I Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.5 1.6 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Konstanten der Bewegung . . . . . . . . . Das K EPLER-Problem . . . . . . . . . . . . . Geometrische Konstruktion der Bahn . . . . . Der zeitliche Verlauf der Bahn . . . . . . . . . G ALILEI-Invarianz . . . . . . . . . . . . . . . G ALILEItransformationen . . . . . . . . . . . Die Struktur der G ALILEI-Gruppe . . . . . . . Inertialsysteme und G ALILEI-Transformationen Beschleunigte Bezugssysteme . . . . . . . . . Kräfte, die auf makroskopische Körper wirken Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 3 8 8 11 17 17 20 20 23 26 28 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Lösung der Bewegungsgleichungen Differenzierbare Funktionen . . . . . Die Hauptsätze . . . . . . . . . . . . Lineare Differentialgleichungssysteme Anwendungen . . . . . . . . . . . . Ionenkäfige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 37 39 42 51 54 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.7 3.8 3.9 Das H AMILTONsche Prinzip Arbeit, Potential, L AGRANGEfunktion . . . . . . . . . . . . . . Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung . . . . . . . Mathematische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symmetrietransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generalisierte Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der starre Körper: Zwangsbedingung und L AGRANGE-Funktion Der starre Körper: Bewegungsformen . . . . . . . . . . . . . . zyklische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechsel des Zeitparameters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der schwere Kreisel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 . 65 . 67 . 70 . 75 . 78 . 85 . 89 . 93 . 99 . 103 . 105 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II INHALTSVERZEICHNIS 3.10 3.11 Beliebige Kurvenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.5 4.6 4.7 Die H AMILTONsche Mechanik Die H AMILTONschen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . Die JACOBIsche Lösungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . JACOBI-Methode: Allgemeiner Separationsansatz . . . . . . . Abschließende Bemerkungen zur JACOBI-Methode . . . . . . Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präambel: Algebraische Eigenschaften von Differentialformen Pull-Back und das P OINCAR É-Lemma . . . . . . . . . . . . . Die kanonische Zweiform im Phasenraum . . . . . . . . . . . Kanonische Transformationen,. . . . . . . . . . . . . . . . . . erweiterter Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L IE-Klammern und P OISSON-Klammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 138 140 144 149 150 151 153 159 162 168 173 1 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 1.1 Einleitung Das Ziel der Mechanik ist die Vorhersage der Bewegung materieller Körper. Dies wird möglich, wenn folgende Hypothesen erfüllt sind oder (in abgeschwächter Form) zumindest mit ausreichender Genauigkeit zutreffen: Hypothese I: Alle materiellen Körper sind als Massenpunkte oder allgemeiner, als eine Familie von n Massenpunkten xi darstellbar. Dabei ist xi ein Vektor in einem dreidimensionalen euklidischen Vektorraum (kurz mit R3 bezeichnet), und die Vorhersage der Bewegung besteht in der Berechnung der Bahnkurven xi (t) dieser Massenpunkte, wobei die Zeit t ein für alle Punkte gleicher, universeller Parameter ist. Hypothese II Die Bahnkurven xi (t) genügen den N EWTONschen Gleichungen: mi ẍi = Ki (x1 (t), . . . , xn (t), ẋ1 (t), . . . , ẋn (t), t), (i = 1, . . . , n) (1.1) Hierbei stellt Ki (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) eine vektorwertige Funktion der Vektoren xi und der Geschwindigkeiten vi = ẋi (t) dar und wird die Kraft genannt, die auf den Massenpunkt i wirkt. Die Masse m i des i-ten Teilchens ist ein charakteristischer materieller Parameter und ẍi (t) bezeichnet die zweite Ableitung oder Beschleunigung der Kurve xi (t). Wir verlangen, daß xi (t), ẋi (t) und ẍi (t) stetig sind. Mathematisch stellt (1.1) ein Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung dar, von dem wir (unter Voraussetzung geeigneter Differenzierbarkeitseigenschaften der Funktionen K) später zeigen werden, daß eine eindeutig bestimmte Lösung bei Vorgabe 2 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik der Anfangswerte xi (t0 ) sowie ẋi (t0 ) zu einer festen Zeit t0 existiert. Dieses Resultat wird kurz zusammengefaßt in der Aussage: Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten bestimmen die Bahnkurven eines Systems von n Massenpunkten und garantiert die Vorhersagekraft unserer beiden Hypothesen in rein mathematischer Form. Von der physikalischen Seite her muß dazu eine von den Gleichungen selbst unabhängige Bestimmung der Massen m sowie der Kräfte K als Funktion der Variablen xi ,vi und t vorausgegangen sein, entweder durch eine direkte Messung oder durch eine zusätzliche theoretische Überlegung. Hierauf hat schon N EWTON selbst hingewiesen, als er unsere Hypothesen in seinen drei Axiomen formulierte (N EWTON (1687)): Axiom 1: Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder gleichförmigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Bewegungszustand zu ändern. Axiom 2: Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. Axiom 3: Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich, und von entgegengesetzer Richtung. Axiom 1 und 2 sind in unserer zweiten Hypothese vereinigt und in die entsprechende mathematische Form der Gleichung (1.1) gebracht. Setzt man dort K i = 0, so folgt sofort durch Integration xi (t) = x0 + v0 · t ( x0 , v0 ∈ R3 ) als allgemeine Lösung, also ein Zustand der Ruhe (v0 = 0) oder der gleichförmigen Bewegung, mit v 0 als konstante Geschwindigkeit. Im allgemeinen Fall (K i 6= 0) ist nach (1.1) die Änderung der Bewegung, d.h. die Beschleunigung ẍ i , proportional zum Vektor Ki , d.h. das Axiom 2 gilt. Das dritte Axiom macht eine Aussage über Kräfte, von der wir heute wissen, daß sie so 1.2 Die Konstanten der Bewegung 3 nicht allgemein gilt, insbesondere dann nicht, wenn geschwindigkeitsabhängige Kräfte wirken. N EWTON studierte zu seiner Zeit vor allem die Gravitationskraft; hierzu sind im 19. Jahrhundert die elektromagnetischen Kr äfte und in diesem Jahrhundert die bei subatomaren Distanzen wirksamen starken und schwachen Kr äfte getreten. Letztere können überhaupt nicht mehr sinnvoll im Rahmen der N EWTONschen Gleichungen behandelt werden. Der Grund liegt darin, daß Ort und Geschwindigkeit nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit vermessen werden können. Die klassische Mechanik muß in diesem Fall durch die Quantenmechanik ersetzt werden. Für die langreichweitigen elektromagnetischen und gravitiven Kräfte gibt es dagegen eine befriedigende physikalische Herleitung der fundamentalen Kräfte zwischen Massenpunkten und zwar: i). Die M AXWELLsche Theorie (Elektrodynamik) für die elektromagnetischen Kräfte, ii). die E INSTEINsche allgemeine Relativit ätstheorie für die Gravitation. In beiden Theorien tritt die Lichtgeschwindigkeit c als charakteristischer Parameter auf. Es ergibt sich für den (wegen der Größe von c in der täglichen Erfahrung stets realisierten) Fall, daß die Geschwindigkeiten der Massenpunkte klein sind, in sehr guter Näherung folgendes Kraftgesetz für n wechselwirkende Teilchen: X Ki = (xi − xj )fij (|xi − xj |), (i = 1, . . . , n), (1.2) i6=j mit fij = 1 4πε0 qi qj . x j |3 −Gmi mj + |xi − G bezeichnet die Gravitationskonstante und q i die Ladung des i-ten Teilchens. ε0 (die Dielektrizitätskonstante des Vakuums) ist ein Parameter, der das Maßsystem der Elektrodynamik, in dem Ladungen gemessen werden, kennzeichnet. Aus Kräften der Form (1.2) kann man sich fast alle Kräfte zwischen makroskopischen Körpern durch Überlagerung entstanden denken. Bevor wir auf das Problem dieser Überlagerung eingehen, lohnt es sich, gerade wegen ihres fundamentalen Charakters, die Wirkung dieser Kräfte in ihrer reinen Form näher zu studieren. 1.2 Das n-Teilchen-Problem mit C OULOMB– und Gravitationskr¨ aften: Die Konstanten der Bewegung Vorbemerkung: Die Resultate dieses Abschnitts h¨angen wesentlich von den Eigen- 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 4 schaften des dreidimensionalen euklidischen Raumes ab, d.h. von der Tatsache, daß wir ein Skalarprodukt h·, ·i, welches jedem Vektor v ∈ R 3 eine L¨ange |v| zuweist, sowie für zwei Vektoren ein Produkt definiert. Zur Wiederholung dieser geometrischen Grundbegriffe seien die Aufgaben 1.1-1.3 empfohlen. Wir betrachten ein System von n Massenpunkten, das den N EWTONschen Gleichungen mi ẍi = Ki , (i = 1, . . . , n) (1.3) mit den Kräften X Ki = (xi − xj )fij i6=j genügt, wobei fij = κij |xi − xj |3 und κij = − Gmi mj + 1 qi qj , 4πε0 ist. Der Term proportional zu den Massen ist der gravitive, der Term proportional zu den Ladungen der elektrostatische oder C OULOMB-Anteil der Kraft. Wir haben uns ferner bei der Niederschrift der Gleichung der Kurzfassungen x i , ẋi , ẍi statt xi (t), ẋi (t), ẍi (t) bedient, um die folgenden Rechnungen transparenter zu halten. Zunächst folgt aus (1.3) durch Summation X mi ẍi = i X i6=j (xi − xj )fij . Weil fij (xi −xj ) bei Vertauschen der Indizes das Vorzeichen wechselt, muß die rechte Seite dieser Gleichung verschwinden. Also gilt: X mi ẍi = 0, i d.h. d X mi ẋi = 0. dt i (1.4) 1.2 Die Konstanten der Bewegung 5 Bilden wir analog mit Hilfe des Vektorproduktes X X X mi [xi , ẍi ] = [xi , xi − xj ]fij = − [xi , xj ]fij , i i6=j i6=j so folgt mit den gleichen Argument wie zuvor das Verschwinden der rechten Seite, also X mi [xi , ẍi ] = 0, i d.h. d X mi [xi , ẋi ] = 0. dt (1.5) i Zum Schluß bilden wir mit Hilfe des Skalarproduktes X i mi hẋi , ẍi i = X i6=j hẋi , xi − xj ifij = 1X hẋi − ẋj , xi − xj ifij . 2 i6=j Andererseits folgt aus der Definition von f ij : κij d = hẋi − ẋj , xi − xj ifij = hẋi − ẋj , xi − xj i 3 |xi − xj | dt κij − |xi − xj | . Wegen d |ẋi |2 = 2hẋi , ẍi i dt können wir deshalb folgern: d X1 1X d κij mi |ẋi |2 = − dt 2 2 dt |xi − xj | i i6=j oder hierzu äquivalent: X κij d X mi = 0. |ẋi |2 + dt 2 |xi − xj | i (1.6) i<j Wir führen jetzt folgende nützlichen Größen ein und bezeichnen sie jeweils mit Namen, die in Klammern folgen: 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 6 pi = mi ẋi (Impuls des i-ten Teilchens) li = mi [xi , ẋi ] (Drehimpuls des i-ten Teilchens) Ti = m2i |ẋi |2 (kinetische Energie des i-ten Teilchens) κ (Potential der Zweikörperkraft K ij = κij |xii−xjj|3 ) i mi ẋi (Gesamtimpuls) i mi [xi , ẋi ] (Gesamtdrehimpuls) (x −x ) ij Vij = |xi −x j| P= L= H= P P M= P i Ti P 1 R= M + i mi P i P i<j Vij (Gesamtenergie) (Gesamtmasse) mi xi (Schwerpunkt des n-Teilchensystems) Aus Gleichung (1.4) folgt sofort P = P0 = const., d.h. P ist ein Vektor, der sich während des zeitlichen Verlaufs der Bewegung nicht ändert. Offenbar setzt sich dieser Vektor additiv aus den Impulsen der einzelnen Massenpunkte zusammen. Wegen P0 = P = X mi ẋi = i d X mi xi dt i gilt außerdem, aufgrund der Definition des Schwerpunktes R: R= 1 P0 t + R 0 , M wobei R0 wieder ein zeitlich konstanter Vektor ist. Für den Gesamtdrehimpuls L finden wir nach 1.5 L = L0 = const. wieder einen zeitlich konstanten Vektor L 0 , der sich additiv aus den Drehimpulsen der 1.2 Die Konstanten der Bewegung 7 einzelnen Massenpunkte zusammensetzt und zum Schluß ergibt (1.6): H = E = const., d.h. die Gesamtenergie, bestehend aus den kinetischen Energien T und der sog. P potentiellen Energie V = i<j Vij der Teilchenpaare ist ebenfalls zeitunabhängig. Unsere Ergebnisse können kompakt in einer Tabelle von Erhaltungssätzen zusammengefaßt werden: Erhaltungssätzen Impulssatz: Schwerpunktsatz: Drehimpulssatz: Energiesatz: P (t) = P0 R(t) − tP (t)/M = R 0 L(t) = L0 H(t) = E (P0 ∈ R3 , P0 (R0 ∈R3 , R0 (L0 ∈ R3 , L0 (E ∈R, E konstant) konstant) konstant) konstant) Der Name Erhaltungssatz erklärt sich aus der Tatsache, daß die an sich zeitabhängig durch die Bahnkurven xi (t) definierten Größen Impuls, Drehimpuls, usw. während der Bewegung auf Grund der Bewegungsgleichungen selbst ihre Werte nicht ändern, sie bleiben erhalten. Diese Werte werden bereits durch Anfangslagen und Geschwindigkeiten zur Anfangszeit der Bewegung fixiert. Für ein System von Massenpunkten spricht man überdies allgemein von einem Integral der Bewegung oder einer Erhaltungsgröße f , wenn eine Funktion f (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) die Eigenschaft besitzt, auf Grund der Bewegungsgleichungen für jede erlaubte Bewegung die Beziehung f (x1 (t), . . . , xn (t), ẋ1 (t), . . . , ẋn (t), t) = f0 = const. zu erfüllen. Genau in diesem Sinne ist jede Komponente der Vektoren P , L, R−tP/M sowie H eine Erhaltungsgröße; insgesamt haben wir also für unser spezielles nTeilchensystem 10 Erhaltungsgrößen gefunden. Damit kein Mißverständnis aufkommt, ist vielleicht folgende Bemerkung angebracht: Nicht für jedes n-Teilchensystem sind Impuls, Drehimpuls, usw. erhalten; ein anderes Kraftgesetz kann diese Eigenschaft sofort zerstören. Ein wichtiges Ziel der Mechanik besteht genau darin, Erhaltungsgrößen zu speziellen Kraftgesetzen aufzuspüren. Ohne großen Aufwand kann man dies zunächst in unserem Fall durch folgende Verallgemeinerung leicht tun: Wir ersetzen f ij durch eine allgemeine Funktion fij (r) des Zweiteilchenabstands r =|xi −xj | sowie Vij durch eine Stammfunktion von −r·fij (r), wobei wir nur die Forderung fji = fij stellen. Dann bleiben unsere Erhaltungssätze weiter gültig (siehe Aufgabe 1.4). 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 8 Aus den Erhaltungsgrößen P , L, und H werden noch gerne der erhaltene sog. innere Drehimpuls L0 = L − [R, P ] sowie die innere Energie H0 = H − 1 |P |2 2M abgeleitet. Der Grund besteht darin, daß [R, P ] = M [R, Ṙ] exakt wie ein Einteilchendrehimpuls für ein fiktives Teilchen der Masse M mit Bahnkurve R aussieht und in dieser Form den Beitrag der Bewegung des Schwerpunktes zum Gesamtdrehimpuls liefert, was analog für |P |2 /(2M ) = M |Ṙ|2 /2 als Beitrag zur Gesamtenergie gilt. Durch Einführung des inneren Drehimpulses bzw. der inneren Energie werden diese Beiträge der Schwerpunktsbewegung, die ja komplett bekannt ist, aus den Erhaltungsgrößen eliminiert, ohne ein grundsätzlich neues Integral der Bewegung einzuführen. Ein solches werden wir hingegen im nächsten Abschnitt kennenlernen. 1.3 Das K EPLER-Problem 1.3.1 Geometrische Konstruktion der Bahn Wir bleiben bei unserem Beispiel mit C OULOMB- und Gravitationskraft, betrachten aber nur ein Zweiteilchensystem. Die N EWTONschen Gleichungen lauten jetzt, voll ausgeschrieben: m1 ẍ1 = κ(x1 − x2 )/|x1 − x2 |3 m2 ẍ2 = κ(x2 − x1 )/|x1 − x2 |3 , (1.7) wobei κ = − Gm1 m2 + 1 q1 q2 . 4πε0 Das Gleichungssystem (1.7) definiert das sog. Zweiteilchen-K EPLERproblem. Es ist physikalisch realisiert durch die Bewegung zweier Himmelskörper oder von zwei entgegengesetzt geladenen Teilchen (κ < 0), sowie bei der Streuung von zwei Teilchen mit gleicher Ladung (κ > 0). Wir wissen bereits von den Erhaltungssätzen, daß R(t) = 1 P (m1 x1 (t) + m2 x2 (t)) = R0 + t , M M (M = m2 + m2 ) 1.3 Das K EPLER-Problem 9 sowie L = m1 [x1 , ẋ1 ] + m2 [x2 , ẋ2 ] = L0 mit konstanten Vektoren R0 ,P0 ,L0 ∈ R3 gilt. Mit y = x 1 − x2 findet man leicht die Beziehungen x1 = R + y m2 M x2 = R − y m1 M (1.8) woraus durch Einsetzen in (1.7) wegen R̈ = 0 µÿ = κ y |y|3 (1.9) mit µ = m1 m2 /M folgt. Gleichung (1.9) sieht aus wie die Gleichung für ein einziges Teilchen mit der Bahnkurve y und der Masse µ im Kraftfeld κy/|y| 3 und definiert das sog. reduzierte K EPLERproblem; µ heißt die reduzierte Masse . Für den inneren Drehimpuls L0 des vorausgegangenen Abschnitts findet man nach kurzer Rechnung: L0 = µ[y, ẏ]. (1.10) Er ist auf Grund der Erhaltungssätze konstant. Wir differenzieren nun den Vektor B= y 1 [ẏ, L0 ] + κ |y| (1.11) nach der Zeit: d 1 d y B = [ÿ, L0 ] + dt κ dt |y| wegen d 0 dt L = 0. Allgemein gilt weiter für jede Kurve y: d y [y, [y, ẏ]] . = − dt |y| |y|3 (1.12) 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 10 Setzt man dies zusammen mit dem Ausdruck für y nach (1.9) in (1.12) ein, so folgt 1 [y, L0 ] [y, [y, ẏ]] d B= − , dt µ |y|3 |y|3 woraus wegen (1.10) sofort d B=0 dt (1.13) folgt. Wir haben also in unserem Problem eine vektorwertige Erhaltungsgröße entdeckt. Leider waren wir nicht die ersten, weshalb B der RUNGE -L ENZ-Vektor genannt wird. B setzt sich nach (1.11) aus zwei Anteilen zusammen, die beide senkrecht auf L 0 stehen. Folglich gilt hB, L0 i = 0. (1.14) Ferner finden wir für das Skalarprodukt hB, yi: hB, yi = 1 hy, [ẏ, L0 ]i + |y|. κ Nach zyklischem Vertauschen der Argumente y, ẏ, L 0 in hy, [ẏ, L0 ]i folgt hB, yi = 1 02 1 0 hL , [y, ẏ]i + |y| = |L | + |y|. κ µκ (1.15) Mit (1.14) und (1.15) kann nun der geometrische Ort der Kurve y komplett bestimmt werden, falls L0 6= 0, was jetzt vorausgesetzt wird. Wegen hy, L 0 i = 0 liegt die Kurve in eine Ebene E senkrecht zu L0 ; wegen (1.14) liegt auch B in E und wegen (1.15) gilt in E mit r =|y| und ϕ = ∠(B, y): r(ϕ) = |L0 |2 1 . µκ |B| cos ϕ − 1 (1.16) Die Gleichung (1.16) stellt einen Kegelschnitt in Polarkoordinaten dar. Folgende Fälle müssen unterschieden werden: 1. κ > 0: Da nach Definition r > 0, muß |B| cos ϕ > 1 gelten, was nur für |B| > 1 möglich ist. Die Gleichung (1.16) beschreibt in diesem Fall eine Hyperbel. 2. κ < 0: a. |B| = 0: Es folgt nach (1.16) r = const. und die Bahnkurve ist somit ein Kreis. b. 0 < |B| < 1: Die Bahnkurve ist eine Ellipse. 1.3 Das K EPLER-Problem c. d. 11 |B| = 1: Die Bahnkurve ist eine Parabel. |B| > 1: Die Bahnkurve ist wieder eine Hyperbel. Für den Fall |B| 6= 1 kann (1.16) äquivalent umgeformt werden zu |y − cB| − sign(|B|2 − 1)|y| = − sign(|B|2 − 1) · c (1.17) mit c= 2|L0 |2 µκ(|B|2 − 1) und wobei sign(|B|2 − 1) das Vorzeichen von (|B|2 − 1) bezeichnet. Hieraus lassen sich leichter die Brennpunkte der Ellipsen und Hyperbeln erkennen. Ein Brennpunkt P1 liegt immer im Koordinatenursprung, der andere im Punkt P 2 =c · B. Falls κ das Vorzeichen wechselt, wechselt auch P 2 das Vorzeichen. 1.3.2 Der zeitliche Verlauf der Bahn Wir kennen also den geometrischen Ort der Kurve y(t) vollständig. Zu bestimmen ist noch ihr zeitlicher Verlauf. Es soll weiter L 0 6= 0 gelten, und wir setzen e1 = B |B| e2 = [L0 , e1 ] |L0 | falls |B| 6= 0; falls |B| =0, sei e1 ⊥L0 , |e1 | = 1 und ansonsten beliebig. In beiden Fällen gilt dann [e1 , e2 ] = L0 /|L0 | und, wir können für y schreiben: y = (cos ϕ e1 + sin ϕ e2 ) · r(ϕ), (1.18) wobei r(ϕ) sich aus (1.16) ergibt. Wir wissen L0 = µ[y, ẏ] = const. (1.19) Andererseits ist nach (1.18) [y, ẏ] = [y, d y]ϕ̇ dϕ (1.20) 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 12 und d d y(ϕ) = (− sin ϕ e1 + cos ϕ e2 )r(ϕ) + (cos ϕ e1 + sin ϕ e2 ) r(ϕ), dϕ dϕ woraus für (1.20) die Beziehung [y, ẏ] = r 2 (ϕ) ϕ̇ [e1 , e2 ] = r 2 (ϕ) ϕ̇ L0 |L0 | und mit (1.19) die Gleichung r 2 (ϕ) ϕ̇ = |L0 | µ (1.21) folgt. Die letzte Beziehung läßt sich zunächst wieder geometrisch deuten: Das Integral 1 I= 2 Zt2 r 2 (ϕ(t)) ϕ̇(t) dt t1 stellt genau die vom Vektor y(t) überstrichene Fläche dar. Offenbar ist nach (1.21) I = |L0 |(t2 − t1 )/(2µ), d.h. in gleichen Zeiten werden gleiche Flächen überstrichen (Flächensatz) . ϕ(t2 ) r(t2 ) I ϕ(t1 ) r(t1 ) Abbildung 1.1: Zum Fl¨achensatz Analytisch kommen wir weiter, wenn wir (1.16) in (1.21) einsetzen. Wir erhalten sofort ϕ̇ =α (|B| cos ϕ − 1)2 (1.22) 1.3 Das K EPLER-Problem 13 mit α= µκ2 . |L0 |3 Nur für |B| = 0, d.h. die Kreisbewegung, ergibt sich ein einfaches Resultat: ϕ = αt + ϕ0 , wobei ϕ0 den Anfangswert des Winkels zur Zeit t = 0 bezeichnet. Für |B| 6= 0 wähle man zunächst eine Stammfunktion F von (|B| cos ϕ − 1) −2 , d.h. Z dϕ . F (ϕ) = (|B| cos ϕ − 1)2 Dann gilt d ϕ̇(t) (F (ϕ(t)) − αt) = − α = 0, dt (|B| cos ϕ(t) − 1)2 woraus F (ϕ(t)) = αt + F (ϕ0 ) folgt. ϕ0 ist wieder der Anfangswert des Winkels ϕ zur Zeit t = 0. Mit der Umkehrfunktion F −1 von F läßt sich jetzt ϕ(t) und damit auch y(t) im Prinzip bestimmen: ϕ(t) = F −1 (αt + F (ϕ0 )). (1.23) Die Funktion F (ϕ) ist jedoch bereits so kompliziert, daß eine explizite Angabe der Umkehrfunktion nicht möglich ist: " !# p 1 − |B|2 tan ϕ2 |B| sin ϕ 1 2 F (ϕ) = +p arctan |B|2 − 1 |B| cos ϕ − 1 |B| − 1 1 − |B|2 |B| < 1, # p " |B|2 − 1 tan ϕ + |B| − 1 1 1 |B| sin ϕ 2 +p F (ϕ) = ln p ϕ 2 2 |B|2 − 1 |B| cos ϕ − 1 |B| − 1 |B| − 1 tan 2 − |B| + 1 für F (ϕ) = für Z |B| > 1, dϕ 1 = − 2 (1 − cos ϕ) 2 ϕ 1 ϕ cot + cot3 ( ) 2 3 2 für |B| = 1. 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 14 Diese Formeln sind hier auch nur zitiert, um das K EPLERproblem soweit zu diskutieren, wie es analytisch möglich ist. Nicht besprochen wurde bisher der Fall L 0 = 0. Aus (1.11) folgt nun aber y/|y| = B, d.h. mit r =|y| gilt y = B · r und nach (1.9) µr̈ = κ , r2 woraus d µ 2 κ =0 ṙ + dt 2 r oder µ 2 κ ṙ + = E = const. 2 r abgeleitet wird. Dies führt auf die Gleichung r r 2 κ E− , ṙ = ± µ r die analog zur Bestimmung von ϕ(t) gelöst wird (siehe Gleichung (1.22)). Zunächst 1 wird eine Stammfunktion f von (E − κ/r) − 2 bestimmt, mit der f (r(t)) = ± r 2 t + f (r0 ) µ gilt. r0 ist der Anfangswert von r(t) zur Zeit t = 0. r als Funktion von t ergibt sich dann mit Hilfe der Umkehrfunktion f −1 : r 2 −1 ± r(t) = f t + f (r0 ) . µ Die Kurve y(t) wäre somit für alle möglichen Fälle, auch in ihrem zeitlichen Verlauf, komplett bestimmt. Wir müssen jedoch beachten, daß wir von einem Zweiteilchenproblem ausgegangen sind, uns also für die Bahnkurven von zwei Teilchen interessieren. Nach Gleichung (1.8) gilt: x1 (t) = R(0) + m2 P t+ y(t) M M x2 (t) = R(0) + P m1 t− y(t). M M 1.3 Das K EPLER-Problem 15 Wir betrachten zunächst eine Gesamtbewegung mit R(0) = P = 0 und bemerken, daß der allgemeine Fall hieraus durch eine zeitlich gleichförmige Verschiebung um den P Vektor R(0) + M t erfolgt. Es ist also x1 (t) = + m2 y(t) M x2 (t) = − m1 y(t). M e2 m1 e1 m2 Abbildung 1.2: Keplerbewegung für E < 0, κ < 0, m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 . Falls eine Ellipsenbewegung y(t) vorliegt, bilden die beiden Massenpunkte ein gebundenes System (Abb. 1.2). Beide Bahnkurven x 1 (t) und x2 (t) liegen wieder auf Ellipsen, wobei für gleiche Massen die beiden Ellipsen durch eine Raumspiegelung auseinander hervorgehen und für m 1 /m2 1 die beiden Ellipsen ineinander geschachtelt sind (Abb 1.3). Für m 1 /m2 → 0, d.h. für unendlich große Masse m 2 schrumpft die Bahnkurve x2 (t) auf einen Punkt zusammen. e2 m2 m1 e1 Abbildung 1.3: Keplerbewegung für E < 0, κ < 0, m2 /m1 ≈ 9/1; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 . Analoges findet sich für die Hyperbelbewegungen, so daß in diesem Fall beide Teilchen sich zunächst (aus dem Unendlichen kommend) einander bis auf einen minimalen Abstand nähern, um dann wieder auseinanderzufliegen (Abb 1.4, 1.5). Bemerkenswert ist in beiden Fällen die Tatsache, daß die Symmetrieachse der Bewegung, d.h. die Verbindung zwischen den Brennpunkten der Hyperbeln und Ellipsen, durch den konstanten Vektor B bestimmt ist, der sich zeitlich nicht ändert. Zusammen mit den ebenfalls konstanten Vektoren L0 und [L0 , B] bildet er ein Achsenkreuz, das starr seine Lage im Raum beibehält. Das gilt offenbar auch für die allgemeine Lösung 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 16 e2 m1 e1 m2 Abbildung 1.4: Keplerbewegung für E > 0, κ < 0, m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 . e2 m1 e1 m2 Abbildung 1.5: Keplerbewegung für E > 0, κ > 0, m2 /m1 ≈ 3/2; gestrichelte Linie: Die Lösung y für die Relativbewegung; durchgezogene Linien: Die Bahnkurven x1 and x2 . P mit Schwerpunktsbewegungen R(t) = R(0) + t M . Wir werden sogleich auf diese merkwürdige Eigenschaft zurückkommen, schließen diesen Abschnitt aber zunächst mit einer Bemerkung über die Bewegungskonstante B ab: Es läßt sich zeigen (siehe Gleichung (1.11)), daß |B|2 = 1 + 2 H 0 |L0 |2 µκ2 gilt, wobei H 0 die innere Energie ist: H0 = µ 2 κ |ẏ| + . 2 |y| Somit haben wir mit den drei Komponenten der vektoriellen Bewegungskonstante eigentlich nur eine einzige neue Bewegungskonstante gewonnen, diese hat aber erst unsere rein geometrische Konstruktion der Bahnkurve ermöglicht! 1.4 G ALILEI-Invarianz 1.4 17 G ALILEI-Invarianz 1.4.1 G ALILEItransformationen Die beiden Bahnkurven x1 (t) und x2 (t) lassen sich nach den Ergebnissen der beiden letzten Abschnitte für den generischen Fall L 0 6= 0, B 0 6= 0 wie folgt schreiben: x1 (t) = R(0) + P m2 t+ (e1 cos ϕ(t) + e2 sin ϕ(t)) r(ϕ(t)) M M x2 (t) = R(0) + m1 P t− (e1 cos ϕ(t) + e2 sin ϕ(t)) r(ϕ(t)) M M (1.24) R(0), P/M sind konstante Vektoren, ebenso wie e 1 und e2 : e1 = B |B| e2 = [L0 , e1 ] |L0 | Zusammen mit e3 = L0 /|L0 | bilden die Vektoren ei sogar eine Orthonormalbasis, die natürlich von den Vektoren L0 und B abhängt und sich zeitlich nicht ändert. Die Werte der Vektoren ei können überdies durch die Anfangswerte von y(0) = x 1 (0) − x2 (0) sowie durch ẏ(0) = ẋ1 (0) − ẋ2 (0) direkt bestimmt werden, wenn man die zeitliche Konstanz von L0 und B berücksichtigt und L0 und B auf Grund der Formeln L0 = µ[y, ẏ] B= y [ẏ, L0 ] + κ |y| zur Zeit t = 0 berechnet. Wir schreiben die beiden Bahnkurven jetzt zunächst nur in etwas anderer Form. Dazu sei {ai } eine feste, von L0 und B unabhängige Orthonormalbasis und O ∈ SO(3) eine eindeutig bestimmte Drehung, welche {a i } in {ei } überführt, d.h. Oai = ei (i = 1, 2, 3). P , O) : R3 → R3 bezeichnen wir die Abbildung (mit R 0 = R(0)) Mit ϕt (R0 , M ϕt (R0 , P P , O)(h) = Oh + R0 + t M M für alle h ∈ R3 , 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 18 woraus nach Gleichung (1.24) sofort folgt: xi (t) = ϕt (R0 , P , O)(x0i (t)), M (i = 1, 2) (1.25) mit x01 (t) = + m2 (a1 cos ϕ(t) + a2 sin ϕ(t)) · r(ϕ(t)) M x02 (t) = − m1 (a1 cos ϕ(t) + a2 sin ϕ(t)) · r(ϕ(t)). M x01 (t) und x02 (t) stellen selbst wieder Lösungen des Zweiteilchenproblems dar, die durch Anfangswerte von L0 und B definiert sind, für die e1 = a1 und e2 = a2 gilt. Tatsächlich haben wir genau eine solche Lösung im letzten Abschnitt repräsentativ für das Gesamtproblem diskutiert. Jetzt sehen wir, daß die Kenntnis der speziellen Lösungen x0i (t) überhaupt genügt, um alle Lösungen zu beschreiben: Wir erhalten die P , O) nach Gleichung (1.25) Gesamtheit durch Anwendung der Abbildung ϕ t (R0 , M P und O. für beliebige Werte von R0 , M Noch mehr erkennen wir, wenn wir allgemein die Abbildungen ϕ t (a, b, A): R3 → R3 mit ϕt (a, b, A)(h) = Ah + a + bt für alle h ∈ R3 für beliebige a, b ∈ R3 , A ∈ SO(3) betrachten. Es gilt nämlich: ϕt (a0 , b0 , A0 ) ◦ ϕt (a, b, A)(h) = ϕt (a0 , b0 , A)(Ah + a + bt) = A0 Ah + A0 (a + bt) + a0 + b0 t = A0 Ah + (A0 a + a0 ) + (A0 b + b0 )t = ϕt (A0 a + a0 , A0 b + b0 , A0 A)(h), d.h. ϕt (a0 , b0 , A0 ) ◦ ϕt (a, b, A) = ϕt (A0 a + a0 , A0 b + b0 , A0 A). (1.26) Aus der letzten Gleichung folgt: Die Abbildungen ϕ t (a, b, A) bilden eine Gruppe, die spezielle G ALILEI-Gruppe , wobei ϕt (0, 0, 1I) das Einselement und ϕt (a, b, A)−1 = ϕt (−A−1 a, −A−1 b, A−1 ) 1.4 G ALILEI-Invarianz 19 das Inverse von ϕt (a, b, A) darstellt. Lassen wir ϕt (a, b, A) auf unsere Lösungen xi (t) wirken, so erhalten wir wegen der Multiplikationsformel (1.26) aus Gleichung (1.25) wegen ϕt (a, b, A) ◦ ϕt (R0 , P P0 P , O) = ϕt (AR0 + a, A + b, AO) = ϕt (R0 , , O 0 ) M M M offenbar wiederum eine Lösung mit veränderten Werten für R 00 , P 0 und O 0 anstatt R0 , P und O. Die spezielle G ALILEI-Gruppe operiert also auf den Lösungen unseres Zweiteilchenproblems, indem sie Lösungskurven wieder in Lösungskurven überführt. Die letzte Eigenschaft läßt sich allgemein für ein n-Teilchensystem mit zentralen Zweikörperkräften zeigen; es gelte für ein solches System mi ẍi = X i6=j (xi − xj )fij (|xi − xj |) (i = 1, . . . , n) (1.27) Wir setzen yi (t) = ϕt (a, b, A)(xi (t)) = Axi (t) + a + bt und finden ÿi = d2 (Axi (t) + a + bt), dt2 d.h. ÿi = Aẍi . Wegen yi − yj = A(xi − xj ) und damit (wegen A ∈ SO(3)) |yi − yj | = |xi − xj | folgt: (yi − yj )fij (|yi − yj |) = A(xi − xj )fij (|xi − xj |). Hieraus ergibt sich nach (1.27): mi ÿi = X i6=j A(xi − xj )fij (|xi − xj |) = X i6=j (yi − yj )fij (|yi − yj |). Also ist mit den Lösungskurven xi (t) auch durch yi (t), i = 1, . . . , n ein System von Lösungskurven gegeben. Insbesondere gilt für den kräftefreien Fall (K i = 0): G ALILEI-Transformationen führen gleichförmige Bewegungen in gleichförmige Bewegungen über. 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 20 1.4.2 Die Struktur der G ALILEI-Gruppe Durch Spezialisierung erhalten wir aus der allgemeinen Transformation ϕ t (a, b, A) spezielle Untergruppen von G ALILEI-Transformationen (x ∈ R 3 ). x → ϕt (a, 0, 1I)(x) = x + a (Raumtranslation ) x → ϕt (0, b, 1I)(x) = x + bt (Geschwindigkeitstransformation (engl.: ’Boost’) ) x → ϕt (0, 0, A)(x) = Ax (Raumdrehung ) Sie können noch um die sog. Zeittranslation t → t+h 0 , (h0 ∈R) vermehrt werden, die ebenfalls die Gleichungen (1.27) invariant lassen, d.h. mit x i (t) ist auch yi (t) = xi (t + h0 ) (i = 1, . . . , n) ein System von Lösungskurven der Gleichungen (1.27). Faßt man die Zeittranslationen mit den speziellen G ALILEI-Transformationen zusammen, erhält man wiederum eine Gruppe, die volle G ALILEI-Gruppe . Sie stellt eine Transformation von Raum und Zeit dar, was man besser sieht, wenn man x und t zu einem Raum-Zeitpunkt zusammenfaßt; dann gilt für unsere Transformation allgemein: (x, t) → (ϕt (x), t + h0 ) = (Ax + a + bt, t + h0 ). Noch mehr über die Struktur der G ALILEI-Gruppe findet man in Aufgabe 1.6, insbesondere über die Darstellung als Matrixgruppe und die einparametrigen Untergruppen. Hervorgehoben sei hier nur ein besonders wichtiges Resultat, das die Drehungen betrifft: Für festes ω ∈ R3 definiert A(ω)x = [ω, x] einen linearen Isomorphismus A in die Menge der schiefadjungierten linearen Transformationen des R 3 und Oω (τ ) = exp(A(ω) · τ ), τ ∈ R, eine einparametrige Schar von Drehungen mit der Drehachse ω̂ = ω/|ω| und dem Drehwinkel ϕ = |ω| · τ . Weiter läßt sich jede Drehung in der Form O = exp(A(ω)) schreiben. Die Zahl der reellen Parameter mit der die G ALILEI–Gruppe beschrieben wird, ist also zehn: Jeweils drei für Raumtranslationen, Boosts und Drehungen sowie einer für die Zeittranslationen. 1.4.3 Inertialsysteme und G ALILEI-Transformationen Ein Inertialsystem besteht, ganz anschaulich, aus einem gleichförmig bewegten Beobachter am Ort y(t) = a + bt (a, b ∈ R3 ), der die Koordinaten aller Vektoren x ∈ R 3 mit Hilfe eines starren, mitgeführten Achsenkreuzes (e 1 , e2 , e3 ) bestimmt (siehe Abb.1.6). Der Beobachter erhält also für x die (zeitabhängigen) Koordinaten y α (x) = heα , x − a − bti, α = 1, 2, 3. 1.4 G ALILEI-Invarianz y x a3 21 e3 e1 e2 a + bt a2 a1 Abbildung 1.6: Zu Inertialsystemen Bezüglich der Standardbasis a1 , a2 , a3 von R3 gilt eα = Aaα , α = 1, 2, 3, mit einer eindeutig bestimmten Drehung A ∈ SO(3), also y α (x) = hAaα , x − a − bti = haα , A−1 (x − a − bt)i, d.h. y α (x) = haα , ϕt (a, b, A)−1 (x)i (1.28) Mathematisch bedeutet also ein Inertialsystem nichts anderes als die Einführung spezieller Koordinaten, die nach Gleichung (1.28) durch eine G ALILEI-Transformation erzeugt werden. Fassen wir diese Koordinaten zu einem neuen Vektor y = (y 1 , y 2 , y 3 ) zusammen, so gilt offenbar: y = ϕt (a, b, A)−1 (x). Wegen der Invarianz der N EWTONschen Gleichungen, die wir im vorletzten Abschnitt gezeigt haben, folgt hieraus: Die N EWTONschen Gleichungen haben in den Koordinaten aller möglichen Inertialsysteme die gleiche Form. Zunächst erscheint dieses Resultat so trivial, daß seine Erwähnung, insbesondere in hervorgehobener Form, kaum gerechtfertigt erscheint. Tatsächlich ist es aber von großer Bedeutung für die Bewegungsgleichungen selbst, wenn wir bedenken (was 22 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik bisher nicht geschah!), daß die Bahnkurven und Kräfte selbstverständlich gemessene oder zu vermessende Größen sind. Eine solche Messung geschieht immer von einem Beobachtungspunkt mit festem Achsenkreuz aus, der sich im allgemeinen bewegt, auch wenn es dem Beobachter selbst so gar nicht bewußt ist. Dies gilt für jedes Laboratorium auf der Erde, das sich ja mit der Erde dreht, mit der Erde um die Sonne kreist, ja sogar als Teil der Milchstraße an der gesamten Expansion des Kosmos teilnimmt. Für Meßzeiten, die klein genug sind, ist eine solche Bewegung in guter Näherung gleichförmig und unser Laboratorium ein Inertialsystem; gleiches würde auch für ein Laboratorium auf dem Mond oder in einem Satelliten gelten: Die N EWTONschen Gleichungen haben in den Koordinaten dieser Inertialsysteme also die gleiche Form und damit auch die gleichen physikalischen Konsequenzen. Es ist daher unerheblich, welches Inertialsystem konkret benutzt wird, da wir mit Hilfe einer G ALILEI-Transformation von einem Inertialsystem auf das andere leicht umrechnen können.