3. TAG DER ALLGEMEINMEDIZIN Hausärztliche Versorgung

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3. TAG DER ALLGEMEINMEDIZIN
Hausärztliche Versorgung:
Neue Herausforderungen, neue Lösungen
Wien, 24. April 2013
INHALT
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Programm
Dr. Artur Wechselberger: Hausärztliche Versorgung – neue Herausforderungen,
neue Lösungen
Dr. Hans Jörg Schelling: Die Rolle des Hausarztes aus der Perspektive der
österreichischen Sozialversicherung
Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Niebling: Der Hausarzt im Zentrum – BadenWürttembergs neuer Weg
Dr. Christopher Hermann: Die Baden-Württemberger Hausarztversorgung aus
Sicht der AOK Baden-Württemberg
Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber: Gesundheitsökonomische Aspekte der
hausärztlichen Versorgung
Dr. Wilfried Kaiba: Ärztenetzwerk Styriamed.net – Optimierte Kooperation im
niedergelassenen Bereich
Dr. Reinhold Glehr: Stärkung der hausärztlichen Versorgung – eine Konsequenz
der 15-a-Vereinbarung
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3. Tag der Allgemeinmedizin
Hausärztliche Versorgung: Neue Herausforderungen, neue Lösungen
Mittwoch, den 24. April 2013, 09:00 bis 12:30 Uhr
Ort: Erste Lounge, Petersplatz 7, 1010 Wien
PROGRAMM
09:00
Begrüßung und Einleitung
Dr. Artur Wechselberger, Präsident der Österr. Ärztekammer, Arzt für Allgemeinmedizin
09:15
Die Rolle des Hausarztes aus der Perspektive der österreichischen Sozialversicherung
Mag. Dr. Hans Jörg Schelling, Vorsitzender des Verbandsvorstands im Hauptverband
der österreichischen Sozialversicherungsträger
09:30
Diskussion
09:35
Der Hausarzt im Zentrum: Baden-Württembergs neuer Weg
Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Niebling, Leiter des Lehrbereichs Allgemeinmedizin
an der Universität Freiburg im Breisgau, Arzt für Allgemeinmedizin
09:50
Diskussion
09:55
Die Baden-Württemberger Hausarztversorgung aus Sicht der AOK
Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg
10:10
Diskussion
Moderation: Dr. Reinhold Glehr - Präsident ÖGAM
10:30 bis 11:15 – Pause mit Pressekonferenz
11:15
Gesundheitsökonomische Aspekte der hausärztlichen Versorgung
Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber, Leiter des Zentrums für Management
im Gesundheitswesen sowie des Forschungsbereichs Wirtschafts- und Finanzpolitik
an der Donau-Universität Krems
11:30
Diskussion
11:35
Ärztenetzwerk Styriamed.net: Optimierte Kooperation im niedergelassenen Bereich
Dr. Wilfried Kaiba, Kassenärztereferent der steirischen Ärztekammer, Facharzt für Innere Medizin
11:50
Diskussion
11:55
Stärkung der hausärztlichen Versorgung – eine Konsequenz der 15a-Vereinbarung
Dr. Reinhold Glehr, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM),
Arzt für Allgemeinmedizin
12:10
Abschlussdiskussion
Moderation: Dr. Susanne Rabady, Vizepräsidentin ÖGAM
voraussichtliches Ende 12:30 Uhr
Hausärztliche Versorgung:
Neue Herausforderungen, neue Lösungen
Dr. Artur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer und
Arzt für Allgemeinmedizin
Die ärztliche Versorgung im österreichischen Gesundheitssystem ist gekennzeichnet durch
eine Krankenhauszentrierung und freien Zugang zu allen Versorgungsebenen – auch zu
extramuralen Fachärzten – sowie durch eine unklare bzw. untergeordnete Rolle der
Primärversorgung im Vergleich zu Primary-Care-Systemen anderer entwickelter Länder. Die
Primärversorgung ist zudem zahlenmäßig unterbesetzt und von einem Mangel an
Vorsorgemedizin geprägt.
Nach internationalen Erfahrungen sollte der Anteil an Allgemeinmedizinern an den
versorgenden Ärzten eines Landes mindestens 30, im Idealfall 50 Prozent betragen. In
Österreich sind gerade einmal 16 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte als Allgemeinmediziner
tätig. Internationale Vergleiche weisen Österreich als ein „Low primary care“-Land aus.
Darüber hinaus ist die ohnehin unbefriedigende Primärversorgung in Österreich von der
sinkenden Zahl an niederlassungswilligen Allgemeinmedizinern, besonders am Land, weiter
bedroht.
