1 2 Inhalt 1 VORWORT ..................................................................................................... 4 2 Einleitung ...................................................................................................... 7 2.1 Historische Entwicklung von Glasionomeren ...................................................... 7 2.2 Wirkungsweise von Glasionomeren...................................................................... 8 ChemFil™Rock – technische Grundlagen ................................................ 10 3 3.1 Polysäuretechnik .................................................................................................. 10 3.2 Füllstofftechnologie ............................................................................................. 11 4 In-vitro-Studien ........................................................................................... 13 4.1 Kausimulationsstudien ........................................................................................ 13 4.2 Verschleißverhalten.............................................................................................. 19 4.2.1 Verschleißstudie 1 (ACTA-Simulator) ............................................................ 19 4.2.2 Verschleißstudie 2 (Leinfelder-Simulator) ...................................................... 20 4.3 Bruchzähigkeit ...................................................................................................... 22 4.3.1 Messung der Bruchzähigkeit basierend auf Kerbrissen ................................. 22 4.3.2 Bruchzähigkeit per SENB-Prüfung................................................................. 24 4.4 Andere Materialeigenschaften ............................................................................. 26 4.4.1 Biaxiale Biegefestigkeit ................................................................................. 26 4.4.2 Fluoridabgabe ............................................................................................... 27 4.4.3 Adhäsion an Schmelz und Dentin .................................................................. 28 4.4.4 Säureerosion (nach ISO 9917-1:2007) ............................................................ 29 4.4.5 Opazität und Farbe ........................................................................................ 30 4.5 In-vitro-Studien – Zusammenfassung ................................................................. 31 4.6 Technische Daten ................................................................................................. 31 5 Klinische Studie .......................................................................................... 32 5.1 Anwendungsbeurteilung zur klinischen Leistungsfähigkeit von ChemFil™Rock in Klasse-II-Läsionen ................................................................. 32 6 Gebrauchsanweisung ................................................................................. 35 7 Literatur ....................................................................................................... 36 8 Glossar und Abkürzungen ......................................................................... 37 3 1 VORWORT von Dr. Joel Berg Liebe Kolleginnen und Kollegen, Glasionomere gehören zu den bedeutendsten zahnärztlichen Werkstoffen. Sie sind in allen Gebieten der Zahnmedizin gebräuchlich, ob nun für Zementierungen, Adhäsivtechnik, Kavitätenlining, Stumpfaufbauten, permanente oder provisorische Füllungen. Doch trotz ihrer Vielseitigkeit fanden sie bisher nicht das Interesse, das sie verdienen. Die konventionellen Glasionomere kamen Anfang der 1980er Jahre auf den Weltmarkt, und ihre Beliebtheit nahm seitdem langsam aber stetig zu; jedoch sind sie bis heute nicht annähernd so weit entwickelt und verbreitet, wie angesichts ihrer außerordentlichen Vorteile in der täglichen Praxis zu erwarten gewesen wäre. Dies ist einerseits auf das gleichzeitige explosionsartige Wachstum im Bereich der polymerisierbaren kunststoffbasierten Materialien und andererseits auf eine mangelnde Wertschätzung der besonderen Stärken der Glasionomere zurückzuführen. Mittlerweile werden die Glasionomere allerdings wesentlich höher geschätzt, und es freut mich sehr, dass mit der Markteinführung von ChemFil™Rock sicher noch mehr Zahnärzte die Stärken und Vorteile konventioneller Glasionomere erkennen werden. Zudem bietet ChemFil™Rock eine neue Formulierung, und den in diesem Kompendium vorgestellten Studien zufolge konnten führende Wissenschaftler und Kliniker zeigen, dass sich Glasionomere durchaus weiter verbessern lassen und wir unseren Patienten somit noch höherwertige Versorgungen anbieten können. Lassen Sie mich einige sehr wichtige klinische Eigenschaften zusammenfassen, die nur bei Glasionomeren zu finden sind. Glasionomere sind nach dem „Abbinden“ Salze, d.h. die Abbindereaktion ist keine Polymerisation. Aus einem vorsynthetisierten Copolymer (Säure) und einem aluminiumhaltigen Glas (Base) entsteht in wenigen Minuten, bei nur minimaler Schrumpfung ein stabiles Material. Monomere können nach dem Abbinden nicht herausgelöst werden, da das Ausgangsmaterial keine Monomere enthält. Beim Abbinden des Glasionomers nach der Applikation in die Kavität bilden sich chemische Bindungen zwischen Füllungsmaterial und Dentin und/oder Schmelz. Dies ist bei keinem anderen Füllungsmaterial der Fall. 4 Die bei konventionellen Prüfungen (z.B. zerstörenden Scher- oder Zugversuchen) gemessenen Verbundfestigkeiten können zwar relativ niedrig sein, sind jedoch klinisch