(i) Die Definition von Inertialsystemen zu Anfang dieses Abschnitts durch einen gleichförmig bewegten Beobachter mit festem Achsenkreuz und Zeitskala (wenn wir jetzt auch noch die von ihm durchgeführten Zeitmessungen betrachten), kann auf Grund unserer bisherigen Ergebnisse noch etwas mehr vertieft werden. Betrachten wir das Zweiteilchen-K EPLERproblem für den Fall zweier gebundener Teilchen (Ellipsenbewegung), so sehen wir aus Gleichung (1.24), daß jede Lösung selbst ein natürliches Inertialsystem definiert; dieses ist gegeben durch die gleichförmige Bewegung des Schwerpunktes sowie das durch L’ und B definierte Achsenkreuz. Wir können überdies P , O) durch Einführung von in Gleichung (1.25) die G ALILEI-Transformation ϕ t (R0 , M P Koordinaten y nach (1.28) mit a = R0 , b = M und A = O eliminieren. Man sagt: Man betrachtet die Lösung im Schwerpunktsystem, weil die transformierte Lösung so aussieht, als würde der Schwerpunkt ruhen. Auf Grund des Schwerpunktsatzes existiert eine solche Transformation für beliebige Lösungen von Massenpunktsystemen, die den Gleichungen (1.27) genügen; dabei wird aber die Drehung O nicht eindeutig festgelegt, weil i.A. keine ausgezeichneten Achsen wie im K EPLERproblem existieren. (i) Auf diese Weise verschwindet auch ein Problem, auf das wir bei der Formulierung der N EWTONschen Gleichungen (mit Absicht!) noch nicht hingewiesen haben, als wir axiomatisch festlegten: Massenpunkte werden durch Kurven in einem dreidimensionalen euklidischen Raum beschrieben. Das Problem besteht darin, wie dieser Raum absolut definiert ist: Welcher Koordinatenursprung und welches Achsenkreuz beschreibt seine Koordinaten auf Grund welcher Messung? Die Antwort hierauf ist: Jedes Inertialsystem kann gleichberechtigt hierfür benutzt werden; ein ausgezeichnetes Inertialsystem gibt es in Wahrheit nicht. Zu denken gibt freilich, daß wir oben konkrete Inertialsysteme mit der Einschr¨ankung bei kleiner Dauer ” der Messung kann die Bewegung des Laboratoriums als gleichförmig betrachtet werden“, bedacht haben. Ganz abgeschlossen wird die Diskussion hierüber wohl also nicht sein und, tats¨achlich, sie wird Ihnen im Laufe Ihres Studiums in verschiedenster Gestalt immer wieder begegnen. 1.5 Beschleunigte Bezugssysteme 23 Die Besonderheit des Zweiteilchen-K EPLERproblems besteht darin, daß ein solches Achsenkreuz eindeutig für jede Bewegung fixiert wird. Offenbar ist das eine Folge der speziellen dynamischen Gleichungen. (ii) Wir sehen also, daß dynamische Systeme von Massenpunkten die sehr bemerkenswerte Eigenschaft besitzen, natürliche Inertialsysteme aus sich heraus“ zu definieren. Das ” Zweiteilchen-K EPLERproblem bildet hierfür tatsächlich das prominenteste Beispiel. 1.5 Gleichförmig rotierte und gleichförmig beschleunigte Bezugssysteme Wir betrachten jetzt einen Beobachter, der die Koordinaten der Raumvektoren x mit Hilfe eines gleichförmig rotierenden Achsenkreuzes e α (t), (α = 1, 2, 3) bestimmt. Er mißt also für x die Koordinaten y α = heα (t), xi, wobei eα (t) = exp(A(ω)t)eα (1.29) gilt und ω ∈R3 die konstante Winkelgeschwindigkeit bezeichnet, die vermöge unseres Standardisomorphismus aus Abschnitt 1.4.2 in die schiefadjungierte Transformation A(ω) überführt wird: A(ω)x = [ω, x] für alle x ∈ R3 . (1.30) Es gilt also y α = heα , exp(−A(ω)t)xi oder, falls wir die Koordinaten y wieder zu einem Vektor zusammenfassen: y = exp(−A(ω)t)x. (1.31) Hieraus folgt für jede Kurve x(t) ẏ = − A(ω) exp(−A(ω)t)x + exp(−A(ω)t)ẋ = − [ω, y] + exp(−A(ω)t)ẋ (ii) Analoges gilt auch für die Wahl der Zeitskala; offenbar bildet die Umlaufzeit der Ellipsenbewegung eine natürliche, vom System selbst erzeugte Maßeinheit für die Zeitmessung. 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 24 und mÿ = − 2m[ω, ẏ] − m[ω, [ω, y]] + exp(−A(ω)t)mẍ. Wirkt auf den Massenpunkt x die Kraft K, so folgt aus den N EWTONschen Gleichungen : mÿ = − 2m[ω, ẏ] − m[ω, [ω, y]] + K 0 (y) (1.32) wobei K 0 (y) = exp(−A(ω)t)K(exp(A(ω)t)y). In den Koordinaten y α erscheinen neben dieser real wirkenden Kraft K 0 also Zusatzterme für die Beschreibung der Bewegung, die selbst wieder wie Kräfte aussehen, aber erst durch die Verwendung eines rotierenden Beobachtungssystems erzeugt werden. Der erste Term heißt C ORIOLIS– , der zweite Zentrifugal–Kraft . Beide bilden ein Beispiel für sog. Scheinkräfte , die immer dann in den N EWTONschen Gleichungen auftreten, wenn die Koordinaten eines Beobachtungssystems benutzt werden, das kein Inertialsystem ist. Die Wirkung dieser Scheinkräfte läßt sich offenbar durch eine Koordinatentransformation eliminieren, die die Achsendrehung rückgängig macht. Ein besonders bekanntes Beispiel für ein rotierendes Bezugssystem ist durch jeden an der Erdoberfläche fixierten Beobachter realisiert, der die Drehung der Erde mit vollzieht, siehe Abb.1.7. ω e3 (t) e2 (t) e1 (t) Abbildung 1.7: Mitrotierendes Koordinatensystem. Für ihn haben die Bewegungsgleichungen eines Massenpunktes die Form (1.32), wobei ω jetzt die Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung darstellt. Wirkt auf den 1.5 Beschleunigte Bezugssysteme 25 Massenpunkt z.B. nur die Schwerkraft der Erde, so ist 0 K0 = 0 −mg in den gewählten Koordinaten, wobei g die Erdbeschleunigung bezeichnet. Nur die C ORIOLISkraft ist für diesen Fall numerisch bedeutsam; sie bewirkt auf der nördlichen Halbkugel eine scheinbare Ostabweichung des freien Falls unseres Massenpunktes, die durch Transformation auf ein Inertialsystem (z.B. das Achsenkreuz zur Zeit t = 0) wieder verschwindet. Physikalisch bedeutsamer als die gleichförmig rotierenden Bezugssysteme ist der Fall eines Bezugssystems, bei dem sich der Beobachter auf einer Bahn h(t) = 12 bt2 mit der konstanten Beschleunigung b ∈ R 3 bewegt. Für ihn haben alle Vektoren x die Koordinaten 1 y α (x) = heα , x − bt2 i 2 α = 1, 2, 3 oder, zusammengefaßt zu einem Vektor, 1 y = x − bt2 . 2 (1.33) Wir wollen diese Koordinaten einmal für die Beschreibung eines System von n Massenpunkten verwenden, bei dem die Kräfte wieder eine Form wie in Gleichung (1.27) haben (also zentrale Zweikörperkräfte sind), und zusätzlich auf jedes Teilchen die konstante Gravitationskraft −m i g, g ∈ R3 wirkt. In den Koordinaten y lauten wegen xi − xj = yi − yj und ÿi = ẍi − b die N EWTONschen Gleichungen jetzt mi ÿi = − mi b + X i6=j (yi − yj )fij (|yi − yj |) − mi g (i = 1, . . . , n). (1.34) Falls b = − g gewählt wird, so verschwindet die konstante Gravitationskraft vollständig in der neuen Koordinatenbeschreibung. Die Bahnkurven y i folgen dann der inneren Kraft. Realisiert wird dieses Beobachtungssystem z.B. in einem frei fallenden Laboratorium, aber auch in einem Satelliten, der um die Erde kreist, weil in beiden Situationen der Beobachter die Gravitationsbeschleunigung durch die Erde mitvollzieht. Der Grund für die mögliche Elimination der Gravitation findet sich in der Form der Gravitationskraft: Sie ist strikt proportional zur Masse m i selbst. Logisch wäre auch eine andere Proportionalitätskonstante, sagen wir λ i denkbar. In diesem Fall wäre in (1.34) mi g durch λi g zu ersetzen, und es würde i.a. wegen der Verschiedenheit der 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 26 Massen m kein Wert von b existieren, für den die Gravitationskraft eliminiert werden könnte. Will man zwischen mi und λi einen Unterschied machen, so spricht man von mi als der trägen und von λi als der schweren Masse . Ihre Gleichheit ist ein rein experimentelles Resultat, das allerdings später in der Theorie der Gravitationskräfte entscheidend verwendet wird. 1.6 Kr¨ afte, die auf makroskopische Körper wirken Bisher haben wir uns in unseren Überlegungen fast ausschließlich auf Systeme von Massenpunkten beschränkt, zwischen denen zentrale Zweikörperkräfte wirken. In den Anwendungen der Mechanik spielen aber auch ganz andere Kräfte eine große Rolle. In dem einleitenden Abschnitt wurde angedeutet, daß diese Kräfte durch Überlagerung von Fundamentalkräften erzeugt werden, wobei C OULOMB- und Gravitations-Kräfte besonders hervorgehoben wurden. Wir wollen jetzt kurz skizzieren, wie man sich eine solche Überlagerung vorzustellen hat, obwohl eine endgültige Klärung des Sachverhaltes im Rahmen der Mechanik selbst nicht möglich ist, sondern erst in der Thermodynamik erfolgt. Dazu unterteilen wir ein n-Teilchensystem mit zentralen Zweikörperkräften in zwei Subsysteme I1 und I2 , die z.B. die Teilchen 1 bis k bzw. k + 1 bis n enthalten und betrachten die Schwerpunkte R1 und R2 von I1 und I2 , d.h. die Vektoren: Ri = X mi xi , M M= i∈Ik X mi , (k = 1, 2). i∈Ik Es gilt für den Gesamtschwerpunkt R: R= M1 R1 + M 2 R2 , M wobei M = M1 + M2 die Gesamtmasse ist. Auf Grund des Schwerpunktsatzes folgt sofort: M1 R̈1 = − M2 R̈2 . Diese Gleichung hat z.B. für die Bahnkurve des Schwerpunktes R 1 die Form der N EWTONschen Gleichung mit K1 = − M2 R̈2 als wirkende Kraft. Allerdings ist K 1 nicht allein von R1 und Ṙ1 abhängig, sondern explizit gegeben durch X K1 = (xi − xj )fij (|xi − xj |), i∈I1 ,j∈I2 was leicht aus Gleichung (1.27) abgeleitet wird. Wir sehen aber, daß sowohl R 1 als auch K1 durch eine Mittelung über die Teilchen in I 1 und I2 entsteht. Für den Fall 1.6 Kr¨afte, die auf makroskopische Körper wirken 27 sehr vieler Teilchen, die räumlich benachbart bleiben, zeigt die Erfahrung, daß eine solche Mittelung statistischen Gesetzen gehorcht; die speziellen Eigenschaften der Bahnkurven xi spielen dabei keine Rolle mehr für die Kraft K 1 , die nur noch abhängt vom Mittelwert der Kurven xi , den man mit R1 identifiziert. Die Beschreibung des Systems I1 reduziert sich dann auf die Angabe der Bahnkurve dieses Schwerpunktes. Nach der statistischen Mittelung braucht die Form der Kraft als Funktion von R 1 und ggf. auch von Ṙ1 und der Zeit nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit den ursprünglichen Zweikörperkräften zu besitzen. Sie verliert i.a. auch die manifesten Invarianzeigenschaften bei G ALILEI-Transformationen, weil die genannte Mittelung, z.B. in einem festen Raum-Zeit-Gebiet, erfolgt. Diese kurze Diskussion der Kräfte zwischen makroskopischen Körpern kann und soll nicht befriedigen. Wir treten deshalb die Flucht nach vorn an: Solange sich die Mechanik vor allem den Studien der Bewegungsgesetze widmet, kann sie auf eine nähere Begründung der jeweils benutzten Kraftgesetze verzichten (wenigstens für eine gewisse Zeit). 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 28 Übungen Aufgabe 1.1 — Multilineare Funktionen in einem n-dimensionalen Vektorraum V wk : V | ×V ×· {z · ·×V} → R heißt multilineare Funktion der Stufe k, falls w k (h1 , . . . , hk ) k-mal linear in jedem Argument hi ist. a) Zeigen Sie: Falls eµ (µ = 1, . . . , n) eine Basis von V ist, so ist w k eindeutig durch die Funktionswerte wk (eµ1 , . . . , eµk ) bestimmt. Die skalare Multiplikation und die Addition werden definiert durch: (λwk )(h1 , . . . , hk ) : = λ · wk (h1 , . . . , hk ), (wk + wk0 )(h1 , . . . , hk ) : = wk (h1 , . . . , hk ) + wk0 (h1 , . . . , hk ) für alle λ ∈ R und alle multilinearen Funktionen w k und wk0 der Stufe k. b) Überprüfen Sie, daß die multilinearen Funktionen der Stufe k einen reellen Vektorraum Vk der Dimension nk bilden. Bezeichne die Permutationen der Zahlen (1, . . . , n) mit σ (1 → σ(1), 2 → σ(2), . . .) und das Signum dieser Permutation mit ε(σ). Eine multilineare Funktion w k heißt schief (oder antisymmetrisch ), bzw. k-Form, falls wk (hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = ε(σ)wk (h1 , . . . , hk ). Ebenso heißt eine multilineare Funktion wk symmetrisch falls wk (hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = wk (h1 , . . . , hk ). c.1) Zeigen Sie: Die symmetrischen und die schiefen multilinearen Funktionen bilden jeweils Untervektorräume Sk , bzw. Ak von Vk . c.2) Bestimmen Sie die Dimension von S k , bzw. Ak . Eine symmetrische multilineare Funktion g zweiter Stufe auf V mit g(x, x) > 0 für alle x ∈ V \ {x = 0} heißt euklidische Metrikpin V . Wir schreiben auch g(x, y) = hx, yi. Die Länge oder Norm wird durch |x| = hx, xi erklärt. Entsprechend heißt |x − y| der Abstand von x und y in V . d.1) Zeigen Sie, daß |hx, yi| ≤ |x||y|. Setze cos ϕ = hx, yi/(|x||y|), ϕ heißt Winkel zwischen x und y. Übungen 29 d.2) Zeigen Sie, daß |x − y| = p |x|2 + |y|2 − 2|x||y| cos ϕ . Wähle eine Orthonormalbasis {ei }, i = 1, . . . , n in V : i x = x ei : = n X i=1 xi ei , xi ∈ R. xi heißt Koordinate von x bezüglich e i . d.3) Berechnen Sie |x| und cos ϕ als Funktion der Koordinaten. Als Spezialfall von c) sollten Sie gefunden haben, daß die Dimension des Vektorraumes aller schiefen multilinearen Funktionen n-ter Stufe gleich 1 ist. e.1) Falls wn 6= 0, dann gilt wn (h1 , . . . , hn ) = 0 ⇔ {h1 , . . . , hn } sind linear abhängig. e.2) Zeigen Sie: Falls A : V → V eine lineare Abbildung ist, so gibt es genau eine Zahl det(A) mit det(A)wn (h1 , . . . , hn ) = wn (Ah1 , Ah2 , . . . , Ahn ) für alle schiefen multilinearen Funktionen w n 6= 0. det(A) heißt die Determinante von A. e.3) Zeigen Sie: i) det(A.B) = det(A) · det(B); ii) det(A) 6= 0 ⇔ A ist umkehrbar. f) Bezeichne mit tr A die Spur von A. Zeigen Sie, daß tr Awn (h1 , . . . , hn ) = wn (Ah1 , h2 , . . . , hn ) + wn (h1 , Ah2 , . . . , hn ) + · · · + wn (h1 , h2 , . . . , Ahn ) Sei g eine E UKLIDische Metrik in V mit Orthonormalbasis (e 1 , . . . , en ), hei , ej i = δij . Fixiere eine schiefe Multilinearfunktion ∆ n-ter Stufe (die Volumenform) durch ∆(e1 , . . . , en ) = 1. Setze Aij =hei , Aej i (Matrixelement von A bezüglich {e i }). g) Berechnen Sie det A als Funktion der A ij . Sei At die zu A adjungierte Abbildung , d.h. g(x, A t y) = g(Ax, y) für alle x, y ∈ V . 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 30 h.1) Zeigen Sie: det At = det A. h.2) Zeigen Sie: ∆(e01 , . . . , e0n ) = ± ∆(e1 , . . . , en ) für jede andere Orthonormalbasis (e01 , . . . , e0n ). Aufgabe 1.2 — Der 3-dimensionale Vektorraum Sei V ein reeller Vektorraum der Dimension 3, g die Metrik und ∆ die Volumenform. Seien w, x, y, z ∈ V . a) Zeigen Sie: Es gibt einen eindeutig bestimmten Vektor [x, y] ∈ V mit hz, [x, y]i = ∆(z, x, y) für alle z ∈ V . [x, y] heißt das Vektorprodukt von x und y. b) Zeigen Sie folgende Eigenschaften: 1) [x, y] = 0 ⇔ x, y sind linear abhängig. 2) h[x, z], yi = − hz, [x, y]i . c) Fixiere nun die Orthonormalbasis {e i } i = 1, 2, 3 mit ∆(e1 , e2 , e3 ) = 1 und berechnen Sie die Koordinaten von [x, y] als Funktion der Koordinaten von x und y. Eine schiefadjungierte lineare Abbildung A ist definiert durch hx, Ayi = − hAx, yi = − hy, Axi. d.1) Zeigen Sie, daß der Raum A dieser Abbildungen A 3-dimensional ist. d.2) Zeigen Sie: Die Abbildung A : V → A | x → A(x) mit A(x)y = [x, y] für alle y definiert einen linearen Isomorphismus . e) Beweisen Sie die sog. JACOBI-Identität: [x, [y, z]] + [z, [x, y]] + [y, [z, x]] = 0 Hinweis: Zeigen Sie mit dem Isomorphismus aus d) zuerst, daß für w ∈ V : ∆(A(w)x, y, z) + ∆(x, A(w)y, z) + ∆(x, y, A(w)z) = tr A(w)∆(x, y, z) = 0 f) Zeigen Sie jetzt folgenden Eigenschaften: 1) A(x)A(y)−A(y)A(x) = A([x, y]), d.h. A(x)A(y)z−A(y)A(x)z = A([x, y])z Übungen 31 für alle z; [x, [y, z]] = yhx, zi − zhx, yi ; h[w, z], [x, y]i = hw, xihz, yi − hw, yihz, xi ; |[x, y]|2 = |x|2 |y|2 sin2 ϕ, wobei ϕ der Winkel zwischen x und y ist. 2) 3) 4) Aufgabe 1.3 — Differenzieren von multilinearen Funktionen Sei w : V1 × . . . × Vn → W (Vi ,W lineare, reelle Vektorräume) eine multilineare Funktion, d.h. für yi ∈ V gilt w(y1 , . . . , yn ) → W ist linear in jedem Argument. (Beachte: Gegenüber der Aufgabe 1.1 sind die Vektorräume V i nicht gleich und der Wert von w(y1 , . . . , yn ) liegt in einem Vektorraum W ). Seien fi : I → Vi , i = 1, . . . , n (I offenes Intervall in R) differenzierbare Abbildungen. Sei f : I → W definiert durch f (t) =w(f1 (t), . . . , fn (t)). Dann gilt in I: ˙ : = d f (t) = w(f˙1 (t), f2 (t), . . . , fn (t)) + w(f1 (t), f˙2 (t), . . . , fn (t)) f(t) dt . . . + w(f1 (t), f2 (t), . . . , f˙n (t)) Sei V jetzt ein 3-dimensionaler, E UKLIDischer, reeller Vektorraum mit Volumenform ∆ und Metrik h·, ·i. x(t) sei eine zweimal stetig differenzierbare Kurve in V . Zeigen Sie: a) d hẋ, ẋi = 2hẋ, ẍi dt b) d [x, ẋ] = [x, ẍ] dt c) d hx, ẋi |x| = dt |x| d) d x [x, [x, ẋ]] = − dt |x| |x|3 Aufgabe 1.4 — Impuls-, Drehimpuls- und Energieerhaltung Wir betrachten ein System von n Massenpunkten {x 1 , . . . , xn } mit inneren Kräften Fij der Form Fij = (xi − xj )fij (|xi − xj |) 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 32 und ¨außeren Kräften Ki0 (xi ). D.h. die Kraft auf Teilchen i hat die Form Ki = Ki0 + X Fij i6=j Sei fij (r) = fji (r) einmal stetig differenzierbar. Zeigen Sie jeweils den verallgemeinerten Impuls-, Drehimpuls- und Energiesatz: a) X d X mi ẋi = Ki0 ; dt i b) i X d X mi [i , ẋi ] = [xi , Ki0 ]; dt i c) wobei d dt i X1 i 2 mi |ẋi |2 + X i<j Vij (|xi − xj |) = X i hẋi , Ki0 i Vij0 (r) = − r fij (r). Untersuchen Sie den Spezialfall Ki0 (xi ) = K = const. Aufgabe 1.5 — Das K EPLER-Problem I Gegeben sei ein Zweiteilchensystem mit m1 ẍ1 = κ x1 − x 2 |x1 − x2 |3 m2 ẍ2 = κ x2 − x 1 |x1 − x2 |3 a) Zeigen Sie, daß H0 : = H − µ κ P2 = |ẏ|2 + 2M 2 |y| L0 : = L − [R, P ] = µ[y, ẏ], wobei P : = m1 ẋ1 +m2 ẋ2 der Gesamtimpuls, M = m1 +m2 die Gesamtmasse, y : = x1 − x2 der Relativvektor, R : = (m1 x1 + m2 x2 )/M der Schwerpunktsvektor und µ = m1 m2 /M die reduzierte Masse ist. b) Zeigen Sie, daß sich die Relativbewegung in einer Ebene abspielt. Übungen 33 c) Der RUNGE -L ENZ-Vektor sei gegeben durch B= y 1 [ẏ, L0 ] + . κ |y| Wiederholen Sie den Beweis der Behauptung, daß B eine Konstante der Bewegung ist. d) Zeigen Sie, daß folgende zwei Relationen zwischen den Bewegungskonstanten B, L0 und H 0 gelten: |B|2 = 1 + 2H 0 |L0 |2 µκ2 hB, L0 i = 0. e) Seien B 6= 0, L0 6= 0. Wählen Sie ein “problemorientiertes” Koordinatensystem, indem Sie zunächst drei orthogonale Einheitsvektoren einführen e1 = B |B| e2 = [L0 , B] |L0 ||B| e3 = L0 |L0 | und durch y= 3 X y α eα α=1 die Koordinaten y α von y definieren. Stellen Sie die Bewegung in den Koordinaten y α dar. Diskutieren Sie die Bahnkurve qualitativ (Skizze!) für die Fälle a) κ > 0; b) κ < 0. Unterscheiden Sie dabei zwischen |B| = 0, |B| < 1 und |B| > 1. f) Sei L0 = 0. Zeigen Sie, daß hieraus folgt (mit r : =|y|): ẏ = ṙ y0 wobei y0 konstant mit |y0 | = 1. Zeigen Sie, daß µr̈ = κ/r 2 und µ2 ṙ 2 =E − κr , wobei E eine Konstante ist. Diskutieren Sie den Bewegungsablauf, in dem Sie t als Funktion von r bestimmen. Hinweise: Benutzen Sie dabei folgende unbestimmte Integrale: 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 34 Für a > 0: Z r p 1p 2 b x dx = ax + bx − √ ln 2 a2 x2 + abx + 2ax + b ax + b a 2a a Für a < 0: Z r x 1p 2 b arcsin dx = ax + bx + √ ax + b a 2a −a 2ax + b b Aufgabe 1.6 — Drehungen und die G ALILEI-Gruppe Sei V ein 3-dimensionaler, E UKLIDischer Vektorraum mit Skalarprodukt h·, ·i und normierter Volumenform ∆. In Aufgabe 1.2 wurde gezeigt: Es gibt zu jedem Vektor ω ∈ V eine eindeutig bestimmte, schiefadjungierte Abbildung A(ω) : R 3 → R3 mit A(ω)x = [ω, x], für alle x ∈ V. Sei τ ∈ R und ω 6= 0. Zeigen Sie: a) Es gilt: exp(A(ω)τ )x = x für alle x mit x = λω, λ ∈ R. b) Es gilt: exp(A(ω)τ )x = cos(|ω|τ )x+sin(|ω|τ )[ω, x]/|ω|, für alle x mit hx, ωi = 0. Sei jetzt ω fest und setze Oω (τ ) = exp(A(ω)τ ). c) Zeigen Sie, daß Oω (τ1 )Oω (τ2 ) = Oω (τ1 + τ2 ) und Oω (0) = I, d.h. die Abbildung τ → Oω (τ ) definiert eine sog. 1-parametrige Untergruppe von SO(3). d) Setze τ =1. Zeigen Sie, daß für alle x ∈ V gilt: O ω (τ ) = Oω Oω x = hω0 , xi ω0 + sin |ω| [ω0 , x] − cos |ω| [ω0 , [ω0 , x]] ω0 = ω/|ω| heißt die Drehachse und |ω| der Drehwinkel der Drehung O ω . G ALILEI-Transformation: In Absatz 1.4.1 wurden die folgenden, zeitabhängigen Transformationen ϕ t (a, b, O) : R3 → R3 definiert: ϕt (a, b, O)x = Ox + a + bt für alle x ∈ R3 , wobei a, b ∈ R3 , O ∈ SO(3) Übungen 35 Wir fügen die sog. Zeittranslation hinzu: t → t̃ = t + a4 für alle t ∈ R, wobei a4 ∈ R. Setzen wir x̃ = ϕt (a, b, O)x, so gilt also in den Standardkoordinaten: α x̃ = 3 X O αβ xβ + aα + bα t β=1 t̃ = t + a4 Wir definieren: y α = xα , ỹ α = x̃α für α = 1, 2, 3, y 4 = t, ỹ 4 = t̃, y 5 = ỹ 5 =1. e) Zeigen Sie, daß in den Standardkoordinaten die Beziehung ỹ µ = B µν y ν 1 O1 O2 31 B= O 1 0 0 gilt , (µ = 1, . . . , 5), wobei O 12 O 13 b1 a1 O 22 O 23 b2 a2 O 32 O 33 b3 a3 . 4 0 0 1 a 0 0 0 1 f) Beweisen Sie, daß die Matrizen dieser Form eine Gruppe G bilden. Wir setzen jetzt A(ω)11 A(ω)12 A(ω)13 0 0 A(ω)2 A(ω)2 A(ω)2 0 0 1 2 3 3 A(ω)3 A(ω)3 0 0 . J= A(ω) 1 2 3 0 0 0 0 0 0 0 0 00 Nach Aufgabe c) bilden die Abbildungen Oω (τ )11 Oω (τ )12 Oω (τ )13 0 0 Oω (τ )2 Oω (τ )2 Oω (τ )2 0 0 1 2 3 3 3 3 g(τ ) = exp(J(ω)τ ) = Oω (τ ) 1 Oω (τ ) 2 Oω (τ ) 3 0 0 . 0 0 0 1 0 0 0 0 01 1 Die Grundlagen der Klassischen Mechanik 36 für festes ω eine 1-parametrige Untergruppe von G. Im folgenden diskutieren wir weitere 1-parametrige Untergruppen von G: g) Setze 0 0 0 v1 0 0 0 v2 3 K(v) = 0 0 0 v 0 0 0 0 000 0 Zeigen Sie: 0 0 4 0 und P (a, a ) = 0 0 1 0 0 τ v1 0 1 0 τ v2 3 eK(v)τ = 0 0 1 τv 0 0 0 1 000 0 0 0 0 0 a1 0 0 0 0 a2 0 0 0 0 a3 0 0 0 0 a4 0000 0 0 1 0 0 0 τ a1 0 1 0 0 τ a2 0 4 P (a,a )τ 0 0 1 0 τ a3 0 und e = 0 0 0 1 τ a4 0 0000 1 1 h) Zeigen Sie, daß für festes v und a durch g(τ ) = exp(K(v)τ ) und g(τ ) = exp(P (a, a 4 )τ ) jeweils eine 1-parametrige Untergruppe definiert wird. Die Größen K(v), P (a, a4 ), J(ω) heißen Generatoren von G. 37 2 Lösung der Bewegungsgleichungen: Differentialgleichungssysteme 2.1 Pr¨ aambel: Differenzierbare Funktionen von mehreren Variablen Sei U ⊂ Rn offen, f : U → R. Die partielle Ableitung von f nach der Koordinate xα im Punkt x ist wie folgt erklärt (x = (x 1 , . . . , xn )): ∂f 1 f (x1 , . . . , xα + h, . . . , xn ) − f (x1 , . . . , xα , . . . , xn ) n (x , . . . , x ) : = lim h→0 ∂xα h Falls die partielle Ableitung nach x α für alle x ∈U existiert, kann eine neue Funktion ∂α f : U → R durch ∂α f (x) = ∂f 1 (x , . . . , xn ) ∂xα für alle x ∈ U erklärt werden. ∂α f heißt partielle Ableitung von f nach x α . Ferner heißt f partiell differenzierbar von 1. Ordnung, falls ∂ α f für alle α = 1, . . . , n existiert und stetig ist. Die Funktionen mit diesen Eigenschaften bilden einen Vektorraum, der mit C 1 (U, R) bezeichnet wird. Die Definition von ∂α f erlaubt die induktive Definition der partiellen Ableitungen kter Ordnung: ∂α1 . . . ∂αk f . Falls diese Funktionen existieren und für alle α 1 , . . . , αk stetig sind, heißt f partiell differenzierbar von k-ter Ordnung. Die Funktionen f bilden wieder einen Vektorraum, der mit C k (U, R) bezeichnet wird. Für k > 2 gilt: Die partiellen Ableitungen kommutieren, d.h. ∂ α1 . . . ∂αk f = ∂ασ(1) . . . ∂ασ(k) f für alle σ ∈ Sk , (Sk = {Permutationen von k Elementen}). Da man häufig die Koordinate, nach der partiell differenziert wird, deutlich machen möchte, wird für ∂ α1 . . . ∂αk f auch das kf Symbol ∂xα ∂...∂x verwendet. α 1 k Im folgenden wird k > 2 vorausgesetzt. 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 38 Eine Abbildung f : U → Rm f (x) = (f 1 (x), . . . , f m (x)) heißt partiell differenzierbar von k-ter Ordnung, falls f β (x) ∈ C k (U, R) für alle β = 1, . . . , m. Die Abbildungen f bilden auch einen Vektorraum, der mit C k (U, Rm ) bezeichnet wird. Wir schreiben jetzt: f ∈C k (U, Rm ). Sei f ∈ C k (U, Rm ), g ∈ C k (W, Rs ) und f (U ) ⊂ W ⊂ Rm . Sei g(y) = (g 1 (y), . . . , g s (y)), y ∈ W, h(x) : = (g ◦ f )(x), x ∈ U, h(x) = (h1 (x), . . . , hs (x)). Dann gilt: h ∈ C k (U, Rs ) und ∂α hβ (x) = m X ∂hβ ∂g β ∂f γ (x) = (f (x)) · (x) ∂xα ∂y γ ∂xα (Kettenregel!) γ=1 Aufgabe 2.1 — Differenzierbare Funktionen von mehreren Variablen Sei f ∈ C k (U, Rm ), U ⊂ Rn . d a) Zeigen Sie: Für alle v ∈ Rn und x ∈ U existiert (Dv f )(x) : = dt f (x + tv)|t=0 b) Zeigen Sie: (Dv f )(x) ist linear in v. Dv f heißt Richtungsableitung von f nach v. Setze jetzt Df (x)(v) : = (D v f )(x). c) Zeigen Sie: Für festes x ist Df (x) eine lineare Abbildung Df (x) : R n → Rm . Diese Abbildung heißt JACOBI-Matrix von f . Sei nun y(t) eine differenzierbare Kurve in Rn . d) Zeigen Sie: d dt f (y(t)) = Df (y(t))(ẏ(t)). Sei h = g ◦ f (wie in der Vorbemerkung). e) Zeigen Sie: Dh(x)(v) = (Dg(f (x)) ◦ Df (x)) (v). Sei jetzt f : Rn → R. f) Zeigen Sie, daß Df (x) für festes x eine lineare Funktion auf R n ist. Sei g(x, y) = hx, yi eine euklidische Metrik auf R n . 2.2 Die Haupts¨atze 39 g) Zeigen Sie: Es gibt ein eindeutig bestimmtes Vektorfeld ∇f auf R n mit hv, ∇f (x)i = Df (x)(v) für alle x, v ∈ R n . ∇f heißt Gradient von f bezüglich der Metrik h·, ·i. h) Berechnen Sie die Komponenten (Koordinaten) von ∇f (x) bezüglich der Stand dardbasis. Zeigen Sie dt f (x(t)) = hẋ, ∇f (x(t))i. 2.2 Die Haupts¨ atze Im ersten Abschnitt über die Grundlagen der klassischen Mechanik wurde schon darauf hingewiesen, daß die N EWTONschen Gleichungen ihre Vorhersagekraft aus einem mathematischen Theorem gewinnen, das in der Aussage: “Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten bestimmen die Bewegung von n Massenpunkten eindeutig” zusammengefaßt wurde. Diese Aussage wollen wir nun präziser fassen und betrachten dazu wieder die N EWTONschen Gleichungen für n Massenpunkte: mi ẍi = Ki (x1 , . . . , xn , ẋ1 , . . . , ẋn , t) (i = 1, . . . , n), (2.1) wobei die Kraft Ki (x1 , . . . , xn , v1 , . . . , vn , t) für jedes i eine vorgegebene Funktion von 2n Vektoren xi , vi ∈R3 und der Zeit t ist. Wir führen zunächst eine kompaktere Notation ein, indem wir die Vektoren x i ,vi und Ki jeweils zu einem Vektor in einem 3n-dimensionalen Vektorraum V = R 3n zusammenfassen: x = (x1 , . . . , xn ) ∈ R3n , v = (v1 , . . . , vn ) ∈ R3n , K = (K1 , . . . , Kn ) ∈ R3n . Außerdem definieren wir die Massenmatrix m durch die Gleichung mx = (m1 x1 , . . . , mn xn ) und schreiben damit (2.1) in der Form mẍ = K(x, ẋ, t). (2.2) 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 40 Gleichung (2.2) ist ein Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung für die Kurve x(t) im Raum V ; wir führen es in ein äquivalentes System erster Ordnung über: ẋ = v mv̇ = K(x, v, t). (2.3) Fassen wir nun x und v wieder zu einem Vektor y = (x, v) ∈ T (V ) = R 6n zusammen, so schreibt sich (2.3): ẏ = K̃(y, t), (2.4) wobei K̃(y, t) = (v, m−1 K(x, v, t)) ist. Der Vektor y(t) kann jetzt als Kurve in T (V ) aufgefaßt werden. Den Vektorraum V bezeichnen wir als den Raum der Ortslagen oder besser noch den Raum der Freiheitsgrade des Massenpunktsystems; T (V ) nennen wir aus Gründen, die wir erst im nächsten Kapitel erklären können, den Tangentialraum von V . Die Funktion K̃ : T (V ) × R →T (V ) wird auch zeitabhängiges Vektorfeld genannt. Die Menge dieser Funktionen mit der Zusatzeigenschaft, partielle Ableitungen beliebig hoher Ordnung zu besitzen, wird mit C ∞ (T (V ) × R, T (V )) bezeichnet und bildet einen Vektorraum (mit unendlicher Dimension). Es gelten nun die folgenden mathematischen Sätze: Hauptsatz 1: Sei K ∈C ∞ (T (V ) × R, T (V )). Für alle t0 ∈ R, y0 ∈T (V ) gibt es ein offenes Intervall I mit t0 ∈I, so daß in I eine eindeutig bestimmte, zweimal stetig differenzierbare Lösung y(t) des Differentialgleichungssystems ẏ = K̃(y, t) mit y(t0 ) = y0 existiert. y0 heißt Anfangswert von y(t) bei einer Zeit t =t 0 . Um die Abhängigkeit vom Anfangswert deutlich zu machen, bezeichnen wir die obige Lösung auch mit y(t, y 0 ). 2.2 Die Haupts¨atze 41 Hauptsatz 2: Es gelte für alle Lösungen nach Hauptsatz 1 zusätzlich: lim |y(t, y0 )| = ∞ ⇔ |T | = ∞. t→T Dann wird durch die Gleichung Ft (y0 ) = y(t, y0 ) für alle t ∈ R eine Schar von umkehrbaren Abbildungen Ft : T (V ) → T (V ) definiert. Als Funktion von t und y0 besitzt Ft (y0 ) partielle Ableitungen beliebig hoher Ordnung. Ft wird der Fluß des Differentialgleichungssystems genannt. Er hängt zusätzlich von der Wahl von t0 ab. Da wir in der Folge meistens t0 = 0 als Anfangszeit benutzen, wollen wir diese Abhängigkeit in der Notation jedoch unterdrücken. F hat eine einfache geometrische Interpretation: y(t, y0 ) y0 Ft Abbildung 2.1: Fluß eines Differentialgleichungssystems Man erhält den Funktionswert Ft (y0 ), indem man eine Bahnkurve, die zur Zeit t 0 bei y0 beginnt, bis zum Zeitpunkt t verfolgt. y 0 = (x0 , v0 ) faßt genau die Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten unserer Massenpunkte zusammen; Endlagen und Endgeschwindigkeiten zur Zeit t sind dann eindeutig durch F t bestimmt, d.h. die Bahnkurven können nach den Hauptsätzen für alle Zeiten t eindeutig vorhergesagt werden. Die Bedingung limt→T |y(t, y0 )| = ∞ ⇔ |T | = ∞, schließt den Fall aus, daß eine Bahnkurve bereits nach endlicher Zeit ins Unendliche läuft und garantiert, daß F t 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 42 für alle Zeiten unabhängig von y0 existiert. Dies muß von Fall zu Fall überprüft werden. Der Hauptsatz 1 bleibt davon unberührt; er bleibt auch weiter gültig, falls K̃ ∈ C ∞ (W ×R, T (V )) mit W = T (V )−Ω. Ω ist dabei eine Menge, auf der die Kräfte, die K̃ definieren, singulär werden. Ein Beispiel hierfür taucht bereits im K EPLERproblem auf: Die Kraft K = κ(x1 − x2 )/|x1 − x2 | ist für x1 = x2 singulär, ansonsten aber eine C ∞ -Funktion. Für mehrere Teilchen hat die Singularitätenmenge Ω oft eine komplizierte topologische Struktur; trotzdem existieren in T (V ) − Ω eindeutig bestimmte Lösungen bei vorgegebenem Anfangswert; diese Lösungen lassen sich aber meist nur für endliche Zeitintervalle angeben, nämlich solange, bis die Bahnkurve in die Singularitätenmenge Ω hineinläuft. Man muß für diesen Fall den Fluß F t nur für endliche Zeitintervalle betrachten, was technisch sehr unbequem ist. Man kann sich aber eher durch einen Trick helfen, indem man die Kraft in der Nähe der Singularitäten so glättet, daß überall eine C ∞ -Funktion entsteht. Für die überwiegende Menge der Bahnkurven, nämlich all jene, die die Singularitäten nie treffen, ist eine solche Änderung ohne Bedeutung. Am Beispiel des K EPLERproblems trifft dies für alle Kurven zu, bei denen die zwei Teilchen stets einen Abstand > d haben, wobei d beliebig klein gewählt werden kann. Alle Bewegungen mit innerem Drehimpuls L0 6= 0 haben diese Eigenschaft. Die Ausnahmefälle erscheinen für L 0 = 0 und sind in Kapitel 1 und in der Aufgabe 1.5 separat besprochen worden. In der Folge werden wir von allen Vektorfeldern K̃ annehmen, daß sie in der Differenzierbarkeitsklasse C ∞ liegen. Wir werden dies auch von jetzt an für alle übrigen Funktionen tun, die wir in den Vorlesungen benutzen. Wir ersparen uns damit lediglich Schreibarbeit; wesentliche physikalische Aussagen bleiben hiervon unberührt. 