Herausforderungen
Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um den Rückstand im Vergleich zur
internationalen Entwicklung aufzuholen. Zudem gilt es, einen weiteren Rückgang der Zahl
der Allgemeinmediziner zu verhindern und das derzeitige Versorgungsniveau
sicherzustellen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Steigerung der Attraktivität der
Allgemeinmedizin – und zwar von der universitären und postpromotionellen Ausbildung bis
hin zur Niederlassung.
Lösungsansätze
Die Etablierung eines hausarztzentrierten Versorgungssystems mit einer entsprechenden
Förderung der Patientenbindung an die Hausarztpraxen ist ein Gebot der Stunde. Zusätzlich
muss man der Spitalslastigkeit des österreichischen Gesundheitswesens gegensteuern.
Eckpfeiler einer patientenorientierten Primärversorgung sind:
• die Erhöhung der Kompetenz der Allgemeinmediziner durch verbesserte Ausbildung
inklusive verpflichtender Lehrpraxistätigkeit
• Ausweitung des allgemeinmedizinischen Leistungsspektrums
• bessere Honorarangebote im Kassenbereich
• Vergrößerung der Praxiseinheiten durch eine breite Palette möglicher Formen der
ärztlichen Zusammenarbeit
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Um dem Ärztemangel insbesondere in der Allgemeinmedizin zu begegnen, ist eine
angemessene Steigerung der Anzahl an Allgemeinmedizinern anzustreben. Nur so lässt sich
eine Entlastung in der Praxisarbeit und damit eine zeitgemäße Work-Life-Balance erzielen.
Auch moderne Informationstechnologien sind nötig, nicht zuletzt um die notwendige
Kooperation mit anderen medizinischen Leistungserbringern optimal zu gestalten.
Aufgabe der Interessenvertretung der Allgemeinmediziner und deren Fachgesellschaft ist es,
Lösungen aufzuzeigen, Änderungen zu fordern, aber auch Veränderungen zuzulassen. Die
Gesundheitspolitik hingegen ist jetzt aufgefordert, diese Veränderungen im Sinne eines
systemischen Wandels herbeizuführen, anstatt sie – wie so oft in der Vergangenheit – durch
Halbheiten und zu kleine Schritte zu verzögern oder zu verhindern.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Die Rolle des Hausarztes aus der Perspektive der
österreichischen Sozialversicherung
Mag. Dr. Hans Jörg Schelling, Vorsitzender des Verbandsvorstands im
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
Grundsätzlich sind „Primary Health Care“-Modelle schwer vergleichbar – zu unterschiedlich
sind die Rahmenbedingungen: Gate Keeper versus freie Arztwahl, staatlich beschäftigt
versus freiberuflich, Steuerung versus freier Zugang. Der Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger hat bereits 2010 im „Masterplan Gesundheit“ festgestellt, dass die
Aufgaben der Allgemeinmediziner neu zu definieren sind und diese im Rahmen von DiseaseManagement-Programmen künftig als verantwortliche Gesundheitskoordinatoren fungieren
sollen.
Diesem Ansatz hat sich die Ärztekammer im Wesentlichen angeschlossen, als sie Ende
2011 in einer Studie feststellte, durch ein Hausarztmodell könnten erhebliche
Rationalisierungsreserven im heimischen Gesundheitswesen gehoben werden.
Voraussetzung ist aber, dass die Patienten zuerst den Arzt ihres Vertrauens – der
Allgemeinmediziner oder Facharzt sein kann – aufsuchen und nicht mehr direkt Fachärzte
und Spitalsambulanzen ansteuern.
Bereits 2008 hat die Weltgesundheitsorganisation im „World Health Report“ zum Thema
„Primary Health Care, now more than ever“ Kritik am unzureichenden Fortschritt der
Primärversorgung in entwickelten Gesundheitssystemen geübt und das Problem
zunehmender Spezialisierung aufgezeigt. Internationale Erfahrungen legen nahe, dass ein
Hausarztmodell ohne Änderung der Rahmenbedingungen in Österreich weder enorme
Reserven hebt, noch Fortschritte in der Primärversorgung (z.B. Qualitätsverbesserung)
bringt. Im Rahmen von Primary Health Care wollen wir den niedergelassenen Bereich
stärken, das wird aber nur mit geänderten Rahmenbedingungen gelingen.
Neue Versorgungsstrukturen
Wir brauchen im niedergelassenen Bereich neue Versorgungsstrukturen zur sinnvollen
Lenkung der Patientenströme. Das heißt auch, sich großteils von One-Man/Woman-Praxen
zu verabschieden. Es ist niemandem zuzumuten, rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen.
