Hausärztliche Leitlinie Diabetes mellitus Typ 2

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Hausärztliche Leitlinie
Diabetes mellitus Typ 2
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Konsentierung Version 3.00
11. April 2007
Revision bis spätestens
April 2010
Version 3.09 vom 15.04.2008
F. W. Bergert
M. Braun
K. Ehrenthal
J. Feßler
J. Gross
K. Gundermann
H. Hesse
J. Hintze
U. Hüttner
B. Kluthe
W. LangHeinrich
A. Liesenfeld
E. Luther
R. Pchalek
J. Seffrin
G. Vetter
H.-J. Wolfring
U. Zimmermann
Inhaltsverzeichnis
03 Kontext und Kooperation
04 Verantwortlichkeit
05 Diabetes mellitus Typ 2
Pathophysiologie
Definition und Klassifikation
06 Epidemiologie
07 Hausärztliche Schlüsselfragen
Therapieziele
08 Risikoabschätzung
Metabolisches Syndrom
23
25
28
30
Therapie bei Normalgewicht
Diabetiker mit Insulinbehandlung
Hinweise zur Insulintherapie
Besonderheiten der Behandlung bei alten
Diabetikern
Besonderheiten bei Patienten in Pflege
33 Nicht medikamentöse Maßnahmen
Arzneitherapie zur Blutzuckersenkung
34 Management der Hyperglykämie
35 Allgemeine Therapiehinweise
Diabetes und Depression
36 Verlaufskontrollen
09 Case-Finding
Früherkennnung (Case-Finding)
prädiabetischer Stadien
Früherkennung auf manifesten Diabetes
mellitus
10 Diagnostik
Definition und diagnostische Kriterien
11 Hinweise zum Glukosetoleranztest
Fehlerquellen bei der Blutzuckerbestimmung
Weitere Diagnostik
12 Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2Diabetes
13 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Therapiestufen: Voraussetzungen und deren
Grenzen
14 Individualisierte Therapieziele
17 Inzidenz der Komplikationen in Abhängigkeit
von Blutdruck- und HbA1c-Werten
19 Prävention des metabolischen Syndroms und
des Diabetes mellitus Typ 2
20 Diabetiker mit lebensstilmodifizierenden
Maßnahmen
22 Diabetiker mit oralen Antidiabetika
Therapie bei Übergewicht
37 Schnittstellen
Kooperationsebene, Indikationsstellung
38 Folgeerkrankungen
41 Die fünf wichtigsten Folgeerkrankungen
42 Therapie der Folgeerkrankungen
Diabetisches Fußsyndrom
44 Zusammenfassung
45 Literatur
Zur Erarbeitung herangezogene Leitlinien
47 Zitierte Literatur
57 Anhang: Glykämischer Index
58 Anhang: Diagnostik im Überblick
Definition und diagnostische Kriterien
59 Anhang: Nicht-insulinotrope Antidiabetika
Metformin (OAD)
60 Glitazone (OAD)
61 Alpha-Glucosidasehemmer (OAD)
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»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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Inhaltsverzeichnis
62 Anhang: Insulinotrope Antidiabetika
Sulfonylharnstoffe (OAD)
63 Glinide (OAD)
64 Inkretin-Mimetikum (s.c.)
65 Anhang: Diabetische Neuropathie
Neuropathie Symptom Score (NSS)
66 Neuropathie Defizit Score (NDS)
67 Anhang: Diabetischer Fuß
68 Dokumentationsbogen Fußsyndrom
70 Anhang: Augenkontrolle
Begleitbogen bei Überweisung zum Augenarzt
73 Anhang: Diabetes und Führerschein
Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung
74 Begründung der Leitsätze nach
verkehrsmedizinischen Aspekten
75 Ratschläge für insulinbehandelte Kraftfahrer
76 Anhang: Studientabellen
Behandlung des Typ-2-Diabetikers
80 Sekundärprävention/Risikopatienten
81 Anhang: Statistik
Übersicht über Risikomaße und statistische
Kenngrößen
83 Evidenzkategorien
71 Anhang: Praxistipps
14 Empfehlungen für Patienten
72 Anhang: Depression
Kurztest zur Diagnose einer Depression
84 Informationen zur Leitliniengruppe Hessen
86 Internetadressen und Disclaimer
Evidenzbasierte Patienteninformationen
Disclaimer
02
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Kontext und Kooperation
Bisher veröffentlicht
Leitlinien zur Behandlung von
Diabetes mellitus Typ 2
Antikoagulation
Arzneimittel im Alter
Asthma bronchiale und COPD
Chronische Herzinsuffizienz
Fettstoffwechselstörung
Hausärztliche Gesprächsführung
Hypertonie
Magen-Darm-Beschwerden
Palliaitvversorgung
Psychosomatik
Schmerzen
Stabile Angina pectoris
Venöse Thromboembolien
Die Leitliniengruppe Hessen ist daran interessiert,
Rückmeldungen und Anregungen von Kollegen
und Kolleginnen zur Anwendung der Leitlinie in der
Praxis zu erhalten. Bitte teilen Sie Ihre Meinung
und Vorschläge der PMV forschungsgruppe mit.
Vielen Dank.
PMV forschungsgruppe
Stichwort »Leitlinien«
Herderstraße 52-54
50931 Köln
Fax: 0221-478-6766
Email: [email protected]
http://www.pmvforschungsgruppe.de
Die Leitliniengruppe Hessen wurde 1998 mit
dem Ziel gegründet, hausärztliche Leitlinien zu
ausgewählten Themen der Pharmakotherapie für
die Arbeit in Pharmakotherapiezirkeln zu erstellen.
Die hausärztlichen Qualitätszirkel »Pharmakotherapie« gehören zu einem Programm der KV Hessen zur Qualitätssicherung. Die Verantwortung für
die Inhalte der Leitlinie liegt bei der Leitliniengruppe.
Die Pharmakotherapiezirkel und die Leitlinienarbeit
werden von der KV Hessen ohne inhaltliche Einflussnahme und ohne Verantwortung für die Inhalte gefördert.
Die Moderation der Leitliniensitzungen, die wissenschaftliche Begleitung und Konzeption hausärztlicher Leitlinienerarbeitung sowie die Evaluation
erfolgt durch die PMV forschungsgruppe, Universität zu Köln.
Ein Training in Methoden der Evidenzbasierung
und Unterstützung in der Strukturierung der Leitlinien erfolgte durch das Ärztliche Zentrum für
Qualität in der Medizin (ÄZQ, Berlin). Im Rahmen
eines BMGS-Projektes wurde (bis 5/2003) das
Gesamtprojekt vom ÄZQ begleitet und mitevaluiert. Die erarbeiteten Leitlinien werden über das
ÄZQ [www.leitlinien.de] und die PMV forschungsgruppe regelmäßig im Internet veröffentlicht.
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Verantwortlichkeit
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Unabhängigkeit
Ziele und Arbeitsweise
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Die Mitglieder der »Leitliniengruppe Hessen –
Hausärztliche Pharmakotherapie« sind praktizierende Hausärzte aus dem Bereich der KV Hessen
und seit z. T. mehr als 10 Jahren als Moderatoren
hausärztlicher Pharmakotherapiezirkel tätig. Sie
entwickeln zu ausgewählten hausärztlich relevanten Indikationsgebieten Leitlinien. Die Leitlinien
sind Bestandteil des Projektes »Hausärztliche
Qualitätszirkel Pharmakotherapie«. Sie dienen
gleichermaßen der Schulung der Moderatoren wie
der Teilnehmer der Pharmakotherapiezirkel. Die
Leitlinien werden in gedruckter Form (KVH aktuell
Pharmakotherapie) und im Internet [www.leitlinien.
de, www.pmvforschungsgruppe.de] veröffentlicht.
Unabhängigkeit
Die inhaltliche Arbeit der Leitliniengruppe geschieht selbstständig und ohne äußere Einflussnahme. Die Mitglieder der Leitliniengruppe Hessen
sind ehrenamtlich mit Vergütung ihrer Spesen
durch die KV Hessen tätig. Die KV Hessen entsendet weder Mitglieder in die Leitliniengruppe, noch
werden ihnen Leitlinien vor der Veröffentlichung
vorgelegt. Es bestehen keine finanziellen oder
inhaltlichen Abhängigkeiten der »Hausärztlichen
Leitliniengruppe Hessen« zu irgendwelchen weiteren Einrichtungen oder anderen Interessenten.
Ziele und Arbeitsweise
Die Leitliniengruppe Hessen versteht die Leitlinien
als Orientierungs- und Entscheidungshilfen für
die Versorgungsaufgaben des Hausarztes. Die
Leitlinien enthalten therapeutische Handlungsempfehlungen für typische Beschwerdebilder und
Behandlungssituationen – für den »Normalfall«.
Patienten, die Besonderheiten aufweisen, müssen
bedarfsgerecht nach ihren individuellen Gegebenheiten behandelt werden. Die Empfehlungen werden – so weit möglich – durch Studien und mit
Evidenzgraden (s. u.) versehen. Besonderen Wert
legt die Leitliniengruppe auf nichtmedikamentöse
und patientenaktivierende Maßnahmen. Deren
niedrigere Evidenzbewertung bedeutet nicht, dass
sie weniger relevant sind, sondern zeigt nur, dass
sich diese Maßnahmen weniger für die Standarduntersuchungsmethoden der evidenzbasierten
Medizin (wie randomisierte klinische Studien, doppelblind) eignen und dass es schwierig ist, für
diese Untersuchungen Sponsoren zu gewinnen.
Die in den Leitlinien formulierten Grundsätze beruhen auf einer sorgfältig durchgeführten Leitlinienund Literaturrecherche [144]. Bestehen bereits
evidenzbasierte Leitlinien zur Thematik, werden
die für die hausärztliche Pharmakotherapie wichtigen Empfehlungen übernommen. Soweit entsprechende Untersuchungen fehlen, werden aufgrund
von therapeutischen Erfahrungen der praktizierenden Hausärzte im Konsens verabschiedete
Empfehlungen gegeben. Zu einzelnen Fragen
werden Expertenmeinungen eingeholt. Erst dieses
pragmatische Vorgehen ermöglicht eine Leitlinienarbeit durch Hausärzte und schont die knappen
Ressourcen. Die Leitliniengruppe beschreibt ihre
Arbeitsweise in einem allgemeinen Leitlinienreport
und erstellt außerdem zu jeder Leitlinie einen
spezifischen Report.
04
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Diabetes mellitus Typ 2
Pathophysiologie
Definition und Klassifikation
Pathophysiologie [140, 141]
Die pathophysiologische Erklärung des Diabetes
mellitus Typ 2 hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten sehr gewandelt. Man geht heute davon
aus, dass bei den meisten Typ-2-Diabetikern zu
Beginn der Erkrankung kein Insulinmangel, sondern eine verminderte Wirksamkeit des Hormons
an den Zielorten (Muskulatur, Leber, Fettgewebe)
im Vordergrund steht, eine sogenannte Insulinresistenz, die sowohl genetisch bedingt ist, als
auch ganz wesentlich durch viszerale Adipositas
und Bewegungsmangel beeinflusst wird (s. u.). In
dieser frühen Phase kann die Bauchspeicheldrüse
die verminderte Ansprechbarkeit der Organe auf
Insulin durch Mehrproduktion von Insulin kompensieren, bis diese Mehrproduktion nicht mehr ausreicht, die Insulinresistenz zu überwinden. Es
kommt zur Manifestation des Diabetes mellitus. Mit
weiterem Fortschreiten der Erkrankung kann es zu
einer Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse kommen und damit zu einem Insulinmangel.
Insulinsekretionsstörung und Insulinresistenz können entsprechend den unterschiedlichen genetischen Faktoren verschieden ausgeprägt sein und
damit kann auch das Ansprechen auf Medikamente unterschiedlich sein.
Die Insulinresistenz ist ganz wesentlich mit der
viszeralen Adipositas (s. o.) vergesellschaftet. Man
weiß heute, dass das viszerale Fettgewebe im
Gegensatz zum subkutanen Fettgewebe endokrin
äußerst aktiv ist und eine Vielzahl von Enzymen
und anderen Faktoren produziert, die Einfluss auf
den gesamten Stoffwechsel und Kreislauf nehmen.
Dadurch steigt der Blutdruck an und die Endothelfunktion kann gestört werden.
Durch die Fetteinlagerung in der Leber kommt es
zu einer erhöhten Glukoneogenese und Verstärkung der Insulinresistenz (die z. B. durch Metformin gebremst wird). Vom viszeralen Fettgewebe
werden auch große Mengen freier Fettsäuren freigesetzt, die die Insulinresistenz verstärken und zu
einer Fettstoffwechselstörung führen mit erhöhten
Triglyzeriden, erniedrigtem HDL- und erhöhtem
LDL-Cholesterin.
Diese Erkenntnis lässt auch die Crux mit den
meisten aktuellen Therapieverfahren erkennen:
Obwohl sie den Blutzucker (BZ) senken, führen
viele zur Gewichtszunahme (mit Ausnahme von
Metformin) und damit zur Verschärfung des zugrunde liegenden pathophysiologischen Ablaufs.
Hierin ist begründet, dass ohne deutliche Gewichtsreduktion und Zunahme der Bewegung die
Therapie oft so frustran und der Diabetes progredient ist.
Definition und Klassifikation des Diabetes
mellitus [92, 154]
Bei 80% der Typ-2-Diabetiker liegt eine Adipositas
vor, typischerweise mit Insulinresistenz einhergehend [91]. Bei normgewichtigen Typ-2-Diabetikern besteht vorrangig eine Insulinsekretionsstörung. Im Gegensatz hierzu besteht beim Typ-1 ein
absoluter Insulinmangel durch eine immunologisch
bedingte Zerstörung der Inselzellen [180].
1. Typ-1-Diabetes (5 bis 10% aller Diabetiker)
2. Typ-2-Diabetes (90 bis 95% aller Diabetiker)
3. Andere Diabetesformen
genetische Defekte (Typ MODY)
Erkrankungen des exokrinen und endokrinen
Pankreas: chron. Pankreatitis, Z.n. Pankreas-Op
Medikamenten induziert (z. B. Cortison)
4. Gestationsdiabetes (GDM)
05
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Diabetes mellitus Typ 2
Epidemiologie
Epidemiologie
Diabetes mellitus Typ 2 zählt zu den Volkskrankheiten. In Deutschland leben schätzungsweise
gegenwärtig fünf bis sechs Millionen Typ-2-Diabetiker, wobei von einer weiteren Zunahme der
Diabetesprävalenz – auch weltweit – ausgegangen
wird [75, 91].
Der Anteil der nicht erkannten Diabetiker in
Deutschland wird je nach Verfahren auf ca.
200.000 bis 1,5 Millionen geschätzt [69].
Die Prävalenz steigt mit dem Alter stark an. Zwar
sind zur Zeit noch nur rund 10% der Typ-2-Diabetiker unter 50 Jahre alt, doch ist zu befürchten,
dass aufgrund der Zunahme des Übergewichts
und der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen
die Zahl derer, die schon in jungen Jahren ein
metabolisches Syndrom und daraus folgend einen
Typ-2-Diabetes entwickeln, in Zukunft steigen wird
[171].
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Hausärztliche Leitlinie
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Diabetes mellitus Typ 2
Hausärztliche Schlüsselfragen
Therapieziele
Hausärztliche Schlüsselfragen
In der hausärztlichen Behandlung der Diabetiker
zeigen sich folgende Herausforderungen:
Wie finde ich bislang »unentdeckte Diabetiker«
unter meinen Patienten?
Wie finde ich Patienten mit metabolischem Syndrom? Welche Therapie sollten sie erhalten?
Wie kann ich die Patienten zur Änderung ihrer
Lebensweise motivieren?
Wie motiviere ich meine Patienten für die
Schulung?
Wie stelle ich die regelmäßige Kontrolle von
Blutzucker, Blutdruck und von Maßnahmen zur
Früherkennung von Folgeerkrankungen sicher?
Wie vermittle ich Krankheitseinsicht? Wie sensibilisiere und motiviere ich den Patienten für das
frühe Erkennen von Folgeerkrankungen wie
diabetisches Fußsyndrom, Sensibilitätsstörungen?
Welche HbA1c Werte und welche Blutdruckwerte sind bei welchen Patienten anzustreben?
Wie gelange ich zu einem individualisierten
Therapieziel?
Wann und wie stelle ich auf Insulin um?
Wie erkenne ich frühzeitig kardiovaskuläre
Komplikationen beim Diabetiker?
Wie erkenne und behandle ich eine psychische
Komorbidität (z. B. Depression)?
Wann stelle ich die Indikation für therapeutische
Innovationen?
Welche medikamentösen Alternativen habe ich
bei Vorliegen von Kontraindikationen?
Welche Besonderheiten bestehen bei pflegebedürftigen/bei multimorbiden Diabetikern?
Wie stelle ich eine rationale und rationelle Arzneitherapie sicher?
Ziele der hausärztlichen Behandlung von
Patienten mit Diabetes mellitus sind:
Symptomfreiheit von Polyurie, Polydipsie,
Abgeschlagenheit
Vermeidung von hypo- und hyperglykämischen
Entgleisungen und ihren Folgen
Vermeidung von Folgeerkrankungen und Komplikationen (u. a. KHK/AVK, Erblindung, Nephropathie, Neuropathie, diabetischem Fuß)
Kompetenzsteigerung der Betroffenen im Umgang mit der Erkrankung
Minimierung der Nebenwirkungen der Therapie
und der hierdurch bedingten Einschränkung der
Lebensqualität
Psychische Komorbidität zu erkennen und zu
behandeln
Therapieziele sind abhängig von Lebensalter,
Komorbidität und Lebenserwartung. Um diese
Ziele zu erreichen, müssen Beratung, Therapie
und Kontrolle durch den Hausarzt engmaschig und
konsequent erfolgen.
Die strukturellen Voraussetzungen hierfür bietet
das DMP Diabetes mellitus Typ 2. Die vorgezeichneten Strukturen erlauben nicht nur einen sichereren Umgang mit den Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 in der Hausarztpraxis, sondern auch die
Möglichkeit ein entsprechendes Management der
Diabetiker zu entwickeln.
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Hausärztliche Leitlinie
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Diabetes mellitus Typ 2
Risikoabschätzung
Metabolisches Syndrom
Risikoabschätzung
Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit, in den
nächsten 10 Jahren an Diabetes mellitus Typ 2 zu
erkranken, stehen – auch internetbasiert – verschiedene Scores zur Verfügung, die zur Zeit in
der Praxis getestet werden (z. B. Deutscher
Diabetes Risiko-Score: www.dife.de, FINDRISK:
www.findrisk.de) [41, 42, 43, 142]. Eine Empfehlung für einen bestimmten Score kann aus Sicht
der Leitliniengruppe zur Zeit noch nicht gegeben
werden.
Metabolisches Syndrom
Nach der Definition des National Cholesterol
Education Program (NCEP) [115] liegt ein metabolisches Syndrom vor, wenn drei oder mehr der folgenden Kriterien erfüllt sind:
Zentrale Adipositas (Bauchumfang
> 102 cm Männer, > 88 cm Frauen)*
Nüchtern-Plasmaglukose > 110 mg/dl
Hypertonie > 130/85 mmHg
HDL-C < 40 mg/dl Männer / < 50 mg/dl Frauen
Triglyzeride > 150 mg/dl
* Die abdominelle Fettsucht ist eher mit metabolischen Risikofaktoren verbunden als ein erhöhter
BMI. Deshalb wurde der Bauchumfang als Maß
aufgenommen (gemessen zwischen unterem Rippenbogen und Beckenkamm).
Nicht unerwähnt bleiben sollte die Insulinresistenz
als Bindeglied zwischen metabolischem Syndrom und PCOS (polyzystisches Ovarsyndrom). Insbesondere übergewichtige und adipöse
Frauen mit einem PCOS weisen häufig die
Kriterien eines metabolischen Syndroms auf.
Daher sollten Frauen regelmäßig auf das Vorliegen eines metabolischen Syndroms bzw. seiner
einzelnen Komponenten untersucht werden.
Bei Patienten mit metabolischem Syndrom sollte
das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
abgeschätzt werden. Hierzu stehen verschiedene
Scores zur Verfügung.
arriba ist ein Beratungskonzept zur Prävention
kardiovaskulärer Erkrankungen mit dessen Hilfe
Risikofaktoren gewichtet und Therapieoptionen
in ihrem Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko
visualisiert werden (s. www.arriba-hausarzt.de)
[54]
PROCAM-Score: für Patienten mit und ohne
Diabetes zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos.
Der UKPDS-Score für Diabetiker zur Abschätzung der kardiovaskulären Morbidität unter Berücksichtigung der Blutzuckereinstellung und
Erkrankungsdauer. Dieser Test ist für manifeste
Diabetes-Patienten.
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Hausärztliche Leitlinie
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15. April 2008
Case-Finding
Früherkennnung (Case-Finding) prädiabetischer
Stadien
Früherkennung auf manifesten Diabetes
mellitus
Früherkennung diabetischerVorstadien und
des manifesten Diabetes mellitus Typ 2
Vorstadien des Diabetes lassen sich verifizieren.
