . , v qm−1 , v t ) geschrieben werden, mit einer neuen L AGRANGE-Funktion:
L0 (q, vq , q m ) = v t L(q, vq , t)
.
m−1
1
vq =(v q /v t ,...,v q
/v t ,1/v t )
Dann gilt nämlich
qm
Z (t2 )
q m (t1 )
L0 (q, q 0 , q) dq m =
qm
Z (t2 )
L(q, q 0 /t0 , t) t0 dq m = S.
q m (t1 )
Die Eigenschaft einer Kurve, Extremum von S zu sein, hängt hiervon nicht ab; also
müssen auch für L0 die E ULER-L AGRANGEgleichungen gelten:
d ∂L0
∂L0
0 m
(q,
(q, q 0 , q m ),
q
,
q
)
=
dq m ∂v αq
∂q α
α = 1, . . . , m.
(3.69)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
104
Differenziert wird hier allerdings nach q m , und man erh¨alt als Lösung die ersten
(m − 1)-Koordinaten von q sowie die Zeit t als Funktionen von q m . Es findet also
ein Wechsel in der Kurvenparametrisierung statt: q m ersetzt t. Besonders nützlich ist
dieser Wechsel der Kurvenparametrisierung, wenn L keine Funktion der Zeit ist und
die Koordinaten q 1 , . . . , q m−1 zyklisch sind. In diesem Fall gilt also L = L(q m , vq )
und damit ist
0
m
(3.70)
L = v t L(q , vq )
m−1
1
vq =(v q /v t ,...,v q
/v t ,1/v t )
Also ist L0 zyklisch in allen Koordinaten q und damit nach den Ergebnissen des letzten
Abschnitts integrabel.
Beispiel 3.6 — Bewegung eines geladenen Teilchens im konstanten Magnetfeld.
O.B.d.A sei nur die z-Komponente von B von Null verschieden. Die
L AGRANGE-Funktion lautet:
m 2
|v| + q|B|vy x.
2
L=
Wir ersetzen t durch x als Kurvenparameter und finden nach Formel (3.70) mit
q = (y, z, t) und vq = (v y , v z , v t ):
L0 =
m 2
v y + v 2z + 1 + q|B|v y x.
2v t
Alle Koordinaten sind zyklisch; Es gilt also:
∂L0 0 0 0
m
(y , z , t , x) = 0 y 0 + q|B|x = am = const.,
∂v y
t
m
∂L0 0 0 0
(y , z , t , x) = 0 z 0 = bm = const.,
∂v z
t
∂L0 0 0 0
m 2
c2 m
2
(y , z , t , x) = − 0 2 y 0 + z 0 + 1 = −
= const.
∂v t
2
2t
Hieraus folgt mit ω = q|B|/m
t0
−2
+ (ωx − a)2 + b2 = c2 ,
3.9 Der schwere Kreisel
105
d.h. c2 >b2 und
t0 = c2 − b2 − (ωx − a)2
Also gilt:
− 1
2
.
t=
1
1
arcsin (ωx − a)(c2 − b2 )− 2 + const.
ω
x=
1
1 2
(c − b2 ) 2 sin(ωt + φ0 ) + a .
ω
oder
Ferner gilt:
d.h.
y 0 = − (ωx − a)t0 = − (ωx − a) c2 − b2 − (ωx − a)2 .
y = c2 − b2 − (ωx − a)2
21
+d=
p
c2 − b2 cos(ωt + φ0 ) + d
mit konstantem d ∈ R. Zum Schluß folgt noch aus
z = bt + z0 ,
z0
t0
= b, daß
z0 = const.
gelten muß. Wir finden also die Spiralbewegung wieder, die wir im Abschnitt 2.5 abgeleitet hatten.
3.9 Der schwere Kreisel
Im Abschnitt 3.6.1 haben wir die L AGRANGE-Funktion eines starren Körpers im
konstanten Schwerefeld gefunden:
L=
M
1
|vR |2 − M ghez , Ri + hωvq , θωvq i.
2
2
L wurde mittels der Zwangsbedingungen
xi = R + Ox0i ,
(i = 1, . . . , n),
x0i = const.
für die Massenpunkte xi , aus denen der starre Körper besteht, hergeleitet. R bezeichnet
den Schwerpunkt, und O ist eine Drehung, die von drei Parametern q 1 , q 2 , q 3 abhängt,
die wir zunächst nicht näher spezifiziert haben. Der Trägheitstensor θ wird durch die
3 Das H AMILTONsche Prinzip
106
für alle h ∈ R3 gültige Gleichung
θh = −
X
mi [x0i , [x0i , h]]
i
definiert, und es gilt ferner:
[ωvq , h] =
3
X
∂O
h vqα .
∂q α
O −1
α=1
Wir halten jetzt unseren starren Körper am Punkt x 1 = 0 fest, d.h. für den Schwerpunktsvektor gilt in diesem Koordinatensystem
R = − Ox01 = Oa,
(a = const.).
In einer solchen Situation nennt man unseren starren Körper einen schweren Kreisel
. Der Schwerpunkt R wird also einer Zwangsbedingung ϕ z unterworfen:
R = ϕz (q 1 , q 2 , q 3 ) = O(q 1 , q 2 , q 3 )a
(3.71)
und es gilt:
Dϕz (q)(vq ) =
X
OO −1
α
∂O
a vqα = O ωvq , a .
α
∂q
Die L AGRANGE-Funktion L0 , die diese neue Zwangsbedingung berücksichtigt, erhalten wir nach 3.6 aus L durch Ersetzen von R durch Oa und v R durch Dϕz (q)(vq ). Es
ergibt sich sofort:
L0 =
=
mit
2
1
M ωvq , a − M ghez , Oai +
ωvq , θωvq
2
2
1
ωvq , θωvq − M ghez , Oai
2
(3.72)
θh = θh − M [a, [a, h]].
Falls der starre Körper symmetrisch ist, d.h. falls θ die Hauptträgheitsmomente
I1 =I2 = α, I3 =β besitzt, und falls der Stützpunkt auf der Symmetrieachse liegt, d.h.
3.9 Der schwere Kreisel
107
falls a ein Eigenvektor von θ mit Eigenwert β ist, so zeigt man, indem man h in die
Orthonormalbasis der Eigenvektoren (e 1 , e2 , e3 ) von θ entwickelt, leicht:
θh = µh + νe3 he3 , hi,
wobei gilt:
µ = α + M |a|2 ,
ν = β − α − M |a|2 ,
e3 =
a
.
|a|
Unter der vereinfachenden Annahme des symmetrischen Kreisels folgt somit für L 0 :
L0 =
µ 2 ν e3 , ωvq − M g|a|he3 , Oe3 i.
ω vq +
2
2
(3.73)
Diese L AGRANGE-Funktion wollen wir jetzt explizit berechnen, indem wir zur Parametrisierung von O E ULERsche Winkel benutzen (siehe auch die Übung 3.13). Wir
schreiben dazu O als Produkt von vier Drehungen
O = O 1 O3 O2 O0 ,
(3.74)
wobei O0 = const. lediglich dazu dient, die Bedingung O 0 e3 = ez zu erfüllen; die
E ULERschen Winkel q i parametrisieren die Drehungen Oi :
O1 = exp(q 1 A(ez )),
O3 = exp(q 3 A(ex )),
O2 = exp(q 2 A(ez )).
(3.75)
Die Vektoren ex , ey , ez bezeichnen wie üblich ein (raumfestes) Achsenkreuz. Hieraus
folgt sofort
hez , Oe3 i = cos(q 3 ).
Zu berechnen sind noch |ωvq |2 und he3 , ωvq i. Zunächst findet man
O −1
∂O
h = [ωα , h]
∂q α
mit
ω1 = O0−1 O2−1 O3−1 ez ,
ω2 = O0−1 ez ,
woraus
|ωα | = 1, hω1 , ω2 i = cos(q 3 )
ω3 = O0−1 O2−1 ex ,
3 Das H AMILTONsche Prinzip
108
sowie
hω3 , ω1 i = hω2 , ω3 i = 0
folgt. Hieraus ergibt sich
|ωvq |2 =
3
X
α,β=1
hωα , ωβ ivqα vqβ =
3
X
(vqα )2 + 2 cos(q 3 )vq1 vq2 ,
α=1
sowie
e 3 , ω vq
= vq2 + vq1 cos(q 3 ).
Für L0 findet man hieraus die folgende Form:


2
X
1
gαβ vqα vqβ + µ(vq3 )2  − κ cos(q 3 ),
L0 = 
2
(3.76)
α,β=1
mit κ = M g|a| und
g11 = ν cos2 (q 3 ) + µ,
g22 = µ + ν,
g12 = g21 = (µ + ν) cos(q 3 ). (3.77)
L0 hängt explizit nur von q 3 ab. Nach 3.8 bietet sich daher eine Beschreibung der
Bahnkurven mit Hilfe des Kurvenparameters q 3 an. Wir wählen somit als Variable
0
q = (q 1 , q 2 , t) und berechnen L (q, vq ) nach der Vorschrift des Abschnitts 3.8:
0
L (q, vq ) = v t L0 (q, vq )
1
2
vq =(v q /v t ,v q /v t ,1/v t )
=

1 
2v t
2
X
α,β=1

gαβ v α v β + µ − κ cos(q 3 )v t .
(3.78)
In der neuen Parametrisierung sind alle Koordinaten zyklisch, d.h.
0
2
∂L
1X
0
(q, q ) = 0
gαβ q 0β = hα = const.,
∂v αq
t
α = 1, 2
β=1
0