bedeutungslos. Die Haftung an Dentin und Schmelz ist so fest, dass es normalerweise eher im Glasionomer selbst zu einem Bruch kommt als zwischen dem Material und der Zahnsubstanz. So zeigt sich etwa beim Verlust schlecht sitzender kieferorthopädischer Bänder oder Edelstahlkronen, dass auf dem Zahn eine schützende Kappe aus Glasionomerzement verbleibt. Einige der ersten Kliniker, die konventionelle Glasionomere verwendeten, berichteten von zahlreichen Fällen, in denen bei Klasse-V-Füllungen mit Glasionomeren infolge von Verschleiß, Abfraktion oder anderen Prozessen zwar Zahnsubstanz rund um die Füllung verloren ging, aber die Füllung selbst jahrzehntelang intakt blieb und nach dem Verlust der Kavitätenwände „freitragend“ am Zahn haftete. Diese Fälle bleiben mir unauslöschlich im Gedächtnis – als Beleg dafür, wie fest und dauerhaft der Verbund von Glasionomeren mit Dentin und Schmelz sein kann. Häufig erinnere ich Kollegen an eine der mit Abstand wichtigsten Eigenschaften der Glasionomere, nämlich dass Wasser einer ihrer Grundbestandteile ist. Dentin enthält 25% Wasser, Schmelz 4%. Angesichts der alltäglichen technischen Herausforderungen bei der Schaffung eines perfekten Verbunds zwischen den (bewusst hydrophob konzipierten) kunststoffbasierten Füllungsmaterialien und der Zahnsubstanz ist es beruhigend, dass Glasionomere ohne vorherige „Umwandlung“ der Kavitätenoberfläche von hydrophil in hydrophob applizierbar sind. Für Glasionomere ist eine feuchte Zahnoberfläche (ohne zusätzliche Feuchtigkeitsüberschüsse) kein Problem. Bedenkt man, wie schwierig es in der Praxis ist, bei der Adhäsivtechnik für kunststoffbasierte Materialien den genau richtigen Feuchtigkeitsgehalt sicherzustellen, besonders bei kleinen Kindern oder kleineren, schwer zugänglichen oder schlecht sichtbaren Präparationen, so treten die Vorteile eines hydrophilen Materials noch klarer zutage. Außerdem sollten wir stets daran denken, dass Glasionomere fast denselben Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) wie Dentin haben. Wenn sich eine Kavität über Monate und Jahre in einem deutlich anderen Ausmaß als die Füllung ausdehnt und zusammenzieht, wie das bei den meisten anderen Füllungsmaterialien der Fall ist, verwundert es nicht, dass auch Materialien mit eigentlich guter physikalischer Festigkeit plötzlich versagen, oder dass die Zahnsubstanz rund um das Material versagt. Glasionomere gelten dank ihres kompatiblen WAK als exzellenter Dentinersatz und werden in der so genannten Sandwichtechnik angewandt, bei der das infolge von Karies bzw. Kavitätenpräparation fehlende Dentin durch ein Glasionomer ersetzt wird, und der Schmelz durch eine Deckfüllung aus Komposit (deren inkompatibler WAK klinisch weniger schwerwiegend ist). 5 Die Fluoridabgabe konventioneller Glasionomere ist aus diversen klinischen Gründen von Bedeutung. Studien zufolge ist diese Fluoridabgabe hoch genug, um die Zahnsubstanz im Randbereich der Füllung nach Säureangriffen, die sonst möglicherweise zu Undichtigkeit führen würden, ausreichend zu remineralisieren. Selbst die Nachbarzähne können von der Fluoridabgabe profitieren. In meiner täglichen Praxis verlasse ich mich darauf, dass Glasionomere nicht nur den Zahn restaurieren, in dem sich die Füllung befindet, sondern auch beginnende Läsionen in Nachbarzähnen, ob nun sichtbar oder unsichtbar, „heilen“ können. Oft sehe ich auf Röntgenbildern, dass bei kariösen Läsionen auf der distalen Seite eines zweiten Milchmolars kein Anzeichen von Karies auf der mesialen Seite des benachbarten ersten bleibenden Molars erkennbar ist, auch wenn die Zähne ein Jahr oder länger in Kontakt sind. Eine Glasionomerfüllung im zweiten Milchmolar kann nicht nur diesen Zahn effektiv versorgen, bis er auf natürliche Weise ausfällt, sondern potentiell auch die Ausbreitung einer sichtbaren oder unsichtbaren Läsion auf einen bleibenden Zahn verhindern. Dies ist für unsere Patienten außerordentlich wichtig. Je empfindlichere und spezifischere Verfahren zur Karieserkennung wir entwickeln, desto wertvoller werden die Glasionomere in unserer klinischen Praxis. ChemFil™Rock stellt eine Weiterentwicklung der konventionellen Glasionomere dar. Durch die Kombination von Itacon- und Polyacrylsäure wurden die physikalischen und verarbeitungstechnischen Eigenschaften verbessert. Die Zugabe von Zink zum AluminofluorosilikatGlas sorgt für weitere Verbesserungen, wie in den vielen Studien in diesem Kompendium beschrieben. Es freut mich, dass DENTSPLY dieses neue, verbesserte Glasionomer auf den Markt bringt, und ich bin sicher, dass das Produkt zu einer weiteren Verbreitung der immer wichtiger werdenden Glasionomere beitragen wird, da es den Wert dieser Materialien und ihr klinisches Entwicklungspotential unterstreicht. Mit freundlichen Grüßen Dr. Joel Berg Professor and Chair Lloyd and Kay Chapman Chair for Oral Health The University of Washington School of Dentistry Seattle, Washington Director, Department of Dentistry Seattle Children's Hospital 6 2 Einleitung Die konventionellen Glasionomere (GI) spielen in der restaurativen Zahnmedizin nach wie vor eine wichtige Rolle. Diese Materialklasse bietet nämlich eine ganze Reihe von Vorteilen, wie etwa: Haftung auch an feuchter Zahnsubstanz. Weniger invasive Präparationstechniken als bei Amalgam, keine Unterschnitte notwendig. Chemische Härtung erlaubt Bulk-Füllung in einem Schritt, ohne Inkrementtechnik. Leichte Verdichtung und Konturierung in der Kavität. Einfache Reparatur unter Beibehaltung der Dichtigkeit im Inneren, kein weiterer Verlust von Zahnsubstanz dank