JUSTUS-LIEBIG UNIVERSITÄT GIESSEN Fachbereich _______ Veterinärmedizin 1. Gießener Wintersymposium der Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Chirurgie) in Zusammenarbeit mit der DGK-DVG Samstag, 4. Dezember 2004 „Lebererkrankungen beim Kleintier“ Referatesammlung des 1. Giessener Wintersymposiums der Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Chirurgie) in Zusammenarbeit mit der DGK-DVG „Lebererkrankungen beim Kleintier“ Verantwortliche: Prof. Dr. Martin Kramer, Organisator Prof. Dr. Reto Neiger, Organisator Silke Schmitz, Referatesammlung Mario Pollok, Royal Canin-Organisator Inhalt Anatomie, Histologie und Embryologie der Leber 1 PD Dr. C. Pfarrer Leberenzyme und –funktionstests 6 Prof. Dr. R. Neiger Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber 10 und Angiographie PD Dr. M. Gerwing PD Dr. M. Schneider Zytologie – Indikation und Interpretation 14 HDoz. Dr. A. Moritz Leberbiopsien – was sagen sie uns? 19 Prof. Dr. E. Burkhard Das hepatoenzephale Syndrom 23 Assist. Prof. Dr. F. Steffen Der kongenitale Lebershunt – Neues zur Therapie 27 PD Dr. M. Schneider Chirurgie der Leber 30 Prof. Dr. M. Kramer Leberschutztherapie und andere therapeutische Maßnahmen 35 Prof. Dr. R. Neiger Diätetische Unterstützung des Leberpatienten Dr. C. Schünemann 41 Autoren Prof. Dr. Eberhardt Burkhard Institut für Veterinärpathologie Frankfurter Str. 96 35392 Giessen PD Dr. Martin Gerwing Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Frankfurter Str. 108 35392 Giessen Prof. Dr. Martin Kramer Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Frankfurter Str. 108 35392 Giessen HDoz Dr. Andreas Moritz Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Prof. Dr. Reto Neiger Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen PD Dr. Christiane Pfarrer Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Justus-Liebig-Universität Giessen Klinikstr. 32 35392 Giessen PD Dr. Matthias Schneider Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Dr. Christian Schünemann Royal Canin Tiernahrung GmbH und Co.KG Altenburger Str. 142 50968 Köln Dr. med. vet. Frank Steffen, Diplomate ECVN Departement für Kleintiere Neurologie/ Neurochirurgie Winterthurerstr. 260 CH-8057 Zürich Anatomie, Histologie und Embryologie der Leber PD Dr. Christiane Pfarrer Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Justus-Liebig-Universität, Klinikstr. 32 35392 Giessen Allgemeine Grundlagen Die Leber (Hepar, Jecur) wird als die größte Drüse des Körpers bezeichnet, dient aber im Fetalleben als Blutbildungsorgan. Postpartum übernehmen die Hepatozyten weitere Stoffwechselfunktionen, wie die Synthese von Proteinen und der Gallenflüssigkeit, die Speicherung von Glykogen, Fetten und fettlöslichen Vitaminen, die Sekretion von Proteinen, Glykogen und Galle sowie die Metabolisierung und Entgiftung von Steroiden und Pharmaka. Von Kupffer´sche Sternzellen, die aus dem Knochenmark einwandern, phagozytieren auffälliges Material aus dem Blut. fließt. Dieser Blutstrom durch die Leber wird aber durch den sich zwischen V. umbilicalis sinistra und V. cava caudalis entwickelnden Ductus venosus (Arantii) umgangen. Klinisch bedeutsam ist hier das Persistieren des Ductus venosus als “Portocavaler Shunt” über 2-3 Tage post partum hinaus. 1. Embryologie Die Leber entwickelt sich aus einer ventralen Epithelknospe des hepatopankreatischen Ringes und wächst als Leberdivertikel in das Septum transversum (Teil des Mesogastrium ventrale) vor. Die Anlage wächst schnell und teilt sich in zwei Abschnitte, die craniale Pars hepatica und die caudale Pars cystica. In der Pars hepatica entwickelt sich über Leberzellsprosse das Leberparenchym und das Epithel der intrahepatischen Gallengänge. Die Leberkapillaren entstehen aus den Vv. vitellinae. Auch die Nabelvenen haben eine Verbindung mit den Leberkapillaren, wobei die rechte früh obliteriert. Die linke V. umbilicalis bildet eine Anastomose zur späteren V. portae aus, wodurch nährstoffund sauerstoffreiches Blut durch die Leber Die Entwicklung von Leber und Pankreas aus einem gemeinsamen Drüsenfeld führt bei der Katze zu einem gemeinsamen Ausführungsgang, da der Ductus choledochus zusammen mit dem Ductus pancreaticus als Ampulla hepatopancreatica auf der Papilla duodeni major mündet. Hier sind klinisch schwerwiegende Erkrankungen möglich, wenn z.B. Gallensteine den Ductus choledochus verlegen und so zu einem Rückstau der Pankreassekrete und nachfolgender akuter Pankreatitis führen. Beim Hund dagegen münden Ductus choledochus und Ductus pancreaticus in der Regel getrennt auf der Papilla duodeni major. Die gemeinsame Ampulle sowie die getrennten Mündungen der Gänge besitzen Schließmuskeln. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 1 2. Allgemeiner Aufbau Die Leber von Hund und Katze besteht aus einem Lobus hepatis dexter (dext.) und sinister (sin.), die jeweils in einen medialen und lateralen Bereich unterteilt sind und rechts bzw. links der Porta hepatis liegen. Ventral der Leberpforte liegt der Lobus quadratus, der links von dem Ligamentum (Lig.) teres hepatis und rechts von der Vesica fellea begrenzt wird. Dorsal der Porta hepatis befindet sich der Lobus caudatus, der bei Hund und Katze in einen rechts gelegenen Processus (Proc.) caudatus sowie einen nach links zeigenden Proc. papillaris unterteilt wird. Die Lappen werden durch Incisurae inter- und intralobares getrennt. Im Bereich der Porta hepatis treten die Arteria (A.) hepatica, die Vena (V.) portae und Lymphkapillaren ein. Außerdem liegen hier die Noduli lymphatici (Nll.) hepatici seu portales. Der Abfluss der Galle über Ductus hepatici, die zum Ductus choledochus zusammenfließen, erfolgt auch an der Porta hepatis. Weiterhin setzt an der Porta hepatis das Omentum minus mit seinem Lig. hepatogastricum und Lig. hepatoduodenale an. Unterschieden werden eine Facies diaphragmatica und eine Facies visceralis. Der dorsale Rand wird aufgrund seiner abgerundeten Form auch als Margo obtusus bezeichnet, während der spitze ventrale Rand, der in der Regel auch tastbar ist, der Margo acutus ist. An der Facies visceralis lassen sich die Eindrücke der angrenzenden Organe als Impressio oesophagea, gastrica, duodenalis, colica und renalis erkennen. 2 3. Befestigung Die Leberbänder entstehen aus dem distalen Abschnitt des embryonalen Mesogastrium ventrale. Eine Befestigung nach oben erfolgt mittels der Ligg. triangularia dext. und sin. rechts und links im Bereich der Zwerchfellspfeiler. Die Ligg. coronaria verbinden als Fortsetzung der Ligg. triangularia die Vena cava mit der craniodorsalen Seite der Leber. Das Lig. falciforme ist das ehemalige Gekröse der Nabelvene. Daher findet sich in seinem freien Rand das Lig. teres hepatis, die obliterierte Nabelvene. 4. Blutversorgung Die V. portae bringt das nährstoffreiche Blut aus dem Magen-Darmtrakt in die Leber. Sie teilt sich in einen Ramus (R.) dext. und sin., wobei der R. dext. nur den Lobus dext. lateralis (lat.) und den Proc. caudatus versorgt. Der R. sin. versorgt alle anderen Leberlappen. Aus der Pars transversa, die sich von der V. portae bis zum Abgang des Ductus venosus erstreckt, gehen die Äste für den Lobus dext. medialis (med.) und den Proc. papillaris hervor, während alle weiteren Lappen ihre Äste aus der Pars umbilicalis erhalten, die links des Ductus venosus ventralwärts zieht. Alle Lappenvenen teilen sich in Segment- und Interlobularäste, bevor sie in die Lobuli hepatici eintreten. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Die A. hepatica verhält sich in ihrem Aufzweigungsmodus entsprechend der V. portae. Die Vv. hepaticae sammeln das Blut nach seinem Verlauf durch die Lebersinusoide. Ähnlich der Aufteilung der V. portae, entsorgen die V. hepatica dext. accessoria und die V. hepatica dext. den Lobus dext. lat. und den Proc. caudatus, während die V. hepatica media und die V. hepatica sin. das Blut aller anderen Leberlappen aufnehmen und dieses über eine Erweiterung, den Lacus venae cavae an die V. cava caud. überführen. 7. Histologie Die Leber ist von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, die von einer Serosa (Peritonaeum) bedeckt ist. Das Interstitium wird von blutgefäßführenden Septen gebildet, die von der Kapsel ausgehen und so das Parenchym in polygonale Lobuli hepatici unterteilen. 5. Lymphgefäßversorgung Die regionären Nll. hepatici seu portales nehmen die Lymphkapillaren der Leber auf. Allerdings wird auch Lymphe an die Nll. gastrici, lienales und lumbales aortici abgeführt. 6. Gallengangsystem Zwischen den Hepatozyten gelegene Gallenkapillaren (Canaliculi biliferi) nehmen die Gallenflüssigkeit auf und fließen zu den intra- und interlobulären Ductuli biliferi zusammen, die wiederum Ductus hepatici segmentales und lobares bilden. Bei der Katze vereinigen sich die Lappengänge der linken Leberhälfte zum Ductus hepaticus sin., während rechts die Lappengänge getrennt in den langen Ductus cysticus eintreten. Auch beim Hund ist der Zusammenfluss variationsreich, allerdings scheinen vorwiegend isolierte Lappengänge aufzutreten, die einzeln in den Ductus cysticus münden. Die letzte Einmündung markiert den Beginn des Ductus choledochus, der auf der Papilla duodeni major mündet (weitere Details, siehe oben, Embryologie). Die Vesica fellea liegt fest mit der Leber verwachsen in der Fossa vesicae fellae und erreicht beim Hund die Facies diaphragmatica. Sie besteht aus Corpus, blind endendem Fundus und Collum. Im Interstitium in den Winkeln zwischen jeweils zwei bis vier Lobuli hepatici liegen charakteristisch immer eine kleinlumige, muskelstarke Arterie (A. interlobularis), eine weitlumige Vene (V. interlobularis) und ein mit isoprismatischem Epithel ausgekleideter Gallengang (Ductus interlobularis bilifer). Diese Anordnung wird als Glisson´sche Trias bezeichnet. Die Lobuli hepatici bestehen aus Laminae hepaticae. Das sind in Platten oder Balken angeordnete Hepatozyten zwischen denen endothelbegrenzte Sinusoide liegen. Die miteinander anstomosierenden Lebersinusoide unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht von “normalen” Blutgefäßen. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 3 Sie besitzen Endothelzellen mit Poren und interzelluläre Spalten. Dagegen fehlt eine Basalmembran. Weiterhin übernehmen von Kupffer´sche (Stern)Zellen, sekundär aus dem Knochenmark eingewanderte Zellen des mononukleären Phagozytosesystems, die unspezifische Abwehr. Zwischen den Leberzellbälkchen und den Lebersinusoiden liegt ein schmaler Spaltraum, der Dissé Raum. Das freie Übertreten von Stoffen wird einseits durch die Mikrovilli der Hepatozyten und anderseits die fehlende Basalmembran erleichtert. In der Mitte eines Läppchens liegt jeweils eine V. centralis. Äste der V. portae und der A. hepatica, die Aa. und Vv. interlobulares ergießen sich in die Lebersinusoide und durchfließen diese in Richtung der V. centralis. Damit handelt es sich um arteriovenöses Mischblut. Aus den Vv. centrales wird das Blut über die Vv. hepaticae in die V. cava caud. abgegeben. 4 Die Einheit eines polygonalen Leberläppchens mit einer Zentralvene ist rein deskriptiv. Funktionell wird die Leber in periportale Läppchen oder Leberazini eingeteilt. Ein periportales Läppchen wird durch jeweils drei Zentralvenen begrenzt, mit einer Glisson´schen Trias im Zentrum. Damit wird das Einzugsgebiet der Gallenkapillare umrissen und der funktionell-sekretorische Drüsencharakter der Leber näher definiert. Ein Leberazinus erstreckt sich zwischen zwei Glisson´schen Triaden und reicht beidseits bis an die zugehörigen Zentralvenen. Hier liegt die vaskuläre Grundstruktur im Fokus, die unterschiedliche Stoffwechselaktivitäten widerspiegelt, da sich die Zusammensetzung des Blutes abhängig von der Entfernung von den zuleitenden Interlobargefäßen verändert. Hieraus ergeben sich vom Läppchenrand gesehen drei Zonen, die Zona peripheralis, intermedia und centralis. In der Peripherie laufen oxidative Prozesse, Glukoneogenese und die Azetylierung von Fettsäuren ab, während im Zentrum hauptsächlich anaerobe Vorgänge, wie Entgiftungen und Lipogenese erfolgen. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 8. Literatur Frewein J, Vollmerhaus B: Anatomie von Hund und Katze. Blackwell, Berlin 1994. Nickel R, Schummer A, Seiferle E: Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. Band II: Eingeweide. 