Da zum Zeitpunkt der Diagnosestellung des Typ 2
Diabetes bereits fast 50% der Patienten makrovaskuläre Komplikationen haben [161] ist eine
Früherkennung (i.S. von Case-Finding) für den
hausärztlichen Bereich besonders wichtig. Laut
einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse ist für
Frauen mit metabolischem Syndrom das kardiovaskuläre Risiko 2,6-fach und für Männer 2-fach
erhöht [61]. Dies unterstreicht die Bedeutung der
Früherkennung und Frühtherapie.
Insbesondere bei den nachfolgenden Patientengruppen ist eine Untersuchung erforderlich:
Bei allen Patienten, die erhöhte Scorewerte
(> 11 Punkte im Finnischen Diabetes RisikoScore aufweisen [41, 42, 43]
Bei kardiovaskulären Erkrankungen
Erektile Dysfunktion
Bei Frauen nach Geburt eines Kindes mit mehr
als 4500 g Geburtsgewicht
Nach Gestationsdiabetes
Bei Infektneigung, Furunkulosen, rezidivierenden Mykosen
polyzystisches Ovarsyndrom
besonders gefährdete Ethnien (Schwarze, Asiaten, Lateinamerikaner usw.)
Es gibt verschiedene Methoden im hausärztlichen
Bereich zur Blutzuckerbestimmung:
Glukose im Serum (venös, cave: nur valide,
wenn zentrifugiert)
Plasmaglukose (venös, NaF-Blut)
Glukose in der Kapillare (kapillär = KapillarBlut)
Beachte die unterschiedlichen Normbereiche!!
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Hausärztliche Leitlinie
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15. April 2008
Diagnostik
Definition und diagnostische Kriterien
Diagnostik von Vorstadien des Diabetes
mellitus:
Bei zweimaliger Bestimmung des Nüchternblutzuckers zwischen 100 und 110 mg/dl (venöses
Vollblut zum Beispiel bei einer Gesundheitsuntersuchung) handelt es sich um einen latenten Diabetes (= »impaired fasting glucose« IFG) oder
zweimalige Bestimmung eines postprandialen
Blutzucker (venöses Vollblut) zwischen 140 und
180 mg/dl (= gestörte Glucosetoleranz)
Die Diagnose eines Diabetes sollte nur mit Glukosewerten gestellt werden, die mit einer qualitätskontrollierten Labormethode gemessen wurden.
Geräte zur Blutzuckerselbstmessung eignen sich
hierfür nicht!
Selbst bei Anwendung exakter Labormethoden ist
zu bedenken, mit welcher Genauigkeit ein Glukosewert gemessen werden kann: Sogar mit dem
»guten« Variationskoeffizienten einer Methode von
zwei Prozent muss man davon ausgehen, dass bei
einem »wahren« Wert von 126 mg/dl der 95Prozent-Vertrauensbereich von 121 bis 131 mg/dl
reicht. Je nach klinischer Bedeutung der Diagnose
sollten im Einzelfall Werte im Grenzbereich mehrmals in größeren zeitlichen Abständen gemessen
oder ein oGTT gemacht werden.
Vorgehensweise bei der BZ-Bestimmung:
Zur BZ-Bestimmung sollte in der Praxis kapilläres Vollblut oder Plasmaglukose venös (NaFBlut) untersucht werden.
Der Schwellenwert ist nüchtern ≥ 110 mg/dl
(kapillär) (≥ 125 mg/dl venös) und
der 2-Stundenwert (oGTT) ≥ 200 mg/dl
(kapillär) und ≥ 220 mg/dl (venös).
Den Blutproben sollte zur Glukosemessung –
sofern sie nicht enteiweißt werden – ein Zusatz
zur Hemmung der Glykolyse in den Erythrozyten zugefügt werden [159].
Kapillarblut (d. h. Blut wird mit einer Glaskapillare an der Fingerkuppe – kapillär – abgenommen) zeigt in entsprechenden Hämolysierungsgemischen stabile Werte für 48 h [173]. Entsprechende Röhrchen für die Blutabnahme
bzw. Hämolyselösungen sind im Handel erhältlich.
Zur Diagnostik und Interpretation von Blutzuckerwerten [151] siehe nachfolgende Tabelle des
DMP-Handbuchs [8, 9].
Die Leitliniengruppe empfiehlt, keine Teststreifen zur Diagnosestellung zu verwenden.
Unzentrifugiertes Vollblut ist zur Diagnosestellung nicht geeignet.
Interpretation von Blutzuckerwerten [151]
Plasmaglukose
venös
kapillär
mmol/l
mg/dl
mmol/l
mg/dl
Nüchtern
≥ 7,0
≥ 126
≥ 7,0
≥ 126
2 Std. nach oGTT ≥ 11,0
≥ 200
≥ 12,2
≥ 220
Vollblutglukose
venös
kapillär
mmol/l
mg/dl
mmol/l
mg/dl
≥ 6,1
≥ 110
≥ 6,1
≥ 110
≥ 10,0
≥ 180
≥ 11,0
≥ 200
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Diagnostik
Hinweise zum Glukosetoleranztest
Fehlerquellen bei der Blutzuckerbestimmung
Weitere Diagnostik
Hinweise zum oralen Glukosetoleranztest
Drei Tage zuvor kohlenhydratreiche Ernährung
(ohne Beschränkung der körperlichen Aktivität
vor dem Test)
Keine Testung drei Tage vor und drei Tage
nach der Menstruation
Keine Testung während einer Erkältung
Vor dem Test 12-14-stündige Nüchternperiode
und Nikotinverzicht
Häufige Fehlerquellen in der hausärztlichen Praxis:
BZ-Teststreifen zur Diagnosestellung (hohe
Ergebnisvariabilität)
Nichtzentrifugiertes Vollblut in Gel-Monovetten
(Verminderung der Glukosekonzentration über
die Zeit duch Glukoseabbau in den Erythrozyten)
Körperliche Aktivitäten des Patienten während des Tests
Nicht beachten von Störungen des BZ-Stoffwechsels durch Medikamente wie z. B. Glukokortikoide, Epinephrin, Phenytoin, Diazoxid und
Furosemid
Messung während interkurrenter Infekte
Hinweis: Bei Patienten, die die Grenzwerte auf
der Basis des OGT nur geringfügig überschreiten,
ist das gesamte Risikoprofil für die Therapieentscheidung individuell heranzuziehen.
Weitere Diagnostik
Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (KHK, AVK). Bei Diabetikern
mit einem kardiovaskulären Risiko von über 20%
in 10 Jahren stellt sich die Frage der weiteren diagnostischen Abklärung, zumal damit gerechnet
werden muss, dass ein Diabetiker die Angina
pectoris nicht spürt. Aus diesem Grund sollte ein
Belastungs-EKG durchgeführt werden (siehe DMP
[8, 9 ]). Sensitivität und Spezifität des BelastungsEKGs liegen bei 68% bzw. 77% [3]. Diese Untersuchung hilft dem Hausarzt, diejenigen Patienten
zu bestimmen, die einer intensiveren Diagnostik
und je nach Ergebnis einer zusätzlichen medikamentösen Behandlung zugeführt werden sollten.
Allen Diabetikern mit einem Risiko über 20% einen
CSE-Hemmer, Acetylsalicylsäure (100 mg) und
einen Betablocker ohne vorherige weitere
Diagnostik zu geben, halten wir in Anbetracht der
möglichen Nebenwirkungen und Kosten für nicht
vertretbar. Besteht nach Durchführung eines
negativen Belastungs-EKGs weiterhin der Verdacht auf einen KHK, stehen noch zwei weitere
nichtinvasive Untersuchungsmethoden zur Verfügung: die Myocardszintigraphie mit einer Sensitivität von 89% und Spezifität von 80% sowie die
Stress-Echokardiographie mit einer Sensitivtät von
85% und Spezifität von 79% [3].
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Diagnostik
Weitere Diagnostik (Fortsetzung)
Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2Diabetes
Als Möglichkeiten zur Diagnose einer pAVK stehen
der Knöchel-Arm-Index und für die Carotisstenose
die Duplexsonographie der Halsgefäße zur
Verfügung. Bei keinem der beiden Verfahren kann
bei einem positiven Ergebnis auf das Vorliegen
einer KHK geschlossen werden [24], deshalb nicht
als Screeningmaßnahme geeignet. (Cave: bei
symptomfreien Patienten stellen beide präventive
Leistungen dar, also IGeL)
Bei Diabetikern ohne tastbare Fußpulse ist die
Knöchel-Arm-Index Bestimmung zum Ausschluss
bzw. Diagnostik einer pAVK sinnvoll. Auch wenn
es keine Studie gibt, die den prädiktorischen Wert
für den Knöchel-Arm-Index für eine KHK festlegt
(d. h. als Screening-Maßnahme), ist er als
Routinemaßnahme bei Diabetikern mit erhöhtem
kardiovaskulären Risiko zu empfehlen, da er mit
hoher Sensitivität eine pAVK und zusätzlich eine
erhöhte Mortalität für kardiovaskuläre Ereignisse
vorhersagt [21, 49, 50, 77].
Die Methode der Wahl zur Diagnostik von
Carotisstenosen ist einer Studie zufolge die
Carotisduplexsonographie mit einer Sensitivität
von 87% und einer Spezifität von 86% [105].
Der Diabetiker soll einmal jährlich beim Augenarzt
vorgestellt
werden
(Augenfachärztlicher
Untersuchungsbogen der IFDA/AGDA im Anhang).
Charakteristische Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes (nach Versorgungsleitlinie [28])
Befunde/Symptome
Typ 1
Typ 2
Ketoseneigung
deutlich
nein
Insulinbedarf
immer
erst sekundär
Altersgipfel bei Manifestation
meist Jugend
zweite Lebenshälfte
Hereditäre Penetranz
mäßig
deutlich
Gewicht bei Manifestation
normal/untergewichtig
meist adipös
Insulinsensitivität
hoch
mäßig
Inselzell-Antikörper
(fast immer) vorhanden
fehlen
Blutzucker-Stoffwechsellage
labil
stabil
Symptome bei Manifestation
rasch auftretend
milde, teils fehlend
Bei klinischem Verdacht auf einen Typ 1 Diabetes
im Erwachsenenalter ist die Bestimmung von ICA
(Inselzellantikörper) und GAD-Antikörpern (Anti-
körper gegen die Glutamatdecarboxylase) angebracht.
12
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Therapiestufen: Voraussetzungen und deren
Grenzen
Die folgenden Ausführungen zur Behandlung des
Diabetes mellitus lehnen sich an die Sächsische
Leitlinie zur Behandlung des Diabetes mellitus
Typ 2 an [57, 58].
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie
sind:
Differenzierung des Diabetes-Typs: Eine effektive Therapie hängt neben der frühzeitigen
Erkennung auch von der richtigen Differentialdiagnostik ab. Bei Diabetikern < 40 Jahren ist
ein sich spät manifestierender Typ-1-Diabetes
möglich (ggf. Überweisung in eine diabetologische Schwerpunktpraxis).
Die Therapieziele sollten in Abhängigkeit von
der Prognose gemeinsam mit dem Patienten
festgelegt werden. Zu besprechen sind u. a
Möglichkeiten zur Veränderung der Lebensweise, Gewichtsreduktion und Stoffwechselparameter. Unterstützend für das Gespräch
sind die Darstellungen aus der UKPD-Studie
(s. u.).
Strukturierte Diabetiker-Schulung (ggf. diabetologische Schwerpunktpraxis). Vermittlung von
Kenntnissen zur Erkrankung unter Einbeziehung von Familienangehörigen (DMP Diabetes).
Motivierung zur Blutdruck- und Blutzuckerselbstmessung, soweit indiziert (s. u.)
Führen eines Blutzuckertagebuches und des
Gesundheitspasses Diabetes.
Dem Alter und den Begleiterkrankungen angepasste körperliche Aktivität.
Versorgung des Patienten auf der richtigen
Betreuungsebene.
Die entscheidenden Kriterien für die Wahl der
Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 und der
Versorgungsebene sind
Nüchternblutzucker
HbA1c (individualisiert)
Blutdruck (individualisiert)
Komorbidität
Patientenwunsch
Hierzu werden individuelle Therapieziele festgelegt
(s. u.).
Wenn bei einem neu diagnostizierten Díabetes
mellitus Typ 2 noch keine Folgeschäden bestehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass
lebensstilmodifizierende Maßnahmen wie
Ernährungsumstellung,
Bewegung, Gewichtsreduktion,
Schulung
ausreichend sind.
Bestehen bei neu entdecktem Diabetes mellitus
Typ 2 bereits Folgeschäden, ist die Notwendigkeit für eine zusätzliche medikamentöse Therapie
sehr wahrscheinlich.
Werden die individuellen Therapieziele nicht erreicht, ist die gewählte Therapie zu überdenken
und der nächste Therapieschritt einzuleiten.
Vorgehen bei akuten Stoffwechselentgleisungen aufgrund anderer Erkrankungen (z. B. Infektionen, endokrine Funktionsstörungen)
unverzügliche Therapie-Anpassung oder Umstellung der Therapie (z. B. von oral auf Insulin)
Vorstellung in einer Schwerpunktpraxis oder
Klinik
13
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Individualisierte Therapieziele
Individualisierte Therapieziele
Vorbemerkung: Für viele Empfehlungen zum
Diabetes mellitus Typ 2 fehlen Studien mit
ausreichender oder übertragbarer Evidenz. Die
Empfehlungen beruhen auf einem Konsens der
Leitliniengruppe unter Einbeziehung der klinischen
Erfahrung (best clinical practice) und Praktikabilität. Diese Empfehlungen sind mit {C} gekennzeichnet.
Die klinische Heterogenität des Typ-2-Diabetes
bedingt, dass nicht bei jedem Diabetiker dieselben
therapeutischen Zielsetzungen verfolgt werden
können [102]. Im DMP-Handbuch und der Nationalen Versorgungs-Leitlinie werden u. a. folgende
Anhaltspunkte gegeben [4, 5, 152]:
Steht die Vermeidung der Symptome der Erkrankung (Polyurie, Abgeschlagenheit etc.) sowie die Vermeidung schwerer Stoffwechselentgleisung im Vordergrund (z. B. bei multimorbiden Patienten mit schlechter Prognose), wird
ein HbA1c-Wert unter 8,5% angestrebt, um die
Symptome zu verhindern und dabei die Gefahr
der Hypoglykämie gering zu halten {C}.
Besteht ein hohes Risiko für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige makroangiopathische
Morbidität und Mortalität, ist abzuwägen, ob ein
ein HbA1c-Zielwert zwischen 7,0% und 8%
angestrebt werden sollte {C} verbunden mit
einer konsequenten Therapie der weiteren
Risikofaktoren (Blutdrucksenkung, Thrombozytenaggregationshemmung, Lipidsenkung)
und regelmäßiger Schulung des Patienten
(DMP-Empfehlung: alle drei Jahre). Der genannte Zielwert läßt sich derzeit nicht evidenzbasiert begründen. Er stellt einen pragmatischen Kompromiss aus der in der nicht aktualisierten NVL Diabetes mellitus geforderten
Zielgröße von < 6,5% [4, 5], den Ergebnissen
der Steno-Studie [60] und dem abgebrochenen
Arm der ACCORD-Studie dar. Die ACCORDStudie zeigte eine Übersterblichkeit in der
Gruppe mit dem HbA1c-Zielwert <6,0% (tatsächlich erreicht wurden 6,4%, in der Kontrollgruppe 7,5%; Studie noch nicht veröffentlicht;
zit: nach ati 2008, Jg. 39, Nr. 2.)
Steht die Vermeidung mikrovaskulärer Folgekomplikationen im Vordergrund (in der Regel
bei jüngeren Patienten im Alter von 40 bis 60
Jahren), sollte ein HbA1c-Zielwert um 7,0%
angestrebt werden {C}. Diese Empfehlung beruht auf einem Konsens der Leitliniengruppe,
da hierzu nur eine Studie vorliegt [119]. In der
Altersgruppe der 30- bis 60-jährigen stellt der
Diabetes mellitus die häufigste Erblindungsursache in den westlichen Industrieländern dar.
Vor allem das diabetische Makulaödem und die
proliferative Retinopathie führen zu einer gravierenden Sehverschlechterung bis zur vollständigen Erblindung [57].
Steht die Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms mit neuro-, angio- und/oder osteopathischen Läsionen im Vordergrund (i. d. R.
bei Patienten mit mehreren Begleiterkrankungen und längerem Diabetesverlauf), ist eine spezielle Schulung zur Vermeidung des Fußsyndroms erforderlich sowie Mitbehandlung in
einer Fußambulanz, auch zur Anpassung des
Schuhwerks. Die Leitliniengruppe empfiehlt,
den Blutdruck streng und HbA1c möglichst im
Bereich von 7% bis 8% einzustellen {C}. Die
Füße sind regelmäßig zu kontrollieren [16, 17,
40].
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15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Individualisierte Therapieziele (Fortsetzung)
Darüber hinaus sind individualisierte Therapieziele
zu BMI (Gewicht), Lipidwerten, Blutdruck etc. mit
den Patienten zu vereinbaren [152]:
Es gibt Hinweise, dass beim Diabetiker die
Blutdrucksenkung auf unter 130/80 mmHg [29]
den größten Einfluss auf die Senkung der
kardiovaskulären Mortalität hat. Damit kommt
der Blutdrucksenkung bei der Behandlung der
Diabetiker ganz besondere Bedeutung zu [72]
{A}, [89, 156, 163, 165, 167].
Die Leitliniengruppe empfiehlt bei Patienten mit
Albuminurie einen Zielblutdruckwert möglichst
unter 120/80 mmHg [1, 85] {C}, wobei berücksichtigt werden muss, dass auch eine passagere Erhöhung der Albuminausscheidung aufgrund verschiedener Faktoren wie akut fieberhafte Erkrankung, Harnwegsinfekt u.a. auftreten
kann (s. hierzu die allgemeinen Therapiehinweise w. u.)
Nach der Festlegung der inviduellen Therapieziele werden die Therapieschritte geplant und
die entsprechenden strukturierten Therapieund Schulungsprogramme gezielt eingesetzt.
Wenn der Patient die Ziele kennt und die nichtmedikamentösen und medikamentösen Maßnahmen nachvollziehen kann, ist mit einer
höheren Motivation und aktiven Kooperation
zu rechnen (s. auch Leitlinie Hausärztliche Gesprächführung). An dieser individuellen Therapiezieldefinition, die eine übliche primärärztliche
Vorgehensweise darstellt, wird sich die Beurteilung der Qualität der nachfolgenden Betreuung auszurichten haben.
Weil sich der Gesundheits-Pass Diabetes als ein
hervorragendes und für den Patienten gut verständliches Dokumentationsinstrument bewährt
hat, empfiehlt es sich, das Therapieziel sowohl im
Gesundheitspass Diabetes als auch obligatorisch
auf dem DMP-Bogen des Patienten zu dokumentieren.
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Individualisierte Therapieziele (Fortsetzung)
Die Tabellen der folgenden Seiten zeigen das
Risiko für Diabetes-bedingte Folgeerkrankungen
oder Ereignisse in Abhängigkeit vom systolischen
Blutdruck und vom HBA1C-Wert. Mit Hilfe dieser
Graphiken können die Auswirkungen der erreichten individuellen Zielwerte veranschaulicht und
somit Therapieziele dem Patienten leichter
vermittelt werden. Die Studie erlaubt auf Grund
ihres Designs jedoch keine Schlussfolgerung,
dass eine Senkung der jeweiligen Werte auch
zu einer entsprechenden Risikominderung
führt. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse ist
jedoch zu vermuten, dass eine strenge Blutdrucksenkung das Risiko für makrovaskuläre Folgeerkrankungen deutlicher vermindert als eine
strenge HbA1c-Senkung! Die HbA1c-Senkung ist
vermutlich bedeutender für die Vermeidung mikrovaskulärer Folgeerkrankungen (Nephropathie,
Retinopathie).
Die
Graphiken
sind
als
Umsetzungshilfe in der Praxis gedacht.
Die erste Graphik in der linken Spalte oben
(s. nachfolgende Seite) zeigt die Abhängigkeit aller
Diabetes-verursachten Endpunkte vom Blutdruck
[1]: Bei einem systolischen Blutdruck höher als
160 mmHg ist die Inzidenzrate, einen durch Diabetes verursachten Endpunkt zu erleiden, doppelt so
hoch wie bei einem systolischen Blutdruck von
unter 120 mmHg. Individuell muss nun entschieden werden, welcher Zielblutdruck für den jeweiligen Patienten (in Anbetracht von Alter, Lebensumständen, Einstellung des Patienten etc.) angemessen ist.
Die Graphiken in den rechten Tabellenspalten
zeigen korrespondierend die Abhängigkeit der
Endpunkte vom HBA1C-Wert [149]. Bei einem
HBA1C von ≥ 10% wurden 120 Ereignisse je 1000
Personenjahre beobachtet. Bei einem Wert von
unter 9 liegt die Erreigniszahl bei knapp 80.