des optischen Kontrasts zwischen dem GI-Füllungsmaterial und der angrenzenden Zahnsubstanz. Antikariogene Wirkung und Remineralisation der angrenzenden Zahnsubstanz durch die Abgabe von Fluorid- und Kalzium-Ionen. Kompatibilität mit der Zahnsubstanz bezüglich der Wärmeausdehnung. Geringe Schrumpfung und Schrumpfspannung beim Abbinden. Biokompatibilität und geringe Toxizität, da keine Monomere enthalten sind. Dank ihrer Unkompliziertheit sind die Glasionomere in Situationen verwendbar, für die sich andere Materialien aufgrund von Einschränkungen durch den Patienten, die Kavität oder das Umfeld nicht eignen. Zahnärztliche Materialien werden ständig verbessert; dies trifft auch auf die Glasionomere zu. ChemFil™ Rock stellt eine beachtliche Weiterentwicklung dar, die sich durch eine längere Lebensdauer und eine bessere Eignung für Situationen mit Kaubelastung und für Seitenzahnkavitäten auszeichnet. 7 2.1 Historische Entwicklung von Glasionomeren Erstmals entwickelt wurden Glasionomere 1972 von Wilson und Kent (Wilson et al. 1972). Im selben Jahr führte DENTSPLY DETREY unter der Markenbezeichnung ASPA das erste kommerziell erhältliche Glasionomer ein. Dieser Produktname stand für die verwendeten Materialkomponenten (Alumino-Silicate Polyacrylic Acid). Die nächste Produktgeneration (ASPA II) wurde zur besseren Beherrschung der Abbindereaktion mit Weinsäure modifiziert. Später folgten so genannte „wasserhärtende“ Glasionomerzemente. Das Problem mit der Lagerstabilität der flüssigen Komponente löste man bei diesen Produkten dadurch, dass das saure Polymer getrocknet, zermahlen und mit dem Glasfüllstoff zu einem GI-Pulver vermengt wurde, das dann mit Wasser oder Weinsäurelösung angemischt wurde. Als Beispiel für diese GI-Produktklasse sei ChemFil™Superior (DENTSPLY DETREY) erwähnt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Versuche unternommen, die Leistungsfähigkeit von Glasionomeren zu verbessern – etwa durch verstärkende Glasfasern, Aluminiumoxidfasern oder Metallpartikel (Cermet-Glasionomer). Weitere Entwicklungen führten zu hochviskosen Glasionomer-Füllungsmaterialien, speziell konzipiert für die atraumatische restaurative Behandlung (ART = Atraumatic Restorative Treatment), wie sie von der WHO unterstützt wird. Ziel der Entwicklung von ChemFil™Rock war es, ein hochviskoses und leicht zu verarbeitendes GI-Füllungsmaterial bereitzustellen, das im Vergleich zu anderen führenden GIMarken eine höhere Festigkeit und Langlebigkeit bietet. Dieses Produkt ermöglicht, wie unter simulierten klinischen Bedingungen gezeigt werden konnte, Seitenzahnfüllungen mit wenigstens 2 Jahren Überlebensrate. Als Darreichungsform für ChemFil™Rock wurde eine einfach anzuwendende Misch- und Applikationskapsel gewählt. 2.2 Funktionsweise von Glasionomeren Glasionomere sind selbsthärtende Materialien, die durch Säure-Base-Reaktion eines sauren Polymers (Polysäure) mit einem reaktiven basischen Glasfüllstoff abbinden. Im ersten Schritt werden der pulverförmige Glasfüllstoff und die wässerige Polysäureflüssigkeit vermischt. Die Partikel des Füllstoffs werden dadurch hydratisiert und an der Oberfläche von den Protonen aus der Polysäure attackiert (Abbildung 1a). Dabei werden Kationen (z. B. Al3+, Ca2+, Sr2+) aus dem reaktiven Glasfüllstoff freigesetzt und durch Wasser, das in der Formulierung enthalten ist, hydratisiert. 8 Abbildung 1 a-d Abbindereaktion eines Glasionomers (schematische Darstellung). Die hydratisierten Kationen reagieren mit den Carboxylat-Gruppen (COO–) der Polysäure, was zu einer ionischen Vernetzung (Salzbrücken) der Polysäureketten führt, wodurch sich die Viskosität erhöht (Abbildung 1 b und c) und das Material schließlich aushärtet. Abbildung 1 d zeigt die Situation im abgebundenen Glasionomer, nachdem die Polysäureketten über Salzbrücken durch die Kationen vernetzt und die Partikel des Glasfüllstoffs über ihre Oberflächenladung in die Polysäurematrix eingebunden wurden. 9 3 3.1 ChemFil™Rock – technische Grundlagen Polymertechnologie Die in GI-Formulierungen eingesetzte Polysäure hat starken Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften sowie die Lagerstabilität und Verarbeitungseigenschaften des Produkts. Aus wissenschaftlicher Sicht werden mit hochmolekularen Polysäuren Materialien von höchster mechanischer Stabilität erhalten. Jedoch kann sich die hohe Viskosität, die mit dem hohen Molekulargewicht der Polysäure-Flüssigkeit einhergeht, negativ auf die Verarbeitungseigenschaften auswirken. Darüber hinaus neigen hochmolekulare Polysäuren aufgrund von Wasserstoffbrückenbindungen (H-Bindungen) zur Gelbildung (via Aggregation), wodurch sich potenziell die Lagerstabilität des Produkts verkürzt (Abbildung 2). Abbildung 2 Polyacrylsäure mit Aggregation der Polymerketten über H-Bindungen (schematische Darstellung). Um dieses Problem zu umgehen, enthält die Polyacrylsäure von ChemFil™Rock auch Anteile von Itaconsäure. Die Comonomer-Zugabe reduziert die intermolekularen Wechselwirkungen der Polysäureketten und verhindert so die schleichend einsetzende Gelbildung (Abbildung 3). 10 Abbildung 3 Darstellung des Effekts der Itaconsäure in ChemFil™Rock auf das Ausmaß der Wasserstoffbindung durch die Polysäureketten. Durch die Verwendung von Itaconsäure als Comonomer können also hochmolekulare Polysäuren hergestellt werden, die einerseits zur hohen mechanischen Festigkeit von ChemFil™ Rock beitragen und andererseits eine ausreichende Lagerstabilität gewährleisten ohne die Handhabungseigenschaften zu beeinträchtigen. 