1
∂L
(q, q 0 ) = − 02 
∂v t
t
2
X
α,β=1

gαβ q 0α q 0β + µ − κ cos(q 3 ) = − E = const.
3.9 Der schwere Kreisel
109
(3.79)
Mit q 0 und t0 werden wie im Abschnitt 3.8 die Ableitungen nach q 3 bezeichnet. Die
formale Lösung dieser Gleichung erhält man jetzt wie folgt: Mit der Bezeichnung g αβ
für die zu gαβ inverse Matrix gilt:
q 0α = t0
2
X
g αβ hβ
β=1
Einsetzen dieses Ausdrucks in (3.79) liefert dann
2
1 X αβ
1 µ
E − κ cos(q ) −
g hα hβ = 02 .
2
2t
3
α,β=1
In der letzten Zeile muß die linke Seite als Funktion von q 3 stets größer Null sein. Diese
Forderung schränkt den Bereich in dem die Variable q 3 variiert, i.a. auf ein endliches
Intervall ein. In diesem Intervall gilt also in der Form von unbestimmten Integralen:
t(q 3 ) = ±
α
3
q (q ) =
Z
r Z
− 1
2
1
µ
dq 3 E − κ cos(q 3 ) − g αβ hα hβ
+ const.,
2
2
dq 3
2
X
g αβ hβ t0 (q 3 ) + const.
(3.80)
β=1
Die Bahnkurven unseres schweren Kreisels sind jetzt vollständig bestimmt. Wir wollen
versuchen, die Bewegung kurz zu veranschaulichen, und betrachten die Drehung
O1 O3 O2 O0 : O0 dreht die Symmetrieachse in die raumfeste Richtung e z , und O2
versetzt den ganzen Körper in eine Drehung um diese Achse; O 3 dreht diese Achse
um eine hierzu senkrechte Richtung, der Körper verbeugt sich (Nutation ); O 1 dreht
gleichzeitig den Körper um die Achse e z , die Symmetrieachse wird damit während
der Verbeugung noch einmal um ihre ursprüngliche Richtung bewegt (Pr äzession ).
Falls die Variation von q 3 wie oben erwähnt auf ein endliches Intervall beschränkt
ist, muß die Nutation periodisch verlaufen; der schwere Kreisel nickt nur ein wenig.
Ansonsten entartet die Verbeugung in ständiges Überschlagen aus. Reminiszenzen an
frühe Kindheitstage seien hier ausdrücklich empfohlen.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
110
3.10 Ein Extremalprinzip für beliebige
Kurvenparameter
Wir haben in Abschnitt 3.8 die Bahnkurven eines dynamischen Systems als Funktion einer speziellen Koordinate, die die Zeit ersetzte, betrachtet und hierfür eine
L AGRANGE-Funktion hergeleitet. Diese Koordinate hatte eine je nach Problem verschiedene Bedeutung, wie die beiden Beispiele zeigten. Hierauf muß man nicht
unbedingt bestehen, ja man kann die Parametrisierung der Bahnkurven vollständig
frei wählen; der Preis besteht darin, daß man die Zeit und eine ihr zugeordnete eigene
Geschwindigkeit als eigenständige Variablen einführen muß.
Der Einfachheit halber wollen wir dies am Beispiel eines einzigen Teilchens illustrieren, dessen Dynamik durch die L AGRANGEfunktion L(x, v, t) bestimmt sei. Die
Wirkung S ist damit
S=
Zt2
t1
L(x(t), ẋ(t), t) dt.
Wir setzen t = x0 (τ )/c, wobei c eine Konstante mit der Dimension einer Geschwindigkeit ist und x0 (τ ) eine beliebige Funktion eines reellen Parameters τ mit der Ableitung
0
x0 (τ ) 6= 0 bezeichnet. In der Praxis ist c meist die Lichtgeschwindigkeit. Es gilt
zunächst
0
t0 =
x0 (τ )
c
und
ẋ =
x0
c,
x0 0
(3.81)
woraus (falls ti = x0 (τi )/c für i = 1, 2)
S=
Zτ2
τ1
x0 (τ ) x0 (τ )
L x(τ ), 0 0 c,
c
x (τ )
0
x0 (τ )
dτ
c
(3.82)
durch eine elementare Transformation des Integrals folgt. Wir fassen jetzt x und x 0 zu
einem Vektor x = (x0 , x1 , x2 , x3 ) ∈ R4 zusammen und führen einen entsprechenden
Geschwindigkeitsvektor v = (v 0 , v 1 , v 2 , v 3 ) ∈ R4 ein. In der L AGRANGE-Funktion L
ersetzen wir jetzt t durch x0 /c und v i durch cv i /v 0 und multiplizieren mit v 0 /c. Wir
erhalten eine Funktion
1
v 2 v 3 x0 v 0
0
1 2 3 v
L (x, v) = L x , x , x , c 0 , c 0 , c 0 ,
(3.83)
v
v
v c
c
3.10 Beliebige Kurvenparameter
111
der vektoriellen Variablen x und v, für die, wie ein direkter Vergleich mit der Formel
(3.82) für S sofort zeigt, die Gleichung
S=
Zτ2
τ1
L0 x(τ ), x0 (τ ) dτ
(3.84)
gilt.
Die Extremalkurven von S sind also durch die E ULER-L AGRANGEgleichungen mit L 0
als L AGRANGEfunktion bestimmt, d.h. es gilt für die Bahnkurven
d ∂L0
∂L0
0
x(τ
),
x
(τ
)
=
x(τ ), x0 (τ ) ,
µ
µ
dτ ∂v
∂x
(µ = 0, . . . , 3).
(3.85)
Von Bedeutung ist dieses Resultat nur, wenn physikalische Gründe dazu zwingen,
Raum und Zeit in gleicher Weise zu behandeln. Diese Situation tritt tatsächlich in
der Elektrodynamik auf. Zunächst ergibt sich für die Bewegung eines Teilchens im
elektromagnetischen Feld die L AGRANGEfunktion
L(x, v, t) = − mc
2
|v|2
1− 2
c
12
q
+ hA(x, t), vi − qΦ(x, t),
c
(3.86)
wobei die vektorwertige Funktion A(x, t) das Vektorpotential und die Funktion
Φ(x, t) das skalare Potential des elektromagnetischen Feldes bezeichnen, c ist die
Lichtgeschwindigkeit. Wir wollen jetzt L 0 wie in (3.83) berechnen. Das Resultat erhält
eine besonders einfache Form, wenn wir ein Skalarprodukt h·, ·i in R 4 erklären:
hh, ki = h0 k 0 −
3
X
hi k i ,
(3.87)
i=1
und A und Φ zu einem Vektorfeld im R4 zusammenfassen:
A = (A0 , A1 , A1 , A3 ),
A0 = Φ
Wir finden dann für L0 :
1
q
L0 (x, v) = − mchv, vi 2 − hA, vi
c
(3.88)
sowie
S=
Zτ2
τ1
h
i
1
q
− mchx0 , x0 i 2 + hA, x0 i dτ.
c
(3.89)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
112
Falls A = 0 gilt wird ein freies Teilchen beschrieben; in diesem Fall ist L invariant
unter den Transformationen
x → Λx + a,
v → Λv,
wobei a ∈ R4 und Λ eine Isometrie des R4 bezüglich des oben definierten Skalarproduktes h·, ·i ist. Durch den Vektor a wird eine Raum-Zeit-Translation erzeugt. Λ kann
eine gewöhnliche Drehung des dreidimensionalen Raums sein; erlaubt ist aber z.B.
auch (α ∈ R):
(Λh)0 = cosh(α)h0 + sinh(α)h1
(Λh)1 = sinh(α)h0 + cosh(α)h1
(Λh)i = hi
(i = 2, 3).
Überraschenderweise liegt keine Invarianz bezüglich der gewöhnlichen G ALILEIboosts vor. Diese werden vielmehr durch die letztgenannten neuen Transformationen
ersetzt, die explizit Raum und Zeit mischen. Die Isometrien des R 4 bilden insgesamt
eine Gruppe, die sog. L ORENTZ-Gruppe . Nimmt man die Raum-Zeit- Translation
hinzu, so erhält man die sog. P OINCAR É-Gruppe . Sie wird, wie die volle G ALILEIGruppe , durch 10 reelle Parameter beschrieben (vergl. Übung 3.15).
Die L AGRANGE-Funktion (3.88) beschreibt noch nicht die zusätzliche Wechselwirkung unseres Teilchens mit dem Gravitationsfeld. Würde man schlicht ein N EWTONsches Gravitationspotential hinzuaddieren, so erhielte man ein nur für kleine Geschwindigkeiten gültiges Resultat. Die korrekte Lösung dieses Problems wurde von
E INSTEIN durch folgende, verblüffend einfache Modifikation von (3.88) erreicht (siehe auch Übung 3.14):
Zunächst wird die konstante Raum-Zeit-Metrik in R 4 ortsabhängig modifiziert, indem
man folgende Ersetzung vornimmt:
hh, ki → g(x)(h, k) =
3
X
gµν (x)hµ kν
(3.90)
µ,ν=0
für alle Vektoren h, k ∈R4 , und entsprechend schreibt man:
1
q
L0 = − mc (g(x)(v, v)) 2 − g(x)(A(x), v)
c
(3.91)
Diese Ersetzung kann offenbar geometrisch so gedeutet werden, daß Längen- und Zeitmessungen nicht universell definiert sind, sondern von der Position des Beobachters
abhängen. Ein einfaches Beispiel soll uns eine solche Situation illustrieren: Ein Käfer,
3.11 Nebenbedingungen
113
der über eine unregelmäßig beheizte Platte kriecht, sei mit einem temperaturempfindlichen Längenmaßstab ausgestattet. Er wird für ein und dieselbe Kurve unterschiedliche
Längen messen, je nachdem, wie die Temperatur auf seinem Weg variiert. E INSTEIN
postuliert nun, daß diese Situation für alle Beobachter in der Raum-Zeit im übertragenen Sinn ebenfalls zutrifft, nämlich daß die Wirkung der Gravitation genau einer
Verzerrung der Längen- und Winkelmaßstäbe entspricht (Allgemeine Relativit ätstheorie ). Entscheidend ergänzt wurde diese Vorstellung von ihm durch Angabe einer
Feldgleichung, die die Metrik g(x) in Beziehung zum Energieinhalt der Raum-Zeit
setzt.
3.11 Noch eine Variante des H AMILTONschen
Prinzips: Nebenbedingungen
Wir kehren jetzt zum H AMILTONschen Prinzip in seiner ursprünglichen Formulierung
zurück und betrachten die L AGRANGEfunktion
0
L (x, v, λ1 , . . . , λr , t) = L(x, v, t) +
r
X
i=1
λi ϕi (x, t)
(x, v ∈ Rm , λi ∈ R),
(3.92)
wobei ϕi , (i = 1, . . . , r) eine reellwertige Funktion ist, die wir eine Nebenbedingung
nennen wollen. L0 weist die Besonderheit auf, daß keine Abhängigkeit von den zu λ i
gehörenden Geschwindigkeiten auftritt, d.h.
∂L0
= 0.
∂vλi
(3.93)
Bei einer Gesamtvariation der vollen Wirkung von L 0 , die auch die Variation der Parameter λi einschließt, gelten natürlich wieder die E ULER-L AGRANGE- Gleichungen:
∂L0
d ∂L0
(x(t),
ẋ(t),
λ
(t),
.
.
.
,
λ
(t),
t)
=
(x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t)
1
r
dt ∂v i
∂xi
(i = 1, . . . , m)
∂L0
d ∂L0
(x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t) =
(x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t)
dt ∂vλi
∂λi
(i = 1, . . . , r)
die wir hier lediglich nach den Variablen x und λ getrennt aufgeschrieben haben.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
114
Die ersten Gleichungen liefern in kompakter Notation wegen (3.92):
r
X
x
x
d v
λi ∇ ϕi (x, t),
∇ L(x, ẋ, t)− ∇ L(x, ẋ, t) =
dt
(3.94)
i=1
die weiteren Gleichungen ergeben wegen (3.93):
ϕi (x, t) = 0
(i = 1, . . . , r)
(3.95)
Wir nehmen jetzt an, daß durch die letzten Gleichungen eine (zeitlich veränderliche)
Hyperfläche im Rm definiert wird, d.h.
W = {x ∈ Rm , ϕi (x, t) = 0,
i = 1, . . . , r}
ist offen, und es gibt eine offene Teilmenge W z ∈ Rk und eine injektive C ∞ Abbildung:
ϕtz : Wz → Rm mit ϕtz (Wz ) = W.
Die Punkte in Wz bezeichnen wir mit q = (q 1 , . . . , q k ) und bemerken:
(a) Wegen ϕi ϕtz (q), t = 0 gilt für die Vektoren
∂ϕtz
t
ϕ
(q),
t
(q)
und
∇ϕ
i
z
∂q α
auf Grund der Kettenregel
t
∂ϕz
t
= 0.
(q), ∇ϕi ϕz (q), t
∂q α
(3.96)
Gleichzeitig spannen die Vektoren den gesamten R m auf.
(b) Für jede Lösungskurve von (3.94) und (3.95) gilt x(t) = ϕ tz (q(t)); wegen der
Injektivität von ϕtz ist q(t) eine eindeutig bestimmte Kurve in W z .
(c) Wegen (3.96) steht für eine solche Kurve jeder Summand der rechten Seite von
Gleichung (3.94) orthogonal auf den Vektoren
∂ϕtz
(q(t))
∂q α
3.11 Nebenbedingungen
115
d.h. für q̃(t) : =ϕtz (q(t)) gilt
x
d v
d
d
∂ϕtz
(q(t)) ,
=0
∇ L q̃(t), q̃(t), t − ∇ L q̃(t), q̃(t), t
∂q α
dt
dt
dt
(α = 1, . . . , k)
(3.97)
Gleichung (3.94) kann also nach den Parametern λ i aufgelöst werden, wobei die Eindeutigkeit der Lösung nicht garantiert ist und auch nicht von uns verlangt wird. Die
Gleichungen (3.97) für die Kurve q(t) in W z sind also die eigentlichen Bestimmungsgleichungen für unsere Bahnkurven. Wir betrachten jetzt die L AGRANGE-Funktion
Lz (q, vq , t), die nach Abschnitt 3.6 mit Hilfe von ϕ̂ tz aus L gewonnen wird:
Lz (q, vq , t) = L(ϕ̂tz (q, vq ), t).
Es ist eine leichte Übung, mit Hilfe der Kettenregel die Identität
t
x
d
d
d v
∂ϕz
(q(t)) ,
∇ L q̃(t), q̃(t), t − ∇ L q̃(t), q̃(t), t
∂q α
dt
dt
dt
=
d ∂Lz
∂Lz
(q(t), q̇(t), t) − α (q(t), q̇(t), t)
α
dt ∂vq
∂q
zu zeigen. (3.97) ist also E ULER-L AGRANGE-Gleichung zu L z und Lz ist exakt die
L AGRANGE-Funktion zur Zwangsbedingung ϕ tz , wie sie in Abschnitt 3.6 von uns
formuliert wurde. Wir haben also in diesem Abschnitt eine alternative Formulierung
von Zwangsbedingungen in einem Variationsprinzip gefunden, das zunächst mit Hilfe
von zusätzlichen Variablen λi (den sog. L AGRANGE-Multiplikatoren ) arbeitet;
diese Variablen können auf rein algebraischem Wege aus den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen bestimmt werden. Die eigentlich relevanten Bewegungsgleichungen
ergeben sich danach wie in Abschnitt 3.6.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
116
Aufgabe 3.1 — Potentiale und Kräfte
Sei Y ∈ C ∞ (Rn , Rn ) ein Vektorfeld. Falls Y = − ∇U , U ∈ C ∞ (Rn , R), so heißt U
Potential von Y .
a) Zeigen Sie: Notwendig und hinreichend für die Existenz eines Potentials ist für
alle u, v ∈ Rn die Bedingung:
Dv hY, ui − Du hY, vi = 0.
b) Zeigen Sie: Für Y = − ∇U hängt das Integral
Zt
0
dt0 hY (x(t0 )), x(t0 )i
nicht von der speziellen Kurve ab, die x(t) mit x(0) verbindet.
c) Sei U Potential von Y , x0 Gleichgewichtspunkt der Bewegungsgleichung
mẍ = Y (x).
Zeigen Sie: Die Bewegungen um den Gleichgewichtspunkt bleiben in linearer
Näherung genau dann stabil, wenn
∂2
U
(x)
∂xα ∂xβ
x=x0
positiv definit ist.
d) Zeigen Sie: Die Kraft K =[h, x] (h, x ∈ R 3 ) besitzt kein Potential.
e) Die Komponente der Kraft K in Richtung µ 0 sei gegeben durch
K µ0 =
3
X
µ1 ...µn
cµ0 µ1 ...µn xµ1 · · · xµn
Zeigen Sie: K besitzt genau dann ein Potential, wenn c µ0 µ1 ...µn symmetrisch in
allen Indizes µ0 . . . µn ist.
P
f) Für ein n-Teilchensystem sei U = i<j fij (|xi − xj |) Berechnen Sie die Kraft
Ki = − ∇ i U .
Übungen
117
g) Sei v, x ∈ R3 , L(x, v) ∈ R. Gegeben sei die L AGRANGE-Funktion:
L(x, v) =
m 2
v + αhv, [x, B]i.
2
Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichung für L. Wie muß α gewählt werden, damit die Bewegung eines Teilchens mit Ladung q im konstanten Magnetfeld
B beschrieben wird?
Aufgabe 3.2 — Periodische Kräfte, Gleichgewichtslagen
Gegeben sei eine periodisch von Ort x abhängende Kraft F (x), wie sie z.B. in einem
Festkörper vorkommen kann,
F (x) = λ sin(αx),
λ, α > 0.
Dabei ist λ ein Maß für die Stärke der Kraft und α z.B. in einem Festkörper ein Maß
für den Abstand der Kraftzentren.
F (x)
m
αx
Abbildung 3.1: Periodische Kraft
a) Stellen Sie die eindimensionale Bewegungsgleichung für ein Teilchen der Masse
m unter dem Einfluß der Kraft F (x) auf.
b) Bestimmen Sie das zu F (x) gehörende Potential V (x) und die Gleichgewichtspunkte xs , d.h die Punkte xs mit F (xs ) = 0. Bestimmen Sie die Punkte stabilen
bzw. instabilen Gleichgewichts. Hinweis: Siehe Übung 3.1.c.
c) Linearisieren Sie die Differentialgleichung in der Nähe der Gleichgewichtspunkte
durch den Ansatz x = xs + z und führen
Sie diese auf ein System von Differenti z
zurück.
algleichungen erster Ordnung in y =
v
d) Bestimmen Sie die Lösungen y(t) mit den Anfangsbedingungen z(0) = z 0 ,
ż(0) = v0 und untersuchen Sie die Stabilität der Bahnen.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
118
Gegeben sei jetzt ein Zweiteilchensystem mit (zur Vereinfachung) gleichen Massen
m, zwischen denen zusätzlich eine Kraft
G12 = κ (x1 − x2 ),
G21 = κ (x2 − x1 )
κ<0
wirke. Dabei ist κ ein Maß für die Stärke der Kraft. Ohne diese zusätzliche Kraft
(d.h. für κ = 0) folgen für die einzelnen Teilchen die gleichen stabilen Lagen, wie in
Teilaufgaben a) - d) berechnet. Schaltet man jedoch die Kraft zwischen den Teilchen
ein (κ < 0 ist eine anziehende Kraft) so existieren bis auf Verschiebungen um ein
Vielfaches von 2π/α nur noch endlich viele, verschiedene stabile Lösungen. Das soll
im folgenden untersucht werden.
e) Zeigen Sie, daß die eindimensionale Bewegungsgleichung für das Teilchensystem
unter den Einfluß der Kräfte F , G12 und G21 gegeben ist durch:
mẍ1 = κ (x1 − x2 ) + λ sin(αx1 )
mẍ2 = − κ (x1 − x2 ) + λ sin(αx2 ).
f) Finden Sie die Gleichgewichtspunkte x 1s , x2s ; zeigen Sie, daß folgende Gleichungen gelten (n ∈Z):
αλ sin(αx1s ) = 2κ (nπ − αx1s ) αx2s = 2nπ − αx1s
(Fall A)
αλ sin(αx1s ) = κ (2n + 1)π
αx2s = (2n + 1)π + αx1s (Fall B)
g) Linearisieren Sie die Differentialgleichung in der Nähe der Gleichgewichts- punkte und führen Sie diese auf ein System von 4 Differentialgleichungen erster
Ordnung zurück.
h) Zeigen Sie, daß dieses System von Differentialgleichungen für die Fälle A(mit
Index +“) bzw. B (mit Index −“) beschrieben werden kann durch:
”
”
ẏ(t) = A± y(t)
wobei



z1 (t)

