Persönliche PDF-Datei für R. Seeberger - Dysgnathie

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Persönliche PDF-Datei für
R. Seeberger
www.thieme.de
Mit den besten Grüßen vom Georg Thieme Verlag
Aktueller Stand der
operativen Techniken zur
chirurgisch gestützten
Gaumennahterweiterung
DOI 10.1055/s-0042-121348
Inf Orthod Kieferorthop 2016; 48: 271–277
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Zwecken bestimmt (z. B. im Rahmen des fachlichen
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und wissenschaftliche Netzwerke und Plattformen.
Verlag und Copyright:
© 2016 by
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14
70469 Stuttgart
ISSN 0020-0336
Nachdruck nur
mit Genehmigung
des Verlags
Fallbericht
Aktueller Stand der operativen Techniken zur
chirurgisch gestützten Gaumennahterweiterung
Surgical Correction of Transversal Deficits in the Maxilla: Current State of
Surgical Techniques for Surgically Assisted Maxillary Expansion
Autor
R. Seeberger
Institut
Praxis für Mund-, Kiefer-, Gesichts- und Oralchirurgie, Ludwigsburg
Schlüsselwörter
▶ skelettale Dysgnathie
●
▶ transversales Defizit
●
▶ chirurgisch gestützte
●
Gaumennahterweiterung
Zusammenfassung
Abstract
Patienten mit einer skelettal bedingten Dys­
gnathie haben häufig auch ein transversales Defizit des Oberkiefers. Ein-oder beidseitiger Kreuzbiss, ein enges und hohes Gaumendach sowie
Zahnengstände sind dabei typische klinische
Charakteristika. Diese gehen dann mit kaufunktionellen, atemspezifischen und ästhetischen Beeinträchtigungen einher. Die Therapie beinhaltet
in skelettal reifen Patienten eine chirurgische Expansion der Maxilla. Aktuell existieren verschiedene operative Techniken und konkurrierende
Expansionsapparaturen in der Therapie dieser
Fehlstellungen. Neben der chirurgisch unterstützen Gaumennahterweiterung, die in unterschiedlichen Techniken ausgeführt werden kann,
ist auch eine einzeitige Lösung mit Expansion der
Maxilla im Rahmen der eigentlichen Umstellungsosteotomie eine vielversprechende Alternative. Im Folgenden werden die operativen Schritte zur Erweiterung des Oberkiefers anhand klinischer Beispiele demonstriert und in Hinblick auf
die aktuelle Literatur kritisch diskutiert.
Patients with a skeletal-related malocclusion often have a transversal deficit of the upper jaw at
the same time. A 1- or 2-sided cross bite, a narrow and high palate and crowded teeth are typical clinical characteristics. They are associated
with masticatory, respiratory and aesthetic impairments. Therapy involves surgical expansion
of the maxilla in skeletally mature patients. Currently there are various surgical techniques and
competing expansion devices for treating these
occlusal deficits. In addition to the surgically
supported palatal expansion, which can be executed in different techniques, a one-step solution
is a promising alternative by expanding the maxilla within the actual orthognathic surgery. In
the following the surgical steps for the expansion
of the upper jaw are demonstrated by clinical examples and critically discussed with regard to
the current literature.
Key words
▶ skeletal dysgnathia
●
▶ transversal deficit
●
▶ surgically assisted maxillary
●
expansion
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0042-121348
Inf Orthod Kieferorthop 2016;
48: 271–277
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
ISSN 0020-0336
Korrespondenzadresse
Priv-Doz. Dr. Dr. Robin
Seeberger
MKG Solitude
Praxis für Mund-, Kiefer-,
Gesichts- und Oralchirurgie
Solitudestraße 24
71638 Ludwigsburg
Tel.: + 49/(0)7141/976760
Fax: + 49/(0)7141/9767699
www.mkg-solitude.de
www.dysgnathie-ludwigsburg.de
[email protected]
▼
Einleitung
▼
Die orthognathe Chirurgie umfasst Korrekturen
des Gesichtsskeletts mit dem Ziel, normale anatomische und funktionelle Verhältnisse wiederherzustellen. Auf der Grundlage schädelbezogener Normwerte sollen durch die operative Umstellung von Ober- und Unterkiefer kaufunktionelle Defizite behoben sowie eine Verbesserung
der Ästhetik erreicht werden.