3.2 Füllstofftechnologie Für ChemFil™Rock wurde ein neuer reaktiver Glasfüllstoff auf Basis von Fluor-AluminiumSilikat mit Zinkmodifikation und speziellem Ionenfreisetzungsmuster entwickelt. Dieser neue Glasfüller zeigt ein einmaliges Ionenfreisetzungsmuster: durch die sofortige Freisetzung von Zinkionen im Rahmen der Abbindereaktion wird eine hohe Materialfestigkeit erzielt. Abbildung 4 illustriert die Freisetzung der Zinkionen in einem sauren Milieu. Hierzu wurden (entsprechend dem pH-Wert eines frisch angemischten Glasionomers) Proben des Glases mit 20% Essigsäure extrahiert. Die Bestimmung des Gehalts an Zinkionen in den Extrakten erfolgte per optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES = inductively coupled plasma optical emission spectrometry). 11 Abbildung 4 Kumulative Freisetzung von Zinkionen aus dem Zn-Glas in ChemFil™Rock. Die freigesetzten Zinkionen bilden Zink-Polysäure-Komplexe, die eine größere Festigkeit aufweisen als andere Komplexe mit zweiwertigen Kationen (z. B. Strontium- oder Kalziumionen), was den Aufbau der Biegefestigkeit beschleunigt. Zinkionenkomplexe haben eine vergleichbare Festigkeit wie Aluminiumionenkomplexe, die vom Glasfüllstoff (Zink-FluorAluminium-Silikat) ebenfalls freigesetzt werden, sodass ChemFil™Rock eine höhere Endfestigkeit besitzt als Glasionomer-Füllungsmaterialien, die kein Zink enthalten. Um den Effekt der neuen Zink-Glas-Füller- Technologie zu zeigen, wurden experimentelle Formulierungen mit steigendem Zn-Glas-Gehalt hergestellt und auf ihre biaxiale Biegefestigkeit untersucht. Abbildung 5 12 Biaxiale Biegefestigkeit von experimentellen GI-Formulierungen, die Zn-Glas und/oder Sr-Glas in ansteigendem Gewichtsanteil enthalten. Abbildung 5 zeigt, dass sich die biaxiale Biegefestigkeit einer GI-Formulierung mit 100 w/w% eines F-Sr-Al-Silikatglases (Sr-Glas) erhöhte, wenn das Sr-Glas durch einen zunehmendem Gewichtsanteil an Zn-Glas ersetzt wurde. So gesehen könnte man ChemFil™Rock als „zinkverstärktes Glasionomer-Füllungsmaterial“ bezeichnen. Die bimodale Partikelgrößenverteilung des Zn-Glasfüllstoffs mit einer mittleren Partikelgröße von rund 3,5 µm ermöglicht einen relativ hohen Füllergehalt in der Formulierung (~ 70 Gew.-%, ~ 50 Vol.-%). Dies führt zu höherer mechanischer Festigkeit, ohne die Verarbeitungseigenschaften des Produkts zu beeinträchtigen (Abbildung 6). Abbildung 6 4 Bimodale Partikelgrößenverteilung. In-vitro-Studien Dieses Kapitel beschreibt die durchgeführten In-vitro-Studien, welche die Eignung von ChemFil™Rock für die Versorgung von Seitenzahnkavitäten der Klasse I und II verifizieren. 4.1 Kausimulationsstudien Frankenberger R, Universität Marburg (D) Rand- oder Füllungsfrakturen sind neben dem Verschleiß (generalisiert oder im okklusalen Kontaktbereich) die häufigste Versagensursache bei GI-Materialien. Dies gilt insbesondere für große Kavitäten der Klasse II. Um den klinischen Bedingungen möglichst nahe zu kommen, wurden Kausimulationsstudien durchgeführt. Die untersuchten Parameter waren Verschleiß, Randqualität und das Auftreten von Frakturen. Analysen in Europa und den USA haben gezeigt, dass rund 50% der Anwen- 13 der weder Kavitätenkonditionierung noch Oberflächenversiegelung durchführen. Inkrementelle Schichtung und entsprechende Lichthärtung, wie sie in den jeweiligen Gebrauchsanweisungen von harzverstärkten GI beschrieben werden, werden ebenfalls von 50% der Anwender nicht durchgeführt. Daher wurden diese in der Praxis üblichen Anwendungstechniken mit in die Untersuchung einbezogen. Die Prüfparameter sind in Abbildung 7 zusammengefasst. Abbildung 7 Parameter zur Simulation klinischer Bedingungen in Kausimulationsstudien (Frankenberger R). Anmerkung: Ein Abgleich zwischen In-vitro- und In-vivo-Studienbedingungen ergab, dass 100 000 Kauzyklen in diesem Kausimulator 2 Jahren klinischer Tragedauer entsprachen (Frankenberger et al. 2007). Grundlage dieser Aussage war eine Untersuchung der Randqualität von Kompositfüllungen. Resultate: Abbildung 8 zeigt die Ergebnisse zur Randqualität (Anteil an perfekten Rändern). 14 Abbildung 8 Anteil an perfekten Füllungsrändern im Schmelz und Dentin nach thermomechanischer Belastung (Frankenberger R, 2010). (* Applikation in je 1,8 mm Schichten; alle anderen Materialien im Bulk) Im Dentin hinterließen alle geprüften GI-Produkte einen hohen Anteil an perfekten Füllungsrändern. Eine Ausnahme war ein harzmodifiziertes GI, wenn es weder inkrementell appliziert noch lichtgehärtet wurde, wie es die Herstellerangaben vorschreiben. Im Schmelz schnitt ChemFil™Rock besser ab als die meisten geprüften Vergleichsprodukte. Gleichwertige Resultate zeigten nur jene Produktsysteme, bei denen die Kavitäten konsequent nach Herstellerangaben konditioniert und die Füllungen anschließend auch oberflächenversiegelt wurden. Wichtiger Hinweis: ChemFil™Rock erfordert weder Kavitätenkonditionierung noch Oberflächenversiegelung. Der Verschleiß im okklusalen Kontaktbereich wurde mit einem konfokalen Laserscanmikroskop (CLSM) ausgewertet. Abbildung 9 illustriert die Ergebnisse. 15 Abbildung 9 Okklusaler Verschleiß nach Kausimulationsstudien (Frankenberger R, 2010). (* Applikation in je 1,8 mm Schichten; alle anderen Materialien im Bulk) ChemFil™Rock schnitt in der einfachen Applikationstechnik (ohne Kavitätenkonditionierung und Oberflächenversiegelung) besser ab als andere GI-Materialien, wenn diese mit der gleichen Technik verarbeitet wurden. Selbst GI-Füllungssysteme, die mit Kavitätenkonditionierung und Oberflächenversiegelung angewendet wurden (einschließlich eines harzmodifizierten GI, das in inkrementellen Schichten zu 1,8 mm eingebracht und lichtgehärtet wurde), zeigten keine besseren Ergebnisse als ChemFil™Rock. Zu den interessantesten Resultaten des Kausimulationsversuchs gehörte neben der Randqualität und dem Verschleiß auch die Frakturquote. Für diese Auswertung wurde unterschieden zwischen (a) Randfrakturen und (b) Füllungsfrakturen (> 50% Verlust des approximalen Kastens). Abbildung 10 illustriert die Gesamtfrakturquoten und die darin enthaltenen Anteile der beiden Frakturtypen. 