Wir müssen in neue Ansätze der Gruppenpraxen gehen, auch in vernetzte oder dislozierte,
und wir werden vermutlich auch zu einer neuen Vernetzung ärztlicher Arbeitsorte kommen
müssen. Stichwort: Facharztbehandlung tagesklinisch im Spital, um den Gerätepark optimal
zu nutzen. Der niedergelassene Arzt wird aber jedenfalls eine zentrale Rolle spielen müssen.
„Aufwertung“ der Allgemeinmedizin (sprich: mehr Honorar!) muss sich lohnen
Dies ist nur durch eine umfassende Umstellung des gegenwärtigen Systems zu erreichen,
vor allem durch die Gesamtplanung der Versorgung. Die aktuelle Gesundheitsreform könnte
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
wesentliche Schritte setzen (z.B. Vorgabe des „Best point of service“). Eine neue
Verrechnungsposition etwa für die koordinierende Rolle des Haus- bzw. „Vertrauensarztes“
(so die ÖÄK in ihrem Hausarztmodell) ist nicht zielführend. Gezielte Anreizsysteme sind zu
überlegen. Schon jetzt kann man die künftigen Eckpunkte abstecken: Der
Allgemeinmediziner wird in der Primärversorgung eine wichtige Stellung innehaben. Er soll
die Patienten verlässlich durchs System führen. Auch die Rollen anderer und neuer
Gesundheitsberufe in der Primärversorgung sind zu diskutieren.
Ausbildung von Ärzten und Patienten als Basis für Steuerung der Patientenströme
Wir werden im Rahmen der Gesundheitsreform ein exaktes Leistungsmodell erarbeiten: Was
soll der Hausarzt tun, was der Facharzt, was die Ambulanzen usw. Weiters ist die künftige
Allgemeinmedizinerausbildung zu klären: von den Lehrpraxen über die Koordinatorenrolle für
das Health Care Management chronisch Kranker bis zum Umstand, dass von den drei
wichtigsten Krankheitsbildern – Herz-Kreislauf, Bewegungs- und Stützapparat sowie
psychische Erkrankungen – im Turnus derzeit nur die innere Medizin verpflichtend ist, nicht
aber Orthopädie und Psychiatrie. Auch wollen wir qualitätsgesicherte Ausbildungszertifikate.
Wo sich jemand die Zusatzqualifikationen holt, ist uns egal, sie muss nur qualitätsgesichert
sein. Die andere Seite der Ausbildung betrifft Patienten. Sie wollen wir vor allem über
Infoportale darüber informieren, wo sie die geeignete Behandlung bekommen.
Nur Diskussion ohne Tabus bringt uns weiter
Wir müssen und wollen Versorgung künftig patientenorientiert denken. Dabei darf es keine
Tabus geben, schon gar nicht den Reflex, jede Neuerung in Frage zu stellen oder
anzunehmen, jeder wolle dem anderen schaden. Tabulos gilt es zu überlegen, welche
Versorgungsleistungen auch nichtärztliche Berufe erbringen können – natürlich unter
Aufsicht eines Arztes. Tabulos ist auch die Honorierung zu diskutieren. Wir haben derzeit
eine Art handwerksorientierter Bezahlung: Es gibt für alles eine Position. – Wir haben aber
für das Thema Zuwendungsmedizin keine vernünftige Tarifposition.
Auch über die Art der Verträge werden wir sprechen müssen: Ich halte den Gesamtvertrag
für veraltet – auch hinsichtlich der Versorgung. Zeitgemäß wären mehrere Gesamtverträge:
je einer für Allgemeinmediziner, Fachärzte und für die technischen Fächer. Wir brauchen
auch Verträge mit neuen Anreizsystemen, z.B. für Praxen in Randlagen. Zudem sollten in
Regionen mit schwer besetzbaren Kassenstellen Ärzte auch angestellt werden können.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Der Hausarzt im Zentrum:
Baden-Württembergs neuer Weg
Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Niebling, Leiter des Lehrbereichs Allgemeinmedizin an
der Universität Freiburg und Arzt für Allgemeinmedizin
Am 8. Mai 2008 wurde in Baden-Württemberg der erste Hausarztvertrag zwischen der AOKBaden Württemberg, dem MEDI-Verbund, der hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG)
und dem baden-württembergischen Hausarztverband (HÄV) unterzeichnet. Der Gesetzgeber
hatte dazu 2004 mit dem § 73b (Sozialgesetzbuch-SGB V) die Grundlagen geschaffen:
„… die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung
anzubieten…“
Trotz der anfänglichen massiven Kritik der ärztlichen Standesvertreter hatten sich bereits
kurz nach dem Start des Vertrages mehr als 100000 Versicherte eingeschrieben, 2011
schließlich wurde die Schallmauer von einer Million eingeschriebener Patientinnen und
Patienten durchbrochen. Inzwischen nehmen insgesamt fast 1,5 Millionen Versicherte und
3700 Hausärztinnen und Hausärzte in Baden-Württemberg an Verträgen zur
Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) teil – der mit Abstand größte Teil im Rahmen der
hausarztzentrierten Versorgung der AOK Baden-Württemberg. Der HZV-Vertrag in BadenWürttemberg wurde zum Vorreiter der Selektivverträge mit anderen Kostenträgern in allen
deutschen Bundesländern. Übergeordnetes Ziel des Vertrags ist eine qualitativ hochwertige
und flächendeckende hausärztliche Versorgung.
