HaysWorld_No5_HAYS_RZ:. 16.04.2007 10:31 Uhr Seite 12 Hard Skills und Soft Skills im Gleichgewicht? Erfolg im Beruf entsteht aus der Ausgewogenheit von fachlichen Kompetenzen und Persönlichkeitsaspekten. Diese Balance ist dynamisch: Je nach Umfeld wird in modernen Unternehmen von Mitarbeitern eine große Bandbreite an Fähigkeiten und Eigenschaften verlangt. Von Volker Gentejohann Die Entwicklung der westeuropäischen Märkte in den letzten Jahrzehnten wurde im Wesentlichen durch drei eng verknüpfte Faktoren bestimmt: die digitale Revolution, die Globalisierung und den Übergang von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Kommunikationsgesellschaft. Die Unternehmen passten sich diesen Veränderungen an: Heute ist es normal geworden, in Projektstrukturen zu arbeiten und Aufgaben in Gruppenarbeit zu lösen. Ist hier der Grund für die zunehmende Bedeutung der Soft Skills zu suchen? Mit den organisatorischen Neujustierungen ändern sich auch die Anforderungen an die Menschen, die in Organisationen agieren. Veränderung selbst ist zum Normalzustand geworden. Mitarbeiter müssen in einer variablen Umgebung flexibel agieren und sich ständig auf Neues einstellen. Dies erfordert sowohl die Bereitschaft als auch die Fähigkeit zur Flexibilität – beides klassische Soft Skills. Soft Skills gewinnen kontinuierlich an Bedeutung Während Soft Skills in den letzten Jahrzehnten also an Bedeutung hinzugewonnen haben, sind Hard Skills trotzdem weiterhin wichtig. Je dynamischer das Arbeitsumfeld, desto schneller ändern sich die erforderlichen Hard Skills. Besonders deutlich wird dieser Trend bei technischen Berufen: Eine Software-Entwicklerin kann beispielsweise nicht mehr ein ganzes Arbeitsleben von den Kenntnissen zehren, die sie sich im Studium angeeignet hat, da ständig neue Technologien und neue Programmiersprachen entwickelt 12 HaysWorld · Ausgabe 01/07 werden. Will sie im Beruf erfolgreich sein, ist sie gezwungen, sich ständig weiterzubilden. Insbesondere mit dem viel diskutierten „Wissensarbeiter“ verschiebt sich die Balance der Kompetenzprioritäten zu Gunsten der Soft Skills. Andererseits stehen – gerade für diesen Wissensarbeiter – die Soft Skills zunehmend in den Diensten der Hard Skills. So betrachtet verliert die „klassische“ Zweiteilung der Mitarbeiterkompetenzen an Trennschärfe. Ein guter Grund, die Selbstverständlichkeit, mit der diese Unterteilung vorgenommen wird, zu hinterfragen. Sicher besteht ein Unterschied zwischen Erlerntem und Lernfähigkeit. Deshalb ist die Unterscheidung von Hard Skills und Soft Skills auch sinnvoll. Allerdings sollten alle Beteiligten sehr genau auf die Balance zwischen diesen beiden Polen achten. Für Arbeitnehmer gilt es, sich auf die veränderte und weiterhin veränderliche Arbeitswelt einzustellen und damit auch darauf, sich nicht mehr auf den „Lorbeeren“ vergangener Leistungen auszuruhen. Das heißt: Ja, die gute Ausbildung bleibt weiterhin wichtig, aber sie endet nicht mehr mit dem Eintritt in ein festes Arbeitsverhältnis. Zukünftig heißt es – zumindest für Wissensarbeiter (und wem sonst gehört die Zukunft des westeuropäischen Arbeitsmarktes?) –, ein Leben lang zu lernen. Dabei sind die wesentlichen Soft Skills nicht nur auf die Bereitschaft und Fähigkeit beschränkt, Neues zu lernen. Das Beispiel der Software-Entwicklerin verdeutlicht auch weitere grundlegende Anforderungen an Wissensarbeit. Die pro- jektbezogene Arbeitsform verflacht die traditionellen Hierarchien und verlangt daher von Mitarbeitern auf allen Ebenen ständige Interaktion und daher Kommunikation. Denn bei Projektarbeit handelt es sich stets um Teamarbeit. Lebenslanges Lernen wird zum Leitbild Moderne Formen der Arbeitsorganisation wie die Projektarbeit erfordern also eine feine Adjustierung der Balance von fachlicher und persönlicher Kompetenz, von Disziplin und Kreativität, von vorhandenem Wissen und der Bereitschaft wie der Fähigkeit, Neues zu lernen. Und unter dieser Prämisse betrachtet ist der sensible Begriff „Humankapital“ anders zu interpretieren: Als Wissensarbeiter gewinnen Menschen vielfältige Möglichkeiten, ihr Potenzial und ihre Persönlichkeit in ihrer Arbeit zu entfalten – was mehr und mehr Unternehmen erkennen und in die Potenziale sowie die Soft Skills ihrer Mitarbeiter „investieren“. Dabei zeigt sich: Je wichtiger die Hard Skills für eine Tätigkeit sind, desto notwendiger ist es auch, dass der Mitarbeiter seine fachliche Kompetenz erweitert, vertieft und an seine Kollegen weitergibt – folglich als Multiplikator agiert. Diese neue Gewichtung zwischen Hard und Soft Skills steigert letztendlich das unternehmenseigene Know-how und dient damit als ein zentraler Wertetreiber für jedes moderne Unternehmen. Mitarbeiter, die über hoch spezialisiertes Fachwissen hinaus auch und vor allem das Lernen gelernt haben, werden zum neuen Leitbild.