8. Auflage. Parey, Berlin 1999. Liebich H-G: Funktionelle Histologie der Haussäugetiere. 4. Auflage. Schattauer, Stuttgart, New York 2004. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 5 Leberenzyme und –funktionstests Reto Neiger, Prof. Dr. med. vet, Dipl. ECVIM-CA Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Die Diagnose einer Lebererkrankung erfolgt primär durch klinische Symptome (Ikterus, Aszites) und Labortests, aber auch bildgebende Verfahren sind sehr wichtig. Obschon es viele Labortests gibt, sind alle ungeeignet um eine spezifische ätiopathogenetische Diagnose zu erhalten und eine Feinnadelaspiration mit anschießender Zytologie oder eine Biopsie mit Histologie sind dafür notwendig. „Lebertests“ werden unterteilt in Leberenzymuntersuchungen, einfache Leberfunktionstests und dynamische Leberfunktionstests. Leberenzyme Die Leberenzymtests werden eingeteilt in solche die 1) eine hepatozelluläre Schädigung anzeigen und 2) eine erhöhte Produktion stimuliert durch einen Gallestau oder eine Medikamenteninduktion anzeigen. Die Höhe und Dauer der Enzymerhöhung hängt vom Typ der Erkrankung, dem Schweregrad und Chronizität / Akutheit sowie der Spezies ab. Sie besagen nichts über die Reperationsfähigkeit der Leber und geben keinen prognostischen Hinweis. Hepatozelluläre Schädigung Hepatozyten des Hundes und der Katze beinhalten im Zytoplasma viel Alaninaminotransferase (ALT). Eine veränderte Permeabilität der Hepatozyten bedingt durch eine Schädigung oder eine metabolische Störung resultieren in einem „Ausfluss“ dieses wasserlöslichen Enzyms. Nach einer akuten, diffusen Schädigung ist die Höhe der Serumenzymspiegels ungefähr proportional zur Menge der betroffenen Hepatozyten. Die Plasma6 Halbwertszeit von ALT ist einige Stunden; andere Faktoren sind jedoch für das Absinken des Enzyms im Serum mitverantwortlich, so dass es nach einer akuten Störung mehrere Tage dauern kann bis der Spiegel wieder im Normbereich liegt. Ein weiteres im Zytoplasma von Hepatozyten vorkommendes Enzym ist Aspartataminotransferase (AST), jedoch gibt es weitere Gewebe, welche einen hohen AST-Gehalt haben, so in erster Linie Muskel. Dies führt dazu, dass eine Muskelschädigung als auch eine Hepatozytenschädigung beide zu einem AST-Anstieg führen. Ersteres kann jedoch durch die Untersuchung anderer Muskelenzyme (Kreatininkinase – CK) unterschieden werden. Beide Enzyme sind weder spezifisch noch sensitiv, d.h. sowohl sekundäre Leberveränderungen (Hyperadrenokortizismus, Diabetes mellitus, etc) als auch nicht spezifische Induktion durch Medikamente (Steroide, Phenobarbital, etc) können zu einer Erhöhung führen. Zudem kann die Erhöhung der Enzyme keinen Hinweis auf die Ursache der Hepatopathie geben. Anzeichen von Gallenstau oder Medikamenteninduziert Alkalische Phosphatase (AP) und GammaGlutamyltransferase (γ-GT) sind in den Hepatozyten nur zu geringer Menge vorhanden aber beide können im Serum stark erhöht sein bedingt durch einen Gallestau (Cholestase) aber auch durch eine Medikamenteninduktion. Die Lokalisation dieser Enzyme ist membrangebunden – AP mit Membranen der Ductuli canaliculi und γ-GT mit Epithelzellen des Gallenduktussystems. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Die Plasma-Halbwertszeit von AP beträgt ca. 60-70 Stunden beim Hund aber nur etwa 6 Stunden bei der Katze. Nach einer akuten Leberzellschädigung kommt es normalerweise nur zu einem minimaler Anstieg von AP. Eine Störung der hepatobiliären Architektur führ jedoch innert Stunden zu einem recht massiven Anstieg, bedingt durch eine Gallenabflussstörung. Nach einem akuten Insult kommt es während der Reparation normalerweise zu einem langsamen Absinken der Transferasen (ALT und AST) während AP erst noch hoch bleibt (und teilweise gar ansteigt) bis die fokale Cholestase geheilt ist. Demzufolge ist AP in der Regel das letzte Enzym das wieder in den Normbereich kommt. Eine massive Cholestase führt initial nur zu AP Erhöhung und – wenn massive und lange genug anhaltend – auch zu einer Hyperbilirubinämie bedingt durch Bilirubinausscheidungsstörung (s.später). Die Höhe der AP-Erhöhung sagt über Ursache und Dauer der Erkrankung nichts aus. Eine AP-Erhöhung wird auch nach Glucokortikoidgabe (nur Hund) und Gabe von Antiepileptika gesehen. Es gibt einen starken individuellen Unterschied, wie hoch die Enzyme nach Medikamenteninduktion ansteigen, eine Hyperbilirubinämie ist jedoch nie dabei. Der Autor hat beim Hund schon AP > 20000U/L rein bedingt durch einen Hyperadrenokortizismus ohne primäre Lebererkrankung gesehen. Steroidinduziertes AP kann zwar mit verschiedenen Methoden gemessen und somit vom „Gesamt-AP“ subtrahiert werden, um „nur“ die Leber-AP zu eruieren; diese Tests haben sich jedoch als zu wenig akkurat herausgestellt und sollten nicht benutzt werden. In einigen Fällen kommt es trotz Regeneration der Leber nicht zum erwarteten Absinken der „Leberenzyme“. Diese hoch-molekulären Enzyme sind beim Menschen bedingt durch eine Bindung der Enzyme (ALT, AST, AP, γ- GT) an Immunoglobuline oder nichtImmunoglobulinähnliche Proteine und demzufolge kommt es zu einer verminderten Clearence. Ähnliche Phänomene sind z.Z. beim Tier nicht bekannt, können jedoch vermutet werden. Einfache Leberfunktionstests Albumin Albumin wird ausschließlich von der Leber produziert, wenn genügend Aminosäuren in der Nahrung vorhanden sind. Hund und Katze haben an und für sich eine sehr große Reservekapazität für die Albuminproduktion, somit ist eine verminderte Albuminkonzentration ein sehr sensitiver Lebermarker. Andere Ursachen einer verminderten Albuminkonzentration sind jedoch auszuschließen, so eine Proteinverlustnephropathie und eine Proteinverlustenteropathie. Albumin ist auch ein negatives Akute-Phasen-Protein und wird bei einer Entzündung vermindert produziert. Glucose Die Leber ist hauptbeteiligt um dem Glucosespiegel im Blut im Normbereich zu halten, bedingt durch die Glycogenolyse, die Gluconeogenese und viele weitere Mechanismen. Bei einer fulminanten Leberinsuffizienz kann es somit auch zu einer Hypoglykämie kommen. Glukose ist jedoch recht insensitiv als Leberfunktionstest, da andere Ursachen einer Hypoglykämie häufiger sind, wie Insulinom, Sepsis, Zwerghund oder Insulin-Überdosierung bei Diabetes mellitus. Bei der Katze mit portosystemischem Shunt ist eine milde Hypoglykämie jedoch nicht selten zu sehen. Harnstoff Der intrahepatisch gelegene Harnstoffzyklus ist der Hauptmechanismus wie intestinal-aufgenommenes Ammoniak in Harnstoff umgewandelt wird. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 7 Bei einer Leberinsuffizienz, v.a. aber bei einem portosystemischen Shunt wird dieser Umbau nicht mehr adäquat durchgeführt und ein erniedrigter Harnstoff im Serum wird gefunden. Während nur wenige andere Ursachen für erniedrigten Harnstoff vorkommen (proteinarme Fütterung) kann durch die oft gleichzeitig vorhandene leichte Azotämie dieses Merkmal überdeckt sein (und Harnstoff ist im Normbereich). (van-den Berg Reaktion) hilft beim Kleintier nicht zur Unterscheidung in prähepatische oder hepatische Hyperbilirubinämie (oder Ikterus). Bei einer Hyperbilirubinämie sollten erst eine Hämatokritbestimmung sowie eine Blutausstichuntersuchung erfolgen – falls keine oder nur eine geringe Anämie vorliegt ist die Hyperbilirubinämie fast sicher hepatobiliär im Ursprung. Cholesterin Die Leber erhält via Portalkreislauf alles Blut aus dem Darmtrakt und somit auch die aufgenommenen Futterbestandteile. Weiter wird auch die Lymphe primär in die Leber geleitet. Hier kommt es nun zur Produktion verschiedener Fette aus langund kurzkettigen Fettsäuren und aus Triglizeriden. Eine Hepatopathie kann nun zu einer verminderten Cholesterinproduktion führen. Interessanterweise kommt es bei massiver Cholestase teilweise auch zu einer Hypercholesterinämie – somit ist Cholesterin als „Leberfunktionstest“ kaum geeignet. Dynamische Leberfunktionstests Gallensäuren In der Leber gebildete Gallensäuren (konjugiert und unkonjugiert) werden via Gallenkanälchen in die Gallenblase transportiert. Bei Futteraufnahme (insbesondere fettreich) kommt es reflektorisch zu einer Ausschüttung verschiedenster Hormone, u.a. Cholezytokinin und Sekretin und damit zu einer Kontraktion der Gallenblasenwand. Gallensäuren werden in den Darm befördert und sind nun an der Fettverdauung beteiligt. Während die freien Fettsäuren und Triglizeride auf der gesamten Länge des Dünndarmes resorbiert werden können, ist eine Resorption von Gallensäuren nur im Ileum möglich. Gallensäuren werden nun via Portalkreislauf in die Leber transportiert, herausgefiltert („Recycling“) und erneut in den Dünndarm transportiert, um bei der Fettverdauung weiter zu helfen – der enterohepatische Kreislauf. Gallensäuren sind für die Diagnose einer Hepatopathie sehr sensitiv und es kommt zu einer Erhöhung von basalen Gallensäuren bevor eine Hyperbilirubinämie entsteht. Somit ist die Messung von Gallensäuren beim ikterischen Patienten nicht indiziert. Der enterohepatische Kreislauf kann ausgelöst werden, indem dem Tier Futter angeboten wird und Gallensäuren 2 Stunden nach der Fütterung (normales Futter, ca 1/3 der Tagesration) gemessen werden. Dies führt beim normalen Tier nur zu einem minimal erhöhten Resultat im Vergleich zur gefasteten Gallensäuremessung. Bilirubin Bilirubin ist hauptsächlich das Abbauprodukt alternder Erythrozyten, welche durch das Makrophagensystem in Leber und Milz aus der Zirkulation entfernt werden. An Albumin-gekoppeltes Bilirubin wird in die Hepatozyten aufgenommen und hier konjugiert, um Bilirubin wasserlöslich zu machen. Als nächstes wird konjugiertes Bilirubin in die Gallekanälchen ausgeschieden, wobei dieser Schritt bei Hund und Katze der „rate-limiting Stepp“ bei der Bilirubinausscheidung ist. Im Darm wird Bilirubin erst in Urobilinogen umgewandelt und entweder erneut absorbiert und dann via Niere (oder Leber) ausgeschieden oder durch Darmbakterien in Stercobilin umgewandelt und bildet hier den braunen Farbstoff des Kots. Die Bestimmung von konjugiertem (direktem) und unkonjugiertem (indirektem) Bilirubin 8 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Bei einer Hepatopathie, insbesondere aber beim portosystemischen Shunt sind postprandiale Gallensäuren massiv erhöht. Eine Gallenblasenkontraktion kann auch durch synthetisches Cholezystokinin (Takus) simuliert werden und Gallensäuren werden 20 und 40 Minuten nach intravenöser Injektion gemessen. Gallensäuren sind sehr stabil und können problemlos in ein Labor verschickt werden. Wie die Leberenzyme ist aber ein erhöhter Gallensäurespiegel nicht spezifisch da praktisch alle Hepatopathien dazu führen. Auch können sekundäre Leberprobleme (Hyperadrenokortizismus) und chronische Enteropathien zu mittelgradiger Erhöhung von Gallensäuren führen. Ammoniak Wie bereits erwähnt ist die Leber für die Metabolisierung von aus dem Darmtrakt aufgenommenem Ammoniak zu Harnstoff verantwortlich. Eine Hepatopathie kann demzufolge zu einer Erhöhung von Ammoniak führen. Ammoniak wird auch als Substanz angesehen, welche für die Auslösung einer Hepatoenzephalopathie mitverantwortlich ist. Es hat sich aber gezeigt, dass es keine Korrelation zwischen Ammoniak und dem Schweregrad der Symptome gibt, d.h. auch bei normalem Ammoniak können Tiere massive Symptome zeigen oder bei sehr hohem Ammoniak kann das Tier praktisch symptomfrei sein. Ammoniak ist eine sehr labile Substanz und muss innert Minuten gemessen werden. In der Praxis kann entweder ein dafür geeigneter „Ammoniak-Checker“ verwendet werden, doch sind diese Resultate nicht immer akkurat und geben mehr einen Trend. Andererseits kann Serum auf Eis gelagert ins nächste Labor transportiert werden (u.a. auch Humanspital) und die Werte sind aussagekräftig. Bei normalem basalen Ammoniak kann ein Ammoniak-Stimulationstest durchgeführt werden. Ammoniumchlorid wird oral oder rektal verabreicht und 30 bis 60 Minuten später wird Ammoniak im Serum gemessen. Bei Tieren mit latenter Hepatoenzephalopathie kann dies jedoch zu einer fulminanten Krise führen und der Test sollte nur bei klarer Indikation durchgeführt werden. Gerinnungstests Die Leber produziert mit Ausnahme von Faktor VIII alle Gerinnungsfaktoren. Bei einer Leberinsuffizienz kann es somit (auch durch verminderte Vit-K Aufnahme) zu einer Gerinnungstendenz kommen, die klinisch oft nicht manifest ist. Vor der Durchführung einer Leberbiopsie sind Gerinnungstests obligatorisch, aber diese Tests können teilweise auch als Leberfunktionstests eingesetzt werden. Referenzen können angefordert werden. beim Autor 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 9 Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber I. Ultraschall der Leber bei Hund und Katze Martin Gerwing, PD Dr. med. vet., Dipl. ECVDI, Martin Kramer, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVDI, Ursula Michele, PD Dr. med. vet. Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 108 35392 Giessen Indikationen für die Lebersonographie sind unklare palpatorische oder radiologische Befunde im Bereich des kranialen Abdomens, Ikterus, Laborwertveränderungen, Traumen, Verdacht auf Zwerchfellruptur, Hernia diaphragmatica oder Hernia peritoneopericardialis, Verdacht auf portosystemischen Shunt oder beim Abdominalscreening. Wegen der kranialen Lage der Leber, meist vollständig im Rippengestützen Bauchraum, sind nur Konvex-, Mikrokonvex- oder Sektorschallköpfe mit einer Frequenz von 5 MHz geeignet. Bei sehr kleinen Hunderassen (z.B. Yorkshire) und bei Katzen sind 7,5 MHz empfehlenswert. Die Tiere befinden sich bei der Ultraschalluntersuchung der Leber in Rückenoder Seitenlage. Die Auflagefläche des Schallkopfes liegt kaudal des Rippenbogens bzw. Xiphoids und/oder interkostal. Die Schallrichtung erfolgt gekippt von kaudal nach kranial. Die Bestimmung der exakten Lebergröße ist sonographisch nicht möglich. Das reflexreiche Kapselecho wird nur bei orthogradem Anschallwinkel sichtbar. Nach kranial wird das Organ vom hyperechogenen Streifen des Diaphragmas und nach kaudal vom Magen begrenzt. Die normale Leberoberfläche stellt sich sonographisch glatt und regelmäßig, das physiologische Binnenstrukturmuster homogen, echoärmer als das Milzgewebe und diffus von Gefäßen durchsetzt dar. Die 10 Gefäße des Pfortadersystems unterscheiden sich sonographisch von denen der Vena cava caudalis durch ihre reflexreiche Wand (sog. Uferbefestigung). Arterien und Gallengänge sind normalerweise nicht sichtbar. Man unterscheidet diffuse von fokalen Leberveränderungen. Diffuse Binnenstruktur-veränderungen können sonographisch nicht immer sicher erkannt werden, und sind meist einer bestimmten Erkrankung nur mittels Biopsie zuzuordnen (Tumorose, Zirrhose, Degeneration, Hepatitis, chronische Leberstauung). Lebertumoren können diffus oder fokal auftreten. Fokale Lebertumoren sind im Reflexmuster sehr vielgestaltig. Sie sind meist runde Gebilde verschiedener Größe, können über die Leberoberfläche hinausgehen, sind homogen bis hochgradig inhomogen und praktisch echolos bis echoreich. Auch ein nebeneinander all dieser Echomuster kommt vor. Die sonographische Diagnose des Tumortyps ist nicht möglich. Die Differenzierung von anderen herdförmigen Veränderungen (z.B. Abszeß, Hämatom oder Zyste) ist sonographisch alleine häufig nicht möglich. Zysten im Leberparenchym sind bei Hunden sehr selten und solitär, während sie bei Katzen, hier vor allem Perser beim sogenannten polyzystischen Syndrom 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier (betroffen sind Nieren und Leber), relativ häufig und im gesamten Parenchym ist unregelmäßig begrenzt. Aszites liegt häufig zusätzlich vor. vorkommen können. Sie sind variabel in der Größe, rundlich bis ovoid, echolos im Lumen und besitzen eine mehr oder weniger deutliche Wandung. Auch bei den verschiedenen Formen der Hepatitis besitzt das Leberparenchym ein inhomogenes, reflexarmes bis reflexreiches Aussehen. Nach Traumen oder Punktionen können Leberhämatome entstehen. Sie sind sonographisch sicher ab einer Größe von 2-3mm sichtbar. Das Aussehen dieser Gebilde schwankt in Abhängigkeit von Größe, Lokalisation und Alter erheblich. Die Form ist rundlich bis unregelmäßig begrenzt. Das zunächst homogene, echoarme bis echolose Lumen wird mit einsetzender Koagulation und Organisation immer inhomogener und echogener. Später ist kaum noch Flüssigkeit nachweisbar. Das ältere Hämatom ähnelt immer mehr einem Tumor. Akute Leberrisse können üblicherweise sonographisch nicht direkt nachgewiesen werden. Die Fettleber ist noch am sichersten von allen diffusen Parenchymveränderungen der Leber mittels Ultraschall zu diagnostizieren. Ihre Binnenstruktur sollte mit der der Milz verglichen werden. Die Leber zeigt eine sogenannte „milzige Struktur“. Sie erscheint homogen echogen. Es sind nur noch die großen Gefäße sichtbar. Die Leber ist deutlich vergrößert und ragt aus dem Thorax-gestützten Bauchraum heraus. Die Leberränder sind deutlich abgerundet. Leberabszeße besitzen ein ähnliches Ultraschallbild wie Zysten oder Hämatome. Sie stellen sich als unregelmäßig begrenzte bis rundliche Areale dar. Das Zentrum ist reflexlos bis reflexarm mit mehr oder weniger korpuskulären Bestandteilen. Die Abszeßkapsel kann als echogene Wand sichtbar sein. Als Zeichen für Flüssigkeit tritt das Artefakt distale Schallverstärkung auf. Leberverkalkungen stellen sich bei Hunden als unterschiedlich große, sehr reflexreiche Gebilde mit deutlichem Schallschatten dar. Das übrige Leberparenchym erscheint unverändert. Es sind Zufallsbefunde die ggf. Metaplasien durch früheren Askaridenbefall darstellen. Die Leberzirrhose ist sonographisch gekennzeichnet durch eine fibrotisch bedingte Erhöhung der Grundreflexdichte. Das Echomuster ist mittel- bis hochgradig inhomogen, und die Oberfläche der Leber Die akute Leberstauung zeigt sich in einer echoärmeren Grundstruktur des Gewebes mit Abrundung der Ränder. Die Lebervenen stellen sich vergrößert dar, und imponieren im Leberparenchym deutlich. Diese Veränderungen werden bei der chronischen Stauung charakteristischer. Die Binnenstruktur wird inhomoger mit Reflexverdichtung. Dies wird durch fibrotische Umbauvorgänge verursacht. Die Wandung des intrahepatischen Pfortadersystems nimmt an Dicke zu und erscheint unregelmäßiger begrenzt. Ein Aszites erleichtert häufig die Diagnose. Beim portosystemischen Shunt ist die Leber extrem klein und besitzt eine „milzige Struktur“. Meist sind keine Gefäße nachweisbar. Der intrahepatische Shunt ist relativ einfach sonographisch sichtbar. Man erkennt das Shuntgefäß als häufig kommaförmiges, echoloses Gebilde im echogenen Leberparenchym. Extrahepatische Shunts sind schwierig mittels Ultraschall zu diagnostizieren. Die Erfahrung des Untersuchers spielt eine große Rolle. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 11 Die Darstellung der Leber bei Lageveränderungen, z. B. beim Zwerchfellriß, gestaltet sich am einfachsten bei interkostaler Ankopplung des Scanners. Das Organ wird dann neben dem schlagenden Herzen lokalisiert. Die Rupturstelle wird im Normalfall nicht gesehen. Das Spiegelartefakt der Leber muß bei abdominaler Ankopplung beachtet werden. Die Indikationen und die Durchführung der Sonographie der Gallenblase entsprechen denen der Leber. Sie stellt sich länglich bis oval, echolos mit reflexreicher, dünner Wand dar. Eingedickte Galle (Schlick, Sludge) erscheint echoarm bis mit mittlerem Echomuster und liegt immer an der tiefsten Stelle. Die Größe des Organs schwankt nahrungsabhängig. Die normalen Gallengänge sind nicht sichtbar. Gallensteine sind sonographisch immer sichtbar. Je nach Kalzifizierung und Größe besitzen sie einen Schallschatten. Sogenannte Inspissationskonkremente besitzen keinen Schallschatten. Gallenblasenwandödeme, bzw. entzündungen erscheinen sonographisch mit Verdickung der reflexreichen Wand und einer unruhigen Struktur der inneren Wandbegrenzung. Eine echolose Bande schließt sich nach außen an (Wandödem). Die Flüssigkeit im Lumen ist mit korpuskulären Bestandteilen durchsetzt. Bei Katzen sind die Gallengänge bei entzündlichen Prozessen (CholangitisCholangiohepatitis-Komplex) meist gestaut (traubenartige Strukturen, durch den torquierten Verlauf der Gallengänge). Gallenblasentumoren liegen wandständig, besitzen verschiedene Formen, sind homogen bis inhomogen, reflexarm bis reflexreich. Gallenblasenkarzinome können meist von Lebertumoren sonographisch nicht unterschieden werden. 12 Gallenblasenrupturen lassen sich normalerweise nicht direkt nachweisen. Das Fehlen der Blase kann allerdings als Hinweis gewertet werden. Die Punktion und Biopsie der Leber ist zur vollständigen Diagnostik häufig notwendig. Indikationen bestehen bei Hepatopathien oder Hepatomegalien, bei unklaren Gebilden in der Leber oder bei therapeutischen Maßnahmen (z.B. Aspiration von Abszessen). Die ultraschallgezielte Punktion/Biopsie mittels einer Biopsiehilfe, die fest am Schallkopf adaptiert wird, ist in der Veterinärmedizin die Methode der Wahl. Spezielle Nadeltypen finden Verwendung (z.B. Chiba- oder Tru-cut- Nadeln). Durch die ständige Sichtkontrolle können Herde von wenigen Millimetern Durchmesser exakt getroffen werden. Zur Vermeidung von Risiken muß der Gerinnungsstatus und das Allgemeinbefinden des Patienten vor diesem invasiven Verfahren überprüft werden. Das Tier sollte, um Abwehrbewegungen zu vermeiden, zumindest sediert werden. Der Patient wird wie für eine Operation vorbereitet. Die Punktion/Biopsie der Leber erfolgt meist von links, paramedian. Die Punktionsrichtung erfolgt von kaudoventral nach kranio-dorsal. Größere Lebergefäße und die Gallenblase dürfen nicht angestochen werden. Das Anritzen der Organkapsel kann durch rasches Vorführen der Nadel in das Leberparenchym, möglichst in der Atempause, vermieden werden. Gefahren bei unsachgemäßer Durchführung der Punktion/Biopsie sind: Größere Blutungen, Peritonitis (gallig, eitrig), Tumorverschleppung, Pneumothorax oder arterio-venöse Fisteln. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Die Gewinnung von aussagekräftigem Material ist die Voraussetzung für die Auswertung durch eine histologische, zytologische oder bakteriologische Untersuchung. Die entscheidenden Faktoren für den erfolgreichen Eingriff sind die richtige Indikationstellung, die ausreichende Erfahrung des Untersuchers mit der Sonographie, den notwendigen Instrumentarien und deren Umgang. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 13 Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber II. Angiographie der Pfortader Matthias Schneider, PD Dr. med.vet., Dipl. ECVIM-CA (Cardiology) Madeleine Plassmann Stefanie Scheid Stephan Bayer Andreas Stosic Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 126 35392 Giessen 1. Indikation Die häufigste Indikation zur Durchführung einer Angiographie der Pfortader (Portographie) ist die morphologische Darstellung von angeborenen portosystemischen Shunt-Verbindungen. Sehr viel seltener wird sie zum Nachweis einer portalen Hypertension in Folge schwerer Lebererkrankung (Zirrhose) oder Pfortader-Thrombose durchgeführt. Neben der Angiographie kann mit dem Katheter auch der Pfortaderdruck gemessen werden. 2. Methoden Folgende Aufzählung zeigt einige Methoden zur Durchführung einer Portographie: offene Portographie (MesenterialvenenPortographie und Milzvenen-Portographie) transkutane Portographie (SplenoPortographie und transhepatische Portographie) retrograde Portographie transkutane Portographie nach Zugang über die Milzvene Bei der offenen Portographie wird nach einem kleinen Laparatomieschnitt ein Venenverweilkatheter (20 bis 22 G) in eine 14 Mesenterialvene oder aber durch das Milzgewebe in eine Milzvene eingebracht. Nachteil bei dieser Methode ist der geringe Durchmesser des Katheters, und damit eine niedrige Flußrate für das Kontrastmittel sowie eine schlechte Druckmessung. Die transhepatische Portographie kann bei Patienten mit einem portosystemischen Shunt nicht durchgeführt werden, da die intrahepatischen Pfortaderäste hypoplastisch sind. Bei der transkutanen Spleno-Portographie wird das Kontrastmittel direkt in das Milzgewebe injiziert. Aufgrund der guten Durchblutung der Milz fließt dieses rasch über die Milzvene in die Pfortader. Bei kleinen Patienten (bis etwa 5 kg) bietet diese Methode ein gutes diagnostisches Hilfsmittel. Bei größeren Patienten ist jedoch in der Regel die Kontrastmitteldichte in der Pfortader zu gering. Bei der retrograden Portographie wird ein Katheter (4-5 French) von der Vena cava caudalis ausgehend durch den Shunt bis in die Pfortader vorgeschoben. Diese Methode setzt die exakte Kenntnis der Lage der Shunt-Mündung in die Vena cava 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier aus einer vorher durchgeführten Ultraschalluntersuchung voraus. Besteht kein Shunt oder aber die ShuntMündung ist im Ultraschall nicht einsehbar, so kann eine transkutane Portographie mit Zugang über die Milzvenen erfolgen. Dabei wird unter Ultraschallkontrolle eine Milzvene innerhalb des Milzparenchyms punktiert. Nach Legen eines Führungsdrahtes wird ein Katheter (3-5 French) bis in die Pfortader vorgeschoben. Sowohl bei der retrograden Portographie als auch bei der transkutanen Portographie über die Milzvene kann aufgrund des großen Katheterdurchmessers eine hohe Kontrastmittelflußrate erzielt und der Pfortaderdruck exakt bestimmt werden. 