Form- und Lageanomalien des Kiefers sind in allen 3 räumlichen Ebenen möglich, sie können einen oder beide Kiefer betreffen und sowohl einseitig als auch symmetrisch auftreten. Häufig
sind Kombinationen verschiedener Fehlbildungen. Ein transversales Defizit der Maxilla führt
▼
funktionell zum Kreuzbiss und damit zur Fehlverzahnung. Zudem kommt es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Nasenatmung und
damit verbunden zu zahlreichen Allgemeinbeschwerden.
Nach Abschluss des skelettalen Wachstums bleiben kieferorthopädische Maßnahmen zur Erweiterung der Maxilla ohne Wirkung. Es drohen
vielmehr Zahnkippungen, Fenestrationen oder
gar Wurzelresorptionen. Ab dem Alter von 16
Jahren ist eine konservative Sprengung der Gaumennaht und damit Weitung des Oberkiefers in
der Transversalen nicht mehr möglich [1].
Die Korrektur des transversalen Defizits im Oberkiefer kann 1- oder 2-zeitig erfolgen. Das einzeitige Vorgehen erfolgt dabei im Rahmen der
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mono- oder bignathen Umstellungsosteotomien und erspart
dem Patienten dadurch einen zusätzlichen operativen Eingriff.
Beim 2-zeitigen Vorgehen wird die Gaumennaht vor der kieferorthopädischen Ausformung der Zahnbögen in Vorbereitung auf
eine Umstellungsosteotomie erweitert.
Die theoretischen Grundlagen und deren praktische
Umsetzungen
▼
Die chirurgisch unterstützte Gaumennahterweiterung
(GNE)
Verantwortlich für die Resistenz gegen eine konservative rein
kieferorthopädische Erweiterung sind die tragenden Pfeiler des
Oberkiefers, die sogenannten zirkummaxillären Strukturen.
Diese sind die Apertura piriformis, die Cristae zygomaticoalveolares, die Processus pterygoidei und natürlich der Processus alveolaris selbst. Vor allem die Cristae zytomaticoalveolares und
die Processus pterygoidei stellen einen so erheblichen Widerstand dar, dass ein Dehnungsversuch ohne chirurgische Durch­
trennung erfolglos bleibt [2–4]. ●
▶ Abb. 1 zeigt schematisch die
knöchernen Pfeiler des Oberkiefers. Um diese Pfeiler suffizient
zu lösen und eine weitestgehend druckarme Erweiterung des
Oberkiefers zu ermöglichen, ist eine subtotale LeFort-I Osteotomie notwendig.
Die subtotale LeFort-I-Osteotomie zur chirurgischen Unterstützung der transversalen Weitung des Oberkiefers (surgically assisted rapid maxillary expansion = SARME) wurde 1976 von Bell
und Epker beschrieben [5]. Knöcherne transversale Defizite des
Oberkiefers können damit besonders bei Patienten nach dem 16.
Lebensjahr schnell und dauerhaft ausgeglichen werden [6]. Dabei werden die oben beschriebenen zirkummaxillären Strukturen durchtrennt und eine transversale Weitung mithilfe einer
Dehnapparatur erreicht. Dieser Distraktor kann sowohl am Alveolarfortsatz des Knochens als auch an den Zähnen befestigt
werden. Die Dehnung wird durch Aktivieren einer Dehnschraube in der Apparatur erreicht.
Abb. 1 Schematische Darstellung der in blau eingekreisten Oberkieferpfeiler. Der blaue Strich zwischen den Inzisiven zeigt die Stelle der
Osteotomie des Alveolarfortsatzes.
Es besteht kein allgemeiner Konsens über die beste Art der Verankerung der Distraktoren. Beide Arten (zahn- und knochengetragen) haben Vor- und Nachteile. Der Vorteil knochengetragener Dehnapparaturen liegt in der direkten Übertragung der
Dehnkraft. Zudem kann die kieferorthopädische Ausformung
deutlich schneller erfolgen, da in der Retentionsphase keine
Bänder die Zahnbewegungen verhindern. ●
▶ Abb. 2, 3 und 4 zeigen die Verankerungsvarianten.