16 Abbildung 10 Gesamtfrakturquote nach Kausimulation (Frankenberger R, 2010) (* Applikation in je 1,8 mm Schichten; alle anderen Materialien im Bulk) Nach 100 000 Zyklen zeigte ChemFil™Rock weder Rand- noch Füllungsfrakturen und schnitt signifikant besser ab als die meisten geprüften GI-Materialien. In einem zweiten Durchgang wurden die verbleibenden intakten Füllungen ausgewählter Materialien weiteren 100 000 Kauzyklen unterzogen. Abbildung 11 und 12 + 13 illustrieren die Resultate. Abbildung 11 17 Anteil an perfekten Rändern im Schmelz und Dentin nach thermomechanischer Belastung – zweiter Durchgang (Frankenberger R, 2010). Abbildung 12 Okklusaler Verschleiß nach Kausimulation im zweiten Durchgang (Frankenberger R, 2010). Abbildung 13 Gesamtfrakturquote nach Kausimulation im zweiten Durchgang (Frankenberger R, 2010). Weiterhin schnitt ChemFil™Rock im vereinfachten Applikationsverfahren besser ab als andere GI-Materialien. Lediglich Fuji Equia (mit vorausgehender Kavitätenkonditionierung und abschließender Applikation eines Oberflächenlacks) lieferte vergleichbare Ergebnisse. Schlussfolgerung: Auf der Grundlage dieser unter simulierten klinischen Bedingungen erzielten Ergebnisse ist davon auszugehen, dass ChemFil™Rock Seitenzahnfüllungen mit einer klinischen Überlebensrate von mindestens 2 Jahren ermöglicht und dabei ein vereinfachtes Applikationsverfahren bietet. 18 4.2 Verschleißverhalten Nach der Bruchfestigkeit ist die Verschleißfestigkeit die zweitwichtigste Eigenschaft von GIMaterialien bei Seitenzahnfüllungen in Kavitäten der Klasse I und II. 4.2.1 Verschleißstudie 1 (ACTA-Simulator) Kleverlaan CJ, Universität Amsterdam (NL) Der am Akademischen Zentrum für Zahnheilkunde Amsterdam (ACTA = Academic Centre for Dentistry Amsterdam) entwickelte und 1994 von DeGee et al. beschriebene Drei-KörperVerschleißtest arbeitet mit einem Gegenrad unter Federspannung, welches das Prüfmaterial mit einem Schlupf von 15% in einer Suspension von Reis- und Hirsekörnern abradiert. Diese Suspension lässt sich auf verschiedene pH-Werte puffern (Abbildung 14). Abbildung 14 ACTA-Verschleißsimulator (deGee A, 1994). Die Füllstoffe in GI-Materialien müssen aus einem reaktiven Glas bestehen, welches als Base in der Säure-Base-Reaktion fungiert, die zur Aushärtung dieser Materialien führt. Also wurde untersucht, ob das neue Zn-Glas in ChemFil™Rock auch den niedrigeren pH-Werten standhält, wie sie bei dentaler Plaquebildung entstehen können. 19 Abbildung 15 Verschleiß mit dem ACTA-Simulator bei unterschiedlichen pH-Werten (Kleverlaan CJ, 2009). Zwar konnte der Einfluss der (für beide pH-Werte unterschiedlichen) Pufferlösung nicht geprüft werden, jedoch zeigte ChemFil™Rock unter niedrigen pH-Bedingungen eine bessere Verschleißfestigkeit (Abbildung 15). 4.2.2 Verschleißstudie 2 (Leinfelder-Simulator) Latta M.A., Omaha, NE (USA) Ein weiterer Drei-Körper-Verschleißsimulator, die sog. Leinfelder-Apparatur, wurde kürzlich verbessert (Barkmeier et al. 2008). Dieses System ermöglicht Prüfungen in zwei unterschiedlichen Verschleißmodi. Im generalisierten Verschleißmodus wird ein rotierender Stahlkolben durch einen Brei aus PMMA-Kugeln in Richtung des Prüfkörpers gedrückt, ohne diesen zu berühren (Abbildung 16). Abbildung 16 20 Generalisierter Modus mit charakteristischem Verschleißmuster (Latta MA, 2010). Die Ergebnisse in diesem Modus werden als Durchschnittstiefe oder Volumenverlust dargestellt. Abbildung 17 illustriert die Resultate. Abbildung 17 Volumenverlust im generalisierten Verschleißmodus (Latta MA, 2010). ChemFil™Rock zeigte gegenüber einem, nach Fertigstellung oberfächenversiegelten kunststoffmodifizierten GI, signifikant geringere Volumenverluste. Ebenso signifikant geringere Volumenverluste zeigte ChemFil™Rock auch gegenüber weiteren, nicht oberflächenversiegelten GI-Materialien. Im lokalisierten Verschleißmodus hält der Kolben eine Kugel aus Edelstahl, die gegen den Prüfkörper gedrückt wird (Abbildung 18). Abbildung 18 Lokalisierter Modus mit charakteristischem Verschleißmuster (Latta MA, 2010). Die Ergebnisse in diesem Modus werden als Volumenverlust oder Maximaltiefe dargestellt. Abbildung 19 illustriert die Resultate. 21 Abbildung 19 Maximale Tiefe im lokalisierten Modus (Latta MA, 2010). Im Gegensatz zu den Ergebnissen im generalisierten Verschleißmodus hatte im lokalisierten Modus das Aufbringen eines Schutzlacks zur Oberflächenversiegelung der Vergleichsmaterialien keinen schützenden Effekt. Verglichen mit den zur Kontrolle geprüften GI-Materialien schnitt ChemFil™Rock, das ohne Schutzlack lege artis angewendet wird, somit gleich gut oder besser ab. Schlussfolgerung: Auf Grundlage dieser Ergebnisse zeigt ChemFil™Rock (auch ohne Oberflächenversiegelung mittels Schutzlack) eine gleichwertige oder bessere Verschleißfestigkeit als Vergleichsprodukte. 