Deutlich wird der Zusammenhang zwischen dem
BZ-Wert und der Häufigkeit der mikrovaskulären
Endpunkte. Dies gibt eine Hilfestellung, den individuellen Zielwert, in Anbetracht der sehr verschiedenen Behandlungssituationen, festzulegen.
Das Risiko in der Kohorte steigt erst bei höher
werdenden Blutdruck- oder HBA1C-Werten
überproportional an. Dies heißt aber auch, dass
das Risiko im Bereich normnaher Blutdruck- und
HBA1C-Werte nicht so ausgeprägt ansteigt, wie
häufig vermutet wird. Dies sollte in die Planung
und die Vereinbarung der individuellen Zielwerte
mit dem Patienten einfließen. In Anbetracht dieser
Kurven lässt sich die Forderung nach normnaher
Einstellung des HbA1c-Wertes oft relativieren.
Anmerkung zur Tabellenlegende: Die »Adjustierte Inzidenzrate« bezieht sich auf 1.000 Personenjahre, adjustiert nach Alter, Geschlecht, Ethnie,
dargestellt für Männer (weiß), zum Zeitpunkt der
Diagnosestellung 50-54 Jahre mit einem Followup
von 7,5 bis 12, 5 Jahren [1, 149].
Bei den nachfolgenden graphischen Darstellungen
handelt es sich um eigene Übersetzungen und
modifizierte Darstellungen der UKPDS-Ergebnisse
[1, 149].
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Individualisierte Therapieziele
Inzidenz der Komplikationen in Abhängigkeit
von Blutdruck- und HbA1c-Werten
Modifiziert nach [1, 149]
Inzidenz der Komplikation in Abhängigkeit der
Blutdruckwerte
Inzidenz der Komplikation in Abhängigkeit der
HbA1c-Werte
Alle durch Diabetes verursachten Endpunkte
Alle durch Diabetes verursachten Endpunkte
180
100
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
160
80
60
40
20
140
120
100
80
60
40
20
0
0
<120
120-129
130-139
140-149
150-159
<6
>160
6-<7
8-<9
9-<10
>=10
9-<10
>=10
9-<10
>=10
Durch Diabetes verursachte Todesfälle
100
100
80
80
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
Durch Diabetes verursachte Todesfälle
60
40
20
60
40
20
0
0
<120
120-129
130-139
140-149
150-159
<6
>160
6-<7
7-<8
8-<9
Jahresm ittelw ert HbA1c
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
Mikrovaskuläre Endpunkte
Mikrovaskuläre Endpunkte
100
100
80
80
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
7-<8
Jahresm ittelw ert HbA1c
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
60
40
20
60
40
20
0
0
<120
120-129
130-139
140-149
150-159
>160
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
Dargestellt sind die Ereignisraten in Abhängigkeit
der Blutdruckwerte. Der Blutdruck scheint insbesondere bei den makrovaskulären Folgeerkrankungen von Bedeutung zu sein.
<6
6-<7
7-<8
8-<9
Jahresm ittelw ert HbA1c
Der HbA1c-Wert scheint bedeutend für die Vermeidung mikrovaskulärer Folgeerkrankungen (Nephropathie, Retinopathie) zu sein.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Individualisierte Therapieziele
Inzidenz der Komplikationen in Abhängigkeit
von Blutdruck- und HbA1c-Werten (Fortsetzung)
Modifiziert nach [1, 149]
Inzidenz der Komplikation in Abhängigkeit der
Blutdruckwerte
Inzidenz der Komplikation in Abhängigkeit der
HbA1c-Werte
Myokardinfarkt - tödlich und nichttödlich
100
100
80
80
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
Myokardinfarkt - tödlich und nichttödlich
60
40
20
60
40
20
0
0
<120
120-129
130-139
140-149
150-159
<6
>160
6-<7
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
8-<9
9-<10
>=10
9-<10
>=10
9-<10
>=10
Apoplex - tödlich und nichttödlich
100
100
80
80
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
Apoplex - tödlich und nichttödlich
60
40
20
0
60
40
20
0
120-129
130-139
140-149
150-159
>160
<6
6-<7
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
7-<8
8-<9
Jahresm ittelw ert HbA1c
Tod oder Am putation durch pAVK
Tod oder Am putation durch pAVK
100
100
80
80
Adjustierte Inzidenzrate
Adjustierte Inzidenzrate
7-<8
Jahresm ittelw ert HbA1c
60
40
20
0
60
40
20
0
120-129
130-139
140-149
150-159
>160
Systolischer Blutdruck im Jahresm ittel
Dargestellt sind die Ereignisraten in Abhängigkeit
der Blutdruckwerte. Der Blutdruck scheint insbesondere bei den makrovaskulären Folgeerkrankungen von Bedeutung zu sein.
<6
6-<7
7-<8
8-<9
Jahresm ittelw ert HbA1c
Der HbA1c-Wert scheint bedeutend für die Vermeidung mikrovaskulärer Folgeerkrankungen (Nephropathie, Retinopathie) zu sein.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Prävention des metabolischen Syndroms und
des Diabetes mellitus Typ 2
Behandlung des metabolischen Syndroms und
Prävention des Diabetes mellitus Typ 2
Mehrere große prospektive randomisierte Studien
haben übereinstimmend gezeigt, dass das Auftreten eines Diabetes bei Personen mit hohem
Diabetesrisiko durch moderate Gewichtsreduktion
(4 kg über einen Zeitraum von etwa 3 Jahren) und
Veränderungen des Lebensstils weitgehend verhindert werden kann [64, 95, 160]. Die Teilnehmer
wurden durch individuelle Beratung angehalten,
abzunehmen, sich fettarm (ca. 30% des Gesamtenergiebedarfs) und ballaststoffreich (ca. 15g/
1000 kcal) zu ernähren und etwa 30 min pro Tag
bzw. 150 min pro Woche moderate bis anstrengende körperliche Aktivität zu betreiben. Diese
mehrdimensionale Strategie führte zu einer massiven Reduktion der Folgekrankheit Typ-2-Diabetes
um 60% bei Prädiabetikern (NNT 6) und reduzierte
kardiovaskuläre Risiken beim metabolischen Syndroms.
Therapeutische Ziele beim metabolischen
Syndrom:
Gewicht normalisieren oder reduzieren
(BU < 102 cm bei Männern, < 88 cm bei Frauen)
Bewegungsmangel beheben
Fette normalisieren
Blutdruck normalisieren (< 135/85)
Nüchtern-BZ < 110 mg%
Pharmakologische Therapieansätze mit Metformin und Acarbose reduzierten bei Patienten mit
metabolischen Syndrom neue Diabetesfälle um
30%, also weniger effektiv als eine Lebensstilmodifikation, Thiazolidine (Glitazone) um 60%,
allerdings mit Gewichtszunahme um 2 bis 7 kg.
Pharmakologische Interventionen sind effektiv,
aber eindeutig für besondere Risikopopulationen
reserviert.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit lebensstilmodifizierenden
Maßnahmen
Die nichtmedikamentösen lebensstilverändernden
Maßnahmen sind bei der Therapie des metabolischen Syndroms und des manifesten Diabetes
identisch. Eine strukturierte Patientenschulung
unterstützt die Gewichtsreduktion, den Rauchverzicht und wirkt sich positiv auf Krankheitsbewältigung und kardiovaskuläre Prävention aus [38].
Unter lebensstilmodizifierenden Maßnahmen werden Ernährungstherapie, körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion und Schulung verstanden.
Wer kommt dafür in Frage: Alle Typ 2 Diabetiker.
Bei wem sind medikamentöse Maßnahmen
zusätzlich erforderlich
Patienten, bei denen nach 12 Wochen das
individuell vereinbarte Therapieziel nicht
erreichen wurde
Diabetiker mit bereits bestehenden Folgeerkrankungen und Komplikationen
Diabetiker mit massiv erhöhten BZ-Werten und
klinischen Symptomen (Entgleisung)
Konzept für die Therapieanpassung
Wenn durch eine Gewichtsreduktion die individuellen Therapieziele erreicht werden, können
die lebensstilmodifizierenden Maßnahmen alleine in dieser Form fortgeführt werden. Eine Gewichtsabnahme von 5 kg lässt eine Verbesserung des HbA1c-Wertes um 1% erwarten [162].
Bei Nichtumsetzen der lebensstilmodifizierenden Maßnahmen verschlechtert sich die Prognose; deshalb sollte rasch eine medikamentöse
Therapie eingeleitet werden.
Zusätzlich zu den lebensstilmodifizierenden
Maßnahmen werden zunächst orale Antidiabetika eingesetzt, bei Nichterreichen der individuellen Therapieziele eine kombinierte Therapie von OAD und Insulin bishin zur alleinigen
Insulintherapie.
Körperliche Aktivität
Körperliche Aktivität erhöht die Sensitivität für Insulin und führt zu einer Senkung des HbA1c-Wertes
[25, 160]. Empfohlen werden Ausdauersportarten
(z. B. Schwimmen, schnelles Gehen) für 30 Minuten drei- bis fünfmal wöchentlich [25]. Entgegen
früherer Annahmen genügen im höheren Alter
regelmäßige Spaziergänge von etwa einer
Stunde pro Tag, um Stoffwechsel und Kreislauf
signifikant zu verbessern.
20
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15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit lebensstilmodifizierenden
Maßnahmen (Fortsetzung)
Prinzipien der Ernährung bei Diabetes
Für die Ernährung des Typ-2-Diabetikers gelten
die folgenden Kostempfehlungen: Da die
meisten Diabetiker übergewichtig sind, empfiehlt
die Leitliniengruppe eine kalorienreduzierte ausgewogene mediterrane Kost.
Kohlenhydrate: Hier ist auf den glykämischen
Index – d. h. nach der Eigenschaft, eine postprandiale (Hyper-)Glykämie hervorzurufen – zu
achten (s. Anhang). Weißmehlerzeugnisse sind
durch Produkte zu ersetzen, die einen hohen
Anteil ganzer Getreidekörner enthalten (Vollkornbrot, Frischkornmüsli). Frisches Obst ist
dem Verzehr von Konserven oder Säften vorzuziehen. Weintrauben, Bananen und Kirschen
vermeiden.
Fette: 30 bis 35%: Fettarme Ernährung mit Bevorzugung der einfach ungesättigten Fettsäuren. Der Verzehr von Eiweiß und Fett führt im
Rahmen einer normalen Ernährung nicht zu
einem Anstieg der Blutglukosekonzentration.
Gehärtete Fette, insbesondere Transfette, sind
zu meiden. In vielen Fertigprodukten sind gehärtete Fette enthalten (Margarine, Kekse,
Pommes). Empfehlenswert sind Olivenöl und
Rapsöl wegen hohen Gehalts an Omega-3Fettsäuren.
Alkoholeinschränkung: Maximal 30 g bei Männern und 15 g bei Frauen
Keine Favorisierung sogenannter »Diätnahrungsmittel« mit Austauschzuckern
Anstreben des Normgewichtes
BMI männlich < 25 kg/m² / weiblich < 24 kg/m²
Schlanke Typ-2-Diabetiker sollten die Kohlenhydrataufnahme auf mehrere kleine Mahlzeiten
verteilen.
Beachte:
Patienten, die allein mit lebensstilmodifizierenden Maßnahmen (oder mit oralen Antidiabetika)
geführt werden, können auf eine energiedefinierte – auf die Lebenssituation des Patienten
abgestimmte – Diabeteskost eingestellt werden.
Nur bei mit Kombinationsinsulin behandelten
Diabetikern empfiehlt sich eine Verteilung der
Kohlenhydrate nach definierten KohlehydratPortionen (BE, KE, KHE).
Patienten, die mit Sulfonylharnstoffen oder
Gliniden therapiert werden sollen, müssen über
die Notwendigkeit der regelmaßigen Aufnahme
von Kohlenhydraten informiert werden.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit oralen Antidiabetika
Therapie bei Übergewicht
Wer kommt in Frage
Mit der nächsten Stufe der Therapie, der Gabe von
oralen Antidiabetika (OAD), sollte begonnen werden, wenn nach 12 Wochen trotz Ausschöpfung
aller lebensstilmodifizierender Maßnahmen die
individuellen Therapieziele nicht erreicht wurden.
Zur Gruppe der oralen Antidiabetika zählen:
Nicht-Insulinotrope Antidiabetika:
Biguanide (Metformin)
Glitazone (Pioglitazon, Rosiglitazon)
Alpha-Glukosidasehemmer (Acarbose, Miglitol)
Insulinotrope Antidiabetika:
Sulfonylharnstoff-Derivate (Glibenclamid,
Glimepirid)
Glinide (Repaglinide, Nateglinide)
Inkretine / Dipeptidyl-Peptidasehemmer
Therapiemöglichkeiten mit OAD
Bei Übergewicht: Primär Einsatz von Metformin
bei Fehlen von Kontraindikationen [164] {A};
HbA1c-Absenkung: 0,6-1,5% [164]. Cave: Nebenwirkungen (s. u.). Einnahme zu oder nach der
Mahlzeit, bei hohem Nüchtern-BZ. Bed-time-dosis
erwägen; bei erhöhten postprandialen Werten zusätzlich (morgendliche) Gabe. Beginn mit 500 mg.
Eine Dosierung 2 mal 1 g/d zeigt die stärkste antihyperglykämische Wirkung, eine Metformin-Tagesdosis von > 2 g geht dagegen wieder mit abnehmender antihyperglykämischer Wirkung einher
[62].
Bei Nichterreichen des Therapiezieles gibt es
folgende Möglichkeiten: Kombination von Metformin mit
Insulin [58, 123]. Beibehaltung von Metformin
bei insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern kann
eine Ersparnis der Insulindosis um 20% zur
Folge haben, so dass sich diese Therapieoption
bei adipösen, insulinpflichtigen Patienten
anbietet [175].
Glitazonen (nur bei Krankheitsdauer unter 5
Jahren sinnvoll; Cave: Entwicklung einer
Herzinsuffizienz unter Therapie [11, 55] (s. u.)).
Gliniden (keine Endpunktstudien)
Sulfonylharnstoffen [84]. Zur Beurteilung der
Sicherheit der Kombination liegen keine ausreichenden Studien vor.
Alpha-Glukosidasehemmern (wenig effektiv)
Inkretin-Mimetika: Exenatide (seit 1.4.2007
zugelassen für Kombination mit Metformin
und/oder Sulfonylharnstoffen, wenn keine gute
BZ-Einstellung erreichbar ist); 2x tägl. subkutane Injektion vor den Mahlzeiten. Noch
keine Risiko-Nutzen-Abwägung möglich. Cave:
Hypoglykämien!
Sitagliptin (DPP-4-Inhibitor, seit 21.03.07 durch
EMEA zugelassen) zur Anwendung in Kombination mit Metformin oder Glitazonen zugelassen. 100 mg oral täglich. Noch keine RisikoNutzen-Abwägung möglich.
Empfehlung der Leitliniengruppe: Bei Nichterreichen des Therapiezieles: Kombination
mit Insulin oder Umstellung auf Insulin.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit oralen Antidiabetika
Therapie bei Normalgewicht
Bei Normalgewicht: Primär Einsatz von Glibenclamid [166] {A}. HbA1c-Absenkung: 0,7-0,85%.
Einnahmezeitpunkt: 30 Min vor dem Frühstück,
einschleichend mit möglichst niedriger Dosis beginnen; ggf. schrittweise Steigerung auf morgens
7 mg und abends 3,5 mg; max. Tagesdosis
10,5 mg. Glibenclamideinzeldosen größer als 2 x
3,5 mg sind wenig sinnvoll, da sie nicht unbedingt
mit höherer metabolischer Wirksamkeit verbunden
sind, sondern die Gefahr der Substanzspeicherung
und somit höhere Nebenwirkungs- bzw. Hypoglykämiegefährdung für den Patienten bergen [122].
Bei Nichterreichen des Therapiezieles gibt es
folgende Möglichkeiten:
Umstellung auf Insulin
Kombination von Glibenclamid mit Glitazonen: nur bei Krankheitsdauer unter 5 Jahren
sinnvoll; Cave. Entwicklung einer Herzinsuffizienz unter Therapie, [11, 55] s. u
Empfehlung der Leitliniengruppe: Bei Nichterreichen der Therapieziele allein mit Glibenclamid: sofortiges Umstellen auf Insulin
Fazit:
Eine Kombination von zwei oralen Antidiabetika
ist möglich, wird aber von der Leitliniengruppe
nicht empfohlen. Die Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen wies in der
UKPDS eine erhöhte Mortalität auf [164].
Glibenclamid hat ein ausgeprägtes Hypoglykämie-Risiko. Höheres Alter, Niereninsuffizienz,
Alkohol sowie Interaktion mit anderen Arzneimitteln können das Hypoglykämie-Risiko erhöhen [13].
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist möglichst frühzeitig auf eine Insulintherapie umzustellen.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit oralen Antidiabetika
Andere orale Therapieformen
Monotherapie mit Glimepirid: Gleicher Wirkungsmechanismus wie Glibenclamid. Es werden weniger Hypoglykämien und eine geringere
Gewichtszunahme postuliert. Durch Studienlage nicht gesichert. Empfehlung der Leitliniengruppe: Glibenclamid ist Mittel der ersten
Wahl.
Monotherapie mit Glitazonen: Für übergewichtige Patienten mit Kontraindikation oder
Unverträglichkeit von Metformin. Häufige NW:
Gewichtszunahme! Durch die PROACTIVEStudie konnte der klinische Nutzen von Pioglitazon nicht belegt werden [55]. Aufgrund der
höheren Herzinsuffizienzrate ist die Sicherheit
des Antidiabetikums zweifelhaft (NNH 30, NNT
50 [11]). Ebenso besteht der Verdacht auf ein
erhöhtes Frakturrisiko bei Frauen unter Glitazonen [12].
Empfehlung der Leitliniengruppe: Primär
Insulin, falls nicht möglich, Therapieversuch mit
Glitazonen unter strengster Überwachung.
Monotherapie mit Gliniden: eher seltene
hausärztliche Indikation; z. B. bei (geriatrischen) Patienten mit unregelmäßigem Essverhalten. Keine Endpunktstudien.
Empfehlung der Leitliniengruppe:
zurückhaltende Einzelfallentscheidung.
Monotherapie mit Alphaglucosidasehemmern: Bei UKPDS 44 [78] konnte gezeigt werden, dass nach drei Jahren Therapie deutlich
mehr Patienten mit Acarbose (39% vs. 58%)
die Therapie abgebrochen hatten, überwiegend
wegen Blähungen. Die mittlere HbA1c Senkung
bei Patienten mit Compliance lag bei 0,5%. Es
kam zu keiner Veränderung diabetesbezogener
Endpunkte. Eine weitere Studie [32, 34] postuliert für die Acarbose eine Risikoreduktion für
die Entwicklung eines Diabetes, eines Bluthochdrucks und einer KHK durch Absenkung
der postprandialen Blutzuckerspitzen. Die Studie ist jedoch wegen hoher Studienabbrüche
(305) und problematischer Verblindung der Studienteilnehmer sowie Änderung der Endpunkte
während der Durchführung in die Diskussion
geraten [90]. Es fehlen aussagekräftige Studien
zur Wirksamkeit und Nutzen einer Acarbosebehandlung [170]. Empfehlung der Leitliniengruppe: Eine Therapie wird nicht empfohlen.
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit Insulinbehandlung
Indikation für den Beginn einer Insulintherapie
Nicht-Erreichen des individuellen Therapieziels,
durch Basistherapie und/oder orale Antidiabetika.
Zwingende Insulin-Indikation bei Ketonurie
(außer Hungerazetonurie), fortschreitenden diabetesspezifischen Komplikationen, perioperativ
(in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs).
bei Diabetikerinnen mit Schwangerschaft (falls
Normoglykämie durch Basistherapie nicht
erreicht wird).
Voraussetzung für die Ersteinstellung auf
Insulin
Nach Möglichkeit sollte die Einstellung ambulant erfolgen.
Die Ersteinstellung sollte von einem Arzt vorgenommen werden, der mit seinem Team die notwendigen Voraussetzungen (obligatorische
Schulungend des Patienten bzw. Angehörigen)
bietet. Bei Fehlen dieser Voraussetzungen sollte immer in eine diabetologische Schwerpunktpraxis oder ein ambulantes Diabeteszentrum
zur Einstellung und Schulung überwiesen werden.
Regelmäßige Blutglukose-Selbstkontrollen sind
bei Insulintherapie stets erforderlich.
Selbstmanagement der Hypoglykämie muss
gewährleistet sein, ebenso ausreichend häufige
Messungen und ärztliche Konsultationen.
Die Vorstellung in einer Schwerpunktpraxis ist
indiziert bei:
Nichterreichen des individuellen Therapiezieles
nach 3 bis 6 Monaten
Häufigen Hypoglykämien
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»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit Insulinbehandlung (Fortsetzung)
Die Insulintherapie beim Typ-2-Diabetiker
Durch die Gabe von Insulin wird ein relativer Insulinmangel korrigiert und eine Insulinresistenz überwunden.