Dadurch werden mögliche Nachteile von zahngetragenen Apparaturen, insbesondere eine Kippung der Ankerzähne sowie Wurzelresorptionen, vermieden. Nachteilig sind aber der zusätzlich
notwendige Eingriff zur Entfernung des Distraktors und das
Operationstrauma am Hartgaumen mit allen damit verbundenen Risiken. Die Kosten und der Aufwand bei der Anbringung
zahngetragener Distraktoren sind wesentlich geringer als bei
knochengetragenen Geräten. In der Literatur finden sich allerdings neben den oben erwähnten Nachteilen auch Berichte über
eine Rezidivneigung mit Kollaps des bereits gedehnten Oberkie-
Abb. 2 Patientenbeispiel mit zahngetragener Apparatur in der Retentionsphase. Das Diastema medial ist gut erkennbar. Die Bänder der
Apparatur verhindern während der Retentionsphase die weitere kiefer­
orthopädische Ausformung.
Abb. 3 Patientenbeispiel mit knochengetragener Apparatur in der
Retentionsphase. Das Diastema medial ist bereits geschlossen. Die kieferorthopädische Ausformung läuft bereits während der Retentionsphase
und die Gesamtbehandlungszeit verkürzt sich dadurch.
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fers bis hin zu Komplikationen an Strukturen der Schädelbasis
bei unsauberer Osteotomie der Processus pterygoidei [7–10].
Eigene Studien konnten derartige Komplikationen nicht nachweisen. Die Ergebnisse zeigen vielmehr eine sichere und schonende Erweiterung des maxillären Zahnbogens [11, 12].
Die Operationstechnik der chirurgischen GNE –
„Step by Step“
Nach der gemeinsamen Planung durch den Kieferorthopäden
und den Chirurgen folgt bei zahngetragenen Apparaturen das
feste Einsetzen des Distraktors an den ersten Molaren und den
ersten Prämolaren in der Regel 2–3 Tage vor der Operation. Bei
knochengetragenen Apparaturen erfolgt die Applikation der Apparatur durch den Chirurgen in der Operation. Der Kieferorthopäde kann dabei bereits vor der OP bebändern. Lediglich sollte
der Bogen zwischen den Inzisiven getrennt bleiben. Damit kann
frühzeitig die Ausformung nach der OP beginnen. Der operative
Eingriff dauert etwa 30 min. Der Eingriff wird in Vollnarkose
durchgeführt und der Patient verbleibt 2 Nächte postoperativ
auf Station. Zur primären Wundheilung ist eine Latenzphase von
etwa 7 Tagen nötig. Danach beginnt die Distraktionsphase. Die
Dauer der Distraktionsphase hängt vom individuellen transversalen Defizit ab. Der Osteotomiespalt wird durch Drehung an der
Abb. 4 Patientenbeispiel mit Hybrid-Apparatur zu Beginn der Distraktionsphase. Die kieferorthopädische Ausformung kann auch bei
diesen Apparaturen bereits während der Retentionsphase beginnen mit
entsprechender Verkürzung der Gesamtbehandlungszeit. (Dankenswert
zur Verfügung gestellt von Univ.-Prof. Dr. Dieter Drescher, Direktor der
Poliklinik für Kieferorthopädie, Universität Düsseldorf).
Schraube des Distraktors mit bis zu 3 Drehungen pro Tag ca.
1 mm/pro Tag verbreitert.
Unter regelmäßiger Kontrolle durch die behandelnden Ärzte erfolgt dies im Normalfall selbstständig durch den Patienten und
ist schmerzfrei. Die Konsolidierungsphase beginnt nach Erreichen der gewünschten Dehnung und dauert im Normalfall etwa
3 Monate. In dieser Zeit erfolgt die Mineralisierung des Kallus.
Die Knochenheilung wird abgeschlossen und die ursprüngliche
Belastbarkeit des Knochens erreicht. Das entstandene Diastema
schließt sich in der Regel selbstständig durch Kippung der Frontzähne in den noch weichen Kallus. Zur Stabilisierung der Dis­
traktion und zur Fixierung der Kieferanteile wird die Dehnapparatur während dieser Zeit im Mund belassen. Einige Autoren
sprechen zusätzlich von einer Remodellierungsphase, da sich in
dieser Phase das entstandene Knochengeflecht zu lamellären
Knochen umbaut [13, 14]. ●
▶ Abb. 5 zeigt schematisch den zeitlichen Ablauf.
Bei der Operationstechnik handelt es sich um eine subtotale LeFort-I-Osteotomie, wobei im Gegensatz zur totalen LeFort-I-Osteotomie das Septum nasale nicht abgesetzt und eine „Down
Fracture“ zum vollständigen Lösen des Oberkiefers vom restlichen Gesichtsschädel nicht durchgeführt wird [5].