2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme Ein Spezialfall von (2.4) entsteht, wenn K̃(y, t) die Form K̃(y, t) = A(t)y + B(t) (2.5) hat, wobei A(t) : T (V ) → T (V ) eine lineare Abbildung und B(t) einen Vektor von T (V ) darstellen. Die Lösung des Anfangswertproblems ẏ(t) = A(t)y + B(t), y(t0 ) = y0 erhält man auf folgende Weise: Zunächst löst man Ż(t) = A(t)Z(t) (2.6) 2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme 43 für eine lineare Abbildung Z(t) : T (V ) → T (V ) mit Anfangswert Z(t 0 ) = I. Hauptsatz 1 garantiert diese Lösung für alle Zeiten t. Z(t) ist überdies umkehrbar und man verifiziert leicht: Satz 1: y(t) = Z(t)y0 löst das lineare, homogene Differentialgleichungssystem ẏ(t) = A(t)y(t) mit dem Anfangswert y(t0 ) = y0 . Satz 2: y(t) = Z(t)y0 + Z(t) Zt dτ Z(τ )−1 B(τ ) t0 löst das lineare, inhomogene Differentialgleichungssystem ẏ = A(t)y + B(t) mit dem Anfangswert y(t0 ) = y0 . Beweis: Zum Beweis wird der Ansatz für y(t) differenziert und Gleichung (2.6) benutzt: ẏ(t) = Ż(t)y0 + Ż(t) Zt t0 d dτ Z(τ )−1 B(τ ) + Z(t) dt = A(t)Z(t)y0 + A(t)Z(t) Zt t0 Zt dτ Z(τ )−1 B(τ ) t0 dτ Z(τ )−1 B(τ ) + Z(t)Z(t)−1 B(t) 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 44 = A(t)y(t) + B(t). Weiter gilt y(t0 ) = y0 . 2 Nach Hauptsatz 2 sind die in Satz 1 und 2 angegebenen Lösungen eindeutig bestimmt. Die Flüsse Ft (y0 ) sind gegeben durch Ft (y0 ) = Z(t)y0 für das lineare, homogene Differentialgleichungssystem und durch Ft (y0 ) = Z(t)y0 + Z(t) Zt dτ Z(τ )−1 B(τ ) t0 für das lineare, inhomogene Differentialgleichungssystem. Ein bedeutender Spezialfall, der mit rein algebraischen Mitteln vollständig berechnet werden kann, ergibt sich für A = const. In diesem Fall können wir o.B.d.A. t 0 = 0 setzen. Für Z(t) ergibt sich nach (2.6) sofort Z(t) = exp(At) auf Grund der bekannten Eigenschaften der Exponentialreihe. Also ist y(t) = exp(At)y0 (2.7) Lösung von ẏ = Ay mit Anfangswert y(0) = y 0 , und ist y(t) = exp(At)y0 + exp(At) Zt dτ exp(−Aτ )B(τ ) (2.8) 0 Lösung von ẏ = Ay + B mit Anfangswert y(0) = y 0 . Wir wollen jetzt explizit den Ausdruck exp(At)y 0 berechnen. Dazu fassen wir y als komplexen Vektor und A als komplex lineare Transformation auf und erinnern an den Satz über die J ORDANsche Normalform einer beliebigen komplex linearen Transformation A : Cm → Cm : 2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme 45 Satz(J ORDAN): Sei det(A − λI) = Y s∈E (s − λ)r(s) das charakteristische Polynom von A, wobei E die Menge der Eigenwerte von A bezeichnet, s die Menge der Eigenwerte durchläuft und r(s) die algebraische Vielfachheit von s angibt. Es gilt: (1) Cm = ⊕s∈E V (s); V (s) = Kern(A − s)r(s) . (2) In V (s) gibt es n(s) Vektoren eµ (s) mit (A − s)t(µ,s)+1 eµ (s) = 0; die Vektoren (A − s)ν eµ (s), (ν =0, . . . , t(µ, s)) bilden zusammen eine Basis von V (s). (3) Falls A reell ist, kann eµ (s) = eµ (s) gewählt werden. Nach (1) bilden also die Vektoren (A − s)ν eµ (s); (s ∈ E, µ = 1, . . . , n(s), ν = 0, . . . , t(µ, s)) eine Basis von Cm (von uns J ORDAN-Basis genannt), die leider mit drei Indizes s (für den Eigenwert) sowie µ und ν durchindiziert werden muß. Bezüglich dieser Basis hat A J ORDANsche Normalform, d.h. in der Matrix von A bezüglich dieser Basis stehen auf der Hauptdiagonale die Eigenwerte und auf der Nebendiagonale die Werte 1 oder 0. Da die Vektoren (A − s)ν eµ (s) eine Basis bilden, gilt: y0 = n(s) t(µ,s) XX X s∈E µ=1 ν=0 y0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s). 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 46 Lemma 1: Für y(t) = exp(At)y0 gilt: y(t) = n(s) t(µ,s) XX X s∈E µ=1 κ=0 y(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s) mit y(s, µ, κ, t) = κ X ν=0 tκ−ν st e y0 (s, µ, ν). (κ − ν)! Beweis: exp(At)y0 = n(s) t(µ,s) X XX y0 (s, µ, ν) exp(At)(A − s)ν eµ (s) n(s) t(µ,s) X XX y0 (s, µ, ν) exp(st) exp((A − s)t)(A − s) ν eµ (s). s∈E µ=1 ν=0 = s∈E µ=1 ν=0 (2.9) Andererseits gilt, wenn die Exponentialreihe entwickelt und Punkt (2) des Satzes über die J ORDANsche Normalform beachtet wird: exp((A − s)t)(A − s)ν eµ (s) = t(µ,s)−ν λ X t λ=0 λ! (A − s)λ+ν eµ (s). Wird dies in Gleichung (2.9) eingesetzt, ergibt sich exp(At)y0 = n(s) t(µ,s) t(µ,s)−ν XX X X tλ y0 (s, µ, ν) exp(st) (A − s)λ+ν eµ (s) λ! µ=1 ν=0 s∈E = λ=0 n(s) t(µ,s) κ XX X X s∈E µ=1 κ=0 ν=0 y0 (s, µ, ν)est tκ−ν (A − s)κ eµ (s) (κ − ν)! 2 2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme 47 Falls wir in Gleichung (2.8) den Zusatzterm C(t) = exp(At) Zt dτ exp(−Aτ )B(τ ) 0 berechnen wollen, so beachten wir: C(t) = Zt 0 dτ exp(A(t − τ ))B(τ ) und schließen hieraus: C(t) kann nach Lemma 1 wie folgt berechnet werden: (a) Ersetze y0 durch B(τ ). (b) Ersetze t durch t − τ und integriere über τ . Nach der J ORDAN-Basis entwickelt, gilt für B(τ ): B(τ ) = n(s) t(µ,s) X XX s∈E µ=1 ν=0 B(s, µ, ν, τ )(A − s)ν eµ (s). B(s, µ, ν, τ ) ist also in Lemma 1 an die Stelle von y(s, µ, ν, t) zu setzen, t durch t − τ zu ersetzen und über τ zu integrieren. Es folgt also: C(t) = n(s) t(µ,s) X XX s∈E µ=1 κ=0 C(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s), wobei C(s, µ, κ, t) = κ X ν=0 1 (κ − ν)! Zt 0 dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ ) B(s, µ, ν, τ ). Wir fassen diese Ergebnisse in Satz 3 zusammen: 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 48 Satz 3: Die Lösung des Differentialgleichungssystems ẏ(t) = Ay(t) + B(t) mit dem Anfangswert y(0) = y0 hat für eine konstante lineare Abbildung A die Form y(t) = y1 (t) + C(t). Es gilt: (1) y1 (t) = exp(At)y ; entwickelt nach der J ORDAN-Basis von A hat y 1 (t) die Form: y1 (t) = n(s) t(µ,s) X XX s∈E µ=1 κ=0 y(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s) mit y(s, µ, κ, t) = κ X y0 (s, µ, ν) ν=0 tκ−ν st e . (κ − ν)! (2) C(t) = Zt 0 = dτ exp((t − τ )A)B(τ ) n(s) t(µ,s) XX X s∈E µ=1 κ=0 C(s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s). mit κ X 1 C(s, µ, κ, t) = (κ − ν)! ν=0 Zt 0 dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ ) B(s, µ, ν, τ ). 2.3 Lineare Differentialgleichungssysteme 49 Die Koeffizienten y0 (s, µ, ν) bzw. B(s, µ, ν, τ ) ergeben sich durch Entwicklung von y0 bzw. B(τ ) nach der J ORDAN-Basis (A − s) ν eµ (s): y0 = n(s) t(µ,s) X XX y0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s) n(s) t(µ,s) X XX B(s, µ, ν, τ )(A − s)ν eµ (s). s∈E µ=1 ν=0 B(τ ) = s∈E µ=1 ν=0 Abschließend berechnen wir noch den Sonderfall, daß B(t) eine einfache periodische Funktion der Zeit ist: B(t) = B0 eiωt + B0 e−iωt mit B0 = n(s) t(µ,s) X XX s∈E µ=1 ν=0 B0 (s, µ, ν)(A − s)ν eµ (s). Für diesen Fall folgt aus Satz (3): C(t) = C0 (t) + C0 (t) (2.10) mit C0 (t) = n(s) t(µ,s) XX X s∈E µ=1 κ=0 C0 (s, µ, κ, t)(A − s)κ eµ (s), (2.11) und κ X 1 C0 (s, µ, κ, t) = (κ − ν)! ν=0 Zt 0 dτ (t − τ )κ−ν es(t−τ )+iωτ B0 (s, µ, ν). Das Integral kann einfach ausgewertet werden: κ X κ−ν zt d 1 e −1 +iωt e B0 (s, µ, ν). (2.12) C0 (s, µ, κ, t) = κ−ν (κ − ν)! dz z z=s−iω ν=0 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 50 Satz 3 erlaubt zunächst die möglichen Bewegungsformen eines dynamischen Systems, das durch ein homogenes Differentialgleichungssystem mit konstanter Matrix A beschrieben wird, ganz allgemein zu diskutieren. y(t) = y 1 (t) wird bestimmt durch die Koeffizienten y(s, µ, κ, t) = κ X y0 (s, µ, ν) ν=0 tκ−ν st e . (κ − ν)! Die Zeitabhängigkeit dieser Koeffizienten wird dominiert durch e st , falls Re s 6= 0. In diesem Fall wachsen die Koeffizienten exponentiell oder sie klingen exponentiell ab, je nachdem ob Re s >0 oder Re s <0 gilt. Gilt Re s = 0, so kann immer noch polynomiales Wachstum vorliegen und zwar genau dann, wenn die Zahl der Eigenvektoren zum Eigenwert s kleiner ist, als die algebraische Vielfachheit von s. Genau dann wenn A diagonalisierbar ist, tritt dieser Fall nicht auf; ist zusätzlich Re s = 0, d.h. s ist imaginär, sind die Bewegungen des Systems periodisch. Wird das System durch eine zusätzliche zeitabhängige Kraft B(t) beeinflußt, so tritt neben der allgemeinen Lösung des homogenen Systems in den Bahnkurven der Zusatzterm C(t) additiv auf, der durch eine einfache Integration entsteht. Wir betrachten den zuletzt diskutierten Fall einer periodischen Störung etwas näher: Nach Formel (2.12) wird C(t) durch die Koeffizienten C0 (s, µ, κ, t) = κ X ν=0 κ−ν zt e −1 d 1 +iωt B0 (s, µ, ν)e (κ − ν)! dz κ−ν z z=s−iω bestimmt. Falls Re s > 0, wachsen auch diese Koeffizienten exponentiell. Falls Re s <0, so dominiert die periodische Funktion e −iωt das zeitliche Verhalten. Ist Re s <0 für alle Eigenwerte s, so verschwindet auch die homogene Lösung für große Zeiten t; das ganze System schwingt periodisch mit der Frequenz ω, d.h. für große Zeiten gilt: y(t) ≈ C(t), und die Koeffizienten C0 (s, µ, κ, t) erfüllen C0 (s, µ, κ, t) = κ X ν=0 B0 (s, µ, ν)e +iωt −1 s − iω κ−ν+1 . (2.13) Dieser Koeffizient wird für ω = Im s maximal; falls ω variabel ist, beobachtet man somit ein Anwachsen von C0 (s, µ, κ, t), wenn man sich mit ω dem Wert Im s nähert, und ein Abklingen, wenn man sich von diesem Wert entfernt. Man spricht in diesem 2.4 Anwendungen 51 Fall vom Resonanzverhalten der Amplitude C 0 (s, µ, κ, t). Falls Re s = 0 gilt, finden wir statt (2.13) für s = iω: C0 (s, µ, κ, t) = κ X ν=0 B0 (s, µ, ν)eiωt tκ−ν+1 . (κ − ν + 1)! (2.14) Dieser Fall wird als Resonanzkatastrophe bezeichnet: Die periodische Bewegung des Systems mit Kraft B(t) wächst plötzlich polynomial an. 2.4 Anwendungen (Lösung durch Ansatz, Nachbarkurven einer Sollbahn, Stabilit¨ at von Gleichgewichtslagen) Die Bedeutung der beiden Hauptsätze für die Mechanik besteht, wie schon mehrfach betont wurde, vor allem darin, daß sie nach Vorgabe von Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten eine vollständige Vorhersage der Bewegung eines dynamischen Systems auf Grund der N EWTONschen Gleichungen erlauben. Für die konkrete Berechnung der Lösung geben diese Sätze keine Vorschrift an. Ein allgemein gültiges Lösungsverfahren, im Sinne einer Vorschrift, die die Lösung als analytische Formel angibt, existiert auch nicht. Die beiden Hauptsätze können jedoch partiell zur Begründung einer vielfach verwendeten Lösungstechnik herangezogen werden, die man als ”Lösung durch Ansatz” bezeichnet. Zur Illustration starten wir wieder mit den N EWTONschen Gleichungen für eine Kurve x(t) in V mẍ = K(x, ẋ, t) mit einem speziellen Kraftgesetz K = K(x, v, t) und nehmen an, daß eine Lösung x = x(t, α1 , . . . , αk ) erraten wurde, die von k Parametern abhängt. Für den Prozeß des Erratens gibt es natürlich kein allgemein gültiges Rezept; gelingt es aber nun zu zeigen, daß x erstens die N EWTONschen Gleichungen erfüllt und zweitens die Parameter α1 , . . . , αk stets so gewählt werden können, daß für t = t 0 , x(t0 , α1 , . . . , αk ) und ẋ(t0 , α1 , . . . , αk ) beliebige Anfangswerte annehmen, so ist nach den Hauptsätzen x(t, α1 , . . . , αk ) tatsächlich die gesuchte allgemeine Lösung. Dies gilt, weil nach den Hauptsätzen diese Lösung durch die Anfangswerte eindeutig bestimmt ist. (Einige Beispiele für Lösungen, die durch Ansatz bestimmt werden, finden sich in den Aufgaben 2.3 und 2.4). Falls die Kraft die Form m−1 K = A1 (t)x + A2 (t)v + A3 (t) hat, wobei A1 (t) und A2 (t) lineare Transformationen von V und A 3 (t) ein Vektor in V ist, läßt sich die allgemeine Lösung in geschlossener Form als Funktion der Anfangswerte angeben. Das zu den N EWTONschen Gleichungen äquivalente Gleichungssystem für 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 52 y(t) = (x(t), ẋ(t)) ∈ T (V ) lautet in diesem Fall: ẏ = K̃(t, y) (2.15) mit K̃(t, y) = (v, A1 (t)x + A2 (t)v + A3 (t)) , d.h. es gilt: K̃(t, y) = A(t)y + B(t), (2.16) wenn wir (beachte y = (x, v)!) definieren: A(t)(x, v) = (v, A1 (t)x + A2 (t)v) B(t) = (0, A3 (t)) , d.h. es gilt in Blockmatrixform: 0 1I A(t) = , A1 (t) A2 (t) B(t) = 0 a3 (t) . (2.15) stellt also ein linear inhomogenes Gleichungssystem dar, und wir können zu diesem Fall die allgemeine Lösung nach den Sätzen 1 und 2 bestimmen. Sie ist für A3 (t) = 0 eine lineare Funktion der Anfangswerte y 0 = (x(t0 ), ẋ(t0 )) bzw. eine linear inhomogene Funktion, falls A3 (t) 6= 0 ist. Ein konkretes physikalisches Beispiel werden wir im nächsten Abschnitt kennenlernen. Zunächst möchten wir jedoch auch die grundsätzliche Bedeutung der linearen Differentialgleichungssysteme im Zusammenhang mit Näherungslösungen diskutieren. Häufig ist man nicht sehr an der Kenntnis der allgemeinen Lösung eines konkreten physikalischen Problems interessiert, sondern nur an der Beschreibung von Bahnkurven, deren Anfangswerte in einem bestimmten Bereich liegen, der physikalisch vorgegeben ist. In einem Teilchenbeschleuniger werden z.B. geladene Teilchen an einem festen Ort x = x0 + ∆x0 mit Geschwindigkeiten v = v0 + ∆v0 injiziert. ∆x0 und ∆v0 stellen durch den Beschleuniger vorgegebene Abweichungen von den Sollwerten x0 und v0 dar. Die N EWTONschen Gleichungen lauten allgemein mẍ = K(x, v, t) oder als Differentialgleichungssystem 1. Ordnung (y = (x, v)) geschrieben: ẏ = K̃(y, t) (2.17) 2.4 Anwendungen 53 mit K̃(y, t) = (v, m−1 K(x, v, t)), wobei K jetzt durch die elektromagnetischen Felder des Beschleunigers vorgegeben ist. Wir setzen jetzt y(t) = y0 (t) + ∆y(t) und bezeichnen mit y0 (t) die sog. Sollbahn mit den Anfangswerten y0 = (x0 , v0 ). Zwei Probleme sind für das praktische Funktionieren des Beschleunigers von Interesse, nämlich erstens die Form der Sollbahn y0 (t) = (x0 (t), ẋ0 (t)), die die Geometrie des Beschleunigers bestimmt, und zweitens die Abweichungen ∆y(t) = (∆x(t), ∆v(t)) als Funktion von ∆x 0 und ∆v0 . Die Form der Sollbahn erhalten wir durch Bestimmung einer einzigen Bahnkurve, nämlich derjenigen mit den Anfangswerten x0 und v0 . Die Abweichungen ∆x(t) können wir näherungsweise bestimmen, wenn wir annehmen, daß ∆x(t) während der Bewegung beschränkt bleibt; in diesem Fall dürfen wir K̃ linear approximieren: K̃(y, t) = K̃(y0 (t), t) + D K̃(y0 (t), t)∆y(t). (2.18) D K̃(y0 (t), t) ist die JACOBImatrix von K̃, ausgewertet auf der Sollbahnkurve. Nach (2.17) gilt also in dieser linearen Näherung: ẏ(t) = ẏ0 (t) + ∆ẏ(t) = K̃(y0 (t), t) + D K̃(y0 (t), t)∆y(t). Da y0 (t) selbst Lösung von (2.17) ist, folgt ∆ẏ(t) = D K̃(y0 (t), t)∆y(t), (2.19) d.h. die Abweichungen von der Sollbahn werden in linearisierter Näherung durch ein lineares Differentialgleichungssystem beschrieben und sind demzufolge lineare Funktionen der Abweichungen der Anfangswerte ∆x 0 und ∆v0 zur Zeit t =0. Die Vereinfachungen, die durch die linearisierte Näherung entstehen, sind offenkundig: Man hat erstens nur die Sollbahn allein zu bestimmen und dann mit der JACOBImatrix D K̃(y0 (t), t), ausgewertet auf der Sollbahn, die Lösungen des linearen Systems (2.18), die eine viel einfachere Struktur haben als die Lösungen des ursprünglichen Problems. Insbesondere läßt sich so eine erste Antwort auf die Frage geben, ob geringfügige Abweichungen ∆x0 und ∆v0 von den Anfangswerten x0 und v0 große Abweichungen nach endlicher Zeit ergeben oder ob, wie für einen geordneten Beschleunigerbetrieb natürlich unbedingt erwünscht, diese Abweichungen kontrollierbar klein bleiben. Das oben geschilderte Verfahren ist offenkundig nicht auf Teilchenbeschleuniger beschränkt, sondern kann auf ein allgemeines dynamisches System von n Massenpunkten angewandt werden. Die Formeln (2.18) und (2.19) bleiben dann mit geändertem Vektorfeld K weiter gültig. Interessant ist in diesem Fall die Situation, daß K̃ keine explizite Funktion der Zeit ist und y(t) = y 0 =(x0 , 0) gilt, d.h. 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 54 die Massenpunkte verändern ihre Lage mit der Zeit nicht. Man bezeichnet x 0 als Gleichgewichtspunkt. Offenbar stellt dann D K̃(y0 ) eine zeitlich konstante lineare Transformation A dar, und die Lösungen von (2.19) können nach Satz 3 bestimmt werden. Die möglichen Bewegungen ∆y(t) um die Gleichgewichtslage y 0 = (x0 , 0) ergeben sich nun direkt aus der allgemeinen Diskussion von Abschnitt 2.3; sie werden durch die Eigenwerte s von A (d.h. von der JACOBImatrix D K̃(y0 )) bestimmt. Die Gleichgewichtslage wird nun stabil genannt, falls keine Lösung ∆y(t) mit polynomialem oder exponentiellem Wachstum existiert. Falls A einen Eigenwert mit positivem Realteil besitzt, ist diese Bedingung nicht erfüllbar. Man kann dann durch eine beliebig kleine Änderung der Anfangswerte eine exponentiell wachsende Lösung erzeugen. Falls alle Eigenwerte rein imaginär sind, ist prinzipiell auch polynomiales Wachstum möglich. Stabilität ist in diesem Fall nur dann gegeben, wenn A diagonalisierbar ist. 2.5 Ionenk¨ afige Lineare Differentialgleichungssysteme spielen, wie im letzten Abschnitt betont wurde, eine ausgezeichnete Rolle, wenn ein kompliziertes mechanisches Problem näherungsweise gelöst und die Stabilität von Bahnen in der Nähe einer Sollbahn untersucht werden. Bei hochdimensionalen Systemen ist man auch hier letztlich auf numerische Rechnungen angewiesen. Im Unterschied hierzu gibt uns das Problem der sog. Ionenkäfige von vornherein ein lineares Differentialgleichungssystem vor, das noch weitgehend analytisch gelöst werden kann. Es handelt sich darum, geladene Teilchen (Ladung q, Massen m) in einer Kombination von elektrischen Quadrupol- und magnetischen Dipolfeldern einzufangen und zu speichern. Dieses Problem ist von grundsätzlicher Bedeutung selbst für ganz aktuelle Fragen der Elementarteilchenphysik, weil ein solcher elektromagnetischer Käfig die einzigartige Möglichkeit bietet, die elementaren Eigenschaften von geladenen Teilchen im Labor zu studieren. Die Bewegungsgleichungen des geladenen Teilchens in einem solchen Ionenkäfig lauten: mẍ = q(Qx + [ẋ, B]). Das Quadrupolfeld Qx wird durch eine lineare, selbstadjungierte Abbildung Q : R3 → R3 mit tr Q = 0 beschrieben, das Magnetfeld durch einen Vektor B. Falls Q und B periodische Funktionen der Zeit sind (man spricht dann von einem elektromagnetischen Wechselfeld), erhält man eine PAULfalle ; falls Q und B konstant gewählt werden, liegt einen P ENNINGfalle vor. Wir wollen hier nur die P ENNINGfalle besprechen und betrachten zunächst zwei Spezialfälle: 2.5 Ionenk¨afige 55 Fall a: Q 6= 0, B = 0 Dann lautet die Bewegungsgleichung: mẍ = qQx. Dieser Spezialfall kann ohne die allgemeine Lösungstheorie direkt behandelt werden. Weil Q selbstadjungiert ist, kann Q durch eine Drehung diagonalisiert werden; wir können also ein kartesisches Koordinatensystem (x 1 , x2 , x3 ) finden, in dem Qαβ = εα δ αβ gilt. Die εα sind die Eigenwerte von Q. Die Bewegungsgleichung ist dann äquivalent zu ẍα = q εα xα ; m α = 1, 2, 3. q εα >0, (α = 1, 2). Wegen tr Q = 0 gilt dann Sei m der Ansatz xα (t) = cosh(ωα t) xα0 + sinh(ωα t) x3 (t) = cos(ω3 t) x30 + sin(ω3 t) v0α ; ωα q m ε3 <0. Wir verifizieren leicht, daß (α = 1, 2) v03 ω3 q mit (ωα )2 = | m εα | diese Differentialgleichungen mit den Anfangsbedingungen α xα (0) = x0 und ẋα (0) = v0α erfüllt. Die Koordinate x3 (t) wird also eine periodische Funktion der Zeit; die anderen Koordinaten wachsen dagegen exponentiell an. Falls q q εα < 0 für α = 1, 2 fordern, so gilt m ε3 > 0 wegen tr Q =0; in diesem Fall sind wir m in unserem Lösungsansatz jeweils cosh und sinh durch cos bzw. sin zu ersetzen: xα (t) = cos(ωα t) xα0 + sin(ωα t) v0α ; ωα x3 (t) = cosh(ω3 t) x30 + sinh(ω3 t) (α = 1, 2) v03 ω3 Jetzt gilt, daß x3 (t) exponentiell wächst. Wegen tr Q = 0 liegt für beliebiges Q einer der betrachteten Fälle stets vor. Für alle reinen Quadrupolfelder wächst also mindestens eine Teilchenkoordinate stets exponentiell. Ein Quadrupolfeld allein kann also niemals ein geladenes Teilchen einfangen. 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 56 Fall b: Q = 0, B 6= 0 Die Bewegungsgleichung lautet jetzt: mẍ = q[ẋ, B]. Wir wählen jetzt ein Koordinatensystem, so daß B 3 = |B|, B α = 0, (α = 1, 2), gilt. Es folgt mit der Zyklotronfrequenz ω = q|B|/m: ẍ1 = ω ẋ2 ; ẍ2 = − ω ẋ1 ; ẍ3 = 0 d.h. x3 (t) = x30 + v03 t und ẋ1 = ωx2 + a; ẋ2 = − ωx1 + b; (a, b ∈ R). Hieraus leitet man durch Differenzieren der ersten Gleichung nach Substitition von ẋ 2 durch −ωx1 + b ab: d2 b b 1 2 1 x − = −ω x − , dt2 ω ω woraus b x (t) − = cos(ωt) ω 1 x10 b − ω + sin(ωt) v01 ω folgt. (x1 (0) = x10 und ẋ1 (0) = v01 sind die Anfangswerte). Somit gilt für x 2 : b a v1 1 1 1 2 + cos(ωt) 0 − . x (t) = (ẋ − a) = − sin(ωt) x0 − ω ω ω ω a und b sind jetzt durch die Anfangswerte von x 2 (t) zu bestimmen: v01 − a , ω b 2 1 2 ẋ (0) = v0 = −ω x0 − , ω x2 (0) = x20 = d.h. a = v01 − ωx20 , b = v02 + ωx10 . 2.5 Ionenk¨afige 57 Wir erhalten damit das Endergebnis x1 (t) = x10 + v02 v2 v1 − cos(ωt) 0 + sin(ωt) 0 ω ω ω x2 (t) = x20 − v01 v1 v2 + cos(ωt) 0 + sin(ωt) 0 ω ω ω x3 (t) = x30 + v03 t. In der (1 − 2)-Ebene stellt dies eine Drehung dar; diese wird durch eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung der dritten Koordinatenachse überlagert. Insgesamt ergibt sich eine Spirale. e3 B e2 e1 Abbildung 2.2: Bewegung in einem homogenen Magnetfeld Ein Magnetfeld B allein kann ein Teilchen also auch nicht einfangen; es besteht immer die Möglichkeit, in Richtung des Magnetfeldes selbst zu entwischen. Fall c: Q 6= 0, B 6= 0 Jetzt betrachten wir den allgemeinen Fall Q 6= 0, B 6= 0 mit mẍ = q(Qx + [ẋ, B]), den wir in ein lineares Differentialgleichungssystem erster Ordnung für y = (x, v) überführen: ẏ = Ay. A ist in Blockmatrixschreibweise durch 0 1I A= q q m Q − m A(B) 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 58 gegeben A(B) ist die schiefadjungierte lineare Transformation (vergl. Aufgabe 1.2): A(B)h = [B, h] für alle h ∈ R3 . Die Eigenwerte und Eigenvektoren e(s) von A bestimmen die Bewegungsformen unseres Systems. Wir schreiben e(s) = (a(s), b(s)), mit a(s), b(s) ∈ R 3 und finden sofort als Eigenwertgleichung: b(s) = sa(s), q q Qa(s) − A(B)b(s) = sb(s). m m Hieraus folgt q q Q − s A(B) − s2 I a(s) = 0, m m d.h. es muß zunächst die Bedingung q q det Q − s A(B) − s2 I = 0 m m für die Eigenwerte s erfüllt sein. Diese Determinante läßt sich mit einiger Mühe berechnen; es ergibt sich q2 s + 2 |B|2 s4 − m 6 q3 q3 1 q2 2 2 tr Q + hB, QBi s − det Q = 0. 2 m2 m3 m3 Zunächst erhalten wir also eine reelle Gleichung dritter Ordnung für s 2 ! Eine solche Gleichung hat entweder drei reelle Lösungen oder eine reelle Lösung√und zwei zueinander komplex konjugierte Lösungen λ i . Es gilt für s selbst: s = ± λi ; beide Vorzeichen sind erlaubt. Falls also nicht alle λ i die Bedingung λi < 0 erfüllen so gibt es stets einen Eigenwert s mit Re s > 0 bzw. s = 0. Nach Abschnitt 2.3 führt dies zu einer reichlich unbeschränkten Bewegung; damit also unser Ionenkäfig nur beschränkte Bewegungen der geladenen Teilchen erlaubt, also eine echte Falle darstellt, dürfen in der letzten Gleichung nur negative Lösungen λ i = s2 auftreten, d.h. alle Eigenwerte s sind selbst rein imaginär. Es muß dann gelten: 3 Y i=1 2 s − λi q2 = s + 2 |B|2 s4 − m 6 q3 q3 1 q2 2 2 tr Q + hB, QBi s − det Q. 2 m2 m3 m3 2.5 Ionenk¨afige 59 woraus folgt: −(λ1 + λ2 + λ3 ) = q2 |B|2 , m2 λ1 λ2 + λ 1 λ3 + λ 2 λ3 = − −λ1 λ2 λ3 = − q3 1 q2 2 tr Q − hB, QBi, 2 m2 m3 q3 det Q. m3 Damit λi < 0 gilt, müssen die rechten Seiten dieser Gleichungen > 0 sein. Das ist eine notwendige Bedingung an Q und B. Die notwendigen und hinreichenden Bedingungen erhält man vollständig, wenn man die Wurzeln λ i als Funktion von Q und B nach den C ARDANischen Formeln bestimmt. Für das Design einer P ENNINGfalle kann man umgekehrt vorgehen: Man gibt die negativen Zahlen λi vor und bestimmt Q und B aus den letzten Gleichungen. Diese Gleichungen schränken die Form von Q und B lediglich ein und legen diese Größen noch nicht vollständig fest. Es gibt also einen erlaubten Variationsbereich der Quadrupol- und Magnetfelder, in dem die P ENNINGfalle immer noch stabil arbeitet. Aus den negativen Wurzeln λi kann man die Eigenwerte s = sk = ± |λk |, k = 1, 2, 3 gewinnen und damit auch die Eigenvektoren von A bestimmen. Nach Abschnitt (2.3) erhält man damit die komplette Beschreibung aller Teilchenbahnen. Analytisch gelingt dies allerdings nur in einem Spezialfall (vgl. Aufgabe 2.4). 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 60 Aufgabe 2.2 — Lösungen von Differentialgleichungssystemen Sei V reeller Vektorraum und Z(t) : V → V eine (einparametrige) Schar von linearen Abbildungen, die in einem offenen Intervall I, das die Null enthält, stetig differenzierbar von t abhängen. Es gelte die Differentialgleichung Ż(t) = A(t)Z(t) mit Z(0) = I und A(t) : V → V linear. a) Benutzen Sie die Resultate von Aufgabe 1.1, um zu zeigen, daß det Z(t) = exp Zt dτ tr A(τ ) 0 b) Zeigen Sie: Das Differentialgleichungssystem ẏ(t) = A(t)y(t) mit dem Anfangswert y(0) = y0 , besitzt genau die Lösung: y(t) = Z(t)y0 . Hinweis: Zeigen Sie zuerst, daß Z(t) invertierbar ist und d Z(t)−1 = − Z(t)−1 A(t). dt Benutzen Sie dieses Resultat, um zu zeigen, daß y(t) eindeutig ist. Aufgabe 2.3 — Lösung von Differentialgleichungssystemen (DGS) durch Ansatz Sei V = R3 mit üblicher Metrik, Volumenform und Standardbasis. Seien B, D, Q lineare Abbildungen von V nach V und ω ∈V . Gegeben sei das DGS für eine Kurve x(t) in V : ẍ = Qx + D ẋ + [ω, ẋ] mit den Anfangsbedingungen x(0) = x 0 , ẋ(0) = ẋ0 a) Zeigen Sie, daß für folgende Spezialfälle das obige DGS durch die angegebenen Lösungsansätze befriedigt wird: Übungen i) 61 Sei D = 0, ω = 0, Qαβ = (λα )2 δ αβ , λα ∈ R: 1 sinh(λα t)ẋα0 λα Der harmonische Oszillator : Sei D =0, ω = 0, Q αβ = − (ω α )2 δ αβ , ω α ∈ R: 1 Ansatz: xα (t) = cos(ω α t)xα0 + α sin(ω α t)ẋα0 ω Sei D = 0, ω = 0, Q = − B 2 (also Q negativ definit), B t = B: Ansatz: x(t) = cos(Bt)x0 + sin(Bt)B −1 ẋ0 Bewegung mit Reibungskraft: Q = 0, ω = 0, D αβ = − dα δ αβ , dα ∈ R: 1 Ansatz: xα (t) = xα0 + α (1 − exp(−dα t)) ẋα0 d Bewegung in einem homogenen Magnetfeld unter Einfluß der L ORENTZkraft: Q = 0, D = 0, ω = − q · B/m (q, m Ladung und Masse eines Teilchens im Magnetfeld B) < ω, ẋ0 > [ω, ẋ0 ] + ωt + x0 , Ansatz: x(t) = (1 − exp(A(ω)t)) 2 |ω| |ω|2 wobei A(ω)v = [ω, v] für alle v ∈ V . xα (t) = cosh(λα t)xα0 + Ansatz: ii) iii) iv) v) b) Zeigen Sie, daß das DGS ẍ = Qx + D ẋ + [ω, ẋ] gelöst werden kann durch den Ansatz: x(t) = F (t)g(t), F : V → V ; g(t) eine Kurve in V ; wobei F (t) = exp 1 (D + A(ω))t 2 und g(t) dem DGS g̈ = F −1 (D + A(ω))2 QF + 4 g genügt. Aufgabe 2.4 — Bewegung eines Massenpunktes in elektromagnetischen Feldern Betrachtet wird die Bahn x(t) eines Massenpunktes (Masse m, Ladung q > 0) in einem statischen elektromagnetischen Feld (E(x), B(x)). Bestimmen Sie x(t) mit x(0) = x 0 , 2 Lösung der Bewegungsgleichungen 62 ẋ(0) = ẋ0 für die Bewegung: mẍ = qE − q[B, ẋ] a) innerhalb einer homogen negativ geladenen Kugel mit Radius R, wo E(x) = − x E0 R , B =0 (E0 ∈R+ ). Für welche Anfangsbedingungen ist dies eine Kreisbewegung? b) in einem homogenen Magnetfeld E =0, B(x) = B 0 . Diskutieren Sie den Bewegungsablauf. c) in einem sog. P ENNINGkäfig(i) , mit einem elektrischen Quadrupolfeld E = ER0 (x1 , x2 , −2x3 ) und einem Magnetfeld B = (0, 0, B0 ). Diskutieren Sie die Bedingung, für die die 0 Bewegung beschränkt ist, in Abhängigkeit der Parameter ω c = qB m (der sog. ZyqE0 2 klotronfrequenz) und ω0 = mR . Aufgabe 2.5 — Lösung mit J ORDANscher Normalform Wir betrachten die eindimensionale Bewegung eines Massenpunktes x(t) ∈ R. Dieser kann verschiedenen Kräften unterworfen sein, die vom Weg x und der Geschwindigkeit ẋ abhängen oder auch unabhängig von beiden sind. Eine einfache lineare Wegabhängigkeit wird z.B. durch die Rückstellkraft einer Feder gegeben. Durch Reibungseffekt wird im einfachsten Fall eine linear von der Geschwindigkeit abhängige Kraft induziert. Zusätzliche wirke eine zeitabhängige Störung k(t). Die Bewegung kann durch folgende Gleichung beschrieben werden: mẍ = − mω02 x − 2mD ẋ + k(t) ω0 , D > 0 Nach der Vorschrift der Vorlesung führen wir diese Gleichung in ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung über, mit x y= v K= 0 k(t) m a) Zeigen Sie: ẏ = Ay + K mit A = (i) 0 1 2 −ω0 −2D siehe z.B. W. PAUL: Elektromagnetische K¨afige für geladene und neutrale Teilchen“, Phys. Bl. 46 ” (1990) 227 Übungen 63 Nach der allgemeinen Lösungstheorie (siehe Absatz 2.3) gilt (o.B.d.A. t =0): At y(t) = e y0 + Zt 0 dt0 eA(t−t ) K(t0 ), 0 wobei y0 =y(0) der Anfangswert der Bewegung ist, d.h. x0 y0 = , x0 Anfangspunkt, v0 Anfangsgeschwindigkeit . v0 b) Fassen Sie A als komplexe Transformation auf. 1) Bestimmen Sie die Eigenwerte zi (i = 1, 2). 1 2) Sei z1 6= z2 . Zeigen Sie, daß ei = , (i = 1, 2) Eigenvektor von A ist. zi 0 3) Sei z1 = z2 = z. Zeigen Sie, daß A bezüglich der Vektoren e 1 = , 1 1 e2 = J ORDANsche Normalform hat, d.h. zeigen Sie, daß z (A − z)e1 = e2 und (A − z)e2 = 0. P z1 Hinweis: Aeα = β Aβα eβ , zu zeigen Aβα = für obige Basis. 0z c) Bezüglich dieser Basen gilt: y0 = X cα (y0 )eα und K(t) = α X K α (t)eα . α Berechnen Sie jeweils cα (y0 ) und K α (t). d) Benutzen Sie (c) zur Berechnung folgender Ausdrücke bezüglich der obigen Basen: 1) exp(At)y 0; Rt 2) exp A(t − t0 )K(t0 ) dt0 ; 0 3) Bestimmen Sie y(t). e) Diskutieren Sie die Bewegung für Fälle ω 0 >D, ω0 =D, ω0 < D, d.h. bestimmen Sie, für welche Fälle die Bewegung beschränkt bleibt. Untersuchen Sie: 1) k(t) = 0; 2) k(t) = α sin ωt, α, ω ∈ R; Zeigen Sie, daß in Fall (2) für große positive Zeiten gilt: y(t) = beiωt + be−iωt b∈C 64 2 Lösung der Bewegungsgleichungen Bestimmen Sie b als Funktion von α und ω 0 . 65 3 Das H AMILTONsche Prinzip 3.1 Arbeit, Potential, L AGRANGEfunktion Wir betrachten ein n-Teilchensystem, das durch die N EWTONschen Gleichungen mẍ = K(x, t), (x = (x1 , . . . , xn ) ∈ R3n und m die Massenmatrix) mit einer nur von Ort und Zeit abhängigen Kraft bestimmt ist. Wir wählen zu einer festen Zeit t eine Kurve y(τ ), τ ∈ [a, b] und ordnen y das Integral A(y, t) = Zb a hK(y(τ ), t), ẏ(τ )i dτ (3.1) zu. A heißt die von der Kraft K entlang der Kurve y verrichtete Arbeit. Unter dem Integral steht das Skalarprodukt der zwei Vektoren K(y(τ ), t), ẏ(τ ) ∈ V , das wir noch definieren müssen: Für beliebige Vektoren v, w ∈ V , v = (v 1 , . . . , vn ), w = (w1 , . . . , wn ), vi , wi ∈R3 gilt hv, wi = X i hvi , wi i. (3.2) Falls die Kraft K die Eigenschaft besitzt: A(y, t) = A(y 0 , t) (3.3) für alle Kurven y, y 0 mit y(a) = y 0 (a), y(b) = y 0 (b) (d.h. die Arbeit ist wegunabhängig), so läßt sich eine eindeutige Funktion U : V × R → R durch die Formel U (x, t) = − A(y, t) (3.4) erklären, wobei y(τ ) irgendeine Kurve mit y(a) = y 0 (y0 fest) und y(b) = x, (x variabel) ist. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 66 Wegen (3.3) hängt U nicht von der speziellen Wahl der Kurve y(τ ) ab. Aus (3.1) folgt ferner: K = − ∇U. U heißt das Potential der Kraft K. Ein spezielles Beispiel für ein Potential ist uns bereits bei der Diskussion der n-Teilchensysteme mit K = (K1 , . . . , Kn ), Ki = X i6=j (xi − xj )fij (|xi − xj |). (3.5) begegnet. In diesem Fall gilt nämlich K = − ∇U mit U= X i<j Vij (|xi − xj |), wobei Vij (r) eine Stammfunktion von −rfij (r) ist. Ein anderes Beispiel ist die Quadrupolkraft des letzten Abschnitts: K = qQx. Für diese Kraft lautet das Potential: q U = − hx, Qxi. 2 Für das n-Teilchensystem mit den Kräften (3.5) galt der Energiesatz: X1 i 2 mi |ẋi |2 + X i<j Vij (|xi − xj |) = E = const., d.h. in unserer neuen kompakten Schreibweise gilt: 1 hẋ, mẋi + U (x) = E = const.. 2 Wir betrachten jetzt eine andere Kombination von kinetischer Energie und Potentialfunktion, die sog. L AGRANGE-Funktion L(x, v, t): 1 L(x, v, t) = hv, mvi − U (x, t) 2 (3.6) 3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung 67 und ordnen jeder Kurve y(t) die reelle Zahl (abhängig von t 1 und t2 ) S(y) = Zt2 L(y(t), ẏ(t), t) dt, Zt2 L(y, ẏ, t) dt, t1 ( kurz S(y) = t1 geschrieben) zu. Hierbei ist y(t) nicht notwendigerweise eine Lösungskurve der N EW TONschen Gleichungen! S heißt das zu L gehörige Wirkungsfunktional oder kurz die Wirkung . Sei C die Menge aller Kurven mit y(t1 ) = x1 , y(t2 ) = x2 , (x1 , x2 ∈ V feste Vektoren) und sei x(t) die tatsächliche Bahnkurve des n-Teilchensystems mit x(t 1 ) = x1 , x(t2 ) = x2 . Wir wollen nun im nächsten Abschnitt die folgenden Aussage beweisen: Unter allen Kurven y(t) ∈ C stellt x(t) ein Extremum von S(y) dar und die Bewegungsgleichungen selbst folgen aus dieser Extremaleigenschaft. 