3. Durchführung und Auswertung In Vollnarkose wird der Patient in Rückenlage auf dem Untersuchungstisch fixiert. Nach Positionierung des Katheters in der Pfortader (retrograd oder transkutan über die Milzvene) erfolgt die Injektion eines jodhaltigen Kontrastmittels (0,5 bis 1,0 ml/kg). Die Aufzeichnung der Angiographie sollte in beiden Ebenen erfolgen. Neben der Shunt-Morphologie und dem Shunt-Durchmesser wird der Entwicklungsgrad der intrahepatischen Pfortadergefäße beurteilt. Bei den intrahepatischen Shunts wird in links-, rechts- und zentralmündende Shunts unterschieden. Die Mehrzahl der intrahepatischen Shunts mündet nicht direkt in die Vena cava caudalis, sondern in eine Lebervene. Die meisten kongenitalen extrahepatischen Shunts münden knapp kaudal der Leber in die Vena cava caudalis ausgehend von der Milz/Magenvene. Seltener sind Shunts zur Vena azygos oder zur Vena diaphragmatica. Bei einer portalen Hypertension lassen sich multiple erworbene extrahepatische Shunts zur Vena cava caudalis meist auf Höhe der Nieren nachweisen. Im Anschluß an die Portographie wird der Druck in der Pfortader und in der Vena cava gemessen. Die physiologische Differenz beträgt ca. 3-5 cm H2O. Bei einem kongenitalen Shunt besteht keine oder nur eine geringe und bei einer portalen Hypertension eine erhöhte Druckdifferenz. 4. Nachsorge Nach einer perkutanen Portographie über die Milzvene wird ein Verband für ca. 12 Stunden angelegt. Auch wenn Komplikationen wie eine abdominelle Blutung, ein Milzhämatom bzw. eine Milzvenen-Thrombose äußerst selten sind, sollte zu diesem Zeitpunkt dennoch eine Ultraschallkontrolle erfolgen. 5. Literatur Schmidt, S.; Suter, P. (1980): Angiography of the hepatic and portal venous system in the dog and cat: an investigative method. Veterinary Radiology, 21: 57-77. Meyer, H.P.; Rothuizen, J.; Van Den Brom, W.E.; Voorhout, G.; Van Sluijs F.J. (1994): Quantitation of portosystemic shunting in dogs by ultrasound-guided injection of 99MTc-macroaggregates into a splenic vein. Res Vet Sci, 57:58-62. Herrgesell, E.J.; Hornof, W.J.; Koblik, P.D. (1999): Percutaneous ultrsoundguided trans-splenic catheterization of portal vein in the dog. Veterinary Radiology and Ultrasound, 40: 509-512. M. Schneider, M. Plassmann, S. Geimer (2002): Klinische Anwendung der perkutanen Katheterisierung der Pfortader. 11. Jahrestagung der Fachgruppe “Innere Medizin und Klinische Laboratoriumsdiagnostik” der DVG, 13.16.2.2002, München 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 15 Zytologie der Leber - Indikation und Interpretation Andreas Moritz, HDoz. Dr. med. vet., Diplomate ECVIM-CA Natali Bauer, Dr. vet. med., Dipl. ECVCP Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Klinische Laboratoriumsdiagnostik) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 126 35392 Gießen Die klinische Untersuchung, labordiagnostische Parameter und bildgebende Verfahren sind etablierte Techniken zur Aufarbeitung von Patienten mit Lebererkrankungen. Dennoch führen sie in einer Vielzahl der Fälle nicht zu einer definitiven Diagnose, wobei die morphologische Untersuchung von Lebergewebe hierfür ein allgemein akzeptiertes diagnostisches Verfahren darstellt. Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, Lebergewebeproben für eine zytologische oder pathologisch-histologische Untersuchung zu gewinnen: • Feinnadelaspiration, -biopsie • Abklatschpräparate • Zylindernadelbiopsie • Inzisionsbiopsie • Exzisionsbiopsie Bei jedem einzelnen Patienten muss die Entscheidung, welches Verfahren nun ausgewählt wird, anhand des Gesamtzustandes des Patienten, der begleitenden Symptome mit der zu erwartenden Erkrankung und somit unter Berücksichtigung des Nutzen-RisikoVerhältnisses separat getroffen werden. Chirurgisch entnommene Bioptate sowie Zylinderbioptate erfordern eine Narkose und haben ein deutlich erhöhtes Blutungsrisiko. Aus diesem Grund sind die Narkosefähigkeit und der Gerinnungsstatus des Tieres von essentieller Bedeutung. Feinnadelaspirationen und –bioptate erfordern üblicherweise keine Sedation 16 oder Narkose und sind seltener mit einem Blutungsrisiko verbunden. Erkrankungen wie ein malignes Lymphom, die hepatische Lipidose und eine suppurative Hepatitis sind einfach zytologisch zu diagnostizieren, während hepatozelluläre Tumoren, hyperplastische Knoten (Regeneratknoten), Fibrose/Zirrhose und chronische Entzündungen zytologisch schwierig zu erfassen sind. Daher wird auch der relative diagnostische Nutzen einer zytologischen gegenüber pathologisch-histologischen Untersuchung kontrovers diskutiert. Das zu einer Feinnadelaspiration erforderliche Zubehör sowie die Durchführung der Punktion sind in den nachfolgenden Abbildungen schematisch dargestellt. Abbildung 1: Feinnadelaspiration: Zubehör • 5ml-Spritze • Kanülen - z.B. Spinalkanülen mit Mandrin - Ø22 gauge - Länge: abhängig von Größe Mix”Flippi” 18.3.02 des Patienten (2,5 bis 8,0 cm) • Bleistift • Objektträger mit Mattrand Für Leberzytologie erforderliches Zubehör 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Abbildung 2: Feinnadelaspiration: Blindpunktion Abbildung 4: Feinnadelaspiration: Punktionstechnik • Einstichwinkel: • Punktion - Hund: 30-45° nach cranial - linksseitig - Ktz: - stehend / senkrecht • Punktionstechnik rechte Seitenlage 1) Aspiration • Einstichstelle Æcave: Blutkontamination - Feststellung craniale Lebergrenze 2) ohne Aspiration Einstich: nächster caudaler Intercostalraum nach Übergang tympanischer Schall zu dumpfem Schall - 8-10x schnelles Vor- und Zurückbewegen der Nadel „ausstanzen“ ÆVorteil: weniger Blutkontamination Leber-Blindpunktion Für Leber-Blindpunktionen ist keine spezielle Ausstattung erforderlich, der Nachteil besteht aber darin, dass keine gezielte Punktion herdförmiger Veränderungen und kein Erkennen etwaiger Komplikationen (Blutungen / Gallenblasenpunktion) möglich sind. Daher sollte die ultraschall-gezielte Punktion bevorzugt werden. Abbildung 3: Feinnadelaspiration: Ultraschallkontrolle • Punktion - Rückenlage - Kopf ggr. nach dorsal ÆLeber fällt nach caudal • Einstichstelle - Feststellung cranialer Lebergrenze Einstich: zwischen linkem Rippenbogen und processus xiphoideus (cave Gallenblase) Ultraschallgezielte Lagerung und Einstichstelle Ultraschallgezielte Leberpunktion: Punktionstechnik Mittels zytologischer Untersuchung zu erhebende Befunde und deren Häufigkeit sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Häufigkeit von Diagnosen anhand sieben diagnostischer Kategorien von kaninen und felinen Leberzytologien Zytologische Veränderung Hund Normales Zellbild 9%10% Entzündung 22%— 56% Maligne Tumoren 19%— 23% Extramedulläre 5%— Hämatopoese 6% Metabolische/degenerative 16%— Erkrankung 32% Pigment Abnormalitäten 7% Nicht-diagnostische 4 %— Präparate 5% Katze 1% 12% 16%— 49% 12%— 21% 5% 28%— 43% 5% 2%— 23% Leberpunktion: Feststellung der 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 17 Zusammenfassung: Leberzytologien sind einfach durchzuführen, risikoarm und daher gut als Screeningmethode einsetzbar. Bei unspezifischen Befunden wie Steroidhepatopathie, Cholestase, extramedullärer Hämatopoese oder bei Verdacht auf Leberzirrhose, -fibrose sowie chronischer Hepatitis ist eine Leberbiopsie indiziert. Literatur: Weiss, DJ, Moritz, A. Liver cytology, Vet Small Anim 32 (2002) 1267-1291 18 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Leberbiopsien – was sagen sie uns? Eberhard Burkhardt, Prof. Dr. vet. med. Institut für Veterinär-Pathologie Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 96 35392 Giessen Nina Thom Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 126 365392 Giessen Die erste Frage, die sich der Pathologe bei der Untersuchung einer Leberbiopsie stellen wird, ist diejenige, ob es sich bei dem zu beurteilenden Bioptat um normales oder verändertes Lebergewebe handelt. Hierbei muss auch die Leberarchitektur beurteilt werden. Dafür ist es sehr hilfreich, wenn in dem Bioptat mindestens ein Portalfeld mit dem Trias Lebervene, arterie und Gallengang sowie eine Zentralvene vorhanden sind. Werden Veränderungen des Gewebes erkannt, so werden diese nach den Kriterien der Allgemeinen und Speziellen Pathologie klassifiziert. Im Folgenden kann aus Zeitgründen jedoch nur auf die in Leberbiopsien häufigsten Veränderungen eingegangen werden. Stoffwechselstörungen (Hepatosen): Hier spielt die Verfettung eine große Rolle, die als herdförmige oder diffuse Verfettung von Hepatozyten auftreten kann. Letztere äußert sich makroskopisch oft in einer Schwellung und einer diffusen Gelbfärbung der gesamten Leber. Histologisch erweisen sich die Fettablagerungen in den Hepatozyten im HE-gefärbten Paraffinschnitt als kleine oder größere, manchmal das gesamte Zytoplasma ausfüllende, scharf begrenzteVakuolen, wodurch der erfahrene Pathologe die richtige Diagnose stellen kann. Im Zweifelsfall kann ein histochemischer Fettnachweis durch eine Fettfärbung am Gefrierschnitt durchgeführt werden. Ursächlich kommen die nutritive, die metabolische, die toxische und seltener die hypoxische und SubstratmangelVerfettung in Frage. Differentialdiagnostisch muss die Glykogenspeicherung in den Hepatozyten berücksichtigt werden, die sich durch eine wolkige (sogenannte „hydropische“) Beschaffenheit der Hepatozyten auszeichnet. Hierbei kommt es aber nicht zu den scharf begrenzten, runden Vakuolen im Zytoplasma der Leberzellen wie bei der Verfettung. Der Glykogengehalt lässt sich im Paraffinschnitt durch die PAS-Färbung gut demonstrieren. Ursächlich kommen häufig Glukokortikoid-induzierte, verstärkte Glykogenspeicherungen zu Stande, wobei insbesondere der iatrogenen Glukokortikoidgabe eine große Bedeutung zukommt. Pigmentstoffwechselstörungen: Hämosiderinablagerungen entstehen vor allem aus vermehrtem Anfall von Hämogloglobin (Hämolyse!) und sind überwiegend in den Kupffer-Zellen, aber auch in Hepatozyten in Form von feinoder grobscholligen, goldbraunen Pigmentkörnchen erkennbar. Zum direkten Nachweis kann eine Spezialfärbung mit Berliner Blau eingesetzt werden. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 19 Damit kann die Hämosiderinablagerung auch differentialdiagnostisch von den Gallepigmentablagerungen sicher abgegrenzt werden. Letztere ist als mehr grüngelbe, tröpfchenförmige Ablagerung in Hepatozyten, Kupffer-Zellen und auch in den Gallekapillaren als sogenannte Gallekapillarthrombenbildung zu beobachten. Die Gallepigmentablagerungen können bedingt sein durch vermehrte Produktion von Bilirubin I (hämolytischer Ikterus), durch Störung der Aufnahme in die Leberzelle oder der Glukoronidierung (hepatotoxischer Ikterus) oder durch gestörte Exkretion von Bilirubin II oder gestörten Abtransport durch das Gallengangsystem (Stauungsikterus). Makroskopisch kann in höheren Graden die Leber diffus braungrün verfärbt sein (Leberikterus). Ist zusätzlich noch eine hochgradige Fettleber vorhanden, so spricht man von der Safranleber. Die Entzündung der Leber (Hepatitis) wird vorwiegend eingeteilt nach der Entzündungsqualität und dem zeitlichen Verlauf. Die akute Hepatitis ist histologisch gekennzeichnet durch gemischtzellige Infiltrate in Form von neutrophilen Granulozyten, Makrophagen und wenigen Lymphozyten. Öfter können auch Nekrosen, meist in Form von Einzelzelloder Gruppennekrosen beobachtet werden. Bei der chronischen Hepatitis dominieren hingegen Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen. Wurde durch die Noxe oder durch die Entzündung Lebergewebe zerstört, kann man auch hier noch Nekrosen finden (chronisch lobuläre Hepatitis), öfter kann aber auch eine Fibrose als Ausdruck der Reparation mit vorhanden sein. Bei der chronischen aktiven Hepatitis sind histologisch sowohl die Komponenten der akuten als auch der chronischen Entzündung zu erkennen. Diese Form der Leberentzündung entsteht dann, wenn der Entzündungsprozess nicht ausheilt und 20 wieder aufflammt. Klinisch geht diese Form der Hepatitis immer mit einer längerfristigen und deutlichen Transaminaseerhöhung im Blut einher. Eine Besonderheit stellt die so genannte Begleithepatitis (unspezifisch-reaktive Hepatitis) dar. Sie ist histologisch gekennzeichnet durch eine meist dezente, manchmal auch deutliche entzündliche Infiltration der Periportalfelder und der Lebersinus vor allem durch Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen und meist auch einem wechselnden Anteil an neutrophilen Granulozyten und Mastzellen. Bei dieser Form der Leberentzündung ist die Leber nicht das primär geschädigte Organ, sondern sie reagiert im Verlaufe eines anderen entzündlichen Krankheitsprozesses (Darm, Pankreas, Uterus, Parasitosen) im betroffenen Individuum. Bei der Katze kommt noch als Besonderheit die Cholangiohepatitis vor, die bei Katzen mittleren Alters als eitrige (gemischtzellige periportale und Gallengangsinfiltration!) Cholangiohepatitis oft durch aufsteigende E. coli-Infektionen nach Entzündungen des Duodenums oder des Pankreas ausgelöst wird und mit Ikterus und Störungen des Allgemeinbefindens einhergeht. Im Gegensatz dazu sind die klinischen Erscheinungen bei alten Katzen mit lymphozytärer portaler Hepatitis eher gering. Die Einteilung der Hepatitis nach der Ätiologie in viral, bakteriell, mykotisch oder parasitär bedingt ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn in der Biopsie die Ursache der Entzündung erkennbar ist. So können Einschlusskörperchen einen konkreten Hinweis auf HCC (canines Adenovirus I) oder auf CHV (canines Herpesvirus) liefern. Auch bei Granulomen in der Leber von Katzen kann man durch eine immunhistologische Untersuchung häufig (nicht immer!) felines CoronavirusAntigen nachweisen und somit die FIP in der Biopsie diagnostizieren. Bakterienrasen, Pilze und Parasiten lassen 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier sich manchmal direkt im Gewebe erkennen und auch durch Spezialfärbungen darstellen. Da oft ein direkter mikrobiologischer Erregernachweis hilfreich ist, kann man nach Bioptatentnahme das gewonnene Gewebe für die histologische und die mikrobiologische Untersuchung aufteilen und getrennt versenden. Vor allem die chronischen Hepatitiden können in eine Leberzirrhose übergehen. Sie ist definiert als der Endzustand chronischer Lebererkrankungen, bei denen es parallel zu Zelluntergang (Degeneration), Proliferation funktionell minderwertiger Hepatozyten (Regeneration) in nicht mehr geordneten Leberläppchen und zum bindegewebigen Ersatz (Reparation) kommt. Meist ist auch eine entzündliche Reaktion vorhanden. Durch den Läppchenumbau und die Fibrose kommt es zur Hypoxie und zu Ernährungsstörung von Hepatozyten wegen der fehlenden Gefäßversorgung in vielen Gebieten, außerdem zur Cholestase, was beides wiederum die Schädigung von Lebergewebe zur Folge hat (Circulus Einmal in Gang gekommen, vitiosus). bleibt also selbst nach Abstellen der Noxe diese Lebererkrankung in einem dynamischen und sich selbst unterhaltenden, fortschreitenden Prozess bestehen und führt letztlich zum Tode. Als Ursache kommen all jene Noxen in Betracht, die bereits bei der Auslösung von Hepatosen und von Hepatitiden (chronische Formen!) angesprochen wurden. Entscheidend ist offenbar, dass die Noxe über längere Zeit und in niedriger Stärke oder Konzentration (toxische Substanzen!) einwirkt. Als Hauptfolgen der Leberzirrhose kann man zirkulatorische Störungen (portaler Hochdruck, Aszites), Ikterus und metabolische Störungen (mangelnde Entgiftungsfunktion, hepatonzephales Syndrom, mangelnde Albuminsynthese, mangelnde Produktion von Gerinnungsfaktoren mit tödlichem Verbluten) beobachten. Die makroskopische Einteilung erfolgt in mikronoduläre Zirrhose (seltener), bei der die Noxe mehr oder weniger gleichmäßig alle Läppchen schädigt. Hier findet man sehr kleine, bis zu 3 mm große Knötchen mit feinhöckriger Oberfläche (CuSpeicherkrankheit des BedlingtonTerriers). Häufiger ist jedoch die makronoduläre Leberzirrhose zu beobachten, die durch mehr oder weniger zahlreiche, oft sehr unterschiedlich große Knoten gekennzeichnet ist. Wenn wie bei der Leberzirrhose Knoten im Organ bemerkt werden, muss differentialdiagnostisch auch an Lebertumoren gedacht werden. Hierbei wird zwischen den primären und den sekundären Lebertumoren unterschieden. Unter den primären Lebertumoren sind epitheliale (häufiger!)von mesenchymalen (seltener) Lebertumoren abzugrenzen. Bei den primären epithelialen Lebertumoren sind die hepatozellulären Adenome zu erwähnen, die als gutartige Tumoren ausdifferenzierte Leberzellen ohne geordnete Läppchenarchitektur aufweisen und makroskopisch als meist einzeln, seltener in der Mehrzahl auftretende, gelbliche oder dunkelrote, weiche, exophytische Knoten zu erkennen sind. Differentialdiagnostisch sind sie von Regeneratknoten (knotigen Hyperplasien, proliferiertes Lebergewebe bei erhaltener Läppchenstruktur) und von hepatozellulären Karzinomen abzugrenzen. Letztere sind als maligne Tumoren häufig durch Zellatypien der Hepatozyten, Nekrosen, Blutungen und infiltratives Wachstum in das unveränderte umgebende Lebergewebe gekennzeichnet. Allerdings kann bei gut differenzierten hepatozellulären Karzinomen die Abgrenzung zu hepatolzellulären Adenomen schwierig sein. Schließlich können von den Gallengängen Gallengangsadenome (meist Zystadenome, nicht zu verwechseln mit Gallengangszysten!) und Gallengangskarzinome als primäre Lebertumoren ausgehen. Letztere kommen 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 21 vor allem bei alten Hunden und Katzen vor und treten makroskopisch oft als multiple, gelbweiße Knoten mit einem zentralen Krebsnabel in Erscheinung. Bei den sekundären Tumoren sind vor allem die hämolymphatischen Tumoren (lymphatische Leukose!) zu nennen, bei denen die Leber insbesondere bei Hund und Katze oft mit betroffen ist. Je nach Wuchsform sind makroskopisch entweder grauweiße, speckige Knoten oder eine diffuse Vergrößerung des Organs von hellbrauner Farbe zu erkennen. Histologisch sieht man eine monomorphe Infiltration oft mit lymphoiden Blasten im Falle der lymphatischen Leukose, die man auch in der Biopsie nach Inkubation mit spezifischen Antiseren in B- oder T-ZellLeukosen differenzieren kann. Von Metastasen in der Leber sind vor allem das Hämangiosarkom hervorzuheben, das beim Hund oft seinen Ausgang von der Milz nimmt, aber auch primär in der Leber entstehen kann und makroskopisch oft durch gekammerte, bluthaltige, dunkelrote und weiche Knoten gekennzeichnet ist. Für die exakte histologische Diagnose ist die Einsendung von Randbezirken aus dem Übergang zum unveränderten Organgewebe entscheidend, weil meist nur hier eindeutige Tumorzellinseln zu erkennen sind. 22 Wird hingegen Gewebe aus dem Tumorzentrum entnommen, so ist hier meist nur Blut oder nekrotisches Material vorhanden, so dass der Untersucher sehr leicht der Gefahr ausgesetzt wird, ein Hämatom zu diagnostizieren. Metastasen von Adenokarzinomen des exokrinen Pankreas metastasieren sehr frühzeitig in die regionären Lymphknoten und dann in die Leber. Häufig sind diese Karzinome so undifferenziert, dass eine histologische Charakterisierung ihrer Herkunft ohne die Kenntnis des genauen makroskopischen Befundes nicht mehr möglich ist. Fazit: Wie diese Ausführungen zeigen, kann angesichts der Vielfalt möglicher Leberveränderungen bei Hund und Katze die Untersuchung einer Leberbiopsie häufig wertvolle, manchmal auch die entscheidenden Hinweise für die richtige Diagnose geben, sie ist aber häufig nur in Kombination mit den Ergebnissen der klinischen Untersuchung und den Laborbefunden aussagekräftig. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Hepatische Enzephalopathie Dr.med.vet. Frank Steffen, Dipl.ECVN Neurologie/Neurochirurgie Departement für Kleintiere Vetsuisse Fakultät der Universität Zürich Winterthurerstr. 260 CH-8057 Zürich Unter dem hepatischer Enzephalopathie (HE) versteht man eine Reihe von neurologischen Symptomen, die mit einer diffusen, metabolischen Grosshirnläsion zu erklären und primär auf eine Leberinsuffizienz zurückzuführen sind. Die hepatische Dysfunktion bewirkt dabei, dass portales Blut unverändert in die systemische Zirkulation gelangt und so eine Reihe von biochemischen Veränderungen und endogene Intoxikationszeichen im Gehirn auslöst. Die Lebererkrankungen, die zu einer HE führen sind meistens kongenitale, portovaskuläre Missbildungen. Seltener werden erworbene Hepatopathien oder Defekte im Harnstoff-Zyklus als Ursachen für HE angetroffen. Die HE-Symptome bei Vorliegen einer „mikrovaskulären Dysplasie“ sind generell milder ausgeprägt als bei makroskopischen Shunts. Unabhängig von der zugrundeliegenden Lebererkrankung treten ähnliche Symptome einer HE auf. Im mildesten Falle zeigt sich die HE als auffällige Müdigkeit nach der Futteraufnahme und kann daher vom Besitzer übersehen werden. Deutlicher betroffene Tiere fallen auf durch Verhaltensveränderungen wie Unruhe, unmotivierte Lautäusserungen, Aggression und Starren an Wände auf. Schwere Fälle zeigen eine Ataxie, Kreislaufen, Drangwandern und in fortgeschrittenen Fällen werden zentrale Blindheit, Krampfanfälle, Stupor und Koma angetroffen. Bei Vorliegen eines portosystemischen Shunts sind HEZeichen bei 80% der Patienten vorhanden. Bei Katzen mit portokavalem Shunt und HE werden intermittierende klinische und neurologische Symptome angetroffen. Krampfanfälle (oft als einziges Symptom), Ataxie, Sehstörungen, Tremor und Zuckungen, dilatierte Pupillen oft begleitet von starkem Ptyalismus. Diarrhoe, Aszites und Polyurie/Polydipsie sind selten. Auffällig ist die kupfer- oder goldfarbige Iris bei vielen Katzen mit PSS. Die Pathogenese von HE ist komplex (mit anderen Worten: unklar), aber sicher multifaktoriellen Ursprungs. Die aktuellen Erklärungsversuche nennen folgende Punkte zur Pathogenese: a) neurotoxische Wirkung von Ammoniak (NH3) b) Gestörte, monoamine Neurotransmission (GABA) im Gefolge eines veränderten Aminosäuren-Metabolismus c) Ungleichgewicht zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Neurotransmittern (Glutamat, GABA) d) Erhöhte Konzentration einer endogenen, benzodiazepinähnlichen Substanz. Ammoniak ist das bestuntersuchte Toxin in der Pathogenese von HE. Es wird in den Astrozyten durch Glutaminsynthetase zu Glutamin metabolisiert. Eine erhöhte intrazelluläre Osmolalität durch eine zu rasche Glutaminakkumulation kann zur Entwicklung eines Gehirnödems führen. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 23 In experimentellen Studien von akutem Leberversagen wurden durch diesen Mechanismus eine zerebrale Hyperämie und ein erhöhter intrakranieller Druck ausgelöst. Glutamin, kurzkettige Fettsäuren, aromatische Aminosäuren und Merkaptane hemmen die Funktion der ATPase betriebenen Na/Ka-Pumpe, was die Bildung eines zytotoxischen Gehirnödems weiter begünstigt. Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter, scheint ebenfalls eine pathogenetische Schlüsselfunktion einzunehmen. GABA wird im Darm von Bakterien produziert und beim gesunden Tier in der Leber metabolisiert. Die bei einem PSS erhöhte GABA-Konzentration führt zu einer verstärkten Inhibition der Neurotransmission. An die GABARezeptoren neuronalen Zellmembran binden auch andere Stoffe wie z.B. endogene Benzodiazepine, was die Depression des ZNS weiter verstärken kann. Die histopathologische Befunde am ZNS bei HE bestehen aus folgenden Veränderungen: 1. diffuse Polymicrokavitationen im Myelin (Status spongiosus) verschiedener Gehirn- und Rückenmarksregionen aber in erster Linie des Grosshirns. Typischerweise finden sich die Veränderungen in den peripheren Nervenfasern der Corona radiata an der Grenze zur grauen Substanz. Diese Vakuolisation wird auf ein zytotoxisches Gehirnödem zurückgeführt und mit der Hyperammoniämie in Verbindung gebracht (die Vakuolisation ist regressiv, wenn die Blutkonzentration des Ammoniaks sich normalisiert). 