Der Zugang erfolgt von intraoral über das Oberkiefervestibulum
mit beidseitigen horizontalen Inzisionen von den jeweils ersten
Molaren bis zu den Eckzähnen. Anschließend werden die Cristae
zytomaticoalveolares sowie die Aperturae piriformes durch Abschieben des Mukoperiosts dargestellt. Die medialen, fazialen
und lateralen Kieferhöhlenwände werden osteotomiert. Üblicherweise werden die Processus pterygoidei mit einem gebogenen Meißel durchtrennt. Vervollständigt wird die Osteotomie
zur Bildung zweier getrennter Oberkiefersegmente durch eine
mediane Osteotomie des Oberkieferalveolarfortsatzes. Danach
wird der Distraktor mit einigen Umdrehungen aktiviert, um den
Operationserfolg durch das zwanglos entstehende Diastema
mediale überprüft.
Im Folgenden zeigen die ●
▶ Abb. 6– 10 die einzelnen Phasen der
Operation anhand eines Fallbeispiels. Ein alternativer Zugang ist
in ●
▶ Abb. 11, 12 aufgezeigt. Hierbei werden die gleichen Strukturen osteotomiert über einen minimalst invasiven Zugang über
den inneren Nasenvorhof. Durch schonende tunnelierende Präparation ist das Weichteildetachment (Ablösen des Periosts)
sehr gering. Der Vorteil hierbei sind postoperativ minimale
Schwellungen, sehr kleine Wundflächen und keine Naht im
Oberkiefervestibulum. Lediglich zum Ablösen des Processus
pterygoideus mit dem Osteom ist eine Stichinzision enoral im
Bereich des Tubers erforderlich.
Abb. 5 Darstellung des zeitlichen Ablaufs bei der
chirurgisch gestützten Gaumennahterweiterung
unabhängig von der verwendeten Apparatur. Die
Retentionsphase kann teils auch länger als 12
Wochen betragen und wird individuell bestimmt,
abhängig vom Ausmaß der getätigten Expansion.
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Abb. 6 Zugang über den Mundvorhof über einen 2–3 cm langen Schnitt
vom 1. Molar bis zum Eckzahn.
Abb. 7 Osteotomie der zirkummaxillären Strukturen von Crista
zygomaticoalveolaris über die vordere Kieferhölenwand bis zur Apatura
piriformis.
Abb. 9 Vervollständigung der Osteotomie durch Lösen des Processus
pterygoideus mit dem Lambotte-Meißel.
Abb. 10 Abschließend die Osteotomie des Alveolarfortsatzes zwischen
den Inzisiven. Man erkennt bereits das entstehende Diastema mediale.
Besonders geschützt wird die Papille der Inzisiven, um eine Verletzung
dort unbedingt zu vermeiden.
Modifikationen der OP-Technik sind möglich. So kann die Osteotomie auch ohne eröffnen des Oberkiefervestibulums von nasal
erfolgen. Dies ist weniger invasiv und vermeidet enorale Narbenzüge. ●
▶ Abb. 10, 11 zeigen diese minimalinvasive Variation.
In keiner der aktuellen OP-Techniken ist eine Eröffnung des
Hartgaumens zur zusätzlichen medianen Osteotomie notwendig. Daher können und sollen die zahngetragenen Apparaturen
durch den Kieferorthopäden bereits einige Tage vor der Opera­
tion fest über die Bänder einzementiert werden.
Abb. 8 Darstellung der vollständigen Osteotomielinie als subtotale LeFort-I, links im Bild die Crista zygomaticoalvelaris und rechts die Apertura
piriformis.
Die Two-piece-maxilla: Eine Alternative zur
chirurgischen Gaumennahterweiterung
Als Alternative zu der oben beschriebenen 2-zeitigen Methode
kann auch eine 1-zeitige Methode zur Erweiterung des Oberkiefers angewandt werden. Dabei erfolgt die transversale Erweiterung im Rahmen der eigentlichen bimaxillären Umstellungs­
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osteotomie die in der Regel auch jeder chirurgischen GNE folgt.
