Notizen zu Stück und Inszenierung „ZUM HIMMEL HOCH“ „Ich glaube nicht, dass die Wahrheit dessen, was war, auf hinreichende Weise erforscht werden, dass man in ausreichendem Maße Geschichte schreiben kann. Sie kann unter Umständen und in einem gewissen Grade gesehen werden; aber für die Richtigkeit der Sicht gibt es keinen zwingenden Beweis, es besteht immer das Recht, sie anzuzweifeln.“ Reinhold Schneider (1903–1958), Schriftsteller Die Geschichte eines Bauwerkes, das das Profil einer Stadt prägt wie der Magdeburger Dom, verschließt sich dem Versuch, sie in einem Theaterstück wirklich und umfassend darzustellen. Es sei denn, man macht aus einem Theaterabend eine Art szenischen Vortrag und enttäuscht all jene, die auf Theater aus sind. Die Anstrengung, allen nur möglichen Erwartungen zu dienen, endet in einer Geste des guten Willens, welche nur dann Anerkennung findet, wenn man sich auf das Ziel einigt: Wir wollen das Wahrzeichen der Stadt Magdeburg vor allem würdigen und das auf vielfache Weise. Eine dieser vielfachen Weisen ist die Theateraufführung „ZUM HIMMEL HOCH“, und diese Weise muss ganz konsequent genutzt werden. Nämlich: Der Abend soll unterhalten, obgleich er auch wirklich und wahrhaftig zur Geschichte dieses gotischen Domes informieren möchte, und er will emotional zu Gunsten des Doms wirken. Aber um zu unterhalten und die Geschichte des Doms auch so zu vermitteln, dass Lust entsteht, den Dom zu besuchen oder sich mit der Geschichte des Doms konkret zu beschäftigen, sind in dem Stück ZUM HIMMEL HOCH Ereignisse thematisiert, die vielleicht gar nicht stattgefunden haben, und wenn, dann aber zumindest nicht so, wie sie dargestellt werden am Abend: Die Weihe des Doms im Jahre 1363 in der Herrschaftszeit von Erzbischof Dietrich – stimmt es tatsächlich, dass die Bürger befürchteten, die Weihe ist auch ein Vorwand, die Stadt zu erstürmen? Wollte Schinkel den Dom wirklich lieber abreißen als sanieren? Im Stück werden diese Vermutungen/Gerüchte/Irrungen aus Gründen einer wirkungsvollen Dramatik als wirkliche Geschehnisse gespielt. Der Abend ist eben auch und vor allem Theater, das die Gefühle ergreifen soll, während Geschehnisse, die ein Chronist nicht verschweigen darf, einfach ausgelassen sind. Dagegen bewegen sich alle Vorfälle in der Zeit der Reformation vergleichsweise dicht daran, was man als die Geschichte bezeichnet, die man mit Fakten belegen kann. Das betrifft auch 1631, wo Domprediger Bake für mehrere tausende Magdeburger, die sich bei der Zerstörung der Stadt in den Dom retteten, Gnade gegenüber Tilly erfleht. Die Rolle des Doms als Schutzraum für die Menschen wiederholt sich dann im Stück 1989: Menschen fordern Freiheit ein und erkämpfen die soziale Wende.