Anforderungen an Hausärzte
Die wesentlichen Anforderungen an die teilnehmenden Hausärzte sind die
• Teilnahme an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie
• Behandlung nach hausärztlichen evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien
• Teilnahme an Fortbildungen mit Fokus auf hausarzttypische Beratungs- und
Behandlungsprobleme
• Qualifikation zur psychosomatischen Grundversorgung
• Aktive Teilnahme an Disease-Management-Programmen
• Praxis- EDV und Nutzung der Vertragsoftware
Vergütung
Ein entscheidender Unterschied zur Regelversorgung im Kollektivvertrag liegt in der
Vergütungssystematik. Diese besteht aus einer kontaktunabhängigen Pauschale, einer
kontaktabhängigen Behandlungspauschale, einem Zuschlag für die Behandlung chronisch
Kranker sowie Vorhaltezuschlägen, Einzelleistungen und ergebnisabhängigen
Zusatzvergütungen. Die teilnehmenden Hausärzte erhalten ein kalkulierbares Honorar in
Euro. Die HZV-Fallwerte liegen deutlich über denen im Kollektivvertrag.
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Abrechnung und Online-Informationen für den Arzt erfolgen über ein hochsicheres Intranet
via Konnektor. Die dafür geschaffene elektronische Infrastruktur genügt allen
datenschutzrechtlichen Voraussetzungen und ermöglicht eine Anbindung an die 2010
gestarteten Facharztverträge nach § 73c SGB V.
Fortbildung
Ein zentrales Instrument des Vertrages ist die hausarztspezifische Fortbildung, die durch
eine unabhängige Fortbildungskommission des Hausärzteverbandes koordiniert und
ausgestaltet wird. Landesweit wird ein System von über 300 Qualitätszirkeln für Ärzte und
Medizinische Fachangestellte organisiert.
Entlastet werden die teilnehmenden Ärzte durch besonders qualifizierte
Versorgungsassistentinnen (VERAH), deren Einsatz gesondert vergütet wird.
Initiale Hindernisse wie eine intransparente Honorarbereinigung seitens der
Kassenärztlichen Vereinigung oder Softwareprobleme konnten inzwischen überwunden
werden.
Eingeschriebene Versicherte sind einer Umfrage des Prognos-Institutes zu Folge mit der
AOK-HZV sehr zufrieden, ebenso die an den Pharmakotherapiezirkeln teilnehmenden Ärzte.
Die im Juni letzten Jahres erstmals in Berlin vorgestellten Ergebnisse der wissenschaftlichen
Evaluation zeigen positive Wirkungen – für Patienten und auch für Ärzte.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Die Baden-Württemberger Hausarztversorgung aus Sicht
der AOK Baden-Württemberg
Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg
Was sind die Gründe dafür, dass die Hausarztzentrierte Versorgung der AOK BadenWürttemberg mit ihren Vertragspartnern ein Erfolg ist, wohingegen andere Krankenkassen in
Deutschland nicht so weit sind?
Hausarztzentrierte Versorgung in Baden-Württemberg – die Erfolgsfaktoren
Die §§ 73 b und c Sozialgesetzbuch V geben den Rahmen vor, den die AOK BadenWürttemberg konsequent nutzt, um eine qualitätsgesicherte und leitliniengerechte
Versorgung ihrer Versicherten zu gewährleisten: Danach sollen Krankenkassen ihren
Versicherten eine hausarztzentrierte Versorgung (HZV) anbieten (§ 73 b). Außerdem können
sie Verträge zur besonderen ambulanten fachärztlichen Versorgung abschließen (§ 73 c).
Die Verträge, die die AOK Baden-Württemberg in diesem Zusammenhang mit den Partnern
Deutscher Hausärzteverband und Medi-Verbund sowie fachärztlichen bzw.
psychotherapeutischen Berufsverbänden geschlossen hat, sollen die ambulante ärztliche
Versorgung auch in Zukunft in regionaler Verantwortung sicherstellen. Denn diese zwischen
Vertragspartnern in Baden-Württemberg vereinbarten Verträge sind zielgerichtet auf die
Bedürfnisse aller Beteiligten ausgerichtet und setzen sich damit deutlich von den
weitestgehend zentralen Vorgaben des kollektivvertraglichen Reglements ab.
