1 Fabaceae – Schmetterlingsblütler (Fabales) © Dr. VEIT M. DÖRKEN, Universität Konstanz, FB Biologie 1 Systematik und Verbreitung Zu der großen Familie der Fabaceae aus der Ordnung Fabales (Magnoliopsida, Dikotyledoneae) werden derzeit 730 Gattungen mit ca. 19.500 Arten gestellt. Die Fabaceae werden in 3 Unterfamilien unterteilen: 1. Papilionoideae, 2. Mimosoideae und 3. Caesalpinioideae. Je nach systematischer Auffassung werden die 3 Unterfamilien als eigenständige Familien geführt. Die Fabaceae sind kosmopolitisch verbreitet und haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in den tropischen, subtropischen bis gemäßigten Bereichen. Die Unterfamilie der Papilionoideae hat einen Verbreitungsschwerpunkt überwiegend in den gemäßigten Zonen. Zahlreiche Fabaceae sind Pionierarten, die auch auf sehr nährstoffarmen Böden wachsen. Abb. 1: Verbreitungskarte (vgl. HEYWOOD, 1982); 2 Morphologie 2.1 Habitus Die Fabaceae sind eine extrem vielgestaltige Gruppe von ein- bis mehrjährigen Kräutern, Halbsträuchern, Sträuchern bis hin zu großen Bäumen. Bei einigen Fabaceae verdornen die Kurztriebe und bilden stark verzweigte, teilweise bis 20 cm lange Sprossdornen aus (z.B. Gleditsia). Der Großteil der Fabaceae lebt symbiotisch zusammen mit Luftstickstoff fixierenden Bakterien der Gattung Rhizobium. Die Bakterien sitzen in speziellen Wurzelknöllchen, die sich an den Feinwurzeln bilden und in denen pflanzenverfügbaren Stickstoff (N2 zu sie den NH4+) atmosphärischen Stickstoff in überführen können. Das dafür 2 notwendige Enzym (Nitrogenase) ist sauerstoffempfindlich. Daher funktioniert die Stickstofffixierung nur unter Sauerstoffabschluss in den Wurzelknöllchen. Abb. 2: Trifolium pratense, Detail einer Seitenwurzel mit Wurzelknöllchen; Abb. 3: Lupinus polyphyllus, Querschnitt durch eine Seitenwurzel mit Wurzelknöllchen; 2.2 Blatt Die wechselständigen Blätter der Fabaceae sind beim Großteil der Arten gefiedert. Nur bei verhältnismäßig wenigen Arten sind die Blätter klein und ungeteilt (z.B. Ulex europaeus). Sie weisen an der Blattbasis bei den meisten Arten 2 Stipeln (Nebenblätter) auf. Diese werden bei einigen Arten (z.B. Robinia) zu Stipulardonen umgewandelt, die dem Fraßschutz dienen. Abb. 4: Pisum sativum, Fiederblatt mit 2 basalen Stipeln; Endfieder zu einer Ranke umgebildet; Abb. 5: Hardenbergia violacea, ungefiedertes Blatt; Stipeln fehlen; Bei einigen Akazienarten sind diese Stipulardornen riesig und hohl. In diesen leben symbiotisch Ameisen, die die Pflanzen vor Fressfeinden schützen. Im unteren Bereich der Blattspindel können extraflorale Nektarien ausgebildet sein. Einige Akazien-Arten bilden an den Fiederblättchen für die Ameisen, mit denen sie in 3 Symbiose leben, kleine protein- und fettreiche Futterkörper, die sog. Belt’schen Körperchen aus. Bei einigen Arten (z.B. in den Gattungen Lathyrus, Pisum und Vicia) ist das terminale Fiederblättchen zu einer Blattranke umgewandelt. Abb. 6: Acacia cornigera, Stipeln zu Dornen umgewandelt, in denen symbiotisch Ameisen leben; Abb. 7: Acacia seyal, Fiederblatt mit extrafloralem Nektarium auf dem Blattstiel; 2.3 Blüte Die Einzelblüten stehen bei den meisten Arten in Trauben (z.B. Robinia), seltener in köpfchenartigen Ständen (z.B. Mimosa). Bei einigen Arten (z.B. Cercis) entspringen die Blüten unmittelbar am älteren Stamm. In diesem Fall spricht man von Kauliflorie (Stammblütigkeit). Die Blüten der Mimosoideae sind entweder eingeschlechtlich oder zwittrig, die der Papilionoideae und Caesalpinoideae sind immer zwittrig. Die 5 persistierenden und auch noch an den Früchten erhalten bleibenden Kelchblätter sind mehr oder weniger stark miteinander verwachsen. Auf die 5 verwachsenen Kelchblätter folgen 5 Kronblätter. Dabei wird bei den Papilionoideae und Caesalpinoideae das median hinterste Kronblatt als Fahne bezeichnet. Die Fahne überdeckt die beiden seitlichen Kronblätter, die sog. Flügel. Die beiden median vordersten Kronblätter sind bei den meisten Arten verwachsen und bilden das Schiffchen. Die Caesalpinoideae unterscheiden sich von den Papilionoideae dadurch, dass in dieser Gruppe die Fahne nicht die Flügel überdeckt. Hier ist es genau umgekehrt. Die Flügel überlagern die Fahne. Bei den Mimosoideae sind alle 5 Kronblätter klein und gleichgestaltet. Das Androeceum (Gesamtheit aller Staubblätter einer Blüte) der Fabaceae baut sich aus zwei Wirteln je 5 Staubblätter auf. Beide Kreise stehen so dicht beisammen, dass die Filamente (Staubfäden) miteinander zu einer Filamentröhre verwachsen