4.3 Bruchzähigkeit Die Bruchzähigkeit gibt an, wie viel Energie aufzuwenden ist, damit ein Material, an einer zu Prüfzwecken angebrachten normierten Defektstelle (Eindruck) frakturiert. Von Glasionomeren (GI) weiß man, dass sie im Vergleich zu Kompositen eher spröde sind. Spröde Materialien neigen, sobald sie einen Riss aufweisen, zu katastrophalem Versagen durch Wachstum und Ausbreitung dieses Risses. Für eine bessere Langlebigkeit von GIMaterialien ist es daher wichtig, dass man ihre Bruchzähigkeit optimiert. Zur Untersuchung der Bruchzähigkeit von ChemFil™Rock wurden zwei Methoden angewendet: (a) eine Bruchzähigkeitsprüfung basierend auf Mikroeindrücken und (b) eine SENB-Prüfung (Single-Edge Notched Bend). 4.3.1 Messung der Bruchzähigkeit basierend auf Kerbrissen Lach R, Polymer Service Merseburg, Universität Halle-Wittenberg (D) 22 Für diesen Test wurden zylindrische Prüfkörper mit 10 mm Durchmesser und ca. 3 mm Stärke vorbereitet. Vor der Prüfung wurden die Prüfkörper 1 Stunde lang bei 37 °C und > 90% Luftfeuchtigkeit gelagert. Anschließend wurden sie ebenfalls bei 37 °C in demineralisiertem Wasser gelagert, bis die jeweilige Test-Lagerzeit erreicht war. Mit einem Vickers-Diamanten wurden per Pyramiden-Eindruck Risse induziert (Abbildung 20). Abbildung 20 Prüfungen per Mikroeindruck (a) und Vermessen des entstandenen Risses (b) (Lach R 2009). Zur Messung der Martenshärte (MH) und des E-Moduls (E) wurde mit einem VickersDiamant ein Mikroeindruck erzeugt (Abbildung 20 a). In einem weiteren Versuch wurden Prüfkörper einem Vickers-Diamant unter Belastung ausgesetzt. Die hierzu verwendete Kraft (F) wurde so gewählt, dass ein stabiler Riss entstand und der Prüfkörper nicht brach. Es zeigte sich, dass der Kraftaufwand zur Erzeugung stabiler Risse in ChemFil™Rock (98,1 N) signifikant höher lag als bei Ketac Molar (29,4 N), was auf eine höhere Widerstandskraft gegen Rissbildung hinweist. Die Risse (c‟) und die jeweiligen Teile der Eindruckmarken (a) wurden gemessen, um daraus wie folgt die tatsächliche Länge der Risse (c) zu berechnen: die Summe aus der halben Länge der Eindruckdiagonalen a und der sichtbaren Kerbrisslänge c„ (Abbildung 20 b). Die folgende Formel diente zur Berechnung der Bruchzähigkeit: Formel 1 23 Bruchzähigkeit basierend auf Mikroeindruckmessungen und Rissen. Mit dieser Formel wurde die Bruchzähigkeit für jeden Kerbriss berechnet. Aus den gewonnenen Zahlen wurden Medianwerte gebildet. Zur Darstellung der Bruchzähigkeit im Zeitverlauf wurde der jeweilige Medianwert für ChemFil™Rock zu den einzelnen Test-Zeitpunkten jeweils auf 100% gesetzt, und auf dieser Basis wurde die jeweilige entsprechende relative Bruchzähigkeit der einzelnen Vergleichsmaterialien errechnet. Abbildung 21 gibt einen Überblick über die Daten zur relativen Bruchzähigkeit bis zu 6 Monaten nach Probenherstellung. Abbildung 21 Relative Bruchzähigkeit basierend auf Kerbrissen (Lach R, 2009). Schlussfolgerung: Diese Resultate erlauben den Schluss, dass ChemFil™Rock wesentlich stabiler gegenüber Rissbildungen durch kerbenähnliche Eindruckskräfte ist, wie sie etwa bei Belastung durch scharfkantige Okklusionskontakte entstehen. Außerdem zeigt das Produkt insbesondere in der Frühphase nach dem ersten Abbinden eine weitaus höhere Bruchzähigkeit. 4.3.2 Bruchzähigkeit per SENB-Prüfung Lohbauer U, Universität Erlangen (D) Für diese Methode wurden stäbchenförmige Prüfkörper (2 × 2 × 25 mm) hergestellt und nach 5 Minuten Lufttrocknung und 10 Minuten Lagerung in destilliertem Wasser aus den Formen entnommen. Jeder Prüfkörper wurde auf knapp ein Drittel seiner Stärke eingekerbt und die Kerbe anschließend geschärft. Hierzu dienten eine Rasierklinge und eine individuelle Vorrichtung zur Kontrolle der Belastung und Schärfungstiefe (Abbildung 22). 24 Abbildung 22 Einkerben und Schärfen mit individ. Vorrichtung (Lohbauer U, 2009) Nach Fraktur des Prüfkörpers im Vier-Punkt-Biegetest wurde die Risslänge lichtmikroskopisch bei 40-facher Vergrößerung vermessen (Abbildung 23). Abbildung 23 Messung der Risslänge (Lohbauer U, 2009). Die Messung der Bruchzähigkeit in dieser Studie erfolgte nach 3 Stunden, 24 Stunden, 7 Tagen und 21 Tagen Lagerung in destilliertem Wasser bei 37 °C. 25 Abbildung 24 Bruchzähigkeit im Zeitverlauf (Lohbauer U, 2010) Abbildung 24 illustriert, dass ChemFil™Rock gegenüber den Kontrollmaterialien nach 3 Stunden und gegenüber Fuji IX GP bis nach 7 Tagen eine signifikant höhere Bruchzähigkeit (KIc) aufweist. Schlussfolgerung: Fehlstellen, die in der Anfangsphase der Aushärtung entstehen sollten, benötigen im Fall von ChemFil Rock mehr Energie, um zu einem Versagen zu führen, als bei den Kontrollmaterialien. 4.4 Andere Materialeigenschaften 4.4.1 Biaxiale Biegefestigkeit Biegefestigkeitsversuche gelten aus heutiger Sicht als bester Maßstab für die Festigkeit von GI-Materialien (Lohbauer 2010). Im vorliegenden Fall wurde der von Ban und Hasegawa (Ban et al. 1992) beschriebene biaxiale Biegefestigkeitstest herangezogen, weil die Präparation der Prüfkörper einfacher und zuverlässiger ist als bei der Methode nach ISO 4049. Diese Beobachtung wird durch eine Publikation von Pick et al. (2010) unterstützt, der zufolge diese Methode bei Kompositen konsistentere Resultate lieferte. Zur Bestimmung der biaxialen Biegefestigkeit wurden nach Herstellerangaben scheibenförmige Prüfkörper (20 × 1 mm) präpariert. Diese wurden auf ringförmige Unterlagen mit 15 mm Durchmesser platziert und zentral mit einem kugelförmigen Kolben bis zum Versagen belastet. Der Kraftaufwand bis zum Versagen wurde aufgezeichnet, und die hieraus die biaxiale Biegefestigkeit berechnet. 26 Abbildung 25 Biaxiale Biegefestigkeit. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. Abbildung 25 illustriert die Werte im biaxialen Biegefestigkeitstest für ChemFil™Rock und die Vergleichsprodukte. ChemFil™Rock ist den anderen Produkten überlegen. 