In dem 2008 zwischen den Vertragspartnern abgeschlossenen HZV-Vertrag spielt der
Hausarzt die zentrale Rolle und fungiert als Lotse für die Patientinnen und Patienten. Sie
konsultieren grundsätzlich immer zunächst ihren Hausarzt, der sie gegebenenfalls an
Spezialisten überweist.
Hausarztzentrierte Versorgung bedeutet auch, dass die AOK Baden-Württemberg den
Sicherstellungsauftrag für die Versorgung in der Region selbst übernimmt. Damit übernimmt
sie gemeinsam mit ihren Partnern die direkte Verantwortung für die Versorgungsentwicklung
im Land.
Die HZV stärkt die Rolle der Hausärzte im Versorgungsgeschehen und wertet den Beruf des
Hausarztes auf: Eine im Vergleich zur Regelversorgung mit 20 bis 30 Prozent deutlich
höhere, planbare und ungedeckelte Vergütung, Unterstützung bei der rationalen
Pharmakotherapie durch 400 professionell moderierte Qualitätszirkel, Unterstützung bei der
Verordnungssteuerung durch eine verbindlich vorgegebene spezielle Vertragssoftware, die
Betonung der sprechenden Medizin sowie der Abbau von Bürokratie in der HZV sind einige
wesentliche Elemente.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg ist die enge Kooperation zwischen den
Vertragspartnern. Alle Beteiligten stehen für eine vertrauensvolle, verantwortliche
Zusammenarbeit. Dazu gehören die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, der Mut,
gemeinsam für eine Sache einzustehen sowie der entsprechende Weitblick, mit dem
substanzielle Systemveränderungen angegangen werden müssen.
Die enge Verzahnung der HZV mit den Facharztverträgen – nur in die HZV eingeschriebene
Versicherte können an den Facharztverträgen teilnehmen – bietet einen weiteren Mehrwert:
Die sektorübergreifende strukturierte Vernetzung schafft weitere Synergien für alle
Beteiligten.
Daten und Fakten zur hausarztzentrierten Versorgung
Derzeit nehmen 1,1 Millionen AOK-Versicherte am AOK-HausarztProgramm teil. 3.500
Hausärzte und damit rund zwei Drittel aller potenziellen Teilnehmer, die die formalen
Voraussetzungen erfüllen, machen mit. Angeschlossen sind bisher die AOKFacharztProgramme Kardiologie, Gastroenterologie sowie
Psychotherapie/Neurologie/Psychiatrie. Derzeit verhandelt die AOK einen weiteren Vertrag
mit dem Orthopädenverband. Am AOK-FacharztProgramm nehmen derzeit bei stetig
steigender Tendenz 150.000 Versicherte und rund 900 Fachärzte und Psychotherapeuten
teil.
Evaluation der hausarztzentrierten Versorgung bestätigt positive Wirkungen
Die im Juni 2012 veröffentlichte erste Evaluation des Vertrags, durchgeführt unter der
Leitung der Professoren Dr. Joachim Szecsenyi (Universität Heidelberg) und Dr. Ferdinand
Gerlach (Universität Frankfurt/Main), bestätigt den Kurs der Vertragspartner. Die Ergebnisse
belegen, dass vor allem chronisch Kranke bei der AOK Baden-Württemberg besser versorgt
sind. Allein die Zahl der ungesteuerten Facharztbehandlungen ist um mehr als zwölf Prozent
zurückgegangen. Patienten, die am Hausarztprogramm teilnehmen, haben fast zwei
Hausarztkontakte mehr pro Halbjahr. Damit ist der Vorwurf widerlegt, die Behandlungsdichte
würde durch eine weitgehend pauschalierte Vergütung auf ein Minimum heruntergefahren.
Und der Vertrag ist ökonomisch sinnvoll. 250 Millionen Euro hat die AOK BadenWürttemberg 2011 in die bessere Versorgung investiert. Dieser Betrag wird durch geringere
Zahlungen (rund 180 Millionen Euro) an die Kassenärztliche Vereinigung und Einsparungen
bei Arzneimittel- und Krankenhausausgaben sowie Einzelleistungen (rund 70 Millionen Euro)
voll refinanziert.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Gesundheitsökonomische Aspekte der hausärztlichen
Versorgung
Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber, Leiter des Zentrums für Management im
Gesundheitswesen sowie des Forschungsbereichs Wirtschafts- und
Finanzpolitik an der Donau-Universität Krems
Hausärztliche Versorgung ist aus volkswirtschaftlicher und gesundheitsökonomischer Sicht
von großer Bedeutung. Besonders in den ländlichen Regionen Österreichs wird es allerdings
immer schwieriger, Ordinationen von Allgemeinmedizinern nachzubesetzen.