Folgende Insulinregime ergeben sich bei Nichterreichen des definierten Therapiezielbereichs
unter OAD [39, 57, 58, 136]:
BOT: (= basal unterstützte orale Therapie) Basalinsulin vor dem Schlafengehen unter Beibehaltung der oralen Antidiabetika.
Indikation: erhöhte BZ-Nüchternwerte bei normalen postprandialen BZ-Werten
Vorgehensweise: Die Dosisanpassung des
abendlichen Insulins sollte sich am morgendlichen Nüchternblutzucker orientieren: z. B.
Beginn mit 6-8 IE NPH-(Neutrales Protamin
Hagedorn) Insulin um 22 Uhr; schrittweise
Erhöhung der Insulindosis alle drei Tage um
2 Einheiten, bis der Nüchternblutzucker im Zielbereich (z. B. 100-120 mg%) liegt. Nächtliche
Hypoglykämien sollten durch gelegentliche (insbesondere zu Beginn) BZ-Messungen zwischen
2 und 3 Uhr, dem Zeitpunkt der größten Insulinsensitivität, ausgeschlossen werden (evtl.
Wecker stellen). Die orale Medikation am Tage
sollte zunächst beibehalten werden.
Prandiale Insulintherapie mit kurzwirkenden
Insulinen vor den Hauptmahlzeiten (ohne Basalinsulin); ggf. mit Metformin kombiniert.
Zielgruppe/Indikation: adipöse Typ-2-Diabetiker mit gutem NBZ und postprandial erhöhten
BZ-Werten.
Vorgehensweise: Prandialen Insulinbedarf
errechnen: Körpergewicht x 0,3 - 1 I.E. = Gesamtbedarf; vom Gesamtbedarf entfallen 50%
auf die prandial zu injizierende Insulinmenge,
üblicherweise aufgeteilt im Verhältnis 3/6 (Frühstück), 1/6 (mittags) und 2/6 (abends). Im weiteren Verlauf erfolgt die Insulinbedarfsberechnung evtl. mit BE-Faktoren. Bei Auftreten von
erhöhten Nüchternblutzuckerwerten wird die
Einleitung einer intensivierten Insulintherapie
empfohlen.
Intensivierte konventionelle Insulintherapie
(ICT): Trennung von mahlzeitenabhängigem
Bolus- und mahlzeitenunabhängigem Basalinsulin. Die ICT orientiert sich an den physiologischen Verhältnissen, indem sie durch Gabe von
Basalinsulin die basale Insulinsekretion und
durch die Gabe von schnellwirkendem Mahlzeiteninsulin die prandiale Insulinsekretion nachbildet. Die ICT erlaubt eine Anpassung an unregelmäßige Nahrungsaufnahme und Bewegung.
Zielgruppe jeder gut schulbare Typ-2-Diabetiker, dessen Therapieziele nicht durch allgemeine Maßnahmen und OAD erreicht werden.
Vorgehensweise: wie prandiale Insulintherapie
sowie zusätzliche Gabe von Verzögerungsinsulin zur Nacht (ggf. auch morgens). Klinische
Studien zeigen, dass mit einer intensivierten
Insulinbehandlung das Risiko mikrovaskulärer
Komplikationen und der Neuropathie sowie das
Hypoglykämie-Risiko im Vergleich zur konventionellen Therapie vermindert werden kann [46,
47].
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetiker mit Insulinbehandlung (Fortsetzung)
Sind die bisher dargestellten Theapieregime nicht
möglich (z. B. fehlende Adherenz), kann die konventionelle Insulintherapie durchgeführt werden.
Konventionelle Insulintherapie (CT): In der
Regel Gabe von 2 Insulininjektionen pro Tag
(früh und abends), zumeist mit Mischinsulinen.
Die CT entspricht nicht einer physiologischen
Insulinausschüttung. Sind bei einer CT mehr als
24 IE Insulin pro Injektion erforderlich, ist eine
Umstellung auf eine Intensivierte Insulintherapie (ICT, s. o.) zu erwägen.
Zielgruppe/Indikation: bei Patienten, bei
denen ICT nicht durchführbar ist.
Vorgehensweise: In der Regel wird zweimal,
gelegentlich dreimal täglich vor den Mahlzeiten
ein Mischinsulin gespritzt. Zur Verfügung stehen Mischinsuline mit 25% bzw. 30% Anteil an
Kurzzeit- und 70%-75% Langzeitinsulin oder
auch 50% Kurzzeit- und 50% Langzeitinsulin.
Die Auswahl erfolgt in Abhängigkeit vom Blutzuckertagesprofil und Therapieeffekt. Nachteil –
und deshalb von der Leitliniengruppe nicht empfohlen – ist hierbei das starre Insulinregime
ohne Anpassungsmöglichkeiten durch den Patienten und die Notwendigkeit der Einhaltung
von Zwischenmahlzeiten. Initial kann man z. B.
mit 8-12 IE beginnen (entsprechend dem NBZ)
und langsam, z. B. alle 3 Tage, um 2 IE steigern, bis die gewünschten BZ-Werte erreicht
sind. Das Verhältnis von Morgendosis zur
Abenddosis sollte etwa 2 zu 1 sein (2/3 morgens, 1/3 abends) [130].
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Hinweise zur Insulintherapie
Zur Einstellung werden Human-Insuline eingesetzt, z. B.:
Kurzwirkend (2-8h): Actrapid®. Berlinsulin®
H Normal, Huminsulin® Normal, Insulin B.
Braun ratiopharm® Rapid, Insuman® Rapid,
Insuman® Infusat, Velosulin®
Intermediär wirkend (max 24h): Actraphane®,
Berlinsulin® H, Huminsulin Basal®, Huminsulin
Profil®, Insulin B. Braun ratiopharm® Basal,
Insulin B. Braun ratiopharm® Comb, Insuman®
Basal, Insuman® Comb, Protaphane®
In Ausnahmefällen (Unverträglichkeiten, Allergien)
können Insulin-Analoga verordnet werden. Es liegen keine Endpunktstudien vor, die klinisch relevante Vorteile belegen (zit. nach [86], s. auch [10,
81, 130]). In Deutschland sind zur Zeit folgende
Analoga im Handel:
Kurzwirkende Insulin-Analoga (Wirkdauer 25 h). Insulin glulisin = Apidra®; Insulin lispro =
HUMALOG®, Liprolog®, Insulin aspartat =
NovoRapid®
Intermediär (max. 24h): Insulin lispro (Humalog®; mit NPH-Insulin kombininiert: HumalogMix®, LiprologMix®),
Insulin aspart (NovoRapid®; mit NPH-Insulin
kombiniert: NovoMix®),
Insulin detemir (Levemir®)
Langwirkend (24h): Insulin glargin (Lantus®)
Inhalierbare Insuline sind nach Produktionseinstellung Ende 2007 und Marktrücknahme von
Exubera® im Januar 2008 nicht mehr verfügbar.
Die Applikation des Insulins sollte heute mit Insulin-Pens erfolgen. Sie sind in der Dosierung genauer und verursachen gegenüber den Einmal-Insulinspritzen weniger Fehler.
Durchführung korrekter Insulininjektion
NPH- und Mischinsuline ausreichend
schwenken (ca. 20 x hin- und herbewegen)
In angehobenen Hautwulst in einem Winkel von
45-90 Grad injizieren; nach langsamer Injektion
Nadel noch ca. 10 Sek. stecken lassen, damit
sich das Insulin besser verteilt und die Dosis
vollständig verabreicht wird. Injektionsstellen
innerhalb der Areale wechseln.
Schnell wirkende Insuline in die Bauchdecke
injizieren (wird schneller resorbiert [48].
Verzögerungsinsuline in Vorder- und Außenseite von Oberschenkel,
Mischinsuline morgens in die Bauchdecke,
abends in Oberschenkel injizieren.
Um bei größeren Injektionsvolumina (größer
40 IE) eine bessere Wirkung zu erreichen, sollten die Patienten die Dosis teilen und 2 x spritzen. Bei adipösen Patienten die längste Nadel
verwenden.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Hinweise zur Insulintherapie (Fortsetzung)
Beachte
Nach einer Gabe von Normalinsulin ist eine
Nachinjektion frühestens vier Stunden, bei
schnell wirkenden Insulinanaloga frühestens
zwei bis drei Stunden nach dem letzten Bolus
sinnvoll.
Mischinsuline sollten nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt werden wegen des höheren
Hypoglykämierisikos und der unphysiologischen Wirkungsweise.
Nach Verbesserung der Blutzuckereinstellung
kann der Insulinbedarf zurückgehen.
Bei Fernreisen: Medikamentenbegleitblatt
[s. www.akdae.de].
Gewichtszunahme. Mit Ausnahme von Metformin ist bei allen Antidiabetika mit Gewichtszunahme zu rechnen. Patient ist darüber aufzuklären!
Einstellungsprobleme und Korrektur morgendlicher Hyperglykämien [130]
Reaktive Hyperglykämie am Morgen durch
nächtliche Hypoglykämie ausschließen (BZMessung nachts zwischen 2 und 3 Uhr). Bei zu
hoher abendlicher Insulindosis diese verringern.
Falls nächtliche Hypoglykämie ausgeschlossen
ist, kann die nächtliche Glukoneogenese durch
eine abendliche Insulingabe (um 22 Uhr) oder
durch Metformin reduziert werden.
Cave: Hypoglykämie bei Gastroparese mit verzögerter Nahrungsresorption (tritt bei 30% bis
50% der Typ-1- und Typ-2-Diabetiker auf
[150]): In diesem Fall ist es erforderlich, den
Spritz-Ess-Abstand anzupassen, ggf. Normalinsuline nach der Mahlzeit spritzen.
Anpassung der Insulintherapie
Patient ist vorübergehend nicht mobil (z. B.
Oberschenkelhalsbruch): Häufigere BZ-Kontrollen, Insulinbedarf steigt
Bei interkurrenten Erkrankungen häufigere BZKontrollen und ggf. Dosisanpassung
Patient steigert – ungewohnterweise – seine
körperliche Aktivität (z. B. Wandern, Gartenarbeiten): Bei schlecht eingestellten Patienten
kann es durch Gegenregulationen der Insulinantagonisten zu einer Verschlechterung der BZWerte kommen. Bei regelmäßiger körperlicher
Tätigkeit fällt die Blutzuckersenkung milder aus,
ungewohnte körperliche Aktivität führt zu rascher Blutzuckersenkung mit Gefahr von Hypoglykämien [95]: stündlich kleine Mahlzeiten,
evtl. Insulindosis reduzieren {C}
Spritz-Ess-Abstand
Es muss kein Spritz-Ess-Abstand eingehalten
werden. Die vom Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM) genehmigten
Fachinformationen zu den in Deutschland zugelassenen Humaninsulinen enthalten keine
Empfehlung, dass ein bestimmter Spritz-EssAbstand eingehalten werden muss. Es gibt
folglich in Bezug auf den Spritz-Ess-Abstand
keinen Vorteil für kurzwirksame Insulinanaloga.
Bei Patienten in Alten- und Pflegeheimen, die
gefüttert werden, sollte aus Sicherheitsgründen
das Insulin erst nach dem Essen gespritzt werden, wenn die aufgenommene Kohlenhydratmenge bekannt ist [130].
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Besonderheiten der Behandlung bei alten
Diabetikern
Besonderheiten bei Patienten in Pflege
Mehr als 2/3 aller Diabetiker in Deutschland
sind älter als 60 Jahre und nahezu ein Viertel
der 75-80 Jährigen leidet an Diabetes.
Globales Ziel: Förderung und Erhalt der Lebensqualität.
Im Vordergrund steht die Vermeidung diabetesspezifischen Symptome. Unter diesem Gesichtspunkt sind die HbA1C-Zielwerte individuell festzulegen. Eine zentrales Therapieziel ist die Vermeidung von Hypoglykämien
Das Therapieziel ist an folgende individuelle
Bedingungen anzupassen [68]:
Lebensqualität, Lebenserwartung, Bildungsgrad, Lebenssituation, kognitive und körperliche
Fähigkeiten sowie vorhandene oder zu erwartende Komplikationen und Begleiterkrankungen. Auch religiöse/ethische Aspekte sind in die
Entscheidung einzubeziehen.
Möglichkeiten und Bereitschaft des Patienten
zur Mitarbeit und Umsetzung der Therapie
(kognitive, affektive und feinmotorische Beeinträchtigungen)
Berücksichtigung der gesamten Medikation des
Patienten (Wechselwirkungen/UAW-Gefahr)
Unterstützung des Patienten durch Angehörige
und soziales Umfeld
Biologisches Alter. Eine Leistungsinsuffizienz
(z. B. Störungen des Sehvermögens, Gedächtnisstörungen etc.) sollte durch geeignete Bezugspersonen (Familienangehörige, Bekannte,
pflegerisches Personal) kompensiert werden,
um das Therapieziel zu erreichen.
Hinweis: Im Gegensatz zu landläufiger Auffassung akzeptieren gerade ältere Patienten (z. B.
mit einem guten funktionellen Status) in hohem
Maße intensive Therapieformen (z. B. ICT), weil
durch die Besserung der körperlichen und
geistigen Grundfunktionen ihr Zugewinn an
Lebensqualität besonders intensiv empfunden
wird.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Besonderheiten der Behandlung bei alten
Diabetikern (Fortsetzung)
Besonderheiten bei Patienten in Pflege
(Fortsetzung)
Diabetische und geriatrische
potenzieren sich häufig.
Komplikationen
Diabetische Polyneuropathien erschweren die
Handhabung von Medikamentenpackungen, Blutzuckermeßgeräten und Insulinapplikatoren. Hier
gibt es bereits entsprechende Produkte für den
älteren Menschen.
Eine evtl. vorhandene Ataxie erhöht das Sturzrisiko (Diabetiker haben ein 1,6 fach erhöhtes
Sturzrisiko [177]).
Hautveränderungen,schlechte Durchblutung,
Fußdeformierungen verstärken eine vorhandene Immobilität.
Anhaltende neuropathische Schmerzen
beeinflussen ebenfalls erheblich die Lebensqualität.
Besonderheiten bei der Therapie: [26, 177]
Als Basistherapie wird auch bei älteren Menschen
entsprechend den Möglichkeiten ein Bewegungstraining empfohlen. Insbesondere ein Kraft- und
Balancetraining ist zur Sturzprophylaxe sinnvoll.
Bei der Ernährung ist insbesondere bei geriatrischen Patienten auf Fehlernährung zu achten;
praktische einfache Empfehlungen sind erforderlich (z. B. eine Hand voll Obst oder Gemüse pro
Mahlzeit). Die Kaufunktion ist zu beachten: Paradontitis tritt bei Diabetikern gehäuft auf und sollte
behandelt werden.
Patientenschulung
Mittlerweile gibt es ein speziell für alte Diabetiker
entwickeltes strukturiertes Schulungsprogramm
[179], das konkret umsetzbares Basiswissen vermittelt und mit Wiederholungen arbeitet.
Harninkontinenz
Harnwegsinfektionen, neurogene Blasenfunktionsschwäche und eingeschränkte Mobilität können
zur Inkontinenz beitragen.
Depression
Ältere Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko für
Depression, wodurch die Compliance erschwert
wird – hier sollte man rasch intervenieren.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Besonderheiten der Behandlung bei alten
Diabetikern (Fortsetzung)
Besonderheiten bei Patienten in Pflege
(Fortsetzung)
Medikamentöse Therapie
Funktionseinschränkungen verschiedener Organe limitieren den Einsatz vieler oraler Antidiabetika.
Kritisch können sein: Insulinotrope Pharmaka
mit langer biologischer Halbwertszeit und nichtinsulinotrope Pharmaka mit ausgeprägtem Nebenwirkungsprofil bei vorbestehenden schweren Organinsuffizienzen (Niere, Leber, HerzKreislaufsystem und Darm) z. B. Hypoglykämiegefahr und Niereninsuffizienz bei Sulfonylharnstoffen, Hypoglykämie bei Gliniden, Herzinsuffizienz bei Glitazonen.
Empfehlung: Metformin ist ein wirksames
Medikament bei älteren Patienten mit Kriterien
für das metabolische Syndrom. Es gibt keinen
Grund für einen alterslimitierten Einsatz. Zu
beachten sind vorhandene Kontraindikationen,
die sich auch schleichend (z. B. Herzinsuffizienz) und sporadisch (z. B. kompensierte Niereninsuffizienz bei Exsikkose) einstellen können. Bei längerfristiger Therapie muss die regelmäßige Beobachtung des Patienten hinsicht-
lich des Neuauftretens von Kontraindikationen
gewährleistet sein.
Eine Insulintherapie ist auch bei älteren Patienten indiziert, wenn das individuelle Therapieziel mit OAD nicht erreicht wird. Bei Patienten, die unregelmäßig essen, ist manchmal eine
Insulintherapie (mit Spritzen nach dem Essen)
besser zu handhaben. Um Hypoglykämien zu
vermeiden, sollte für die Altenpflegerin ein Injektionsplan erstellt werden, der sich auf die
Nahrungsaufnahme, bzw. auf die Menge an
aufgenommenen Kohlenhydraten bezieht. Ständige Blutzuckerkontrollen sind dabei nicht notwendig. Zu beachten ist auch hier, dass bei
fortschreitender Niereninsuffizienz der Insulinabbau verzögert wird und entsprechend niedrigere Insulindosen erforderlich werden.
Ein Geldzähltest nach Nikolaus (»Zählen eines
Betrags z. B. 9,80€ in Scheinen und Münzen in
festgelegter Zeit«) [177, 178] kann bei der Entscheidung helfen, ob die Alltagskompetenzen
eines alten Menschen ausreichen, selbst
spritzen zu können.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Nicht medikamentöse Maßnahmen
Arzneitherapie zur Blutzuckersenkung
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Gewichtsreduktion [121] {B}, [162] {A}
Bewegung [121] {B}, [25] {A} [160, 162]
Ernährungsumstellung [121] {B}
Nikotinverzicht
Gesundheits-Pass Diabetes [63]
Angebot von strukturierten Schulungen, Wiederholungsschulung im Allgemeinen in 3-jährigem Abstand
Schulung zur Stoffwechselselbstkontrolle [27]
Vereinbarung von Therapiezielen und Kontrollterminen, z. B. jährliche augenärztliche Untersuchung [94], mind. halbjährliche
Fußuntersuchung
Arzneitherapie
Metformin:
Nutzen gut belegt bei Übergewichtigen [164] {A}
max. 2 x 1000 mg, ⊼U
Sulfonylharnstoffe:
Nutzen gut belegt bei Normalgewichtigen [166]
{A}, Mittel zweiter Wahl bei Übergewichtigen,
max. bis 10,5 mg/Tag Glibenclamid ⊼U
Insulin: Rechtzeitige Umstellung von OAD nach
individuellen Gegebenheiten ⊼U
Acarbose (Datenlage umstritten) [90, 170] ⊼V
Glinide (bisher keine Endpunktstudie) ⊼A
Glitazone (Risiko der Herzinsuffizienz, Erhöhung
der Spontanfrakturrate bei Frauen, unbegrenzte
Gewichtszunahme) [11, 55] ⊼V
nach Meinung der Leitliniengruppe bei Multimorbidität und Multimedikation ..:
⊼U = unverzichtbar
⊼V = verzichtbar
⊼A = abzuwägen
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Management der Hyperglykämie
nicht medikamentöse
Therapie
(Gewichtsreduktion,
Therapie
fortsetzen
körperliche Betätigung,
Schulung)
ja
Therapieziel
erreicht?
nein
ja
Kontraindikation
gegen
Metformin?
nein
body mass index
> 25 kg/m²?
ja
ja
nein
Therapie
fortsetzen
ja
nein
Metformin
Therapieziel
erreicht?
Zeichen einer
koronaren
Herzkrankheit?
Glibenclamid
nein
Insulin
ja
nein
Therapieziel
erreicht?
Therapie
fortsetzen
ja
Therapieziel
erreicht?
nein
Weiterleitung an
Schwerpunktpraxis/
-einrichtung erwägen
Quelle: Krones, John, Sawicki 2003: 60 [97]
Anmerkung: Bei Nichterreichen der Therapieziele
mit Metformin bzw. Glibenclamid gibt es neben der
hier vorgestellten Option, Insulin zu wählen, noch
die Möglichkeit, Glinide, Glitazone oder Acarbose
einzusetzen. Die Leitliniengruppe empfiehlt diese
Therapieoption nur im Ausnahmefall.
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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Allgemeine Therapiehinweise
Diabetes und Depression
Jährliche augenärztliche Untersuchung (Befundbericht einfordern) [94].
2-mal jährliche Fußuntersuchung, z. B. bei Blutwertkontrollen, Check-Up und DMP-Untersuchungen.
Patienten sind auf die Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen hinzuweisen (s. Anhang).