In der Literatur besteht ein Konsens bei moderaten Engständen
[15]. Eine eigene Arbeit verglich hierzu die Two-Piece-Maxilla
mit der klassischen chirurgischen GNE bezüglich der möglichen
erreichbaren Oberkieferexpansionen. Wir konnten dabei zeigen,
dass mit der geeigneten Operationstechnik Erweiterungen von
über 5mm problemlos stabil erreichbar sind [12]. Damit kann
einem Großteil der Patienten eine vorgeschaltete Operation zur
Expansion des Oberkiefers erspart werden, was die Akzeptanz
der gesamten Kombinationsbehandlung bei den Patienten deutlich erhöht. ●
▶ Abb. 13 zeigt schematisch den zeitlichen Ablauf
der Behandlung.
Die Operationstechnik der Two-Piece-Maxilla – „Step
by Step“
Abb. 11 Darstellung der Apatura piriformis über einen kleinen Zugang
im rechten Nasenloch. Anschließende tunnelierende Präparation bis zur
Crista zygomaticoalveolaris.
Nach der entsprechenden engen Abstimmung mit den Kieferorthopäden erfolgt die Expansion im Rahmen der bimaxillären
Umstellungsosteotomie. Nach der LeFort-I-Osteotomie und der
„Down Fracture“ werden auf dem knöchernen Nasenboden 2
Paramediane Osteotomien zusätzlich vorgenommen. Diese vereinigen sich dann Y-förmig an der Spina nasalis. Durch dieses
Vorgehen wird zum einen der entstehende Expansionsspalt auf
2 Osteotomien verteilt und insbesondere zum anderen die auftretenden Spannungen in den Bereich der wesentlich elastischeren seitlichen Gaumenschleimhaut verlagert. So gelingt eine
spannungsfreie Expansion ohne Einreißen der Gaumenschleimhaut mit der Gefahr der Entstehung einer oronasalen Fistelung.
Die erreichte Expansion wird anschließend über die ohnehin
notwendigen seitlichen Osteosyntheseplatten gesichert.
In der Vorbereitung sollten durch den Kieferorthopäden an den
Molaren palatinale Verankerungen zum Einhängen von Crisscross-Elastics angebracht werden. In der Nachsorge sollten dann
konsequent Criss-cross-Elastics appliziert werden, um die erreichte Expansion auf der dentalen Ebene zu sichern. ●
▶ Abb. 14, 15
­demonstrieren das Vorgehen.
Diskussion
▼
Abb. 12 Osteotomie derselben Strukturen wie bei der „klassischen“
Variante über die tunnelierende Präparation. Intraoral folgt lediglich eine
Stichinzision im Bereich des Tubers zur Osteotomie des Processus pterygoideus mit dem Osteom in typischer Weise.
Die chirurgisch unterstützte transversale Oberkieferweitung ist
eine heute allgemein übliche Technik zur Korrektur transversaler Defizite der Maxilla. Ziele der Distraktion sind die Erweiterung des Zahnbogens zur Korrektur der Fehlverzahnung und zur
Verbesserung der Nasenatmung. Negative Effekte wie die starke
Kippung der Ankerzähne oder eine vestibuläre Fenestration, wie
sie bei einem konservativen Vorgehen auftreten können, sollen
dadurch vermieden werden.
Zahngetragene Dehnapparaturen haben im Vergleich mit knochengetragenen den Vorteil, dass der Verlauf der Dehnung durch
die Kieferorthopäden besser zu kontrollieren ist. Ein weiterer
Vorteil zahngetragener Distraktoren liegt in der Vermeidung eines zusätzlichen Eingriffs zur Entfernung der Apparatur mit
weiterer Traumatisierung des Patienten.
Abb. 13 Schema des zeitlichen Ablaufs bei einzeitigem Vorgehen mit Two-Piece-Maxilla. In der
Regel kann nach ca. 16–18 Monaten entbändert
werden.
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Daher sind zahngetragene Apparaturen wirtschaftlicher als knochengetragene.
Der entscheidende Vorteil der knochengetragenen Apparaturen
liegt in der verkürzten kieferorthopädischen Behandlungszeit.
Diese Apparaturen blockieren, anders als die zahngetragenen,
nicht die Zähne und können dennoch als Retention zur Vermeidung von Rezidiven belassen werden. Das ermöglicht dem Kieferorthopäden bereits 2–3 Wochen nach Beendigung der Dehnphase die aktive Behandlung mit Multiband. Im Gegensatz dazu
blockiert die zahngetragene Apparatur die Weiterbehandlung
▶ Abb. 4), die anterior
für etwa 3 Monate. Hybrid-Apparaturen ( ●
über palatinale Mini-Implantate und posterior über Bänder an
den Molaren die Expansionskräfte übertragen, haben ebenfalls
den Vorteil einer frühen KFO-Anschlussbehandlung. Auch bei
Abb. 14 Nach der „Down Fracture“ im Rahmen der bimaxillären Umstellungsosteotomie erfolgen zusätzlich die paramedianen Osteotomien am
knöchernen Nasenboden zur einzeitigen Expansion des Oberkiefers.