 z2 (t) 
 und A± =  κ
y(t) = 
 +
 v1 (t) 
m
v2 (t)
0
0
αλ
cos(αx
1s )
m
κ
−m
κ
m

0
10
0
0 1
.
κ
−m
0 0
± αλ
m cos(αx1s ) 0 0
i) Bestimmen Sie die Eigenwerte von A ± . Zeigen Sie, daß stabile Lösungen für
alle Anfangsbedingungen nur für den Fall A existieren können mit cos(αx 1s ) < 0.
Setzen Sie in diesem Fall αx1s = ξ + 2kπ (warum?), π2 ≤ ξ < 3π
2 , k ∈ Z und zeigen
Sie graphisch, daß die Stabilitätsbedingungen nur von endlich vielen Lösungen
ξi (n, k) erfüllt werden. Drücken Sie x 1s und x2s mit Hilfe der ξi (n, k) aus.
Übungen
119
j) Seien die Kraftkonstanten so gewählt, daß λ = − κ (4π/α). Bestimmen Sie in
diesem Fall graphisch die Anzahl der stabilen Punkte und skizzieren Sie deren
Lage.
Aufgabe 3.3 — Zylinderkoordinaten, sphärische Polarkoordinaten
Sei V offen in R3 , x ∈ R3 . Sei f : V → V definiert durch xα = f α (q), q = (q 1 , q 2 , q 3 ),
α = 1, 2, 3. Wir untersuchen die folgenden Spezialfälle.
a) Seien q 1 =ρ, q 2 = φ, q 3 =z Zylinderkoordinaten“ von x mit 0 ≤ ρ < ∞,
”
0 ≤ φ < 2π, −∞ < z < ∞ und f gegeben durch:
f 1 = ρ cos φ,
i)
ii)
f 2 = ρ sin φ,
f 3 = z.
Bestimmen Sie die JACOBI-Matrix Df (ρ, φ, z).
Berechnen Sie die Metrik g(ρ, φ, z), definiert durch
g(ρ, φ, z)(vq , vq ) = hDf (ρ, φ, z)(vq ), Df (ρ, φ, z)(vq )i.
b) Seien q 1 = r, q 2 =φ, q 3 = θ die sphärischen Polarkoordinaten“
”
0 ≤ r < ∞, 0 ≤ φ < 2π, 0 ≤ θ < π und f gegeben durch:
f 1 = r sin θ cos φ
i)
ii)
f 2 = r sin θ sin φ
von x mit
f 3 = r cos θ
Bestimmen Sie die JACOBI-Matrix Df (ρ, φ, θ).
Berechnen Sie die Metrik g(ρ, φ, θ).
2
c) Berechnen Sie die Geschwindigkeit ẋ, die kinetische Energie T = m
2 ẋ und den
Drehimpuls L =m[x, ẋ] in Zylinder- und sphärischen Polarkoordinaten.
Aufgabe 3.4 — Das sphärische Pendel
Gegeben sei ein sphärisches Pendel, das im Koordinatenursprung aufgehängt sei und
dem Einfluß der Schwerkraft unterliege. Die L AGRANGE-Funktion ohne Zwangsbedingung ist gegeben durch
1
L = mv 2 − mgz
2
a) Schreiben Sie die L AGRANGE-Funktion in sphärischen Polarkoordinaten, und
führen Sie die Zwangsbedingung r =l = const. ein.
b) Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
120
e3
θ
e2
φ
`
e1
ϑ
m
−mg
Abbildung 3.2: Sph¨arisches Pendel
c) Bestimmen Sie die Ruhelage des Pendels. Lösen und diskutieren Sie die möglichen
Bahnen des um die Ruhelage linearisierten Problems.
d) Bestimmen Sie die aus c) folgenden Konstanten der Bewegung.
e) Lösen Sie die vollen E ULER-L AGRANGE-Gleichungen, indem Sie sie auf Integrale
über die Konstanten der Bewegung zurückführen.
f) Bestimmen Sie graphisch die Umkehrpunkte der Bewegung.
Aufgabe 3.5 — Das F OUCAULT-Pendel
Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m unter
Einfluß eines Potentials U (x) in einem Inertialsystem mit Standardbasis (e 1 , e2 , e3 )
lautet:
1
L(x, v) = mv 2 − U (x)
2
a) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion in einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω ∈ R3 rotierenden Koordinatensystem mit Standardbasis (e 1 (t), e2 (t), e3 (t)),
wobei eα (t) = Oω (t)eα , gegeben ist durch
1
1
L0 (z, vz ) = mvz2 + mhω, [z, vz ]i + m[ω, z]2 − U (Oω (t)z),
2
2
wobei z = Oω (t)−1 x, d.h. z α =heα (t), xi und Oω (t)h = exp(A(ω)t)h, A(ω)h = [w, h]
für alle h ∈ R3 .
Übungen
121
b) Überprüfen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für L 0 zu folgender
Bewegungsgleichung im rotierenden Koordinatensystem führen:
mz̈ = − 2m[ω, ż] − m[ω, [ω, z]] + Oω (t)−1 F (Oω (t)z),
wobei F (x) = − (∇U )(x).
Betrachtet wird jetzt die Bewegung eines (mathematischen) Pendels (Masse m, Länge
L) auf der geographischen Breite β, unter Berücksichtigung der Erdrotation mit
Winkelgeschwindigkeit ωE ≈ 7.3 · 10−5 s−1 .
ω
e3 (t)
θ
β
φ
`
m
e2 (t)
e1 (t)
Abbildung 3.3: F OUCAULT-Pendel
2 , die
c) Zeigen Sie, daß bei Vernachlässigung von Termen der Ordnung ω E
3
L AGRANGE-Funktion nach Teilaufgabe a) mit U (O ω (t)z) = mgz , unter Berücksichtigung der Zwangsbedingung r = L gegeben ist durch:
L(θ, φ, vθ , vφ ) = mL2
h1
2
vθ2 + sin2 θ vφ2
−ωE cos β (1 − cos θ) (sin φ vφ − sin θ cos φ vφ )
i
g
+ωE sin β sin2 θ vφ − (1 − cos θ) ,
L
wobei g die Gravitationsbeschleunigung an der Erdoberfläche ist und (r, θ, φ)
(siehe Figur) die Polarkoordinaten von z sind.
Im folgenden beschränken wir uns auf den Fall kleiner Auslenkungen.
3 Das H AMILTONsche Prinzip
122
d) Zeigen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen unter Vernachlässigung von
Termen der Ordnung θ 2 wie folgt lauten:
g
θ̈ = φ̇2 + 2ωE sin β φ̇ −
θ
L
φ̇ = −ωE sin β
e) Geben Sie die allgemeine Lösung zu den Bewegungsgleichungen aus d) an
und diskutieren Sie den Bewegungsablauf. (Wählen Sie z.B. als Anfangswerte
θ(0) = θ0 , φ(0) = 0, θ̇(0) = 0).
Aufgabe 3.6 — Relativistische freie Bewegung
Die L AGRANGE-Funktion für die relativistische, kräftefreie Bewegung eines Teilchens
der Masse m lautet:
s
2
|v|
2
L(x, v) = − mc 1 −
c
wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist.
a) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung.
b) Lösen Sie die Bewegungsgleichung. Welche Werte kann die Geschwindigkeit v
annehmen?
Aufgabe 3.7 — Bewegung in einem elektromagnetischen Feld
Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m und Ladung
q in einem elektromagnetischen Feld mit dem skalaren Potential Φ(x, t) und dem
Vektorpotential A(x, t) lautet:
1
q
L(x, v, t) = mv 2 − qΦ(x, t) + hv, A(x, t)i
2
c
a) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung.
b) Zeigen Sie, daß unter einer sog. Eichtransformation
A(x, t) → A0 (x, t) = A(x, t) + ∇Λ(x, t)
Übungen
123
Φ(x, t) → Φ0 (x, t) = Φ(x, t) −
1 ∂Λ
(x, t)
c ∂t
gilt
1
q
L0 (x, v, t) = mv 2 − qΦ0 (x, t) + hv, A0 (x, t)i
2
c
q ∂Λ
+ hv, ∇Λ(x, t)i
= L(x, v, t) +
c ∂t
c) Schließen Sie hieraus: Die Extremalkurven von L und L 0 sind gleich, d.h. die
Bahnkurven x(t) in den Potentialen (Φ, A) und (Φ 0 , A0 ) sind gleich.
Aufgabe 3.8 — Bewegung in einem gekrümmten Raum
Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m sei gegeben
durch
L(x, v) =
1
mgαβ (x) v α v β
2
mit
gαβ (x) = δαβ 1+
1
2 2 .
|x|
R
Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung.
Aufgabe 3.9 — Das K EPLER-Problem II
Wir untersuchen das Zweiteilchensystem mit Massen m 1 und m2 mit Hilfe der
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen. Die L AGRANGE-Funktion ist gegeben durch
1
L = hv, mvi − U (x)
2
mit x : =(x1 , x2 ), v : = (v1 , v2 ) und
hv, mvi : = m1 |v1 |2 + m2 |v2 |2
U (x) : = V (|x1 − x2 |)
3 Das H AMILTONsche Prinzip
124
1 , v 2 , v 3 , v , v , v ), und sei x(q)
Sei x = x(q) mit q = (R1 , R2 , R3 , r, θ, φ) und v = (vR
R R r θ φ
gegeben durch
m1
m2
y(r, θ, φ), R −
y(r, θ, φ)
x(q) = (x1 (q), x2 (q)) = R +
M
M
mit
y(r, θ, φ) = (r sin θ cos φ, r sin θ sin φ, r cos θ)
a) Stellen Sie die L AGRANGE-Funktion für die Koordinaten (q, v q ) auf.
b) Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen.
c) Bestimmen Sie eine spezielle Lösung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für
den Fall θ = π2 , θ̇ = 0, R = Ṙ =0.
d) Was folgt aus der G ALILEI-Invarianz der L AGRANGE-Funktion für die allgemeine
Lösung? Hinweis: Benutzen Sie dazu die S¨atze aus Kapitel 3.
Aufgabe 3.10 — Trägheitstensor
Der Trägheitstensor eines starren Körpers ist definiert durch:
X
X
hh0 , Θhi = −
mi hh0 , [x0i , [x0i , h]]i, mit
mi x0i = 0
i
i
a) Zeigen Sie:
hh0 , Θhi =
X
i
mi hh0 , hihx0i , x0i i − hh0 , x0i ihh, x0i i .
Für den Fall kontinuierlicher Massenbelegung
Z
Z
X
mi →
dm →
d3x ρ(x)
i
gilt
0
hh , Θhi =
Z
3
0
0
d x ρ(x) hh , hihx, xi − hh , xihh, xi mit
Z
d3x xρ(x) = 0.
Im folgenden sollen die Trägheitstensoren von Körpern homogener Massenbelegung,
d.h. ρ(x) = ρ0 für das ganze Volumen, berechnet werden. Wählen Sie
R dabei geeignete
Koordinaten und den Ursprung des Koordinatensystem so, daß gilt d3x xρ(x) = 0.
Übungen
125
Bestimmen Sie jeweils das Volumen der Körper, den Schwerpunkt R 0 und berechnen
Sie den Trägheitstensor in einem geeigneten Koordinatensystem in dem R 0 = 0 gilt für
die folgenden Fälle:
b) eines Quaders mit Kantenlängen 2a, 2b, 2c.
c) eines Zylinders mit Höhe H und Durchmesser 2R.
d) eines Kinderkreisels (Kegel) mit Höhe H und Durchmesser der Grundfläche von
2R.
e) einer Kugel mit Radius R.
Hinweise: In Zylinderkoordinaten gilt: d 3x = r dr dφ dz In Kugelkoordinaten gilt:
d3x = r 2 dr dφ du = r 2 sin θ dr dφ dθ mit u = cos θ.
Aufgabe 3.11 — Teilchen im Beschleuniger
In dieser Aufgabe wollen wir die Bewegung eines geladenen Teilchens (Ladung q ,
Masse m) in einem elektromagnetischen Feld in der sogenannten linearen N¨aherung
studieren. Wir werden auf diese Weise einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie
z.B. ein Teilchenbeschleuniger funktioniert.
Gegeben sei eine L AGRANGE-Funktion L(x, v, t) und eine Bahnkurve (die Sollbahn)
x0 (t), die eine Lösung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen ist:
d ∂L
∂L
(x0 , ẋ0 , t) =
(x0 , ẋ0 , t).
dt ∂v
∂x
Wir betrachten kleine Abweichungen y und w von der Sollbahn:
x = x0 (t) + y
v = ẋ0 (t) + w
und wollen (y(t), w(t)) als Funktion der Zeit in linearer Näherung bestimmen. Dazu
wird L(x, v, t) um die Kurve (x0 (t), ẋ0 (t)) bis zur zweiten Ordnung entwickelt:
x
v
L0 (x, v, t) = L(x0 , ẋ0 , t) + hy, ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i + hw, ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i
+ L(2) (y, w, t)
mit
L(2) (y, w, t) =
1X
2 µ,ν
∂2L
∂2L
µ ν
(x
,
ẋ
,
t)y
y
+
2
(x0 , ẋ0 , t)y µ wν
0 0
∂xµ ∂xν
∂xµ ∂v ν
3 Das H AMILTONsche Prinzip
126
∂2L
+ µ ν (x0 , ẋ0 , t)wµ wν
∂v ∂v
!
Setze φt (y) = x0 (t) + y. Zeigen Sie:
a)
b)
mit
∂φt φ̂t (y, w) : = φt (y), Dφt (y)w +
(y) = x0 (t) + y, ẋ0 (t) + w
∂t
(2)
L (y, w, t) = L̃(φ̂(y, w), t)
L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) − hv, ∇W (x, t)i −
∂
W (x, t)
∂t
und
v
W = hx − x0 , ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i +
Zt
0
dt0 L(x0 (t0 ), ẋ0 (t0 ), t0 ).
Hinweis: Beachten Sie, daß x0 (t) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L
erfüllt.
Die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L(2) (y, w, t) bestimmen die Abweichungen
y(t) von der Sollbahn. Setzen Sie jetzt
L(x, v, t) =
m 2 q
|v| + hv, A(x, t)i,
2
c
wobei A(x, t) ein Vektorfeld ist.
c) Zeigen Sie, daß damit L(2) (y, w, t) gegeben ist durch
L(2) (y, w, t) =
m 2 1 q X ∂2A
(x0 , t), ẋ0 iy µ y ν
|w| +
h
2
2 c µ,ν ∂xµ ∂xν
+
q X ∂A
((x0 , t), wiy µ .
h
c µ ∂xµ
F RENETsche Formeln“ Gegeben sei eine geschlossene Kurve x(s), x(L) = x(0),
”
d
wobei s die Bogenlänge ist. Daher gilt für die Tangente x 0 (s) : = ds
x(s): |x0 (s)| = 1.
Übungen
127
Weiterhin sei überall x00 (s) 6= 0. Wir definieren jetzt:
die Krümmung
κ(s) = |x00 (s)|
den Normalenvektor n(s) = x00 (s)/κ(s)
den Binormalenvektor b(s) = [x0 (s), n(s)]
d) Zeigen Sie, daß hx00 (s), x0 (s)i = 0 und schließen Sie hieraus: Die Vektoren x 0 (s),
n(s), b(s) bilden für alle s ein Orthonormalsystem.
e) Zeigen Sie: Es gibt eine eindeutig bestimmte Funktion τ (s) (die Torsion), so daß
die F RENETschen Formeln gelten:
b0 (s) = τ (s) n(s),
n0 (s) = −κ(s) x0 (s) − τ (s) b(s).
Die Vektoren x0 (s), n(s) und b(s) können zur Parametrisierung von Nachbarkurven
x(s, α, β, γ) von x(s) verwendet werden:
x(s, α, β, γ) = x(s + α) + βn(s) + γb(s)
≈ x(s) + αx0 (s) + βn(s) + γb(s)
In der Anwendung ist s(t) eine Funktion der Zeit und die Parameter α, β, γ müssen
als Funktionen der Zeit durch die Bewegungsgleichungen bestimmt werden.
Im folgenden verwenden wir für y die F RENETschen Koordinaten
y = αx00 (s(t)) + βn(s(t)) + γb(s(t)) = ψ t (α, β, γ).
f) Zeigen Sie, daß
ψ̂ t (α, β, γ, vα , vβ , vγ ) :=
(ψ t (α, β, γ) , Dψ t (α, β, γ)(vα , vβ , vγ ) +
∂ψ t
(α, β, γ))
∂t
= (αx00 + βn + γb , (vα − βκṡ)x00 + (vβ + (ακ + γτ )ṡ)n + (vγ − βτ ṡ)b).
g) Berechnen Sie die L AGRANGE-Funktion
L0 (α, β, γ, vα , vβ , vγ , t) = L(2) (ψ̂ t (α, β, γ, vα , vβ , vγ ), t).
h) Welche Bedingungen müssen die Gradienten des Vektorfeldes A(x, t) erfüllen,
damit die Terme linear in (vα , vβ , vγ ) verschwinden? Wie sieht in diesem Fall L 0
3 Das H AMILTONsche Prinzip
128
aus?
i) Leiten Sie unter der Voraussetzung c) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen her,
und zeigen Sie, daß diese zu einem linearen Differentialgleichungssystem mit
zeitabhängigen Koeffizienten führen.
Analytisch kommt man zunächst ohne Zusatzannahmen nicht viel weiter. Falls die
Krümmung κ(s) und die Torsion τ (s) schnell veränderliche periodische Funktionen
der Bahnparameter s sind, kann man die Koeffizienten durch zeitliche Mittelwerte
ersetzen.
j) Unter welcher Bedingung arbeitet der Beschleuniger dann in der hier betrachteten
linearen Näherung stabil?
k) Ist ein Zyklotron (konstantes B-Feld, z.B. in e 3 -Richtung, Sollbahn ist eine
Kreisbahn mit konstanter Krümmung und ohne Torsion) in obigem Sinne ein
stabiler Beschleuniger?
Aufgabe 3.12 — Das Brachistochronenproblem
Im Phantasialand soll eine Rutsche gebaut werden, die von einem vorgegebenen
oberen Punkt A zu einem vorgegebenen unteren Punkt B führen soll. Damit möglichst
viele Kinder rutschen können, soll die Bahn in kürzester Zeit durchlaufen werden.
Welche Form muß die Rutsche, bei Vernachlässigung der Reibung, haben?
e3
A
C(s)
B
e1
Abbildung 3.4: Das Brachistochronenproblem
Als Zwangsbedingung geben wir eine beliebige Kurve C(s) = (x(s), z(s)) von A nach
B vor, die den geometrischen Ort der Rutsche beschreibt. Dabei ist s die Bogenlänge,
d.h. (x0 (s))2 + (z 0 (s))2 =1. Die L AGRANGE-Funktion für diese Zwangsbedingung
lautet nach 3.6
L(s, vs ) =
m 2
v − mgz(s).
2 s
Übungen
129
a) Leiten Sie die Bewegungsgleichungen her, und zeigen Sie:
1
√
2g
Zs
0
dσ
p
= t(s),
ε − z(σ)
ε=
E
.
mg
Dabei ist t(s) also die Zeit, die ein Körper benötigt, um bei fester Kurve von A
nach (x(s), z(s)) zu gelangen.
b) Zeigen Sie jetzt, daß allgemein gilt
s ds
dz 2
=
+1
dx
dx
c) Schließen Sie aus b), daß gilt
s
ZxB
dz 2
1 + dx
1
√
dx
= T,
ε − z(x)
2g
xA
wobei T die Zeit ist, um von A nach B zu gelangen.
Um die optimale Form der Kurve zu bestimmen, für die T ein Minimum ist, fassen
wir T als Wirkungsfunktional von z(x) auf und betrachten die E ULER- L AGRANGEGleichungen zur L AGRANGE-Funktion
r
1 + w2
1
L̃(z, w) = √
ε−z
2g
d) Leiten Sie die entsprechenden E ULER-L AGRANGE-Gleichungen her und bestimmen Sie damit die Bahnkurven. Hinweis: Verwenden Sie dabei eine Substitution
vom Typ c2 (ε − z) = sin2 u, wobei c eine Konstante ist.
e) Bestimmen Sie (x(u), z(u)) für die Anfangsbedingungen (x, z) A =(0, 0) und
(vx , vz )A =(0, 0).
Aufgabe 3.13 — Die E ULERschen Winkel
Sei O eine speziell orthogonale Matrix mit Spaltenvektoren e 1 , e2 und e3 , d.h.
O = e1 e2 e3
3 Das H AMILTONsche Prinzip
130
Es gilt also:
hei , ek i = δik
(3.98)
e3 kann durch Polarkoordinaten parametrisiert werden:


sin α sin β
e3 =  − cos α sin β  mit α ∈ [0, 2π), β ∈ [0, π)
cos β
a) Zeigen Sie: Die Vektoren e01 und e02




cos α
− sin α cos β
e01 =  sin α  , e02 =  cos α cos β 
0
sin β
erfüllen he3 , e01 i = he3 , e02 i = 0, |e01 | = |e02 | = 1 und he01 , e02 i = 0. Ferner gilt:



cos α − sin α 0
1 0
0
0 0
e1 e2 e3 =  sin α cos α 0   0 cos β − sin β 
0
0
1
0 sin β cos β
b) Zeigen Sie: Jedes Paar von Vektoren e 1 , e2 , das (3.98) genügt, muß die Form
e1 = cos γe01 + sin γe02 , e2 = − sin γe01 + cos γe02 mit γ ∈ [0, 2π)
haben. Es gilt ferner:
e1 e2 e3
=
e01 e02 e3


cos γ − sin γ 0
 sin γ cos γ 0 
0
0 1
c) Zeigen Sie: Aus b) folgt O = Oα Oβ Oγ mit






cos α− sin α0
1 0
0
cos γ− sin γ0
Oα =  sin α cos α 0  , Oβ =  0cos β− sin β  , Oγ =  sin γ cos γ 0 
0
0 1
0sin β cos β
0
0 1
d.h. O kann durch 3 Winkel α, β, γ eindeutig parametrisiert werden.
d) Zeigen Sie: Falls O0 konstant ist, so ist eine eindeutige Parametrisierung auch
durch O =Oα Oβ Oγ O0 gegeben.
Übungen
131
Berechnen Sie
O −1
∂
O,
∂α
O −1
∂
O,
∂β
O −1
∂
O
∂γ
sowie die eindeutig bestimmten Vektoren ω i ,
A(ω1 ) = O −1
∂
O,
∂α
A(ω2 ) = O −1
∂
O,
∂β
A(ω3 ) = O −1
∂
O
∂γ
und die Skalarprodukte hωi , ωk i.
Aufgabe 3.14 — Das K EPLER-Pproblem in der Allgemeinen Relativitätstheorie
In der Allgemeinen Relativitätstheorie wird gezeigt: Die Bewegung eines Probekörpers der Masse m im Feld einer schweren, ruhenden Masse M wird durch die
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion
L(x, v) = − mc
2
2GM hx, vi2
|v|2
2GM
− 2
−
1− 2
c |x|
(c |x| − 2GM )|x|2 c2
c2
12
bestimmt. (c ist die Lichtgeschwindigkeit und G die Gravitationskonstante). L ist
nur für |x| > rS =2GM/c2 definiert. (rS heißt S CHWARZSCHILD-Radius ). Die
Bewegung kann zunächst nur für |x| > r S bestimmt werden. (Für |x| < rS fällt der
Probekörper in ein schwarzes Loch).
a) Zeigen Sie: Falls x(t) eine Lösung der Bewegungsgleichungen ist, so ist auch
Ox(t) für jede Drehung O ∈ SO(3) eine Lösung der Bewegungsgleichungen.
b) Zeigen Sie: Falls L/c2 in eine Potenzreihe in der Variable α = c −2 entwickelt wird,
so gilt:
m 2 GM m
L
= −m+α
|v| −
+ O(α2 )
c2
2
|x|
Interpretieren Sie dieses Resultat.
Wir führen jetzt Polarkoordinaten ein:


r sin θ cos φ
x = ψ(r, θ, φ) =  r sin θ sin φ 
r cos θ
3 Das H AMILTONsche Prinzip
132
c) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion
L0 (r, θ, ψ, vr , vθ , vφ ) = L φ̂(r, θ, φ, vr , vθ , vφ )
gegeben ist durch
0
L (r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = − mc
2
rs
v2
1−
− 2 r
r
c 1−
r2 2
2
2
v
+
sin
θ
v
−
θ
φ
rs
c2
r
!1
2
.
d) Berechnen Sie die zu L0 zugehörigen E ULER-L AGRANGEGgleichungen, sowie
∂L0
∂L0
∂L0
H = ṙ
+ θ̇
+ φ̇
− L0 ∂vr
∂vθ
∂vφ
r,θ,φ,ṙ,θ̇,φ̇
Begründen Sie, daß H = const.
e) Zeigen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen eine spezielle Lösung mit
θ = const. = π2 besitzen und daß für diese Lösung gilt:
r 2 φ̇
= const. = a
1 − rrs
und
1
ṙ 2
rs − 2
1− r
c 1−
−
rs 3
r
a2
= const. = b.
c2 r 2
Schließen Sie aus a): Die allgemeine Bewegung wird aus dieser speziellen Lösung
durch eine Drehung erzeugt.
dr
f) Fassen Sie r als Funktion von φ auf, und zeigen Sie, daß mit r 0 : = dφ
die
Gleichung
r0
= ±
r2
c2 (1 − b) bc2 rs
1
rs
+ 2 − 2+ 3
2
a
a r
r
r
12
gilt.
g) Vernachlässigen Sie zunächst den Term proportional zu r −3 unter der Wurzel.
Wie sieht r als Funktion von φ aus? Vergleichen Sie dieses Resultat mit der
bekannten Lösung r(φ) des K EPLER-Problems und schließen Sie, daß die volle
Lösung der letzten Gleichung keinen konstanten RUNGE-L ENZ-Vektor mehr er
laubt. (Phänomen der Periheldrehung !).
Übungen
133
Aufgabe 3.15 — Die L ORENTZ-Transformationen
Wir versehen den R4 mit einem Skalarprodukt h·, ·i:
hh, ki : =
3
X
εµ hµ k µ
µ=0
wobei


h0
 h1 

h= 
 h2  , k =
h3


k0
 k1 
 2;
k 
k3
ε0 = 1,
εi = − 1
(i = 1, 2, 3).
h·, ·i heißt M INKOWSKI-Metrik.
falls hh, hi = 0 und h 6= 0,
falls hh, hi > 0,
falls hh, hi < 0 .
h heißt lichtartig,
h heißt zeitartig,
h heißt raumartig,
Für die Standardbasis e µ
 