Regelmäßige Mikroalbuminteste ermöglichen
die Diagnose der diabetischen Nephropathie in
einem frühen, reversiblen Stadium (zur Durchführung s. Abschnitt diabetische Nephropathie).
Die Untersuchung ist nicht aussagekräftig bei
Patienten mit stark eingeschränkter Lebenserwartung sowie bei Vorliegen von Faktoren,
die zu einer passageren Erhöhung der Albuminausscheidung führen können, wie bei körperlicher Anstrengung, akut fieberhafter Erkrankung, Harnwegsinfekten, schlecht eingestelltem
Diabetes, Herzinsuffizienz und schlecht eingestelltem Hochdruck. Evidenzbasierte Empfehlungen liegen hierzu nicht vor, trotzdem empfiehlt die Leitlliniengruppe bei gut eingestellten
Patienten einmal jährlich die Bestimmung des
Mikroalbumins {C}.
Diabetes und Depression
Diabetiker weisen ein hohes Risiko für die
Entwicklung einer Depression auf (drei bis
vierfach höhere Prävalenz im Vergleich zu
Nichtdiabetikern) [125]. Das Risiko, an einer
Depression zu erkranken, steigt mit der Entwicklung und der Anzahl der diabetischen Spätkomplikationen [98, 125]. Umgekehrt haben
auch Patienten mit einer Depression ein hohes
Risiko an Diabetes zu erkranken. Eine Depression bei Diabetikern erhöht die Gefahr der Spätschäden, da mit einer geringeren Compliance,
schlechterer Blutzuckereinstellung und geringerer aktiver Mitwirkung an der Therapie gerechnet werden muss.
Die Depression wird oftmals nicht erkannt. Es
besteht auch die Gefahr, dass Symptome einer
schlechten Blutzuckereinstellung mit Anzeichen
einer Depression verwechselt werden. Zentrales diagnostisches Instrument ist das Arzt-Patienten-Gespräch. Um depressive Störungen
frühzeitig zu erkennen, sollte der Arzt die depressive Stimmung (Niedergeschlagenheit,
Hoffnungslosigkeit), den Verlust von Interesse
und Freude sowie die Antriebsminderung
erfragen [125]. Für eine Früherkennung auf
Depression haben sich in der Praxis besonders
der sehr kurze Selbstbeurteilungsfragebögen
(WHO 5 oder WHO 10, s auch Anhang) bewährt sowie der Zwei-Fragen-Test der DEGAMLeitlinien Müdigkeit: 1. »Haben Sie sich in den
letzten Monaten oft niedergeschlagen, schwermütig oder hoffnungslos gefühlt?«
2. »Haben Sie im letzten Monat oft wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten gehabt?«. Werden beide Fragen verneint, kann
eine ausgeprägte Depression (Major Depression) mit hoher Sicherheit ausgeschlossen
werden (Sensitivität von 96%) [53].
Liegen Anzeichen für eine Depression vor, so
ist immer die Suizidgefährdung des Patienten
aktiv anzusprechen. Konsil und Mitbehandlung
durch Spezialisten ist sinnvoll.
Arzneimittelauswahl: Wirkstoffe einsetzen, die
mit einem geringen Risiko für eine Gewichtszunahme einhergehen (z. B. Nortriptylin, Desipramin, SSRI). Trizyklische Antidepressiva und
Antipsychotika (z. B. Olanzapin) sind zu vermeiden [98, 125].
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Verlaufskontrollen
Blutzuckermessungen
Blutzuckermessungen sollen durchgeführt werden, wenn therapeutische Konsquenzen gezogen werden.
Da die Studienlage keine eindeutige Empfehlung
erlaubt [37, 67, 71, 107, 113, 138, 172] empfiehlt
die Leitliniengruppe folgendes Regime bei Selbstmessung (SMBG):
Bei Patienten unter Sulfonylharnstoffen
(Hypoglykämiegefahr): Ggf. 1 mal pro Monat
ein BZ-Tagesprofil, bei Problempatienten ggf.
häufiger.
Andere regelmäßige Messungen des Zuckers
(BZ oder Harnzucker) bei OAD-Patienten
dienen der Befähigung, mit der Erkrankung
umzugehen.
Evtl. können unter dem Aspekt des Empowerments ereignisorientierte Messungen in der
Schulungsphase (z. B vor und nach körperlichen Belastungen, opulente Mahlzeiten) empfohlen werden.
Patienten mit Insulintherapie:
In Abhängigkeit von der Qualität der BZ-Einstellung, des gewählten Insulinregimes und
interkurrenten Erkrankungen, muss für jeden
Patienten individuell festgelegt werden, wie oft
pro Woche und zu welchem Zeitpunkt (nüchtern, postprandial, nachts um 2 Uhr) der Blutzucker gemessen werden soll. Beispiel: Bei
einem Patienten mit einer BZ-Einstellung im
Zielbereich und 2 x täglicher Gabe eines Kombinationsinsulins reicht ein Blutzuckertagesprofil
einmal im Monat.
ICT: BZ-Messung vor jeder Insulininjektion zur
Abschätzung der Dosis. Mit dem Patienten werden im Rahmen der Schulung Verfahren zur
Berechnung der Insulindosis vereinbart.
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Schnittstellen
Kooperationsebene, Indikationsstellung
Wann sollte der Diabetiker überwiesen werden
bzw. wann sollte eine Mitbehandlung erfolgen?
[102]
Überweisung in eine diabetologische Schwerpunktpraxis oder in ein Krankenhaus bei Stoffwechselentgleisungen, z. B. mehrfach schwere
Hypoglykämien, Hyperglykämie mit Vigilanzminderung, bei diabetesbedingten Komplikationen, perioperative Umstellung, Kinderwunsch
und Schwangerschaft, Gestationsdiabetes.
Weiterleitung in eine diabetologische Schwerpunktpraxis, wenn nach einem halben Jahr
eingehender Bemühungen die vereinbarten
Therapieziele nicht erreicht wurden.
zur Durchführung der strukturierten Schulung in
einer diabetologischen Schwerpunktpraxis, falls
nicht beim Hausarzt möglich.
Überweisung zum Augenarzt bei Erstdiagnose
und danach mindestens einmal pro Jahr.
Bei Vorliegen akuter, komplexer Fußläsionen
(Wagner-Stadien 2 bis 5 und/oder Armstrong
Grade B/C/D) sollte die Vorstellung in einem
spezialisierten Zentrum erfolgen.
Bei Verdacht auf eine diabetische Neuro-Osteoarthropathie (DNOAP) – Charcot-Fuß – soll umgehend eine Vorstellung in einer spezialisierten
Einrichtung erfolgen.
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Folgeerkrankungen
Makroangiopathie
Makroangiopathie [83]
Bei der Makroangiopathie handelt es sich um
nichtspezifische, vorwiegend arteriosklerotische
Gefäßkomplikationen. Neben der Höhe des HbA1cWertes stellt das metabolische Syndrom einen
zentralen Riskofaktor dar (Hypertonie, Dyslipoproteinämie) [10]. Bei allen Diabetesformen findet sich
eine rasche Progression.
Bei Nachweis einer Makroangiopathie
(Arteriosklerose) empfiehlt die Leitliniengruppe unter Berücksichtigung der Kontraindikation die ASS-100 Gabe {C}. Achtung: Diabetikerinnen haben auch vor der Menopause
ein erhöhtes KHK-Risiko [100, 146].
Bei Nephropathie ist die Blutdrucksenkung entscheidend. Geeignet hierzu sind ACE-Hemmer,
Calciumantagonisten, Diuretika und Betablocker [30] {A}. Bei KHK sollten Betablocker
als Mittel der ersten Wahl verordnet werden
[10, 35, 65, 165].
Makroangiopathie [83, 111]
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Konsequente Blutdrucküberwachung
Nikotinkarenz {C}
Regelmäßige körperliche Bewegung
Gewichtsüberwachung (BMI) {C}
Kontrolle der Blutfette einmal im Jahr {C}
EKG, ggf. Belastungs- und Langzeit-EKG einmal
im Jahr
Regelmäßiger Pulsstatus, ggf. Doppler-Gefäßuntersuchung, AB-Index
Arzneitherapie
normnahe RR-Einstellung:
ACE-Hemmer [167], Calciumantagonisten,
Diuretika [30, 36] {A}
Betablocker (bei KHK [10, 35, 65, 165])
HbA1c-Wert zwischen 7,o% und 8,0%]
niedrig dosiertes ASS [6, 7] {A}
CSE-Hemmer (Simvastatin als
Sekundärprophylaxe) [76, 124] {A}
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Folgeerkrankungen
Diabetische Nephropathie
Diabetische Nephropathie [147]
Die diabetische Nephropathie ist eine der Hauptursachen für die Dialysepflichtigkeit. Prädiktoren
einer Nephropathie sind eine schlechte Blutdruckund Blutzuckereinstellung, hinzu tritt eine genetische Prädisposition [51]. Bei einer Mikroalbuminurie liegt die Albuminausscheidung im Sammelurin im Bereich von 30 bis 300 mg/24h oder im
Spontanurin zwischen 20 und 200 mg/l.
Die Diagnose einer Mikroalbuminurie wird durch
mindestens zwei Messungen im Morgenurin
(Micraltest®) im Abstand von 2 bis 4 Wochen
bestätigt.
Störfaktoren mit reversibler Erhöhung der Albuminurie sind: BZ-Entgleisung, körperliche Anstrengung, Harnwegsinfekte, unkontrollierte Blutdruckerhöhung, Herzinsuffizienz, akute fieberhafte Erkrankungen, operative Eingriffe [51]. Im Stadium der
Mikroalbuminurie steigt der Blutdruck an, die glomeruläre Filtrationsrate ist noch nicht erniedrigt, so
dass bei rechtzeitiger Therapie durch verschiedene Maßnahmen – insbesondere Blutdrucksenkung – noch eine Verhinderung des Nierenfunktionsverlustes möglich ist. Die Hyperfiltration der
Nieren ist bis zur glomerulären Läsion mit manifester Mikroalbuminurie reversibel. Das KHKRisiko ist bei diabetischer Nephropathie nochmals
um mindestens das Zweifache erhöht; der Blutdruck sollte systolisch unter 120 mmHg liegen.
Diabetische Nephropathie [52, 129, 156]
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Viel trinken (drei Liter/Tag; Ausnahme: manifestes nephrotisches Syndrom, Herzinsuffizienz
[51])
Proteinnormalisierte Ernährung
(0,8g Eiweiss/kg KG) {C}
Albuminuriekontrolle {C} [51]
Salzreduktion: < 6 g/Tag; Bluthochdrucktherapie
durch Salzreduktion spricht bei Diabetikern gut
an [134].
Gewichtsreduktion [52] {C}
Raucherentwöhnung
Arzneitherapie
Umstellung auf Insulin,
ggf. ICT [52, 166]
Blutdruckkontrollen und Intensivierung/Optimierung der Blutdrucktherapie mit ACE-Hemmern bei Hypertonie ([155] {A}, [137] {A}) und/
oder Herzinsuffizienz. Bei normotensiven Diabetikern konnte keine Verzögerung in der Entwicklung eines Nierenversagens unter ACEHemmern gezeigt werden [104] {A}. Calciumantagonisten sind als Kombinationspartner
geeignet, doch bei Monotherapie nicht Mittel der
Wahl [118] {A}.
Diuretika (Schleifendiuretika) [52], Thiazide
wirken nicht ab Kreatinin > 1,8 mg/dl
Cave: renal eliminierte Medikamente
→ Zusammenarbeit mit Nephrologen
Impfungen (Hepatitis B)
39
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Folgeerkrankungen
Diabetische Retinopathie
Diabetische Retinopathie [59, 127, 116]
Häufigste Erblindungsursache bei den 40- bis 80Jährigen. Die Schädigung der Retina/Makula kann
für den Patienten zunächst unbemerkt verlaufen,
unter Umständen über lange Zeiträume.
Bei Diagnosestellung des Diabetes besteht bereits
in bis zu einem Drittel der Fälle eine diabetische
Retinopathie. Eine diabetische Makulopathie findet
sich bei bis zu einem Viertel der Patienten nach
mehr als 15-jähriger Diabetesdauer.
Die frühe Feststellung von Mikroaneurysmen der
Retina markiert einen Risikofaktor im Verlauf des
Diabetes, da die frühe Gefäßmanifestation von
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Jährliche augenärztliche Untersuchung
mit Befundbericht! [93, 114]
Retinopathie:
Ja
Nein
Progredienz:
Ja
Nein
(Augenfachärztlicher Untersuchungsbogen der
IFDA/AGDA wird empfohlen [20, 80, 96])
hyperglykämischen Schäden ein generelles vaskuläres Risiko anzeigt.
Entscheidend ist die rechtzeitige Durchführung
einer Lasertherapie, da das Risiko für die Erblindung oberhalb eines HbA1c von 8% exponentiell
steigt [44].
Wichtig: Erst Lasern, dann »schlechten« HbA1c Wert senken. BZ-Senkung langsam durchführen.
In der bei [110] zitierten Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich die diabetische Retinopathie
bei rascher Normalisierung stark erhöhter Blutzuckerwerte verschlechtern kann.
Arzneitherapie
Laserbehandlung
Normnahe BZ-Einstellung [47, 119, 166] {A} .
d.h. HbA1c-Wert um 7%
40
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Die fünf wichtigsten Folgeerkrankungen
Diabetische Neuropathie
Diabetische Neuropathie [128, 150]
Man unterscheidet u. a. die
periphere Polyneuropathie (symmetrische und
asymmetrische Formen, Mononeuropathie)
autonome Neuropathie: kardiovaskuläre,
gastrointestinale(z. B. Gastroparese), urogenitale Störungen (z. B. erektile Dysfunktion).
Es besteht eine Beziehung zu Krankheitsdauer
und ungünstiger Stoffwechsellage. Ca. 30 bis 50%
der Diabetiker mit mehr als zehnjähriger Diabetesdauer weisen Symptome der diabetischen Polyneuropathie auf. Eine sensomotorische periphere Neuropathie ist in ca. 90% an der Ätiologie des
diabetischen Fußsyndroms beteiligt.
Bei manifestem Diabetes Typ 1 und Typ 2 ist
heute mit einer mittleren Prävalenz der sensomotorischen (und autonomen) Neuropathie um
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
a) Sensomotorische Periphere Neuropathie [73]
Zu jeder Untersuchung gehören laut DMP:
Gezielte Anamnese
Beidseitige Fußinspektion und Palpation der
Fußpulse
Prüfen der Berührungssensibilität
b) Autonome Neuropathie [112, 148]
Regelmäßige jährliche EKG-Kontrolle mit
langem Streifen bei Ein- und Ausatmung
Ggf. Langzeit-EKG
30% zu rechnen. Etwa 10-15% der manifesten
Diabetiker haben mehr oder weniger ausgeprägte
Schmerzen.
Die Diagnosekriterien für eine sensomotorische
diabetische Neuropathie sind im Anhang tabellarisch als »Neuropathischer Symptom Score« und
»Neuropathischer Defizit Score« aufgeführt [73,
74].
Neben der KHK sowie der Herzinsuffizienz ist das
Diabetikerherz durch die kardiovaskuläre autonome diabetische Neuropathie besonders gefährdet,
die sich nur in speziellen Funktionstests erfassen
lässt. Bei Verdacht: Langzeit-EKG durchführen.
Zur jährlichen Routinekontrolle sollte ein EKG
gehören (s. Diabetiker als Hochrisikopatient).
Arzneitherapie
Eine evidenzbasierte Therapie gibt es noch nicht!
Zur Linderung der Symptomatik wird in Einzelfällen
eingesetzt:
Carbamazepin [109] {A}
trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin [108]
{A})
Gabapentin [15] {A}
Analgetika
(s. auch hausärztliche Leitlinie Schmerz)
Symptomorientierte Therapie (Betablocker bei
erhöhter Herzfrequenz) und v.a. Durchführung
eines Belastungs-EKGs
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»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Therapie der Folgeerkrankungen
Diabetisches Fußsyndrom
Diabetisches Fußsyndrom [18, 145, 147]
Zu unterscheiden sind der neuropathische und
der angiopathische Fuß sowie gemischte Formen (zur Differentialdiagnose s. Tabelle im Anhang).
2 von 3 Amputierten sind Diabetiker
ca. 240.000 Diabetiker in Deutschland leiden
aktuell an einer Fußläsion
Ca. 40% der Fußsyndrome entstehen durch
eine Neuropathie, ca. 20% durch eine Angiopathie. Kombinationen aus neuropathischen
und ischämischen Schädigungen sind häufig.
Es besteht eine erhöhte Infektanfälligkeit bei verminderter Granulozyten-Phagozytenaktivität (Interdigitalmykosen).
Verlaufskontrollen
Risikoklassifizierungssystem der International Working Group on the Diabetic Foot (IWGDF) für das
Auftreten von Fußläsionen, zitiert nach [16]
Kategorie
Befunde
Untersuchungen
Risikoeinstufung
0
keine sensorische Neuropathie
1 x jährlich
Niedriges Risiko
1
sensorische Neuropathie
1 x alle 6 Monate
Erhöhtes Risiko
2
sensorische Neuropathie und
Zeichen einer peripheren
arteriellen Verschlusskrankheit
und/oder Fußdeformitäten
1 x alle 3 Monate
3
früheres Ulkus
1 x alle 1 bis 3 Monate
Diabetisches Fußsyndrom Angabe des schwerer
betroffenen Fußes bei auffälligem Fußstatus: Grad
Armstrong-Gradierung
0
1
Hohes Risiko
nach Wagner und Armstrong (DMP-Diabetes
Typ 2, Ausfüllanleitung zur Erstdokumentation)
Wagner-Gradierung
2
3
4
5
A
Prä- oder
Oberflächliche Wunde bis zur
postulcerative Wunde
Ebene von
Läsion
Sehne oder
Kapsel
Wunde bis zur Nekrosen von Nekrosen des
Ebene von
Fußteilen
gesamten
Knochen oder
Fußes
Gelenk
B
Mit Infektion
Mit Infektion
Mit Infektion
Mit Infektion
Mit Infektion
Mit Infektion
C
Mit Ischämie
Mit Ischämie
Mit Ischämie
Mit Ischämie
Mit Ischämie
Mit Ischämie
D
Mit Infektion
und Ischämie
Mit Infektion
und Ischämie
Mit Infektion
und Ischämie
Mit Infektion
und Ischämie
Mit Infektion
und Ischämie
Mit Infektion
und Ischämie
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Therapie der Folgeerkrankungen
Diabetisches Fußsyndrom (Fortsetzung)
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Wer den Fuß des Diabetikers nicht ansieht,
kann ihn nicht behandeln!
Cave: Kleine Wunden und Bagatelltraumen führen
zum Ulcus.
Schulung des Patienten: tägliche Inspektion der
Füße, geeignete Fuß- und Nagelpflege, geeignetes Schuhwerk [106] {A} sowie regelmäßige
Inspektion der Füße einmal pro Jahr in Abhängigkeit vom Risikoprofil [103, 117] {A}, {C}
Druckentlastung: Bettruhe, Rollstuhl,
Gehstützen (bei neuropathischem Fuß);
Vorfußentlastungsschuh
Bei Parakeratosen, Clavus und Exostosen
→ Pedographie → Einlagen → orthop. Schuhe
(von der Innung auf »Diabetischen Fuß« zertifiziertem Orthopädieschuhmachermeister)
Rechtzeitige Mitbehandlung durch Schwerpunktpraxis/Fußambulanz {C}
Der »neuropathische Fuß« braucht Ruhe und
Lagerung!
Der »angiopathische Fuß« muss laufen
(zur DD siehe auch Tabelle im Anhang)
Polyneuropathie plus AVK bestimmen das
Amputationsrisiko des Diabetikers
Arzneitherapie
Ziel: Stoffwechselverbesserung
Insulingabe ggf. vorübergehend, besonders bei
Infektionen mit Allgemeinsymptomen (BSG-, CRPErhöhung, Leukozytose, Fieber) (ggf. stationäre
Einweisung)
Bei Insulinresistenz durch Infektionen:
Optimierung der BZ-Einstellung mit OAD, ggf.
vorübergehend auch mit Insulin (ggf. Fußambulanz/stationäre Einweisung)
Wenn notwendig frühzeitig Antibiotikatherapie mit
schnellem systemischen Therapiebeginn bei
infizierten Weichteildefekten, z. B. Clindamycin,
Gyrasehemmer.
Lokale Wundbehandlung:
Abtragung von Nekrosen
Abtragung von Hyperkeratosen
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Zusammenfassung
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine chronisch progrediente Stoffwechselstörung. Die Erkrankten sind
Hochrisikopatienten für mikro- und makroangiopathische Erkrankungen. Bei Manifestation des
Diabetes mellitus Typ 2 haben fast 50% der
Patienten makrovaskuläre Erkrankungen.