Wenn man diesem Trend nicht gegengesteuert, kann die Funktion des Hausarztes in der
Primärversorgung und als Gatekeeper nicht im erforderlichen Ausmaß wahrgenommen
werden. Im städtischen Bereich übernehmen oft jetzt schon Spitalsambulanzen und
Fachärzte diese Funktion. Dadurch kommt es zu einer Fehlsteuerung der Patientenströme.
Das Resultat sind Ineffizienz und insgesamt höhere Systemkosten.
Situation der Landärzte
Eng verbunden mit der schwindenden Attraktivität einer Ordination in ländlichen Regionen ist
der Rückgang der Hausapotheken. Sie sind für den Allgemeinmediziner am Land eine
ergänzende Einnahmequelle und damit ein Instrument, um den ländlichen Bereich auch
finanziell für Ärzte attraktiv zu machen. Mit einer Ordination am Land sind in der Regel
nämlich meist hohe Investitionskosten verbunden. Darüber hinaus führt das derzeitige
Tarifsystem zu einer Benachteiligung von Ärzten im ländlichen Bereich, weil Landärzte in der
Regel ein größeres Einzugsgebiet zu versorgen und eine höhere Zahl an Hausbesuchen zu
absolvieren haben.
Auch gesamtwirtschaftliche Schwierigkeiten schlagen sich in der ärztlichen Versorgung
nieder: Schlechte Infrastruktur in peripheren Regionen führt zu Abwanderung, diese macht
auch die Infrastruktur in Ordinationen unrentabel. So reduzieren sich Dichte und Qualität
ärztlicher Versorgung, dadurch verliert der ländliche Lebensraum weiter an Attraktivität –
auch für Ärzte.
Eine effiziente Steuerung der Patientenströme und eine flächendeckende
Gesundheitsversorgung sind also eng verbunden mit einem funktionierenden
Hausarztsystem. Ein solches auch weiterhin zu gewährleisten stellt daher eine große
Herausforderung für die Gesundheitspolitik der nächsten Jahre dar.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Ärztenetzwerk Styriamed.net: Optimierte Kooperation im
niedergelassenen Bereich
Dr. Wilfried Kaiba, Kassenärztereferent der steirischen Ärztekammer und
Facharzt für Innere Medizin
Die Medizin als Tätigkeitsgebiet ist unüberblickbar groß geworden: Das medizinische Wissen
verdoppelt sich alle zwei bis drei Jahre. Dazu kommen in zunehmendem Maße ökonomische
Zwänge, sodass es fast unmöglich erscheint, alles unter einen Hut zu bringen. Doch nur
wenn alle Komponenten unseres Gesundheitssystems optimal vernetzt sind, können
Krankheiten und der Patient als Ganzes effektiver und ökonomischer behandelt werden.
Es kommt also auf die richtige Kombination und Koordination von ambulanter und stationärer
Versorgung an. Ärztenetzwerke sind hierbei ein wichtiger Ansatz. Voraussetzung für deren
Funktionieren ist, dass sich Fachärzte und Allgemeinmediziner dazu bekennen, gemeinsam
für die Erhaltung der Gesundheit der Menschen in einer bestimmten Region verantwortlich
zu sein. Es muss der gemeinsame Wille bestehen, Wissen, Erfahrung und Strukturen zu
vernetzen, um die Patienten eines Einzugsgebietes unabhängig vom Fachgebiet optimal zu
versorgen. Der Austausch sollte nicht vertikal – also Allgemeinmediziner, darüber die
Fachärzte und ganz oben die Krankenhauseinrichtungen –, sondern horizontal erfolgen.
Entstehung des steirischen Ärztenetzwerks Styriamed.net
Die zentrale Frage lautet: „Wer macht was, mit welchen Mitteln, zu welchem Zeitpunkt am
besten für ein bestimmtes Gesundheitsproblem eines Menschen?“ Aus dieser Überlegung
heraus hat sich in der Steiermark ein Qualitätszirkel von Allgemeinmedizinern und
Fachärzten entwickelt, der bald zu einem Netzwerk wurde, in dem Erfahrungen und
Behandlungsstrategien ausgetauscht und Hilfestellung bei fachüberschreitenden Problemen
geleistet wurde. Zudem wurde ein kleines gemeinsames Fehlermanagement aufgebaut.
Mit Hilfe der Ärztekammer und professioneller Beratung entwickelte sich daraus ein Konzept
für Versorgungsnetzwerke in kleinen bis mittelgroßen Regionen – auch als Kontrapunkt zu
den staatlich geplanten Ärztlichen Versorgungszentren (ÄVZ).