Abb. 15 Refixierung des Oberkiefers und Sicherung der transversalen
über die üblichen Osteosyntheseplättchen.
diesen Apparaturen kann die Ausformung während der Reten­
tionsphase beginnen. Die Komplikationsrate der Mini-Implantate ist insgesamt gering. Seltene Komplikationen wie z. B. Lockerungen oder Überwucherung mit Schleimhaut kommen zwar
vor, sind aber vernachlässigbar.
Ein weiterer Effekt der transversalen Enge des Oberkiefers ist die
reduzierte Nasen-Luft-Passage. Dies äußert sich durch vermehrte
Mundatmung und führt zu weiteren gesundheitlichen Problemen
wie Mundtrockenheit, Schleimhautentzündungen und chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen aufgrund der Minderbelüftung.
Zudem ist der funktionelle Zungenraum stark eingeengt und die
Ruhelage der Zunge ungünstig, was teils erhebliche funktionelle
Beeinträchtigungen der Sprache und der Atmung verursacht.
Aktuell steigt die Nachfrage seitens der Kieferorthopäden nach
einer einzeitigen Erweiterung des Oberkiefers im Rahmen der
Umstellungsosteotomie. Dies geschieht zum einen wegen des
gestiegenen Patientendrucks in Bezug auf minimalinvasive Methoden, aber auch wegen ästhetischer Bedenken. Bei der chirurgisch gestützten GNE ist ein Diastema mediale für einige Wochen nicht zu vermeiden, was auf viele Patienten abschreckend
wirkt. ●
▶ Abb. 16 demonstriert die vorübergehenden ästhetischen Nachteile.
Zwar existieren Methoden, dies durch 2 Osteotomien in den
Eckzahnbereich zu verlagern [16], allerdings ist der operative
Aufwand ungleich höher und das Risiko für Zahnschädigungen
steigt. Auch im Zusammenhang mit Surgery-First-Patienten hat
diese Anforderung zugenommen. Zwar steht die Mehrheit der
Kieferorthopäden dem Konzept bislang kritisch gegenüber, jedoch steigt die Nachfrage durch das immer mehr beworbene
Versprechen nach schneller ästhetischer und funktioneller Verbesserung. Machbar und auch sehr zufriedenstellend ist dabei
vieles, aber bei Weitem nicht alles. Eine kritische Evaluation und
eine enge Abstimmung zwischen den Kieferorthopäden und den
Chirurgen ist dabei die Grundvoraussetzung: Das bedeutet auch
mal den Wunsch nach schneller OP zu verneinen!
Unabhängig von der gewählten Operationsmethode ist immer
mit einer Verbesserung der Nasenatmung und der Zungenfunktion zu rechnen, da die anatomische Engstelle der Nasenatmung
aufgelöst wird und der funktionelle Zungenraum sich vergrößert. Dadurch gelingt eine erfolgreiche Behandlung von okklusalen Defiziten mit stabilen Ergebnissen.
Abb. 16 Vorübergehende ästhetische Nachteile durch das entstehende
Diastema mediale bei der chirurgisch unterstützten Gaumennahterweiterung. Die Lücke schließt sich in der Regel in den folgenden 4–6 Wochen.
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Zusammenfassung
▼
Die chirurgisch unterstützte Korrektur von Fehlbissen erfordert
eine sorgfältige Planung, Durchführung und Nachbehandlung in
enger, fachübergreifender Zusammenarbeit von Zahnärzten,
MKG-Chirurgen und Kieferorthopäden. Ein umfassender Behandlungsplan ist dabei für ein optimales Ergebnis entscheidend. Die Behandlung der Oberkiefer-Kompression kann vielfältig gelöst werden. Im Bestreben nach Minimalinvasivität und
Patientenkomfort haben sich die hier beschriebenen Techniken
bewährt und durchgesetzt. Gerade die einzeitige und für den Patienten deutlich weniger belastende Variante (Two-Piece-Maxilla) gewinnt in routinierten chirurgischen Abteilungen mehr und
mehr an Bedeutung.
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