Ziele der hausärztlichen Behandlung sind:
Diagnostik von diabetischen Vorstadien
frühe Diagnostik des manifestem Diabetes
mellitus Typ 2 mit qualitätsgesicherter Methodik
Motivation zu Lebensstiländerung durch entsprechende Schulung: Bewegung, Ernährung,
(s. lebensstilmodifizierende Maßnahmen)
Diagnostische Kriterien Diabetes mellitus Typ 2
Nüchtern-BZ:
≥ 126 mg/dl (Plasma venös) bzw. ≥ 110 mg/dl
(Vollblut kapillär) oder Gelegenheitsblutzucker
bzw. 2-Stundenwert nach oraler Glukosebelastung: ≥ 200 mg/dl (Plasma venös, Vollblut
kapillär).
Bei Fehlen von diabetestypischen
Symptomen:
Zweimaliger Nachweis von erhöhtem NüchternBZ oder postprandialem BZ.
Bei diabetestypischen Symptomen genügt
einmaliger Nachweis von erhöhtem Nüchternblutzucker oder postprandialem Blutzucker.
Bei Unklarheit: 75g oGTT nach WHO-Richtlinien.
Zur Diagnose eines Diabetes dürfen nur qualitätsgesicherte Maßnahmen zum Einsatz kommen.
Geräte zur Blutzuckerselbstmessung dürfen für
diagnostische Zwecke nicht eingesetzt werden.
Individualisierte Therapieziele entsprechend
Risikokonstellation und Lebenssituation.
Therapie:
Die Therapie besteht in nichtmedikamentösen
Maßnahmen (Ernährungsberatung, Motivation zu
Bewegung, Schulung), die gleichberechtigt neben der Therapie mit oralen Antidiabetika (Metformin, Sulfonylharnstoffen) und Insulinen stehen.
Beginn der medikamentösen Diabetes-Therapie, wenn mit nichtmedikamentösen Maßnahmen Therapieziel nicht zu erreichen ist oder
sofort bei entsprechender Risikokonstellation
und wenn Diabetesymptome schnell beeinflußt
werden müssen.
Orale Medikation: (OAD)
Bei übergewichtigen Patienten: primär Metformin
Bei normalgewichtigen Patienten: zunächst ein
Sulfonylharnstoffpräparat (Glibenclamid)
Insulin: Wenn Therapieziel mit OAD nicht zu
erreichen ist, Einsatz von Insulin, evtl. in Kombination mit OAD.
Information zur Blutzuckerselbstmessung
und des Verhaltens bei Hypo- bzw. Hyperglykämien (s. Verlaufskontrollen und Schulung).
Konsequente Blutdruckeinstellung:
RR < 130/80, bei Nephropathie RR < 120/80)
Kontrolle der Werte ist engmaschig anzustreben (im DMP kann ein RR-Messgerät
verordnet werden!).
Therapie einer Fettstoffwechselstörung mit
Statinen.
Strukturierte Betreuung entsprechend DMP/
Gesundheitspass Diabetes.
Überweisung an diabetische Schwerpunktpraxis, wenn Therapieziel in angemessener
Zeit nicht zu erreichen ist (s. Schnittstellen).
Überweisung an diabetische Fußambulanz
zur Mitbehandlung bei diabetischem Fußsyndrom.
44
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Anhang: Glykämischer Index
Glykämischer Index (GI)
Dieser Terminus teilt Lebensmittel aufgrund ihrer
Eigenschaften ein, eine postprandiale (Hyper-)
Glykämie hervorzurufen. Dieser Glukoseanstieg ist
wiederum verantwortlich für die reaktive Insulinausschüttung bzw. Insulinbedarf der zur Wiederherstellung der Normoglycämie benötigt wird.
Außer der Kohlenhydratzusammensetzung der
Nahrung sind auch Faktoren, wie z. B. die Bearbeitung der Lebensmittel, der enzymatische Aufschluss im Darm und das Vorhandensein von
anderen Nahrungsstoffen maßgeblich beteiligt.
Diesen trägt der GI Rechnung
Bestimmung des GI
Der GI ist definiert als Fläche unter der 2h BZAntwortkurve (area under the curve) nach einer
Testmahlzeit mit 50g KH im prozentualen
Vergleich zu einer Standard-Mahlzeit (= Weißbrot
oder Glukose) mit ebenfalls 50g Kohlenhydraten
gemessen an der selben Person. Die GI Werte für
Glukose sind ca. um das 1,38 Fache höher als für
Weißbrot. Der GiI oder die glycämische Belastung
von Mahlzeiten wird berechnet, indem die Menge
KH im Lebensmittel, der Anteil der glykämischen
KH in der Mahlzeit und der GI des Lebensmittels
berücksichtigt werden. Unter Bezugnahme von
weißem Brot als Referenz variiert der GI von ca.
20 bis 130.
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Anhang: Diagnostik im Überblick
Definition und diagnostische Kriterien
Definition und diagnostische Kriterien des Typ 2
Diabetes [4, 5], s. a. DMP-Handbuch zum Thema
[8, 9]
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Anhang: Nicht-insulinotrope Antidiabetika
Metformin (OAD)
Metformin
Mittel der ersten Wahl bei übergewichtigen Diabetikern. Keine Gewichtszunahme. Keine Hypoglykämien. Bei Beachtung der Kontraindikationen
keine Laktatacidosen [135].
Wirkmechanismus
Hemmung der hepatischen Glukoneogenese und Steigerung der Glukoseaufnahme im Fettgewebe und der Skelettmuskulatur
Indikation
Übergewichtige Patienten mit einem nicht entgleisten Diabetes mellitus Typ 2,
bei denen ein Therapieversuch mit Gewichtsabnahme, Umstellung auf
gesunde Ernährung und Steigerung der körperlichen Aktivität innerhalb von
drei Monaten nicht zum Erreichen der HbA1c-Zielwerte geführt hat.
Vorteile: Reduktion makrovaskulärer Komplikationen wie Schlaganfall,
koronare Ereignisse und diabetesbezogener Tod (UKPD-Studie) [164]
Dosierung
Start mit 1 x 500 mg oder 1 x 850 mg/d; optimale Tagesdosis 2000 mg/d
Nebenwirkungen
Bei ~ 20 %: Übelkeit, Magendruck, Blähungen, Durchfälle
Bei ~ 5 %: Absetzen bei Beschwerdepersistenz notwendig
Sehr selten (v. a. bei Nichtbeachtung der Kontraindikationen): Laktatazidose
Kontraindikationen
Schwangerschaft, Stillzeit,
eingeschränkte Nierenfunktion (Grenzwert des Serumkreatinins 1,2 mg/dl,
Kreatinin-Clearance < 40 ml/min), schwere Lebererkrankung, Pankreatitis,
Alkoholismus, konsumierende Erkrankungen
hypoxische Zustände mit schlechter Sauerstoffversorgung der Gewebe,
respiratorische Insuffizienz, schwere Herzinsuffizienz, Kreislaufschock,
hohes Lebensalter
Metformin ist 2 Tage vor geplanten Operationen mit Allgemeinanästhesie und
vor Röntgenuntersuchungen mit intravenöser Kontrastmittelgabe und am Tag
einer Operation abzusetzen (s. Fachinformation). Es gibt in der Literatur
Belege, dass dies nicht erforderlich ist und eine Unterbrechung der BZBehandlung dem Patienten mehr schade [79]. Hieraus folgt eine der Fachinformation widersprechende Empfehlung, Metformin erst bei einer GFR
kleiner 40ml/min abzusetzen.
Reduktionkost (< 1000 kcal täglich)
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und Fachinformation.
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Anhang: Nicht-insulinotrope Antidiabetika
Glitazone (OAD)
Glitazone
Rosiglitazon, Pioglitazon. Aufgrund fehlender
Langzeitstudien nur bei Patienten, bei denen die
Zielwerte nicht anders erreichbar sind. Achtung:
Unter Therapie von Rosiglitazon sind lebensbedrohliche Herzinsuffizienz und Leberversagen aufgetreten. Kombination mit Insulin meiden, wegen
Risiko für Herzinsuffizienz [55, 126].
Wirkmechanismus
Verminderung der Insulinresistenz im Fettgewebe, Skelettmuskulatur und
Leber
Indikation
Zulassung in Deutschland bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 nur in
Kombination mit Metformin sowie in Kombination mit Sulfonylharnstoffen bei
Patienten mit Metformin-Unverträglichkeit bzw. bei Kontraindikationen für
Metformin; Pioglitazon auch in Kombination mit Insulin zugelassen (EMEAZulassung)
Dosierung
Rosiglitazon
4 mg/d morgens; bei Bedarf nach 8 Wochen Steigerung auf 8 mg/d
Pioglitazon
15 mg/d; bei Bedarf nach 8 Wochen Steigerung auf 30 mg/d
Gewichtszunahme: in Kombination mit Metformin 4-5%, in Kombination mit
Sulfonylharnstoffen 5-6%.
Ödeme in 3-4% der Fälle.
Selten: Cephalgien oder Transaminasen-Erhöhungen
Hypercholesterinämie, Abdominalschmerzen, Blähungen
Nebenwirkungen
Verdacht auf erhöhtes Frakturrisiko bei Frauen unter Pioglitazon, evtl.
Klasseneffekt [12]
Kontraindikationen
Leberfunktionsstörungen
Herzinsuffizienz (NYHA I-IV)
Schwangerschaft, Stillzeit
schwere Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min)
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und
Fachinformation.
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Anhang: Nicht-insulinotrope Antidiabetika
Alpha-Glucosidasehemmer (OAD)
Alpha-Glucosidasehemmer
Acarbose, Miglitol. Aufgrund der fehlenden Studien
nur bei Patienten, bei denen die Zielwerte nicht
anders erreichbar sind. Keine Hypoglykämien, aufgrund der Nebenwirkungen eher Gewichtsverlust.
Gesundheitsökonomisch ist das Preis/Leistungsverhältnis eher unbefriedigend (Senkung des
HbA1c-Wertes um durchschnittlich 0,5 Prozentpunkte, hohe Patientencompliance erforderlich,
Flatulenz häufig) [33, 143]. Zur Studienbewertung
s. [90].
Wirkmechanismus
Hemmung der Alpha-Glucosidasen im Dünndarm und damit Hemmung der
Spaltung von Disacchariden
Indikation
Diabetes mellitus Typ 2, vor allem bei postprandialer Hyperglykämie
Dosierung
1 x 50 mg/d; Steigerung auf 3 x 50 mg/d, maximal 3 x 100 mg
Nebenwirkungen
Häufig: Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme
Selten: Anstieg der Transaminasen
Kontraindikationen
Patienten < 18 Jahre
Schwangerschaft, Stillzeit
Chronische Darmerkrankungen
Schwere Niereninsuffizienz
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und
Fachinformation.
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Anhang: Insulinotrope Antidiabetika
Sulfonylharnstoffe (OAD)
Sulfonylharnstoffe
Glibenclamid, Glibornurid, Gliclazid, Glimepirid,
Gliquidon, Glisoxepid. Geeignet für nicht adipöse
Diabetiker. Gewichtszunahme, Gefahr der Hypo-
glykämie, teilweise protrahiert (Achtung Hinweise
auf Fahrtüchtigkeit für Berufsfahrer, Busfahrer und
LKW-Fahrer beachten, s. Anhang).
Wirkmechanismus
Stimulation der endogenen Insulinsekretion
Indikation
Patienten mit Typ-2-Diabetes, bei denen das HbA1c-Therapieziel trotz
Ernährungs- und Bewegungstherapie nicht erreicht wird
Dosierung (HWZ)
Anfangsdosis
Max. Tagesdosis
1,75 mg-3,5 mg
12,5 mg
40 mg
1 mg
15 mg
0,5 g-1 g
10,5 mg
75 mg
240 mg
6 mg
120 mg
2g
Glibenclamid (10h)
Glibornurid (8)
Gliclazid (10-12h)
Glimepirid (5-8h)
Gliquidon (1,4/8-17)
Tolbutamid (6h)
Nebenwirkungen
Häufig:
Gewichtszunahme
Hypoglykämie, besonders bei eingeschränkter Nierenfunktion und bei
Verwendung langwirksamer Sulfonylharnstoffpräparate (z. B. Glibenclamid)
Selten:
gastrointestinale Störungen (z. B. Völlegefühl, Übelkeit)
Störungen der Hämatopoese
allergische Reaktionen
Kontraindikationen
Typ-1-Diabetes
Sekundärversagen einer Therapie mit Sulfonylharnstoffen, insbesondere
bei azidotischer Stoffwechseldekompensation, Präkoma oder Koma
Niereninsuffizienz
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und
Fachinformation.
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Anhang: Insulinotrope Antidiabetika
Glinide (OAD)
Glinide
Repaglinide/Nateglinide. Aufgrund fehlender Langzeitstudien nur bei Patienten, bei denen die Zielwerte nicht anders erreichbar sind. Die Häufigkeit
Wirkmechanismus
der Hypoglykämien ist bei regelmäßiger Nahrungsaufnahme vergleichbar mit der Hypoglykämierate
unter Sulfonylharnstoffen [174].
Kurzzeitige Stimulation der endogenen Insulinsekretion
Indikation
Repaglinide
Patienten mit Typ-2-Diabetes, bei denen das HbA1c-Therapieziel trotz
Ernährungs- und Bewegungstherapie nicht erreicht wird. Monotherapie und
Kombinationstherapie mit Metformin möglich
Nateglinide
hat nur eine Zulassung als Kombinationstherapie mit Metformin.
Kombination von Gliniden mit Sulfonylharnstoffen nicht indiziert
Dosierung
Repaglinide
0,5 mg zu den Hauptmahlzeiten
Nateglinide
3 x 60 mg bis 3 x 120 mg zu den Hauptmahlzeiten
Nebenwirkungen
Hypoglykämie, gastrointestinale Störungen (z. B. Übelkeit, Erbrechen,
Diarrhoe), allergische Reaktionen, Angina pectoris (häufig bei Repaglinide)
Kontraindikationen
Typ-1-Diabetes, diabetische Ketoazidose
Niereninsuffizienz: Nateglinide (Repaglinide bei Kreatinin-Clearance von
> 30 ml/min möglich), Leberinsuffizienz
Überempfindlichkeit gegen Repaglinide oder Nateglinide
Schwangerschaft, Stillzeit
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und
Fachinformation.
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Anhang: Insulinotrope Antidiabetika
Inkretin-Mimetikum (s.c.)
Inkretin-Mimetikum
Exenatide: Synthetisches Peptid, das aus dem
Speichel der giftigen Echse Heloderma suspectum
isoliert wurde. Bislang nur Zulassungsstudien, nur
bei Patienten, bei denen die Zielwerte nicht anders
erreichbar sind.
Cave: Hypoglykämien!
Wirkmechanismus
Exenatide wirkt wie Glucagon-like Peptide 1 als Agonist am GLP1-Rezeptor
und stimuliert glukoseabhängig die Insulinfreisetzung des Pankreas
Indikation
Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffpräparaten bei Patienten, bei denen mit der maximal verträglichen
Dosis dieser oralen Therapien eine angemessene Blutzuckerkontrolle nicht
erreicht wurde
Dosierung
2 x tägliche subkutane Injektion von 5 bzw 10 μg vor den Mahlzeiten
Nebenwirkungen
Sehr häufig: Hypoglykämie, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Warnhinweis
Nicht empfohlen bei terminaler Niereninsuffizienz, schwerer Nierenfunktionsstörung, bei gastrointestinalen Erkrankungen
Für umfassende Informationen s. Fachliteratur und Fachinformation.
Sitagliptin (Dipetidyl-Peptidase-4 Inhibitor). Bislang
nur Zulassungsstudien, keine Nutzen-Risiko-Bewertung für die hausärztliche Versorgung möglich.
Wirkmechanismus
Blockiert den Abbau der Inkretinhormone, die nach den Mahlzeiten ausgeschüttet werden und die Bauchspeicheldrüse zur Insulinproduktion anregen
Indikation
Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit Metformin oder ein Thiazolidin
wenn Diät und Monotherapie (Metformin bzw. Thiazolidin) den Blutzucker nicht
ausreichend senken
Dosierung
1 x täglich 100 mg oral
Nebenwirkungen
Bei Kombination mit Metformin: Schläfrigkeit, Übelkeit, Oberbauchschmerzen,
Diarrhö, erniedrigte Blutzuckerwerte, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
Bei Kombination mit einem PPARγAgonisten (Pioglitazon): Hypoglykämie,
Flatulenz, periphere Ödeme.
Warnhinweis
Nicht bei Typ 1 Diabetikern, nicht zur Behandlung der diabetischen
Ketoazidose, nicht bei Überempfindlichkeit gegen Sitagliptin anwenden
Quelle:www.emea.europa.eu/humandocs./PDFs/EPAR/januvia/H-722-de1.pdf [3.05.07],
Fachinfo Januvia März 2007
64
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetische Neuropathie
Neuropathie Symptom Score (NSS)
Die Diagnosekriterien für eine sensible oder sensomotorische diabetische Polyneuropathie sind in
den Tabellen NSS und NDS aufgeführt [176],
Neuropathie Symptom Score (NSS) [73]
Symptomatik Fuß/Unterschenkel
Brennen
Taubheitsgefühl
zitiert nach DDG-Leitlinie Neuropathie bei Diabetes mellitus [73].
Ja
Nein
Punkte
2
2
0
0
Parästhesien
2
0
Schwächegefühl (Ermüdung, Erschöpfung)
Krämpfe
1
1
0
0
Schmerzen
1
0
Lokalisation
Füße
Unterschenkel
2
1
woanders
0
Exazerbation
Nachts vorhanden
Tagsüber und nachts vorhanden
Nur tagsüber vorhanden
2
1
0
Patient wird durch Symptome aus dem Schlaf geweckt
+1
Besserung der Symptome beim
Gehen
Stehen
2
1
Sitzen oder Hinlegen
0
Gesamtscore
Gesamtscore NSS:
3-4: leichte Symptome
5-6: mäßige Symptome
7-10: schwere neuropathische Defizite
65
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetische Neuropathie
Neuropathie Defizit Score (NDS)
Neuropathie Defizit Score (NDS) [73]
Achillessehnenreflex
Normal
Vermindert
Rechts
Links
Punkte
0
1
0
1
Fehlend
2
2
Vibrationsempfindung (Messung dorsal am Großzehgelenk)
Normal
0
0
Vermindert/fehlend
1
1
Schmerzempfindung (Messung am Fußrücken)
Normal
0
0
Vermindert/fehlend
1
1
Temperaturempfindung (Messung am Fußrücken)
Normal
0
0
Vermindert/fehlend
1
1
Gesamtscore
Gesamtscore NDS:
3-5: leichte neuropathische Defizite
6-8: mäßige neuropathische Defizite
9-10: schwere neuropathische Defizite
Als Ergänzung zu den Tabellen führt die PraxisLeitlinie der DDG »Diabetische Neuropathie« [74]
aus: Als Minimalkriterien für die Diagnose gelten:
mäßig ausgeprägte neuropathische Zeichen
(NDS 6-8 Punkte) mit oder ohne Symptome oder
leichte neuropathische Zeichen (NDS 3-5 Punkte)
mit mäßig ausgeprägten Symptomen (NSS 4-6
Punkte). Leichte Defizite alleine (NDS 3-5 Punkte) oder in Kombination mit leichten Symptomen
(NSS 3-4 Punkte) ermöglichen noch keine Neuropathiediagnose und sollten kontrolliert werden;
Quellenangabe lt DDG: [176].
66
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetischer Fuß
Differentialdiagnose »Diabetisches
Fußsyndrom«
Diabetisches Fußsyndrom (DFS) bei Neuropathie vs. DFS bei pAVK (nach [145], modifiziert
durch Leitliniengruppe Hessen).
Klinische Zeichen
DFS bei Neuropathie
DFS bei pAVK
Farbe der Haut
rosig
blass-livide
Temperatur der Haut
warme, trockene Haut
kühle Haut,
normale Schweißsekretion
Schmerzsensation
»painfull-painless leg«
Unter Belastung Claudicatio,
ggf. Ruheschmerz
Fußpulse
tastbar
nicht tastbar
Vibrationsempfinden
vermindert/aufgehoben
normal
Achilles-/Patellarsehnenreflex
vermindert/aufgehoben
normal
Lokalisation der Läsion
druckbelastete Stellen
Akren
Ätiologie
schlecht eingestellter Diabetes
Alkohol
Nikotin
Arterielle Hypertonie
Hyperlipidämie
Diabetes
67
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetischer Fuß
Dokumentationsbogen Fußsyndrom
Praxishilfe Fußdokumentations-Bogen der DDG, Seite 1/2 [40]
68
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetischer Fuß
Dokumentationsbogen Fußsyndrom
(Fortsetzung)
Praxishilfe Fußdokumentations-Bogen der DDG, Seite 2/2 [40]
69
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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I
15. April 2008
Anhang: Augenkontrolle
Begleitbogen bei Überweisung zum Augenarzt
Augenfachärztlicher Untersuchungsbogen der
IFDA/AGDA [20, 80, 96]
Augenuntersuchungsbogen
Den Augenuntersuchungsbogen erhalten Sie durch folgende Organisationen:
Initiativkreis zur Früherkennung diabetischer Augenerkrankungen e.V. (IFDA) und
Arbeitsgemeinschaft "Diabetes & Auge" der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (AGDA)
http://www.diabetes-auge.de/
http://www.retinopathie.net/downloads/Augenbogen.doc
Praxishilfen Typ-2-Diabetes Netzhautkomplikationen,
Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien
http://www.versorgungsleitlinien.de/praxishilfen/dm2auge_praxis/index_html
Zur verbesserten Dokumentation und zur Erleichterung
des Informationsaustausches
zwischen Hausarzt/Diabetologen und Augenarzt haben
IFDA und AGDA diesen
Augenfachärztlichen Untersuchungsbogen entwickelt.