1
0

e0 = 
0,
0
gilt also
 
0
1

e1 = 
0,
0
 
0
0

e2 = 
1,
0
 
0
0

e3 = 
0,
1
e0 ist zeitartig,
ei ist raumartig (i = 1, 2, 3).
Im R4 ist eine Determinantenfunktion ∆(x 1 , x2 , x3 , x4 ) eindeutig durch die Bedingung ∆(e0 , e1 , e2 , e3 ) = 1 festgelegt.
Die L ORENTZ-Gruppe L ist die Gruppe aller linearen Transformationen Λ :
R4 → R4 mit hΛh, Λki = hh, ki .
3 Das H AMILTONsche Prinzip
134
a) Zeigen Sie: Falls Λe 0 = e0 , so gilt:


10 0 0
0
 k

Λ= 
0 O  P ,
0
wobei P k die Raumspiegelung bezeichnet, k = 1, 2 und O ∈ SO(3) eine Drehung
ist.
Wir wollen in der Folge O mit der entsprechenden Transformation in R 4 (s.o.)
identifizieren.
b) Zeigen Sie: Durch
(Λ(α)h)0 = cosh(α) h0 + sinh(α) h1
(Λ(α)h)1 = sinh(α) h0 + cosh(α) h1
(Λ(α)h)2 = h2
(Λ(α)h)3 = h3
wird eine L ORENTZ-Transformation Λ(α), (α ∈ R) erklärt.
c) Zeigen Sie, daß mit
v/c
,
sinh(α) = p
1 − (v/c)2
1
cosh(α) = p
,
1 − (v/c)2
und h0 =x0 = ct, hi =xi für v/c 1 die L ORENTZ-Transformation L(α) in eine
G ALILEI-Transformation übergeht.
Sei Λ eine L ORENTZ-Transformation und p ein 4-Vektor mit
 0
p
 p1 

Λe0 = p = 
 p2 
p3
Übungen
135
und sei O eine Drehung mit
 1
 
p
|p|
 p2  = sign(p0 ) O  0  ,
p3
0
wobei |p| =
qP
3
i=1
(pi )2 . Setze α = arsinh(|p|).
d) Zeigen Sie:
p = sign(p0 ) O Λ(α) e0 .
e) Zeigen Sie: Es gibt zwei Drehungen O 1 und O2 , so daß
Λ = sign(p0 ) O1 Λ(α) O2 P k ,
mit k = 1 für det(Λ) = − sign(p0 ) und k = 2 für det(Λ) = sign(p0 ).
Durch −P wird die Zeitspiegelung und durch −1I die Raumzeitspiegelung erklärt.
Diejenigen Elemente Λ, die keine Spiegelungen enthalten, bilden eine Untergruppe
Λ+ von L, die Gruppe der eigentlich orthochronen L ORENTZ-Transformationen.
Die Generatoren von Λ+
Sei A : R4 → R4 linear und schief bezüglich h·, ·i, d.h. für alle h, k ∈R 4 gilt:
hh, Aki = − hAh, ki.
Sei L̂ die Menge dieser linearen, schiefen Transformationen. Setze
ωµν h = eµ heν , hi − eν heµ , hi,
µ < ν.
Weiterhin wird der Kommutator von A und B definiert durch
[A, B]− : = AB − BA für alle A, B ∈ L̂.
f) Zeigen Sie: L̂ ist ein 6-dimensionaler Vektorraum mit Basis ω µν .
ωµν heißen die Generatoren von L+ .
g) Zeigen Sie [A, B]− ∈ L̂ für A, B ∈ L̂.
h) Berechnen Sie die Kommutatoren [ω µν , ωκλ ]− .
i) Zeigen Sie: L = exp(τ A) ∈ L+ .
3 Das H AMILTONsche Prinzip
136
j) Berechnen Sie exp(τ ωµν )x für beliebiges x.
Aufgabe 3.16 — Relativistische Bewegung eines Teilchens in einem elektromagnetischen Feld
Für ein geladenes Teilchen der Masse m und Ladung q werden die Bewegungsgleichungen in einem elektromagnetischen Feld durch die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion
1
q
L(x, v) = − mchv, vi 2 − hA(x), vi
c
bestimmt. A(x) ∈ R4 ist das sog. Vektorpotential der elektromagnetischen Felder. Für
ein konstantes elektromagnetisches Feld kann A(x) = − 12 F x gesetzt werden mit
F ∈ L̂. (Für die Notation siehe Aufgabe 3.15).
a) Leiten Sie für dieses konstante elektromagnetische Feld die Bewegungsgleichungen her.
Setzen Sie x(τ ) = x(s(τ )) mit
d
s(τ ) =
dτ
d
d
x(τ ),
x(τ )
dτ
dτ
1
2
d
x(s).
b) Zeigen Sie, daß gilt hx0 , x0 i = 1, wobei x0 = ds
c) Zeigen Sie, daß die Bewegungsgleichungen aus a) zu
d
d2
x=
Gx
2
ds
ds
führen, wobei G = −
q
F
mc2
∈ L̂.
d) Zeigen Sie, daß die Lösung zu dieser Differentialgleichung wie folgt geschrieben
werden kann (Benutzen Sie die Sätze über lineare Differentialgleichungssysteme):
x(s) = x(0) +
Zs
0
dσ exp ((s − σ)G) x0 (0).
e) Skizzieren Sie die vollständige Berechnung von x(s) für folgenden Fälle:
Übungen
i)
ii)
137
Ein konstantes 
Feld mit

0 E 0 0
E 0 0 0 

F µν = 
 0 0 0 −B 
0 0 B 0
Hinweis: Zerlegen Sie F nach den Generatoren ω µν von L+ .
Ein konstantes 
Feld mit

0 B 0 0
 B 0 −B 0 

F µν = 
 0 B 0 0
0 0 0 0
Man kann zeigen, daß der allgemeine Fall eines konstanten Feldes durch geeignete
L ORENTZ-Transformationen auf die Fälle e.i) und e.ii) zurückzuführen ist.
138
4
H AMILTONsche Mechanik
4.1 Die H AMILTONschen Gleichungen
In Abschnitt 2.2 wurden die N EWTONschen Gleichungen in ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung überführt. Dies soll nun für die E ULER-L AGRANGEGleichungen zur L AGRANGE-Funktion L(q, v q , t) der Variablen q = (q 1 , . . . , q m ) und
Geschwindigkeiten v = (vq1 , . . . , vqm ) in einer Weise durchgeführt werden, die das System möglichst symmetrisch macht. Zunächst definieren wir neue Variablen (die sog.
kanonischen Impulse ) )
pµ =
∂L
(q, vq , t),
∂vqµ
(µ = 1, . . . , m),
(4.1)
wobei wir von L verlangen, daß für festes q und t die Gleichungen (4.1) nach v q
aufgelöst werden können. Weiter definieren wir die H AMILTON-Funktion H(q, p, t)
durch:
H(q, p, t) =
m
X
µ=1
pµ vqµ (q, p, t) − L (q, vq (q, p, t), t) .
(4.2)
H besitzt die folgenden Eigenschaften, die durch elementare Anwendung der Kettenregel bewiesen werden:
∂H
= vqκ ,
∂pκ
∂H
∂L
= − κ,
∂q κ
∂q
(κ = 1, . . . , m).
(4.3)
Für eine Extremalkurve q(t), die den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen genügt, ist
pµ (t) =
∂L
(q(t), q̇(t), t)
∂vqµ
und damit gelten wegen (4.3) die H AMILTONschen Gleichungen:
ṗκ = −
∂H
(q, p, t),
∂q κ
q̇κ =
∂H
(q, p, t),
∂pκ
(k = 1, . . . , m).
(4.4)
4.1 Die H AMILTONschen Gleichungen
139
Wir fassen dieses in der Tat in q und p hochsymmetrische Resultat, das offenbar eine
äquivalente Umformung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen darstellt, noch einmal
in kompakter, leicht merkbarer Form zusammen:
H AMILTONsche Gleichungen
vq
p = ∇ L,
H = hp, vq i − L
(4.5)
q
ṗ = − ∇ H,
p
q̇ = ∇ H.
Das Gleichungssystem wird allein durch die sog. H AMILTONsche Funktion H bestimmt. Wir berechnen sie für zwei wichtige Beispiele:
Beispiel 4.1 — n Massenpunkte
Unsere Standard-L AGRANGE-Funktion für n Massenpunkte x i lautet:
L(x, v) = hv, mvi − U (x),
(x = (x1 , . . . , xn ) und m ist die Massenmatrix). Also gilt:
v
p = ∇ L = mv.
Somit folgt:
v = m−1 p
und
H(x, p) =
1
hp, m−1 pi + U (x).
2
Für ein einziges Teilchen gilt speziell
H(x, p) =
|p|2
+ U (x).
2m
4 Die H AMILTONsche Mechanik
140
Beispiel 4.2 — Geladenes Teilcehn in einem elektromagnetischen Feld
Die L AGRANGE-Funktion für ein geladenes Teilchen im elektromagnetischen
Feld mit Vektorpotential A und skalarem Potential Φ lautet (in relativistischer
Form):
r
|v|2 q
L(x, v) = − mc2 1 − 2 + hA(x), vi − qΦ(x).
c
c
Also ist
v
mv
q
p= ∇L= q
+ A.
c
|v|2
1 − c2
Es folgt:
H(x, p) = c
r
m 2 c2
2
q
+ p − A(x) + qΦ(x).
c
Für kleine Geschwindigkeiten gilt:
L ≈ −mc2 +
m 2 q
|v| + hA, vi − qΦ,
2
c
q
p = mv + A,
c
H = mc2 +
q 2
1 p − A + qΦ.
2m
c
Beachte, daß hier nicht die Beziehung p = mv gilt!
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
Wir wollen zunächst eine spezielle Lösungsmethode für die H AMILTONschen Gleichungen angeben, die auf JACOBI zurückgeht. Später werden wir eine elegante Herleitung dieser Methode mit differentialgeometrischen Mitteln nachliefern. Zunächst
gehen wir aber vergleichsweise anspruchslos vor und machen eine weitere Variablentransformation:
pµ =
∂W
(q, Q, t),
∂q µ
(4.6)
die p als q-Gradienten einer Funktion von q und Q sowie der Zeit t ausdrückt. Die Existenz von W wird später durch das Lösen der sich ergebenden Differentialgleichung
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
141
für W gesichert. Damit die Auflösbarkeit nach der Variablen Q garantiert ist, müssen
wir
det
∂2W
6= 0
∂Qν ∂q µ
(4.7)
fordern.
Es gilt zunächst
ṗµ =
X
κ
∂2
∂2
∂2
κ
κ
W
q̇
+
W
Q̇
+
W.
∂q κ ∂q µ
∂Qκ ∂q µ
∂t∂q µ
Werden jetzt die H AMILTONschen Gleichungen für q̇ κ und ṗµ benutzt, so folgt hieraus:
X
κ
X
∂2
∂H
∂H
∂2
∂2
κ
W
Q̇
=
−
W
−
−
W.
∂Qκ ∂q µ
∂q κ ∂q µ ∂pκ ∂q µ ∂q µ ∂t
κ
q
Die rechte Seite ist gleich dem Gradienten ∇ der Funktion
q
∂W
(q, Q, t).
K(q, Q, t) = H q, ∇ W (q, Q, t), t +
∂t
(4.8)
Es gilt also:
X
κ
∂2
∂K
W Q̇κ = − µ
κ
µ
∂Q ∂q
∂q
(4.9)
Ferner gilt wieder auf Grund der H AMILTONschen Gleichungen
X
q̇ µ
µ
X
∂2
∂2
∂H
W
=
W
κ
µ
κ
µ
∂Q ∂q
∂Q ∂q
∂pµ
µ
Wir addieren auf beiden Seiten den Ausdruck
∂2
∂2
µ
W
Q̇
+
W.
∂Qµ ∂Qκ
∂Qκ ∂t
und erhalten
X
d ∂W
∂K
∂2
=
+
W Q̇µ .
µ ∂Qκ
dt ∂Qκ
∂Qκ
∂Q
µ
(4.10)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
142
Die JACOBIsche Methode besteht nun darin, die Funktion W so zu bestimmen, daß
2
K ≡ 0 gilt. In diesem Fall liefert wegen det ∂Q∂κ ∂qµ W 6= 0 die Gleichung (4.9) sofort
Q = const.
und (4.10) ergibt
∂W
(q, Q, t) = − Pκ = const.
∂Qκ
(4.11)
Die Lösungskurve q(t) wird also aus (4.11) durch rein algebraisches Auflösen des
Q-Gradienten von W nach der Variablen q gewonnen. Die ganze Schwierigkeit der
Integration der Bewegungsgleichungen ist auf die Lösung der Gleichung K = 0, d.h.
ausgeschrieben, auf die Lösung von
q
H(q, ∇ W, t) +
∂W
=0
∂t
(4.12)
verschoben. Dies ist eine partielle Differentialgleichung für W , die überdies keine
explizite Abhängigkeit von Q enthält. Diese Abhängigkeit tritt erst parametrisch in
der Lösung auf, wie wir gleich sehen werden. Zunächst fassen wir aber unser Ergebnis
noch einmal kompakt zusammen:
H AMILTON -JACOBI-Gleichung
Die Lösungen der H AMILTONschen Gleichungen können mit Hilfe einer Funktion
W gewonnen werden, die der JACOBI-Gleichung (4.12) genügt, explizit von q,t
2W
und parametrisch von Q abhängt sowie der Bedingung det ∂q∂µ ∂Q
κ 6= 0 genügt.
Eine solche Lösung wird vollständig genannt. Die Lösungskurve q(t) erhält man
aus
Q
∇ W (q, Q, t) = − P
(Q, P = const. ∈ Rm ).
(4.13)
Wir wollen dieses Verfahren zunächst an einigen Beispielen illustrieren und wählen
1
hierfür Einteilchenprobleme mit der H AMILTON-Funktion H = 2m
|p|2 + U (x).
Beispiel 4.3 — Die freie Bewegung (U (x) = 0)
Die JACOBI-Gleichung lautet für W (x, Q, t)
1 x
∂W
| ∇ W |2 +
= 0.
2m
∂t
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
143
Wir versuchen den Ansatz
(Q ∈ R3 , E ∈ R),
W = hQ, xi − Et,
der sofort
1
1
|Q|2 − E = 0, d.h. E =
|Q|2
2m
2m
ergibt. Die Bewegung ist durch
Q
−P = ∇ W (x, Q, t) = x −
Q
t,
m
(Q, P = const ∈ R3 ).
bestimmt. Wir finden also in der Tat die wohlbekannte freie Bewegung.
Beispiel 4.4 — Der harmonische Oszillator (U (x) = 12 mω 2 |x|2 ).
Die JACOBI-Gleichung lautet jetzt:
1
∂W
1 x
| ∇ W |2 + mω 2 |x|2 +
=0
2m
2
∂t
oder ausgeschrieben
3
X
i=1
1
2m
3
X
Wi (xi ) − Et
∂W
∂xi
2
1
+ mω 2 (xi )2
2
!
∂W
= 0.
∂t
+
Der Ansatz
W =
i=1
liefert
∂W
∂Wi i
(x) =
(x ),
∂xi
∂xi
∂W
= −E
∂t
und damit
3
X
i=1
1
2m
∂Wi i
(x )
∂xi
2
1
+ mω 2 (xi )2
2
!
= E.
4 Die H AMILTONsche Mechanik
144
Falls jeder Summand der linken Seite konstant ist, läßt sich diese Gleichung
offenbar lösen. Wir setzen
1
m
∂Wi 2 1
+ mω 2 (xi )2 = ω 2 (Qi )2
i
2m ∂x
2
2
und
E=
3
X
1
i=1
2
mω 2 (Qi )2
und finden für W
∂Wi
= mω
∂xi
q
(Qi )2 − (xi )2
mit der Lösung
mω
W =
2
q
i x
i
i 2
i
2
i
2
.
x (Q ) − (x ) + (Q ) arcsin
Qi
Die Bewegung ergibt sich aus
−Pi =
∂W
= mωQi arcsin
∂Qi
aufgelöst nach xi folgt
i
i
x = Q sin ωt −
Pi
mωQi
xi
Qi
− mω 2 Qi t;
,
d.h. wir finden die einfache periodische Zeitabhängigkeit, die uns für dieses
Problem schon einmal begegnet ist, wieder.
4.2.1 JACOBI-Methode: Allgemeiner Separationsansatz
Die beiden einfachen Beispiele des letzten Abschnitts weisen folgende Gemeinsamkeit
auf: W hat in beiden Fällen die Gestalt
W =
3
X
i=1
Wi (xi ) − Et.
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
145
Wir wollen jetzt eine Verallgemeinerung dieses Ansatzes an einem weiteren Beispiel
demonstrieren:
Beispiel 4.5 — Das Zweizentren-C OULOMB-Problem
b/|x− |; a, b ∈ R)


x1
x± =  x2  ,
x3 ± σ
(U (x) = a/|x+ | +
σ ∈ R \ {0}.
In diesem Fall versuchen wir es mit dem Ansatz
W =
3
X
i=1
Wi (q i (x)) − Et,
wobei die Funktionen
q 1 (x) =
1
(|x+ | + |x− |)
2σ
1
(|x+ | − |x− |)
2σ
2
x
3
q (x) = arctan
x1
q 2 (x) =
die sog. elliptischen Koordinatenfunktionen darstellen. Es gilt zunächst
1
x+
x−
1
∇q =
+
2σ |x+ | |x− |
x+
x−
1
2
−
∇q =
2σ |x+ | |x− |