4.4.2 Fluoridabgabe Da Fluorid gegen Karies schützt, ist eine langfristige kontinuierliche Fluoridabgabe wünschenswert. Unter Verwendung einer ionenselektiven Elektrode wurden ChemFil™Rock und die Vergleichsprodukte nach DIN 38405-4:1985 auf ihre Fluoridabgabe getestet. Abbildung 26 zeigt die Ergebnisse dieser Fluoridabgabestudie, die für ChemFil™Rock, Ketac Molar Aplicap, Fuji IX GP, Fuji IX GP Extra und Ionofil Molar AC durchgeführt wurde. Abbildung 26 27 Fluoridabgabe über 3 Monate. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. Fuji IX GP Extra and Ionofil Molar geben in der ersten Woche große Mengen an Fluorid ab. Ab etwa 1 Monat jedoch, nachdem sich bei allen Materialien ein stabiler Zustand eingestellt hatte, war die Fluoridabgabe durchwegs vergleichbar. 4.4.3 Adhäsion an Schmelz und Dentin Für die Adhäsionstests wurden menschliche Zähne herangezogen, wobei Schmelz- und Dentinflächen nicht konditioniert wurden. Zur Messung der Adhäsion wurden die Prüfkörper während des Scherversuchs von einem Metallring stabilisiert (Abbildung 27), damit ein adhäsiver Bruch gewährleistet werden konnte. Abbildung 27 Glasionomer-Prüfkörper mit stabilisierendem Metallring für den Scherhaftkraftversuch. Abbildung 28 illustriert die Ergebnisse der Adhäsionsprüfung an Schmelz. Die paarweisen statistischen Auswertungen für ChemFil™Rock per t-Test erbrachten eine vergleichbare Adhäsion wie bei Ketac Molar Aplicap, jedoch eine signifikant höhere gegenüber Fuji IX GP. Abbildung 28 28 Adhäsion am Schmelz. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. Abbildung 29 illustriert die Ergebnisse der Adhäsionsprüfung an Dentin. Auch hier erbrachten die paarweisen statistischen Auswertungen per t-Test eine vergleichbare Adhäsion bei ChemFil™Rock wie bei Ketac Molar Aplicap und bei Fuji IX GP. Abbildung 29 4.4.4 Adhäsion am Dentin. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. Säureerosion (nach ISO 9917-1:2007) Die Säureerosion ist eine Prüfmethode zur Simulation des Materialverhaltens bei Lagerung bei niedrigem pH-Wert, wie er unter dentaler Plaque herrscht. Die bakterielle Säureproduktion senkt hier den pH-Wert im Mund. Die Säureerosion der Glasionomere ChemFil™Rock, Ketac Molar Aplicap, Fuji IX GP Caps und Ionofil Molar AC wurde nach ISO 9917-1:2007 bestimmt. Hierzu wurden Prüfkörper in einer PMMA-Kavität von 5,0 ± 0,5 mm Durchmesser und 2,0 ± 0,5 mm Tiefe präpariert. Die Prüfkörper werden bei dieser Methode nach 24 Stunden Lagerung bei 37 °C und > 90% Luftfeuchtigkeit beschliffen und die Höhe im Vergleich zur PMMA-Platte gemessen. Sodann werden die Prüfkörper in eine 1-molare gepufferte Milchsäurelösung (1 mol, pH 2,74) eingelegt und dort 24 Stunden lang bei 37 °C gelagert. Anschließend wird erneut die Höhe der Prüfkörper im Vergleich zur PMMA-Platte gemessen. Die Werte für die Säureerosion ergaben sich aus der Differenz vor und nach Lagerung in der Milchsäurelösung. Abbildung 30 illustriert die Resultate der Säureerosionsprüfung. Alle Materialien hielten problemlos den ISO-Grenzwert von 0,17 mm ein. 29 Abbildung 30 4.4.5 Säureerosion nach ISO 9917-1:2007. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. Opazität und Farbe Die Farbe und die Opazität der GI-Materialien wurden mit einem Luci 100 Farbmessgerät (Dr. Lange GmbH, Deutschland) bestimmt. Die Messungen erfolgten vor einem weißen und einem schwarzen Hintergrunde im L*a*b-Farbraum. Die Farben von ChemFil™Rock wurden an den Standardfarbring Vita Classical angepasst, sodass die Shadeauswahl ähnlich wie bei Komposit erfolgen kann. Dank seiner hohen Opazität gewährleistet ChemFilTMRock einen optimalen Kontrast zur Zahnhartsubstanz und lässt sich bei Bedarf nach provisorischer Anwendung ohne Probleme vollständig und schonend entfernen. Abbildung 31 30 Opazität. ChemFil™Rock und Vergleichsprodukte. 4.5 In-vitro-Studien – Zusammenfassung Auf Grundlage der genannten In-vitro-Studien lassen sich die wichtigsten Eigenschaften von ChemFilTM Rock im Vergleich zu anderen GI-Materialien folgendermaßen zusammenfassen: ChemFil™Rock besitzt eine höhere biaxiale Biegefestigkeit. ChemFil™Rock ist resistenter gegen Rissbildungen durch Kerbkkräfte. Außerdem ist die Bruchzähigkeit von ChemFil™Rock insbesondere in der frühen Abbindephase, signifikant höher. Aufgrund der höheren Bruch- und Verschleißfestigkeit ist davon auszugehen, dass ChemFilTM Rock Seitenzahnfüllungen ermöglicht und vereinfacht, die eine klinische Überlebensdauer von mindestens zwei Jahren bieten werden. 4.6 Technische Daten Charakteristische technische Daten von ChemFil™Rock: 31 Druckfestigkeit MPa 200 Biegefestigkeit (biaxial) MPa 63 Füllstoffgehalt (Gewicht) % ≤ 70 Partikelgröße Glasfüllstoff (MW) µm 3,5 Molekulargewicht Polymer Da 120 000 Säureerosion mm 0,08 Expansion in Wasser (linear) % 0,02 Radiopazität mm Al 2 Opazität % 80−90 Verarbeitungsdauer min > 1,5 Abbindedauer min 3 Mindestdauer bis zum Finieren min 6 Extrudierbare Menge mg ≥ 280 5 Klinische Studie Derzeit läuft eine klinische multizentrische Studie zu ChemFil™Rock, die hier kurz beschrieben werden soll. 5.1 Anwendungsbeurteilung zur klinischen Leistungsfähigkeit von ChemFil™Rock in Klasse-II-Läsionen In dieser prospektiven randomisierten Längsschnittstudie (Post-Marketing Surveillance Study) werden Seitenzahnfüllungen (Klasse II) mit Glasionomeren von Zahnärzten in der eigenen Praxis gelegt und nachuntersucht. Ziel dieser Anwendungsbeurteilung ist es die Sicherheit und Effektivität des Produkts zur Versorgung von Kavitäten der Klasse II im Seitenzahnbereich der bleibenden Dentition zu zeigen. 