3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung Wir wollen zunächst präzisieren, was unter dem Begriff Extremum von S“ genau zu ” verstehen ist. Dazu sei L0 (x, v, t) zunächst eine beliebige reelle Funktion auf T (V )×R und 0 S (y) = Zt2 t1 L0 (y, ẏ, t) dt für alle y ∈ C. Sei δx(t) eine Kurve mit δx(t) = 0 in einer offenen Umgebung von t 1 und von t2 und sei C0 die Menge aller dieser Kurven. Setze y α (t) = x(t) + αδx(t). 3 Das H AMILTONsche Prinzip 68 Definition: x heißt Extremum von S 0 oder Extremalkurve zur L AGRANGEfunktion L 0 , falls d 0 S (yα ) = 0 für alle δx ∈ C0 . dα α=0 (3.7) (3.7) ist genau die notwendige Bedingung, die man für ein Extremum einer Funktion von α an der Stelle α = 0 zu fordern hat. Für α = 0 ist aber y α (t) = x(t). Falls δx in C0 variiert, wird wegen yα (t) = x(t) + αδx(t) die Gesamtheit der Kurven in C ausgeschöpft. Damit ist genau präzisiert, was unter einer Extremalkurve von S 0 zu verstehen ist. Wir haben mit Absicht die Form der Funktion L 0 noch nicht auf die spezielle Gestalt (3.6) eingeschränkt, weil wir später auch allgemeinere L AGRANGE-Funktionen als die des letzten Abschnitts benutzen werden. Wir bleiben in dieser allgemeinen Form und beweisen jetzt die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen: x ist Extremalkurve zur L AGRANGE-Funktion L 0 ⇔ x d v 0 0 ∇ L (x, ẋ, t) = ∇ L (x, ẋ, t), dt (3.8) x v In (3.8) sind ∇ L0 (x, ẋ, t) und ∇ L0 (x, ẋ, t) Vektoren mit den Komponenten ∂L0 ∂L0 (x, ẋ, t) bzw. (x, ẋ, t), ∂viα ∂xαi d.h. ausgeschrieben lautet (3.8): ∂L0 d ∂L0 (x(t), ẋ(t), t) = (x(t), ẋ(t), t), dt ∂viα ∂xαi weis: d d 0 S (yα ) = dα dα Zt2 t1 L0 (yα , ẏα , t) dt (i = 1, . . . , n; α = 1, 2, 3) Be- 3.2 Das H AMILTONsche Prinzip der kleinsten Wirkung = Zt2 t1 = Zt2 t1 69 x v d d 0 0 yα , ∇ L (yα , ẏα , t) + ẏα , ∇ L (yα , ẏα , t) dt dα dα d v 0 δx, ∇ L (yα , ẏα , t) − ∇ L (yα , ẏα , t) dt x 0 ! E v d D 0 + δx, ∇ L (yα , ẏα , t) dt dt d yα (t) = δx(t)). Den zweiten Term können wir sofort integrieren und (wegen dα erhalten wegen δx = 0 in einer Umgebung von t 1 und t2 keinen Beitrag zu dS 0 dα (yα ). Setzen wir ferner α = 0 und beachten y α (t)|α=0 = x(t) so folgt also: Zt2 x dS 0 d v 0 0 (yα ) = δx(t), ∇ L (x(t), ẋ(t), t) − ∇ L (x(t), ẋ(t), t) dt dα dt α=0 t1 wobei wir hier die Zeitabhängigkeit unter dem Integral voll ausgeschrieben haben. Die rechte Seite verschwindet für alle δx(t) dann und nur dann, wenn x d v 0 0 ∇ L (x, ẋ, t) = ∇ L (x, ẋ, t) dt 2 Wir wollen jetzt zeigen, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für L0 (x, v, t) = L(x, v) = 1 hv, mvi − U (x) 2 mit dem N EWTONschen Gleichungen übereinstimmen: Wir finden sofort: v x ∇ L(x, ẋ) = mẋ und ∇ L(x, ẋ) = − ∇U (x), d.h. die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGEfunktion L lauten: d mẋ = − ∇U (x) dt und sind daher mit den N EWTONschen Gleichungen identisch. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 70 Die Behauptung am Schluß des letzten Abschnitts ist damit bewiesen: Die Bahnkurven unseres n-Teilchensystems sind Extremalkurven der Wirkung S und die Bewegungsgleichungen folgen aus dieser Extremaleigenschaft. Die Herleitung der Bewegungsgleichungen aus der Bedingung, daß die Wirkung einer L AGRANGE-Funktion für die Bahnkurven eines dynamischen Systems extremal werden soll, heißt H AMILTONsches Prinzip oder Prinzip der kleinsten Wirkung . Zunächst haben wir damit nichts Neues gewonnen und nur die Bewegungsgleichungen als E ULER-L AGRANGE-Gleichungen von L redefiniert. In den nächsten Abschnitten werden wir nun zeigen, daß dieses Prinzip die Lösung einer Vielzahl von Problemen der Mechanik entscheidend vereinfacht. 3.3 Mathematische Konsequenzen des H AMILTONschen Prinzips Wir benötigen zunächst eine Reihe von rein mathematischen Sätzen: Lemma 1: Seien und reelle Funktionen auf T (V ) × R; W eine reelle Funktion auf V × R. Es gelte für alle Kurven y(t): L00 (x, v, t) L0 (x, v, t) d L (y(t), ẏ(t), t) = L (y(t), ẏ(t), t) + W (y(t), t) dt 00 0 Behauptung: Dann stimmen die Extremalkurven von L 00 und L0 überein. weis: 00 S (y) = = Zt2 t1 Zt2 t1 L00 (y, ẏ, t) dt d L (y, ẏ, t) + W (y, t) dt = S 0 (y) + [W (y(t), t)]tt21 dt 0 Be- 3.3 Mathematische Konsequenzen 71 für alle Kurven y(t). Speziell für y α (t) = x(t) + αδx(t) gilt also: d 00 d 0 S (yα ) = S (yα ), dα dα da δx(t) in einer Umgebung von t1 und t2 verschwindet. Also folgt: dS 00 (yα ) =0 dα α=0 ⇔ dS 0 (yα ) =0 dα α=0 d.h. die Extremalkurven von S 0 und S 00 stimmen überein. 2 Bemerkung: 0 Die Abbildung L0 → L00 = L0 + dW dt heißt Eichtransformation von L . Der dW Zusatzterm dt hat nach Lemma 1 kein Einfluß auf die Extremalkurven. Lemma 2: Seien Ω offen in R3n , T (Ω) = Ω × R3n , L00 (q, vq , t) reelle Funktion auf T (Ω) × R, L0 reelle Funktion auf T (V ) × R und W reelle Funktion auf V × R. Sei ϕ t : Ω → Ω0 ⊂ V eine zeitabhängige Familie von Diffeomorphismen. Für alle Kurven q(t) in Ω gelte d L (q, q̇, t) = L (y, ẏ, t) + W (y, t), dt 00 0 wobei y(t) durch y(t) = ϕt (q(t)) definiert ist. Behauptung: Dann ist q(t) genau dann Extremalkurve von L 00 , wenn y(t) = ϕt (q(t)) Extremalkurve von L0 ist. weis: Völlig analog zum Beweis von Lemma 1 zeigt man für alle Kurven qα (t) = q(t) + αδq(t): d 00 d 0 S (qα )|α=0 = S (yα )|α=0 für yα (t) = ϕt (qα (t)), dα dα wobei S 00 und S 0 wieder die zu L00 bzw. L0 gehörenden Wirkungsfunktionale bezeichnen. q(x) ist also genau dann Extremalkurve von L 00 , wenn Be- 3 Das H AMILTONsche Prinzip 72 y(t) = ϕt (q(t)) Extremalkurve von L0 ist. 2 Bemerkung: Offensichtlich gilt Lemma 2 auch unter der Voraussetzung L00 (q, q̇, t) = L0 (y, ẏ, t) + d 0 W (q, t) dt mit einer reellen Funktion W 0 auf Ω × R. Weder der Zusatz d der Zusatz dt W 0 (q, t) beeinflussen die Extremalkurven. d dt W (y, t) noch Den Raum T (Ω) = Ω × R3n , auf dem L00 definiert ist, wollen wir wieder den Tangentialraum von Ω nennen, so wie wir es mit T (V ) = V × R 3n getan haben. Die Koordinaten (q 1 , . . . , q 3n ) von q werden als generalisierte Koordinaten bezeichnet, die Koordinaten (vq1 , . . . , vq3n ) von vq als generalisierte Geschwindigkeiten . Satz 1: Sei ϕt : V → V eine Familie von zeitabhängigen Diffeomorphismen, L 0 (x, v, t) reelle Funktion auf T (V ) × R, W reelle Funktion auf V × R. Für alle Kurven x(t) gelte: L0 (y, ẏ, t) = L0 (x, ẋ, t) + d W (x, t) dt mit y(t) = ϕt (x(t)) und wir nennen ϕt eine Symmetrietransformation von L 0 . Behauptung: Falls x(t) Extremalkurve ist, so gilt dies auch für y(t). weis: Der Beweis folgt unmittelbar aus Lemma 1 und 2, wenn L 00 = L0 gesetzt wird. 2 Be- 3.3 Mathematische Konsequenzen 73 Satz 2: (N OETHER-Theorem) Sei ϕtα eine Diffeomorphismenschar, die zusätzlich noch von dem reellen Parameter α abhängt mit ϕtα=0 = I. Es gelte, analog zu Satz 1, L0 (yα , ẏα , t) = L0 (x, ẋ, t) + d Wα (x, t) dt (3.9) Be- mit yα (t) = ϕtα (x(t)) und einer Schar Wα von reellwertigen Funktionen auf V × R für alle Kurven x(t). Behauptung: Falls x(t) Extremalkurve von L 0 ist, gilt: weis: v d d yα (t) , ∇ L0 (x(t), ẋ(t), t) − Wα (x(t), t) = const.. dα dα α=0 α=0 Wir differenzieren (3.9) nach α: d 0 d d d d L (yα , ẏα , t) = Wα (x, t) = Wα (x, t). dα dα dt dt dα Nun gilt: x v d d d 0 0 0 L (yα , ẏα , t) = yα , ∇ L (yα , ẏα , t) + ẏα , ∇ L (yα , ẏα , t) dα dα dα x d d v 0 0 = yα , ∇ L (yα , ẏα , t) − ∇ L (yα , ẏα , t) dα dt v d d + yα , ∇ L0 (yα , ẏα , t) . dt dα Für α = 0 ist yα = x(t); da x(t) Extremalkurve sein soll, gelten die E ULERL AGRANGE-Gleichungen, und der erste Term verschwindet deshalb für α = 0. Also ist v d d d d d 0 0 = , ∇ L (x, ẋ, t) = L (yα , ẏα , t) yα Wα (x, t) dα dt dα dt dα α=0 α=0 α=0 2 3 Das H AMILTONsche Prinzip 74 Die einparametrige Schar von Abbildungen ϕ tα : V → V mit L0 (yα , ẏα , t) = L0 (x, ẋ, t) + d Wα (x, t) dt nennen wir eine einparametrige Schar von Symmetrietransformationen von L0 . Falls Wα = 0 und zusätzlich ϕtα ◦ ϕtβ = ϕtα+β gilt, sprechen wir von einer einparametrigen Invarianzgruppe von L 0 . Falls ∂L0 ∂t (x, v, t) = 0, Lemma 3: so gilt für jede Extremalkurve x(t) von L 0 : Be- D E v ẋ(t), ∇ L0 (x(t), ẋ(t)) − L0 (x(t), ẋ(t)) = const. weis: 0 0 0 0 Wegen ∂L ∂t (x, v, t) = 0 ist L nicht explizit zeitabhängig: L = L (x, v). Die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für x(t) liefern: D x E d v 0 0 ẋ, L (x, ẋ) = ẋ, L (x, ẋ) ; ∇ ∇ dt v addiert man auf beiden Seiten dieser Gleichung den Term hẍ, ∇ L0 (x, ẋ)i, so folgt für die linke Seite D E E v d D v 0 d v 0 0 ẋ, ẋ, ∇ L (x, ẋ) ∇ L (x, ẋ) + ẍ, ∇ L (x, ẋ) = dt dt und für die rechte Seite D x E D v E d ẋ, ∇ L0 (x, ẋ) + ẍ, ∇ L0 (x, ẋ) = L0 (x, ẋ); dt also gilt: E d D v 0 d ẋ, ∇ L (x, ẋ) = L0 (x, ẋ) dt dt 2 3.4 Symmetrietransformationen 75 3.4 Physikalische Konsequenzen des H AMILTONschen Prinzips: Symmetrietransformationen Wir wollen uns zunächst mit Anwendungen der Sätze 1 und 2 sowie vom Lemma 3 beschäftigen. Dazu betrachten wir die Standard-L AGRANGE-Funktion: L(x, v) = 1 hv, mvi − U (x) 2 für ein n-Teilchensystem mit Potential X U (x) = Vij (|xi − xj |). i6=j Wir haben im ersten Kapitel bereits gezeigt, daß für ein solches System Impuls, Schwerpunkt, Drehimpuls und Energie Integrale der Bewegung darstellen und daß die G ALILEI-Transformationen auf den Bahnkurven operieren: Sie transformieren jede Bahnkurve wieder in eine erlaubte Bahnkurve. Mit Hilfe der Sätze 1,2 und Lemma 3 werden wir nun zeigen, daß diese beiden Phänomene nicht unabhängig voneinander existieren, sondern einander bedingen. Dazu seien h, a, b ∈ R3 , O ∈ SO(3) und hierdurch eine G ALILEI-Transformation ϕ̃t (h) = Oh + a + bt wie in Kapitel 1 erklärt. Wir definieren ϕ t : V → V durch ϕt (x) = (ϕ̃t (x1 ), . . . , ϕ̃t (xn )) = (Ox1 + a + bt, . . . , Oxn + a + bt). Es gilt d t ϕ (x(t)) = (O ẋ1 + b, . . . , O ẋn + b) dt und d.h. t ϕ̃ (xi ) − ϕ̃t (xj ) = |xi − xj |, Vij (|ϕ̃t (xi ) − ϕ̃t (xj )|) = Vij (|xi − xj |) Für die Kurve y(t) = ϕt (x(t)) folgt somit: X 1 M 2 L(y, ẏ, t) = hẋ, mẋi − U (x) + mi hb, O ẋi + |b| 2 2 i (3.10) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 76 = L(x, ẋ) + d W (x, t) dt mit M 2 |b| t. W (x, t) = M O −1 b, R(t) + 2 R ist dabei der Schwerpunkt und M die Gesamtmasse des n-Teilchensystems wie in Kapitel 1. Jede G ALILEI-Transformation definiert also eine Symmetrietransformation von L. Die Voraussetzungen von Satz 1 sind erfüllt, und wir schließen (da wir wissen, daß die N EWTONschen Gleichungen mit den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen übereinstimmen): Jede Bahnkurve des n-Teilchensystems wird durch eine G ALILEI-Transformation in eine andere Bahnkurve überführt. In Gleichung (3.10) ersetzen wir jetzt a, b und O durch αa, αb und exp(αA(ω)), wobei (mit ω ∈ R3 ) A(ω) die zugehörige antisymmetrisch lineare Abbildung nach Abschnitt 1.4.1 bezeichnet. Wir erhalten damit eine von α abhängige Schar von t Transformationen ϕtα von V mit ϕα=0 = I. Nach obiger Rechnung gilt für y α (t) = t t ϕ̃α (x1 (t)), . . . , ϕ̃α (xn (t)) : L(yα , ẏα , t) = L(x, ẋ, t) + d Wα (x, t) dt mit Wα (x, t) = M α hexp (−αA(ω)) b, Ri + M 2 2 α |b| t. 2 Die Voraussetzungen des N OETHER-Theorems (Satz 2) sind also erfüllt. Zu berechnen sind: d = M hb, R(t)i, Wα (x, t) dα α=0 d = (A(ω)x1 (t) + a + bt, . . . , A(ω)xn (t) + a + bt) yα (t) dα α=0 = ([ω, x1 (t)] + a + bt, . . . , [ω, xn (t)] + a + bt) , sowie v ∇ L(x, ẋ) = mẋ, 3.4 Symmetrietransformationen 77 und es gilt nach Satz 2: v d d const. = yα (t) , ∇ L(x, ẋ) − Wα (x(t), t) dα dα α=0 α=0 = X i mi (hω, [xi (t), ẋi (t)]i + ha, ẋi (t)i + thb, ẋi (t)i) − hb, M R(t)i = hω, L(t)i + ha, P (t)i + hb, P (t)t − M R(t)i, wobei L und P nach Kapitel 1 den Gesamtdrehimpuls bzw. den Gesamtimpuls des Systems bezeichnen. Wir können nun ω, a und b völlig beliebig wählen. Es folgt also als Konsequenz des N OETHERschen Theorems: L(t), P (t) und 1 M P (t)t − R(t) sind Integrale der Bewegung. Wählen wir für ω, a oder b jeweils einen Basisvektor e µ der Standardbasis des R3 , so erhalten wir für ϕ̃tα eine einparametrige Untergruppe der G ALILEIgruppe und als zugehörige Erhaltungsgröße die Komponenten L µ , P µ oder R(0)µ =(tP/M − R(t))µ des Drehimpulses, Impulses oder des Schwerpunktes. Für die volle G ALILEI-Gruppe sind noch die Zeittranslationen als einparametrige Untergruppe zu betrachten. Diese lassen L invariant, da L keine explizite Funktion der Zeit ist. Es gilt somit ∂L ∂t = 0 und aus Lemma 3 folgt: D E v 1 ẋ, ∇ L(x, ẋ) − L(x, ẋ) = hẋ, mẋi + U (x) = const. 2 Auf der rechten Seite erscheint die Gesamtenergie, die auf Grund von Lemma 3 erhalten ist(i) . Man kann jetzt unsere Betrachtungen der G ALILEI-Gruppe kurz wie folgt zusammenfassen: G ALILEI-Transformationen sind Symmetrietransformationen der L AGRANGEFunktion L, und deshalb transformieren sie die Bahnkurven unseres Systems von Massenpunkten wieder in erlaubte Bahnkurven. Daß G ALILEI-Transformationen Symmetrietransformationen von L sind, ist gleichfalls die tiefere Ursache der Erhaltung von Gesamtdrehimpuls, Gesamtimpuls, Schwerpunkt und Energie. (i) Im Sinne des letzten Abschnitts definiert ϕtα für β = eµ und a = ω = 0 eine einparametrige Schar von Symmetrietransformationen und für die anderen F¨alle jeweils eine einparametrige Invarianzgruppe von L. H¨aufig wird in der Literatur nur der letzte Fall diskutiert und auch Satz 2 nur für Invarianzgruppen allein formuliert. Eine einheitliche Behandlung der G ALILEI-Gruppe, wie wir sie hier vorlegen, ist damit natürlich ausgeschlossen. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 78 Das N OETHER-Theorem verspricht nun allerdings noch mehr, nämlich, daß für jede einparametrige Schar von Symmetrietransformationen einer vorgegebenen L AGRANGE-Funktion L0 eine solche Erhaltungsgröße vorliegt. Sollten wir uns überdies einmal dazu entschließen, andere Raum-Zeit-Transformationsgruppen als die G ALILEIgruppe zuzulassen, so gibt uns dieses Theorem die Möglichkeit, die entsprechenden Erhaltungsgrößen direkt zu berechnen. 3.5 Generalisierte Koordinaten Wir wollen jetzt die Konsequenzen von Lemma 2 näher diskutieren und beginnen mit der Frage, was die Bedingung L00 (q, q̇, t) = L0 (y, ẏ, t) + d W (y, t) dt (3.11) für die Funktionen L00 , L0 und W selbst bedeutet. Erinnern wir uns: Gleichung (3.11) soll für jede Kurve q(t) gelten und y(t) ist durch eine zeitabhängige Schar von Diffeomorphismen ϕt : Ω → Ω0 , (Ω ⊂ R3n , Ω0 ⊂ V ) aus q(t) entstanden: y(t) = ϕt (q(t)). Also ist ẏ(t) = Dϕt (q(t)) q̇(t)) + ∂ ∂t ϕ(q(t) , und (3.11) lautet, voll ausgeschrieben: ∂ϕt (q(t)), t L (q(t), q̇(t), t) = L ϕ (q(t)), Dϕ (q(t))(q̇(t)) + ∂t ∂ϕt ∂W t t t + Dϕ (q(t))(q̇(t)) + (q(t)), ∇W (ϕ (q(t)), t) + (ϕ (q(t)), t). ∂t ∂t 00 0 t t (3.12) Damit diese Identität für alle Kurven q(t) gilt, muß zu jedem Zeitpunkt t Gleichung (3.11) für beliebige Paare (q(t), q̇(t)) = (q, v q ) ∈ T (Ω) gelten; also folgern wir, daß für die Funktionen L00 : T (Ω) × R → R, L0 : T (V ) × R → R und W : V × R → R die Identität ∂ϕt 00 0 t t (q), t L (q, vq , t) = L ϕ (q), Dϕ (q)(vq ) + ∂t ∂ϕt ∂W t t t + Dϕ (q)(vq ) + (q), ∇W (ϕ (q), t) + (ϕ (q), t) (3.13) ∂t ∂t 3.5 Generalisierte Koordinaten 79 bestehen muß. Um dieses Ergebnis transparenter zu machen, definieren wir die Abbildung ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) durch ϕ̂t (q, vq ) = ϕt (q), Dϕt (q)(vq ) + ∂ϕt (q) . ∂t (3.14) Die Abbildung ϕ̂t erinnert“sich auf Grund ihrer Definition noch daran, daß sie ” ursprünglich durch die Transformation von Kurven entstanden ist. Ferner führen wir die neue Funktion L̃(x, v, t) ein: L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i + ∂W (x, t). ∂t Gleichung (3.13) ist dann, wie man direkt durch Einsetzen zeigt, äquivalent zu L00 (q, vq , t) = L̃ ϕ̂t (q, vq ), t , (3.15) d.h. L00 entsteht aus der Funktion L̃ durch Ersetzen des Paares (x, v) (von Ortslagen und Geschwindigkeiten) durch die Bilder ϕ̂ t (q, vq ) (der generalisierten Koordinaten q und der generalisierten Geschwindigkeiten v q ). Vorgegeben war zunächst nur die Abbildung ϕt : Ω → V ; diese induziert, wie man sagt, kanonisch die Abbildung ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) zwischen den Tangentialräumen. Jetzt wird auch der Ursprung der Bezeichnung Tangentialraum“deutlich: (q, vq ) und (x, v) sind stets deutbar als ” ein Kurvenpunkt mitsamt seiner Kurventangente. Die Eigenschaft einer Abbildung ϕt , Symmetrietransformation von L0 zu sein, (vergleiche Satz 1) läßt sich jetzt sehr bequem mit Hilfe von ϕ̂ t ausdrücken: ϕt ist genau dann Symmetrietransformation von L 0 wenn L0 (ϕ̂t (x, v), t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i + ∂ W (x, t) ∂t Für Satz 2 (N OETHER-Theorem) gilt analog: ϕtα ist genau dann Symmetrietransformation von L 0 wenn L0 (ϕ̂tα (x, v), t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇Wα (x, t)i + ∂ Wα (x, t) ∂t 3 Das H AMILTONsche Prinzip 80 Entscheidend ist nun jedoch die Aussage von Lemma (2), daß q(t) genau dann Extremalkurve von L00 ist, wenn dies für ϕt (q(t)) gilt. Um Extremalkurve zu sein, müssen aber für q(t) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen gelten und zwar mit der L AGRANGEfunktion L00 (q, vq ). (Wir haben diese Gleichung zwar nur für eine Funktion L0 (x, v, t) bewiesen, aber bei der Ableitung niemals benutzt, daß die kartesischen Koordinaten irgendwie ausgezeichnet sind). Es gilt also auch mit q = (q 1 , . . . , q 3n ) und vq = (vq1 , . . . , vq3n ): d ∂L00 ∂L00 (q, q̇, t) = (q, q̇, t). dt ∂vqα ∂q α (3.16) Gleichung (3.15) gibt nur die Vorschrift an, wie L 00 mit Hilfe von ϕ̂t aus L0 und W berechnet wird. Aus den Extremalkurven q(t), die die Gleichung (3.16) lösen, kann man die Extremalkurven x(t) von L 0 (x, v, t) nach Lemma 2 zurückgewinnen: x(t) = ϕt (q(t)). Wir fassen diese Ergebnisse in folgendem Schema noch einmal zusammen: Schema (generalisierte Koordinaten): (q, v q ) L0 (x, v, t) (vorgegebene L AGRANGE-Funktion, definiert auf T (V ) × R) x(t) = ϕt (q(t)) (Bahnkurve in V ) ∂L00 d ∂L00 (q, q̇, t) = (q, q̇, t), α = 1, . . . , 3n dt ∂vqα ∂q α L00 (q, vq , t) = L̃(ϕ̂t (q, vq ), t) (Bestimmungsgleichung für q(t)) (Vorschrift zur Berechnung von L 00 ) ∂ W (x, t) ∂t ∂ t t t t ϕ̂ (q, vq ) = ϕ (q), Dϕ (q)(vq ) + ϕ (q) . ∂t L̃ = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i + Beispiel 3.1 — Polarkoordinaten in R3 Wir wollen dieses Schema zunächst einmal am einfachen Beispiel demonstrie- 3.5 Generalisierte Koordinaten 81 ren. Sei (x, v ∈ R3 ): L0 = m 2 |v| − U (x) 2 die L AGRANGE-Funktion für ein Teilchen der Masse m. Die Bewegungsgleichungen sind gegeben durch mẍ = − ∇U (x(t)). Wir setzen in unserem Schema jetzt q 1 = r, q 2 = θ, q 3 = φ, wobei r, θ und φ Polarkoordinaten in R3 sind. Es ist jetzt zweckmäßig, vq = (vq1 , vq2 , vq3 ) = (vr , vθ , vφ ) zu schreiben. Mit W =0 und r sin θ cos φ ϕt (q) = x(r, θ, φ) = r sin θ sin φ r cos θ liefert unser Schema: L00 (q, vq ) = L0 (x(r, θ, φ), Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ )) . (3.17) Für die JACOBI-Matrix Dx(r, θ, φ) finden wir ∂x ∂x Dx(r, θ, φ) = ∂x ∂r ∂θ ∂φ und hieraus sin θ cos φ r cos θ cos φ −r sin θ sin φ = sin θ sin φ r cos θ sin φ r sin θ cos φ cos θ −r sin θ 0 Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ ) = Nun sind die Spaltenvektoren normiert), d.h. (3.18) ∂x ∂x ∂x vr + vθ + vφ . ∂r ∂θ ∂φ ∂x ∂x ∂r , ∂θ und m m |Dx(r, θ, φ)(vr , vθ , vφ )|2 = 2 2 ∂x ∂φ von Dx orthogonal (aber nicht ! 2 ∂x 2 ∂x 2 2 ∂x 2 2 v + v + v . ∂r r ∂θ θ ∂φ φ 3 Das H AMILTONsche Prinzip 82 Man findet nach (3.18) leicht: 2 ∂x = 1, ∂r 2 ∂x = r2, ∂θ 2 ∂x = r 2 sin2 θ. ∂φ Die Anwendung von Gleichung (3.15) liefert für L 00 die Formel L00 (r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = wobei m 2 vr + r 2 vθ2 + sin2 θvφ2 − Ũ (r, θ, φ) 2 Ũ (r, θ, φ) = U (x(r, θ, φ)). Die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für L00 können hieraus abgeleitet werden. Wir benutzen ∂ Ũ ∂L00 ∂L00 = mvr , = mr vθ2 + sin2 θ vφ2 − ∂vr ∂r ∂r ∂L00 ∂L00 ∂ Ũ = mr 2 vθ , = mr 2 cos θ sin θ vθ2 − ∂vθ ∂θ ∂θ ∂L00 ∂ Ũ ∂L00 = mr 2 sin2 θ vφ , = − ∂vφ ∂φ ∂φ Wir haben diese Größen an der Stelle (r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = (r(t), θ(t), φ(t), ṙ(t), θ̇(t), φ̇(t)) auszuwerten und in die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen einzusetzen: Es folgt nach unserem Schema: ∂ Ũ d mṙ = mr θ̇ 2 + sin2 θ φ̇2 − dt ∂r ∂ Ũ d mr 2 θ̇ = mr 2 cos θ sin θ φ̇2 − dt ∂θ d ∂ Ũ mr 2 sin2 θ φ̇ = − . dt ∂φ 3.5 Generalisierte Koordinaten 83 Wir machen jetzt die zusätzliche Annahme U (x) = U (|x|), d.h. Ũ = U (r) ist Ũ = 0. Aus der zweiten Gleichung eine Funktion von r allein und somit ∂∂θŨ = ∂∂φ π folgt, daß eine spezielle Lösung mit θ = 2 existieren muß. Diese spezielle Bewegung findet in einer Ebene statt. Die dritte Gleichung liefert dann: mr 2 φ̇ = l = const. (3.19) Wir setzen dies in die erste Gleichung ein, die wir noch mit ṙ multiplizieren; es folgt mṙr̈ = ṙ 2 ∂U l − ṙ 3 mr ∂r oder d dt m 2 l2 ṙ + + U (r) 2 2mr 2 = 0, d.h. m 2 l2 ṙ + + U (r) = E = const. 2 2mr 2 Dies kann äquivalent umgeformt werden zu: r ṙ 2 q = ± . 2 m E − l − U (r) 2mr 2 Hierzu benutzen wir ein nun schon bekanntes Verfahren: Wir bestimmen eine Stammfunktion Z F (r) = E− l2 − U (r) 2mr 2 − 21 und finden nach der letzten Gleichung F (r(t)) = ± 2 m 1 2 t + F (r(0)). dr 3 Das H AMILTONsche Prinzip 84 Mit der Umkehrfunktion F −1 gilt also für unsere spezielle Lösung r(t) = F −1 ± 2 m 1 2 ! t + F (r(0)) . Die allgemeine Lösung können wir mit Hilfe von Satz 1 und 2 bestimmen. L ist invariant unter Drehungen und damit nach Satz 2 der Drehimpuls L erhalten. Die Bewegung verläuft in der Ebene senkrecht zu L. Für unsere spezielle Lösung steht also L senkrecht auf der Ebene θ = π2 . Gleichzeitig können wir nach unseren alten Rechnungen zum K EPLERproblem |L| mit der Konstante l in Gleichung (3.19) identifizieren; diese Gleichung stellt genau den dort definierten Flächensatz dar: Bei der Bewegung überstreicht der Bahnvektor in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Nach Satz (1) können wir die Bewegung in der Ebene θ = π2 durch eine Drehung in eine beliebige andere Ebene E transformieren. Der Drehimpuls transformiert sich mit und steht dann senkrecht zu E, ohne seinen Betrag zu ändern. Auf diese Weise wird aus unserer speziellen Lösung die allgemeine Lösung erzeugt. Unser Beispiel demonstriert bereits exemplarisch, wie sich die Konstruktion der Bewegung eines dynamischen Systems bei geschickter Wahl der generalisierten Koordinaten vereinfacht. Etwas komplizierter ist die Situation für ein Zweiteilchensystem mit Potential V (|x1 − x2 |). In diesem Fall erweisen sich die Koordinaten R 1 , R2 , R3 des Schwerpunktes und die Polarkoordinaten r,θ, φ von y = x 1 − x2 als besonders geeignet (vgl. Aufgabe 3.9). In beiden Fällen tritt der allgemeinste Fall, bei dem die L AGRANGEfunktion L 0 noch durch einen additiven Zusatz der Form hv, ∇W i + ∂W ∂t abgeändert wird, noch nicht auf. Ein praktisch wichtiger Fall hierfür wird in Aufgabe 3.11 diskutiert, wo die Nachbarkurven einer gegebenen festen Lösung (Sollbahn ) der Bewegungsgleichungen in linearer Näherung untersucht werden. Dieses Beispiel zeigt, daß die L AGRANGEFunktion für die Abweichungen von der Sollbahn sich beträchtlich vereinfacht, wenn ein solcher Term von vornherein subtrahiert wird. Die Bewegungsgleichungen selbst werden durch einen solchen Zusatz nach Lemma 1 nicht beeinflußt; man kann dies auch explizit nachkontrollieren, indem man zeigt, daß sich die Beiträge von W in den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen wegheben. Von daher gesehen erscheint die Modifikation von L0 um den Term hv, ∇W i + ∂W ∂t , in unserem Schema ”Generalisierte Koordinaten“, zunächst als ein gewisser Luxus. Für beide praktischen Probleme erspart man sich jedoch eine Menge Rechenarbeit bei der Herleitung der Bewegungsgleichungen, wenn man ihn in der L AGRANGE-Funktion so berücksichtigt, wie wir es in unserem Schema angegeben haben. (Siehe auch Übungsbeispiel 3.9). 3.6 Zwangsbedingungen 85 3.6 Zwangsbedingungen Wir betrachten jetzt eine L AGRANGE-Funktion L 00 (q, vq , t) von generalisierten Koordinaten q, die aus der L AGRANGE-Funktion L 0 mit Hilfe der Abbildung ϕt errechnet wurde. Die Lösungen der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L 00 bestimmen die zeitliche Entwicklung unseres dynamischen Systems; wir denken uns aber jetzt die Werte der letzten k Koordinaten q α während der Bewegung festgehalten: q α = cα = const. α = 3n − k + 1, . . . , 3n (3.20) und setzen demzufolge auch die entsprechenden Geschwindigkeiten gleich Null: vα = 0 α = 3n − k + 1, . . . , 3n. (3.21) Man nennt die Gleichungen (3.20) und (3.21) Zwangsbedingungen . Physikalisch soll die konkrete Realisierung eines solchen Problems durch sog. Zwangskräfte erfolgen, die sonst keinen Einfluß auf die zeitliche Entwicklung der restlichen Koordinaten q 1 , . . . , q 3n−k haben. Das H AMILTONsche Prinzip gestattet nun, die Bewegungsgleichungen dieses durch Zwangskräfte eingeschränkten Systems direkt abzuleiten, ohne die Zwangskräfte explizit zu kennen. Dazu ist die L AGRANGEfunktion L 00 nur für solche Werte von q und vq zu betrachten, für die (3.20) und (3.21) gilt. Setzen wir q = (q 1 , . . . , q 3n−k ), vq = (vq1 , . . . , vq3n−k ), (3.22) so erhalten wir damit eine neue L AGRANGE-Funktion Lz (q, vq , t) = L00 (q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n−k , 0, . . . , 0, t) (3.23) Da die Zwangskräfte die zeitliche Entwicklung der Koordinaten q nicht beeinflussen sollen, ist die Bewegung des Systems durch das H AMILTONsche Prinzip mit L z als L AGRANGEfunktion bestimmt. Die Bewegungsgleichungen erhält man also als E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu Lz . d ∂Lz ∂Lz (q, q̇, t). (q, q̇, t) = α dt ∂vq ∂q α (3.24) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 86 Es lohnt sich, Lz etwas näher zu untersuchen. Setzen wir die Definition von L 00 explizit in (3.23) ein, so folgt: Lz (q, vq , t) = L̃ ϕ̂t q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n−k , 0, . . . , 0 , t . (3.25) Setzen wir jetzt und ϕtz (q) = ϕt q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n ϕ̂tz (q, vq ) = ϕtz (q), Dϕtz (q)(vq ) ∂ϕtz (q) , + ∂t so folgt zunächst ϕ̂tz (q, vq ) = ϕ̂t (q 1 , . . . , q 3n−k , c3n−k+1 , . . . , c3n , vq1 , . . . , vq3n , 0, . . . , 0) und hieraus wegen (3.25): Lz (q, vq , t) = L̃ ϕ̂tz (q, vq ), t . (3.26) Die Abbildung ϕtz : Ωz ⊂ R3n−k → V induziert also eine Abbildung ϕ̂ tz : T (Ωz ) → T (V ) des Tangentialraums T (Ωz ) = Ωz × R3n−k , genau wie ϕt die Abbildung ϕ̂t : T (Ω) → T (V ) induziert. (Der Zusammenhang zwischen ϕ tz und ϕ̂tz bzw. ϕt und ϕ̂t wird durch die gleiche Formel (3.24) beschrieben!) Dieses Ergebnis stellt zusammen mit Gleichung (3.24) in der Tat eine entscheidende weitere Vereinfachung dar: Bei der Berechnung des Systems mit Zwangsbedingungen muß man die komplette Abbildung ϕt nicht einmal als Funktion aller Koordinaten (q 1 , . . . , q 3n ) kennen, sondern es genügt schon die Kenntnis von ϕ tz allein, um die neue L AGRANGE-Funktion Lz aus der vorgegebenen L AGRANGE-Funktion L 0 zu berechnen. Die Berechnung von Lz erfolgt wegen Gleichung (3.26) exakt nach unserem Schema Generalisierte Koordinaten“; dort ist lediglich ϕ t durch ϕtz zu ” ersetzen. Der Unterschied zwischen beiden Abbildungen ist der folgende: ϕ t war als eine zeitabhängige Schar von Diffeomorphismen ϕ t : Ω ⊂ R3n → Ω0 ⊂ V erklärt. ϕtz ist kein solcher Diffeomorphismus mehr, sondern lediglich eine injektive (nicht umkehrbare) Abbildung von Ωz nach V . Wir fassen diese Ergebnisse in folgendem Schema zusammen: 3.6 Zwangsbedingungen 87 Generalisierte Koordinaten und L AGRANGEfunktion eines Systems mit Zwangsbedingungen Die Bewegung eines Systems von n Massenpunkten sei durch die E ULERL AGRANGE-Gleichungen mit der L AGRANGEfunktion L 0 bestimmt. Eine Zwangsbedingung wird durch eine zeitabhängige Schar ϕ tz von injektiven Abbildungen ϕtz : Ωz ⊂ R3n−k → V beschrieben. Die L AGRANGE-Funktion L z des Systems mit Zwangsbedingungen ist durch Lz (q, vq , t) = L̃ ϕ̂tz (q, vq ), t mit L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) + hv, ∇W (x, t)i + ∂W (x, t) ∂t und ϕ̂tz (q, vq ) = ϕtz (q), Dϕtz (q)(vq ) ∂ϕtz (q) + ∂t gegeben. Die Bewegung des Systems mit Zwangsbedingungen wird durch die E ULERL AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGEfunktion L z bestimmt. Geometrisch stellt ϕtz eine Abbildung dar, die eine feste offene Menge Ω z zeitabhängig in eine Hyperfläche (gleicher Dimension) von V abbildet. Die Zwangsbedingungen sind vollständig durch die Abbildung ϕ tz allein beschrieben und besagen offensichtlich, daß die Bewegung des Systems auf diese Hyperfläche eingeschränkt ist. Wir wollen dies an zwei einfachen Beispielen illustrieren: Beispiel 3.2 — Teilchen im Schwerefeld Ein Teilchen bewege sich auf einer vorgeschriebenen geometrischen Bahn x(s) im Schwerefeld der Erde: Seine L AGRANGE-Funktion lautet ohne Zwangsbedingung L= m 2 |v| − mgz; 2 die potentielle Energie hängt also nur von der z-Koordinate ab. Wir schreiben 3 Das H AMILTONsche Prinzip 88 die Zwangsbedingung in der Form ϕtz (s) = x(s); ϕtz : R → R3 , wobei s jetzt die Bogenlänge der Kurve x(s) sein soll. (ϕ tz ist jetzt zeitunabhängig). Damit folgt ϕ̂tz (s, vs ) = (x(s), d x(s) vs ) ds und (mit W = 0) nach unserem Schema: 2 2 m d vs − mgz(s). x(s) Lz (s, vs ) = 2 ds d Für die Bogenlänge s ist ds x(s) = 1, d.h. Lz (s, vs ) = m 2 v − mgz(s). 2 s (Anwendung: Siehe Aufgabe 3.12). Beispiel 3.3 — Kugelpendel Wir definieren für die gleiche L AGRANGE-Funktion die Zwangsbedingungen: sin θ cos φ ϕtz (θ, φ) = x(θ, φ) = R sin θ sin φ , cos θ wobei R = const. und (θ, φ) Polarkoordinaten sind. Die Bewegung ist also auf eine Kugel von Radius R eingeschränkt. Es folgt jetzt: ∂x ∂x ϕ̂tz (θ, φ, vθ , vφ ) = x(θ, φ), vθ + vφ ∂θ ∂φ ∂x ∂θ und ∂x ∂φ wurden in Abschnitt (3.5) berechnet; hieraus ergibt sich Lz (θ, φ, vθ , vφ ) = L̃ ϕ̂tz (θ, φ, vθ , vφ ) = m 2 2 R vθ + sin2 θ vφ2 − mgR cos θ. 2 3.6 Zwangsbedingungen 89 (Anwendung: Siehe Aufgaben 3.4 und 3.5). 