−x2
1
 x1 
∇q 3 = 1 2
(x ) + (x2 )2
0
Hieraus ergibt sich, ausgedrückt in den Koordinaten q:
h∇q i , ∇q k i = 0,
(i 6= k);
4 Die H AMILTONsche Mechanik
146
|∇q 1 |2 =
(q 1 )2 − 1
σ 2 ((q 1 )2 − (q 2 )2 )
|∇q 2 |2 =
σ 2 ((q 1 )2
1 − (q 2 )2
− (q 2 )2 )
1
|∇q | = 2 1 2
σ ((q ) − (q 2 )2 )
3 2
U (x(q)) =
1
1
+
1
2
(q ) − 1 1 − (q 2 )2
;
(b + a)q 1 + (b − a)q 2
.
σ ((q 1 )2 − (q 2 )2 )
Die JACOBI-Gleichung lautet:
∂W
1
|∇W |2 + U (x) +
= 0.
2m
∂t
Beachtet man die Formel
|∇W |2 =
3
X
i,k=1
h∇q i , ∇q k i
∂W ∂W
∂q i ∂q k
so führt unser Ansatz für W auf die Gleichung:
"
∂W1 2
∂W2 2
1
1 2
2 2
((q ) − 1)
+ (1 − (q ) )
2mσ 2 ((q 1 )2 − (q 2 )2 )
∂q 1
∂q 2
+
+
1
1
+
(q 1 )2 − 1 1 − (q 2 )2
∂W3
∂q 3
2 #
1
1
2
− E = 0.
(b
+
a)q
+
(b
−
a)q
σ ((q 1 )2 − (q 2 )2 )
In dieser Gleichung taucht q 3 nicht explizit auf, weshalb der Ansatz
W3 (q 3 ) = q 3 Q3 ,
(Q = const.)
naheliegt. Hiermit folgt aus der letzten Gleichung
"
#
2
3 )2
∂W
1
(Q
a+b 1
1
+ 1 2
q − E (q 1 )2 =
((q 1 )2 − 1)
+
2
1
2mσ
∂q
(q ) − 1
σ
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
147
"
#
∂W2 2
(Q3 )2
a−b 2
1
2 2
+ 2 2
q − E (q 2 )2 .
((q ) − 1)
=
+
2
2
2mσ
∂q
(q ) − 1
σ
Die beiden Seiten dieser Gleichung hängen von verschiedenen Variablen ab
und müssen deshalb gleich einer Konstanten A sein. Hieraus folgt durch
i
Auflösen nach ∂W
und einmaliger Integration
∂q i
i
Wi (q ) =
Z
dq
i
2mσ 2 (A + E(q i )2 − αi q i )
(Q3 )2
−
(q i )2 − 1
((q i )2 − 1)2
(α1 =
21
a+b
a−b
, α2 =
).
σ
σ
Wir haben also eine Lösung der JACOBI-Gleichung gefunden, die von drei
Parametern Q1 = A, Q2 = E und Q3 abhängt und können jetzt wie im letzten
Abschnitt die Bewegungen bestimmen.
P
Der sog. Separationsansatz W = 3i=1 Wi (q i ) − Et beschreibt in der Tat die für
die Praxis wichtigste Lösungsmethode. Er führt natürlich nur in Spezialfällen zum
Erfolg, nämlich dann, wenn wir für ein Problem geeignete Koordinaten finden und wie
i
allein herleiten
im obigen Beispiel tatsächlich Gleichungen für die Ableitungen ∂W
∂q i
können. Ein allgemeines Kriterium für eine solche Situation läßt sich leider nicht
angeben. Für die physikalische Anwendung ist die Methode jedoch deshalb wichtig,
weil für hinreichend viele dynamische Systeme die Bewegung tatsächlich nach der
JACOBI-Methode berechnet werden kann. Für unser Zweizentrenproblem stellt dies
sogar den einfachsten Lösungsweg dar.
Wir bemerken, daß überdies noch eine besondere Vereinfachung eintritt, wenn für
den Separationsansatz in der JACOBI-Gleichung keine explizite Abhängigkeit von
den Koordinaten q i auftritt (in unserem Beispiel ist dies die Koordinate q 3 ). q i heißt
in diesem Fall zyklische Koordinate, und es genügt für W offenbar der lineare
Ansatz Wi (q i ) = Qi q i , um die gesamte q i -Abhängigkeit aus der JACOBI-Gleichung
zu eliminieren.
Wir illustrieren das Separationsverfahren abschließend noch einmal für den Fall eines
sphärisch-symmetrischen Potentials.
Beispiel 4.6 — Kugelsymmetrisches Potential (U (x) = U (|x|))
Jetzt berechnen wir allerdings erst die H AMILTON-Funktion in Polarkoordina-
4 Die H AMILTONsche Mechanik
148
ten. Ausgangspunkt ist die L AGRANGE-Funktion
L=
woraus
m 2
vr + r 2 vθ2 + sin2 θ vφ2 − U (r)
2
pθ = mr 2 vθ ,
pr = mvr ,
pφ = mr 2 sin2 θ vφ
sowie
1
H=
2m
p2r
1
1
+ 2 p2θ + 2 2 p2φ
r
r sin θ
+ U (r)
nach den allgemeinen Formeln für H folgt.
Der Separationsansatz
W = W1 (r) + W2 (θ) + W3 (φ) − Et
für die JACOBI-Gleichung liefert jetzt
"
#
∂W1 2
1
1 ∂W2 2
1
∂W3 2
+ 2
+ 2 2
+ U (r) = E.
2m
∂r
r
∂θ
∂φ
r sin θ
Offenbar ist φ zyklisch, und wir können W 3 = Q3 φ ansetzen. Hieraus folgt:
"
#
∂W1 2
∂W2 2 (Q3 )2
2
r
+ 2m(U (r) − E) = −
−
∂r
∂θ
sin2 θ
Wieder hängen beide Seiten von verschiedenen Variablen r und θ ab, müssen
also gleich einer Konstanten A sein. Es gilt also:
∂W2
∂θ
2
= −A −
∂W1
∂r
2
= 2m (E − U (r)) +
(Q3 )2
sin2 θ
A
r2
Wir können W2 und W1 als unbestimmte Integrale, die von den Parametern
Q1 = E, Q2 = A und Q3 abhängen, explizit ausdrücken und erhalten so eine
vollständige Lösung der JACOBI-Gleichung.
4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode
149
Der Unterschied zu Beispiel (4.5) besteht darin, daß wir zuerst die H AMILTONFunktion in Polarkoordinaten ausgerechnet und dann erst die JACOBI-Gleichung
aufgestellt haben. In Beispiel (4.5) sind wir von der JACOBI-Gleichung in kartesischen
Koordinaten ausgegangen und haben dann (mit Hilfe des Lösungsansatzes) die Gleichung in den angepaßten Koordinaten q i berechnet. Hätten wir auch im letzten Beispiel
zuletzt benutzten Weg eingeschlagen, so wären wir in der Tat zum gleichen Endresultat gelangt. Allgemein gilt, daß die Einführung geeigneter Koordinaten entweder
direkt in der JACOBI-Gleichung oder über die Berechnung der H AMILTON-Funktion
in den neuen Koordinaten erfolgen kann und daß beide Wege zu identischen Resultaten
führen. Der Beweis dieser Behauptung ergibt sich leicht durch explizites Nachrechnen.
4.2.2 Abschließende Bemerkungen zur JACOBI-Methode
Wir fassen jetzt zusammen, was wir anhand unserer Beispiele über die Lösung
der H AMILTONschen Bewegungsgleichungen mit Hilfe der JACOBI-Methode gelernt
haben: Falls es gelingt, eine vollständige Lösung der partiellen Differentialgleichung
q
H(q, ∇ W, t) +
∂W
=0
∂t
zu finden, so ergeben sich die Bahnkurven aus der Gleichung
Q
∇ W (q, Q, t) = − P
für konstante Werte von Q und P auf rein algebraischem Wege. Die Angabe einer
vollständigen Lösung für W gelingt in der Praxis meist nur, wenn die JACOBIGleichung einen Separationsansatz erlaubt:
W =
m
X
µ=1
Wµ (q µ ) − Et,
wobei für eine zyklische Koordinate der lineare Ansatz
Wµ (q µ ) = Qµ q µ
hinreicht. (Zur Erinnerung: q µ heißt zyklisch, falls H nicht explizit von q µ abhängt).
Falls ein solcher Separationsansatz nicht gefunden werden kann, ist die Konstruktion
der Lösung W i.a. genau so schwierig wie die Integration der ursprünglichen Bewegungsgleichung für alle Anfangswerte. In der Tat läßt sich W sehr einfach aus den
Bahnkurven herleiten: Dazu beachten wir die Identität
L(q, q̇, t) =
X
µ
pµ q̇ µ − H(q, p, t) =
X ∂W
µ
∂q µ
q̇ µ +
∂W
.
∂t
4 Die H AMILTONsche Mechanik
150
Beachten wir jetzt, daß für eine Lösungskurve q(t) Q = const. gilt, so folgt also
L(q, q̇, t) =
d
W
dt
und damit
S(q) =
Zt2
t1
dt L(q, q̇, t) = W (t2 ) − W (t1 ).
Der Wert von W für konstantes Q ergibt sich somit direkt aus der Wirkung S
ausgewertet auf den Bahnkurven. Aus diesem Grunde wird W in der Literatur oft
direkt mit S identifiziert und Wirkungsfunktion genannt. Hierbei ist offensichtlich
eine gewisse Vorsicht angebracht, da S zunächst und vor allem ein Funktional auf
beliebigen Kurven darstellt, die keinesfalls Lösungskurven sein müssen.
Die Wirkungsfunktion spielt nicht nur in der Mechanik eine Rolle, sondern auch in der
Quantenmechanik. Wir wollen dies hier nur kurz für ein Teilchen im Potential U (x)
erläutern. Quantenmechanisch wird dieses Teilchen durch eine Wellenfunktion Ψ(x, t)
beschrieben, deren Betragsquadrat die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte am Ort x
zur Zeit t angibt. Ψ(x, t) genügt der S CHR ÖDINGER-Gleichung
1 2
∂
~ 4 + U (x) Ψ(x, t).
(4.14)
i~ Ψ(x, t) = −
∂t
2m
4 bezeichnet den L APLACEoperator und ~ die P LANCKsche Konstante.
Im Limes ~ → 0 hat Ψ nun die Gestalt Ψ ≈ exp(iW/~), wobei W eine Lösung der
JACOBI-Gleichung ist. Die Wirkungsfunktion spielt deshalb in der Quantenmechanik
immer dann noch eine ausgezeichnete Rolle, wenn die P LANCKsche Konstante als
klein betrachtet werden darf (quasiklassische Näherung), obwohl die Grundlagen der
N EWTONschen Mechanik vollständig aufgegeben wurden.
4.3 Differentialformen
Wir wollen uns jetzt schrittweise dem Ziel nähern, die Bewegungsformen, die uns
in der H AMILTONschen Mechanik begegnen, geometrisch zu klassifizieren. Es wird
sich herausstellen, daß der Fluß dieser Bewegungen dadurch ausgezeichnet ist, daß
er eine kanonisch vorgegebene Differentialform invariant läßt. Zunächst müssen wir
aber den Leser bitten, sich in Aufgabe 4.1 mit den wesentlichen Eigenschaften von
Differentialformen vertraut zu machen, die wir in der Folge benutzen werden.
Übungen
151
4.3.1 Pr¨
aambel: Algebraische Eigenschaften von
Differentialformen
Aufgabe 4.1 — Eigenschaften von Differentialformen
I. Schiefe multilineare Funktionen
Sei V ein n-dimensionaler Vektorraum. Die Abbildung w : V
{z· · · × V} → R
| ×V ×
k-mal
heißt schiefe multilineare Funktion der Stufe k, falls w(h 1 , . . . , hk ) in jedem Argument h1 (i = 1, . . . , k) linear ist und für jede Permutation σ ∈ S k (Sk ist die Menge der
Permutationen von k Elementen) gilt:
w(hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = ε(σ)w(h1 , . . . , hk ).
In Aufgabe 1.1 wurde gezeigt:
Die Menge dieser Funktionen w bildet einen Vektorn
raum Ak der Dimension k . Für w ∈ Ak und w0 ∈Ak0 ist das ∧-Produkt wie folgt
erklärt: w ∧ w 0 ∈Ak+k0 und
(w ∧ w0 )(h1 , . . . , hk+k0 ) =
X
σ∈Sk+k0
ε(σ)
w(hσ(1) , . . . , hσ(k) )w0 (hσ(k+1) , . . . , hσ(k+k0 ) ).
k!k 0 !
a) Zeigen Sie:
0
i)
w ∧ w0 = (−1)k·k w0 ∧ w;
ii) w ∧ (w0 ∧ w00 ) = (w ∧ w0 ) ∧ w00 ;
iii) Falls eµ∗ (µ = 1, . . . , n) eine Basis des Dualraumes von V ist, so ist
eµ∗ 1 ∧ · · · ∧ eµ∗ k ,
(µ1 < µ2 · · · < µk )
eine Basis von Ak .
II. Differentialformen
Sei U ⊂ V offen; ω : U → Ak sei C ∞ -Funktion mit Werten in Ak ; ω heißt
Differentialform k-ter Stufe auf U . Für x ∈ U ist also ω(x) ∈ A k .
b) Zeigen Sie: Falls ω1 und ω2 Differentialformen k-ter Stufe auf U sind und
λ ∈C ∞ (U, R), so wird durch
(ω1 + ω2 )(x) = ω1 (x) + ω2 (x)
(λω1 )(x) = λ(x)ω1 (x)
jeweils wieder eine Differentialform k-ter Stufe ω 1 + ω2 bzw. λω1 auf U erklärt.
4 Die H AMILTONsche Mechanik
152
Insbesondere gilt: Die Differentialformen k-ter Stufe bilden einen Vektorraum
Ak (U ).
c) Sei ω ∈Ak (U ), ω 0 ∈Ak0 (U ). Zeigen Sie: Die Gleichung
(ω ∧ ω 0 )(x) = ω(x) ∧ ω 0 (x)
definiert eine Differentialform ω ∧ ω 0 ∈ Ak+k0 (U ), und es gilt (ω 00 ∈ Ak00 (U ))
ω ∧ (ω 0 ∧ ω 00 ) = (ω ∧ ω 0 ) ∧ ω 00 .
d) Sei ω ∈Ak (U ), h ∈ U und Dh ω die Richtungsableitung von ω nach h. Zeigen Sie:
Durch die Gleichung
(dω(x))(h1 , . . . , hk+1 ) =
X ε(σ) (Dhσ(1) ω (x) hσ(2) , . . . , hσ(k+1)
k!
σ∈Sk+1
wird eine Differentialform dω (k + 1)-ter Stufe auf U erklärt; die Abbildung
d : Ak (U ) → Ak+1 (U ) ist linear, und es gilt (ω 0 ∈Ak0 (U )):
d(ωk ∧ ωk0 ) = dωk ∧ ωk0 + (−1)k ωk ∧ dωk0
d2 ωk = 0
d heißt äußere Ableitung.
e) Zeigen Sie: Für λ ∈ C ∞ (U, R) wird durch
dλ(x)(h) = (Dh λ)(x),
h ∈ U,
eine Differentialform 1. Stufe erklärt, und es gilt mit ω ∈ A k (U ):
d(λω) = dλ ∧ ω + λdω,
d2 λ = 0
f) Sei {eµ } Basis von V , {eµ∗ } sei die zu {eµ } duale Basis, d.h. es gilt eκ∗ (eµ ) = δµκ ,
P
sowie für alle x ∈ V : x = µ xµ eµ mit xµ = eµ∗ (x). Zeigen Sie:
i)
ii)
dxµ = eµ∗ ;
Für ω ∈ Ak (U ) gilt: Es gibt eindeutig bestimmte Funktionen
ωµ1 ...µk ∈ C ∞ (U, R) mit ωµσ(1) ...µσ(k) = ε(σ)ωµ1 ...µk ,
so daß gilt
X
ω=
ωµ1 ...µk dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk
1≤µ1 <···<µk ≤n
Übungen
153
dω =
iii)
X
1≤µ1 <···<µk ≤n
(dλ)µ =
iv)
v)
dωµ1 ...µk ∧ dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk
∂
λ mit λ ∈ C ∞ (U, R).
∂xµ
∂
∂
ω
−
ωµ µ ...µ
µ
...µ
2
k+1
µ
∂x 1
∂xµ2 1 3 k+1
(dω)µ1 ...µk+1 =
∂
∂
ωµ1 µ2 µ4 ...µk+1 − · · · + (−1)k µ ωµ1 ...µk .
µ
3
∂x
∂x k+1
∞
g) Falls X Vektorfeld auf U ist, d.h. X ∈C (U, V ), so wird mit ω ∈ Ak (U ), hi ∈ V
für k ≥ 2 durch
+
(i(X)ω) (x) (h1 , . . . , hk−1 ) = ω(x)(X(x), h1 , . . . , hk−1 )
eine Differentialform (k − 1)-ter Stufe erklärt. Falls ω ∈ A 1 (U ), so ist
(i(X)ω) (x) : = ω(x)(X(x))
eine Funktion. Zeigen Sie:
i(X)(ωk ∧ ωl ) = (i(X)ωk ) ∧ ωl + (−1)k ωk ∧ (i(X)ωl ).
h) Wir setzen jetzt:
θ(X)ωk = i(X)dωk + di(X)ωk
Der Operator θ(X) : =i(X)d + di(X) heißt L IE-Ableitung nach X.
Zeigen Sie:
θ(X)(ωk ∧ ωl ) = (θ(X)ωk ) ∧ ωl + ωk ∧ θ(X)ωl
Zeigen Sie: Falls λ eine Funktion ist, so gilt:
θ(X)λωk = (i(X)dλ) ∧ ωk + λθ(X)ωk
Beachte, daß die L IE-Ableitung θ(X) der gewöhnlichen Produktregel genügt!
4.3.2 Pull-Back und das P OINCAR E´-Lemma
Neben den rein algebraischen Eigenschaften wird für Differentialformen noch ein
Transformationsgesetz definiert. Sei λ : U → R, λ ∈ C ∞ ; falls f : U 0 → U eine
differenzierbare Abbildung der offenen Menge U 0 eines n-dimensionalen Vektorraums
4 Die H AMILTONsche Mechanik
154
ist, so setzen wir für x ∈U 0 :
f ∗ λ(x) = λ(f (x));
(4.15)
f ∗ λ ist damit eine C ∞ -Funktion auf U 0 , ja es gilt offenbar, daß durch f ∗ eine lineare
Abbildung von C ∞ (U, R) nach C ∞ (U 0 , R) erklärt wird mit
f ∗ (λ1 · λ2 ) = f ∗ (λ1 ) · f ∗ (λ2 ).
f ∗ λ heißt Pull-Back“ von λ bezüglich f .
”
Diese Abbildung läßt sich leicht wie folgt auf Differentialformen erweitern: Sei
ω ∈ Ak (U ), wir setzen:
(f ∗ ω)(x)(h1 , . . . , hk ) = ω(f (x))(Df (x)h1 , . . . , Df (x)hk )
(4.16)
mit dem Resultat, daß f ∗ jetzt eine lineare Abbildung von Ak (U ) nach Ak (U 0 ) wird.
f ∗ besitzt die leicht nachprüfbaren Eigenschaften
f ∗ (λ · ω) = f ∗ λ · f ∗ ω
(4.17)
f ∗ (ω1 ∧ ω2 ) = f ∗ ω1 ∧ f ∗ ω2 .
(4.18)
sowie
Für die differenzierbaren Abbildungen f und g gilt ferner:
(g ◦ f )∗ = f ∗ ◦ g ∗ .
Falls speziell g = f −1 , so folgt
(f −1 )∗ = (f ∗ )−1 .
Speziell für ω = dλ finden wir
f ∗ dλ(x)(h) = dλ (f (x)) (Df (x)h) .
Auf Grund der Definition von dλ und der Kettenregel gilt daher
f ∗ dλ(x)(h) = DDf (x)h (f (x)) = df ∗ λ(x)(h),
d.h. für alle Funktionen λ folgt
f ∗ dλ = df ∗ λ.
(4.19)
Übungen
155
Allgemein gilt nun (vergl. Aufgabe 4.1.f.ii):
f ∗ω =
X
1≤µ1 <···<µk ≤n
(f ∗ ωµ1 ...µk ) f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk .
Wegen f ∗ dxµ = df ∗ xµ und d2 =0 folgt damit
X
df ∗ ω =
df ∗ ωµ1 ...µk ∧ f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk .
1≤µ1 <···<µk ≤n
Jetzt benutzen wir df ∗ ωµ1 ...µk = f ∗ dωµ1 ...µk und finden
df ∗ ω =
X
1≤µ1 <···<µk ≤n
f ∗ dωµ1 ...µk ∧ f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk .
d.h.
df ∗ ω = f ∗ dω.
(4.20)
Die äußere Ableitung besitzt also die bemerkenswerte Eigenschaft, mit der Transformation f ∗ zu kommutieren.
Wir betrachten jetzt eine Schar von Diffeomorphismen f τ : U → U . Die Formel
Yτ (x) =
∂fτ −1 fτ (x)
∂τ
(4.21)
ordnet fτ eine Schar von Vektorfeldern zu, für die wir folgende Identität beweisen
wollen:
fτ∗ −1
∂ ∗
f ωk = θ(Yτ )ωk .
∂τ τ
Beweis:
Für eine Funktion λ finden wir zunächst
∂
∂
fτ∗ −1 fτ∗ λ(x) =
λ (fτ (y)) −1 .
∂τ
∂τ
y=fτ (x)
Die Kettenregel und die Definition von dλ liefern zusammen
fτ∗ −1
∂ ∗
f λ(x) = i(Yτ ) dλ.
∂τ τ
(4.22)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
156
Wenden wir die äußere Ableitung d auf die linke Seite an, so kommutiert d mit
∂
und fτ∗ . Also folgt sofort
fτ∗ −1 , ∂τ
fτ∗ −1
∂ ∗
f dλ = di(Yτ ) dλ
∂τ τ
Wegen d2 λ = 0 dürfen wir aber auch schreiben:
fτ∗ −1
∂ ∗
f dλ = θ(Yτ ) dλ
∂τ τ
Für eine beliebige Differentialform ω k gilt deshalb:
"
X
∂
∗ −1
∗
∗ −1 ∂ ∗
fτ
f ωk =
f ωµ ...µ dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk
fτ
∂τ τ
∂τ τ 1 k
1≤µ1 <···<µk ≤n
+ωµ1 ...µk
fτ∗ −1
∂ ∗ µ1
f dx
∂τ τ
∧ dxµ2 ∧ · · · ∧ dxµk
+···
+ωµ1 ...µk dx
=
X
1≤µ1 <···<µk ≤n
"
µ1
∧ ··· ∧
fτ∗ −1
∂ ∗ µk
f dx
∂τ τ
#
(i(Yτ )dωµ1 ...µk ) dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk
+ωµ1 ...µk θ(Yτ )dxµ1 ∧ dxµ2 ∧ · · · ∧ dxµk
+···
#
+ωµ1 ...µk dxµ1 ∧ · · · ∧ θ(Yτ )dxµk .
Das Ergebnis von Aufgabe 4.1.h liefert hierfür das Endresultat