Natürlich muss es in einer solchen Versorgungseinheit genaue Qualitätsvorgaben für die
Aufnahme von Partnern und deren Zusammenarbeit geben. Einerseits, um den Patienten
verlässliche Qualitätsstandards zu bieten, andererseits um den zuweisenden Kollegen
größtmögliche fachliche Kompetenz zur Verfügung zu stellen und eine gerechte Verteilung
der Ressourcen zu gewährleisten. Im Versorgungsnetzwerk Styriamed.net sind auch
öffentliche ambulante und stationäre Einrichtungen im Sinne von optimierten Aufnahme- und
Entlassungsnahtstellen eingebunden. Zudem können Spezialisten, die nicht unbedingt
ortsansässig sein müssen, in dieses Netzwerk kooptiert werden, um den Patienten die
gesamte Palette ambulanter Medizin anbieten zu können.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Vorteile für Ärzte und Patienten
Der Vorteil für teilnehmende Ärzte ist, dass sie vom Einzelkämpfer zum Teamspieler werden.
So hat jede und jeder Einzelne am Gesamterfolg der Versorgungseinheit teil und kann sich
bei Problemfällen auf die Unterstützung der Mitglieder verlassen. Fachärzte können sich –
von Bagatellfällen befreit – ganz auf ihr Gebiet konzentrieren und wissen, dass ihr
Behandlungskonzept vom Hausarzt weitergeführt wird. Das bedeutet aber nicht, dass dieser
nicht auch begründete Anpassungen vornehmen kann.
Es gibt einen einheitlichen öffentlichen Auftritt, der vom Logo über die Homepage bis zur
Telefonansage reicht. So weiß der Patient sofort, dass er sich in seiner Versorgungseinheit
befindet. Damit kann er sicher sein, eine abgestimmte Behandlung zu erhalten und nur zu
seinem Wohl und im Bedarfsfall von einem Arzt zu einem anderen überwiesen zu werden.
Dazu kommen organisatorische Vorteile wie koordinierte Öffnungszeiten, die den Patienten,
aber auch den Ärzten mehr zeitlichen Spielraum verschaffen. Urlaubszeiten, besonders in
den Sommerferien, aber auch in der Weihnachts- und Osterzeit, werden abgesprochen und
gemeinsam veröffentlicht. Das soll auch verhindern helfen, dass Patienten in Bagatellfällen
die teureren Ambulanzen aufsuchen. Eigene Kommunikationsschienen ermöglichen den
Ärzten rasche Kontaktaufnahme. Durch ein genormtes Überweisungssystem können
Patienten innerhalb des Netzwerkes in kurzer Zeit diverse Untersuchungen absolvieren.
Ausblick
Dank ständiger Kommunikation auf kürzestem Weg sollte es gelingen, unnötige
Untersuchungen und Doppeluntersuchungen zu vermeiden, was nicht nur schonender für die
Patienten, sondern auch kostensparend ist. Abgestimmte Fortbildungsaktivitäten sollen
einzelne Netzwerkärzte zu „Subspezialisten“ machen, damit diese seltene, aber oft umso
wichtigere medizinische Leistungen in guter Qualität für die gesamte Versorgungseinheit
erbringen können.
Resümierend lässt sich sagen, dass das steirische Ärztenetzwerk für die Patienten eine
virtuelle, für die Ärzte aber eine emotionelle Gemeinschaftspraxis ist, in der die Hierarchie
der Disziplinen aufgehoben ist und Kolleginnen und Kollegen in der vornehmsten Bedeutung
des Wortes zusammenarbeiten. – „Coming together is a beginning. Keeping together is
progress. Working together is success“ (Henry Ford)
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
Stärkung der hausärztlichen Versorgung – eine
Konsequenz der 15a-Vereinbarung
Dr. Reinhold Glehr, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für
Allgemeinmedizin (ÖGAM) und Arzt für Allgemeinmedizin
Der Erfolg der derzeit laufenden, von Kostenüberlegungen getragenen Gesundheitsreform
wird danach zu beurteilen sein, ob es gelingt ,die Versorgung von Kranken zu verbessern,
Möglichkeiten für eine zielgerichtete Prävention zu schaffen und gleichzeitig die
Kostensteigerung in Grenzen zu halten.
Eines der Hauptziele im Rahmen der Gesundheitsreform wird die Anpassung des
stationären Sektors an in Europa übliche Dimensionen sein. Unbedingt zu stärken ist
hingegen die Primärversorgung – ebenfalls entsprechend internationalen Vorbildern.