3.6.1 Der starre K¨ orper: Zwangsbedingung und L AGRANGE-Funktion Ein weiteres Beispiel für ein System mit Zwangsbedingungen ist der starre Körper. Man betrachtet dabei ein System von n Massenpunkten, dessen Bewegungsgleichungen durch die L AGRANGE-Funktion 1 L(x, v, t) = hv, mvi − U (x) 2 (3.27) bestimmt ist und unterwirft es Zwangsbedingungen der Form xi = R + Ox0i , i = 1, . . . , n, mit O ∈ SO(3) und R ∈R3 variabel sowie x0i ∈ R3 fest. Außerdem soll gelten; R hat damit die Bedeutung des Schwerpunktes. (3.28) P 0 i xi mi =0 Gleichung (3.28) besagt, daß das System als Ganzes eine Translation (R) und eine Rotation (O) ausführen kann, wegen x 0i = const. jedoch keine Relativbewegung der Massenpunkte gegeneinander stattfindet. Wir wollen durch Gleichung (3.28) eine Abbildung ϕ z definieren, die unsere Zwangsbedingungen wie im letzten Abschnitt beschreibt. Dazu parametrisieren wir die Drehungen durch Koordinaten q =(q1 , q2 , q3 ) ∈ Ωz ⊂ R3 ; ein Beispiel für eine solche Parametrisierung sind die drei Komponenten des Drehvektors (vgl. Aufgabe 1.6); eine Alternative hierzu sind die E ULERschen Winkel. Wir brauchen uns hier jetzt noch nicht festzulegen und definieren zunächst: ϕi (R, q) = R + O(q)x0i ; i = 1, . . . , n (3.29) und erhalten mit ϕz (R, q) = (ϕ1 (R, q), . . . , ϕn (R, q)) die Zwangsbedingung in Form einer injektiven (zeitunabhängigen) Abbildung ϕ z . Die L AGRANGE-Funktion L des Systems mit Zwangsbedingungen berechnen wir nun nach dem Schema des letzten Abschnitts: Es gilt Dϕz (R, q)(vR , vq ) = (Dϕ1 (R, q)(vR , vq ), . . . , Dϕn (R, q)(vR , vq )) . (3.30) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 90 Für die JACOBI-Matrizen Dϕi (R, q), (i = 1, . . . , n) finden wir: Dϕi (R, q)(vR , vq ) = 3 X ∂ϕi (R, q) ∂Rα α=1 α vR ∂ϕi (R, q) α + vq ∂q α 3 3 X X ∂O α 0 Bα vqα x0i , v x = vR + O = vR + α q i ∂q α=0 α=1 (3.31) wobei Bα durch die Gleichung Bα = O −1 ∂O ∂q α (3.32) definiert ist. An dieser Stelle müssen wir eine längere Diskussion der (q-abhängigen) linearen Abbildungen Bα einschieben: Zunächst gilt für die transponierten Abbildungen: Bαt = O −1 ∂O ∂q α t = ∂O t ∂q α (O −1 t ) = ∂O −1 ∂q α O (3.33) wegen O t = O −1 . Hieraus folgt: Bαt = ∂ ∂O O −1 · O − O −1 · α = − Bα α ∂q ∂q (3.34) Bα ist also schiefadjungiert, und es gibt einen eindeutig bestimmten (q-abhängigen) Vektor ωα mit Bα = A(ωα ). (3.35) Mit A wird wieder der Standardisomorphismus des R 3 auf die Menge der schiefadjungierten, linearen Abbildungen des R 3 bezeichnet. Wir differenzieren (3.34) noch einmal nach q β : 2 ∂O −1 ∂O ∂ −1 ∂O ∂ωα −1 ∂ O O = O + = A ∂q β ∂q β ∂q α ∂q β ∂q α ∂q β ∂q α =O −1 = O −1 ∂2O + ∂q α ∂q β ∂O −1 O ∂q β ∂2O − Bβ · Bα . ∂q α ∂q β O −1 ∂O ∂q α 3.6 Zwangsbedingungen 91 Hieraus folgt: ∂ωα ∂ωβ A − α = Bα Bβ − Bβ Bα = A ([ωα , ωβ ]) ∂q β ∂q (3.36) auf Grund von (3.35) und der Eigenschaft des Standardisomorphismus (vergl. Aufgabe 1.2): A(h)A(k) − A(k)A(h) = A([h, k]) für alle h, k ∈ R 3 . Wir schließen hieraus: ∂ωα ∂ωβ − α = [ωα , ωβ ] . ∂q β ∂q (3.37) Wir bemerken noch: Die Abbildungen B α und damit auch die Vektoren ωα sind linear unabhängig, weil die qα Koordinaten der Drehgruppe sein sollen. Diese Zwischenrechnung ergibt nach Gleichung (3.31): Dϕi (R, q)(vR , vq ) = vR + OA(ωvq )x0i , (3.38) mit ω vq = 3 X ωα vqα . (3.39) α=1 Jetzt sind wir in der Lage, Lz (R, q, vR , vq ) = L (ϕ̂z (R, q, vR , vq )) auszurechnen. Wegen (3.27) und (3.38) finden wir Lz (R, q, vR , vq ) = = X mi vR + OA(ωvq )x0i 2 − U (ϕz (R, q)) 2 i X mi vR + O[ωvq , x0i ]2 − U (ϕz (R, q)) 2 i = X mi i 2 (wegen A(ωvq )x0i =[ωvq , x0i ] und |vR |2 + P X mi ωvq , xo 2 − U (ϕz (R, q)) i 2 i 0 i mi xi = 0). 3 Das H AMILTONsche Prinzip 92 Die letzte Gleichung wird noch einmal umgeformt und ergibt für L die Gestalt Lz = M 1 |vR |2 + ωvq , θωvq − U (ϕz (R, q)) 2 2 mit dem Trägheitstensor θ: X θh = − mi x0i , x0i , h , für alle h ∈ R3 . (3.40) i Es ist nun sinnvoll, auch noch den Potentialterm U (ϕ z (R, q)) zu vereinfachen und als Funktion von R allein zu betrachten. Dies gilt in guter Näherung, falls |x 0i | klein gegen R, oder sogar exakt, falls z.B. X U= mi gx3i i P 0 das Potential der Teilchen im Schwerefeld der Erde darstellt. Wegen i mi xi = 0 3 folgt in der Tat U =U (R) = M gR . In beiden Fällen erhalten wir für die L AGRANGEFunktion Lz des starren Körpers das Resultat Lz (R, q, vR , vq ) = 1 M |vR |2 − U (R) + ωvq , θωvq . 2 2 Für die Diskussion der Bewegung des starren Körpers sind die Eigenschaften des Trägheitstensors θ entscheidend. Für alle h, k ∈ R 3 gilt: X X hh, θki = − mi hh, [x0i , [x0i , k]]i = − mi h[x0i , [x0i , h]], ki = hθh, ki, i i d.h. θ ist eine selbstadjungierte Abbildung des R 3 . Ferner ist X hh, θhi = mi h[x0i , h], [x0i , h]i ≥ 0 (3.41) i Befinden sich die x0i in allgemeiner Lage (notwendig hierfür ist n >3), was wir in der Folge voraussetzen wollen, so ist also nach (3.41) hh, θhi ≥ 0 und hh, θhi = 0 genau dann, wenn h = 0 gilt. θ ist also durch eine Drehung diagonalisierbar. Die Eigenwerte von θ seien mit Iα , die Eigenvektoren mit eα bezeichnet; es gilt also, daß: θeα = Iα eα , mit Iα > 0 (3.42) und daß die Vektoren eα eine Orthonormalbasis des R3 bilden. Man spricht von den eα auch als von den Hauptträgheitsachsen des starren Körpers und von den I α als den Hauptträgheitsmomenten des starren Körpers. 3.6 Zwangsbedingungen 93 3.6.2 Der starre K¨ orper: Bewegungsformen Die Bewegungsgleichungen erhalten wir als E ULER-L AGRANGE-Gleichungen von Lz : ∂Lz d ∂Lz (R, q, Ṙ, q̇) = (R, q, Ṙ, q̇) α dt ∂vR ∂Rα (3.43) d ∂Lz ∂Lz (R, q, Ṙ, q̇) = (R, q, Ṙ, q̇) α dt ∂vq ∂q α (3.44) (3.43) führt sofort auf M R̈ = − ∇U (R). (3.45) Der starre Körper führt also eine Translationsbewegung aus, bei dem der Schwerpunkt einer Bahnkurve folgt, deren Bewegungsgleichung genau wie die Gleichung eines einzigen Teilchens mit der Gesamtmasse M aussieht. Gleichung (3.44) lautet ausgeschrieben: 3 X d ∂ β hωα , θωq̇ i = ωβ q̇ , θωq̇ , dt ∂q α (α = 1, 2, 3) (3.46) β=1 mit ωq̇ = 3 X α=1 d ωα q̇ α = A−1 O −1 O . dt (3.47) Die zeitliche Differentiation wird ausgeführt und alle Terme auf einer Seite versammelt: X ∂ωα β ∂ωβ β d q̇ − q̇ , θω 0 = ωα , θωq̇ + q̇ dt ∂q β ∂q α β = ωα , d θωq̇ dt + h[ωα , ωq̇ ] , θωq̇ i wegen (3.37). Es folgt: d ωα , θωq̇ + [ωq̇ , θωq̇ ] = 0 dt (α = 1, 2, 3) (3.48) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 94 Wegen der linearen Unabhängigkeit der Vektoren ω α folgen die sog. E ULERschen Gleichungen d θωq̇ + [ωq̇ , θωq̇ ] = 0, dt (3.49) die noch durch die aus (3.47) folgende Gleichung d O = OA (ωq̇ ) . dt (3.50) ergänzt werden. Man erhält aus den E ULERschen Gleichungen leicht eine skalare und eine vektorielle Erhaltungsgröße: Offenbar gilt: d d 1 hωq̇ , θωq̇ i = ωq̇ , θωq̇ = 0, dt 2 dt d.h. 1 hωq̇ , θωq̇ i = T = const. 2 1 2 hωq̇ , θωq̇ i trat bereits in der L AGRANGE-Funktion L z auf und wurde aus der inneren kinetischen Energie des n-Teilchensystems errechnet. Wir bezeichnen T deshalb als innere kinetische Energie des starren Körpers. Die vektorielle Erhaltungsgröße finden wir wie folgt: Gleichung (3.49) hat die äquivalente Form: d d d −1 O θωq̇ , 0 = θωq̇ + A(ωq̇ )θωq̇ = θωq̇ + O dt dt dt d.h. d Oθωq̇ = 0. dt Es folgt also: Oθωq̇ = L0 = const. Wegen L0 = Oθωq̇ = − O =O X i mi X i mi x0i , [x0i , ωq̇ ] x0i , O −1 d Ox0i dt = X i mi Ox0i , d Ox0i dt stellt L0 offenbar den inneren Drehimpuls des starren Körpers dar. 3.6 Zwangsbedingungen 95 Die Bewegung des starren Körpers ist durch die Translation R(t) und die Drehung O(t) vollständig bestimmt. Die einzelnen Massenpunkte x i folgen den Bahnkurven xi = R(t) + O(t)x0i . Wir wollen jetzt O(t) für eine Reihe von Spezialfällen berechnen. Fall a: I1 = I2 = I3 = I Es gilt also θ =I · 1I und nach (3.49) folgt somit: d ωq̇ = 0, dt d.h. ωq̇ = ωq̇ (t = 0) = ω0 = const. Gleichung (3.50) lautet jetzt: d O = OA(ω0 ); dt d.h. O = O0 exp (A(ω0 )t) . Die konstante Drehung O0 können wir o.B.d.A. gleich 1I setzen; der Körper führt also eine gleichförmige Rotation um die Achse ω 0 mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit |ω0 | aus. ω0 ist allein durch die Anfangsgeschwindigkeit der Drehung bestimmt. Fall b: I1 = I2 6= I3 Wir schreiben mit den Hauptträgheitsachsen e µ : ωq̇ = ω 1 e1 + ω 2 e2 + ω 3 e3 und finden nach (3.49) das Gleichungssystem I1 d 1 ω + ω 2 ω 3 (I3 − I2 ) = 0 dt I3 d 3 ω + ω 1 ω 2 (I2 − I1 ) = 0 dt I2 d 2 ω + ω 3 ω 1 (I1 − I3 ) = 0. dt (3.51) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 96 Wegen I1 =I2 liefert die mittlere Gleichung sofort ω 3 (t) = ω 3 (0) = ω03 = const. Die beiden anderen Gleichungen ergeben d 1 ω + αω 2 = 0 dt (3.52) d 2 ω − αω 1 = 0 dt (3.53) mit α= I3 − I 1 3 ω0 . I1 Differenziert man (3.52) noch einmal und eliminiert man anschließend von (3.53), so folgt (3.54) d 2 dt ω mit Hilfe d2 1 ω + (α)2 ω 1 = 0, dt2 d.h. ω 1 = a cos(αt) + b sin(αt). Man verifiziert leicht a = ω 1 (0) = ω01 und b = −ω 2 (0) = ω02 auf Grund von (3.52). Diese Gleichung bestimmt jetzt auch ω 2 ; unser Endergebnis lautet also ω 1 (t) = ω01 cos(αt) − ω02 sin(αt) ω 2 (t) = ω01 sin(αt) + ω02 cos(αt). Insgesamt ergibt dies für ωq̇ : ωq̇ = ω03 e3 + cos(αt)(ω01 e1 + ω02 e2 ) + sin(αt)(−ω02 e1 + ω01 e2 ) = ω03 e3 + cos(αt)(ω01 e1 + ω02 e2 ) + sin(αt) e3 , (ω01 e1 + ω02 e2 ) . Dieses Ergebnis erlaubt die Schreibweise: ωq̇ = exp (αtA(e3 )) ω0 mit ω0 = ω01 e1 + ω02 e2 + ω03 e3 . (3.55) 3.6 Zwangsbedingungen 97 Für O(t) gilt somit nach (3.50) und (3.55) d O(t) = O(t)A (exp(αtA(e3 ))ω0 ) . dt (3.56) Man kann jetzt noch eine weitere Eigenschaft von A verwenden: Für alle h, k ∈ R 3 gilt A(h)k = [h, k], aber auch mit einer beliebigen Drehung B A(Bh)Bk = [Bh, Bk] = B[h, k] = BA(h)k. Es folgt A(Bh)B = BA(h), d.h. A(Bh) = BA(h)B −1 ; für (3.56) bedeutet dies d O(t) = O(t) exp (αtA(e3 )) A(ω0 ) exp (−αtA(e3 )) , dt (3.57) woraus für O 0 (t) = O(t) exp (αtA(e3 )) die Gleichung d 0 O (t) = O 0 (t)A(ω0 + αe3 ), dt (3.58) folgt. Somit gilt O 0 (t) = O0 exp (tA(ω0 + αe3 )) und wir erhalten als Endresultat für O(t): O(t) = O0 exp (tA(ω0 + αe3 )) exp (−αtA(e3 )) . Die gesuchte Drehung O(t) besteht also aus zwei Drehungen mit konstanter Winkelgeschwindigkeit und fester Achse, die hintereinander geschaltet sind. Die erste Drehung erfolgt um die Symmetrieachse e3 des starren Körpers, die zweite Drehung um eine freie wählbare Achse ω0 + αe3 , die durch die Anfangsgeschwindigkeit der Drehung bestimmt ist. (Auf diese Weise scheint der Körper zu taumeln. Man kann dieses Phänomen sofort sehen, wenn man einen zylinderförmigen Körper in die Luft wirft.) Fall c: I1 > I2 > I3 In diesem Fall benutzen wir die Erhaltungssätze |L0 |2 = hθωq̇ , θωq̇ i = const., (3.59) 2E = hωq̇ , θωq̇ i = const. (3.60) Ausgeschrieben lauten diese für ω 1 , ω 2 und ω 3 : (I1 )2 (ω 1 )2 + (I2 )2 (ω 2 )2 + (I3 )2 (ω 3 )2 = |L0 |2 , (3.61) I1 (ω 1 )2 + I2 (ω 2 )2 + I3 (ω 3 )2 = 2E. (3.62) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 98 Multipliziert man (3.62) mit I3 und subtrahiert die entstehenden Gleichungen, so folgt: I1 (I1 − I3 )(ω 1 )2 + I2 (I2 − I3 )(ω 2 )2 = |L0 |2 − 2EI3 . (3.63) Analog folgt: I1 (I1 − I2 )(ω 1 )2 + I3 (I3 − I2 )(ω 3 )2 = |L0 |2 − 2EI2 . (3.64) Hieraus ergibt sich (ω 2 )2 = β1 − β2 (ω 1 )2 (ω 3 )2 = β3 − β4 (ω 1 )2 mit Koeffizienten β1 , β2 , β3 und β4 , die aus (3.63) und (3.64) direkt gewonnen werden d 1 ω ein, so folgt können. Setzt man dies in die Gleichung (3.51) für dt I1 1 d 1 ω = (I2 − I3 ) β1 − β2 (ω 1 )2 β3 − β4 (ω 1 )2 2 . dt (3.65) Man kann diese Gleichung im Prinzip wieder mit einem von uns bereits mehrfach erprobten Verfahren lösen: Zunächst bestimmt man eine Stammfunktion F (x) von β1 − β2 (x)2 β3 − β4 (x)2 − 12 . Es gilt dann I2 − I 3 d 1 F ω (t) − t = 0, dt I1 d.h. I2 − I 3 t + F ω 1 (0) F ω 1 (t) = I1 und es folgt 1 ω (t) = F −1 I2 − I 3 1 t + F ω (0) . I1 Damit sind aber auch ω 2 , ω 3 und folglich ωq̇ bekannt. O(t) läßt sich ferner mit Hilfe von ωq̇ durch eine einfache Integration bestimmen. Leider gibt es hierfür keine analytische Formel mehr. 3.7 zyklische Koordinaten 99 Abschließend sollen noch einige Bemerkungen zum sog. körperfesten Koordinatensystem des starren Körpers nachgetragen werden, die an sich nichts zur Ableitung seiner Bewegungsformen beitragen. Dieses körperfeste Koordinatensystem ist durch ein rotierendes Achsenkreuz (O(t)e1 , O(t)e2 , O(t)e3 ) erklärt, das die Drehung des starren Körpers mitvollzieht. Nach Abschnitt 1.4.3 haben alle Vektoren h bezüglich dieses Achsenkreuzes die Gestalt: hk = O −1 (t)h (k steht für körperfest). (3.66) Die letzte Gleichung erlaubt eine ansprechende Interpretation speziell für ω q̇ . Es gilt zunächst: ẋi = Ṙ + Ȯx0i = Ṙ + ȮO −1 Ox0i = Ṙ + [ω, Ox0i ] mit A(ω) = ȮO −1 . ω(t) ist somit die momentane Winkelgeschwindigkeit von x i . Sie hängt mit ωq̇ wie folgt zusammen: A(ω) = ȮO −1 = O(O −1 Ȯ)O −1 = OA(ωq̇ )O −1 = A(Oωq̇ ), d.h.: ωq̇ = O −1 ω. (3.67) Nach (3.66) ist ωq̇ somit die Winkelgeschwindigkeit im körperfesten System. Entsprechend ist L0k = θωq̇ der innere Drehimpuls im körperfesten System. Die konstan” te“innere Energie E erlaubt jetzt mehrere äquivalente Schreibweisen: 1 1 1 1 E = hωq̇ , θωq̇ i = hωq̇ , L0k i = hω, OθO −1 ωi = hω, L0 i. 2 2 2 2 Insbesondere folgt hieraus die interessante Tatsache, daß das Skalarprodukt zwischen ω(t) und dem konstanten Vektor L0 ebenfalls konstant ist. 3.7 Separable L AGRANGE-Funktionen und zyklische Koordinaten Wir betrachten ein dynamisches System (mit oder ohne Zwangsbedingungen), dessen Bewegungen durch die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion 3 Das H AMILTONsche Prinzip 100 L(q, v, t) beschrieben wird. Mit q = (q 1 , . . . , q m ) seien generalisierte Koordinaten bezeichnet, die ggf. schon die Zwangsbedingungen wie in Abschnitt 3.5 berücksichtigen; die Unterscheidung zwischen q und q (sowie zwischen L, L 0 und L00 ) lassen wir deshalb von jetzt an fallen. Die Koordinate qα Definition 1: heißt zyklisch, falls ∂L (q, vq , t) = 0. ∂q α Für eine zyklische Koordinate gilt auf Grund der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen: d ∂L ∂L (q, vq , t) = α (q, vq , t) = 0, α dt ∂vq ∂q d.h. ∂L (q, vq , t) = const. ∂vqα Zu jeder zyklischen Koordinate gehört also ein Integral der Bewegung. Beispiel 3.4 — Teilchen im Zentralpotential Für L(r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = 1 2 vr + r 2 (vr2 + sin2 θ vφ2 ) − V (r). 2 (Teilchen im kugelsymmetrischen Kraftfeld) ist φ zyklisch, d.h. ∂L = mr 2 sin2 θ φ̇ = const. ∂vφ (Drehimpulserhaltung) Im Idealfall sind alle Koordinaten zyklisch: L = L(q̇, t). 3.7 zyklische Koordinaten 101 In diesem Fall gilt: ∂L (q̇, t) = cα . ∂vqα ∂L ∂vqα (q̇, t) kann nach q̇ aufgelöst werden: q̇ α (t) = f α (t, c), woraus sofort folgt: α α q (t) = q (0) + Zt dt0 f α (t0 , c). 0 Die Konstanten cα berechnet man aus den Anfangswerten: q̇ α (0) = f α (0, c). Ein System, das durch zyklische Koordinaten allein beschrieben werden kann, heißt integrabel. Definition 2: L heißt separabel , falls L(q, vq , t) = L1 (q1 , vq1 , t) + L2 (q2 , vq2 , t) mit q = (q1 , q2 ) und vq = (vq1 , vq2 ); d.h. die Vektoren q1 = (q 1 , . . . , q k ) und q2 =(q k+1 , . . . , q n ) sollen die ersten k− bzw. die letzten (n − k)− Koordinaten von q zusammenfassen. Beispiel 3.5 — Zweiteilchensystem mit kugelsymmetrischer Wechselwirkung M µ |vR |2 + |vy |2 − V (|y|) 2 2 Es gilt offenbar: L= L = L 1 + L2 3 Das H AMILTONsche Prinzip 102 mit L1 = M |vR |2 , 2 L2 = µ |vy |2 − V (|y|). 2 L heißt vollständig separabel, falls L= m X α=1 Lα (q α , vqα , t). In diesem Idealfall sind nur eindimensionale Probleme zu lösen: d ∂Lα α α ∂Lα α α (q , q̇ , t) = (q , q̇ , t); α dt ∂vq ∂q α α = 1, . . . , m. α Falls zusätzlich ∂L ∂t = 0 gilt, gelingt die Lösung immer mit Hilfe des Erhaltungssatzes nach Lemma 3: q̇ α ∂Lα α α (q , q̇ , t) − Lα (q α , q̇ α , t) = cα , ∂vqα der nach q̇ α aufgelöst eine Gleichung der Form q̇ α =1 fα (q α , c) ergibt. Für eine Stammfunktion Fα (x) von (fα (x, c))−1 gilt also: d (Fα (q α (t)) − t) = 0, dt d.h. Fα (q α (t)) = t + Fα (q α (0)) oder, wenn Fα−1 die Umkehrfunktion von Fα bezeichnet: q α (t) = Fα−1 (t + Fα (q α (0))) . Die Konstante c muß jetzt wieder durch den Anfangswert q̇ α (0) bestimmt werden. Separabilität der L AGRANGE-Funktion und die Eigenschaft der Koordinaten, zyklisch zu sein, sind die allgemeinen Bedingungen, die optimal angepaßte generalisierte Koordinaten eines mechanischen Systems auszeichnen. 3.8 Wechsel des Zeitparameters 103 3.8 Eine Variante des H AMILTONschen Prinzips: Wechsel des Zeitparameters Wir betrachten wieder eine allgemeine L AGRANGE-Funktion L(q, v q , t) sowie das zugehörige Wirkungsfunktional Zt2 S= t1 L(q, q̇, t) dt. für die Kurve q(t) = (q 1 (t), . . . , q m (t)). Wir nehmen an, daß die Koordinatenfunktion q m (t) im Integranden nach t aufgelöst werden kann, d.h. t = t(q m ) wird eine Funktion von q m . Ebenso werden q und q̇ Funktion von q m . Wir setzen t0 = dqdm t(q m ) und finden zunächst: d q = q̇ t0 . dq m q0 = (Beachte q m0 = 1!). Für S bedeutet dies: S= qm Z (t2 ) L(q, q 0 /t0 , t) t0 dq m , (3.68) q m (t1 ) d.h. die Integration über t kann durch eine Integration über q m ersetzt werden. S kann als Wirkungsfunktional der Variablen q =(q 1 , . . . , q m−1 , t) sowie der Geschwindigkeiten vq = (v 1q , . . . , v qm−1 , v t ) geschrieben werden, mit einer neuen L AGRANGE-Funktion: L0 (q, vq , q m ) = v t L(q, vq , t) . m−1 1 vq =(v q /v t ,...,v q /v t ,1/v t ) Dann gilt nämlich qm Z (t2 ) q m (t1 ) L0 (q, q 0 , q) dq m = qm Z (t2 ) L(q, q 0 /t0 , t) t0 dq m = S. q m (t1 ) Die Eigenschaft einer Kurve, Extremum von S zu sein, hängt hiervon nicht ab; also müssen auch für L0 die E ULER-L AGRANGEgleichungen gelten: d ∂L0 ∂L0 0 m (q, (q, q 0 , q m ), q , q ) = dq m ∂v αq ∂q α α = 1, . . . , m. (3.69) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 104 Differenziert wird hier allerdings nach q m , und man erh¨alt als Lösung die ersten (m − 1)-Koordinaten von q sowie die Zeit t als Funktionen von q m . Es findet also ein Wechsel in der Kurvenparametrisierung statt: q m ersetzt t. Besonders nützlich ist dieser Wechsel der Kurvenparametrisierung, wenn L keine Funktion der Zeit ist und die Koordinaten q 1 , . . . , q m−1 zyklisch sind. In diesem Fall gilt also L = L(q m , vq ) und damit ist 0 m (3.70) L = v t L(q , vq ) m−1 1 vq =(v q /v t ,...,v q /v t ,1/v t ) Also ist L0 zyklisch in allen Koordinaten q und damit nach den Ergebnissen des letzten Abschnitts integrabel. Beispiel 3.6 — Bewegung eines geladenen Teilchens im konstanten Magnetfeld. O.B.d.A sei nur die z-Komponente von B von Null verschieden. Die L AGRANGE-Funktion lautet: m 2 |v| + q|B|vy x. 2 L= Wir ersetzen t durch x als Kurvenparameter und finden nach Formel (3.70) mit q = (y, z, t) und vq = (v y , v z , v t ): L0 = m 2 v y + v 2z + 1 + q|B|v y x. 2v t Alle Koordinaten sind zyklisch; Es gilt also: ∂L0 0 0 0 m (y , z , t , x) = 0 y 0 + q|B|x = am = const., ∂v y t m ∂L0 0 0 0 (y , z , t , x) = 0 z 0 = bm = const., ∂v z t ∂L0 0 0 0 m 2 c2 m 2 (y , z , t , x) = − 0 2 y 0 + z 0 + 1 = − = const. ∂v t 2 2t Hieraus folgt mit ω = q|B|/m t0 −2 + (ωx − a)2 + b2 = c2 , 3.9 Der schwere Kreisel 105 d.h. c2 >b2 und t0 = c2 − b2 − (ωx − a)2 Also gilt: − 1 2 . t= 1 1 arcsin (ωx − a)(c2 − b2 )− 2 + const. ω x= 1 1 2 (c − b2 ) 2 sin(ωt + φ0 ) + a . ω oder Ferner gilt: d.h. y 0 = − (ωx − a)t0 = − (ωx − a) c2 − b2 − (ωx − a)2 . y = c2 − b2 − (ωx − a)2 21 +d= p c2 − b2 cos(ωt + φ0 ) + d mit konstantem d ∈ R. Zum Schluß folgt noch aus z = bt + z0 , z0 t0 = b, daß z0 = const. gelten muß. Wir finden also die Spiralbewegung wieder, die wir im Abschnitt 2.5 abgeleitet hatten. 3.9 Der schwere Kreisel Im Abschnitt 3.6.1 haben wir die L AGRANGE-Funktion eines starren Körpers im konstanten Schwerefeld gefunden: L= M 1 |vR |2 − M ghez , Ri + hωvq , θωvq i. 2 2 L wurde mittels der Zwangsbedingungen xi = R + Ox0i , (i = 1, . . . , n), x0i = const. für die Massenpunkte xi , aus denen der starre Körper besteht, hergeleitet. R bezeichnet den Schwerpunkt, und O ist eine Drehung, die von drei Parametern q 1 , q 2 , q 3 abhängt, die wir zunächst nicht näher spezifiziert haben. Der Trägheitstensor θ wird durch die 3 Das H AMILTONsche Prinzip 106 für alle h ∈ R3 gültige Gleichung θh = − X mi [x0i , [x0i , h]] i definiert, und es gilt ferner: [ωvq , h] = 3 X ∂O h vqα . ∂q α O −1 α=1 Wir halten jetzt unseren starren Körper am Punkt x 1 = 0 fest, d.h. für den Schwerpunktsvektor gilt in diesem Koordinatensystem R = − Ox01 = Oa, (a = const.). In einer solchen Situation nennt man unseren starren Körper einen schweren Kreisel . Der Schwerpunkt R wird also einer Zwangsbedingung ϕ z unterworfen: R = ϕz (q 1 , q 2 , q 3 ) = O(q 1 , q 2 , q 3 )a (3.71) und es gilt: Dϕz (q)(vq ) = X OO −1 α ∂O a vqα = O ωvq , a . α ∂q Die L AGRANGE-Funktion L0 , die diese neue Zwangsbedingung berücksichtigt, erhalten wir nach 3.6 aus L durch Ersetzen von R durch Oa und v R durch Dϕz (q)(vq ). Es ergibt sich sofort: L0 = = mit 2 1 M ωvq , a − M ghez , Oai + ωvq , θωvq 2 2 1 ωvq , θωvq − M ghez , Oai 2 (3.72) θh = θh − M [a, [a, h]]. Falls der starre Körper symmetrisch ist, d.h. falls θ die Hauptträgheitsmomente I1 =I2 = α, I3 =β besitzt, und falls der Stützpunkt auf der Symmetrieachse liegt, d.h. 3.9 Der schwere Kreisel 107 falls a ein Eigenvektor von θ mit Eigenwert β ist, so zeigt man, indem man h in die Orthonormalbasis der Eigenvektoren (e 1 , e2 , e3 ) von θ entwickelt, leicht: θh = µh + νe3 he3 , hi, wobei gilt: µ = α + M |a|2 , ν = β − α − M |a|2 , e3 = a . |a| Unter der vereinfachenden Annahme des symmetrischen Kreisels folgt somit für L 0 : L0 = µ 2 ν e3 , ωvq − M g|a|he3 , Oe3 i. ω vq + 2 2 (3.73) Diese L AGRANGE-Funktion wollen wir jetzt explizit berechnen, indem wir zur Parametrisierung von O E ULERsche Winkel benutzen (siehe auch die Übung 3.13). Wir schreiben dazu O als Produkt von vier Drehungen O = O 1 O3 O2 O0 , (3.74) wobei O0 = const. lediglich dazu dient, die Bedingung O 0 e3 = ez zu erfüllen; die E ULERschen Winkel q i parametrisieren die Drehungen Oi : O1 = exp(q 1 A(ez )), O3 = exp(q 3 A(ex )), O2 = exp(q 2 A(ez )). (3.75) Die Vektoren ex , ey , ez bezeichnen wie üblich ein (raumfestes) Achsenkreuz. Hieraus folgt sofort hez , Oe3 i = cos(q 3 ). Zu berechnen sind noch |ωvq |2 und he3 , ωvq i. Zunächst findet man O −1 ∂O h = [ωα , h] ∂q α mit ω1 = O0−1 O2−1 O3−1 ez , ω2 = O0−1 ez , woraus |ωα | = 1, hω1 , ω2 i = cos(q 3 ) ω3 = O0−1 O2−1 ex , 3 Das H AMILTONsche Prinzip 108 sowie hω3 , ω1 i = hω2 , ω3 i = 0 folgt. Hieraus ergibt sich |ωvq |2 = 3 X α,β=1 hωα , ωβ ivqα vqβ = 3 X (vqα )2 + 2 cos(q 3 )vq1 vq2 , α=1 sowie e 3 , ω vq = vq2 + vq1 cos(q 3 ). Für L0 findet man hieraus die folgende Form: 2 X 1 gαβ vqα vqβ + µ(vq3 )2 − κ cos(q 3 ), L0 = 2 (3.76) α,β=1 mit κ = M g|a| und g11 = ν cos2 (q 3 ) + µ, g22 = µ + ν, g12 = g21 = (µ + ν) cos(q 3 ). (3.77) L0 hängt explizit nur von q 3 ab. Nach 3.8 bietet sich daher eine Beschreibung der Bahnkurven mit Hilfe des Kurvenparameters q 3 an. Wir wählen somit als Variable 0 q = (q 1 , q 2 , t) und berechnen L (q, vq ) nach der Vorschrift des Abschnitts 3.8: 0 L (q, vq ) = v t L0 (q, vq ) 1 2 vq =(v q /v t ,v q /v t ,1/v t ) = 1 2v t 2 X α,β=1 gαβ v α v β + µ − κ cos(q 3 )v t . (3.78) In der neuen Parametrisierung sind alle Koordinaten zyklisch, d.h. 0 2 ∂L 1X 0 (q, q ) = 0 gαβ q 0β = hα = const., ∂v αq t α = 1, 2 β=1 0 1 ∂L (q, q 0 ) = − 02 ∂v t t 2 X α,β=1 gαβ q 0α q 0β + µ − κ cos(q 3 ) = − E = const. 3.9 Der schwere Kreisel 109 (3.79) Mit q 0 und t0 werden wie im Abschnitt 3.8 die Ableitungen nach q 3 bezeichnet. Die formale Lösung dieser Gleichung erhält man jetzt wie folgt: Mit der Bezeichnung g αβ für die zu gαβ inverse Matrix gilt: q 0α = t0 2 X g αβ hβ β=1 Einsetzen dieses Ausdrucks in (3.79) liefert dann 2 1 X αβ 1 µ E − κ cos(q ) − g hα hβ = 02 . 2 2t 3 α,β=1 In der letzten Zeile muß die linke Seite als Funktion von q 3 stets größer Null sein. Diese Forderung schränkt den Bereich in dem die Variable q 3 variiert, i.a. auf ein endliches Intervall ein. In diesem Intervall gilt also in der Form von unbestimmten Integralen: t(q 3 ) = ± α 3 q (q ) = Z r Z − 1 2 1 µ dq 3 E − κ cos(q 3 ) − g αβ hα hβ + const., 2 2 dq 3 2 X g αβ hβ t0 (q 3 ) + const. (3.80) β=1 Die Bahnkurven unseres schweren Kreisels sind jetzt vollständig bestimmt. Wir wollen versuchen, die Bewegung kurz zu veranschaulichen, und betrachten die Drehung O1 O3 O2 O0 : O0 dreht die Symmetrieachse in die raumfeste Richtung e z , und O2 versetzt den ganzen Körper in eine Drehung um diese Achse; O 3 dreht diese Achse um eine hierzu senkrechte Richtung, der Körper verbeugt sich (Nutation ); O 1 dreht gleichzeitig den Körper um die Achse e z , die Symmetrieachse wird damit während der Verbeugung noch einmal um ihre ursprüngliche Richtung bewegt (Pr äzession ). Falls die Variation von q 3 wie oben erwähnt auf ein endliches Intervall beschränkt ist, muß die Nutation periodisch verlaufen; der schwere Kreisel nickt nur ein wenig. Ansonsten entartet die Verbeugung in ständiges Überschlagen aus. Reminiszenzen an frühe Kindheitstage seien hier ausdrücklich empfohlen. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 110 3.10 Ein Extremalprinzip für beliebige Kurvenparameter Wir haben in Abschnitt 3.8 die Bahnkurven eines dynamischen Systems als Funktion einer speziellen Koordinate, die die Zeit ersetzte, betrachtet und hierfür eine L AGRANGE-Funktion hergeleitet. Diese Koordinate hatte eine je nach Problem verschiedene Bedeutung, wie die beiden Beispiele zeigten. Hierauf muß man nicht unbedingt bestehen, ja man kann die Parametrisierung der Bahnkurven vollständig frei wählen; der Preis besteht darin, daß man die Zeit und eine ihr zugeordnete eigene Geschwindigkeit als eigenständige Variablen einführen muß. Der Einfachheit halber wollen wir dies am Beispiel eines einzigen Teilchens illustrieren, dessen Dynamik durch die L AGRANGEfunktion L(x, v, t) bestimmt sei. Die Wirkung S ist damit S= Zt2 t1 L(x(t), ẋ(t), t) dt. Wir setzen t = x0 (τ )/c, wobei c eine Konstante mit der Dimension einer Geschwindigkeit ist und x0 (τ ) eine beliebige Funktion eines reellen Parameters τ mit der Ableitung 0 x0 (τ ) 6= 0 bezeichnet. In der Praxis ist c meist die Lichtgeschwindigkeit. Es gilt zunächst 0 t0 = x0 (τ ) c und ẋ = x0 c, x0 0 (3.81) woraus (falls ti = x0 (τi )/c für i = 1, 2) S= Zτ2 τ1 x0 (τ ) x0 (τ ) L x(τ ), 0 0 c, c x (τ ) 0 x0 (τ ) dτ c (3.82) durch eine elementare Transformation des Integrals folgt. Wir fassen jetzt x und x 0 zu einem Vektor x = (x0 , x1 , x2 , x3 ) ∈ R4 zusammen und führen einen entsprechenden Geschwindigkeitsvektor v = (v 0 , v 1 , v 2 , v 3 ) ∈ R4 ein. In der L AGRANGE-Funktion L ersetzen wir jetzt t durch x0 /c und v i durch cv i /v 0 und multiplizieren mit v 0 /c. Wir erhalten eine Funktion 1 v 2 v 3 x0 v 0 0 1 2 3 v L (x, v) = L x , x , x , c 0 , c 0 , c 0 , (3.83) v v v c c 3.10 Beliebige Kurvenparameter 111 der vektoriellen Variablen x und v, für die, wie ein direkter Vergleich mit der Formel (3.82) für S sofort zeigt, die Gleichung S= Zτ2 τ1 L0 x(τ ), x0 (τ ) dτ (3.84) gilt. Die Extremalkurven von S sind also durch die E ULER-L AGRANGEgleichungen mit L 0 als L AGRANGEfunktion bestimmt, d.h. es gilt für die Bahnkurven d ∂L0 ∂L0 0 x(τ ), x (τ ) = x(τ ), x0 (τ ) , µ µ dτ ∂v ∂x (µ = 0, . . . , 3). (3.85) Von Bedeutung ist dieses Resultat nur, wenn physikalische Gründe dazu zwingen, Raum und Zeit in gleicher Weise zu behandeln. Diese Situation tritt tatsächlich in der Elektrodynamik auf. Zunächst ergibt sich für die Bewegung eines Teilchens im elektromagnetischen Feld die L AGRANGEfunktion L(x, v, t) = − mc 2 |v|2 1− 2 c 12 q + hA(x, t), vi − qΦ(x, t), c (3.86) wobei die vektorwertige Funktion A(x, t) das Vektorpotential und die Funktion Φ(x, t) das skalare Potential des elektromagnetischen Feldes bezeichnen, c ist die Lichtgeschwindigkeit. Wir wollen jetzt L 0 wie in (3.83) berechnen. Das Resultat erhält eine besonders einfache Form, wenn wir ein Skalarprodukt h·, ·i in R 4 erklären: hh, ki = h0 k 0 − 3 X hi k i , (3.87) i=1 und A und Φ zu einem Vektorfeld im R4 zusammenfassen: A = (A0 , A1 , A1 , A3 ), A0 = Φ Wir finden dann für L0 : 1 q L0 (x, v) = − mchv, vi 2 − hA, vi c (3.88) sowie S= Zτ2 τ1 h i 1 q − mchx0 , x0 i 2 + hA, x0 i dτ. c (3.89) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 112 Falls A = 0 gilt wird ein freies Teilchen beschrieben; in diesem Fall ist L invariant unter den Transformationen x → Λx + a, v → Λv, wobei a ∈ R4 und Λ eine Isometrie des R4 bezüglich des oben definierten Skalarproduktes h·, ·i ist. Durch den Vektor a wird eine Raum-Zeit-Translation erzeugt. Λ kann eine gewöhnliche Drehung des dreidimensionalen Raums sein; erlaubt ist aber z.B. auch (α ∈ R): (Λh)0 = cosh(α)h0 + sinh(α)h1 (Λh)1 = sinh(α)h0 + cosh(α)h1 (Λh)i = hi (i = 2, 3). Überraschenderweise liegt keine Invarianz bezüglich der gewöhnlichen G ALILEIboosts vor. Diese werden vielmehr durch die letztgenannten neuen Transformationen ersetzt, die explizit Raum und Zeit mischen. Die Isometrien des R 4 bilden insgesamt eine Gruppe, die sog. L ORENTZ-Gruppe . Nimmt man die Raum-Zeit- Translation hinzu, so erhält man die sog. P OINCAR É-Gruppe . Sie wird, wie die volle G ALILEIGruppe , durch 10 reelle Parameter beschrieben (vergl. Übung 3.15). Die L AGRANGE-Funktion (3.88) beschreibt noch nicht die zusätzliche Wechselwirkung unseres Teilchens mit dem Gravitationsfeld. Würde man schlicht ein N EWTONsches Gravitationspotential hinzuaddieren, so erhielte man ein nur für kleine Geschwindigkeiten gültiges Resultat. Die korrekte Lösung dieses Problems wurde von E INSTEIN durch folgende, verblüffend einfache Modifikation von (3.88) erreicht (siehe auch Übung 3.14): Zunächst wird die konstante Raum-Zeit-Metrik in R 4 ortsabhängig modifiziert, indem man folgende Ersetzung vornimmt: hh, ki → g(x)(h, k) = 3 X gµν (x)hµ kν (3.90) µ,ν=0 für alle Vektoren h, k ∈R4 , und entsprechend schreibt man: 1 q L0 = − mc (g(x)(v, v)) 2 − g(x)(A(x), v) c (3.91) Diese Ersetzung kann offenbar geometrisch so gedeutet werden, daß Längen- und Zeitmessungen nicht universell definiert sind, sondern von der Position des Beobachters abhängen. Ein einfaches Beispiel soll uns eine solche Situation illustrieren: Ein Käfer, 3.11 Nebenbedingungen 113 der über eine unregelmäßig beheizte Platte kriecht, sei mit einem temperaturempfindlichen Längenmaßstab ausgestattet. Er wird für ein und dieselbe Kurve unterschiedliche Längen messen, je nachdem, wie die Temperatur auf seinem Weg variiert. E INSTEIN postuliert nun, daß diese Situation für alle Beobachter in der Raum-Zeit im übertragenen Sinn ebenfalls zutrifft, nämlich daß die Wirkung der Gravitation genau einer Verzerrung der Längen- und Winkelmaßstäbe entspricht (Allgemeine Relativit ätstheorie ). Entscheidend ergänzt wurde diese Vorstellung von ihm durch Angabe einer Feldgleichung, die die Metrik g(x) in Beziehung zum Energieinhalt der Raum-Zeit setzt. 3.11 Noch eine Variante des H AMILTONschen Prinzips: Nebenbedingungen Wir kehren jetzt zum H AMILTONschen Prinzip in seiner ursprünglichen Formulierung zurück und betrachten die L AGRANGEfunktion 0 L (x, v, λ1 , . . . , λr , t) = L(x, v, t) + r X i=1 λi ϕi (x, t) (x, v ∈ Rm , λi ∈ R), (3.92) wobei ϕi , (i = 1, . . . , r) eine reellwertige Funktion ist, die wir eine Nebenbedingung nennen wollen. L0 weist die Besonderheit auf, daß keine Abhängigkeit von den zu λ i gehörenden Geschwindigkeiten auftritt, d.h. ∂L0 = 0. ∂vλi (3.93) Bei einer Gesamtvariation der vollen Wirkung von L 0 , die auch die Variation der Parameter λi einschließt, gelten natürlich wieder die E ULER-L AGRANGE- Gleichungen: ∂L0 d ∂L0 (x(t), ẋ(t), λ (t), . . . , λ (t), t) = (x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t) 1 r dt ∂v i ∂xi (i = 1, . . . , m) ∂L0 d ∂L0 (x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t) = (x(t), ẋ(t), λ1 (t), . . . , λr (t), t) dt ∂vλi ∂λi (i = 1, . . . , r) die wir hier lediglich nach den Variablen x und λ getrennt aufgeschrieben haben. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 114 Die ersten Gleichungen liefern in kompakter Notation wegen (3.92): r X x x d v λi ∇ ϕi (x, t), ∇ L(x, ẋ, t)− ∇ L(x, ẋ, t) = dt (3.94) i=1 die weiteren Gleichungen ergeben wegen (3.93): ϕi (x, t) = 0 (i = 1, . . . , r) (3.95) Wir nehmen jetzt an, daß durch die letzten Gleichungen eine (zeitlich veränderliche) Hyperfläche im Rm definiert wird, d.h. W = {x ∈ Rm , ϕi (x, t) = 0, i = 1, . . . , r} ist offen, und es gibt eine offene Teilmenge W z ∈ Rk und eine injektive C ∞ Abbildung: ϕtz : Wz → Rm mit ϕtz (Wz ) = W. Die Punkte in Wz bezeichnen wir mit q = (q 1 , . . . , q k ) und bemerken: (a) Wegen ϕi ϕtz (q), t = 0 gilt für die Vektoren ∂ϕtz t ϕ (q), t (q) und ∇ϕ i z ∂q α auf Grund der Kettenregel t ∂ϕz t = 0. (q), ∇ϕi ϕz (q), t ∂q α (3.96) Gleichzeitig spannen die Vektoren den gesamten R m auf. (b) Für jede Lösungskurve von (3.94) und (3.95) gilt x(t) = ϕ tz (q(t)); wegen der Injektivität von ϕtz ist q(t) eine eindeutig bestimmte Kurve in W z . (c) Wegen (3.96) steht für eine solche Kurve jeder Summand der rechten Seite von Gleichung (3.94) orthogonal auf den Vektoren ∂ϕtz (q(t)) ∂q α 3.11 Nebenbedingungen 115 d.h. für q̃(t) : =ϕtz (q(t)) gilt x d v d d ∂ϕtz (q(t)) , =0 ∇ L q̃(t), q̃(t), t − ∇ L q̃(t), q̃(t), t ∂q α dt dt dt (α = 1, . . . , k) (3.97) Gleichung (3.94) kann also nach den Parametern λ i aufgelöst werden, wobei die Eindeutigkeit der Lösung nicht garantiert ist und auch nicht von uns verlangt wird. Die Gleichungen (3.97) für die Kurve q(t) in W z sind also die eigentlichen Bestimmungsgleichungen für unsere Bahnkurven. Wir betrachten jetzt die L AGRANGE-Funktion Lz (q, vq , t), die nach Abschnitt 3.6 mit Hilfe von ϕ̂ tz aus L gewonnen wird: Lz (q, vq , t) = L(ϕ̂tz (q, vq ), t). Es ist eine leichte Übung, mit Hilfe der Kettenregel die Identität t x d d d v ∂ϕz (q(t)) , ∇ L q̃(t), q̃(t), t − ∇ L q̃(t), q̃(t), t ∂q α dt dt dt = d ∂Lz ∂Lz (q(t), q̇(t), t) − α (q(t), q̇(t), t) α dt ∂vq ∂q zu zeigen. (3.97) ist also E ULER-L AGRANGE-Gleichung zu L z und Lz ist exakt die L AGRANGE-Funktion zur Zwangsbedingung ϕ tz , wie sie in Abschnitt 3.6 von uns formuliert wurde. Wir haben also in diesem Abschnitt eine alternative Formulierung von Zwangsbedingungen in einem Variationsprinzip gefunden, das zunächst mit Hilfe von zusätzlichen Variablen λi (den sog. L AGRANGE-Multiplikatoren ) arbeitet; diese Variablen können auf rein algebraischem Wege aus den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen bestimmt werden. Die eigentlich relevanten Bewegungsgleichungen ergeben sich danach wie in Abschnitt 3.6. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 116 Aufgabe 3.1 — Potentiale und Kräfte Sei Y ∈ C ∞ (Rn , Rn ) ein Vektorfeld. Falls Y = − ∇U , U ∈ C ∞ (Rn , R), so heißt U Potential von Y . a) Zeigen Sie: Notwendig und hinreichend für die Existenz eines Potentials ist für alle u, v ∈ Rn die Bedingung: Dv hY, ui − Du hY, vi = 0. b) Zeigen Sie: Für Y = − ∇U hängt das Integral Zt 0 dt0 hY (x(t0 )), x(t0 )i nicht von der speziellen Kurve ab, die x(t) mit x(0) verbindet. c) Sei U Potential von Y , x0 Gleichgewichtspunkt der Bewegungsgleichung mẍ = Y (x). Zeigen Sie: Die Bewegungen um den Gleichgewichtspunkt bleiben in linearer Näherung genau dann stabil, wenn ∂2 U (x) ∂xα ∂xβ x=x0 positiv definit ist. d) Zeigen Sie: Die Kraft K =[h, x] (h, x ∈ R 3 ) besitzt kein Potential. e) Die Komponente der Kraft K in Richtung µ 0 sei gegeben durch K µ0 = 3 X µ1 ...µn cµ0 µ1 ...µn xµ1 · · · xµn Zeigen Sie: K besitzt genau dann ein Potential, wenn c µ0 µ1 ...µn symmetrisch in allen Indizes µ0 . . . µn ist. P f) Für ein n-Teilchensystem sei U = i<j fij (|xi − xj |) Berechnen Sie die Kraft Ki = − ∇ i U . Übungen 117 g) Sei v, x ∈ R3 , L(x, v) ∈ R. Gegeben sei die L AGRANGE-Funktion: L(x, v) = m 2 v + αhv, [x, B]i. 2 Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichung für L. Wie muß α gewählt werden, damit die Bewegung eines Teilchens mit Ladung q im konstanten Magnetfeld B beschrieben wird? Aufgabe 3.2 — Periodische Kräfte, Gleichgewichtslagen Gegeben sei eine periodisch von Ort x abhängende Kraft F (x), wie sie z.B. in einem Festkörper vorkommen kann, F (x) = λ sin(αx), λ, α > 0. Dabei ist λ ein Maß für die Stärke der Kraft und α z.B. in einem Festkörper ein Maß für den Abstand der Kraftzentren. F (x) m αx Abbildung 3.1: Periodische Kraft a) Stellen Sie die eindimensionale Bewegungsgleichung für ein Teilchen der Masse m unter dem Einfluß der Kraft F (x) auf. b) Bestimmen Sie das zu F (x) gehörende Potential V (x) und die Gleichgewichtspunkte xs , d.h die Punkte xs mit F (xs ) = 0. Bestimmen Sie die Punkte stabilen bzw. instabilen Gleichgewichts. Hinweis: Siehe Übung 3.1.c. c) Linearisieren Sie die Differentialgleichung in der Nähe der Gleichgewichtspunkte durch den Ansatz x = xs + z und führen Sie diese auf ein System von Differenti z zurück. algleichungen erster Ordnung in y = v d) Bestimmen Sie die Lösungen y(t) mit den Anfangsbedingungen z(0) = z 0 , ż(0) = v0 und untersuchen Sie die Stabilität der Bahnen. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 118 Gegeben sei jetzt ein Zweiteilchensystem mit (zur Vereinfachung) gleichen Massen m, zwischen denen zusätzlich eine Kraft G12 = κ (x1 − x2 ), G21 = κ (x2 − x1 ) κ<0 wirke. Dabei ist κ ein Maß für die Stärke der Kraft. Ohne diese zusätzliche Kraft (d.h. für κ = 0) folgen für die einzelnen Teilchen die gleichen stabilen Lagen, wie in Teilaufgaben a) - d) berechnet. Schaltet man jedoch die Kraft zwischen den Teilchen ein (κ < 0 ist eine anziehende Kraft) so existieren bis auf Verschiebungen um ein Vielfaches von 2π/α nur noch endlich viele, verschiedene stabile Lösungen. Das soll im folgenden untersucht werden. e) Zeigen Sie, daß die eindimensionale Bewegungsgleichung für das Teilchensystem unter den Einfluß der Kräfte F , G12 und G21 gegeben ist durch: mẍ1 = κ (x1 − x2 ) + λ sin(αx1 ) mẍ2 = − κ (x1 − x2 ) + λ sin(αx2 ). f) Finden Sie die Gleichgewichtspunkte x 1s , x2s ; zeigen Sie, daß folgende Gleichungen gelten (n ∈Z): αλ sin(αx1s ) = 2κ (nπ − αx1s ) αx2s = 2nπ − αx1s (Fall A) αλ sin(αx1s ) = κ (2n + 1)π αx2s = (2n + 1)π + αx1s (Fall B) g) Linearisieren Sie die Differentialgleichung in der Nähe der Gleichgewichts- punkte und führen Sie diese auf ein System von 4 Differentialgleichungen erster Ordnung zurück. h) Zeigen Sie, daß dieses System von Differentialgleichungen für die Fälle A(mit Index +“) bzw. B (mit Index −“) beschrieben werden kann durch: ” ” ẏ(t) = A± y(t) wobei z1 (t) z2 (t) und A± = κ y(t) = + v1 (t) m v2 (t) 0 0 αλ cos(αx 1s ) m κ −m κ m 0 10 0 0 1 . κ −m 0 0 ± αλ m cos(αx1s ) 0 0 i) Bestimmen Sie die Eigenwerte von A ± . Zeigen Sie, daß stabile Lösungen für alle Anfangsbedingungen nur für den Fall A existieren können mit cos(αx 1s ) < 0. Setzen Sie in diesem Fall αx1s = ξ + 2kπ (warum?), π2 ≤ ξ < 3π 2 , k ∈ Z und zeigen Sie graphisch, daß die Stabilitätsbedingungen nur von endlich vielen Lösungen ξi (n, k) erfüllt werden. Drücken Sie x 1s und x2s mit Hilfe der ξi (n, k) aus. Übungen 119 j) Seien die Kraftkonstanten so gewählt, daß λ = − κ (4π/α). Bestimmen Sie in diesem Fall graphisch die Anzahl der stabilen Punkte und skizzieren Sie deren Lage. Aufgabe 3.3 — Zylinderkoordinaten, sphärische Polarkoordinaten Sei V offen in R3 , x ∈ R3 . Sei f : V → V definiert durch xα = f α (q), q = (q 1 , q 2 , q 3 ), α = 1, 2, 3. Wir untersuchen die folgenden Spezialfälle. a) Seien q 1 =ρ, q 2 = φ, q 3 =z Zylinderkoordinaten“ von x mit 0 ≤ ρ < ∞, ” 0 ≤ φ < 2π, −∞ < z < ∞ und f gegeben durch: f 1 = ρ cos φ, i) ii) f 2 = ρ sin φ, f 3 = z. Bestimmen Sie die JACOBI-Matrix Df (ρ, φ, z). Berechnen Sie die Metrik g(ρ, φ, z), definiert durch g(ρ, φ, z)(vq , vq ) = hDf (ρ, φ, z)(vq ), Df (ρ, φ, z)(vq )i. b) Seien q 1 = r, q 2 =φ, q 3 = θ die sphärischen Polarkoordinaten“ ” 0 ≤ r < ∞, 0 ≤ φ < 2π, 0 ≤ θ < π und f gegeben durch: f 1 = r sin θ cos φ i) ii) f 2 = r sin θ sin φ von x mit f 3 = r cos θ Bestimmen Sie die JACOBI-Matrix Df (ρ, φ, θ). Berechnen Sie die Metrik g(ρ, φ, θ). 2 c) Berechnen Sie die Geschwindigkeit ẋ, die kinetische Energie T = m 2 ẋ und den Drehimpuls L =m[x, ẋ] in Zylinder- und sphärischen Polarkoordinaten. Aufgabe 3.4 — Das sphärische Pendel Gegeben sei ein sphärisches Pendel, das im Koordinatenursprung aufgehängt sei und dem Einfluß der Schwerkraft unterliege. Die L AGRANGE-Funktion ohne Zwangsbedingung ist gegeben durch 1 L = mv 2 − mgz 2 a) Schreiben Sie die L AGRANGE-Funktion in sphärischen Polarkoordinaten, und führen Sie die Zwangsbedingung r =l = const. ein. b) Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 120 e3 θ e2 φ ` e1 ϑ m −mg Abbildung 3.2: Sph¨arisches Pendel c) Bestimmen Sie die Ruhelage des Pendels. Lösen und diskutieren Sie die möglichen Bahnen des um die Ruhelage linearisierten Problems. d) Bestimmen Sie die aus c) folgenden Konstanten der Bewegung. e) Lösen Sie die vollen E ULER-L AGRANGE-Gleichungen, indem Sie sie auf Integrale über die Konstanten der Bewegung zurückführen. f) Bestimmen Sie graphisch die Umkehrpunkte der Bewegung. Aufgabe 3.5 — Das F OUCAULT-Pendel Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m unter Einfluß eines Potentials U (x) in einem Inertialsystem mit Standardbasis (e 1 , e2 , e3 ) lautet: 1 L(x, v) = mv 2 − U (x) 2 a) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion in einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω ∈ R3 rotierenden Koordinatensystem mit Standardbasis (e 1 (t), e2 (t), e3 (t)), wobei eα (t) = Oω (t)eα , gegeben ist durch 1 1 L0 (z, vz ) = mvz2 + mhω, [z, vz ]i + m[ω, z]2 − U (Oω (t)z), 2 2 wobei z = Oω (t)−1 x, d.h. z α =heα (t), xi und Oω (t)h = exp(A(ω)t)h, A(ω)h = [w, h] für alle h ∈ R3 . Übungen 121 b) Überprüfen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für L 0 zu folgender Bewegungsgleichung im rotierenden Koordinatensystem führen: mz̈ = − 2m[ω, ż] − m[ω, [ω, z]] + Oω (t)−1 F (Oω (t)z), wobei F (x) = − (∇U )(x). Betrachtet wird jetzt die Bewegung eines (mathematischen) Pendels (Masse m, Länge L) auf der geographischen Breite β, unter Berücksichtigung der Erdrotation mit Winkelgeschwindigkeit ωE ≈ 7.3 · 10−5 s−1 . ω e3 (t) θ β φ ` m e2 (t) e1 (t) Abbildung 3.3: F OUCAULT-Pendel 2 , die c) Zeigen Sie, daß bei Vernachlässigung von Termen der Ordnung ω E 3 L AGRANGE-Funktion nach Teilaufgabe a) mit U (O ω (t)z) = mgz , unter Berücksichtigung der Zwangsbedingung r = L gegeben ist durch: L(θ, φ, vθ , vφ ) = mL2 h1 2 vθ2 + sin2 θ vφ2 −ωE cos β (1 − cos θ) (sin φ vφ − sin θ cos φ vφ ) i g +ωE sin β sin2 θ vφ − (1 − cos θ) , L wobei g die Gravitationsbeschleunigung an der Erdoberfläche ist und (r, θ, φ) (siehe Figur) die Polarkoordinaten von z sind. Im folgenden beschränken wir uns auf den Fall kleiner Auslenkungen. 3 Das H AMILTONsche Prinzip 122 d) Zeigen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen unter Vernachlässigung von Termen der Ordnung θ 2 wie folgt lauten: g θ̈ = φ̇2 + 2ωE sin β φ̇ − θ L φ̇ = −ωE sin β e) Geben Sie die allgemeine Lösung zu den Bewegungsgleichungen aus d) an und diskutieren Sie den Bewegungsablauf. (Wählen Sie z.B. als Anfangswerte θ(0) = θ0 , φ(0) = 0, θ̇(0) = 0). Aufgabe 3.6 — Relativistische freie Bewegung Die L AGRANGE-Funktion für die relativistische, kräftefreie Bewegung eines Teilchens der Masse m lautet: s 2 |v| 2 L(x, v) = − mc 1 − c wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. a) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung. b) Lösen Sie die Bewegungsgleichung. Welche Werte kann die Geschwindigkeit v annehmen? Aufgabe 3.7 — Bewegung in einem elektromagnetischen Feld Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m und Ladung q in einem elektromagnetischen Feld mit dem skalaren Potential Φ(x, t) und dem Vektorpotential A(x, t) lautet: 1 q L(x, v, t) = mv 2 − qΦ(x, t) + hv, A(x, t)i 2 c a) Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung. b) Zeigen Sie, daß unter einer sog. Eichtransformation A(x, t) → A0 (x, t) = A(x, t) + ∇Λ(x, t) Übungen 123 Φ(x, t) → Φ0 (x, t) = Φ(x, t) − 1 ∂Λ (x, t) c ∂t gilt 1 q L0 (x, v, t) = mv 2 − qΦ0 (x, t) + hv, A0 (x, t)i 2 c q ∂Λ + hv, ∇Λ(x, t)i = L(x, v, t) + c ∂t c) Schließen Sie hieraus: Die Extremalkurven von L und L 0 sind gleich, d.h. die Bahnkurven x(t) in den Potentialen (Φ, A) und (Φ 0 , A0 ) sind gleich. Aufgabe 3.8 — Bewegung in einem gekrümmten Raum Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m sei gegeben durch L(x, v) = 1 mgαβ (x) v α v β 2 mit gαβ (x) = δαβ 1+ 1 2 2 . |x| R Bestimmen Sie die Bewegungsgleichung. Aufgabe 3.9 — Das K EPLER-Problem II Wir untersuchen das Zweiteilchensystem mit Massen m 1 und m2 mit Hilfe der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen. Die L AGRANGE-Funktion ist gegeben durch 1 L = hv, mvi − U (x) 2 mit x : =(x1 , x2 ), v : = (v1 , v2 ) und hv, mvi : = m1 |v1 |2 + m2 |v2 |2 U (x) : = V (|x1 − x2 |) 3 Das H AMILTONsche Prinzip 124 1 , v 2 , v 3 , v , v , v ), und sei x(q) Sei x = x(q) mit q = (R1 , R2 , R3 , r, θ, φ) und v = (vR R R r θ φ gegeben durch m1 m2 y(r, θ, φ), R − y(r, θ, φ) x(q) = (x1 (q), x2 (q)) = R + M M mit y(r, θ, φ) = (r sin θ cos φ, r sin θ sin φ, r cos θ) a) Stellen Sie die L AGRANGE-Funktion für die Koordinaten (q, v q ) auf. b) Bestimmen Sie die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen. c) Bestimmen Sie eine spezielle Lösung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen für den Fall θ = π2 , θ̇ = 0, R = Ṙ =0. d) Was folgt aus der G ALILEI-Invarianz der L AGRANGE-Funktion für die allgemeine Lösung? Hinweis: Benutzen Sie dazu die S¨atze aus Kapitel 3. Aufgabe 3.10 — Trägheitstensor Der Trägheitstensor eines starren Körpers ist definiert durch: X X hh0 , Θhi = − mi hh0 , [x0i , [x0i , h]]i, mit mi x0i = 0 i i a) Zeigen Sie: hh0 , Θhi = X i mi hh0 , hihx0i , x0i i − hh0 , x0i ihh, x0i i . Für den Fall kontinuierlicher Massenbelegung Z Z X mi → dm → d3x ρ(x) i gilt 0 hh , Θhi = Z 3 0 0 d x ρ(x) hh , hihx, xi − hh , xihh, xi mit Z d3x xρ(x) = 0. Im folgenden sollen die Trägheitstensoren von Körpern homogener Massenbelegung, d.h. ρ(x) = ρ0 für das ganze Volumen, berechnet werden. Wählen Sie R dabei geeignete Koordinaten und den Ursprung des Koordinatensystem so, daß gilt d3x xρ(x) = 0. Übungen 125 Bestimmen Sie jeweils das Volumen der Körper, den Schwerpunkt R 0 und berechnen Sie den Trägheitstensor in einem geeigneten Koordinatensystem in dem R 0 = 0 gilt für die folgenden Fälle: b) eines Quaders mit Kantenlängen 2a, 2b, 2c. c) eines Zylinders mit Höhe H und Durchmesser 2R. d) eines Kinderkreisels (Kegel) mit Höhe H und Durchmesser der Grundfläche von 2R. e) einer Kugel mit Radius R. Hinweise: In Zylinderkoordinaten gilt: d 3x = r dr dφ dz In Kugelkoordinaten gilt: d3x = r 2 dr dφ du = r 2 sin θ dr dφ dθ mit u = cos θ. Aufgabe 3.11 — Teilchen im Beschleuniger In dieser Aufgabe wollen wir die Bewegung eines geladenen Teilchens (Ladung q , Masse m) in einem elektromagnetischen Feld in der sogenannten linearen N¨aherung studieren. Wir werden auf diese Weise einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie z.B. ein Teilchenbeschleuniger funktioniert. Gegeben sei eine L AGRANGE-Funktion L(x, v, t) und eine Bahnkurve (die Sollbahn) x0 (t), die eine Lösung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen ist: d ∂L ∂L (x0 , ẋ0 , t) = (x0 , ẋ0 , t). dt ∂v ∂x Wir betrachten kleine Abweichungen y und w von der Sollbahn: x = x0 (t) + y v = ẋ0 (t) + w und wollen (y(t), w(t)) als Funktion der Zeit in linearer Näherung bestimmen. Dazu wird L(x, v, t) um die Kurve (x0 (t), ẋ0 (t)) bis zur zweiten Ordnung entwickelt: x v L0 (x, v, t) = L(x0 , ẋ0 , t) + hy, ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i + hw, ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i + L(2) (y, w, t) mit L(2) (y, w, t) = 1X 2 µ,ν ∂2L ∂2L µ ν (x , ẋ , t)y y + 2 (x0 , ẋ0 , t)y µ wν 0 0 ∂xµ ∂xν ∂xµ ∂v ν 3 Das H AMILTONsche Prinzip 126 ∂2L + µ ν (x0 , ẋ0 , t)wµ wν ∂v ∂v ! Setze φt (y) = x0 (t) + y. Zeigen Sie: a) b) mit ∂φt φ̂t (y, w) : = φt (y), Dφt (y)w + (y) = x0 (t) + y, ẋ0 (t) + w ∂t (2) L (y, w, t) = L̃(φ̂(y, w), t) L̃(x, v, t) = L0 (x, v, t) − hv, ∇W (x, t)i − ∂ W (x, t) ∂t und v W = hx − x0 , ∇ L(x0 , ẋ0 , t)i + Zt 0 dt0 L(x0 (t0 ), ẋ0 (t0 ), t0 ). Hinweis: Beachten Sie, daß x0 (t) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L erfüllt. Die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zu L(2) (y, w, t) bestimmen die Abweichungen y(t) von der Sollbahn. Setzen Sie jetzt L(x, v, t) = m 2 q |v| + hv, A(x, t)i, 2 c wobei A(x, t) ein Vektorfeld ist. c) Zeigen Sie, daß damit L(2) (y, w, t) gegeben ist durch L(2) (y, w, t) = m 2 1 q X ∂2A (x0 , t), ẋ0 iy µ y ν |w| + h 2 2 c µ,ν ∂xµ ∂xν + q X ∂A ((x0 , t), wiy µ . h c µ ∂xµ F RENETsche Formeln“ Gegeben sei eine geschlossene Kurve x(s), x(L) = x(0), ” d wobei s die Bogenlänge ist. Daher gilt für die Tangente x 0 (s) : = ds x(s): |x0 (s)| = 1. Übungen 127 Weiterhin sei überall x00 (s) 6= 0. Wir definieren jetzt: die Krümmung κ(s) = |x00 (s)| den Normalenvektor n(s) = x00 (s)/κ(s) den Binormalenvektor b(s) = [x0 (s), n(s)] d) Zeigen Sie, daß hx00 (s), x0 (s)i = 0 und schließen Sie hieraus: Die Vektoren x 0 (s), n(s), b(s) bilden für alle s ein Orthonormalsystem. e) Zeigen Sie: Es gibt eine eindeutig bestimmte Funktion τ (s) (die Torsion), so daß die F RENETschen Formeln gelten: b0 (s) = τ (s) n(s), n0 (s) = −κ(s) x0 (s) − τ (s) b(s). Die Vektoren x0 (s), n(s) und b(s) können zur Parametrisierung von Nachbarkurven x(s, α, β, γ) von x(s) verwendet werden: x(s, α, β, γ) = x(s + α) + βn(s) + γb(s) ≈ x(s) + αx0 (s) + βn(s) + γb(s) In der Anwendung ist s(t) eine Funktion der Zeit und die Parameter α, β, γ müssen als Funktionen der Zeit durch die Bewegungsgleichungen bestimmt werden. Im folgenden verwenden wir für y die F RENETschen Koordinaten y = αx00 (s(t)) + βn(s(t)) + γb(s(t)) = ψ t (α, β, γ). f) Zeigen Sie, daß ψ̂ t (α, β, γ, vα , vβ , vγ ) := (ψ t (α, β, γ) , Dψ t (α, β, γ)(vα , vβ , vγ ) + ∂ψ t (α, β, γ)) ∂t = (αx00 + βn + γb , (vα − βκṡ)x00 + (vβ + (ακ + γτ )ṡ)n + (vγ − βτ ṡ)b). g) Berechnen Sie die L AGRANGE-Funktion L0 (α, β, γ, vα , vβ , vγ , t) = L(2) (ψ̂ t (α, β, γ, vα , vβ , vγ ), t). h) Welche Bedingungen müssen die Gradienten des Vektorfeldes A(x, t) erfüllen, damit die Terme linear in (vα , vβ , vγ ) verschwinden? Wie sieht in diesem Fall L 0 3 Das H AMILTONsche Prinzip 128 aus? i) Leiten Sie unter der Voraussetzung c) die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen her, und zeigen Sie, daß diese zu einem linearen Differentialgleichungssystem mit zeitabhängigen Koeffizienten führen. Analytisch kommt man zunächst ohne Zusatzannahmen nicht viel weiter. Falls die Krümmung κ(s) und die Torsion τ (s) schnell veränderliche periodische Funktionen der Bahnparameter s sind, kann man die Koeffizienten durch zeitliche Mittelwerte ersetzen. j) Unter welcher Bedingung arbeitet der Beschleuniger dann in der hier betrachteten linearen Näherung stabil? k) Ist ein Zyklotron (konstantes B-Feld, z.B. in e 3 -Richtung, Sollbahn ist eine Kreisbahn mit konstanter Krümmung und ohne Torsion) in obigem Sinne ein stabiler Beschleuniger? Aufgabe 3.12 — Das Brachistochronenproblem Im Phantasialand soll eine Rutsche gebaut werden, die von einem vorgegebenen oberen Punkt A zu einem vorgegebenen unteren Punkt B führen soll. Damit möglichst viele Kinder rutschen können, soll die Bahn in kürzester Zeit durchlaufen werden. Welche Form muß die Rutsche, bei Vernachlässigung der Reibung, haben? e3 A C(s) B e1 Abbildung 3.4: Das Brachistochronenproblem Als Zwangsbedingung geben wir eine beliebige Kurve C(s) = (x(s), z(s)) von A nach B vor, die den geometrischen Ort der Rutsche beschreibt. Dabei ist s die Bogenlänge, d.h. (x0 (s))2 + (z 0 (s))2 =1. Die L AGRANGE-Funktion für diese Zwangsbedingung lautet nach 3.6 L(s, vs ) = m 2 v − mgz(s). 2 s Übungen 129 a) Leiten Sie die Bewegungsgleichungen her, und zeigen Sie: 1 √ 2g Zs 0 dσ p = t(s), ε − z(σ) ε= E . mg Dabei ist t(s) also die Zeit, die ein Körper benötigt, um bei fester Kurve von A nach (x(s), z(s)) zu gelangen. b) Zeigen Sie jetzt, daß allgemein gilt s ds dz 2 = +1 dx dx c) Schließen Sie aus b), daß gilt s ZxB dz 2 1 + dx 1 √ dx = T, ε − z(x) 2g xA wobei T die Zeit ist, um von A nach B zu gelangen. Um die optimale Form der Kurve zu bestimmen, für die T ein Minimum ist, fassen wir T als Wirkungsfunktional von z(x) auf und betrachten die E ULER- L AGRANGEGleichungen zur L AGRANGE-Funktion r 1 + w2 1 L̃(z, w) = √ ε−z 2g d) Leiten Sie die entsprechenden E ULER-L AGRANGE-Gleichungen her und bestimmen Sie damit die Bahnkurven. Hinweis: Verwenden Sie dabei eine Substitution vom Typ c2 (ε − z) = sin2 u, wobei c eine Konstante ist. e) Bestimmen Sie (x(u), z(u)) für die Anfangsbedingungen (x, z) A =(0, 0) und (vx , vz )A =(0, 0). Aufgabe 3.13 — Die E ULERschen Winkel Sei O eine speziell orthogonale Matrix mit Spaltenvektoren e 1 , e2 und e3 , d.h. O = e1 e2 e3 3 Das H AMILTONsche Prinzip 130 Es gilt also: hei , ek i = δik (3.98) e3 kann durch Polarkoordinaten parametrisiert werden: sin α sin β e3 = − cos α sin β mit α ∈ [0, 2π), β ∈ [0, π) cos β a) Zeigen Sie: Die Vektoren e01 und e02 cos α − sin α cos β e01 = sin α , e02 = cos α cos β 0 sin β erfüllen he3 , e01 i = he3 , e02 i = 0, |e01 | = |e02 | = 1 und he01 , e02 i = 0. Ferner gilt: cos α − sin α 0 1 0 0 0 0 e1 e2 e3 = sin α cos α 0 0 cos β − sin β 0 0 1 0 sin β cos β b) Zeigen Sie: Jedes Paar von Vektoren e 1 , e2 , das (3.98) genügt, muß die Form e1 = cos γe01 + sin γe02 , e2 = − sin γe01 + cos γe02 mit γ ∈ [0, 2π) haben. Es gilt ferner: e1 e2 e3 = e01 e02 e3 cos γ − sin γ 0 sin γ cos γ 0 0 0 1 c) Zeigen Sie: Aus b) folgt O = Oα Oβ Oγ mit cos α− sin α0 1 0 0 cos γ− sin γ0 Oα = sin α cos α 0 , Oβ = 0cos β− sin β , Oγ = sin γ cos γ 0 0 0 1 0sin β cos β 0 0 1 d.h. O kann durch 3 Winkel α, β, γ eindeutig parametrisiert werden. d) Zeigen Sie: Falls O0 konstant ist, so ist eine eindeutige Parametrisierung auch durch O =Oα Oβ Oγ O0 gegeben. Übungen 131 Berechnen Sie O −1 ∂ O, ∂α O −1 ∂ O, ∂β O −1 ∂ O ∂γ sowie die eindeutig bestimmten Vektoren ω i , A(ω1 ) = O −1 ∂ O, ∂α A(ω2 ) = O −1 ∂ O, ∂β A(ω3 ) = O −1 ∂ O ∂γ und die Skalarprodukte hωi , ωk i. Aufgabe 3.14 — Das K EPLER-Pproblem in der Allgemeinen Relativitätstheorie In der Allgemeinen Relativitätstheorie wird gezeigt: Die Bewegung eines Probekörpers der Masse m im Feld einer schweren, ruhenden Masse M wird durch die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion L(x, v) = − mc 2 2GM hx, vi2 |v|2 2GM − 2 − 1− 2 c |x| (c |x| − 2GM )|x|2 c2 c2 12 bestimmt. (c ist die Lichtgeschwindigkeit und G die Gravitationskonstante). L ist nur für |x| > rS =2GM/c2 definiert. (rS heißt S CHWARZSCHILD-Radius ). Die Bewegung kann zunächst nur für |x| > r S bestimmt werden. (Für |x| < rS fällt der Probekörper in ein schwarzes Loch). a) Zeigen Sie: Falls x(t) eine Lösung der Bewegungsgleichungen ist, so ist auch Ox(t) für jede Drehung O ∈ SO(3) eine Lösung der Bewegungsgleichungen. b) Zeigen Sie: Falls L/c2 in eine Potenzreihe in der Variable α = c −2 entwickelt wird, so gilt: m 2 GM m L = −m+α |v| − + O(α2 ) c2 2 |x| Interpretieren Sie dieses Resultat. Wir führen jetzt Polarkoordinaten ein: r sin θ cos φ x = ψ(r, θ, φ) = r sin θ sin φ r cos θ 3 Das H AMILTONsche Prinzip 132 c) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion L0 (r, θ, ψ, vr , vθ , vφ ) = L φ̂(r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) gegeben ist durch 0 L (r, θ, φ, vr , vθ , vφ ) = − mc 2 rs v2 1− − 2 r r c 1− r2 2 2 2 v + sin θ v − θ φ rs c2 r !1 2 . d) Berechnen Sie die zu L0 zugehörigen E ULER-L AGRANGEGgleichungen, sowie ∂L0 ∂L0 ∂L0 H = ṙ + θ̇ + φ̇ − L0 ∂vr ∂vθ ∂vφ r,θ,φ,ṙ,θ̇,φ̇ Begründen Sie, daß H = const. e) Zeigen Sie, daß die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen eine spezielle Lösung mit θ = const. = π2 besitzen und daß für diese Lösung gilt: r 2 φ̇ = const. = a 1 − rrs und 1 ṙ 2 rs − 2 1− r c 1− − rs 3 r a2 = const. = b. c2 r 2 Schließen Sie aus a): Die allgemeine Bewegung wird aus dieser speziellen Lösung durch eine Drehung erzeugt. dr f) Fassen Sie r als Funktion von φ auf, und zeigen Sie, daß mit r 0 : = dφ die Gleichung r0 = ± r2 c2 (1 − b) bc2 rs 1 rs + 2 − 2+ 3 2 a a r r r 12 gilt. g) Vernachlässigen Sie zunächst den Term proportional zu r −3 unter der Wurzel. Wie sieht r als Funktion von φ aus? Vergleichen Sie dieses Resultat mit der bekannten Lösung r(φ) des K EPLER-Problems und schließen Sie, daß die volle Lösung der letzten Gleichung keinen konstanten RUNGE-L ENZ-Vektor mehr er laubt. (Phänomen der Periheldrehung !). Übungen 133 Aufgabe 3.15 — Die L ORENTZ-Transformationen Wir versehen den R4 mit einem Skalarprodukt h·, ·i: hh, ki : = 3 X εµ hµ k µ µ=0 wobei h0 h1 h= h2 , k = h3 k0 k1 2; k k3 ε0 = 1, εi = − 1 (i = 1, 2, 3). h·, ·i heißt M INKOWSKI-Metrik. falls hh, hi = 0 und h 6= 0, falls hh, hi > 0, falls hh, hi < 0 . h heißt lichtartig, h heißt zeitartig, h heißt raumartig, Für die Standardbasis e µ 1 0 e0 = 0, 0 gilt also 0 1 e1 = 0, 0 0 0 e2 = 1, 0 0 0 e3 = 0, 1 e0 ist zeitartig, ei ist raumartig (i = 1, 2, 3). Im R4 ist eine Determinantenfunktion ∆(x 1 , x2 , x3 , x4 ) eindeutig durch die Bedingung ∆(e0 , e1 , e2 , e3 ) = 1 festgelegt. Die L ORENTZ-Gruppe L ist die Gruppe aller linearen Transformationen Λ : R4 → R4 mit hΛh, Λki = hh, ki . 3 Das H AMILTONsche Prinzip 134 a) Zeigen Sie: Falls Λe 0 = e0 , so gilt: 10 0 0 0 k Λ= 0 O P , 0 wobei P k die Raumspiegelung bezeichnet, k = 1, 2 und O ∈ SO(3) eine Drehung ist. Wir wollen in der Folge O mit der entsprechenden Transformation in R 4 (s.o.) identifizieren. b) Zeigen Sie: Durch (Λ(α)h)0 = cosh(α) h0 + sinh(α) h1 (Λ(α)h)1 = sinh(α) h0 + cosh(α) h1 (Λ(α)h)2 = h2 (Λ(α)h)3 = h3 wird eine L ORENTZ-Transformation Λ(α), (α ∈ R) erklärt. c) Zeigen Sie, daß mit v/c , sinh(α) = p 1 − (v/c)2 1 cosh(α) = p , 1 − (v/c)2 und h0 =x0 = ct, hi =xi für v/c 1 die L ORENTZ-Transformation L(α) in eine G ALILEI-Transformation übergeht. Sei Λ eine L ORENTZ-Transformation und p ein 4-Vektor mit 0 p p1 Λe0 = p = p2 p3 Übungen 135 und sei O eine Drehung mit 1 p |p| p2 = sign(p0 ) O 0 , p3 0 wobei |p| = qP 3 i=1 (pi )2 . Setze α = arsinh(|p|). d) Zeigen Sie: p = sign(p0 ) O Λ(α) e0 . e) Zeigen Sie: Es gibt zwei Drehungen O 1 und O2 , so daß Λ = sign(p0 ) O1 Λ(α) O2 P k , mit k = 1 für det(Λ) = − sign(p0 ) und k = 2 für det(Λ) = sign(p0 ). Durch −P wird die Zeitspiegelung und durch −1I die Raumzeitspiegelung erklärt. Diejenigen Elemente Λ, die keine Spiegelungen enthalten, bilden eine Untergruppe Λ+ von L, die Gruppe der eigentlich orthochronen L ORENTZ-Transformationen. Die Generatoren von Λ+ Sei A : R4 → R4 linear und schief bezüglich h·, ·i, d.h. für alle h, k ∈R 4 gilt: hh, Aki = − hAh, ki. Sei L̂ die Menge dieser linearen, schiefen Transformationen. Setze ωµν h = eµ heν , hi − eν heµ , hi, µ < ν. Weiterhin wird der Kommutator von A und B definiert durch [A, B]− : = AB − BA für alle A, B ∈ L̂. f) Zeigen Sie: L̂ ist ein 6-dimensionaler Vektorraum mit Basis ω µν . ωµν heißen die Generatoren von L+ . g) Zeigen Sie [A, B]− ∈ L̂ für A, B ∈ L̂. h) Berechnen Sie die Kommutatoren [ω µν , ωκλ ]− . i) Zeigen Sie: L = exp(τ A) ∈ L+ . 3 Das H AMILTONsche Prinzip 136 j) Berechnen Sie exp(τ ωµν )x für beliebiges x. Aufgabe 3.16 — Relativistische Bewegung eines Teilchens in einem elektromagnetischen Feld Für ein geladenes Teilchen der Masse m und Ladung q werden die Bewegungsgleichungen in einem elektromagnetischen Feld durch die E ULER-L AGRANGE-Gleichungen zur L AGRANGE-Funktion 1 q L(x, v) = − mchv, vi 2 − hA(x), vi c bestimmt. A(x) ∈ R4 ist das sog. Vektorpotential der elektromagnetischen Felder. Für ein konstantes elektromagnetisches Feld kann A(x) = − 12 F x gesetzt werden mit F ∈ L̂. (Für die Notation siehe Aufgabe 3.15). a) Leiten Sie für dieses konstante elektromagnetische Feld die Bewegungsgleichungen her. Setzen Sie x(τ ) = x(s(τ )) mit d s(τ ) = dτ d d x(τ ), x(τ ) dτ dτ 1 2 d x(s). b) Zeigen Sie, daß gilt hx0 , x0 i = 1, wobei x0 = ds c) Zeigen Sie, daß die Bewegungsgleichungen aus a) zu d d2 x= Gx 2 ds ds führen, wobei G = − q F mc2 ∈ L̂. d) Zeigen Sie, daß die Lösung zu dieser Differentialgleichung wie folgt geschrieben werden kann (Benutzen Sie die Sätze über lineare Differentialgleichungssysteme): x(s) = x(0) + Zs 0 dσ exp ((s − σ)G) x0 (0). e) Skizzieren Sie die vollständige Berechnung von x(s) für folgenden Fälle: Übungen i) ii) 137 Ein konstantes Feld mit 0 E 0 0 E 0 0 0 F µν = 0 0 0 −B 0 0 B 0 Hinweis: Zerlegen Sie F nach den Generatoren ω µν von L+ . Ein konstantes Feld mit 0 B 0 0 B 0 −B 0 F µν = 0 B 0 0 0 0 0 0 Man kann zeigen, daß der allgemeine Fall eines konstanten Feldes durch geeignete L ORENTZ-Transformationen auf die Fälle e.i) und e.ii) zurückzuführen ist. 138 4 H AMILTONsche Mechanik 4.1 Die H AMILTONschen Gleichungen In Abschnitt 2.2 wurden die N EWTONschen Gleichungen in ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung überführt. Dies soll nun für die E ULER-L AGRANGEGleichungen zur L AGRANGE-Funktion L(q, v q , t) der Variablen q = (q 1 , . . . , q m ) und Geschwindigkeiten v = (vq1 , . . . , vqm ) in einer Weise durchgeführt werden, die das System möglichst symmetrisch macht. Zunächst definieren wir neue Variablen (die sog. kanonischen Impulse ) ) pµ = ∂L (q, vq , t), ∂vqµ (µ = 1, . . . , m), (4.1) wobei wir von L verlangen, daß für festes q und t die Gleichungen (4.1) nach v q aufgelöst werden können. Weiter definieren wir die H AMILTON-Funktion H(q, p, t) durch: H(q, p, t) = m X µ=1 pµ vqµ (q, p, t) − L (q, vq (q, p, t), t) . (4.2) H besitzt die folgenden Eigenschaften, die durch elementare Anwendung der Kettenregel bewiesen werden: ∂H = vqκ , ∂pκ ∂H ∂L = − κ, ∂q κ ∂q (κ = 1, . . . , m). (4.3) Für eine Extremalkurve q(t), die den E ULER-L AGRANGE-Gleichungen genügt, ist pµ (t) = ∂L (q(t), q̇(t), t) ∂vqµ und damit gelten wegen (4.3) die H AMILTONschen Gleichungen: ṗκ = − ∂H (q, p, t), ∂q κ q̇κ = ∂H (q, p, t), ∂pκ (k = 1, . . . , m). (4.4) 4.1 Die H AMILTONschen Gleichungen 139 Wir fassen dieses in der Tat in q und p hochsymmetrische Resultat, das offenbar eine äquivalente Umformung der E ULER-L AGRANGE-Gleichungen darstellt, noch einmal in kompakter, leicht merkbarer Form zusammen: H AMILTONsche Gleichungen vq p = ∇ L, H = hp, vq i − L (4.5) q ṗ = − ∇ H, p q̇ = ∇ H. Das Gleichungssystem wird allein durch die sog. H AMILTONsche Funktion H bestimmt. Wir berechnen sie für zwei wichtige Beispiele: Beispiel 4.1 — n Massenpunkte Unsere Standard-L AGRANGE-Funktion für n Massenpunkte x i lautet: L(x, v) = hv, mvi − U (x), (x = (x1 , . . . , xn ) und m ist die Massenmatrix). Also gilt: v p = ∇ L = mv. Somit folgt: v = m−1 p und H(x, p) = 1 hp, m−1 pi + U (x). 2 Für ein einziges Teilchen gilt speziell H(x, p) = |p|2 + U (x). 2m 4 Die H AMILTONsche Mechanik 140 Beispiel 4.2 — Geladenes Teilcehn in einem elektromagnetischen Feld Die L AGRANGE-Funktion für ein geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld mit Vektorpotential A und skalarem Potential Φ lautet (in relativistischer Form): r |v|2 q L(x, v) = − mc2 1 − 2 + hA(x), vi − qΦ(x). c c Also ist v mv q p= ∇L= q + A. c |v|2 1 − c2 Es folgt: H(x, p) = c r m 2 c2 2 q + p − A(x) + qΦ(x). c Für kleine Geschwindigkeiten gilt: L ≈ −mc2 + m 2 q |v| + hA, vi − qΦ, 2 c q p = mv + A, c H = mc2 + q 2 1 p − A + qΦ. 2m c Beachte, daß hier nicht die Beziehung p = mv gilt! 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode Wir wollen zunächst eine spezielle Lösungsmethode für die H AMILTONschen Gleichungen angeben, die auf JACOBI zurückgeht. Später werden wir eine elegante Herleitung dieser Methode mit differentialgeometrischen Mitteln nachliefern. Zunächst gehen wir aber vergleichsweise anspruchslos vor und machen eine weitere Variablentransformation: pµ = ∂W (q, Q, t), ∂q µ (4.6) die p als q-Gradienten einer Funktion von q und Q sowie der Zeit t ausdrückt. Die Existenz von W wird später durch das Lösen der sich ergebenden Differentialgleichung 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode 141 für W gesichert. Damit die Auflösbarkeit nach der Variablen Q garantiert ist, müssen wir det ∂2W 6= 0 ∂Qν ∂q µ (4.7) fordern. Es gilt zunächst ṗµ = X κ ∂2 ∂2 ∂2 κ κ W q̇ + W Q̇ + W. ∂q κ ∂q µ ∂Qκ ∂q µ ∂t∂q µ Werden jetzt die H AMILTONschen Gleichungen für q̇ κ und ṗµ benutzt, so folgt hieraus: X κ X ∂2 ∂H ∂H ∂2 ∂2 κ W Q̇ = − W − − W. ∂Qκ ∂q µ ∂q κ ∂q µ ∂pκ ∂q µ ∂q µ ∂t κ q Die rechte Seite ist gleich dem Gradienten ∇ der Funktion q ∂W (q, Q, t). K(q, Q, t) = H q, ∇ W (q, Q, t), t + ∂t (4.8) Es gilt also: X κ ∂2 ∂K W Q̇κ = − µ κ µ ∂Q ∂q ∂q (4.9) Ferner gilt wieder auf Grund der H AMILTONschen Gleichungen X q̇ µ µ X ∂2 ∂2 ∂H W = W κ µ κ µ ∂Q ∂q ∂Q ∂q ∂pµ µ Wir addieren auf beiden Seiten den Ausdruck ∂2 ∂2 µ W Q̇ + W. ∂Qµ ∂Qκ ∂Qκ ∂t und erhalten X d ∂W ∂K ∂2 = + W Q̇µ . µ ∂Qκ dt ∂Qκ ∂Qκ ∂Q µ (4.10) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 142 Die JACOBIsche Methode besteht nun darin, die Funktion W so zu bestimmen, daß 2 K ≡ 0 gilt. In diesem Fall liefert wegen det ∂Q∂κ ∂qµ W 6= 0 die Gleichung (4.9) sofort Q = const. und (4.10) ergibt ∂W (q, Q, t) = − Pκ = const. ∂Qκ (4.11) Die Lösungskurve q(t) wird also aus (4.11) durch rein algebraisches Auflösen des Q-Gradienten von W nach der Variablen q gewonnen. Die ganze Schwierigkeit der Integration der Bewegungsgleichungen ist auf die Lösung der Gleichung K = 0, d.h. ausgeschrieben, auf die Lösung von q H(q, ∇ W, t) + ∂W =0 ∂t (4.12) verschoben. Dies ist eine partielle Differentialgleichung für W , die überdies keine explizite Abhängigkeit von Q enthält. Diese Abhängigkeit tritt erst parametrisch in der Lösung auf, wie wir gleich sehen werden. Zunächst fassen wir aber unser Ergebnis noch einmal kompakt zusammen: H AMILTON -JACOBI-Gleichung Die Lösungen der H AMILTONschen Gleichungen können mit Hilfe einer Funktion W gewonnen werden, die der JACOBI-Gleichung (4.12) genügt, explizit von q,t 2W und parametrisch von Q abhängt sowie der Bedingung det ∂q∂µ ∂Q κ 6= 0 genügt. Eine solche Lösung wird vollständig genannt. Die Lösungskurve q(t) erhält man aus Q ∇ W (q, Q, t) = − P (Q, P = const. ∈ Rm ). (4.13) Wir wollen dieses Verfahren zunächst an einigen Beispielen illustrieren und wählen 1 hierfür Einteilchenprobleme mit der H AMILTON-Funktion H = 2m |p|2 + U (x). Beispiel 4.3 — Die freie Bewegung (U (x) = 0) Die JACOBI-Gleichung lautet für W (x, Q, t) 1 x ∂W | ∇ W |2 + = 0. 