fτ∗ −1
∂ ∗
f ωk = θ(Yτ )ωk .
∂τ τ
2
Die Mühe dieses Beweises wird sich weiter unten noch lohnen!
Übungen
157
Wir beschließen diesen Abschnitt mit einer ersten Anwendung.
Lemma (P OINCAR É):
Sei ωk ∈ Ak (Rm ); es gelte
dωk = 0.
Dann gibt es ein ωk−1 ∈ Ak−1 (Rm ) mit
ωk = dωk−1 .
Falls k = 1, so ist ωk−1 eine Funktion.
Beweis:
Die Abbildung
fτ (x) = x0 + τ (x − x0 ),
(x ∈ Rm fest)
definiert für alle τ > 0 einen Diffeomorphismus f τ : Rm → Rm . Es gelten
ferner die Formeln
fτ−1 (x) = x0 + τ −1 (x − x0 ),
Yτ = τ −1 (x − x0 ),
fτ∗ ωk (x) = ωk (x0 + τ (x − x0 )) τ k .
Wir setzen
ωk−1 (x) =
Z1
(fτ∗ i(Yτ )ωk )(x) dτ.
0
Dann gilt
dωk−1 (x) =
Z1
(dfτ∗ i(Yτ )ωk )(x) dτ
Z1
(fτ∗ di(Yτ )ωk )(x) dτ
0
=
0
4 Die H AMILTONsche Mechanik
158
=
Z1
(fτ∗ θ(Yτ )ωk )(x) dτ
0
wegen fτ∗ d = dfτ∗ und dωk = 0. Benutzen wir jetzt
θ(Yτ )ωk = fτ∗ −1
∂ ∗
f ωk ,
∂τ τ
so folgt
dωk−1 (x) = [fτ∗ ωk (x)]10 = ωk (x)
2
Bemerkungen:
1: Das P OINCAR É-Lemma läßt sich mit gleicher Methode für den Fall ω k ∈ Ak (U )
mit U offen und fτ (U ) ⊂ U für alle τ ∈ [0, 1] beweisen. (U wird in diesem Fall
ein sternförmiges Gebiet genannt).
2: Explizit ausgeschrieben gilt für ω k−1 (x), (k > 1):
ω
k −1 (x)(h1 , . . . , hk−1 ) =
Z1
0
ωk (x0 + τ (x − x0 ))(x − x0 , h1 , . . . , hk−1 )τ k−1 dτ.
Für eine 1-Form findet man statt ωk die Funktion
λ(x) =
Z1
0
ω1 (x0 + τ (x − x0 ))(x − x0 ) dτ.
3: ωk−1 ist keineswegs eindeutig bestimmt. Für k > 1 kann zu ω k−1 stets ein Term
der Form dωk−2 (ωk−2 ∈Ak−2 (U )) hinzuaddiert werden. Für k = 2 ist ω eine
Funktion. Für k = 1 kann zu der Funktion λ stets noch eine Konstante hinzuaddiert
werden.
4: Eine k-Form heißt geschlossen , falls dω k = 0 und exakt, falls ωk = dωk−1 .
Das P OINCAR É-Lemma besagt also, daß jede geschlossene k-Form im R m (in
sternförmigen Gebieten) exakt ist.
4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum
159
4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum
In Abschnitt 4.1 hatten wir die Bewegungsgleichungen in H AMILTONscher Form
hergeleitet:
q̇ =
p
∇ H(q, p, t)
q
ṗ = − ∇ H(q, p, t).
Sie gelten für eine Kurve (q(t), p(t)) im Phasenraum P , der ein sternförmiges Gebiet
in einem Vektorraum sein soll. Wir führen jetzt die kanonische 2-Form ω durch die
Formel
ω=
3N
X
µ=1
dpµ ∧ dq µ
(4.23)
ein und bezeichnen Punkte im Phasenraum P durch x = (q, p). ω ist geschlossen und,
wegen ω = dα mit
α=
X
pµ dq µ ,
µ
auch exakt. ω(x) ist überdies an jedem Punkt x nicht ausgeartet, d.h. gilt für festes h
ω(h, k) = 0
für alle k, so ist h = 0. Letzteres impliziert: Durch die Gleichung
i(YH )ω = − dH
(4.24)
wird auf P ein eindeutig bestimmtes Vektorfeld definiert, das zusätzlich von der Zeit
abhängen kann, falls H zeitabhängig ist. Nach den Regeln des letzten Abschnitts ergibt
sich überdies explizit für YH die Formel
p
q
(4.25)
YH = ∇ H, − ∇ H .
Beweis:
Wir schreiben
q p YH = YH , YH ,
4 Die H AMILTONsche Mechanik
160
q
p
wobei die Vektoren YH und YH die Komponenten
besitzen sollen; es gilt deshalb
q µ
µ
i(YH )dq = YH ,
i(YH )dpµ =
p
YH
q
YH
µ
bzw.
p
YH
µ
,
µ
sowie
i(YH )ω =
m
X
µ=1
=
(i(YH )dpµ ) dq µ − (i(YH )dq µ ) dpµ
m X
p
YH
µ=1
µ
µ
dq −
q
YH
µ
dpµ
Der Vergleich mit
m X
dH µ dH
dq +
dpµ
−dH = −
dq µ
dpµ
µ=1
liefert dann die Behauptung (4.25).
2
Die H AMILTONschen Gleichungen für die Kurve x(t) = (q(t), p(t)) können somit in
der Form
H AMILTONsche Gleichungen
ẋ = YH (x)
äqui(4.26)
i(YH )ω = −dH
valent umgeschrieben werden.
4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum
161
Sei jetzt Ft der Fluß von YH , d.h. x(t) = Ft (x0 ) ist Lösungskurve der H AMILTONschen
Gleichungen mit dem Anfangswert x0 . Es gilt also die Identität
YH (Ft (x0 )) = ẋ =
∂Ft
(x0 )
∂t
und wir erkennen die wichtige Gleichung
YH (x) =
∂
Ft Ft−1 (x) .
∂t
(4.27)
Aus i(YH )ω = − dH folgt wegen d2 =0 und dω = 0
θ (YH ) ω = 0
sowie wegen (4.22) und (4.27)
d ∗
F ω = 0.
dt t
Ft∗ ω ist also zeitunabhängig, und da F 0 die identische Abbildung ist, schließen wir
Ft∗ ω = ω.
Die kanonische Zweiform bleibt also unter dem Fluß der Bewegungen invariant.
Ist umgekehrt Ft eine Schar von Diffeomorphismen mit
Ft∗ ω = ω,
und mit dem zugeordneten Vektorfeld
Yt (x) =
∂Ft
Ft−1 (x) ,
∂t
so behaupten wir jetzt, daß es eine Funktion H gibt mit i(Y t )ω = − dH.
Beweis:
Nach Gl.(4.22) gilt:
0 = Ft∗ −1
∂ ∗
F ω = θ(Yt )ω = di(Yt )ω,
∂t t
(4.28)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
162
wegen dω = 0. i(Yt )ω ist also eine geschlossene 1-Form und nach dem
P OINCAR É-Lemma exakt, d.h. es gibt eine Funktion H mit
i(Yt )ω = − dH.
2
Ft kann also als Fluß von Bewegungen, die den H AMILTONschen Gleichungen (mit
einer geeigneten H AMILTON-Funktion) genügen, gedeutet werden.
Wir sind also jetzt in der Lage, Bewegungsformen, die durch die H AMILTONschen
Gleichungen beschrieben werden, eindeutig zu charakterisieren:
Bewegungsformen, die durch die H AMILTONschen Gleichungen beschrieben
werden, sind genau diejenigen Bewegungen, deren Fluß die kanonische 2-Form
invariant läßt.
verschiedenen Bewegungen mit diesen Eigenschaften unterscheiden sich lediglich
durch verschiedene konkrete H AMILTON-Funktionen.
4.5 Kanonische Transformationen,
Invarianz des Phasenraumvolumens und
Bewegungskonstanten
Ein Diffeomorphismus f : P → P unseres Phasenraums heißt kanonische Transformation, falls
f ∗ω = ω
gilt. Ist fτ eine Schar von kanonischen Transformationen, so gilt nach Abschnitt 4.4:
Das Vektorfeld
Yτ (x) =
erfüllt
∂fτ −1 fτ (x)
∂τ
di(Yτ )ω = 0,
Die
4.5 Kanonische Transformationen,. . .
163
und damit gilt nach dem P OINCAR É-Lemma
i(Yτ )ω = − dλτ
für eine geeignete Schar von Funktionen λ τ . Ist umgekehrt eine solche Schar von
Funktionen vorgegeben, so wird nach Gleichung (4.28) eine Schar von Vektorfeldern
Yτ definiert, deren Fluß fτ eine Schar von kanonischen Transformationen darstellt.
Wir wollen jetzt eine wichtige Konsequenz der Invarianz von ω unter einer kanonischen Transformation untersuchen. Dazu sei P zunächst 2-dimensional und
dementsprechend
ω = dp ∧ dq.
Für zwei Vektoren h = (hq , hp ), k = (kq , kp ) gilt also
ω(h, k) = hp kq − hq kp ,
d.h. ω ist eine Determinantenfunktion auf R 2 . Aus f ∗ ω = ω folgt:
ω(1IF (q, p)h, 1IF (q, p)k) = f ∗ ω(h, k) = ω(h, k).
Da ω Determinantenfunktion auf R2 ist, folgt
ω(1IF (q, p)h, 1IF (q, p)k) = det(1IF (q, p)) ω(h, k),
d.h. es muß gelten:
det(1IF (q, p)) = 1.
Das Volumen einer Fläche V ⊂ P ist gegeben durch
unter allgemeinen Abbildungen f wie folgt:
Z
Z
dp dq =
| det(1IF (q, p))| dp dq
f (V )
R
V
dp dq und transformiert sich
V
(f (V ) bezeichnet das Bild der Fläche V unter der Abbildung f ). Die Abbildung f mit
f ∗ ω =ω hat, wie oben gezeigt die Eigenschaft, daß det(1IF (q, p)) = 1, und damit folgt
also die Identität
Z
Z
dp dq =
dp dq.
f (V )
V
4 Die H AMILTONsche Mechanik
164
Wir finden damit, daß das Volumen der transformierten Fläche f (V ) gleich dem
Volumen von V selbst ist.
In einem zweidimensionalen Phasenraum gilt also speziell für den Fluß F t von
Bewegungen, die den H AMILTONschen Gleichungen genügen:
Das Volumen von Ft (V ) ändert sich nicht mit der Zeit und ist stets gleich dem
Volumen von V selbst.
Ist P 2m-dimensional, so ist
Ω= ω
· · ∧ ω}
| ∧ ·{z
m-mal
eine (nichttriviale) Determinantenfunktion auf R 2m , und man schließt jetzt aus
f ∗ ω = ω:
f ∗ Ω = f ∗ (ω ∧ · · · ∧ ω) = f ∗ ω ∧ · · · ∧ f ∗ ω = ω ∧ · · · ∧ ω = Ω.
Hieraus folgt genau wie im 2-dimensionalen Fall
det(1IF (x)) = 1.
Allgemein gilt jetzt das Transformationsgesetz für 2m-dimensionale Volumina
Z
Z
dp1 · · · dpm dq1 · · · dqm =
| det(1IF (x))| dp1 · · · dpm dq1 · · · dqm ,
f (V )
V
woraus wegen det(1IF (x)) = 1 jetzt allgemein folgt:
Eine kanonische Transformation läßt die Volumenwerte von Teilgebieten des
Phasenraums ungeändert.
Speziell für H AMILTONsche Bewegungen gilt wieder ( Satz von L IOUVILLE):
Volumina im Phasenraum ändern ihren Wert unter dem Fluß F τ nicht mit der Zeit.
4.5 Kanonische Transformationen,. . .
165
Wir betrachten jetzt eine Schar von zeitabhängigen Funktionen λ t auf P und ordnen
λt für jedes feste t das Vektorfeld Y (t) mit
i(Y (t))ω = − dλt
sowie die einparametrige Schar Gτ (t) von Diffeomorphismen zu, die sich als Fluß von
Y (t) ergeben. x(τ ) = Gτ (t)(x) erfüllt also die Differentialgleichung
d
x(τ ) = Y (t)(x(τ ))
dτ
mit x(0) = x als Anfangswert, und es gilt
Y (t)(x) =
d
Gτ (t) Gτ (t)−1 (x) .
dτ
Sei nun Ft der Fluß der Bewegungen eines H AMILTONschen Problems, und sei für
alle t
λt = Ft∗ −1 λ0 .
Wir wollen jetzt die Aussage
Gτ (t) ◦ Ft = Ft ◦ Gτ (0),
die offensichtlich für t =0 richtig ist, für alle τ und t beweisen. Diese Aussage ist
äquivalent zu
Gτ (t) = Ft ◦ Gτ (0) ◦ Ft−1 = Gτ (t).
Wir bemerken zunächst, daß G τ (t) = Gτ (t) genau dann gilt, falls für das Vektorfeld
Y τ (t)(x) =
∂
Gτ (t) Gτ (t)−1 (x)
∂τ
Y τ (t) = Y (t) gilt; Gτ (t) und Gτ (t) sind nämlich genau die Flüsse dieser beiden
Vektorfelder und durch die Vektorfelder selbst eindeutig bestimmt. Für Y τ (t)(x)
ergibt sich nach der Kettenregel:
Y τ (t)(x) = DFt Ft−1 (x) Y (0) Ft−1 (x)
und damit für alle Vektoren k
ω(Ft (x)) Y τ (Ft (x)), DFt (x)(k) = ω(Ft (x)) (DFt (x)(Y (0)(x)), DFt (x)(k))
= (Ft∗ ω) (x) (Y (0)(x), k) .
4 Die H AMILTONsche Mechanik
166
Beachten wir jetzt Ft∗ ω = ω, so läßt sich dieses Resultat in der Form
Ft∗ i Y τ (t) ω = i(Y (0))ω
schreiben. Nun gilt i(Y (t))ω = − dλt und λt = Ft∗ −1 λ0 nach Voraussetzung für alle t.
Wir finden also
i(Y τ (t))ω = − Ft∗ −1 dλ0 = − dFt∗ −1 λ0 = − dλt = i(Y (t))ω,
woraus in der Tat Y τ (t) = Y (t) folgt.
Die Funktionenschar λt wollen wir die Erzeugende der kanonischen Transformationen Gτ (t) nennen. Wir können unser Resultat damit so formulieren: Falls die
Gleichung
λt = Ft∗ −1 λ0
(4.29)
für die Erzeugende von Gτ (t) gilt, so folgt für den Fluß Ft :
Gτ (t) ◦ Ft = Ft ◦ Gτ (0).
(4.30)
Gleichung (4.29) ist äquivalent zu
Ft∗ λt = λ0
oder ausgeschrieben
λt (Ft (q, p)) = λ0 (q, p),
d.h. λt , ausgewertet auf dem Argument Ft (q, p), ergibt den gleichen Wert wie λ 0 ,
ausgewertet auf (q, p). Nun ist Ft der Fluß der Bewegung eines H AMILTONschen
Problems. Wir schließen daraus:
λt , ausgewertet am Endpunkt einer Bahnkurve zur Zeit t, ergibt den gleichen
Wert wie λ0 , ausgewertet am Anfangspunkt. Eine solche Funktion wollen wir eine
Bewegungskonstante nennen.
Die Gleichung (4.30) besagt analog: G τ (t), angewandt auf den Endpunkt (zur Zeit
t) einer Bahnkurve, die durch den Anfangspunkt (q, p) bestimmt ist, ist gleich dem
Endpunkt (zur Zeit t) einer Bahnkurve, die in G τ (0)(q, p) startet. Insbesondere
ist Gτ (t) ◦ Ft (q, p) wieder eine Bahnkurve, die den H AMILTONschen Gleichungen
genügt! Die kanonischen Transformationen G τ (t) transformieren also Bahnkurven
wieder in Bahnkurven. Beispiele für solche Transformationen sind uns bereits beim
4.5 Kanonische Transformationen,. . .
167
Studium des Prinzips der kleinsten Wirkung in der Form von Symmetrietransformationen begegnet. Wir konnten dort zeigen, daß einparametrige Scharen von
Symmetrietransformationen der L AGRANGE-Funktion Bahnkurven in Bahnkurven
transformieren und über das N OETHER-Theorem auf Funktionen von Ort, Zeit und
Geschwindigkeit führen, die genau in dem geschilderten Sinne Bewegungskonstanten
sind. Jetzt haben wir offenbar eine gewisse Umkehrung dieses Sachverhalts bewiesen:
Eine Bewegungskonstante erzeugt stets eine solche Transformation der Bahnkurven in
Form einer Schar von kanonischen Transformationen.
Falls die Bewegungskonstante nicht explizit von der Zeit abhängt, d.h. λ t =λ, vereinfachen sich unsere Formeln wie folgt: Damit λ Bewegungskonstante ist, muß
Ft∗ λ = λ
gelten, d.h. λ ist vollständig invariant unter dem zeitlichen Fluß der Bewegungen.
Weiter ist Gτ (t) = Gτ offensichtlich nicht von der Zeit abhängig, und damit gilt die
vereinfachte Beziehung
Gτ ◦ F t = F t ◦ G τ ,
die offenbar folgendes aussagt:
Wird der Endpunkt (zur Zeit t) der Bahnkurve mit Anfangspunkt x der Abbildung Gτ unterworfen, so ist das Resultat gleich dem Endpunkt (zur Zeit t) der
Bahnkurve mit Anfangspunkt Gτ (x). Die Transformation von Anfangspunkt und
Endpunkt ist also mit Hilfe der gleichen zeitunabhängigen Transformation durchgeführt.
Abschließend wollen wir uns noch der Aufgabe zuwenden, ein einfaches Kriterium
für Bewegungskonstanten zu finden. Sei F t wieder der Fluß der Bewegungen eines
H AMILTONschen Problems mit der H AMILTON-Funktion H, die explizit von der Zeit
abhängen darf. Das Vektorfeld
Yt (x) =
erfüllt also
∂Ft
Ft−1 (x)
∂t
i(Yt )ω = − dH.
Sei λt eine zeitabhängige Schar von Funktionen. Wir berechnen:
d ∗
d
∂λt
∂Ft
F λt (x) = λt (Ft (x)) =
(Ft (x)) + i
(x) dλt (Ft (x))
dt t
dt
∂t
∂t
4 Die H AMILTONsche Mechanik
168
nach der Kettenregel. Hieraus folgt
Ft∗ −1
∂λt
d ∗
Ft λt (x) =
(x) + i(Yt )dλt (x).
dt
∂t
Ft∗ λt = λ0 gilt genau dann, falls
d ∗
dt Ft λt = 0,
also genau dann, falls
∂λt
(x) + i(Yt )dλt (x) = 0.
∂t
(4.31)
Der Fluß Ft tritt in dieser Gleichung glücklicherweise nicht mehr auf, sondern nur das
Vektorfeld Yt , das wegen
i(Yt )ω = − dHt
vollständig aus der H AMILTON-Funktion berechnet werden kann. Wir haben früher
bereits
q
p
Yt = ∇ H, − ∇ H
gefunden, weshalb (4.31) explizit auch in der Form
∂Ht ∂λt
∂λt X ∂Ht ∂λt
=0
+
− µ
∂t
∂pµ ∂q µ
∂q ∂pµ
µ
geschrieben werden kann. Die Lösungen λ t dieser Gleichung ergeben damit alle
Bewegungskonstanten.
4.6 Kanonische Transformationen im erweiterten
Phasenraum
In der Folge geben wir eine Variante der H AMILTONschen Mechanik an, in der die Zeit
gleichberechtigt zu den kanonischen Koordinaten (q, p) gezählt wird. Zunächst wird
der erweiterte Phasenraum V = R×P mit einer zusätzlichen Zeitkoordinate eingeführt
und auf V die (erweiterte) kanonische Zweiform
X
Ω = ω − dH ∧ dt =
dpµ ∧ dq µ − dH ∧ dt
(4.32)
µ
definiert.
4.6 erweiterter Phasenraum
169
H sei eine H AMILTON-Funktion mit Fluß Ft auf P , der, wie in den letzten Abschnitten, durch das Vektorfeld
Y (t, x) =
mit
∂Ft
Ft−1 (x) ,
∂t
(x ∈ P )
i(Y )ω = − dH
erzeugt wird. Wir ordnen jetzt Y das Vektorfeld
Ỹ = (1, Y )
auf V zu und bemerken, daß Ỹ durch die Gleichungen
i(Ỹ )Ω = 0,
i(Ỹ )dt = 1
(4.33)
eindeutig bestimmt ist.
Der Fluß Gτ (z) (τ ∈ R) von Ỹ auf V erfüllt die üblichen Bedingungen:
z(τ ) = Gτ (z)
ist Kurve in V mit
ż(τ ) = Ỹ (z(τ ))
und Anfangswert z(0) = z. Hieraus folgt, wie mehrfach gezeigt:
Ỹ (z) =
∂Gτ
G−1
τ (z) .
∂τ
Setzen wir in (4.33) z(τ ) = (t(τ ), x(τ )), so folgt aus der Definition von Ỹ
ṫ(τ ) = 1,
ẋ(τ ) = Y (t(τ ), x(τ )).
Für die Anfangswerte t(0) = t, x(0) = x finden wir die eindeutig bestimmte Lösung
t(τ ) = t + τ,
x(τ ) = Ft+τ ◦ Ft−1 (x),
4 Die H AMILTONsche Mechanik
170
und damit gilt für Gτ und z = (t, x):
Gτ (t, x) = (t + τ, Ft+τ ◦ Ft−1 (x)).
Speziell für t = 0 folgt
Gτ (0, x) = (τ, Fτ (x)).
Der Fluß Fτ auf P kann also auf einfache Weise aus G τ zurückgewonnen werden.
Eine kanonische Transformation F ∗ auf V wird jetzt durch die Forderungen
F ∗Ω = Ω
(4.34)
F ∗t = t
definiert. F ∗ läßt also Ω und die Zeitkoordinate invariant. F (t, x) hat deshalb die
einfache Form
F (t, x) = (t, ft (x)),
wobei ft eine Transformation von P ist, die wegen (4.34) der Gleichung
ft∗ ω = ω
genügen muß, also selbst eine kanonische Transformation auf P ist. Wir wollen jetzt
die Identität von
Gτ = F ◦ Gτ ◦ F −1