26 Zahnärzte haben im Rahmen von Routinebehandlungen in ihren eigenen Praxen unter alltäglichen Praxisbedingungen 214 Füllungen mit ChemFil™Rock (“K130”) und 209 Füllungen mit Ketac Molar (“KMA”) gelegt. Um die Leistungsfähigkeit der Materialien zu beurteilen, werden die gelegten und in die Studie aufgenommenen Füllungen von den behandelnden Zahnärzten bis zu 36 Monate lang nachuntersucht. Tabelle 1 gibt einen kurzen Überblick über das Studienkonzept. 32 Klasse-II-Studie Wissenschaftlicher Berater: Prof. Dr. Reinhard Hickel Studienkonzept Anzahl Studienorte: 26 Zahnarztpraxen, die erst Ketac™ Molar Aplicap™ (3M ESPE) verwendet haben und dann auf ChemFil™Rock umgestiegen sind. Zähne: Erste und zweite Molaren, bei denen nach Kavitätenpräparation wenigstens ein Okklusionskontakt auf gesunder Zahnhartsubstanz bestand. Anzahl Füllungen: 423 (214 mit ChemFil™Rock und 209 mit Ketac™ Molar Aplicap™) Anzahl Patienten: 423 Beurteilungsmethode: Klinische Untersuchung Anzahl Patienten pro Beo- ≥ 60 bachtungszeitraum: Beobachtungszeiträume: Baseline (1 Woche bis 1 Monat) 2-4 Monate, 4-8 Monate, 9-15 Monate, 16-24 Monate, 25-36 Monate. Tabelle 1 Design-Aspekte der Klasse-II-Studie. 423 Füllungen mit Glasionomermaterialien (209 mit Ketac Molar, 3M ESPE; 214 mit ChemFil™Rock, DENTSPLY DETREY) wurden bei 423 Patienten gelegt und zur Nachbeurteilung in die Studie eingeschlossen. 33 Abbildung 32 In die Studie eingeschlossene Füllungen; eingegangene Berichtsformulare (Case Record Forms, CRF); im jeweiligen Berichtszeitraum nachuntersuchte Füllungen. Im Zeitraum 0 bis 4 Monate konnten 122 Füllungen (KMA: n = 57, K130: n = 65) nachuntersucht werden. Pro Material waren 3 Füllungsversager zu verzeichnen (KMA: „Zahnintegrität“ (n = 1) sowie „postoperative Überempfindlichkeit, Vitalität“ (n = 2); K130: „Frakturen und Retention“ (n = 1) sowie „postoperative Überempfindlichkeit, Vitalität“ (n = 2). Im Zeitraum 5 bis 8 Monate konnten 121 Füllungen (KMA: n = 68, K130: n = 53) nachuntersucht werden. Mit K130 gab es keine Versager; mit KMA waren insgesamt 6 Füllungsversager zu verzeichnen („Zahnintegrität“ (n = 1), „postoperative Überempfindlichkeit, Vitalität“ (n = 2), „Frakturen und Retention“ (n = 3)). In einem dieser Fälle handelte es sich um einen doppelten Füllungsversager („Frakturen und Retention“ und „postoperative Überempfindlichkeit, Vitalität“). Insgesamt mussten 11 von 243 nachuntersuchten Füllungen ersetzt werden, 8 (6,4%) davon in der Gruppe Ketac Molar Aplicap und 3 (2,5%) in der Gruppe ChemFil™Rock. 34 Abbildung 33 Füllungsversager In den jeweiligen Berichtszeiträumen waren keine unerwünschten Ereignisse gemeldet worden 6 Gebrauchsanweisung Die aktuelle Gebrauchsanweisung umfasst alle offiziellen europäischen Sprachen und kann im Internet (www.dentsply.eu) abgerufen werden. 35 7 Literatur Barkmeier WW, Latta MA, Erickson RL, Wilwerding TM (2008).Wear simulation of resin composites and the relationship to clinical wear. Oper Dent. 33(2):177-82. Ban S, Hasegawa J and Anusavice KJ(1992). Effect of loading conditions on bi-axial flexure strength of dental cements. Dent.Mat. 8(2), 100-104. Belli R, Petschelt A, Lohbauer U (2010). Time-dependent fracture toughness of conventional glassionomer cements. Dent.Mat. 26: Supp 1 e20. Braem M (2009). In vitro study 14.1293. Data on file. De Gee AJ, Pallav P (1994). Occlusal wear simulation with the ACTA wear machine. J Dent (Suppl 1) 22:21-27 Frankenberger R, Krämer N, Lohbauer U, Nikolaenko SA, Reich SM (2007). Marginal integrity: Is clinical performance of bonded restorations predictable in vitro? J Adhes Dent (Suppl 1) 9: 107-116. Frankenberger R (2010). In vitro study 14.1378. Data on file. Frankenberger R, Garcia Godoy F, Krämer N (2010). Clinical performance of viscous glass ionomer cement in posterior cavities over two years. Int J Dent, in press. Kleverlaan CJ (2009). In vitro study 14.1333. Data on file. Lach R (2009). In vitro studies 14.1291, 14.1330, 14.1339. Data on file. Latta M (2010). In vitro study 14.1381. Data on file. Lohbauer (2009). In vitro study 14.1355. Data on file. Lohbauer (2010).Dental Glass Ionomer Cements as Permanent Filling Materials? – Properties, Limitations, and Future Trends. Materials 2010, 3, 76-96 Pick B, Meira JBC, Driemeier L, Braga RB (2010). A critical view on biaxial and short-beam uniaxial flexural strength tests applied to resin composites using Weibull, fractographic and finite element analyses. Dent. Mat. 26(1), 83-90. Williams JA, Billington RW, Pearson GJ (2002). The effect of the disc support system on biaxial tensile strength of a glass ionomer cement. Dent. Mat. 18(5), 376-379. 36 8 Glossar und Abkürzungen CLSM Konfokales Laserscanmikroskop (confocal laser scanning microscope) GI Glasionomere ICP-OES Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (inductively coupled plasma optical emission spectrometry) IFU Gebrauchsanweisung (instructions for use) OCA Okklusaler Kontaktbereich (occlusal contact area) SENB Single-edge notched bending SFR Statische Biegefestigkeit (static flexural strength) TML Thermomechanische Belastung (thermo-mechanical loading) TC Wärmewechselbelastung Die folgenden Materialien sind keine Marken von DENTSPLY International: Marke (Abkürzungen; Hersteller) Ketac Conditioner (KC, K Cond; 3M ESPE) Ketac Glaze (KG, K Glaze; 3M ESPE) Ketac Molar Applicap (KM; KMA, 3M ESPE) Ketac Molar Quick (KMQ, KM Quick; 3M ESPE) Fuji II LC (GC) Fuji IX GP (FIX; GC) Fuji Equia (GC) Ionofil Molar (IM; Voco) 37