Bestellung des Augenfachärztlichen Untersuchungsbogen als dreiteiliges Durchschlagsformular
unter Lilly Deutschland GmbH Service - Fax: 06172-273-2183
70
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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I
15. April 2008
Anhang: Praxistipps
14 Empfehlungen für Patienten
Patienten-Empfehlungen zur Fuß-Pflege und -Kontrolle, zitiert nach [106]
71
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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15. April 2008
Anhang: Depression
Kurztest zur Diagnose einer Depression
Kurztest zur Diagnose einer Depression [98]
Die fogendenden Aussagen betreffen Ihr Wohlbefinden in den letzten zwei Wochen. Bitte markieren Sie bei jeder Aussage die Rubrik, die Ihrer
Meinung nach am besten beschreibt, wie Sie sich
in den letzten zwei Wochen gefühlt haben.
In den letzten 2
Wochen …
… war ich froh und
guter Laune
… habe ich mich
ruhig und entspannt
gefühlt
… habe ich mich
energisch und aktiv
gefühlt
… habe ich mich
beim Aufwachen
frisch und ausgeruht
gefühlt
… war mein Alltag
voller Dinge, die mich
interessieren
Die ganze Meistens Etwas mehr
Zeit
als die
Hälfte der
Zeit
5
4
3
Etwas weniger Ab und zu
als die Hälfte
der Zeit
Zu keinem
Zeitpunkt
2
1
0
5
4
3
2
1
0
5
4
3
2
1
0
5
4
3
2
1
0
5
4
3
2
1
0
Auswertung
Der Rohwert kommt durch einfaches Addieren der
Antworten zustande. Der Rohwert erstreckt sich
von 0 bis 25, wobei 0 das geringste Wohlbefinden/
niedrigste Lebensqualität und 25 größtes Wohlbefinden, höchste Lebensqualität bezeichnen. Den
Prozentwert von 0 bis 100 erhält man durch Multiplikation mit 4. Der Prozentwert 0 bezeichnet das
schlechteste Befinden, 100 das beste. Bei einem
Punktwert < 13 liegt ein Verdacht auf eine
Depression vor. Eine weitgehend diagnostische Abklärung wird empfohlen.
Für internetgestützte Tests s. auch
www.kompetenznetz-depression.de
72
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetes und Führerschein
Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung
Leitsätze
Herausgeber: Bundesanstalt für Straßenwesen,
Bergisch Gladbach, Februar 2000
Wer als Diabetiker zu schweren Stoffwechselentgleisungen mit Hypoglykämien1 mit Kontrollverlust,
Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen oder Hyperglykämien2 mit ausgeprägten Symptomen wie z. B. Schwäche, Übelkeit,
Erbrechen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen
neigt, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider
Gruppen gerecht zu werden.
Wer nach einer Stoffwechseldekompensation erstmals oder wer überhaupt neu eingestellt wird, ist
so lange nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider
Gruppen gerecht zu werden, bis die Einstellphase
durch Erreichen einer ausgeglichenen Stoffwechsellage (inkl. der Normalisierung des Sehvermögens) abgeschlossen ist.
Bei ausgeglichener Stoffwechsellage sind im Umgang mit der Erkrankung informierte Diabetiker, die
mit Diät, oralen Antidiabetika oder mit Insulin behandelt werden, in der Lage, Kraftfahrzeuge der
Gruppe 1 sicher zu führen.
Wer als Diabetiker mit Insulin behandelt wird, ist in
der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der
Gruppe 2 gerecht zu werden. Ausnahmen setzen
außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem
ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind. Neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sind Nachbegutachtungen im Abstand von
höchstens 2 Jahren erforderlich.
Diabetiker, die mit oralen Antidiabetika vom
Sulfonylharnstofftyp behandelt werden, sind in der
Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen
von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden, wenn vor der Genehmigung eine gute Stoffwechselführung ohne Hypoglykämien über etwa 3
Monate vorlag. Nachbegutachtungen sind im Abstand von höchstens 3 Jahren erforderlich.
1
2
Blutzuckererniedrigung unter den Normalbereich
Blutzuckererhöhung über den Normalbereich
Gruppe 1 = Kraftfahrzeuge der Klassen A, A1 B,
BE, M, L und T
Gruppe 2 = Kraftfahrzeuge der Klassen C, C1, CE,
C1E, D, D1, DE, D1E und Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung
73
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Anhang: Diabetes und Führerschein
Begründung der Leitsätze nach
verkehrsmedizinischen Aspekten
Begründung der Leitsätze nach verkehrsmedizinischen Aspekten
Drei Gruppen von Diabetikern entsprechend ihrer
Behandlungsart und Kontrollbedürftigkeit:
1. Nur mit Diät sowie mit Diät und Medikamenten
zur Besserung der Insulinresistenz (Biguanide,
Insulinsensitizer) und/oder Pharmaka zur Resorptionsverzögerung von Nährstoffen behandelte Diabetiker:
Diabetiker dieser Gruppe können uneingeschränkt am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen.
2. Mit Diät und oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstofftyp behandelte Diabetiker:
Diabetiker dieser Gruppe sind eher selten durch
Hypoglykämien gefährdet. Sie können in der
Regel uneingeschränkt den gestellten Anforderungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs gerecht werden.
3. Mit Diät und Insulin, auch mit Insulin und oralen
Antidiabetika behandelte Diabetiker:
Diabetiker dieser Gruppe sind vom Grundsatz
her hypoglykämiegefährdet. Sie sind deshalb in
der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen
der Gruppe 2 gerecht zu werden. Kraftfahrzeuge
der Gruppe 1 (Klassen A, A1, B, BE, M, L, T)
und auch der Unterklassen C1, C1E können sie
jedoch führen, wenn davon auszugehen ist,
dass sie auftretende Hypoglykämien und Hyperglykämien bemerken und erfolgreich behandeln
können. In der Regel setzt dieses Stoffwechselkontrollen voraus.
74
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Diabetes und Führerschein
Ratschläge für insulinbehandelte Kraftfahrer
Ratschläge für insulinbehandelte Kraftfahrer
(nach den Empfehlungen der Deutschen DiabetesGesellschaft)
Insulinbehandelte Diabetiker, die als Kraftfahrer
am Straßenverkehr teilnehmen, sollen zur eigenen
Sicherheit und zur Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer die folgenden Ratschläge kennen und
auch beachten:
1.
Im Fahrzeug immer ausreichende Mengen
von schnell wirksamen Kohlenhydraten (z. B.
Traubenzucker, Würfelzucker) griffbereit halten (auch der Beifahrer sollte den Aufbewahrungsort kennen).
2.
Blutzuckerteststreifen im Fahrzeug mitführen.
3.
Bei Unterzuckerung oder Verdacht auf Unterzuckerung Fahrt nicht antreten.
4.
Bei Unterzuckerungszeichen und beim
geringsten Verdacht auf eine Unterzuckerung
Fahrt sofort unterbrechen, schnell wirksame
Kohlenhydrate nehmen und abwarten, bis die
Unterzuckerung sicher überwunden ist.
5.
Gewohnte Tagesverteilung der Mahlzeiten
und der Insulininjektionen einhalten.
6.
Vor Antritt einer Fahrt nie mehr Insulin spritzen
und nie weniger essen als sonst. Nie losfahren, ohne etwas gegessen zu haben (z. B.
kleine Kohlenhydratmenge).
7.
Vor Antritt einer längeren Fahrt aus Sicherheitsgründen und auch aus juristischen Gründen eine Blutzuckerselbstkontrolle durchführen und Ergebnis protokollieren.
8.
Bei längeren Fahrten jeweils nach etwa zwei
Stunden Pausen einlegen und eine bestimmte
Menge Kohlenhydrate essen.
9.
Lange Nachtfahrten möglichst vermeiden.
10. Die Fahrtgeschwindigkeit aus eigenem Entschluß begrenzen. Mehr Abstand halten.
11. Vor und während einer Fahrt keinen Alkohol
trinken (auch kein Diätbier).
12. Diabetikerausweis, Insulin und Insulinspritzen
und gegebenenfalls Glukagon mitführen.
13. Regelmäßig ärztliche Kontrollen und eine
halbjährliche Untersuchung der Sehleistung
durchführen lassen.
14. Bedenken Sie, dass sich in den ersten Wochen nach Umstellung auf Insulin die Brechkraft der Augenlinsen vorübergehend verändern kann und Sie dann vielleicht für kurze
Zeit nicht mehr gewohnt scharf sehen.
Gute Fahrt.
75
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Studientabellen
Behandlung des Typ-2-Diabetikers
Studie/
Jahr
Methode
Inzidenz (Endpunkt)
p-Wert
NNT=
1/ARR
GM = Gesamtmortalität
KS = Kardiovaskuläre Sterblichkeit
Kontrolle
NNH
Verum
Behandlung mit Metformin
UKPDS 13
1995 [168]
UKPDS 34
1998 [164]
2520 neu diagnostizierte, nicht
insulinabhängige Diabetiker,
nur Diät gegen Metformin plus Diät
(Verum), wobei die Metformin Gruppe
mehr als 120% des Idealgewichts hat,
25-62 Jahre alt,42% Frauen, 3 Jahre
Beobachtung Endpunkte HbA1c, Gewicht
Diät
Metformin plus Diät
HbA1c: 7,8%
HbA1c: 7,1 %
Gewicht: 87,4 kg
Gewicht: 86,2 kg
<0,001
753 übergewichtige (> 120% vom Idealgewicht) neu entdeckte Diabetiker Typ 2,
Diät versus Diät mit Metformin,
im Durchschnitt 53 Jahre alt,
54% Frauen, 10,7 Jahre Beobachtung.
Diät
Metformin Gruppe
HbA1c: im Durchschnitt
7,4%,
0,002
GM: 20,6%
GM Metformin: 13,5%
0,011
Diabetessterblichkeit:
12,7%
Diabetessterblichkeit:
7,5%
0,017
HbA1c: 8,0%
14
19
Behandlung mit Sulfonylharnstoffen oder Insulin
UKPDS 13
1995 [168]
2520 neu diagnostizierte, nicht
insulinabhängige Diabetiker,
nur Diät gegen Sulfonylharnstoffe plus
Diät (Verum)
25-62 Jahre alt, 42% Frauen,
3 Jahre Beobachtung
Endpunkte HbA1c, Gewicht
Diät
Sulfonylharnstoffe plus
Diät
HbA1c: 7,6%
HbA1c: 6,9%
Gewicht: 77,1 kg
Gewicht: 81,1 kg
nur Diät gegen Insulin plus Diät (Verum)
Diät
Insulin plus Diät
HbA1c: 7,6%
HbA1c 7,0%
Gewicht: 77,1 kg
Gewicht 80,2 kg
<0,001
Mittlerer HBA1c in der
Kontrollgruppe 7,9%,
Mittlerer HBA1c in den
Verumgruppen 7,0%.
<0,001
UKPDS 33
3867 neu entdeckte Typ II Diabetiker,
1998 [166]
1138 mit Diät
1573 mit Diät plus Sulfonylharnstoffe
1156 mit Diät plus Insulin
im Mittel 54 Jahre alt,
36% Frauen, 10 Jahre Beobachtung.
Gewichtszunahme in
den Verumgruppen im
Schnitt 2,9 kg
(Glibenclamid 1,7 kg
p < 0,001, Insulin 4 kg
p < 0,0001)
Gesamtmortalität
19,9%
Diabetessterblichkeit (DS):
11,8%
Major Hypoglykämie (pro Jahr)
<0,001
0,7%
GM Sulfonylharnstoffe
18,9%
0,87
GM Insulin 18,6%
0,48
DS Sulfonylharnstoffe
11,0%
0,56
DS Insulin 10,7%
0,44
Sulfonylharnstoffe 1,4%
<0,0001
(1 Jahr):
142
Insulin 1,8%
< 0,0001
(1 Jahr):
91
intention to treat analyse
bei Analyse nach Protokoll:
Major hypoglycämie (pro Jahre)
0,1%
Glibenclamid 0,6%
200
Gruppe mit niedrigem
Blutdruck
(<150/85 mmHg)
Insulin 2,3%
NNH: 44
Gruppe mit hohem Blutdruck (<180/105mmHG)
76
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Studientabellen
Behandlung des Typ-2-Diabetikers
Studie/
Jahr
Methode
Inzidenz (Endpunkt)
p-Wert
NNT=
1/ARR
GM = Gesamtmortalität
KS = Kardiovaskuläre Sterblichkeit
Kontrolle
NNH
Verum
Behandlung mit Glitazonen
PR0-ACTIVE
2005 [55]
ADOPT Studie
2006 [87]
DREAM 2006
Rosigltazone
Arm [153]
Pioglitazon verus Placebo, 5238 Pat.,
33% Fauen,
durchschnittl. 62 Jahre alt mit Diabetes
Typ 2 und HbA1c >6,5, hohes
kardiovaskuläres Risiko,
34,5 Monate Beobachtungsdauer
(im urspünglichen Studiendesign waren
sekundäre Endpunkte nicht erwähnt [31])
Rosiglitazon versus Metformin und
Glibenclamid als Monotherapie, 4351
Patienten mit kurz zuvor diagnostiziertem
Typ 2 Diabetes,
im Mittel 57 Jahre, 45% Frauen,
4 Jahre Beobachtungszeit
Rosiglitazon versus Placebo, 5269
2 x 2 faktorielles Design ohne
kardiovaskuläre Erkrankungen mit NBZErhöhung oder gestörter
Glukosetoleranz,
älter als 30 Jahre, im Mittel 55 Jahre alt,
60% Frauen, 3 Jahre Beobachtung
Primärer Endpunkt; Tod, MI, Apoplex,
Revaskularisation
Placebo: 21,7%
Rosiglitazon: 19,7%
Ramipril versus Placebo,
5269 Patienten ohne kardiovaskuläre
Erkrankungen mit NBZ-Erhöhung oder
gestörter Glukosetoleranz,
im Mittel 55 Jahre alt, 60% Frauen
Entfällt
50
Sekundärer Endpunkt: Tod, HI und Apoplex:
Placebo 13,6%
Rosiglitazon: 11,6%
0,027
Herzinsuffizienz:
Placebo 7,5%
Herzinsufiizienz:
Rosiglitazone:10,8%
<0,001
30
Primärer Endpkt.: Versagen der Monotherapie:
NBZ >180 mg% über 6 Wochen:
Metformin: 21%
Glibenclamid 34%
Rosigltazone 15%
Rosigltazone 15%
<0,001
<0,001
8
5
Schwere kardiovaskuläre Erkrankungen (HI, MI
etc.)
Metformin: 3,2%
Rosigltazone 3,4%
n.s.
Glibenclamid 1,8%
Rosigltazone 3,4%
<0,01
63
1. Endpunkt: Neu diagnostizierter Diabetes und
Tod
Placebo 26%
Rosiglitazon: 11,6%
<0,001
7
<0,001
7
Endpunkt Diabetes-Diagnose
Placebo 25%
Rosiglitazon: 10,6%
Endpunkt Herzinsuffizienz
Placebo 0,1%
Rosiglitazon 0,6%
DREAM 2006
Ramipril-Arm
[23]
n.s.
95% CI
1,6-30,9
250
Endpunkt: neu diagnostizierter Diabetes oder Tod
Ramipril 19,5%
Rosiglitazone: 18,1 %
n.s
Behandlung mit Acarbose
UKPDS 44
1946 Patienten (57% Frauen) aus der
UKPDS. Acarbose versus Placebo,
Durchschnittlich 60 Jahre alt,
3 Jahre Beobachtung
Endpunkt: Studienabbruch
39%
Acarbose 58%
<0,0001
Compliantgruppe: 0,5%
Reduktion
<0,0001
Endpunkt HBA1c
Endpunkt HBA1C in der intention to treat
Auswertung
0,2%
<0,0001
Endpunkt Diabetes ausgelöster Schaden
95 % CI 0,81-1,23
n.s.
77
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
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15. April 2008
Anhang: Studientabellen
Behandlung des Typ-2-Diabetikers
Studie/
Jahr
Methode
Inzidenz (Endpunkt)
p-Wert
NNT=
1/ARR
GM = Gesamtmortalität
KS = Kardiovaskuläre Sterblichkeit
Kontrolle
NNH
Verum
Prävention von makro- und mikrovaskulären Folgeerkrankungen
UKPDS 38
1998 [167]
1148 Hochdruckpatienten mit Typ 2
Diabetes, davon 390 Patienten mit RR
unter 180/105 und 758 Patienten mit RR
unter 150/85,
davon 358 mit Atenolol und 400 mit
Captopril (s. UKPDS 39) es waren
weitere Blutdrucksenkende Medikamente
erlaubt ohne eines der Vergleichsgruppe
zu nehmen.
Strenge Blutdrucksenkung
Weniger strenge RRSenkung
GM Gruppe 22,4 pro
1000 Patientenjahre
GM Gruppe: 27,2 pro
1000 Patientenjahre
0,17
NNT 21
Diabetessterblichkeit
13,7 pro 1000 Pat.jahre
20,3 pro 1000 Pat.jahre
0,019,
NNT 15
Apoplex
6,5 pro 1000 Pat.jahre
11,6 pro 1000 Pat.jahre
0,013,
NNT 20
Mikrovaskuläre Erkrankungen
<12,0 pro 1000
Pat.jahre
19,2 pro 1000 Pat.jahre
0,0092
NNT 14
s. UKPDS 38
Atenolol
je 1000 Patientenjahre
Captopril
je 1000 Patientenjahre
Gesamtmortalität
20,8
23,8
0,44 (kein Unterschied zwischen
Atenolol und Captopril)
Diabetessterblichkeit
12,0
15,2
0,28 (kein Unterschied zwischen
Atenolol und Captopril)
Apoplex
6,1
6,8
0,74 (kein Unterschied zwischen
Atenolol und Captopril)
4810 Patienten mit neu entdecktem Typ
2-Diabetes; Blutdruckmessungen 2 und 9
Monate nach Diabetesdiagnose,
im Mittel 58 Jahre, 40% Frauen,
Beobachtungszeit 10,5 Jahre
Gesamtmortalität in Abhängigkeit von den
Blutdruckwerten
Nicht adj. je 1000 Patientenjahre
Alter im Mittel 56 Jahre, 46% Frauen,
8,4 Jahre Beobachtung
UKPDS 39
1998 [165]
Adler,
UKPDS 36
2000 [1]
<120 mm Hg: 6,9
120 -129 mm Hg: 12,8
130-139 mm Hg: 15,9
140-149 mm Hg: 19,2
150- 159 mmHg 24,5
> 160 mm Hg 29,4
78
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Studientabellen
Behandlung des Typ-2-Diabetikers
Diät und Bewegung, Lebensstiländerung
Studie/
Jahr
Methode
Inzidenz (Endpunkt)
Kontrolle
The Da Quing
IGT and
Diabetes Study
1997 [121]
p-Wert
NNT=
1/ARR
GM = Gesamtmortalität
KS = Kardiovaskuläre Sterblichkeit
Verum
Manifester Diabetes
Diät 47,1%
<0,05
NNT 5
1 Gruppe mit nur Bewegung
Bewegung: 30 min/Tag langsames
Spazierengehen oder 20 min schnelles
Gehen oder 10 min Jogging oder 5 min
Rennen
44,2%
0,05
NNT 5
1 Gruppe Diät plus Bewegung
Endpunkt: Entwicklung eines manifesten
Diabetes
44,6%
0,05
NNT 5
77 Patienten mit gestörter Glukosetoleranz,
Alter im Mittel 45 Jahre,
47% Frauen, 6 Jahre Beobachtung,
1 Gruppe ohne Intervention gegen 1
Gruppe mit nur Diät
Diät:
25-30 kcal/kg Kg, 20-30% Fett ,
55-65% Kohlenhydrate, 10-15% Eiweiß
Entw. manifester
Diabetes;
65,9%
NNH
Hazard ratio (95% CI)
Gilles et al.
2007 [64]
Metaanalyse
21 Studien, davon 17 Studien mit 8084
Patienten mit gestörter Glukosetoleranz.
Untersuchung des Effekts von LifestyleInterventionen auf die Entwicklung eines
Diabetes mellitus
Number need
to treat for
benefit
(95% CI)
Lifestyle Intervention vs. Standardberatung
0,51 (0,44-0,75)
6,4 (5,0-8,4)
OAD vs. Kontrolle (Placebo)
0,70 (0,62-0,72)
10,8 (8,1-15)
Orlistat vs. Kontrolle (Placebo);
alle: Diät, Bewegung
0,44 (0,28-0,69)
5,4 (4,1-7,6)
Pflanzl. Produkt (Jiangtang bushen) vs.