mit Gτ beweisen, die offensichtlich für τ = 0 stimmt und dann gilt, wenn das Vektorfeld
Y τ (z) =
∂Gτ −1 Gτ (z)
∂τ
mit Ỹ (z) übereinstimmt. Für die Zeitkoordinate selbst ist F ∗ t = t und damit
∗
Gτ t =G∗τ t, woraus durch Differenzieren sofort
i(Y τ )dt = i(Ỹ )dt = 1
4.6 erweiterter Phasenraum
171
folgt. Falls also zusätzlich i(Y τ )Ω = 0 gezeigt werden kann, muß Y τ = Ỹ gelten, da die
Bedingungen (4.33) Ỹ eindeutig festlegen. Durch Anwendung der Kettenregel ergibt
sich für Y τ explizit
Y τ (z) = DF F −1 (z) Ỹ F −1 (z) .
Für alle Vektoren k gilt deshalb
Ω(F (z)) Y τ (F (z)), DF (z)(k) = Ω(F (z)) DF (z)(Ỹ (z)), DF (z)(k)
= (F ∗ Ω)(z)(Ỹ (z), k)
Wegen F ∗ Ω =Ω und i(Ỹ )Ω =0 verschwindet dieser letzte Ausdruck, und damit gilt:
Ω(F (z)) Y τ (F (z)), DF (z)(k) = 0,
d.h.
F ∗ i(Y τ )Ω = 0
und damit
i(Y τ )Ω = 0.
2
Für eine kanonische Transformation F von V haben wir also die Beziehung
Gτ = F ◦ Gτ ◦ F −1
bewiesen, die auch in der Form
Gτ ◦ F = F ◦ G τ
geschrieben werden kann.
Wir verwenden jetzt (4.34) und (4.30) und finden für z = (0, x)
F ◦ Gτ (0, x) = (τ, fτ ◦ Fτ (x)) ,
Gτ ◦ F (0, x) = (τ, Fτ ◦ f0 (x)) ,
und damit, wegen F ◦ Gτ = Gτ ◦ F :
fτ ◦ F τ = F τ ◦ f 0
4 Die H AMILTONsche Mechanik
172
Auf P ist ft also eine zeitabhängige Schar von kanonischen Transformationen, die die
Bewegungen unseres H AMILTONsche Systems untereinander transformieren. Es wird
sich erweisen, daß sich die entsprechende Transformation F auf V sehr viel einfacher
und eleganter charakterisieren läßt. Wir benutzen
!
X
µ
Ω=d
pµ dq − Hdt
µ
Hieraus folgt wegen F ∗ Ω = Ω, F ∗ t = t und F ∗ d = df ∗
X
0=d
µ
pµ dq µ − Hdt −
X
µ
F ∗ pµ df ∗ q µ − F ∗ dt
!!
.
Mit den neuen Funktionen
Qµ = F ∗ q µ ,
P µ = F ∗ pµ ,
K = F ∗H
folgt jetzt nach dem P OINCAR É-Lemma
X
µ
pµ dq µ −
X
µ
Pµ dq µ − (H − K) dt = dg.
g kann als Funktion von q µ , Qµ und t betrachtet werden, und damit gilt:
pµ =
∂g
,
∂q µ
Pµ = −
∂g
,
∂Qµ
H−K = −
∂g
.
∂t
Aus den ersten beiden Gleichungen lassen sich P µ und Qµ als Funktionen von p und
q berechnen. Damit ist aber F eindeutig durch g bestimmt, und deshalb heißt g die
Erzeugende der kanonischen Transformation F in V .
Wir fordern jetzt für F die Bedingung K = 0, d.h.
∂g
+H=0
∂t
und erkennen dies als die JACOBI-Gleichung für g wieder.
Beachten wir, daß außerdem jetzt
Ω=
X
µ
dpµ ∧ dq µ
4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern
173
gilt, so finden wir wegen i(Ỹ )Ω = 0:
i(Ỹ )dpµ = i(Ỹ )dq µ = 0
und damit
d ∗ µ
d ∗
Gτ Pµ =
G Q = 0.
dτ
dτ τ
Es gilt also
G∗τ Pµ (z) = Pµ (z),
G∗τ Qµ (z) = Qµ (z)
und damit speziell für z = (0, x) wegen (4.34)
Pµ (τ, Fτ (x)) = Pµ (0, x),
Qµ (τ, Fτ (x)) = Qµ (0, x).
Für eine feste Bahnkurve auf P sind also P µ und Qµ konstant. Dies sind genau die
Bedingungen, unter denen bei Benutzung der JACOBI-Methode die Bahnkurven in
Abschnitt 4.3 hergeleitet wurden.
4.7
L IE-Klammern und P OISSON-Klammern
Wir haben in den vorausgegangenen Abschnitten festgestellt, daß eine einparametrige
Schar Fτ von Diffeomorphismen vermöge der Formel
Y (x) =
∂
Fτ Fτ−1 (x)
∂τ
ein Vektorfeld Y kanonisch definiert und daß umgekehrt durch ein solches Vektorfeld
eine Schar von Diffeomorphismen als Fluß von Y erzeugt wird. Für jede Funktion f
gilt ferner
Fτ∗ −1
∂ ∗
F f = i(Y )df = DY f,
∂τ τ
wobei DY f wie gewohnt die Richtungsableitung von f nach Y bezeichnet. Die Abbildung f → DY f stellt also in linearer Näherung die Abweichung der Funktion F τ∗+∆τ f
von der Funktion Fτ∗ f dar, weshalb man Y gelegentlich auch als infinitesimalen Diffeormorphismus bezeichnet.
Für zwei Vektorfelder Y1 , Y2 ist die L IE-Klammer durch
[Y1 , Y2 ] = DY1 Y2 − DY2 Y1
(4.35)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
174
erklärt. Man überzeugt sich mehr oder weniger leicht von der Gültigkeit der folgenden
Formeln:
[Y1 , Y2 ] = − [Y2 , Y1 ]
D[Y1 ,Y2 ] f = (DY1 ◦ DY2 − DY2 ◦ DY1 ) f
Zusätzlich gilt die nützliche Beziehung
i ([Y1 , Y2 ]) = θ(Y1 )i(Y2 ) − i(Y2 )θ(Y1 )
Beweis:
Der Beweis hierfür sei nur kurz skizziert: Man beweist diese Identität leicht
für 1-Formen. Setzt man nun
A = θ(Y1 )i(Y2 ) − i(Y2 )θ(Y1 )
so berechnet man für k- und l-Formen ω k und ωl zunächst
A(ωk ∧ ωl ) = (Aωk ) ∧ ωl + (−1)k ωk ∧ (Aωl ).
Wir nehmen an, daß die Identität
A = i ([Y1 , Y2 ])
für alle l ≤ m bewiesen ist. Für eine (l + 1)-Form gilt
ωl+1 =
X
µ
ωµ ∧ dxµ
mit geeigneten l-Formen ωl . Also gilt
Aωl+1 =
X
µ
Aωµ ∧ dxµ + (−1)l
X
µ
ωµ ∧ Adxµ
Für die 1-Formen dxµ gilt Adxµ = i ([Y1 , Y2 ]) dxµ , und für Aωµ gilt die
analoge Identität auf Grund der Induktionsannahme; also folgt
Aωl+1 =
X
µ
(i ([Y1 , Y2 ]) ωµ ) ∧ dxµ + (−1)l
= i ([Y1 , Y2 ])
X
µ
X
µ
ωµ ∧ i ([Y1 , Y2 ]) dxµ
ωµ ∧ dxµ = i ([Y1 , Y2 ]) ωl+1
4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern
Damit ist die Identität vollständig durch Induktion gezeigt.
175
2
2
Außerdem gilt die JACOBI-Identität:
[Y1 , [Y2 , Y3 ]] + [Y3 , [Y1 , Y2 ]] + [Y2 , [Y3 , Y1 ]] = 0.
Allgemein heißt ein Vektorraum mit einem schiefen Produkt [·, ·], das der JACOBI- identität genügt, eine L IE-Algebra. Der Raum der Vektorfelder auf unserem
Phasenraum stellt also eine L IE-Algebra dar. Wir erhalten eine zweite L IE-Algebra
F , indem wir für je zwei Funktionen ϕ 1 , ϕ2 auf P die sog. P OISSON-Klammer
{ϕ1 , ϕ2 } erklären; dazu ordnen wir jeder Funktion ϕ zunächst das Vektorfeld Y ϕ zu,
das eindeutig durch die Relation
i(Yϕ )ω = − dϕ
bestimmt ist. Die Definition der P OISSON-Klammer lautet dann:
{ϕ1 , ϕ2 }(x) = ω(Yϕ1 (x), Yϕ2 (x)).
(4.36)
Je zwei Funktionen wird also die neue Funktion {ϕ 1 , ϕ2 } auf P zugeordnet. In
Koordinaten (p, q) lautet sie explizit:
{ϕ1 , ϕ2 } =
X ∂ϕ1 ∂ϕ2
µ
∂pµ
∂q µ
−
∂ϕ2 ∂ϕ1
∂pµ ∂q µ
und man sieht sofort:
{ϕ1 , ϕ2 } = i(Yϕ2 )i(Yϕ1 )ω = − i(Yϕ2 )dϕ1 = − DYϕ2 ϕ1 = DYϕ1 ϕ2 .
Wir wollen jetzt die folgenden beiden Gleichungen beweisen:
Lemma:
weis:
[Yϕ1 , Yϕ2 ] = Y{ϕ1 ,ϕ2 }
(4.37) Be-
{ϕ1 , {ϕ2 , ϕ3 }} + {ϕ3 , {ϕ1 , ϕ2 }} + {ϕ2 , {ϕ3 , ϕ1 }} = 0
(4.38)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
176
Die erste Formel folgt aus:
i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = (θ(Yϕ1 )i(Yϕ2 ) − i(Yϕ2 )θ(Yϕ1 )) ω.
Zunächst gilt wegen dω = 0:
θ(Yϕ1 )ω = i(Yϕ1 )dω + di(Yϕ1 )ω = di(Yϕ1 )ω = − d2 ϕ1 = 0
und
i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = i(Yϕ1 )di(Yϕ2 )ω + di(Yϕ1 )i(Yϕ2 )ω;
beachten wir jetzt
di(Yϕ2 )ω = − d2 ϕ2 = 0,
so folgt sofort aus der Definition von {ϕ 1 , ϕ2 }
i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = − d{ϕ1 , ϕ2 },
d.h. es gilt in der Tat
[Yϕ1 , Yϕ2 ] = Y{ϕ1 ,ϕ2 } .
Für die zweite Formel wird die allgemeine Identität
3dω(Y1 , Y2 , Y3 ) = DY1 ω(Y2 , Y3 ) + DY3 ω(Y1 , Y2 ) + DY2 ω(Y3 , Y1 )
− ω([Y1 , Y2 ], Y3 ) − ω([Y3 , Y1 ], Y2 ) − ω([Y2 , Y3 ], Y1 ),
benutzt, die für beliebige 2-Formen und beliebige Vektorfelder hergeleitet
werden kann. Wir setzen hierin Yi =Yϕi und benutzen
[Yϕi , Yϕk ] = Y{ϕi ,ϕk }
sowie
DYϕi ω(Yϕk , Yϕl ) = DYϕi {ϕk , ϕl } = {ϕi , {ϕk , ϕl }}
zur Herleitung von
dω(Yϕ1 , Yϕ2 , Yϕ3 ) = 2 [{ϕ1 , {ϕ2 , ϕ3 }} + {ϕ3 , {ϕ1 , ϕ2 }} + {ϕ2 , {ϕ3 , ϕ1 }}] .
Wegen dω = 0 folgt damit die zweite Gleichung unseres Lemmas.
2
4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern
177
Das Lemma impliziert somit folgende Aussage:
Durch die P OISSON-Klammer erhält der Vektorraum F der Funktionen auf P in
der Tat die Struktur einer L IE-Algebra; die Abbildung ϕ → Y ϕ erklärt einen L IEAlgebrahomomorphismus, d.h. L IE-Produkte auf F werden in L IE-Produkte im
Raum der Vektorfelder überführt.
Leider müssen wir es bei dieser sehr knappen Darstellung der Eigenschaften
der P OISSON-Klammer bewenden lassen; auf die interessanten Anwendungen in
Störungsrechnungen zum H AMILTONschen Bewegungsproblem einzugehen, bleibt
keine Zeit mehr. Kurz erwähnt werden soll aber noch eine besondere Beziehung zur
Quantenmechanik: In der Quantenmechanik wird der Funktion ϕ auf dem Phasenraum ein H ERMITEscher Operator Aϕ in einem H ILBERTraum zugeordnet, so daß die
folgende Relation für je zwei Funktionen ϕ 1 und ϕ2 gilt:
Aϕ1 · Aϕ2 − Aϕ2 · Aϕ1 = i~ A{ϕ1 ,ϕ2 }
(~ P LANCKsche Konstante).
Eine solche Zuordnung existiert tatsächlich nur für eine gewisse Klasse von Funktionen und ist keineswegs frei von Widersprüchen, obwohl dieser Vorgang kanonische
Quantisierung genannt wird.
4 Die H AMILTONsche Mechanik
178
Aufgabe 4.2 — H AMILTON-JACOBI-Gleichung für ein Teilchen in einem
homogenen Magnetfeld
Die L AGRANGEfunktion eines geladenen Teilchens der Masse m und Ladung q in
einem homogenen Magnetfeld B parallel zur e 3 -Richtung ist gegeben durch:
1
L(x, v) = m|v|2 + mωx1 v 2 ,
2
ω=
qB
.
mc
v
a) Bestimmen Sie die Komponenten des kanonischen Impulses p : = ∇ L.
b) Bestimmen Sie die H AMILTON-Funktion H(x, p).
c) Leiten Sie die H AMILTON-JACOBI-Gleichung her.
d) Lösen Sie die H AMILTON-JACOBI-Gleichung mit dem Ansatz
W = Q2 x2 + Q3 x3 + f (x1 ) − Et ,
und berechnen Sie die Bahnkurven.
Aufgabe 4.3 — Klassischer S TARK-Effekt
Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m in einem
(zeitlich) konstanten elektrischen Feld, das die Überlagerung eines C OULOMB-Feldes
und eines homogenen Feldes in der e3 -Richtung ist, ist gegeben durch:
1
κ
L(x, v) = m|v|2 −
+ λx3 .
2
|x|
a) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion in den parabolischen Koordinaten
(ξ, η, φ), definiert durch xi = f i (ξ, η, φ) mit
p
ξη cos φ
p
f 2 (ξ, η, φ) = ξη sin φ
f 1 (ξ, η, φ) =
1
f 3 (ξ, η, φ) = (ξ − η),
2
gegeben ist durch:
L0 (ξ, η, φ, vξ , vη , vφ ) =
Übungen
179
1
m(ξ + η)
8
vξ2
vη2
+
ξ
η
!
2κ
1
1
+ λ(ξ − η).
+ mξηvφ2 −
2
ξ+η 2
b) Zeigen Sie, daß die H AMILTON-Funktion gegeben ist durch
H(ξ, η, φ, pξ , pη , pφ ) =
2
1 2
2κ
1
ξp2ξ + ηp2η +
p +
− λ(ξ − η).
m(x + η)
2mξ φ ξ + η 2
0
0
0
∂L
∂L
wobei pξ = ∂L
∂vξ , pη = ∂vη und pφ = ∂vφ die kanonischen Impulse sind.
c) Bestimmen Sie jetzt in den parabolischen Koordinaten die H AMILTON- JACOBIsche Differentialgleichung für W (ξ, η, φ, t).
d) Zeigen Sie, daß mit Hilfe des Separationansatzes
W (ξ, η, φ, t) = W1 (ξ) + W2 (η) + W3 (φ) − αt
die H AMILTON-JACOBI-Gleichung gelöst wird durch
W (ξ, η, φ, α, β, γ, t) =
+
Zξ
0
p
2mατ 2 + 2(γ − 2κm)τ − β 2 + mλτ 3
dτ
2τ
Zξ
p
2mατ 2 − 2γτ − β 2 − mλτ 3
dτ
+ βφ − αt,
2τ
0
wobei α, β, γ ∈ R Konstanten sind.
e) Interpretieren Sie die Konstanten α und β und skizzieren Sie, wie man aus W die
Bahnkurven gewinnt.
Aufgabe 4.4 — Das K EPLER-Problem III
In der Aufgabe 4.3 wurde gezeigt, daß die H AMILTON-JACOBI-Gleichung für die
Bewegung eines Teilchens in einem elektrischen Feld, beschrieben durch das Potential
V =
κ
− λx3 ,
|x|
4 Die H AMILTONsche Mechanik
180
in parabolischen Koordinaten gelöst wird durch
W (ξ, η, φ, α, β, γ, t) =
+
Zξ
0
p
2mατ 2 + 2(γ − 2κm)τ − β 2 + mλτ 3
dτ
2τ
Zξ
p
2mατ 2 − 2γτ − β 2 − mλτ 3
+ βφ − αt,
dτ
2τ
0
wobei α als die erhaltende Energie und β als die erhaltende 3-Komponente des
Drehimpulses gedeutet wurden. Zur Deutung von γ dienen folgende Rechenschritte:
a) Berechnen Sie die 3-Komponente des RUNGE-L ENZ-Vektors B in parabolischen
Koordinaten.
b) Zeigen Sie, daß gilt:
1
γ = mκ(1 − B 3 ) − mλξη.
2
Für das reine C OULOMB-Problem (λ = 0) ist die Konstante 1−γ/(mκ) also zu deuten
als der für dieses Problem erhaltene RUNGE-L ENZ-Vektor.
Sei
H(p, x) =
|p|2
+ V (|x|)
2m
die H AMILTON-Funktion eines Teilchens im zentralsymmetrischen Potential V .
c) Zeigen Sie, daß die H AMILTON-JACOBI-Gleichung durch (x = (x 1 , x2 , x3 ), Q = (Q1 , Q2 , Q3 ))
1
3
3
W (x, Q, t) = f (|x|, Q , Q ) + Q arccos
x3 cos Q2 + x2 sin Q2
|x|
− Q1 t
gelöst wird, wobei
Zr s
(Q3 )2
dξ
f (r, Q1 , Q3 ) =
2m(Q1 − V (ξ)) −
ξ2
0
bezeichnet.
d) Zeigen Sie, daß wegen c) die Bewegung in einer Ebene stattfindet, und skizzieren
Sie, wie man die Bahnkurven erhält.
Übungen
181
Aufgabe 4.5 — Kanonische Transformationen und H AMILTONsche Vektorfelder
Es seien xi , pi , i = 1, 2, 3 kartesische Koordinaten im Phasenraum P eines Teilchens,
ω=
3
X
i=1
dpi ∧ dxi
die kanonische 2-Form; Cki sei eine beliebige, umkehrbare Matrix.
a) Zeigen Sie: Durch
xi → f i (x) =
3
X
pi → Fi (p) =
3
X
Cki xk
k=1
(C −1 )ki pk
k=1
wird eine lineare Transformation F : P → P des Phasenraumes erklärt, die
F ∗ ω = ω erfüllt.
b) Wir setzen in a)
Cki = [exp(Bτ )]ik
und erhalten eine Schar von linearen Abbildungen von P . Berechnen
Sie die Kom
∂
ponenten (Y 1 , Y 2 , Y 3 , Y1 , Y2 , Y3 ) des Vektorfeldes Y = ∂τ
F Ft−1 (x, p) .
c) Zeigen Sie
i(Y )ω = −df,
f (x, p) =
3
X
Bik pk xi .
i,k=1
Für eine Schar von Drehungen gilt B = A(ω̃) (ω̃ Drehvektor). Berechnen Sie f als
Funktion von x, p und ω̃.
d) Sei Fτ jetzt durch
(Fτ )i (x) = xi + τ ci
(Fτ )i (p) = pi
(ci = const.)
4 Die H AMILTONsche Mechanik
182
erklärt. Wiederholen Sie a)-c) für diese Transformationenschar.
e) Setzen Sie jetzt y = (q, p), und betrachten Sie eine beliebige lineare Transformation
B : P → P , sowie F = exp(τ B). Welche Bedingung muß B erfüllen, damit
F ∗ ω = ω für alle τ ∈R gilt? Zeigen Sie:
d
Fτ Fτ−1 (y) = By
dτ
i(By)ω = dfB
1
fB = ω(By, y)
2
Schlußwort
Unser Weg von den N EWTONschen zu den H AMILTONschen Gleichungen war stets
von geometrischen Aussagen über die Bewegungsformen begleitet. Ganz zu Anfang basierten diese Aussagen auf der euklidischen Geometrie des dreidimensionalen
Raums allein; zum Schluß stand die Geometrie des Phasenraums, bestimmt durch
die kanonische Zweiform, im Vordergrund. Immer wieder fanden wir dabei einen
ausgezeichneten Zusammenhang zwischen Bewegungskonstanten und Symmetrietransformationen. Mit ähnlichen Zusammenhängen werden Sie, die Studenten der
Mechanik im Wintersemester 1992/93, auch in der weiteren Ausbildung ständig neue
Bekanntschaft machen. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg und danken Ihnen und
Ihren Tutoren für Ihre Mitarbeit in der Vorlesung, in den Übungen und insbesondere Peter Engels, Carlo Ewerz, Norbert Lütke-Emtrup, Jens Nitschkowski und Ludger
Wirtz für ihre Hilfe beim Aufspüren von Fehlern in diesem Manuskript.
Bonn, im Mai 1993
H.R. Petry, B.C. Metsch, M. Beyer
Schlußwort zur zweiten Auflage 1995
Bei der vorliegenden Neuauflage wurden keine grösßere Änderungen vorgenommen:
hauptsächlich wurde der Text jetzt unter Verwendung von LATEX gesetzt. Für Ihre
Hinweise auf Druckfehler sind wir insbesondere Jens Nitschkowski und Christian
Weichmann sehr dankbar.
Bonn, im September 1995
H.R. Petry, B.C. Metsch
184
Index
H AMILTONsche Vektorfelder . . . . . . . . 181
Abbildung
adjungierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
schiefadjungierte lineare . . . . . . . . . 30
Ableitung
äußere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152, 155
L IE- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
partielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Richtungs- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Abstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
äußere Ableitung . . . . . . . . . . . . . . 152, 155
Allgemeine Relativitätstheorie 3, 113, 131
antisymmetrische multilineare Funktion28
Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Beschleuniger . . . . . . . . . . . . . . . 52, 53, 125
Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Bewegung
Integral der . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 8, 77
Bewegungskonstante . . . . . . . . . . . 162, 167
Binormalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Boost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Brachistochrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
C ORIOLIS-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
C OULOMB-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Zweizentren- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Determinante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Determinantenfunktion . . . . . . . . . 134, 163
Diffeormorphismus
infinitesimaler . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Differentialform . . . . . . . . . . . . . . . 150, 151
Differentialgleichungssystem
Fluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
lineares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
lineares, homognes . . . . . . . . . . . . . . 43
lineares, inhomogenes . . . . . . . . . . . 43
Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
innerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Drehimpulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Drehimpulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Drehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Eichtransformation . . . . . . . . . . . . . . 71, 123
einparametrige Invarianzgruppe . . . . 74, 77
einparametrige Schar von Symmetrietransformationen . . . . . . . . . . . . 74, 77,
166
Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
elliptische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . 145
Energie
kinetische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 7
potentielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Energieerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Energiesatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Erhaltungsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Erhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Erzeugende der kanonischen Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
euklidische Metrik . . . . . . . . . . . . . . . 28, 38
E ULER-L AGRANGE-Gleichungen . . 68, 93
E ULERsche Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
E ULERsche Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
exakte k-Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Extremalkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68, 80
Extremalprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
PAUL- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
P ENNING- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 62
Index
Flächensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Fluß
der Bewegung . . . . . . . . . . . . 162, 166
eines Differentialgleichungssystems
41
F OUCAULT-Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Freiheitsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Freiheitsgrade
Raum der . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
F RENETsche Formeln . . . . . . . . . . . . . . 127
F RENETsche Koordinaten . . . . . . . . . . . 127
Funktionen
antisymmetrische multilineare . . . . 28
multilineare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
schiefe multilineare . . . . . . . . . 28, 150
symmetrische multilineare . . . . . . . 28
G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
spezielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
volle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
G ALILEI-Invarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
G ALILEI-Transformationen . . . . 17, 75, 76
Untergruppen von . . . . . . . . . . . . . . . 20
generalisierte Geschwindigkeiten . . . . . . 72
generalisierte Koordinaten . 72, 78, 80, 87,
103
Generator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36, 135
Gesamtdrehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Gesamtenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Gesamtimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Gesamtmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 76
geschlossene k-Form . . . . . . . . . . . . . . . 158
Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
generalisierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Geschwindigkeitstransformation . . . . . . 20
Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . 51, 116, 117
Gradient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Gruppe
einparametrige Invarianz- . . . . . 74, 77
G ALILEI- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19, 112
L ORENTZ- . . . . . . . . . . . . . . . 112, 134
P OINCAR E´- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
H AMILTON-Funtion . . . . . . . . . . . . . . . . 139
H AMILTON-JACOBI-Gleichung . . . . . . 178
185
H AMILTONsche Gleichungen . . . . . . . . 160
H AMILTONsches Prinzip . . . . . 65, 70, 103
Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . .113
H AMILTONsche Gleichungen . . . . . . . . 138
harmonischer Oszillator . . . . . . . . . 61, 143
Hauptträgheitsachsen . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Hauptträgheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . 92
Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
kanonischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Impulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Inertialsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 22
infinitesimaler Diffeormorphismus . . . 173
innerer Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
integrable Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Integral der Bewegung . . . . . . 7, 8, 77, 100
Invarianz
G ALILEI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Invarianz des Phasenraumvolumens . . 162
Invarianzgruppe
einparametrige . . . . . . . . . . . . . . 74, 77
Isomorphismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Standard– . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
JACOBI-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
JACOBI-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . .142
JACOBI-Identität . . . . . . . . . . . . . . . . 30, 175
JACOBI-Matrix . . . . . . . . . . . . . . 38, 81, 119
JACOBI-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
JACOBI-Methode . . . . . . . . . . 140, 142, 149
J ORDAN
Satz von . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45
J ORDAN-Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45, 47
J ORDANsche Normalform . . . . . 44-46, 62
k-Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
exakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
geschlossene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
kanonische Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
kanonische Quantisierung . . . . . . . . . . . 177
kanonische Transformation . 164, 167, 168
kanonische Transformationen . . . 162, 181
kanonische Zweiform . . . . . . . . . . . . . . . 159
186
Kegelschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
K EPLER-Problem . . . 8, 32, 123, 131, 179
Konstruktion der Bahn . . . . . . . . . . . . 8
kinetische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 7
klassischer S TARK-Effekt . . . . . . . . . . . 178
Kommutator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
elliptische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
F RENETsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
generalisierte . . . . 72, 78, 80, 87, 103
Kugel- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
parabolische . . . . . . . . . . . . . . 178, 180
Polar- . . . . . . . . . . . . . . . . . 80, 130, 147
sphärische Polar- . . . . . . . . . . . . . . 119
zyklische . . . . . . . . . . . . . . 99, 100, 103
Zylinder- . . . . . . . . . . . . . . . . . 119, 125
Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1, 116
Kreisel
schwerer . . . . . . . . . . . . . . . . . 105, 106
Krümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Länge
eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
L AGRANGE-Funktion . . . . . . . . . . . . 65, 66
des starren Körpers . . . . . . . . . . . . . . 92
separabele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
L AGRANGE-Multiplikator . . . . . . . . . . . 115
lichtartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
L IE-Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
L IE-Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
L IE-Klammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
lineare Differentialgleichungssysteme . 42
L IOUVILLEscher Satz . . . . . . . . . . . . . . 164
L ORENTZ-Gruppe . . . . . . . . . . . . . 112, 134
L ORENTZ-Transformationen . . . . . . . . 133
eigentliche, orthochrone . . . . . . . . 135
Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
reduzierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
schwere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
träge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Matrixelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Index
Metrik
euklidische . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 38
M INKOWKSI- . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
M INKOWSKI-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . 133
multilineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 28
antisymmetrische . . . . . . . . . . . . . . . 28
Differenzieren von . . . . . . . . . . . . . . 31
schiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 150
symmetrische. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
N EWTON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
N EWTONsche Gleichungen . 1, 22, 24, 25,
51
N OETHER-Theorem . . . . . . . . . . . . . . 73, 77
Norm
eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Normalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Normalform
J ORDANsche . . . . . . . . . . . . . 44-46, 62
Nutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
parabolische Koordinaten . . . . . . . 178, 180
partielle Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
PAUL-Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Pendel
F OUCAULT- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
sphärisches- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
P ENNING-Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 62
Periheldrehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . 159, 164, 168
P OINCAR E´-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
P OINCAR E´-lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
P OINCAR E´-Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
P OISSON-Klammer . . . . . . . . . . . . 173, 175
Polarkoordinaten . . . . . . . . 11, 80, 130, 147
sphärische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 65, 66, 116
potentielle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Präzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Prinzip der kleinsten Wirkung . . . . 70, 166
Pull-Back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Quantenmechanik . . . . . . . . . . . 3, 150, 177
Index
raumartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Raumdrehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Raumspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Raumtranslation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Raumzeitspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . 135
reduzierte Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Relativitätstheorie
Allgemeine . . . . . . . . . . . . . 3, 113, 131
Resonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Resonanzkatastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Richtungsableitung . . . . . . . . . . . . . 38, 152
RUNGE -L ENZ-Vektor . . . . . . . . . . . . 10, 33
RUNGE-L ENZ-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . 180
Satz von L IOUVILLE . . . . . . . . . . . . . . . 164
Scheinkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
schiefadjungierte lineare Abbildung . . . 30
schiefadjungierte lineare Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
schiefe multilineare Funktionen . . 28, 150
S CHR ÖDINGER-Gleichung . . . . . . . . . . 150
S CHWARZSCHILD-Radius. . . . . . . . . . . 131
schwere Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
schwerer Kreisel . . . . . . . . . . . . . . . 105, 106
Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 76
Schwerpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Separable L AGRANGE-Funktion . . . . . . 99
separable Systeme . . . . . . . . . . . . . . 101-103
Sollbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51, 53, 84
spezielle G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . . . 19
sphärische Polarkoordinaten . . . . . . . . . 119
sphärisches Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
S TARK-Effekt
klassischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89, 93
L AGRANGE-Funktion . . . . . . . . . . . 92
Zwangsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . 89
sternförmiges Gebiet . . . . . . . . . . . . . . . 158
Symmetrietransformationen . . 75, 79, 166
einparametrige Schar von 74, 77, 166
symmetrische multilineare Funktion . . . 28
Tangentialraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40, 72
Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
träge Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
187
Trägheitstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . 92, 124
Transformation
kanonische . . . . . . . . . . . 164, 167, 168
Transformationen
Eich- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
G ALILEI . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 75, 76
kanonische . . . . . . . . . . . . . . . 162, 181
L ORENTZ- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
schiefadjungierte lineare . . . . . . . . . 20
Symmetrie- . . . . . . 74, 75, 77, 79, 166
Untergruppe
1-parametrige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Untergruppen
von G ALILEItransformationen . . . . 20
Vektor
lichtartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
raumartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
zeitartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Vektorfeld
zeitabhängiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Vektorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
volle G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . 20, 112
Volumenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
E ULERsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Prinzip der kleinsten . . . . . . . . 70, 166
Wirkungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Wirkungsfunktional . . . . . . . . . . . . . 67, 103
zeitabhängiges Vektorfeld . . . . . . . . . . . . 40
zeitartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Zeitspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Zeittranslation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Zentrifugalkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Zwangsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . 85, 87
für starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . 89
Zwangskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Zweizentren-C OULOMB-Problem . . . . 145
zyklische Koordinaten . . . . . . 99, 100, 103
Zyklotronfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . 56, 62
Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . 119, 125
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