2m ∂t 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode 143 Wir versuchen den Ansatz (Q ∈ R3 , E ∈ R), W = hQ, xi − Et, der sofort 1 1 |Q|2 − E = 0, d.h. E = |Q|2 2m 2m ergibt. Die Bewegung ist durch Q −P = ∇ W (x, Q, t) = x − Q t, m (Q, P = const ∈ R3 ). bestimmt. Wir finden also in der Tat die wohlbekannte freie Bewegung. Beispiel 4.4 — Der harmonische Oszillator (U (x) = 12 mω 2 |x|2 ). Die JACOBI-Gleichung lautet jetzt: 1 ∂W 1 x | ∇ W |2 + mω 2 |x|2 + =0 2m 2 ∂t oder ausgeschrieben 3 X i=1 1 2m 3 X Wi (xi ) − Et ∂W ∂xi 2 1 + mω 2 (xi )2 2 ! ∂W = 0. ∂t + Der Ansatz W = i=1 liefert ∂W ∂Wi i (x) = (x ), ∂xi ∂xi ∂W = −E ∂t und damit 3 X i=1 1 2m ∂Wi i (x ) ∂xi 2 1 + mω 2 (xi )2 2 ! = E. 4 Die H AMILTONsche Mechanik 144 Falls jeder Summand der linken Seite konstant ist, läßt sich diese Gleichung offenbar lösen. Wir setzen 1 m ∂Wi 2 1 + mω 2 (xi )2 = ω 2 (Qi )2 i 2m ∂x 2 2 und E= 3 X 1 i=1 2 mω 2 (Qi )2 und finden für W ∂Wi = mω ∂xi q (Qi )2 − (xi )2 mit der Lösung mω W = 2 q i x i i 2 i 2 i 2 . x (Q ) − (x ) + (Q ) arcsin Qi Die Bewegung ergibt sich aus −Pi = ∂W = mωQi arcsin ∂Qi aufgelöst nach xi folgt i i x = Q sin ωt − Pi mωQi xi Qi − mω 2 Qi t; , d.h. wir finden die einfache periodische Zeitabhängigkeit, die uns für dieses Problem schon einmal begegnet ist, wieder. 4.2.1 JACOBI-Methode: Allgemeiner Separationsansatz Die beiden einfachen Beispiele des letzten Abschnitts weisen folgende Gemeinsamkeit auf: W hat in beiden Fällen die Gestalt W = 3 X i=1 Wi (xi ) − Et. 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode 145 Wir wollen jetzt eine Verallgemeinerung dieses Ansatzes an einem weiteren Beispiel demonstrieren: Beispiel 4.5 — Das Zweizentren-C OULOMB-Problem b/|x− |; a, b ∈ R) x1 x± = x2 , x3 ± σ (U (x) = a/|x+ | + σ ∈ R \ {0}. In diesem Fall versuchen wir es mit dem Ansatz W = 3 X i=1 Wi (q i (x)) − Et, wobei die Funktionen q 1 (x) = 1 (|x+ | + |x− |) 2σ 1 (|x+ | − |x− |) 2σ 2 x 3 q (x) = arctan x1 q 2 (x) = die sog. elliptischen Koordinatenfunktionen darstellen. Es gilt zunächst 1 x+ x− 1 ∇q = + 2σ |x+ | |x− | x+ x− 1 2 − ∇q = 2σ |x+ | |x− | −x2 1 x1 ∇q 3 = 1 2 (x ) + (x2 )2 0 Hieraus ergibt sich, ausgedrückt in den Koordinaten q: h∇q i , ∇q k i = 0, (i 6= k); 4 Die H AMILTONsche Mechanik 146 |∇q 1 |2 = (q 1 )2 − 1 σ 2 ((q 1 )2 − (q 2 )2 ) |∇q 2 |2 = σ 2 ((q 1 )2 1 − (q 2 )2 − (q 2 )2 ) 1 |∇q | = 2 1 2 σ ((q ) − (q 2 )2 ) 3 2 U (x(q)) = 1 1 + 1 2 (q ) − 1 1 − (q 2 )2 ; (b + a)q 1 + (b − a)q 2 . σ ((q 1 )2 − (q 2 )2 ) Die JACOBI-Gleichung lautet: ∂W 1 |∇W |2 + U (x) + = 0. 2m ∂t Beachtet man die Formel |∇W |2 = 3 X i,k=1 h∇q i , ∇q k i ∂W ∂W ∂q i ∂q k so führt unser Ansatz für W auf die Gleichung: " ∂W1 2 ∂W2 2 1 1 2 2 2 ((q ) − 1) + (1 − (q ) ) 2mσ 2 ((q 1 )2 − (q 2 )2 ) ∂q 1 ∂q 2 + + 1 1 + (q 1 )2 − 1 1 − (q 2 )2 ∂W3 ∂q 3 2 # 1 1 2 − E = 0. (b + a)q + (b − a)q σ ((q 1 )2 − (q 2 )2 ) In dieser Gleichung taucht q 3 nicht explizit auf, weshalb der Ansatz W3 (q 3 ) = q 3 Q3 , (Q = const.) naheliegt. Hiermit folgt aus der letzten Gleichung " # 2 3 )2 ∂W 1 (Q a+b 1 1 + 1 2 q − E (q 1 )2 = ((q 1 )2 − 1) + 2 1 2mσ ∂q (q ) − 1 σ 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode 147 " # ∂W2 2 (Q3 )2 a−b 2 1 2 2 + 2 2 q − E (q 2 )2 . ((q ) − 1) = + 2 2 2mσ ∂q (q ) − 1 σ Die beiden Seiten dieser Gleichung hängen von verschiedenen Variablen ab und müssen deshalb gleich einer Konstanten A sein. Hieraus folgt durch i Auflösen nach ∂W und einmaliger Integration ∂q i i Wi (q ) = Z dq i 2mσ 2 (A + E(q i )2 − αi q i ) (Q3 )2 − (q i )2 − 1 ((q i )2 − 1)2 (α1 = 21 a+b a−b , α2 = ). σ σ Wir haben also eine Lösung der JACOBI-Gleichung gefunden, die von drei Parametern Q1 = A, Q2 = E und Q3 abhängt und können jetzt wie im letzten Abschnitt die Bewegungen bestimmen. P Der sog. Separationsansatz W = 3i=1 Wi (q i ) − Et beschreibt in der Tat die für die Praxis wichtigste Lösungsmethode. Er führt natürlich nur in Spezialfällen zum Erfolg, nämlich dann, wenn wir für ein Problem geeignete Koordinaten finden und wie i allein herleiten im obigen Beispiel tatsächlich Gleichungen für die Ableitungen ∂W ∂q i können. Ein allgemeines Kriterium für eine solche Situation läßt sich leider nicht angeben. Für die physikalische Anwendung ist die Methode jedoch deshalb wichtig, weil für hinreichend viele dynamische Systeme die Bewegung tatsächlich nach der JACOBI-Methode berechnet werden kann. Für unser Zweizentrenproblem stellt dies sogar den einfachsten Lösungsweg dar. Wir bemerken, daß überdies noch eine besondere Vereinfachung eintritt, wenn für den Separationsansatz in der JACOBI-Gleichung keine explizite Abhängigkeit von den Koordinaten q i auftritt (in unserem Beispiel ist dies die Koordinate q 3 ). q i heißt in diesem Fall zyklische Koordinate, und es genügt für W offenbar der lineare Ansatz Wi (q i ) = Qi q i , um die gesamte q i -Abhängigkeit aus der JACOBI-Gleichung zu eliminieren. Wir illustrieren das Separationsverfahren abschließend noch einmal für den Fall eines sphärisch-symmetrischen Potentials. Beispiel 4.6 — Kugelsymmetrisches Potential (U (x) = U (|x|)) Jetzt berechnen wir allerdings erst die H AMILTON-Funktion in Polarkoordina- 4 Die H AMILTONsche Mechanik 148 ten. Ausgangspunkt ist die L AGRANGE-Funktion L= woraus m 2 vr + r 2 vθ2 + sin2 θ vφ2 − U (r) 2 pθ = mr 2 vθ , pr = mvr , pφ = mr 2 sin2 θ vφ sowie 1 H= 2m p2r 1 1 + 2 p2θ + 2 2 p2φ r r sin θ + U (r) nach den allgemeinen Formeln für H folgt. Der Separationsansatz W = W1 (r) + W2 (θ) + W3 (φ) − Et für die JACOBI-Gleichung liefert jetzt " # ∂W1 2 1 1 ∂W2 2 1 ∂W3 2 + 2 + 2 2 + U (r) = E. 2m ∂r r ∂θ ∂φ r sin θ Offenbar ist φ zyklisch, und wir können W 3 = Q3 φ ansetzen. Hieraus folgt: " # ∂W1 2 ∂W2 2 (Q3 )2 2 r + 2m(U (r) − E) = − − ∂r ∂θ sin2 θ Wieder hängen beide Seiten von verschiedenen Variablen r und θ ab, müssen also gleich einer Konstanten A sein. Es gilt also: ∂W2 ∂θ 2 = −A − ∂W1 ∂r 2 = 2m (E − U (r)) + (Q3 )2 sin2 θ A r2 Wir können W2 und W1 als unbestimmte Integrale, die von den Parametern Q1 = E, Q2 = A und Q3 abhängen, explizit ausdrücken und erhalten so eine vollständige Lösung der JACOBI-Gleichung. 4.2 Die JACOBIsche Lösungsmethode 149 Der Unterschied zu Beispiel (4.5) besteht darin, daß wir zuerst die H AMILTONFunktion in Polarkoordinaten ausgerechnet und dann erst die JACOBI-Gleichung aufgestellt haben. In Beispiel (4.5) sind wir von der JACOBI-Gleichung in kartesischen Koordinaten ausgegangen und haben dann (mit Hilfe des Lösungsansatzes) die Gleichung in den angepaßten Koordinaten q i berechnet. Hätten wir auch im letzten Beispiel zuletzt benutzten Weg eingeschlagen, so wären wir in der Tat zum gleichen Endresultat gelangt. Allgemein gilt, daß die Einführung geeigneter Koordinaten entweder direkt in der JACOBI-Gleichung oder über die Berechnung der H AMILTON-Funktion in den neuen Koordinaten erfolgen kann und daß beide Wege zu identischen Resultaten führen. Der Beweis dieser Behauptung ergibt sich leicht durch explizites Nachrechnen. 4.2.2 Abschließende Bemerkungen zur JACOBI-Methode Wir fassen jetzt zusammen, was wir anhand unserer Beispiele über die Lösung der H AMILTONschen Bewegungsgleichungen mit Hilfe der JACOBI-Methode gelernt haben: Falls es gelingt, eine vollständige Lösung der partiellen Differentialgleichung q H(q, ∇ W, t) + ∂W =0 ∂t zu finden, so ergeben sich die Bahnkurven aus der Gleichung Q ∇ W (q, Q, t) = − P für konstante Werte von Q und P auf rein algebraischem Wege. Die Angabe einer vollständigen Lösung für W gelingt in der Praxis meist nur, wenn die JACOBIGleichung einen Separationsansatz erlaubt: W = m X µ=1 Wµ (q µ ) − Et, wobei für eine zyklische Koordinate der lineare Ansatz Wµ (q µ ) = Qµ q µ hinreicht. (Zur Erinnerung: q µ heißt zyklisch, falls H nicht explizit von q µ abhängt). Falls ein solcher Separationsansatz nicht gefunden werden kann, ist die Konstruktion der Lösung W i.a. genau so schwierig wie die Integration der ursprünglichen Bewegungsgleichung für alle Anfangswerte. In der Tat läßt sich W sehr einfach aus den Bahnkurven herleiten: Dazu beachten wir die Identität L(q, q̇, t) = X µ pµ q̇ µ − H(q, p, t) = X ∂W µ ∂q µ q̇ µ + ∂W . ∂t 4 Die H AMILTONsche Mechanik 150 Beachten wir jetzt, daß für eine Lösungskurve q(t) Q = const. gilt, so folgt also L(q, q̇, t) = d W dt und damit S(q) = Zt2 t1 dt L(q, q̇, t) = W (t2 ) − W (t1 ). Der Wert von W für konstantes Q ergibt sich somit direkt aus der Wirkung S ausgewertet auf den Bahnkurven. Aus diesem Grunde wird W in der Literatur oft direkt mit S identifiziert und Wirkungsfunktion genannt. Hierbei ist offensichtlich eine gewisse Vorsicht angebracht, da S zunächst und vor allem ein Funktional auf beliebigen Kurven darstellt, die keinesfalls Lösungskurven sein müssen. Die Wirkungsfunktion spielt nicht nur in der Mechanik eine Rolle, sondern auch in der Quantenmechanik. Wir wollen dies hier nur kurz für ein Teilchen im Potential U (x) erläutern. Quantenmechanisch wird dieses Teilchen durch eine Wellenfunktion Ψ(x, t) beschrieben, deren Betragsquadrat die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte am Ort x zur Zeit t angibt. Ψ(x, t) genügt der S CHR ÖDINGER-Gleichung 1 2 ∂ ~ 4 + U (x) Ψ(x, t). (4.14) i~ Ψ(x, t) = − ∂t 2m 4 bezeichnet den L APLACEoperator und ~ die P LANCKsche Konstante. Im Limes ~ → 0 hat Ψ nun die Gestalt Ψ ≈ exp(iW/~), wobei W eine Lösung der JACOBI-Gleichung ist. Die Wirkungsfunktion spielt deshalb in der Quantenmechanik immer dann noch eine ausgezeichnete Rolle, wenn die P LANCKsche Konstante als klein betrachtet werden darf (quasiklassische Näherung), obwohl die Grundlagen der N EWTONschen Mechanik vollständig aufgegeben wurden. 4.3 Differentialformen Wir wollen uns jetzt schrittweise dem Ziel nähern, die Bewegungsformen, die uns in der H AMILTONschen Mechanik begegnen, geometrisch zu klassifizieren. Es wird sich herausstellen, daß der Fluß dieser Bewegungen dadurch ausgezeichnet ist, daß er eine kanonisch vorgegebene Differentialform invariant läßt. Zunächst müssen wir aber den Leser bitten, sich in Aufgabe 4.1 mit den wesentlichen Eigenschaften von Differentialformen vertraut zu machen, die wir in der Folge benutzen werden. Übungen 151 4.3.1 Pr¨ aambel: Algebraische Eigenschaften von Differentialformen Aufgabe 4.1 — Eigenschaften von Differentialformen I. Schiefe multilineare Funktionen Sei V ein n-dimensionaler Vektorraum. Die Abbildung w : V {z· · · × V} → R | ×V × k-mal heißt schiefe multilineare Funktion der Stufe k, falls w(h 1 , . . . , hk ) in jedem Argument h1 (i = 1, . . . , k) linear ist und für jede Permutation σ ∈ S k (Sk ist die Menge der Permutationen von k Elementen) gilt: w(hσ(1) , . . . , hσ(k) ) = ε(σ)w(h1 , . . . , hk ). In Aufgabe 1.1 wurde gezeigt: Die Menge dieser Funktionen w bildet einen Vektorn raum Ak der Dimension k . Für w ∈ Ak und w0 ∈Ak0 ist das ∧-Produkt wie folgt erklärt: w ∧ w 0 ∈Ak+k0 und (w ∧ w0 )(h1 , . . . , hk+k0 ) = X σ∈Sk+k0 ε(σ) w(hσ(1) , . . . , hσ(k) )w0 (hσ(k+1) , . . . , hσ(k+k0 ) ). k!k 0 ! a) Zeigen Sie: 0 i) w ∧ w0 = (−1)k·k w0 ∧ w; ii) w ∧ (w0 ∧ w00 ) = (w ∧ w0 ) ∧ w00 ; iii) Falls eµ∗ (µ = 1, . . . , n) eine Basis des Dualraumes von V ist, so ist eµ∗ 1 ∧ · · · ∧ eµ∗ k , (µ1 < µ2 · · · < µk ) eine Basis von Ak . II. Differentialformen Sei U ⊂ V offen; ω : U → Ak sei C ∞ -Funktion mit Werten in Ak ; ω heißt Differentialform k-ter Stufe auf U . Für x ∈ U ist also ω(x) ∈ A k . b) Zeigen Sie: Falls ω1 und ω2 Differentialformen k-ter Stufe auf U sind und λ ∈C ∞ (U, R), so wird durch (ω1 + ω2 )(x) = ω1 (x) + ω2 (x) (λω1 )(x) = λ(x)ω1 (x) jeweils wieder eine Differentialform k-ter Stufe ω 1 + ω2 bzw. λω1 auf U erklärt. 4 Die H AMILTONsche Mechanik 152 Insbesondere gilt: Die Differentialformen k-ter Stufe bilden einen Vektorraum Ak (U ). c) Sei ω ∈Ak (U ), ω 0 ∈Ak0 (U ). Zeigen Sie: Die Gleichung (ω ∧ ω 0 )(x) = ω(x) ∧ ω 0 (x) definiert eine Differentialform ω ∧ ω 0 ∈ Ak+k0 (U ), und es gilt (ω 00 ∈ Ak00 (U )) ω ∧ (ω 0 ∧ ω 00 ) = (ω ∧ ω 0 ) ∧ ω 00 . d) Sei ω ∈Ak (U ), h ∈ U und Dh ω die Richtungsableitung von ω nach h. Zeigen Sie: Durch die Gleichung (dω(x))(h1 , . . . , hk+1 ) = X ε(σ) (Dhσ(1) ω (x) hσ(2) , . . . , hσ(k+1) k! σ∈Sk+1 wird eine Differentialform dω (k + 1)-ter Stufe auf U erklärt; die Abbildung d : Ak (U ) → Ak+1 (U ) ist linear, und es gilt (ω 0 ∈Ak0 (U )): d(ωk ∧ ωk0 ) = dωk ∧ ωk0 + (−1)k ωk ∧ dωk0 d2 ωk = 0 d heißt äußere Ableitung. e) Zeigen Sie: Für λ ∈ C ∞ (U, R) wird durch dλ(x)(h) = (Dh λ)(x), h ∈ U, eine Differentialform 1. Stufe erklärt, und es gilt mit ω ∈ A k (U ): d(λω) = dλ ∧ ω + λdω, d2 λ = 0 f) Sei {eµ } Basis von V , {eµ∗ } sei die zu {eµ } duale Basis, d.h. es gilt eκ∗ (eµ ) = δµκ , P sowie für alle x ∈ V : x = µ xµ eµ mit xµ = eµ∗ (x). Zeigen Sie: i) ii) dxµ = eµ∗ ; Für ω ∈ Ak (U ) gilt: Es gibt eindeutig bestimmte Funktionen ωµ1 ...µk ∈ C ∞ (U, R) mit ωµσ(1) ...µσ(k) = ε(σ)ωµ1 ...µk , so daß gilt X ω= ωµ1 ...µk dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk 1≤µ1 <···<µk ≤n Übungen 153 dω = iii) X 1≤µ1 <···<µk ≤n (dλ)µ = iv) v) dωµ1 ...µk ∧ dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk ∂ λ mit λ ∈ C ∞ (U, R). ∂xµ ∂ ∂ ω − ωµ µ ...µ µ ...µ 2 k+1 µ ∂x 1 ∂xµ2 1 3 k+1 (dω)µ1 ...µk+1 = ∂ ∂ ωµ1 µ2 µ4 ...µk+1 − · · · + (−1)k µ ωµ1 ...µk . µ 3 ∂x ∂x k+1 ∞ g) Falls X Vektorfeld auf U ist, d.h. X ∈C (U, V ), so wird mit ω ∈ Ak (U ), hi ∈ V für k ≥ 2 durch + (i(X)ω) (x) (h1 , . . . , hk−1 ) = ω(x)(X(x), h1 , . . . , hk−1 ) eine Differentialform (k − 1)-ter Stufe erklärt. Falls ω ∈ A 1 (U ), so ist (i(X)ω) (x) : = ω(x)(X(x)) eine Funktion. Zeigen Sie: i(X)(ωk ∧ ωl ) = (i(X)ωk ) ∧ ωl + (−1)k ωk ∧ (i(X)ωl ). h) Wir setzen jetzt: θ(X)ωk = i(X)dωk + di(X)ωk Der Operator θ(X) : =i(X)d + di(X) heißt L IE-Ableitung nach X. Zeigen Sie: θ(X)(ωk ∧ ωl ) = (θ(X)ωk ) ∧ ωl + ωk ∧ θ(X)ωl Zeigen Sie: Falls λ eine Funktion ist, so gilt: θ(X)λωk = (i(X)dλ) ∧ ωk + λθ(X)ωk Beachte, daß die L IE-Ableitung θ(X) der gewöhnlichen Produktregel genügt! 4.3.2 Pull-Back und das P OINCAR E´-Lemma Neben den rein algebraischen Eigenschaften wird für Differentialformen noch ein Transformationsgesetz definiert. Sei λ : U → R, λ ∈ C ∞ ; falls f : U 0 → U eine differenzierbare Abbildung der offenen Menge U 0 eines n-dimensionalen Vektorraums 4 Die H AMILTONsche Mechanik 154 ist, so setzen wir für x ∈U 0 : f ∗ λ(x) = λ(f (x)); (4.15) f ∗ λ ist damit eine C ∞ -Funktion auf U 0 , ja es gilt offenbar, daß durch f ∗ eine lineare Abbildung von C ∞ (U, R) nach C ∞ (U 0 , R) erklärt wird mit f ∗ (λ1 · λ2 ) = f ∗ (λ1 ) · f ∗ (λ2 ). f ∗ λ heißt Pull-Back“ von λ bezüglich f . ” Diese Abbildung läßt sich leicht wie folgt auf Differentialformen erweitern: Sei ω ∈ Ak (U ), wir setzen: (f ∗ ω)(x)(h1 , . . . , hk ) = ω(f (x))(Df (x)h1 , . . . , Df (x)hk ) (4.16) mit dem Resultat, daß f ∗ jetzt eine lineare Abbildung von Ak (U ) nach Ak (U 0 ) wird. f ∗ besitzt die leicht nachprüfbaren Eigenschaften f ∗ (λ · ω) = f ∗ λ · f ∗ ω (4.17) f ∗ (ω1 ∧ ω2 ) = f ∗ ω1 ∧ f ∗ ω2 . (4.18) sowie Für die differenzierbaren Abbildungen f und g gilt ferner: (g ◦ f )∗ = f ∗ ◦ g ∗ . Falls speziell g = f −1 , so folgt (f −1 )∗ = (f ∗ )−1 . Speziell für ω = dλ finden wir f ∗ dλ(x)(h) = dλ (f (x)) (Df (x)h) . Auf Grund der Definition von dλ und der Kettenregel gilt daher f ∗ dλ(x)(h) = DDf (x)h (f (x)) = df ∗ λ(x)(h), d.h. für alle Funktionen λ folgt f ∗ dλ = df ∗ λ. (4.19) Übungen 155 Allgemein gilt nun (vergl. Aufgabe 4.1.f.ii): f ∗ω = X 1≤µ1 <···<µk ≤n (f ∗ ωµ1 ...µk ) f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk . Wegen f ∗ dxµ = df ∗ xµ und d2 =0 folgt damit X df ∗ ω = df ∗ ωµ1 ...µk ∧ f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk . 1≤µ1 <···<µk ≤n Jetzt benutzen wir df ∗ ωµ1 ...µk = f ∗ dωµ1 ...µk und finden df ∗ ω = X 1≤µ1 <···<µk ≤n f ∗ dωµ1 ...µk ∧ f ∗ dxµ1 ∧ · · · ∧ f ∗ dxµk . d.h. df ∗ ω = f ∗ dω. (4.20) Die äußere Ableitung besitzt also die bemerkenswerte Eigenschaft, mit der Transformation f ∗ zu kommutieren. Wir betrachten jetzt eine Schar von Diffeomorphismen f τ : U → U . Die Formel Yτ (x) = ∂fτ −1 fτ (x) ∂τ (4.21) ordnet fτ eine Schar von Vektorfeldern zu, für die wir folgende Identität beweisen wollen: fτ∗ −1 ∂ ∗ f ωk = θ(Yτ )ωk . ∂τ τ Beweis: Für eine Funktion λ finden wir zunächst ∂ ∂ fτ∗ −1 fτ∗ λ(x) = λ (fτ (y)) −1 . ∂τ ∂τ y=fτ (x) Die Kettenregel und die Definition von dλ liefern zusammen fτ∗ −1 ∂ ∗ f λ(x) = i(Yτ ) dλ. ∂τ τ (4.22) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 156 Wenden wir die äußere Ableitung d auf die linke Seite an, so kommutiert d mit ∂ und fτ∗ . Also folgt sofort fτ∗ −1 , ∂τ fτ∗ −1 ∂ ∗ f dλ = di(Yτ ) dλ ∂τ τ Wegen d2 λ = 0 dürfen wir aber auch schreiben: fτ∗ −1 ∂ ∗ f dλ = θ(Yτ ) dλ ∂τ τ Für eine beliebige Differentialform ω k gilt deshalb: " X ∂ ∗ −1 ∗ ∗ −1 ∂ ∗ fτ f ωk = f ωµ ...µ dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk fτ ∂τ τ ∂τ τ 1 k 1≤µ1 <···<µk ≤n +ωµ1 ...µk fτ∗ −1 ∂ ∗ µ1 f dx ∂τ τ ∧ dxµ2 ∧ · · · ∧ dxµk +··· +ωµ1 ...µk dx = X 1≤µ1 <···<µk ≤n " µ1 ∧ ··· ∧ fτ∗ −1 ∂ ∗ µk f dx ∂τ τ # (i(Yτ )dωµ1 ...µk ) dxµ1 ∧ · · · ∧ dxµk +ωµ1 ...µk θ(Yτ )dxµ1 ∧ dxµ2 ∧ · · · ∧ dxµk +··· # +ωµ1 ...µk dxµ1 ∧ · · · ∧ θ(Yτ )dxµk . Das Ergebnis von Aufgabe 4.1.h liefert hierfür das Endresultat fτ∗ −1 ∂ ∗ f ωk = θ(Yτ )ωk . ∂τ τ 2 Die Mühe dieses Beweises wird sich weiter unten noch lohnen! Übungen 157 Wir beschließen diesen Abschnitt mit einer ersten Anwendung. Lemma (P OINCAR É): Sei ωk ∈ Ak (Rm ); es gelte dωk = 0. Dann gibt es ein ωk−1 ∈ Ak−1 (Rm ) mit ωk = dωk−1 . Falls k = 1, so ist ωk−1 eine Funktion. Beweis: Die Abbildung fτ (x) = x0 + τ (x − x0 ), (x ∈ Rm fest) definiert für alle τ > 0 einen Diffeomorphismus f τ : Rm → Rm . Es gelten ferner die Formeln fτ−1 (x) = x0 + τ −1 (x − x0 ), Yτ = τ −1 (x − x0 ), fτ∗ ωk (x) = ωk (x0 + τ (x − x0 )) τ k . Wir setzen ωk−1 (x) = Z1 (fτ∗ i(Yτ )ωk )(x) dτ. 0 Dann gilt dωk−1 (x) = Z1 (dfτ∗ i(Yτ )ωk )(x) dτ Z1 (fτ∗ di(Yτ )ωk )(x) dτ 0 = 0 4 Die H AMILTONsche Mechanik 158 = Z1 (fτ∗ θ(Yτ )ωk )(x) dτ 0 wegen fτ∗ d = dfτ∗ und dωk = 0. Benutzen wir jetzt θ(Yτ )ωk = fτ∗ −1 ∂ ∗ f ωk , ∂τ τ so folgt dωk−1 (x) = [fτ∗ ωk (x)]10 = ωk (x) 2 Bemerkungen: 1: Das P OINCAR É-Lemma läßt sich mit gleicher Methode für den Fall ω k ∈ Ak (U ) mit U offen und fτ (U ) ⊂ U für alle τ ∈ [0, 1] beweisen. (U wird in diesem Fall ein sternförmiges Gebiet genannt). 2: Explizit ausgeschrieben gilt für ω k−1 (x), (k > 1): ω k −1 (x)(h1 , . . . , hk−1 ) = Z1 0 ωk (x0 + τ (x − x0 ))(x − x0 , h1 , . . . , hk−1 )τ k−1 dτ. Für eine 1-Form findet man statt ωk die Funktion λ(x) = Z1 0 ω1 (x0 + τ (x − x0 ))(x − x0 ) dτ. 3: ωk−1 ist keineswegs eindeutig bestimmt. Für k > 1 kann zu ω k−1 stets ein Term der Form dωk−2 (ωk−2 ∈Ak−2 (U )) hinzuaddiert werden. Für k = 2 ist ω eine Funktion. Für k = 1 kann zu der Funktion λ stets noch eine Konstante hinzuaddiert werden. 4: Eine k-Form heißt geschlossen , falls dω k = 0 und exakt, falls ωk = dωk−1 . Das P OINCAR É-Lemma besagt also, daß jede geschlossene k-Form im R m (in sternförmigen Gebieten) exakt ist. 4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum 159 4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum In Abschnitt 4.1 hatten wir die Bewegungsgleichungen in H AMILTONscher Form hergeleitet: q̇ = p ∇ H(q, p, t) q ṗ = − ∇ H(q, p, t). Sie gelten für eine Kurve (q(t), p(t)) im Phasenraum P , der ein sternförmiges Gebiet in einem Vektorraum sein soll. Wir führen jetzt die kanonische 2-Form ω durch die Formel ω= 3N X µ=1 dpµ ∧ dq µ (4.23) ein und bezeichnen Punkte im Phasenraum P durch x = (q, p). ω ist geschlossen und, wegen ω = dα mit α= X pµ dq µ , µ auch exakt. ω(x) ist überdies an jedem Punkt x nicht ausgeartet, d.h. gilt für festes h ω(h, k) = 0 für alle k, so ist h = 0. Letzteres impliziert: Durch die Gleichung i(YH )ω = − dH (4.24) wird auf P ein eindeutig bestimmtes Vektorfeld definiert, das zusätzlich von der Zeit abhängen kann, falls H zeitabhängig ist. Nach den Regeln des letzten Abschnitts ergibt sich überdies explizit für YH die Formel p q (4.25) YH = ∇ H, − ∇ H . Beweis: Wir schreiben q p YH = YH , YH , 4 Die H AMILTONsche Mechanik 160 q p wobei die Vektoren YH und YH die Komponenten besitzen sollen; es gilt deshalb q µ µ i(YH )dq = YH , i(YH )dpµ = p YH q YH µ bzw. p YH µ , µ sowie i(YH )ω = m X µ=1 = (i(YH )dpµ ) dq µ − (i(YH )dq µ ) dpµ m X p YH µ=1 µ µ dq − q YH µ dpµ Der Vergleich mit m X dH µ dH dq + dpµ −dH = − dq µ dpµ µ=1 liefert dann die Behauptung (4.25). 2 Die H AMILTONschen Gleichungen für die Kurve x(t) = (q(t), p(t)) können somit in der Form H AMILTONsche Gleichungen ẋ = YH (x) äqui(4.26) i(YH )ω = −dH valent umgeschrieben werden. 4.4 Die kanonische Zweiform im Phasenraum 161 Sei jetzt Ft der Fluß von YH , d.h. x(t) = Ft (x0 ) ist Lösungskurve der H AMILTONschen Gleichungen mit dem Anfangswert x0 . Es gilt also die Identität YH (Ft (x0 )) = ẋ = ∂Ft (x0 ) ∂t und wir erkennen die wichtige Gleichung YH (x) = ∂ Ft Ft−1 (x) . ∂t (4.27) Aus i(YH )ω = − dH folgt wegen d2 =0 und dω = 0 θ (YH ) ω = 0 sowie wegen (4.22) und (4.27) d ∗ F ω = 0. dt t Ft∗ ω ist also zeitunabhängig, und da F 0 die identische Abbildung ist, schließen wir Ft∗ ω = ω. Die kanonische Zweiform bleibt also unter dem Fluß der Bewegungen invariant. Ist umgekehrt Ft eine Schar von Diffeomorphismen mit Ft∗ ω = ω, und mit dem zugeordneten Vektorfeld Yt (x) = ∂Ft Ft−1 (x) , ∂t so behaupten wir jetzt, daß es eine Funktion H gibt mit i(Y t )ω = − dH. Beweis: Nach Gl.(4.22) gilt: 0 = Ft∗ −1 ∂ ∗ F ω = θ(Yt )ω = di(Yt )ω, ∂t t (4.28) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 162 wegen dω = 0. i(Yt )ω ist also eine geschlossene 1-Form und nach dem P OINCAR É-Lemma exakt, d.h. es gibt eine Funktion H mit i(Yt )ω = − dH. 2 Ft kann also als Fluß von Bewegungen, die den H AMILTONschen Gleichungen (mit einer geeigneten H AMILTON-Funktion) genügen, gedeutet werden. Wir sind also jetzt in der Lage, Bewegungsformen, die durch die H AMILTONschen Gleichungen beschrieben werden, eindeutig zu charakterisieren: Bewegungsformen, die durch die H AMILTONschen Gleichungen beschrieben werden, sind genau diejenigen Bewegungen, deren Fluß die kanonische 2-Form invariant läßt. verschiedenen Bewegungen mit diesen Eigenschaften unterscheiden sich lediglich durch verschiedene konkrete H AMILTON-Funktionen. 4.5 Kanonische Transformationen, Invarianz des Phasenraumvolumens und Bewegungskonstanten Ein Diffeomorphismus f : P → P unseres Phasenraums heißt kanonische Transformation, falls f ∗ω = ω gilt. Ist fτ eine Schar von kanonischen Transformationen, so gilt nach Abschnitt 4.4: Das Vektorfeld Yτ (x) = erfüllt ∂fτ −1 fτ (x) ∂τ di(Yτ )ω = 0, Die 4.5 Kanonische Transformationen,. . . 163 und damit gilt nach dem P OINCAR É-Lemma i(Yτ )ω = − dλτ für eine geeignete Schar von Funktionen λ τ . Ist umgekehrt eine solche Schar von Funktionen vorgegeben, so wird nach Gleichung (4.28) eine Schar von Vektorfeldern Yτ definiert, deren Fluß fτ eine Schar von kanonischen Transformationen darstellt. Wir wollen jetzt eine wichtige Konsequenz der Invarianz von ω unter einer kanonischen Transformation untersuchen. Dazu sei P zunächst 2-dimensional und dementsprechend ω = dp ∧ dq. Für zwei Vektoren h = (hq , hp ), k = (kq , kp ) gilt also ω(h, k) = hp kq − hq kp , d.h. ω ist eine Determinantenfunktion auf R 2 . Aus f ∗ ω = ω folgt: ω(1IF (q, p)h, 1IF (q, p)k) = f ∗ ω(h, k) = ω(h, k). Da ω Determinantenfunktion auf R2 ist, folgt ω(1IF (q, p)h, 1IF (q, p)k) = det(1IF (q, p)) ω(h, k), d.h. es muß gelten: det(1IF (q, p)) = 1. Das Volumen einer Fläche V ⊂ P ist gegeben durch unter allgemeinen Abbildungen f wie folgt: Z Z dp dq = | det(1IF (q, p))| dp dq f (V ) R V dp dq und transformiert sich V (f (V ) bezeichnet das Bild der Fläche V unter der Abbildung f ). Die Abbildung f mit f ∗ ω =ω hat, wie oben gezeigt die Eigenschaft, daß det(1IF (q, p)) = 1, und damit folgt also die Identität Z Z dp dq = dp dq. f (V ) V 4 Die H AMILTONsche Mechanik 164 Wir finden damit, daß das Volumen der transformierten Fläche f (V ) gleich dem Volumen von V selbst ist. In einem zweidimensionalen Phasenraum gilt also speziell für den Fluß F t von Bewegungen, die den H AMILTONschen Gleichungen genügen: Das Volumen von Ft (V ) ändert sich nicht mit der Zeit und ist stets gleich dem Volumen von V selbst. Ist P 2m-dimensional, so ist Ω= ω · · ∧ ω} | ∧ ·{z m-mal eine (nichttriviale) Determinantenfunktion auf R 2m , und man schließt jetzt aus f ∗ ω = ω: f ∗ Ω = f ∗ (ω ∧ · · · ∧ ω) = f ∗ ω ∧ · · · ∧ f ∗ ω = ω ∧ · · · ∧ ω = Ω. Hieraus folgt genau wie im 2-dimensionalen Fall det(1IF (x)) = 1. Allgemein gilt jetzt das Transformationsgesetz für 2m-dimensionale Volumina Z Z dp1 · · · dpm dq1 · · · dqm = | det(1IF (x))| dp1 · · · dpm dq1 · · · dqm , f (V ) V woraus wegen det(1IF (x)) = 1 jetzt allgemein folgt: Eine kanonische Transformation läßt die Volumenwerte von Teilgebieten des Phasenraums ungeändert. Speziell für H AMILTONsche Bewegungen gilt wieder ( Satz von L IOUVILLE): Volumina im Phasenraum ändern ihren Wert unter dem Fluß F τ nicht mit der Zeit. 4.5 Kanonische Transformationen,. . . 165 Wir betrachten jetzt eine Schar von zeitabhängigen Funktionen λ t auf P und ordnen λt für jedes feste t das Vektorfeld Y (t) mit i(Y (t))ω = − dλt sowie die einparametrige Schar Gτ (t) von Diffeomorphismen zu, die sich als Fluß von Y (t) ergeben. x(τ ) = Gτ (t)(x) erfüllt also die Differentialgleichung d x(τ ) = Y (t)(x(τ )) dτ mit x(0) = x als Anfangswert, und es gilt Y (t)(x) = d Gτ (t) Gτ (t)−1 (x) . dτ Sei nun Ft der Fluß der Bewegungen eines H AMILTONschen Problems, und sei für alle t λt = Ft∗ −1 λ0 . Wir wollen jetzt die Aussage Gτ (t) ◦ Ft = Ft ◦ Gτ (0), die offensichtlich für t =0 richtig ist, für alle τ und t beweisen. Diese Aussage ist äquivalent zu Gτ (t) = Ft ◦ Gτ (0) ◦ Ft−1 = Gτ (t). Wir bemerken zunächst, daß G τ (t) = Gτ (t) genau dann gilt, falls für das Vektorfeld Y τ (t)(x) = ∂ Gτ (t) Gτ (t)−1 (x) ∂τ Y τ (t) = Y (t) gilt; Gτ (t) und Gτ (t) sind nämlich genau die Flüsse dieser beiden Vektorfelder und durch die Vektorfelder selbst eindeutig bestimmt. Für Y τ (t)(x) ergibt sich nach der Kettenregel: Y τ (t)(x) = DFt Ft−1 (x) Y (0) Ft−1 (x) und damit für alle Vektoren k ω(Ft (x)) Y τ (Ft (x)), DFt (x)(k) = ω(Ft (x)) (DFt (x)(Y (0)(x)), DFt (x)(k)) = (Ft∗ ω) (x) (Y (0)(x), k) . 4 Die H AMILTONsche Mechanik 166 Beachten wir jetzt Ft∗ ω = ω, so läßt sich dieses Resultat in der Form Ft∗ i Y τ (t) ω = i(Y (0))ω schreiben. Nun gilt i(Y (t))ω = − dλt und λt = Ft∗ −1 λ0 nach Voraussetzung für alle t. Wir finden also i(Y τ (t))ω = − Ft∗ −1 dλ0 = − dFt∗ −1 λ0 = − dλt = i(Y (t))ω, woraus in der Tat Y τ (t) = Y (t) folgt. Die Funktionenschar λt wollen wir die Erzeugende der kanonischen Transformationen Gτ (t) nennen. Wir können unser Resultat damit so formulieren: Falls die Gleichung λt = Ft∗ −1 λ0 (4.29) für die Erzeugende von Gτ (t) gilt, so folgt für den Fluß Ft : Gτ (t) ◦ Ft = Ft ◦ Gτ (0). (4.30) Gleichung (4.29) ist äquivalent zu Ft∗ λt = λ0 oder ausgeschrieben λt (Ft (q, p)) = λ0 (q, p), d.h. λt , ausgewertet auf dem Argument Ft (q, p), ergibt den gleichen Wert wie λ 0 , ausgewertet auf (q, p). Nun ist Ft der Fluß der Bewegung eines H AMILTONschen Problems. Wir schließen daraus: λt , ausgewertet am Endpunkt einer Bahnkurve zur Zeit t, ergibt den gleichen Wert wie λ0 , ausgewertet am Anfangspunkt. Eine solche Funktion wollen wir eine Bewegungskonstante nennen. Die Gleichung (4.30) besagt analog: G τ (t), angewandt auf den Endpunkt (zur Zeit t) einer Bahnkurve, die durch den Anfangspunkt (q, p) bestimmt ist, ist gleich dem Endpunkt (zur Zeit t) einer Bahnkurve, die in G τ (0)(q, p) startet. Insbesondere ist Gτ (t) ◦ Ft (q, p) wieder eine Bahnkurve, die den H AMILTONschen Gleichungen genügt! Die kanonischen Transformationen G τ (t) transformieren also Bahnkurven wieder in Bahnkurven. Beispiele für solche Transformationen sind uns bereits beim 4.5 Kanonische Transformationen,. . . 167 Studium des Prinzips der kleinsten Wirkung in der Form von Symmetrietransformationen begegnet. Wir konnten dort zeigen, daß einparametrige Scharen von Symmetrietransformationen der L AGRANGE-Funktion Bahnkurven in Bahnkurven transformieren und über das N OETHER-Theorem auf Funktionen von Ort, Zeit und Geschwindigkeit führen, die genau in dem geschilderten Sinne Bewegungskonstanten sind. Jetzt haben wir offenbar eine gewisse Umkehrung dieses Sachverhalts bewiesen: Eine Bewegungskonstante erzeugt stets eine solche Transformation der Bahnkurven in Form einer Schar von kanonischen Transformationen. Falls die Bewegungskonstante nicht explizit von der Zeit abhängt, d.h. λ t =λ, vereinfachen sich unsere Formeln wie folgt: Damit λ Bewegungskonstante ist, muß Ft∗ λ = λ gelten, d.h. λ ist vollständig invariant unter dem zeitlichen Fluß der Bewegungen. Weiter ist Gτ (t) = Gτ offensichtlich nicht von der Zeit abhängig, und damit gilt die vereinfachte Beziehung Gτ ◦ F t = F t ◦ G τ , die offenbar folgendes aussagt: Wird der Endpunkt (zur Zeit t) der Bahnkurve mit Anfangspunkt x der Abbildung Gτ unterworfen, so ist das Resultat gleich dem Endpunkt (zur Zeit t) der Bahnkurve mit Anfangspunkt Gτ (x). Die Transformation von Anfangspunkt und Endpunkt ist also mit Hilfe der gleichen zeitunabhängigen Transformation durchgeführt. Abschließend wollen wir uns noch der Aufgabe zuwenden, ein einfaches Kriterium für Bewegungskonstanten zu finden. Sei F t wieder der Fluß der Bewegungen eines H AMILTONschen Problems mit der H AMILTON-Funktion H, die explizit von der Zeit abhängen darf. Das Vektorfeld Yt (x) = erfüllt also ∂Ft Ft−1 (x) ∂t i(Yt )ω = − dH. Sei λt eine zeitabhängige Schar von Funktionen. Wir berechnen: d ∗ d ∂λt ∂Ft F λt (x) = λt (Ft (x)) = (Ft (x)) + i (x) dλt (Ft (x)) dt t dt ∂t ∂t 4 Die H AMILTONsche Mechanik 168 nach der Kettenregel. Hieraus folgt Ft∗ −1 ∂λt d ∗ Ft λt (x) = (x) + i(Yt )dλt (x). dt ∂t Ft∗ λt = λ0 gilt genau dann, falls d ∗ dt Ft λt = 0, also genau dann, falls ∂λt (x) + i(Yt )dλt (x) = 0. ∂t (4.31) Der Fluß Ft tritt in dieser Gleichung glücklicherweise nicht mehr auf, sondern nur das Vektorfeld Yt , das wegen i(Yt )ω = − dHt vollständig aus der H AMILTON-Funktion berechnet werden kann. Wir haben früher bereits q p Yt = ∇ H, − ∇ H gefunden, weshalb (4.31) explizit auch in der Form ∂Ht ∂λt ∂λt X ∂Ht ∂λt =0 + − µ ∂t ∂pµ ∂q µ ∂q ∂pµ µ geschrieben werden kann. Die Lösungen λ t dieser Gleichung ergeben damit alle Bewegungskonstanten. 4.6 Kanonische Transformationen im erweiterten Phasenraum In der Folge geben wir eine Variante der H AMILTONschen Mechanik an, in der die Zeit gleichberechtigt zu den kanonischen Koordinaten (q, p) gezählt wird. Zunächst wird der erweiterte Phasenraum V = R×P mit einer zusätzlichen Zeitkoordinate eingeführt und auf V die (erweiterte) kanonische Zweiform X Ω = ω − dH ∧ dt = dpµ ∧ dq µ − dH ∧ dt (4.32) µ definiert. 