konnten. Bei vielen Arten ist jedoch 4 das median hinterste Filament nicht verwachsen und frei. Das Gynoeceum (Gesamtheit aller Fruchtblätter einer Blüte) baut sich aus einem einzigen oberständigen Karpell auf. Abb. 8: Blütendiagramm Vicia (Papilionoideae); Abb. 9: Trifolium pratense, Blüten köpfchenartig gedrängt; Abb. 10: Bei den papilionoideen Fabaceae deckt die Fahne die beiden seitlichen Flügel (Cytisus scoparius); Abb. 11: Bei den caesalpinoiden Fabaceae decken die beiden Flügel die Fahne (Cercis siliquastrum); Abb. 12 & 13: Bei einigen mimosoiden Fabaceae übernehmen kräftig gefärbte und stark verlängerte Staubblätter die Schauwirkung; links: Albizia julibrissin; rechts: Calliandra tweedii. 5 2.4 Frucht Die Frucht der Fabaceae ist bei den meisten Arten eine Hülsenfrucht, die sich aus einem Karpell aufbaut und zum Zeitpunkt der Samenreife an Bauch- und Rückennaht öffnet. Abb. 14: Robinia pseudoacacia, Hülse; Abb. 15: Hedysarum hedysaroides, Gliederhülse; Abb. 16: Mimosa pudica, Rahmenhülse; Abb. 17: Tipuana tipu, Flügelnuss; Abb. 18: Afzelia africana, die schwarzen Samen Abb. 19: Rhynchosia phaseoloides mit auffällig haben auffällige Futterkörper (Elaiosomen), die vom schwarz-rot gefärbten Samen, die die Attraktivität für Funiculus gebildet werden; Tiere erhöht; 6 In der allgemeinen Umgangssprache hat sich hierfür der Begriff Schote eingebürgert. Jedoch ist die Schote im botanischen Sinn eine Sonderform der Kapsel, die sich aus mehreren miteinander verwachsenen Karpellen aufbaut. Die Bezeichnung “Erbsenschote“ ist aus morphologischer Sicht daher falsch. Bei einigen Arten (z.B. Medicago) verholzt die Fruchtwand stark und die Frucht öffnet sich zum Zeitpunkt der Samenreife nicht. In diesem Fall sind die Früchte als Nussfrüchte zu bezeichnen, wie dies auch bei der Erdnuss der Fall ist. Da sich das Exokarp zum Zeitpunkt der Samenreife bei der Erdnuss aufgelöst hat und nur noch als netzartige Struktur erkennbar ist, wird die Erdnuss auch als Mesokarpnuss bezeichnet. Bei anderen Arten (z.B. Hippocrepis) zerfällt das Karpell in einzelne Teilfrüchte. In diesem Fall spricht man von einer Gliederhülse. Bleiben hingegen die Dorsal- und Ventralnaht nach dem Zerfall der Frucht stehen, wie dies z.B. bei Mimosa pudica der Fall ist, spricht man von einer Rahmenhülse. 3 Inhaltsstoffe Die Samen der Fabaceae sind besonders reich an pflanzlichen Proteinen und fetten Ölen. Einige Arten z.B. Phaseolus enthalten stark giftige Proteine wie z.B. Phasin. Andere Arten wie Laburnum enthalten hohe Gehalte an Alkaloiden (z.B. Laburnamin). Die Samen vieler Fabaceae sind im rohen Zustand daher hoch giftig und können bereits in kleinen Dosen tödlich sein. 4 Nutz- und Zierpflanzen Neben zahlreichen Zierpflanzen gehören zu den Fabaceae die wichtigsten Protein liefernden Pflanzen wie Pisum sativum (Erbse), Phaseolus spec. (Bohne), Lens culinaris (Linse), Vicia faba (Dicke Bohne) oder auch Glycine max (Sojabohne). Arachis hypogaea (Erdnuss) ist ein wichtiger Öllieferant. Arten aus den Gattungen Lupinus (Lupine) und Trifolium (Klee) werden Gründüngungspflanzen ackerbaulich verwendet. als Stickstoff sammelnde 7 Abb. 20 & 21: Arachis hypogaea (Erdnuss), die Erdnuss ist eine sog. Mesokarpnuss, die meist zwei Samen enthält, Samen von häutiger Hüllen (Testa) umgeben, die von den Integumenten gebildet wird (links); der Embryo hat zwei stark entwickelte Keimblätter, die hohe Gehalte an fettem Öl und Protein enthalten; Abb. 22 & 23: Pisum sativum (Garten-Erbse), die Frucht ist eine Hülse; Abb. 24 & 25: Phaseolus vulgaris ssp. nanus (Busch-Bohne) mit Hülsenfrüchten; 5 Weiterführende Literatur DÜLL, R. & KUTZELNIGG, H. (2011): Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. 7. Auflage. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim. 8 HEYWOOD, V. H. (1982): Blütenpflanzen der Welt. – Birkhäuser Verlag, Basel. LEINS, P. & ERBAR, C. (2010): Flower and Fruit; Morphology, Ontongeny, Phylogeny; Function and Ecology. – Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart. LIEBEREI, R. & REISSDORF, C. (2007): Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage. – Thieme, Stuttgart. MABBERLEY, D.J. (2008): MABBERLEY´s plant book, 3rd ed. – Cambridge University Press, Cambridge. STEVENS, P. F. (2001): Angiosperm Phylogeny Website. Version 12, July 2012. http://www.mobot.org/mobot/research/apweb/ STÜTZEL, TH. (2015): Botanische Bestimmungsübungen. 3. Auflage. – Ulmer, Stuttgart. WEBERLING, F. (1981): Morphologie der Blüten und der Blütenstände. – Ulmer, Stuttgart.