Standard Diabetesberatung
0,32 (0,03-3,07)
4,9 (16,9-24,8)
79
Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
Version 3.09
I
15. April 2008
Anhang: Studientabellen
Sekundärprävention/Risikopatienten
ur Sekundärprävention – nach neuer Terminologie:
Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskulärer
Ereignisse - bei Diabetikern liegen nur wenige
Studien – meist Subgruppenanalysen – vor.
Letztere haben meist eine zu geringe Fallzahl, um
statistisch signifikante Ergebnisse auszuweisen
(s. 4S, Care, Lipid-Studie). Sie zeigen jedoch
einen Trend hinsichtlich der Reduktion kardiovaskulärer Sterblichkeit und Ereignisse, der 2003
Studie/
Jahr
Methode
durch die Heart Protection Study, die mit fast
6.000 Diabetikern durchgeführt wurde, bestätigt
wird. Einen Nutzen der Statinbehandlung scheint
auch die aktuelle Collaborative Atorvastatin Diabetes Study (CARDS) zu zeigen, die deshalb vorzeitig abgebrochen wurde. Die Studie ist noch nicht
veröffentlicht und kann deshalb hier nicht beurteilt
werden.
Gesamtmortalität
Kontrolle
Verum
pWert
NNT=1/
ARR
NNH
Sekundärprävention mit Fibraten
VA-HIT (1999)
[22]
Gemfibrozil
2531 KHK-Männer unter 74 J.
Dauer 5,1 Jahre
HDL-C von 32 auf 34 mg/dl, Cholesterin
von 177 auf 170 mg/dl
VA-HITSubgruppenanalyse 1999
[131]
Männer: 309 Diabetiker Gemfibrozil, 318
Placebo
k.A. zum Diabetestyp
Beobachtungsdauer Median: 5,1 Jahre
Primäre Endpunkte
(CHD Tod, nonfatal MI,
stroke):
36,5%
Primäre Endpunkte
(CHD Tod, nonfatal MI,
stroke)
28,4%
0,05
13
Koronarereignis: 12,6%
9,4%
0,0003
32
Apoplex: 6,5%
5,0%
66
Revaskul. 10,4%
8,7%
59
Vask. Ereign. 25,1
20,2%
21
Sekundärprävention mit Statinen
Heart
Protection
Study 2003
[76]
Simvastatin
5963 Typ 1 und Typ 2 Diabetiker,
40-80 J alt, 70% Männer,
40 mg Simvastatin tägl. vs. Placebo,
Dauer 5 Jahre
CARE 1996
[133]
Pravastatin
4159 KHK-Patienten, 21-75 J.
Dauer 5 Jahre
LDL-C 139 auf 98 mg/dl
Care Subgruppenanalyse [66]
282 Diabetiker mit Pravastatin (40 mg/d) / kombinierter Endpunkt KS + MI + PTCA + CABG:
Diabetiker (Pravastatin vs. Placebo): ARR 8,1%
304 Diab. mit Placebo
21-75 Jahre, Männer/Frauen: 4:1
Nichtdiabetiker (Pravastatin/Placebo): ARR. 5,1%
Beobachtungsdauer Median 5 Jahre
LIPID (1998)
[157]
Pravastatin
9014 KHK-Patienten Placebo vs.
Pravastatin
31-75 J., 83 % Männer
Beobachtungsdauer: Mittel 6,1 Jahre
Diabetiker 782 Diabetiker (Placebo vs. Pravastatin
31-75 Jahre,
Beobachtungsdauer: Mittel: 6,1 Jahre
<0,001
<0,05
CHD Tod: 23%
CHD-Tod:19%
n.s.
CHD-Tod: 17,5%
CHD-Tod: 11,4%
0,242
12
19
4-S (1994) [139] 4444 KHK-Patienten, 35-70 Jahre,
Simvastatin
Dauer: 5,4 Jahre
LDL-C 188 auf 122 mg/dl
4 S-Subruppenanalyse [124]
104 Diabetiker mit Simvastatin( 20-40 mg
tägl.) / 97 Placebo; 35-70 Jahre
Männer/Frauen: 3,6:1
Beobachtungszeit: Median: 5,3 Jahre
17
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Anhang: Statistik
Übersicht über Risikomaße
und statistische Kenngrößen
Beispiel aus der HOPEStudie (modifiziert nach
Lehmacher [101])
Inzidenz
Patienten mit
ACE-Hemmer
Placebo
kombinierter Endpunkt Herzinfarkt,
Insult, kardiovaskulärer Tod
ja
nein
a = 651
b = 3994
c = 826
d = 3826
Summe
a + b = 4645
c + d = 4652
Inzidenz (= Risiko = Neuerkrankungsrate) der Exponierten:
IE
= a/a+b
= 651/4645
= 0,14 (14,0 %)
Inzidenz (Neuerkrankungsrate) der Nichtexponierten:
INE
= c/c+d
= 826/4652
= 0,178 (17,8 %)
Absolute
Risikoreduktion
(ARR)
Die Absolute Risikoreduktion errechnet sich aus der Differenz
zwischen den Inzidenzen in der Placebo-und Verumgruppe (bzw. der
beiden Studienarme) und zeigt, welcher Anteil der Behandelten von
der Intervention profitiert.
ARR
= INE-IE
= c/(c+d)-a/(a+b)
= 17,8 %-14 %
= 3,8 % Punkte
Relatives
Risiko
(RR)
Das Relative Risiko setzt die Inzidenzen der Verum- und Placebogruppe in Beziehung und zeigt, zu welchem Prozentsatz das in der
Placebogruppe aufgetretene Ereignis in der Verumgruppe auftritt. Ein
RR < 1 bedeutet, dass die Patienten von der Intervention profitieren,
in der Verumgruppe sind in diesem Fall nur 78% der Ereignisse der
Placebogruppe aufgetreten.
RR
= IE /INE
= 14 %/17,8 %
= 0,78
Relative
Risikoreduktion
(RRR)
Die Relative Risikoreduktion drückt die Verbesserung in Prozent aus.
Sie wird berechnet als Anteil der absoluten Risikoreduktion am
Risiko der Kontrollen, das als 100% gesetzt wird.
RRR
= INE-IE /INE
= ARR/INE
= 17,8 %-14 %/17,8 %
= 0,22
Number
needed to
treat
(NNT)
Die Number needed to treat errechnet sich aus dem Kehrwert der
absoluten Risikoreduktion und zeigt die Anzahl der Patienten, die
behandelt werden müssen, um ein Ereignis zu verhindern.
NNTBeobachtungsdauer in Jahren
= 1/ARR
= 1/0,038 = 26
Number
needed to
harm
(NNH)
Die Number needed to harm kann aus den Risikoraten für unerwünschte Ereignisse berechnet werden. Hieraus lässt sich, vergleichbar der NNT, darstellen, bei wie vielen behandelten Personen mit
einem unerwünschten Ereignis zu rechnen ist. Die ARR ist die
Differenz der UAW-Risikoraten der beiden Behandlungsarme.
NNHBeobachtungsdauer in Jahren
= 1/ARR
95 %Konfidenzintervall
Das 95%-Konfidenzintervall überdeckt mit einer Wahrscheinlichkeit
von 95% den wahren Wert und lässt Rückschlüsse auf die Signifikanz
zu.
Im Beispiel würden 22% der erkrankten Kontrollen von der Behandlung profitieren, 78% nicht = therapieresistent.
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Hausärztliche Leitlinie
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Anhang: Statistik
Übersicht über Risikomaße
und statistische Kenngrößen (Fortsetzung)
Das relative Risiko und die relative Risikoreduktion
sagen nichts über das Ausgangsrisiko und geben
keinen Anhaltspunkt, ob eine Maßnahme klinisch
relevant ist. Um die Bedeutung einer Intervention
richtig einschätzen zu können, muss man das
Ausgangsrisiko bzw. die absolute Risikoreduktion
kennen. Wie das folgenden Beispiel zeigt, kann
eine relative Risikoreduktion von 25 % bedeuten,
dass zur Verhinderung eines Ereignisses je nach
der Risikorate der Kontrollgruppe einmal 20 und
einmal 2000 Personen behandelt werden müssen.
Veränderung wichtiger Messgrößen in Abhängigkeit vom Ausgangsrisiko
Risikorate der
Risikorate der
Relatives
Relative Risiko- Absolute
Kontrollgruppe
InterventionsRisiko
reduktion
Risikogruppe
reduktion
INE
IE
RR
RRR
ARR
= IE / INE
= (INE - IE) / INE
= INE - IE
0,2 oder 20%
0,15 oder 15%
0,75
0,25
0,05 oder
5%-Punkte
0,02 oder 2%
0,015 oder 1,5%
0,75
0,25
0,005 oder
0,5%-Punkte
0,002 oder 0,2%
0,0015 oder
0,75
0,25
0,0005 oder
0,15%
0,05%-Punkte
Quelle: modifiziert nach Kunz [99]
Number
needed to
treat
NNT
= 1/ARR
20
200
2000
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Evidenzkategorien
Evidenzstärke der Studien
Stufen der Empfehlung
Die Entscheidungen über die Inhalte und Empfehlungen der hier vorliegenden Leitlinien basieren
auf den Konsensentscheidungen der »Leitliniengruppe Hessen – Hausärztliche Pharmakotherapie«.
Jede Leitlinie enthält für ihre Aussagen und Empfehlungen Evidenzkategorien nach den Stufen A,
B und C, die auf folgende Weise ermittelt wurden:
In einem ersten Schritt erfolgte ein Vergleich mit
Aussagen evidenzbasierter Leitlinien. Deren Evidenzkategorien wurden für gleichlautende Empfehlungen in der vorliegenden hausärztlichen Leitlinie übernommen. In einem zweiten Schritt wurden für Aussagen, die nicht auf diese Weise mit
Evidenzkategorien zu versehen waren, durch die
Leitlinienautoren eigene Literaturbewertungen vor-
genommen und die Studien sowie die darauf
basierenden Empfehlungen entsprechenden Evidenzkategorien (s. u.) zugeordnet. Empfehlungen
mit der Kategorie C beruhen auf Expertenerfahrung; zu diesen Aussagen liegen gegenwärtig
keine gut belegten Studien vor. In den vorliegenden Leitlinien werden die verwendeten Stufen
in geschweiften Klammern – z. B. {A} – zitiert.
Das nachstehende Stufenschema (Evidenztypen
und die Nachdrücklichkeit der Empfehlungen) basiert auf dem Schema der US Agency for Health
Care Policy and Research (AHCPR, US Department of Health and Human Service, 1993 [169])
und wurde der Leitlinie des Scottish Intercollegiate
Guideline Network entnommen.
Einteilung der Evidenzstärke (level of evidence, Übersetzung in Anlehnung an ÄZQ [120])
Grad und Evidenztyp
Ia Evidenz aufgrund von Metaanalysen
randomisierter kontrollierter Studien
Ib Evidenz aufgrund von mindestens einer
randomisierten kontrollierten Studie
IIa Evidenz aufgrund mindestens einer gut
angelegten, kontrollierten Studie ohne
Randomisierung
IIb Evidenz aufgrund einer gut angelegten,
quasi experimentellen Studie
III Evidenz aufgrund einer gut angelegten
nicht-experimentellen deskriptiven Studie
(z. B. Vergleichsstudien, Korrelationsstudien
und Fall-Kontroll-Studien)
IV Evidenz aufgrund von Berichten oder
Meinungen von Expertenkreisen, Konsensuskonferenzen und / oder klinischer Erfahrung
anerkannter Autoritäten
Stufen der Empfehlung
A Beruhend auf den Graden Ia und Ib des
Evidenztyps, d. h. die Empfehlung stützt sich
auf Veröffentlichungen guter Qualität, die
mindestens eine randomisierte kontrollierte
Studie enthalten.
B Beruhend auf den Graden IIa, IIb und III des
Evidenztyps; d. h. die Empfehlung stützt sich
auf gut angelegte, nicht randomisierte, klinische
Studien.
C Beruhend auf Evidenzgrad IV, d. h. die Empfehlung leitet sich ab aus Berichten oder Meinungen von Expertenkreisen, Konsensuskonferenzen und / oder klinischer Erfahrung anerkannter Autoritäten. Die Stufe C weist auf das
Fehlen direkt anwendbarer klinischer Studien
guter Qualität hin.
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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Informationen zur Leitliniengruppe Hessen
Warum hausärztliche Leitlinien?
Arzneimittelauswahl in den hausärztlichen
Leitlinien
Warum hausärztliche Leitlinien?
Es gibt zwar gegenwärtig bereits eine Vielzahl an
Leitlinien, dennoch fehlt es an Handlungsempfehlungen, die sich auf häufige und typische Behandlungsanlässe beim Hausarzt beziehen. Aus diesem Grund wurde 1998 aus dem Kreis der Moderatoren der seit 1993 regelmäßig durchgeführten
Pharmakotherapiezirkel in der KV Hessen die
»Leitliniengruppe Hessen – Hausärztliche Pharmakotherapie« in Zusammenarbeit mit PD Dr. Liselotte von Ferber (ehemalige Leiterin der Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Köln) gegründet. Die Leitliniengruppe setzte sich zum Ziel,
praxisgerechte, auf die Belange der hausärztlichen
Versorgung zugeschnittene therapeutische Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.
Der Hausarzt versorgt insbesondere chronisch
kranke, ältere und multimorbide Patienten. Hierauf
müssen die Leitlinien Bezug nehmen. Sucht man
Studien, die die Therapieempfehlungen begründen, fällt auf, dass diese Patienten im Allgemeinen
in klinischen Studien nicht eingeschlossen sind
(häufig maximal 1 Begleitkrankheit). Das bedeutet,
dass die Übertragbarkeit der Studienergebnisse
auf den typischen, multimorbiden Hausarztpatienten stets besonders zu prüfen ist [82]. Dabei ist
außerdem zu berücksichtigen, dass die üblicherweise bestehende Multimedikation zu schwer
abschätzbaren Interaktionen und Complianceproblemen führen kann. Der Hausarzt ist deshalb
gefordert, eine Auswahl von Medikamenten zu treffen.
Arzneimittelauswahl in den hausärztlichen
Leitlinien
Die Leitliniengruppe Hessen will den Hausarzt bei
der Medikamentenauswahl unterstützen und hat
sich deshalb bei der Aufzählung von Wirkstoffen in
der Regel auf diejenigen beschränkt, die ihres
Erachtens Wirkstoffe der ersten Wahl darstellen:
Für das Arzneimittel liegt eine positive NutzenRisiko-Bewertung vor,
das Arzneimittel ist gut dokumentiert oder
es besteht in der Leitliniengruppe ein Konsens
über langjährige gute Erfahrungen in der
hausärztlichen Praxis.
Selbstverständlich ist bei Vorliegen von Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten auf andere
nicht explizit in den Leitlinien genannte Wirkstoffe
im Indikationsgebiet zurückzugreifen. Diese Abwägungen schließen auch die Empfehlung ein, dass
bei Einleiten einer Therapie ein gesicherter therapeutischer Nutzen mit hoher Wahrscheinlichkeit
bei einer verhältnismäßig großen Anzahl der zu
behandelnden Patienten erreicht werden sollte.
Die Anzahl der Patienten, die in Behandlung genommen werden muss, um bei einem Patienten
einen Behandlungserfolg zu erzielen, sollte stets
mitbedacht werden (NNT: number needed to
treat). Weiter muss der Hausarzt den möglichen
Schaden des Arzneimittels abwägen, d. h. er muss
die Relation zur NNH (number needed to harm)
prüfen. In einigen Leitlinien sind die Endpunkte der
wichtigsten Studien mit Angaben der Risiken und
der NNT im Anhang dargestellt.
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Hausärztliche Leitlinie
»Therapie des Diabetes mellitus Typ 2«
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15. April 2008
Informationen zur Leitliniengruppe Hessen
Anforderungen an hausärztliche Betreuung
Implementation und Evaluation
Besondere Anforderungen an die hausärztliche
Betreuung
Der Hausarzt ist der Ansprechpartner für den
chronisch Kranken. Er hat im Unterschied zum
Klinikarzt zusätzlich noch andere Aspekte in der
Therapie zu berücksichtigen, wie z. B. die Überwachung des Therapieerfolges anhand von klinischen Messgrößen, altersbedingte Besonderheiten
in der Therapie, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, die Compliance und die Lebensqualität
des Patienten sowie dessen Einbindung in die
Therapieentscheidungen
(shared
decision
making). Nicht zuletzt muss er auf die Wirtschaftlichkeit der Therapie achten. Zu den hausärztlichen Besonderheiten zählen auch die nichtmedikamentösen Verfahren, die in den hausärztlichen
Leitlinien einen hohen Stellenwert haben und für
die ebenfalls, soweit verfügbar, Studien und
Evidenzstärken angegeben werden.
Die Beschränkung auf ausgewählte Wirkstoffe
steht im Einklang mit Strategien zur Qualitätssicherung ärztlicher Verordnungsweise wie sie
beispielsweise auch durch die WHO [45] oder
auch im Rahmen von qualitätsgestützten Fortbildungsmaßnahmen und Qualitätssicherungsprogrammen in anderen Ländern gefordert und
umgesetzt werden.
Implementation und Evaluation der Leitlinie
Die von der Leitliniengruppe erarbeiteten Leitlinien
werden zunächst mit den Moderatoren der
Pharmakotherapiezirkel diskutiert und ggf. überarbeitet. Die Implementation der Leitlinien erfolgt
über die Zirkelarbeit. Jeder Teilnehmer erhält nicht
nur eine Fassung der Leitlinie, sondern auch
Materialien (sog. Manuale) zum Thema der Zirkelsitzung mit einer Einführung in das zu besprechende Krankheitsbild und seine Therapie. Die
Unterlagen enthalten außerdem, beruhend auf den
Verordnungen und Diagnosen aus den Praxen der
Teilnehmer, eine Verordnungsanalyse, aus der mit
Hilfe zentraler Indikatoren der Stand der Umsetzung der Leitlinienempfehlungen, die sich auf die
Pharmakotherapie beziehen, deutlich wird.
Nach Abschluss der Zirkelarbeit erfolgt die
Evaluation, d. h. die Verordnungsdaten vor und
nach der Zirkelarbeit werden in Bezug auf die
Indikatoren zur Qualität und Wirtschaftlichkeit der
Therapie vergleichend dargestellt und in einer
eigenen Sitzung in den Pharmakotherapiezirkeln
diskutiert.
Um Hinweise zur Beurteilung der Relevanz und
zur Akzeptanz der Leitlinienempfehlungen zu
erhalten, erfolgt durch die PMV forschungsgruppe
in jeder Zirkelsitzung eine kurze Befragung zu den
Leitlinien. Die Ergebnisse werden sowohl den
Zirkelteilnehmern als auch der Leitliniengruppe
vorgestellt.
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Hausärztliche Leitlinie
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15. April 2008
Internetadressen und Disclaimer
Evidenzbasierte Patienteninformationen
Disclaimer
Evidenzbasierte Patienteninformationen
http://www.gesundheitsinformation.de
http://www.patienten-information.de
http://www.akdae.de/45/index.html
http://www.patientenleitlinien.de/
http://www.paritaet.org/hochdruckliga
http://www.herzstiftung.de
Rechtliche Hinweise zur Nutzung der Leitlinien
– Haftungsausschluss
Adressat der hausärztlichen Leitlinien sind
Ärzte. Anfragen von Patienten können nicht
beantwortet werden. Die Therapiehinweise
stellen keine Empfehlung zur Selbstbehandlung
für Patienten dar.
Die Leitlinien wurden von Ärzten, den Mitgliedern der »Leitliniengruppe Hessen – Hausärztliche Pharmakotherapie« mit großer Sorgfalt
und unter Heranziehung aktueller Literatur erarbeitet. Dennoch kann für die Richtigkeit und
Vollständigkeit keine Haftung übernommen
werden.
Dosierungsangaben wurden auf der Grundlage
aktueller pharmakologischer Literatur und nach
Herstellerangaben erstellt. Dennoch gilt auch
hier die Eigenverantwortlichkeit; maßgeblich
sind die Hinweise in den Packungsbeilagen und
Fachinformationen. Die Hinweise auf Interaktionen und Nebenwirkungen stellen immer eine
Auswahl dar.
Die Leitlinie, den zugehörigen Leitlinienreport und
den allgemeinen Leitlinienreport finden Sie im
Internet unter
www.pmvforschungsgruppe.de
> publikationen > leitlinien
oder auf den Seiten des ÄZQ:
Leitlinie:
www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/
deutsch/pdf/hessendiabetes
Leitlinienreport:
www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/
deutsch/pdf/hessendiabetesreport
Allgemeiner Leitlinienreport:
www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/
deutsch/pdf/hessenleitlinienreport
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