4.6 erweiterter Phasenraum 169 H sei eine H AMILTON-Funktion mit Fluß Ft auf P , der, wie in den letzten Abschnitten, durch das Vektorfeld Y (t, x) = mit ∂Ft Ft−1 (x) , ∂t (x ∈ P ) i(Y )ω = − dH erzeugt wird. Wir ordnen jetzt Y das Vektorfeld Ỹ = (1, Y ) auf V zu und bemerken, daß Ỹ durch die Gleichungen i(Ỹ )Ω = 0, i(Ỹ )dt = 1 (4.33) eindeutig bestimmt ist. Der Fluß Gτ (z) (τ ∈ R) von Ỹ auf V erfüllt die üblichen Bedingungen: z(τ ) = Gτ (z) ist Kurve in V mit ż(τ ) = Ỹ (z(τ )) und Anfangswert z(0) = z. Hieraus folgt, wie mehrfach gezeigt: Ỹ (z) = ∂Gτ G−1 τ (z) . ∂τ Setzen wir in (4.33) z(τ ) = (t(τ ), x(τ )), so folgt aus der Definition von Ỹ ṫ(τ ) = 1, ẋ(τ ) = Y (t(τ ), x(τ )). Für die Anfangswerte t(0) = t, x(0) = x finden wir die eindeutig bestimmte Lösung t(τ ) = t + τ, x(τ ) = Ft+τ ◦ Ft−1 (x), 4 Die H AMILTONsche Mechanik 170 und damit gilt für Gτ und z = (t, x): Gτ (t, x) = (t + τ, Ft+τ ◦ Ft−1 (x)). Speziell für t = 0 folgt Gτ (0, x) = (τ, Fτ (x)). Der Fluß Fτ auf P kann also auf einfache Weise aus G τ zurückgewonnen werden. Eine kanonische Transformation F ∗ auf V wird jetzt durch die Forderungen F ∗Ω = Ω (4.34) F ∗t = t definiert. F ∗ läßt also Ω und die Zeitkoordinate invariant. F (t, x) hat deshalb die einfache Form F (t, x) = (t, ft (x)), wobei ft eine Transformation von P ist, die wegen (4.34) der Gleichung ft∗ ω = ω genügen muß, also selbst eine kanonische Transformation auf P ist. Wir wollen jetzt die Identität von Gτ = F ◦ Gτ ◦ F −1 mit Gτ beweisen, die offensichtlich für τ = 0 stimmt und dann gilt, wenn das Vektorfeld Y τ (z) = ∂Gτ −1 Gτ (z) ∂τ mit Ỹ (z) übereinstimmt. Für die Zeitkoordinate selbst ist F ∗ t = t und damit ∗ Gτ t =G∗τ t, woraus durch Differenzieren sofort i(Y τ )dt = i(Ỹ )dt = 1 4.6 erweiterter Phasenraum 171 folgt. Falls also zusätzlich i(Y τ )Ω = 0 gezeigt werden kann, muß Y τ = Ỹ gelten, da die Bedingungen (4.33) Ỹ eindeutig festlegen. Durch Anwendung der Kettenregel ergibt sich für Y τ explizit Y τ (z) = DF F −1 (z) Ỹ F −1 (z) . Für alle Vektoren k gilt deshalb Ω(F (z)) Y τ (F (z)), DF (z)(k) = Ω(F (z)) DF (z)(Ỹ (z)), DF (z)(k) = (F ∗ Ω)(z)(Ỹ (z), k) Wegen F ∗ Ω =Ω und i(Ỹ )Ω =0 verschwindet dieser letzte Ausdruck, und damit gilt: Ω(F (z)) Y τ (F (z)), DF (z)(k) = 0, d.h. F ∗ i(Y τ )Ω = 0 und damit i(Y τ )Ω = 0. 2 Für eine kanonische Transformation F von V haben wir also die Beziehung Gτ = F ◦ Gτ ◦ F −1 bewiesen, die auch in der Form Gτ ◦ F = F ◦ G τ geschrieben werden kann. Wir verwenden jetzt (4.34) und (4.30) und finden für z = (0, x) F ◦ Gτ (0, x) = (τ, fτ ◦ Fτ (x)) , Gτ ◦ F (0, x) = (τ, Fτ ◦ f0 (x)) , und damit, wegen F ◦ Gτ = Gτ ◦ F : fτ ◦ F τ = F τ ◦ f 0 4 Die H AMILTONsche Mechanik 172 Auf P ist ft also eine zeitabhängige Schar von kanonischen Transformationen, die die Bewegungen unseres H AMILTONsche Systems untereinander transformieren. Es wird sich erweisen, daß sich die entsprechende Transformation F auf V sehr viel einfacher und eleganter charakterisieren läßt. Wir benutzen ! X µ Ω=d pµ dq − Hdt µ Hieraus folgt wegen F ∗ Ω = Ω, F ∗ t = t und F ∗ d = df ∗ X 0=d µ pµ dq µ − Hdt − X µ F ∗ pµ df ∗ q µ − F ∗ dt !! . Mit den neuen Funktionen Qµ = F ∗ q µ , P µ = F ∗ pµ , K = F ∗H folgt jetzt nach dem P OINCAR É-Lemma X µ pµ dq µ − X µ Pµ dq µ − (H − K) dt = dg. g kann als Funktion von q µ , Qµ und t betrachtet werden, und damit gilt: pµ = ∂g , ∂q µ Pµ = − ∂g , ∂Qµ H−K = − ∂g . ∂t Aus den ersten beiden Gleichungen lassen sich P µ und Qµ als Funktionen von p und q berechnen. Damit ist aber F eindeutig durch g bestimmt, und deshalb heißt g die Erzeugende der kanonischen Transformation F in V . Wir fordern jetzt für F die Bedingung K = 0, d.h. ∂g +H=0 ∂t und erkennen dies als die JACOBI-Gleichung für g wieder. Beachten wir, daß außerdem jetzt Ω= X µ dpµ ∧ dq µ 4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern 173 gilt, so finden wir wegen i(Ỹ )Ω = 0: i(Ỹ )dpµ = i(Ỹ )dq µ = 0 und damit d ∗ µ d ∗ Gτ Pµ = G Q = 0. dτ dτ τ Es gilt also G∗τ Pµ (z) = Pµ (z), G∗τ Qµ (z) = Qµ (z) und damit speziell für z = (0, x) wegen (4.34) Pµ (τ, Fτ (x)) = Pµ (0, x), Qµ (τ, Fτ (x)) = Qµ (0, x). Für eine feste Bahnkurve auf P sind also P µ und Qµ konstant. Dies sind genau die Bedingungen, unter denen bei Benutzung der JACOBI-Methode die Bahnkurven in Abschnitt 4.3 hergeleitet wurden. 4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern Wir haben in den vorausgegangenen Abschnitten festgestellt, daß eine einparametrige Schar Fτ von Diffeomorphismen vermöge der Formel Y (x) = ∂ Fτ Fτ−1 (x) ∂τ ein Vektorfeld Y kanonisch definiert und daß umgekehrt durch ein solches Vektorfeld eine Schar von Diffeomorphismen als Fluß von Y erzeugt wird. Für jede Funktion f gilt ferner Fτ∗ −1 ∂ ∗ F f = i(Y )df = DY f, ∂τ τ wobei DY f wie gewohnt die Richtungsableitung von f nach Y bezeichnet. Die Abbildung f → DY f stellt also in linearer Näherung die Abweichung der Funktion F τ∗+∆τ f von der Funktion Fτ∗ f dar, weshalb man Y gelegentlich auch als infinitesimalen Diffeormorphismus bezeichnet. Für zwei Vektorfelder Y1 , Y2 ist die L IE-Klammer durch [Y1 , Y2 ] = DY1 Y2 − DY2 Y1 (4.35) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 174 erklärt. Man überzeugt sich mehr oder weniger leicht von der Gültigkeit der folgenden Formeln: [Y1 , Y2 ] = − [Y2 , Y1 ] D[Y1 ,Y2 ] f = (DY1 ◦ DY2 − DY2 ◦ DY1 ) f Zusätzlich gilt die nützliche Beziehung i ([Y1 , Y2 ]) = θ(Y1 )i(Y2 ) − i(Y2 )θ(Y1 ) Beweis: Der Beweis hierfür sei nur kurz skizziert: Man beweist diese Identität leicht für 1-Formen. Setzt man nun A = θ(Y1 )i(Y2 ) − i(Y2 )θ(Y1 ) so berechnet man für k- und l-Formen ω k und ωl zunächst A(ωk ∧ ωl ) = (Aωk ) ∧ ωl + (−1)k ωk ∧ (Aωl ). Wir nehmen an, daß die Identität A = i ([Y1 , Y2 ]) für alle l ≤ m bewiesen ist. Für eine (l + 1)-Form gilt ωl+1 = X µ ωµ ∧ dxµ mit geeigneten l-Formen ωl . Also gilt Aωl+1 = X µ Aωµ ∧ dxµ + (−1)l X µ ωµ ∧ Adxµ Für die 1-Formen dxµ gilt Adxµ = i ([Y1 , Y2 ]) dxµ , und für Aωµ gilt die analoge Identität auf Grund der Induktionsannahme; also folgt Aωl+1 = X µ (i ([Y1 , Y2 ]) ωµ ) ∧ dxµ + (−1)l = i ([Y1 , Y2 ]) X µ X µ ωµ ∧ i ([Y1 , Y2 ]) dxµ ωµ ∧ dxµ = i ([Y1 , Y2 ]) ωl+1 4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern Damit ist die Identität vollständig durch Induktion gezeigt. 175 2 2 Außerdem gilt die JACOBI-Identität: [Y1 , [Y2 , Y3 ]] + [Y3 , [Y1 , Y2 ]] + [Y2 , [Y3 , Y1 ]] = 0. Allgemein heißt ein Vektorraum mit einem schiefen Produkt [·, ·], das der JACOBI- identität genügt, eine L IE-Algebra. Der Raum der Vektorfelder auf unserem Phasenraum stellt also eine L IE-Algebra dar. Wir erhalten eine zweite L IE-Algebra F , indem wir für je zwei Funktionen ϕ 1 , ϕ2 auf P die sog. P OISSON-Klammer {ϕ1 , ϕ2 } erklären; dazu ordnen wir jeder Funktion ϕ zunächst das Vektorfeld Y ϕ zu, das eindeutig durch die Relation i(Yϕ )ω = − dϕ bestimmt ist. Die Definition der P OISSON-Klammer lautet dann: {ϕ1 , ϕ2 }(x) = ω(Yϕ1 (x), Yϕ2 (x)). (4.36) Je zwei Funktionen wird also die neue Funktion {ϕ 1 , ϕ2 } auf P zugeordnet. In Koordinaten (p, q) lautet sie explizit: {ϕ1 , ϕ2 } = X ∂ϕ1 ∂ϕ2 µ ∂pµ ∂q µ − ∂ϕ2 ∂ϕ1 ∂pµ ∂q µ und man sieht sofort: {ϕ1 , ϕ2 } = i(Yϕ2 )i(Yϕ1 )ω = − i(Yϕ2 )dϕ1 = − DYϕ2 ϕ1 = DYϕ1 ϕ2 . Wir wollen jetzt die folgenden beiden Gleichungen beweisen: Lemma: weis: [Yϕ1 , Yϕ2 ] = Y{ϕ1 ,ϕ2 } (4.37) Be- {ϕ1 , {ϕ2 , ϕ3 }} + {ϕ3 , {ϕ1 , ϕ2 }} + {ϕ2 , {ϕ3 , ϕ1 }} = 0 (4.38) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 176 Die erste Formel folgt aus: i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = (θ(Yϕ1 )i(Yϕ2 ) − i(Yϕ2 )θ(Yϕ1 )) ω. Zunächst gilt wegen dω = 0: θ(Yϕ1 )ω = i(Yϕ1 )dω + di(Yϕ1 )ω = di(Yϕ1 )ω = − d2 ϕ1 = 0 und i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = i(Yϕ1 )di(Yϕ2 )ω + di(Yϕ1 )i(Yϕ2 )ω; beachten wir jetzt di(Yϕ2 )ω = − d2 ϕ2 = 0, so folgt sofort aus der Definition von {ϕ 1 , ϕ2 } i ([Yϕ1 , Yϕ2 ]) ω = − d{ϕ1 , ϕ2 }, d.h. es gilt in der Tat [Yϕ1 , Yϕ2 ] = Y{ϕ1 ,ϕ2 } . Für die zweite Formel wird die allgemeine Identität 3dω(Y1 , Y2 , Y3 ) = DY1 ω(Y2 , Y3 ) + DY3 ω(Y1 , Y2 ) + DY2 ω(Y3 , Y1 ) − ω([Y1 , Y2 ], Y3 ) − ω([Y3 , Y1 ], Y2 ) − ω([Y2 , Y3 ], Y1 ), benutzt, die für beliebige 2-Formen und beliebige Vektorfelder hergeleitet werden kann. Wir setzen hierin Yi =Yϕi und benutzen [Yϕi , Yϕk ] = Y{ϕi ,ϕk } sowie DYϕi ω(Yϕk , Yϕl ) = DYϕi {ϕk , ϕl } = {ϕi , {ϕk , ϕl }} zur Herleitung von dω(Yϕ1 , Yϕ2 , Yϕ3 ) = 2 [{ϕ1 , {ϕ2 , ϕ3 }} + {ϕ3 , {ϕ1 , ϕ2 }} + {ϕ2 , {ϕ3 , ϕ1 }}] . Wegen dω = 0 folgt damit die zweite Gleichung unseres Lemmas. 2 4.7 L IE-Klammern und P OISSON-Klammern 177 Das Lemma impliziert somit folgende Aussage: Durch die P OISSON-Klammer erhält der Vektorraum F der Funktionen auf P in der Tat die Struktur einer L IE-Algebra; die Abbildung ϕ → Y ϕ erklärt einen L IEAlgebrahomomorphismus, d.h. L IE-Produkte auf F werden in L IE-Produkte im Raum der Vektorfelder überführt. Leider müssen wir es bei dieser sehr knappen Darstellung der Eigenschaften der P OISSON-Klammer bewenden lassen; auf die interessanten Anwendungen in Störungsrechnungen zum H AMILTONschen Bewegungsproblem einzugehen, bleibt keine Zeit mehr. Kurz erwähnt werden soll aber noch eine besondere Beziehung zur Quantenmechanik: In der Quantenmechanik wird der Funktion ϕ auf dem Phasenraum ein H ERMITEscher Operator Aϕ in einem H ILBERTraum zugeordnet, so daß die folgende Relation für je zwei Funktionen ϕ 1 und ϕ2 gilt: Aϕ1 · Aϕ2 − Aϕ2 · Aϕ1 = i~ A{ϕ1 ,ϕ2 } (~ P LANCKsche Konstante). Eine solche Zuordnung existiert tatsächlich nur für eine gewisse Klasse von Funktionen und ist keineswegs frei von Widersprüchen, obwohl dieser Vorgang kanonische Quantisierung genannt wird. 4 Die H AMILTONsche Mechanik 178 Aufgabe 4.2 — H AMILTON-JACOBI-Gleichung für ein Teilchen in einem homogenen Magnetfeld Die L AGRANGEfunktion eines geladenen Teilchens der Masse m und Ladung q in einem homogenen Magnetfeld B parallel zur e 3 -Richtung ist gegeben durch: 1 L(x, v) = m|v|2 + mωx1 v 2 , 2 ω= qB . mc v a) Bestimmen Sie die Komponenten des kanonischen Impulses p : = ∇ L. b) Bestimmen Sie die H AMILTON-Funktion H(x, p). c) Leiten Sie die H AMILTON-JACOBI-Gleichung her. d) Lösen Sie die H AMILTON-JACOBI-Gleichung mit dem Ansatz W = Q2 x2 + Q3 x3 + f (x1 ) − Et , und berechnen Sie die Bahnkurven. Aufgabe 4.3 — Klassischer S TARK-Effekt Die L AGRANGE-Funktion für die Bewegung eines Teilchens der Masse m in einem (zeitlich) konstanten elektrischen Feld, das die Überlagerung eines C OULOMB-Feldes und eines homogenen Feldes in der e3 -Richtung ist, ist gegeben durch: 1 κ L(x, v) = m|v|2 − + λx3 . 2 |x| a) Zeigen Sie, daß die L AGRANGE-Funktion in den parabolischen Koordinaten (ξ, η, φ), definiert durch xi = f i (ξ, η, φ) mit p ξη cos φ p f 2 (ξ, η, φ) = ξη sin φ f 1 (ξ, η, φ) = 1 f 3 (ξ, η, φ) = (ξ − η), 2 gegeben ist durch: L0 (ξ, η, φ, vξ , vη , vφ ) = Übungen 179 1 m(ξ + η) 8 vξ2 vη2 + ξ η ! 2κ 1 1 + λ(ξ − η). + mξηvφ2 − 2 ξ+η 2 b) Zeigen Sie, daß die H AMILTON-Funktion gegeben ist durch H(ξ, η, φ, pξ , pη , pφ ) = 2 1 2 2κ 1 ξp2ξ + ηp2η + p + − λ(ξ − η). m(x + η) 2mξ φ ξ + η 2 0 0 0 ∂L ∂L wobei pξ = ∂L ∂vξ , pη = ∂vη und pφ = ∂vφ die kanonischen Impulse sind. c) Bestimmen Sie jetzt in den parabolischen Koordinaten die H AMILTON- JACOBIsche Differentialgleichung für W (ξ, η, φ, t). d) Zeigen Sie, daß mit Hilfe des Separationansatzes W (ξ, η, φ, t) = W1 (ξ) + W2 (η) + W3 (φ) − αt die H AMILTON-JACOBI-Gleichung gelöst wird durch W (ξ, η, φ, α, β, γ, t) = + Zξ 0 p 2mατ 2 + 2(γ − 2κm)τ − β 2 + mλτ 3 dτ 2τ Zξ p 2mατ 2 − 2γτ − β 2 − mλτ 3 dτ + βφ − αt, 2τ 0 wobei α, β, γ ∈ R Konstanten sind. e) Interpretieren Sie die Konstanten α und β und skizzieren Sie, wie man aus W die Bahnkurven gewinnt. Aufgabe 4.4 — Das K EPLER-Problem III In der Aufgabe 4.3 wurde gezeigt, daß die H AMILTON-JACOBI-Gleichung für die Bewegung eines Teilchens in einem elektrischen Feld, beschrieben durch das Potential V = κ − λx3 , |x| 4 Die H AMILTONsche Mechanik 180 in parabolischen Koordinaten gelöst wird durch W (ξ, η, φ, α, β, γ, t) = + Zξ 0 p 2mατ 2 + 2(γ − 2κm)τ − β 2 + mλτ 3 dτ 2τ Zξ p 2mατ 2 − 2γτ − β 2 − mλτ 3 + βφ − αt, dτ 2τ 0 wobei α als die erhaltende Energie und β als die erhaltende 3-Komponente des Drehimpulses gedeutet wurden. Zur Deutung von γ dienen folgende Rechenschritte: a) Berechnen Sie die 3-Komponente des RUNGE-L ENZ-Vektors B in parabolischen Koordinaten. b) Zeigen Sie, daß gilt: 1 γ = mκ(1 − B 3 ) − mλξη. 2 Für das reine C OULOMB-Problem (λ = 0) ist die Konstante 1−γ/(mκ) also zu deuten als der für dieses Problem erhaltene RUNGE-L ENZ-Vektor. Sei H(p, x) = |p|2 + V (|x|) 2m die H AMILTON-Funktion eines Teilchens im zentralsymmetrischen Potential V . c) Zeigen Sie, daß die H AMILTON-JACOBI-Gleichung durch (x = (x 1 , x2 , x3 ), Q = (Q1 , Q2 , Q3 )) 1 3 3 W (x, Q, t) = f (|x|, Q , Q ) + Q arccos x3 cos Q2 + x2 sin Q2 |x| − Q1 t gelöst wird, wobei Zr s (Q3 )2 dξ f (r, Q1 , Q3 ) = 2m(Q1 − V (ξ)) − ξ2 0 bezeichnet. d) Zeigen Sie, daß wegen c) die Bewegung in einer Ebene stattfindet, und skizzieren Sie, wie man die Bahnkurven erhält. Übungen 181 Aufgabe 4.5 — Kanonische Transformationen und H AMILTONsche Vektorfelder Es seien xi , pi , i = 1, 2, 3 kartesische Koordinaten im Phasenraum P eines Teilchens, ω= 3 X i=1 dpi ∧ dxi die kanonische 2-Form; Cki sei eine beliebige, umkehrbare Matrix. a) Zeigen Sie: Durch xi → f i (x) = 3 X pi → Fi (p) = 3 X Cki xk k=1 (C −1 )ki pk k=1 wird eine lineare Transformation F : P → P des Phasenraumes erklärt, die F ∗ ω = ω erfüllt. b) Wir setzen in a) Cki = [exp(Bτ )]ik und erhalten eine Schar von linearen Abbildungen von P . Berechnen Sie die Kom ∂ ponenten (Y 1 , Y 2 , Y 3 , Y1 , Y2 , Y3 ) des Vektorfeldes Y = ∂τ F Ft−1 (x, p) . c) Zeigen Sie i(Y )ω = −df, f (x, p) = 3 X Bik pk xi . i,k=1 Für eine Schar von Drehungen gilt B = A(ω̃) (ω̃ Drehvektor). Berechnen Sie f als Funktion von x, p und ω̃. d) Sei Fτ jetzt durch (Fτ )i (x) = xi + τ ci (Fτ )i (p) = pi (ci = const.) 4 Die H AMILTONsche Mechanik 182 erklärt. Wiederholen Sie a)-c) für diese Transformationenschar. e) Setzen Sie jetzt y = (q, p), und betrachten Sie eine beliebige lineare Transformation B : P → P , sowie F = exp(τ B). Welche Bedingung muß B erfüllen, damit F ∗ ω = ω für alle τ ∈R gilt? Zeigen Sie: d Fτ Fτ−1 (y) = By dτ i(By)ω = dfB 1 fB = ω(By, y) 2 Schlußwort Unser Weg von den N EWTONschen zu den H AMILTONschen Gleichungen war stets von geometrischen Aussagen über die Bewegungsformen begleitet. Ganz zu Anfang basierten diese Aussagen auf der euklidischen Geometrie des dreidimensionalen Raums allein; zum Schluß stand die Geometrie des Phasenraums, bestimmt durch die kanonische Zweiform, im Vordergrund. Immer wieder fanden wir dabei einen ausgezeichneten Zusammenhang zwischen Bewegungskonstanten und Symmetrietransformationen. Mit ähnlichen Zusammenhängen werden Sie, die Studenten der Mechanik im Wintersemester 1992/93, auch in der weiteren Ausbildung ständig neue Bekanntschaft machen. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg und danken Ihnen und Ihren Tutoren für Ihre Mitarbeit in der Vorlesung, in den Übungen und insbesondere Peter Engels, Carlo Ewerz, Norbert Lütke-Emtrup, Jens Nitschkowski und Ludger Wirtz für ihre Hilfe beim Aufspüren von Fehlern in diesem Manuskript. Bonn, im Mai 1993 H.R. Petry, B.C. Metsch, M. Beyer Schlußwort zur zweiten Auflage 1995 Bei der vorliegenden Neuauflage wurden keine grösßere Änderungen vorgenommen: hauptsächlich wurde der Text jetzt unter Verwendung von LATEX gesetzt. Für Ihre Hinweise auf Druckfehler sind wir insbesondere Jens Nitschkowski und Christian Weichmann sehr dankbar. Bonn, im September 1995 H.R. Petry, B.C. Metsch 184 Index H AMILTONsche Vektorfelder . . . . . . . . 181 Abbildung adjungierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 schiefadjungierte lineare . . . . . . . . . 30 Ableitung äußere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152, 155 L IE- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 partielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Richtungs- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 äußere Ableitung . . . . . . . . . . . . . . 152, 155 Allgemeine Relativitätstheorie 3, 113, 131 antisymmetrische multilineare Funktion28 Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Beschleuniger . . . . . . . . . . . . . . . 52, 53, 125 Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Bewegung Integral der . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 8, 77 Bewegungskonstante . . . . . . . . . . . 162, 167 Binormalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Boost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Brachistochrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 C ORIOLIS-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C OULOMB-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Zweizentren- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Determinante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Determinantenfunktion . . . . . . . . . 134, 163 Diffeormorphismus infinitesimaler . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Differentialform . . . . . . . . . . . . . . . 150, 151 Differentialgleichungssystem Fluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 lineares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 lineares, homognes . . . . . . . . . . . . . . 43 lineares, inhomogenes . . . . . . . . . . . 43 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 innerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Drehimpulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Drehimpulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Drehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Eichtransformation . . . . . . . . . . . . . . 71, 123 einparametrige Invarianzgruppe . . . . 74, 77 einparametrige Schar von Symmetrietransformationen . . . . . . . . . . . . 74, 77, 166 Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 elliptische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . 145 Energie kinetische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 7 potentielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Energieerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Energiesatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 Erhaltungsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Erhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Erzeugende der kanonischen Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 euklidische Metrik . . . . . . . . . . . . . . . 28, 38 E ULER-L AGRANGE-Gleichungen . . 68, 93 E ULERsche Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 E ULERsche Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 exakte k-Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Extremalkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68, 80 Extremalprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 PAUL- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 P ENNING- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 62 Index Flächensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Fluß der Bewegung . . . . . . . . . . . . 162, 166 eines Differentialgleichungssystems 41 F OUCAULT-Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Freiheitsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Freiheitsgrade Raum der . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 F RENETsche Formeln . . . . . . . . . . . . . . 127 F RENETsche Koordinaten . . . . . . . . . . . 127 Funktionen antisymmetrische multilineare . . . . 28 multilineare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 schiefe multilineare . . . . . . . . . 28, 150 symmetrische multilineare . . . . . . . 28 G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 spezielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 volle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 G ALILEI-Invarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 G ALILEI-Transformationen . . . . 17, 75, 76 Untergruppen von . . . . . . . . . . . . . . . 20 generalisierte Geschwindigkeiten . . . . . . 72 generalisierte Koordinaten . 72, 78, 80, 87, 103 Generator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36, 135 Gesamtdrehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Gesamtenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Gesamtimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Gesamtmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 76 geschlossene k-Form . . . . . . . . . . . . . . . 158 Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 generalisierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Geschwindigkeitstransformation . . . . . . 20 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . 51, 116, 117 Gradient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Gruppe einparametrige Invarianz- . . . . . 74, 77 G ALILEI- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19, 112 L ORENTZ- . . . . . . . . . . . . . . . 112, 134 P OINCAR E´- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 H AMILTON-Funtion . . . . . . . . . . . . . . . . 139 H AMILTON-JACOBI-Gleichung . . . . . . 178 185 H AMILTONsche Gleichungen . . . . . . . . 160 H AMILTONsches Prinzip . . . . . 65, 70, 103 Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . .113 H AMILTONsche Gleichungen . . . . . . . . 138 harmonischer Oszillator . . . . . . . . . 61, 143 Hauptträgheitsachsen . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Hauptträgheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . 92 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 kanonischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Impulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Inertialsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 22 infinitesimaler Diffeormorphismus . . . 173 innerer Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 integrable Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Integral der Bewegung . . . . . . 7, 8, 77, 100 Invarianz G ALILEI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Invarianz des Phasenraumvolumens . . 162 Invarianzgruppe einparametrige . . . . . . . . . . . . . . 74, 77 Isomorphismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Standard– . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 JACOBI-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 JACOBI-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . .142 JACOBI-Identität . . . . . . . . . . . . . . . . 30, 175 JACOBI-Matrix . . . . . . . . . . . . . . 38, 81, 119 JACOBI-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 JACOBI-Methode . . . . . . . . . . 140, 142, 149 J ORDAN Satz von . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45 J ORDAN-Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45, 47 J ORDANsche Normalform . . . . . 44-46, 62 k-Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 exakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 geschlossene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 kanonische Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 kanonische Quantisierung . . . . . . . . . . . 177 kanonische Transformation . 164, 167, 168 kanonische Transformationen . . . 162, 181 kanonische Zweiform . . . . . . . . . . . . . . . 159 186 Kegelschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 K EPLER-Problem . . . 8, 32, 123, 131, 179 Konstruktion der Bahn . . . . . . . . . . . . 8 kinetische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 7 klassischer S TARK-Effekt . . . . . . . . . . . 178 Kommutator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 elliptische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 F RENETsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 generalisierte . . . . 72, 78, 80, 87, 103 Kugel- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 parabolische . . . . . . . . . . . . . . 178, 180 Polar- . . . . . . . . . . . . . . . . . 80, 130, 147 sphärische Polar- . . . . . . . . . . . . . . 119 zyklische . . . . . . . . . . . . . . 99, 100, 103 Zylinder- . . . . . . . . . . . . . . . . . 119, 125 Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1, 116 Kreisel schwerer . . . . . . . . . . . . . . . . . 105, 106 Krümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Länge eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 L AGRANGE-Funktion . . . . . . . . . . . . 65, 66 des starren Körpers . . . . . . . . . . . . . . 92 separabele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 L AGRANGE-Multiplikator . . . . . . . . . . . 115 lichtartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 L IE-Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 L IE-Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 L IE-Klammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 lineare Differentialgleichungssysteme . 42 L IOUVILLEscher Satz . . . . . . . . . . . . . . 164 L ORENTZ-Gruppe . . . . . . . . . . . . . 112, 134 L ORENTZ-Transformationen . . . . . . . . 133 eigentliche, orthochrone . . . . . . . . 135 Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 reduzierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 schwere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 träge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Matrixelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Index Metrik euklidische . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 38 M INKOWKSI- . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 M INKOWSKI-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . 133 multilineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 28 antisymmetrische . . . . . . . . . . . . . . . 28 Differenzieren von . . . . . . . . . . . . . . 31 schiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 150 symmetrische. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 N EWTON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 N EWTONsche Gleichungen . 1, 22, 24, 25, 51 N OETHER-Theorem . . . . . . . . . . . . . . 73, 77 Norm eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Normalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Normalform J ORDANsche . . . . . . . . . . . . . 44-46, 62 Nutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 parabolische Koordinaten . . . . . . . 178, 180 partielle Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 PAUL-Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Pendel F OUCAULT- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 sphärisches- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 P ENNING-Falle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 62 Periheldrehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . 159, 164, 168 P OINCAR E´-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 P OINCAR E´-lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 P OINCAR E´-Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 P OISSON-Klammer . . . . . . . . . . . . 173, 175 Polarkoordinaten . . . . . . . . 11, 80, 130, 147 sphärische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 65, 66, 116 potentielle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Präzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Prinzip der kleinsten Wirkung . . . . 70, 166 Pull-Back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Quantenmechanik . . . . . . . . . . . 3, 150, 177 Index raumartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Raumdrehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Raumspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Raumtranslation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Raumzeitspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . 135 reduzierte Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Relativitätstheorie Allgemeine . . . . . . . . . . . . . 3, 113, 131 Resonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Resonanzkatastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Richtungsableitung . . . . . . . . . . . . . 38, 152 RUNGE -L ENZ-Vektor . . . . . . . . . . . . 10, 33 RUNGE-L ENZ-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . 180 Satz von L IOUVILLE . . . . . . . . . . . . . . . 164 Scheinkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 schiefadjungierte lineare Abbildung . . . 30 schiefadjungierte lineare Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 schiefe multilineare Funktionen . . 28, 150 S CHR ÖDINGER-Gleichung . . . . . . . . . . 150 S CHWARZSCHILD-Radius. . . . . . . . . . . 131 schwere Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 schwerer Kreisel . . . . . . . . . . . . . . . 105, 106 Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 76 Schwerpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 Separable L AGRANGE-Funktion . . . . . . 99 separable Systeme . . . . . . . . . . . . . . 101-103 Sollbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51, 53, 84 spezielle G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . . . 19 sphärische Polarkoordinaten . . . . . . . . . 119 sphärisches Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 S TARK-Effekt klassischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89, 93 L AGRANGE-Funktion . . . . . . . . . . . 92 Zwangsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . 89 sternförmiges Gebiet . . . . . . . . . . . . . . . 158 Symmetrietransformationen . . 75, 79, 166 einparametrige Schar von 74, 77, 166 symmetrische multilineare Funktion . . . 28 Tangentialraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40, 72 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 träge Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 187 Trägheitstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . 92, 124 Transformation kanonische . . . . . . . . . . . 164, 167, 168 Transformationen Eich- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 G ALILEI . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 75, 76 kanonische . . . . . . . . . . . . . . . 162, 181 L ORENTZ- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 schiefadjungierte lineare . . . . . . . . . 20 Symmetrie- . . . . . . 74, 75, 77, 79, 166 Untergruppe 1-parametrige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Untergruppen von G ALILEItransformationen . . . . 20 Vektor lichtartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 raumartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 zeitartiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Vektorfeld zeitabhängiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Vektorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 volle G ALILEI-Gruppe . . . . . . . . . . 20, 112 Volumenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 E ULERsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Prinzip der kleinsten . . . . . . . . 70, 166 Wirkungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Wirkungsfunktional . . . . . . . . . . . . . 67, 103 zeitabhängiges Vektorfeld . . . . . . . . . . . . 40 zeitartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Zeitspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Zeittranslation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Zentrifugalkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Zwangsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . 85, 87 für starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . 89 Zwangskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Zweizentren-C OULOMB-Problem . . . . 145 zyklische Koordinaten . . . . . . 99, 100, 103 Zyklotronfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . 56, 62 Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . 119, 125