Die Zukunft gehört zweifellos einer integrierten Versorgung im Sinne eines
patientenorientierten, sektorenübergreifenden Systems. Das bedeutet:
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Definition der Aufgaben der jeweiligen Versorgungsebene
Betreuung auf der dem jeweiligen Gesundheitsproblem angemessenen Ebene
strukturierte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bereichen
Dafür braucht es hohe Flexibilität der Organisationsformen, die vor allem regionalen
Bedürfnissen entsprechen muss, also Gruppenpraxen, Praxisgemeinschaften und vernetzte
Einzelpraxen mit einem gemeinsamen Pool für Daten und Personal.
Auch Planungs- bzw. Investitionssicherheit ist von großer Bedeutung, wenn ärztliche
Eigentümerschaft auch in Zukunft gesellschaftlich erwünscht ist. Freiberuflichkeit ist
jedenfalls eine bewährte Grundlage persönlicher Identifikation und Verantwortung für
Leistung und Betriebsmittel – sie sollte in neuen Organisationsmodellen nicht verloren
gehen.
Ärztliche Freiberuflichkeit
Bisher waren im solidarischen, sozialen Gesundheitssystem freiberufliche Arztpraxen – nach
einem Planstellensystem mit Kassenverträgen ausgestattet – Grundlage der ambulanten
Versorgung. Nun werden in der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern interdisziplinäre
Versorgungsmodelle in Form von Gruppenpraxen oder selbstständigen Ambulatorien als
Grundlage der Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten unterschiedlicher ärztlicher
Fachbereiche sowie nicht-ärztlicher Gesundheitsdiensteanbieter angedacht. Große
Erwartungen setzen die Planer in räumliche Zusammenschlüsse – Stichwort ambulante
Versorgungszentren. Allerdings wird nicht näher definiert, ob diese als Besitz von
Kapitalgesellschaften mit dem Ziel „Shareholder Value“ oder als Einrichtungen im Besitz von
Versicherungen, Ländern oder anderen staatlichen Strukturen verwirklicht werden sollen. Je
nach dafür geschaffener gesetzlicher Grundlage wird die Freiberuflichkeit im
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
niedergelassenen Arztbereich zwangsläufig zum Thema. Klar ist: Die ärztliche
Freiberuflichkeit war über Jahrzehnte Garant für Effizienz im Gesundheitssystem und
wichtige Basis tragfähiger, langfristiger Arzt-Patienten-Beziehungen. Sie sollte daher weiter
bestehen bleiben.
Versorgungspyramide
Die freie Arztwahl ist ein wichtiger Wert für die Bevölkerung und sollte auch in Zukunft
gewährleistet sein. Dennoch müssen Lösungen zur Lenkung der Patientenströme gefunden
werden. Die freie Wahl der Versorgungsebene sollte also sehr wohl diskutiert werden, damit
teure, hochspezialisierte Einrichtungen nicht durch banale Beratungsanlässe blockiert
werden und die Patienten rascher und sicher an die jeweils richtige Stelle kommen.
Hausärztinnen und Hausärzte können hier nach internationalem Vorbild eine zentrale
Lenkungs- und Leitungsfunktion übernehmen – ihre Rolle muss aber deutlich aufgewertet
werden.
Haus- und Vertrauensarztmodell
Ein Haus- und Vertrauensarztmodell mit freiwilliger Teilnahme für Patient und Arzt bietet
sich als Lösung an. Bewährte, evaluierte Systeme gibt es dazu in vielen europäischen
Ländern, gemeinsam ist ihnen, dass der Patient bei einer Erkrankung und in Fragen der
Gesundheitsvorsorge zuerst den niedergelassenen Arzt seines Vertrauens aufsucht –
ausgenommen sind Notfälle und bestimmte Fachgruppen wie z.B. Augenheilkunde,
Gynäkologie und Kinder- und Jugendheilkunde. Voraussetzung für ein solches Modell ist ein
klarer Versorgungsauftrag, insbesondere für Prävention, sowie ein Honorierungssystem mit
pauschalen, leistungsbezogenen und modularen Anteilen.
Ausbildung
Den Überlegungen zur Reform im Bereich der Primärversorgung liegt ein Bekenntnis zur
umfassenden Qualität im Gesundheitswesen zugrunde. Unabdingbare Basis dafür ist eine
zeitgemäße Ausbildung, die im Bereich Allgemeinmedizin derzeit aber nicht gewährleistet
ist. Erforderlich ist mehr allgemeinmedizinische Lehre an den Universitäten und danach eine
spezielle berufsvorbereitende und kompetenzsichernde Ausbildung – im Zentrum sollte die
Absolvierung einer allgemeinmedizinischen Lehrpraxis stehen.
3. Tag der Allgemeinmedizin, Wien, 24. 4. 2013
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