2. Anwesenheit von Alzheimer Typ II – Astrozyten, v.a. im Bereich des Neokortex, der Basalganglien und des Hippocampus. Dieser pathologische Befund ist typisch, aber nicht spezifisch für das Vorliegen einer HE. 24 Die chemischen Blutveränderungen bei HE widerspiegeln in erster Linie die Leberinsuffizienz und damit verbundenen metabolischen Störungen. Akutes Leberversagen ist gekennzeichnet durch eine deutl. Erhöhung der ALT und des Bilirubins, wobei die AP variable Erhöhungen zeigt. Bei chronischem Leberversagen sind ALT und Bilirubin unterschiedlich hoch, währendem die AP eine deutliche Erhöhung anzeigt. Bei Vorliegen eines portokavalen Shunts sind die Leberenzyme normal oder nur geringgradig erhöht. Hypoproteinämie, Hypoalbuminämie, Hypoglykämie und Hypocholesterinämie sowie verlängerte Gerinnungszeiten werden bei vielen Tieren mit hepatischer Dysfunktion beobachtet, unabhängig von deren Ätiologie. Der Harnstoffgehalt ist in der Regel deutl. reduziert und der Ammoniakgehalt ist meist hoch (die Leber ist nicht in der Lage Ammoniak in Harnstoff zu metabolisieren). Durch den erhöhten Ammoniakgehalt im Blut kommt es zur Bildung von Ammonium-Biurat Kristallen im Urin bei den meisten Hunden. Als sensitivste diagnostische Hilfsmittel gelten Leberfunktionstests: die Gallensäurenkonzentrationen nach 12 stündigem Fasten und 2 Stunden nach Aufnahme von eiweisshaltigem Futter und der Ammoniumtoleranztest liefern in der Regel die zuverlässigsten Resultate. Hämatologische Abnormalitäten beim Hund beinhalten eine Mikrozytose der Erythrozyten. Abnormalitäten im Chemogramm bei Katzen sind ein niedriger Harnstoffgehalt im Serum, erhöhter Serumammoniak, erhöhte Bromsulphtaleinretention und erhöhte Gallensäurekonzentrationen im gefasteten und postprandialen Zustand. Nur sehr wenige Katzen haben Ammoniumbiuratkristalle im Harn. Hämatologisch wird oft eine Poikylozytose gesehen, die jedoch unspezifisch ist, gesehen. Der Liquor bei Tieren mit portosystemischem Shunt ist bezüglich 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Zell- und Proteingehalt unverändert. Hingegen weist die Zusammensetzung der Aminosäuren Glutamin, Tryptophan und Tryptophan-Metaboliten deutliche Unterschiede zum Gesunden auf. Insbesondere der Typtophan-Metabolin Quinolonsäure steht unter Verdacht bei der Entwicklung eines HE eine bedeutende Rolle zu spielen. Therapeutische Optionen der HE beinhalten primär diätetische und medikamentelle Massnahmen wie proteinarme Fütterung und Gabe von Lactulose zur Senkung des pH des Darminhalts. Ein tiefer pH-Wert reduziert die Bildung und Absorbtion von Ammoniak und anderen nitrogenen Substanzen. Der pH-Gradient bewirkt zusätzlich eine Verschiebung von Ammoniak aus dem Blut in den Darm. Durch Klistiere und intestinale Antibiotika wie Neomycin oder Metronidazol wird toxischer Darminhalt entfernt und durch die Abtötung der Darmflora die Bildung von bakteriellen nitrogenen Substanzen und die Harnstoffsynthese reduziert. Des weiteren können präzipitierende Faktoren wie gastrointestinale Blutungen, Konstipationen und Azotämien verhindert werden. Mit diesen konservativen Massnahmen können Hunde mit Leberinsuffizienz und HE unter Umständen erfolgreich über längere Zeit behandelt werden. Je älter die Hunde zum Zeitpunkt der klinischen Symptome sind und je höher ihr Harnstoffgehalt liegt, desto besser ist die Prognose. Bei Vorliegen eines portovaskulären Shunts ist die chirurgische Ligation die Behandlung der Wahl, die im Idealfall zu einer vollständigen Remission der HE führt. Verschiedene chirurgische Techniken wurden vorgestellt. Der vollständige Verschluss eines einzelnen portosystemischen Shunts sollte angestrebt werden, obwohl partielle Ligation zur Vermeidung einer portalen Hypertension in einigen Fällen indiziert sein kann. Eine graduelle Okklusion des Shuntgefässes mit Hilfe eines Ameroid Konstriktors erlaubt eine langsame Anpassung an die veränderten Druckverhältnisse. Die Gallensäurekonzentration bleibt trotz klinisch erfolgreicher Operation oft erhöht (sowohl bei vollständiger als auch bei partieller Ligation). Bei 85% der Hunde tritt nach Ligation eine Besserung des klinischen Zustands ein. Die Prognose für Hunde, die zum Zeitpunkt der Ligation älter als 2 Jahre zählten, war signifikant ungünstiger als bei Hunden die jünger als ein Jahr waren. Die Abwesenheit von HESymptomen bei Hunden mit extrahepatischen portosystemischen Shunts wird als prognostisch günstiges Kriterium nach kompletter Ligation gewertet. Eine gefürchtete Komplikation nach Shuntligation sind kortikale und zerebellokortikale Symptome (Ataxien, Krämpfe und Status epilepticus). Die Symptome können dabei unmittelbar oder erst einige Tage nach der Ligation auftreten. Die Inzidenz liegt bei ca. 10%. Das Syndrom kann bei allen erwähnten chirurgischen Ligationsverfahren auftreten und scheint auch unabhängig vom Typ des Shunts und des präoperativen neurologischen Zustandes zu sein. Die Ursache dieses Problems ist unklar. Es ist denkbar, dass sich das Gehirn langsam an das veränderte biochemische Milieu angepasst hat. Die postoperativ mehr oder weniger abrupte Reduktion der Blutflusses, der die Leber umgeht, begünstigt unter Umständen die Exzitation in den neuronalen Netzwerken der Gross- und Kleinhirnrinde. Die neurologischen Zeichen können durch die prophylaktische Gabe von Phenobarbital (oder Kaliumbromid) zwar gemildert, aber nicht aufgehoben werden. Die Prognose ist – abhängig vom Schweregrad – günstig bis zweifelhaft. Eine Dauertherapie mit Phenobarbital kann notwendig sein. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 25 Maddison JE: Hepatic encephalopathy Current concepts of the pathogenesis. J Vet Int Med 1992; 6:341-353 Schermerhorn T, Center SA, Dykes NL, et al: Characterization of Hepatoportal Microvascular Dysplasia in a Kindred of Cairn Terriers. J Vet Internal Med 1996; 10:219-230 Johnson CA, Armstrong PJ, Hauptmann JG: Congenital portosystemic shunts in dogs: 46 cases. JAVMA 1987; 11:14781483 Watson PJ and Herrtage ME: Medical management of congenital portosystemic shunts in 27 dogs – a retrospective study. J Small Anim Pract 1998; 39:62-68 Holt DE, Washabau RJ, Djali S, et al: Cerebrospinal fluid glutamine, tryptophan and tryptophan-metabolite concentrations in dogs with portosystemic shunts. Am J Vet Res 2002; 63:1167-71 Harvey J and Erb HN: Complete Ligation of Extrahepatic Congenital Portosystemic Shunts in Nonencephalopathic Dogs. Vet Surg 1998; 27:413-416 Literaturangaben Gandini G, Steffen F, Jaggy A: Encephalopatia epatica secondaria a shunt portosistemico congenito nel cane: aspetti clinici, neurologici, laboratoristici e postoperatori in 17 casi. Veterinaria 1999; 3:25-37 26 Tisdall PL, Hunt GB, Youmanns KR, et al: Neurological dysfunction in dogs following attenuation of congential extrahepatic portosystemic shunts. J Small Anim Pract 2000; 41:539-46 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Der kongenitale Lebershunt – Neues zur Therapie Matthias Schneider, PD Dr. med. vet., Dipl. ECVIM-CA (Cardiology) Madeleine Plassmann, Stefanie Scheid, Stephan Bayer, Andreas Stosic Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 126 35392 Giessen 1. Einleitung Eine Hauptproblematik bei der Therapie des kongenitalen portosystemischen Shunts besteht in der unzureichenden Entwicklung der intrahepatischen Pfortaderäste und der damit verbundenen Gefahr der portalen Hypertension nach Shunt-Verschluß. Es sind verschiedene chirurgische Verfahren zum progredienten Shunt-Verschluß entwickelt worden. Dazu zählen die schrittweise Ligatur, der Einsatz des Ameroid-Konstriktors oder des Cellophanbandings. Bei den intrahepatischen Shunts kommt die Schwierigkeit der Darstellung und Preparation des Shunts hinzu. 2. Coils Coils sind kleine Drahtspiralen, sie sind zumeist aus Edelstahl gefertigt und zur stärkeren thrombogenen Wirkung mit Kunststofffasern besetzt. Die Stabilität der Drahtspiralen wird im Wesentlichen von der Drahtstärke und dem Durchmesser der Spiralwindung bestimmt. Während die ersten Drahtspiralen nicht steuerbar waren, sind die neueren Coils an einen Führdraht fixiert und ablösbar. portosystemischen Shunt zeigten sich folgende mögliche Komplikationen: unvollständiger Shunt-Verschluß, CoilAbschwemmung, Hämolyse und portale Hypertension. Da die Coils prinzipiell für einen schnellen Gefäßverschluß entwickelt wurden, muß diese rasche Thromboseinduktion durch den Einsatz einer antithrombotischen Therapie (Heparin und/oder Cumarin) verhindert werden. 3. Intrahepatische Shunts Aufgrund der Größe des intrahepatischen Shunts ist es extrem schwierig, einen Coil im Shunt zur fixieren. Daher prüften wir in einer ersten Studie bei sieben Patienten den Einsatz einer Drahtröhre (Stent) als Fixierungshilfe für die Coils. Der Stent wurde in die Vena cava caudalis auf Höhe der Lebervenenmündung implantiert. Durch die Stentmaschen erfolgte dann die Embolisation der Lebervene und damit indirekt der Verschluß des portosystemischen Shunts. Zur Erzielung eines progredienten Verschlusses wurden die Patienten mit einer antithrombotischen Therapie behandelt. Im Verlauf der Therapie zeigte sich jedoch, daß sich Kollateralen von der embolisierten Lebervene zur Lebervene der anderen Seite ausbildeten und somit kein effektiver Shuntverschluß zu erzielen war. Daher In der Veterinärmedizin wurden Coils bisher hauptsächlich zur Embolisation des persistierenden Ductus arteriosus eingesetzt. In den ersten Arbeiten zum Einsatz dieser Drahtspiralen beim 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 27 bietet sich die kombinierte Stent- und Coiltherapie nur für intrahepatische Shunts mit direkter Mündung in die Vena cava an. Derzeit untersuchen wir eigens entwickelten und extrem stabilen Coil in Kombination mit einer antithrombotischen Therapie, jedoch ohne vorherige StentApplikation. Die ersten Ergebnisse zeigen, daß es bereits drei Monate nach Applikation eines einzelnen Coils zu einer guten Pfortader-Entwicklungen und Leberfunktion kommt. 4. Extrahepatische Shunts Die oben beschriebene Methode mit Stentund Coil-Applikation läßt sich prinzipiell auch für extrahepatische Shunts zur Vena cava anwenden. Aufgrund der mit dem Stent verbundenen Schwierigkeiten und der hohen Kosten des Stents (ca. 500 EUR) ist diese Methode jedoch nur für Patienten sinnvoll, bei denen eine Coil-Fixierung nicht anders möglich ist. Daher untersuchten wir als nächstes die Anwendung von sogenannten TornadoCoils. Diese zeichnen sich durch einen abnehmenden Windungsdurchmesser aus. Auch diese Coils werden mit einer antithrombotischen Therapie kombiniert. Es zeigt sich, daß die Mehrzahl der Patienten durch eine einmalige Applikation von ein bis zwei Coils einen vollständigen Shuntverschluß erfährt. In einigen Fällen ist ein zweiter Eingriff notwendig. Schwierigkeiten ergeben sich durch die relativ weichen Coils und die damit verbundene instabile Coil-Position sowie durch übermäßige Blutungsneigung aufgrund der subkutanen Heparintherapie. Ähnlich geformte, aber etwas steifere Coils und eine geringere Heparintherapie scheinen diese Komplikationen zu minimieren. 5. Zusammenfassung 28 Die Embolisation des kongenitalen portosystemischen Shunts ist eine Alternative zur chirurgischen Ligatur. Sie ist jedoch deutlich schwieriger als der Verschluß eines persistierenden Ductus arteriosus und erfordert eine intensive postoperative Überwachung und Therapie. Am einfachsten zu behandeln sind Shunts zur Vena azygos, da diese in der Regel eine sehr gute Pfortaderentwicklung besitzen. Mit dem neuen, stabilen Coil können auch intrahepatische Shunts effektiv behandelt werden. Am schwierigsten ist die Therapie von Shunts von der Milz/Magenvene. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. K. Rauber (Abteilung für Radiologie des Klinikums Wetzlar) für seine persönliche Unterstützung bei der Erlernung dieses Therapieverfahrens. 6. Literatur Partington, B.P.; Partington, C.R.; Biller, D.S.; Toshach, K. (1993). Transvenous coil embolization for treatment of patent ductus venosus in a dog: J Am Vet Med Assoc, 202, 281-284. Leveille, R.; Pibarot, P.; Soulez, G.; Wisner, E.R. (1999): Transvenous coil embolization of an extrahepatic portosystemic shunt in a dog: a naturally occuring model of portosystemic malformations in humans. Pediatr Radiol, 30, 607-609 Youmans, K.R.; Hunt, G.B. (1999): Experimental Evaluation of Four Methods of Progressive Venous Attenuation in Dogs. Vet Surg, 28, 38-47 Gonzalo-Orden, J.M.; Altonaga, J.R.; Costilla, S.; Gonzalo Cordero, J.M.; Millan, L. (2000): Transvenous Coil Embolization of an Intrahepatic Portosystemic Shunt in a Dog. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Vet Radiol Ultrasound, 41, 516-518 Schneider, M.; Plassmann, M.; Rauber, K. (2000): A new method for treatment of large intrahepatic shunts. 18th Annual Veterinary Medical Forum, 25.-28.4.2000, Seatle Leveille, R.; Johnson, S.E.; Birchard, S.J. (2003): Transvenous Coil Embolization of Portosystemic Shunt in Dogs. Vet Radiol Ultrasound,44,32-36 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 29 Chirurgie der Leber, Gallenblase und Gallengänge beim Kleintier Martin Kramer, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVDI Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 108 35392 Giessen Einleitung Die Leber ist die größte Drüse des Körpers und vor allem für die Entgiftung vieler Substanzen im Körper verantwortlich. Sie spielt eine zentrale Rolle im Metabolismus von Proteinen, Fetten sowie Kohlenhydraten und produziert zudem die meisten Plasmaproteine (z.B. Albumin und Prothrombin). Erkrankungen der Leber bei Hund und Katze werden häufig erst sichtbar, wenn sie entweder schon sehr weit fortgeschritten und unter Umständen schon irreversibel das Organ geschädigt haben, obwohl die Leber eine extrem hohe Regenerationsrate besitzt. Leberinsuffizienzen beeinflussen auch andere Organsysteme (unter anderem das Zentralnervensystem, die Nieren oder den Magen-Darm-Trakt). Diese Funktionsschäden können zu Wundheilungsstörungen, Koagulopathien oder zur Hepatischen Enzephalopathie führen. Allgemeine chirurgische Bemerkungen Die Leber, als größtes parenchymatöses Organ im Abdomen ist von seiner Konsistenz weich-elastisch und sehr fragil, sodass eine chirurgische Behandlung vorsichtig erfolgen muss. Das Parenchym darf nicht mit dem Skalpell geschnitten werden, da die Ligierung von Gefäßen und Gallengängen sehr schwierig ist, wenn sie einmal durchschnitten worden sind. Im Bereich des Pylorus und Duodenum descendens muss zudem auf die Eingangsöffnung des Ductus choledochus 30 geachtet werden. Dieser darf nicht verletzt werden. Der Zugang zur Leber erfolgt in der Regel durch die Linea alba. Vor dem Eingriff wird eine Gabe von 22 mg/kg KM Ampicillin empfohlen. Mögliche Lebererkrankungen bei denen eine chirurgische Intervention in Frage kommt sind: Tumor, Abszess, Zyste, Verletzung des Parenchyms (Trauma), Leberlappentorsion, intrabzw. extrahepatischer Shunt. Abszesse des Leberparenchyms beim Kleintier sind eher selten. Häufig sind sie assoziiert mit aszendierenden Infektionen (z. B. Cholangitis, Omphalophlebitis beim Welpen), oder hämatogen bedingt. Die am häufigsten nachgewiesenen Mikroorganismen sind E. coli und Clostridien. Es muss darauf geachtet werden, dass die Eiterhöhle nicht eröffnet wird, damit keine Peritonitis entstehen kann. Therapeutisch werden die partielle bzw. die komplette Lobektomie oder ggf. die ultraschallgezielte Punktion, Aspiration des Eiters und Instillation von Antibiotika empfohlen. Die Prognose ist gut. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Leberzysten stellen geschlossene, flüssigkeitsgefüllte Säcke dar, welche mit einem sekretorischem Epithel ausgekleidet sind. Bei Katzen (hier vor allem Perser) müssen die Nieren immer mit untersucht werden (Sonographie), um eine PKD (Polycystic Kidney Disease) auszuschließen. Die Zysten können zu großen Teilen reseziert bzw. amputiert werden, der verbleibende Hohlraum wird mit Hilfe des Omentum majus omentalisiert. Die Prognose ist gut. Differentialdiagnostisch muss beim Hund allerdings auch an Echinokokken Zysten gedacht werden. Tumoren der Leber können hepatozellulär (aus den Hepatozyten) oder cholangiozellulär (aus den intra- oder extrahepatischen Gallengangepithel) entstehen. Epitheliale Tumoren sind das Karzinom und das Adenom, mesenchymale Tumoren sind z.B. das Fibrosarkom oder das Hämangioendotheliom. Primäre Lebertumoren sind bei Hund und Katze eher selten, die Leber ist jedoch sehr häufig Zielorgan für Metastasen (z.B. Lymphosarkom, malignes Hämangioendotheliom). Wenn der Tumor nur einen/wenige der 6 Leberlappen betrifft kann eine Lobektomie vorgenommen werden. Der portosystemische Lebershunt zählt zu den portosystemischen vaskulären Anomalien. Er wird in intra- bzw. extrahepatisch, angeboren oder erworben unterschieden. Der extrahepatische Shunt ist in über 60% singulär. Besonders häufig ist die Anomalie zwischen Pfortader und V. cava und Pfortader und V. azygos. Bei dieser Erkrankung geht das Pfortaderblut sofort in die systemische Zirkulation, ohne erst durch die Leber zu gehen. Es sind verschiedenste Therapiemöglichkeiten beschrieben (Unterbindung des Shunt mit nichtresorbierbarem Nahtmaterial, Ameroid Konstriktor oder minimal invasiv mit Hilfe eines Coils). I. Chirurgie der Leber Als Operationen der Leber kommen vor allem die Biopsie (perkutan unter sonographischer Kontrolle oder chirurgisch), die Omentalisation / Omentopexie und die Lobektomie (partiell oder komplett) in Frage. Die sonographisch gezielte Punktion und Biopsie der Leber ist zur vollständigen Diagnostik häufig notwendig. Indikationen bestehen bei Hepatopathien oder Hepatomegalien, bei unklaren Gebilden in der Leber oder bei therapeutischen Maßnahmen (z.B. Aspiration von Abszessen). Die ultraschallgezielte Punktion/Biopsie mittels einer Biopsiehilfe, die fest am Schallkopf adaptiert wird, ist in der Veterinärmedizin die Methode der Wahl. Spezielle Nadeltypen finden Verwendung (z.B. Chiba- oder Tru-cut- Nadeln). Durch die ständige Sichtkontrolle können Herde von wenigen Millimetern Durchmesser exakt getroffen werden. Zur Vermeidung von Risiken muss der Gerinnungsstatus und das Allgemeinbefinden des Patienten vor diesem invasiven Verfahren überprüft werden. Das Tier sollte, um Abwehrbewegungen zu vermeiden, zumindest sediert werden. Der Patient wird wie für eine Operation vorbereitet. Die Punktion/Biopsie der Leber erfolgt meist von links, paramedian. Die Punktionsrichtung erfolgt von kaudoventral nach kranio-dorsal. Größere Lebergefäße und die Gallenblase dürfen nicht angestochen werden. Das Anritzen der Organkapsel kann durch rasches Vorführen der Nadel in das Leberparenchym, möglichst in der Atempause, vermieden werden. Gefahren bei unsachgemäßer Durchführung der Punktion/Biopsie sind: Größere Blutungen, Peritonitis (gallig, eitrig), Tumorverschleppung, Pneumothorax oder arterio-venöse Fisteln. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 31 Die Gewinnung von aussagekräftigem Material ist die Voraussetzung für die Auswertung durch eine histologische, zytologische oder bakteriologische Untersuchung. Die entscheidenden Faktoren für den erfolgreichen Eingriff sind die richtige Indikationsstellung, die ausreichende Erfahrung des Untersuchers mit der Sonographie, den notwendigen Instrumentarien und deren Umgang. Die chirurgische Biopsieentnahme erfolgt während einer explorativen Laparotomie in der Linea alba. Hierbei werden die sogenannte Guillotine Methode bzw. die überlappende Guillotine Faden Methode angewendet. In der Regel wird dabei ein Stückchen am Rande des Leberlappens als Probe genommen. Die partielle Lobektomie wird dann empfohlen, wenn die Erkrankung nur einen Teil eines Leberlappens betrifft. Dabei ist die Bestimmung der Grenze gesund zu pathologisch häufig nicht so einfach zu stellen. Die Kapsel wird mit dem Skalpell eingeschnitten und anschließend das Leberparenchym stumpf mit den Fingern frakturiert, so dass die Gefäße nicht zerstört werden. Größere Gefäße werden ligiert (z.B. mit Hilfe sogenannter LigaClips), kleinere koaguliert. Statt einer partiellen wird meist die komplette Lobektomie durchgeführt. Häufig kann der linke Leberlappen durch einfache Ligatur an der Basis entfernt werden. Beim rechten Leberlappen ist jedoch Vorsicht geboten, da er zum Teil mit der Vena cava verklebt ist. Mit den Fingern wird das Gewebe um den Hilus zerquetscht, große Gefäße und die Gallengänge ligiert. Anschließend wird der Hilus doppelt ligiert. Wesentlich schneller und einfacher ist die Lobektomie mit Hilfe eines Staplers (z.B. Tyco®). 32 Heilung und Komplikationen Die Heilung der Leber post operativ ist sehr gut. Sie besitzt wenig Bindegewebe und hat ein sehr hohes Regenerationsvermögen. Bis zu 80% der Leber können ohne Probleme entfernt werden. Nach einer Operation sollte das Tier zumindest 2-3 Tage antibiotisch und analgetisch versorgt werden. Als Komplikationen werden am häufigsten Blutungen beschrieben die schwierig zu stoppen sind. Bei undichten Gallengängen kann es zu einer biliären Peritonitis kommen. II. Chirurgie der Gallenblase und Gallengänge Erkrankungen, welche eine Operation der Gallenblase bzw. -gänge notwendig machen sind vor allem Obstruktionen des extrahepatischen Gallengangssystem (intraluminal-extraluminal), Tumoren (siehe Chirurgie der Leber), Infektionen (gallige Peritonitis) und Traumen. Eine Cholelithiasis betrifft v.a. ältere Hündinnen und verläuft sehr häufig asymptomatisch. Unterschieden davon werden muss der sog. Sludge oder die Inspissationskonkremente. Klinisch kann vor allem ein Ikterus auftreten. Die Diagnose erfolgt radiologisch oder durch die Sonographie. Eine bakteriologische Untersuchung der Galle sollte durchgeführt werden. Eine gallige Peritonitis entsteht vor i. d. R. durch Trauma, Nekrose oder Obstruktion. Die chirurgische Therapie muss sobald als möglich erfolgen, da es durch die Galle sehr schnell zu Fibrosierungen und Adhäsionen kommt. Nach Verschluss der Leckage wird das Abdomen mehrfach täglich gespült (Abdominalkatheter oder offenes Abdomen). Die Prognose ist vorsichtig. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Cholezystotomie Eine Eröffnung der Gallenblase wird selten durchgeführt. Indikationen sind Cholelithen oder Inspissationskonkremente. An die Blase werden Haltezügel zur besseren Manipulation angelegt, Die Inzision erfolgt im Fundus, der Gang wird mit Hilfe eines Katheters freigespült. Die Naht erfolgt ein- bis zweilagig invertierend mit langsam resorbierbarem 30 bis 5-0 Nahtmaterial. Cholezystektomie Bei schweren Cholezystitiden, Tumoren oder Traumen kann die Entfernung der Gallenblase indiziert sein. Die Gallenblase wird stumpf vom Lebergewebe getrennt und wird bis zur Verbindung des Ductus cysticus bis zum Ductus choledochus freigelegt. Der Ductus choledochus wird durch Legen eines Katheters identifiziert und die Durchgängigkeit bis ins Duodenum descendens (Duodenotomie) überprüft. Der Ductus cysticus wird nun doppelt ligiert und abgesetzt (nicht resorbierbares Nahtmaterial bzw. Liga-Clips aus Titan). Choledochotomie Indikationen für die Eröffnung des gemeinsamen Gallengangs sind vor allem Steine im Ductus choledochus. Es kann nur dort durchgeführt werden, wo der Gang hochgradig dilatiert ist. Auch hier dienen Haltefäden zur Erleichterung der Manipulation. Der Ductus choledochus wird entsprechend der Cholezystotomie operiert. Diversion der Gallenblase (Cholezystostomie) Die Gallenblase wird bei folgenden Indikationen direkt mit dem Dünndarm verbunden: Obstruktionen des Ductus choledochus oder schwere Traumen des Gallengangs. Sie kann an das Duodenum (Cholezystoduodenostomie) oder and das Jejunum (Cholzystojejunostomie) genäht werden. Das Stoma sollte mindestens 2,5 Zentimeter lang sein. Kontraindikation für die Anfertigung eines solchen Stomas ist eine vorliegende Pankreatitis. Die Gallenblase wird stumpf freipräpariert und anschließend an das Duodenum descendens antimesenterial herangeführt. Sowohl der Dünndarm als auch die Gallenblase werden entsprechend in der Längsrichtung eröffnet. Es gilt die Öffnungen ohne Spannung miteinander zu vernähen (2-0 bis 4-0 langsam resorbierbares Nahtmaterial). Ductus choledochus Trauma Die Verletzung des Ductus choldochus ist i. d. R. schwerwiegend und die Prognose muss als vorsichtig bezeichnet werden. Sie ist unter anderem von der Lage und dem Ausmaß abhängig. Wenn das Lumen des Ganges auf mehr als 4 mm dilatiert erscheint kann das Nähen bzw. eine Anastomose versucht werden. Es darf keine Spannung auf den Heften liegen. Ein weicher Katheter wird als Schiene verwendet. Einzelhefte (langsam resorbierbar) von der Größe 4-0 bis 6-0 werden verwendet. Heilung und Komplikationen bei Die Prognose ist insgesamt Verletzungen der Gallenblase und der Gallengänge als vorsichtig zu bezeichnen. Es darf auf keinen Fall Länsspannungen auf den Gang auftreten. Drainagetechniken (Cholezystoduodenostomie) werden der Reparatur des Ganges vorgezogen. Komplikationen umfassen Stenose oder Striktur, Infektion, Leckagen, Peritonitis, Schock, Sepsis bis hin zum Tod des Patienten. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 33 Literatur: Bjorling DE (1991): Surgical treatment of hepatic and bilary diseases in cats, Comp Cont Educ Pract Vet 13, 1419 Fossum TW (2002): Surgery of the liver. Surgery of the extrahepatic biliary system. In Fossum TW, editor: Small animal surgery, St. Louis, Mosby Fossum TW, Willard MD (1995): Diseases of the gallbladder and the extrahepatic biliary system. In Ettinger SJ, Feldman EC, editors: Textbook of veterinary internal medicine, ed. 4, Philadelphia, WB Saunders Johnson SE (1992): Liver and biliary tract. In Anderson NV, editor: Veterinary gastroenterology, ed. 2, Philadelphia, Lea & Febiger 34 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier „Leberschutztherapie“ und andere therapeutische Maßnahmen Reto Neiger, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVIM-CA Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Justus-Liebig- Universität Giessen Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Vor die Gelbsucht der Pferde: Nimm sauren oder bitteren Senf, dem Pfede ein geschütt, so geht’s von Stund an. Wann den Kühen die Lebern faulen: Gib einer Kuh an St.Martinstag einen Quittenschnitz zu essen, so fault ihr dasselbe Jahr die Leber nicht. [aus Albertus Magnus, egyptische Geheimnise für Mensch und Vieh] Leberschutztherapie, die: - prinzipien: Besser: Leberschontherapie. Es wird das Zier verfolgt, bei Erkrankungen, die die Leber belasten, die Leber durch Zufuhr leicht verstoffwechselbarer und essentieller Substanzen zu unterstützen (meist als Cocktail intravenös: Glukose, Fruktose, Vit.-B-Komplex, Methionin, Lysin, Arginin). [aus Wörterbuch der Veterinärmedizin, 1983] Einleitung Die Leber hat sehr viele verschiedene Funktionen und sehr viele Krankheiten können die Leber betreffen. Vor der Zeit der „Gerätemedizin“, d.h. dem Einsatz verschiedenster Labortests, Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen, Feinnadelaspiration und z.T. noch höher entwickelter Verfahren wie ComputerTomographie (CT) oder MagnetresonanzBildverfahren (MRI) war die Leber ein dem Kliniker kaum zugängliches Organ. Die meisten Erkrankungen der Leber wurden erst post mortem diagnostiziert. Die klinische Untersuchung war meist das einzige angewendete Diagnostikum, und Hepatomegalie oder Ikterus demzufolge auch oft die einzige Diagnose; eine genaue Ätiopathogenese konnte nicht eruiert werden. Schon sehr früh wurde versucht, die Leberfunktion durch Heilmittel günstig zu beeinflussen. Eines der ersten Lebertherapeutika war Karlsbader Salz (Sal Carolinum factitum), welches wegen seiner diuretischen und abführenden Wirkung gerne gegeben wurde. Noch vor etwas mehr als 40 Jahren waren Glucose, Methionin, Cholin und Vitamin-BKomplex die einzigen für Lebererkrankung erwähnten Medikamente.7 In den letzten Jahren haben sich die Meinungen bezüglich der sog. Leberschutztherapie (LST) stark gewandelt und einige sprechen gar von „therapeutischem Nihilismus“,14 womit gemeint ist, dass es die LST nicht gibt. In der Humanmedizin konnten weder Choleretika, lipotrope Substanzen, Vitamine, Aminosäuren, essentielle Phospholipide, Lävulose, Leberhydrolysate, Frischzelltherapie und noch viele andere Medikamente eine gesicherte heilende Wirkung bei Leberkrankheiten entfalten.15 Die Leber hat eine außerordentliche Regenerationsfähigkeit. Auch wenn bis zu 80% reserziert werden muss, können Hunde und Katzen mit geeigneter Unterstützung überleben und das Tier entwickelt keine Leberinsuffizienz. Gerade diese Regenrationsfähigkeit und Selbstheilungstendenz – natura sana – hat vielen LST den Weg geebnet, da es kaum Blindstudien für die Überprüfung des Erfolges gab. Wenn wir nach dem Konzept der „Evidence-based medicine“ agieren und alle Präparate, welche wir zur Therapie einer Lebererkrankung einsetzten, überprüfen, so gibt es keine welche in die ersten Kategorien (Blindstudie, randomisiert) fallen. Fast alle 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 35 LST beruhen auf Empirie und beim Menschen (z.T. auch beim Besitzer der Haustiere) auf dem Placeboeffekt. Cholagoga und Choleretika Cholagoga (gr. Agogos herbeiführend, anregend): Stoffe, die die Gallenblase durch Kontraktion zur Entleerung bringen, z.B. Fette, Eigelb, CholezystokininPankreozym. Choleretika: Stoffe, die die Leberzellen zu vermehrter Sekretion von Gallensäuren anregen z.B. Dehydrocholsäure. (Pschyrembel) Physiologie Die Galle hat zwei Hauptaufgaben: 1) Digestion und Absorption von Fett durch a) Emulsierung und b) Transport und Absorption durch die Darmschleimhaut. 2) Ausscheidung von StoffwechselAbbauprodukten z.B. Bilirubin, Cholesterin. Die Ausscheidung der Galle erfolgt in zwei Schritten. Zuerst scheiden Hepatozyten Galle aus (v.a. Gallensalze, Cholesterin und andere organische Substanzen) und dann werden wasserlösliche Substanzen (Natrium, Bikarbonat, weitere Elektrolyte) sezerniert. Gallensalze sind vor allem verantwortlich für den ersten Schritt, Sekretin stimuliert vor allem die zweite Ausscheidung. Cholesterin (aus Nahrung oder synthetisiert in der Leber) wird zu Cholsäure und Chenodesoxychoolsäure; diese konjugieren mit Taurin und Glycin (bei Katze nur Taurin) und erhöhen dadurch die Wasserlöslichkeit. Verschiedene Krankheiten können die Zusammensetzung und die Galleflussmenge beeinflussen (erniedrigt bei Malassimilation, erhöht bei portosystemischem Shunt, Leberinsufizienz, Cholestase), verändert wird insbesondere das Verhältnis verschiedener Gallensäuren. Die Hepatotoxizität der Gallensäuren ist invers proportional zum Grad der Hydroxilierung.9 4-[p-Chlor-N-(p-methoxyphenyl)benzamido]-buttersäure ist ein OxyButtersäure-Derivat.22 Beim Hund wurde die Wirkung auf die Gallensäuresekretion untersucht. Resultat: Nach 40 mg/kg Clanbutin IV kommt es zu einem Anstieg des Gallenflusses uwischen 10 und 50 Min postinjektionem von durchschnittlich einem Maximum von 281% des Ausgangswertes.5 Die Cholesterin und Natriumkonzentration des Galle wurde kaum beeinflust, die Bikarbonatkonzentration sieg auf über 150% und die Chlorkonzentration auf über 140% des Ausgangswertes nach durch Clanbutin induzierter Cholerese.5 An der isolierten Rattenleber kommt es zu einer dosisabhängigen Steigerung des Gallenflusses aber zu einer erniedrigten Gallensäuresekretion.16 Weitere Clanbutin zugeschreibene Effekte bei der Ratte sind Stimulierung der Pankreasenzymsekretion18 und Inhibition der Gluconeogenese.37 Indikation: Cholangitis/Cholangiohepatitis. Dosierung: 20mg/kg 2x täglich PO.30 Kontraindikation: extrahepatische Cholestase, akute Hepatitis, Pankreatitis, Hypoglykämie, Leberinsuffizienz. Leider steht Clanbutin im Verdacht, kanzerogen zu sein. Genebile 4-(4-Methoxynaphtalen-(1))-4Oxybuttersäure ist ebenfalls ein OxyButtersäure-Derivat.22 Es erhöht bei Ziegen die Absonderung normal zusammengestzter Galle sowie von Pankreassaft und das zwei- bis fünffache.25 Kasuistik von 3 (!) Fällen zwigt eine verbesserte Darmperistaltik aber keinen Einfluss auf die Leber.36 Wegen seines pheolartigen Charakters soll es bei Katzen nicht eingesetzt werden.4 Eine Studie über den choleretischen Effekt bei einem Hund zeigt dass 10 mg/kg Genebile i.m. den Gallefluss signifikant erhöht, die Bilirubinausscheidung belibt jedoch unverändert.17 Clanbutin 36 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Indikation: Hepatose und pankreatische Dysfunktion (?), Verstopfung, 4 überstandene Operationen :-) Kontraindikation: siehe Clanbutin. Ursodeoxycholsäure(UDCS) 3α,7β-dihydroxy-5β-Cholan-Säure ist ein 7β-hydroxy-Epimer der Chenodeoxycholsäure.35 Bei Hund uns Katze ist UDCS in nur sehr geringen Mengen als sekundäre Gallensäure im Darmtrakt vorhanden und wird aus der primären Gallensäure Chenodeoxycholsäure gebildet. Es stimuliert den Bikarbonat-reichen Anteil der Gallensekretion vermutlich durch cholehepatische Shunts auf Höhe der Gallengangsdukltuli. Zusätzlich hat es vertschiedenste Wirkungen und soll hepatoprotektiv sein, wobei die genauen Wirkungsmechanismen nicht alle bekannt sind.9 Durch seinen hydrophilen Charakter verdrängt UDCS vermutlich hydrophobe Gallensäuren, welche sonst bei einer Cholestase akkumulieren und hepatotoxisch wirken. UDCS hat auch immunmodulierende Eigenschaften: unterdrückte Immunoglobulinsynthese, verminderte Lymphozytenproliferation, verminderte mononukleäre Zytokinproduktion, Veränderung der major-histocompatibility (MHC)-antigene auf Hepatoizyten, antioxidativer und antifibrotischer Effekt um nur ein paar zu nennen.26,40 Bei der Katze ist 15 mg/kg UDCS für 8 Wochen sicher in der Anwendung.13 Die präund postprandialen Gallensäurenkonzentrationen im Serum waren erhöht nach 10 mg/kg UDCS.11 Beim Hund sind ebenfalls 15 mg/kg sicher.1 Endogene Gallensäurespiegel waren bei einem Hund, therapiert mit UDCS, ernierdrigt.34 Indikation: Cholelithiasis1, Hepatitis/Cholangiohepatitis, Cholestase, Zirrhose. Dosierung: 10-15 mg/kg PO 1x täglich.27 Kontraindikation: extrahepatische Cholestase. Bei Katzen mit hepatischer Lipidose ist der Einsatz fraglich, weder eine signifikant erhöhte Lithocholsäurekonzentration noch eine signifikante Entzündung vorhanden ist.13 Cisaprid Ein prokinetisches Medikament, ähnlich Metoclopramid. Bei Eichhörnchen wurde mit 0.75 mg/kg PO in vivo die Gallenblasen-Kontraktilität erhöht, die Lipidzusammensetzung der Galle normalisierte sich trotz hoher Cholesterindiät und eine gesteigerte Gallensalzsekretion war zu sehen.39 Indikation: für Hepatopathien beim Kleintier zurzeit keine. Weitere Choleretika Glucagon, Secretin, Cholezystokinin, Gastrin II, Caerulin. Diese sind fast alle endogen wirkende Choleretika beim Hund die evtl. in Zukunft therapeutisch eingesetzt werden könnten. Lipotrope Substanzen Lipo|trope Sub|stanzen (gr. tropos Richtung auf) f pl: Stoffe, bei denen bes. tierexperimentell unter best. Versuchsanordnungen e. Prävention bzw. Besserung v. Leberverfettung nachgewiesen wurde; klein. haben sie b. der Therapie d. Fettleber keine wesentl. Bedeutung. Dazu zählen: Cholin, versch. sog. Methyldonatoren, z.B. Methionin u. Betain, auch Vitamin B12 in Kombination mit Homozystein. (Pschyrembel) Cholin Cholin wird für viele Intermediärfunktionen im Körper gebraucht, so z.B. als Baustein von Phospholipiden und Sphingomyelinen, als Methyldonatoren, bei der Ausscheidung von very-low-density-lipoproteinen (VLDL) und es ist beteiligt an der Synthese von Acetylcholin.13,19 Bei Ratten hat ein Mangel an Cholin eine Leberverfettung zur Folge, dies konnte jedoch bei Katzen nicht gezeigt werden.13 Cholin wird von Magen-Darm-Bakterien zum toxischen Neurin umgewandelt, welches außer bei Permeabilitätsstörungen 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 37 kaum resorbiert wird.19 In der älteren Literatur wird die Wirkung von Cholin folgendermaßen beschrieben: 1) durch Synthese von Lecithin, welches für den Transport der Fettsäuren zu den Organen sei; 2) durch Wirkung auf den Fettabbau; 3) durch Abgabe von drei labilen Methylgruppen; und 4) durch Steigerung der Leberdurchblutung.3 Andererseits wird behauptet, dass Cholin bei einer stark geschädigten Leber versagt, da diese die Energie für die Phosphorylcholin-Synthese nicht mehr aufbringen kann und demnach Cholin mehr schädigt als nützt.29 Bei einer Studie mit Cholin und Methionin (0.5 mg/kg IV wobei 1 ml 205mg Acethylmethionin und 20mg Cholinchlorid enthält) konnte bei 26 Hunden mit stark verschiedener Lebererkrankungen (Leptospirose: 11; Staupe: 4; Diätfehler: 5; Verschiedene: 6) eine mittels Bromsulphtalein-Probe festgestellte Funktionsstörung behoben werden.3 Alle heutigen kommerziell erhältlichen Futtermittel enthalten genügend Cholin. Cholin kann nur empfohlen werden bei Fällen von Cholinmangel mit möglicher Leberverfettung, z.B. verlängerte Anorexie oder Fütterungsfehler mit cholinarmer Diät.30 Indikation: Cholinmangel (Fettleber). Dosierung: Hund 40-50 mg/kg; Katze: 100 mg19 Kontraindikation: Kombinationspräparate mit Methionin (siehe dort). Methionin Methionin ist ebenfalls ein Methyldonator, welcher von Tieren nicht synthetisiert werden kann. Es ist die Vorstufe von Cholin. Von Magen-Darm-Bakterien wird Methionin zu Merkaptan-Derivaten (Methanäthiol, Ethanäthiol) umgebaut, diese werden sehr gut resorbiert und können synergistisch mit Ammoniak zu neurologischen Störungen führen (Hepatoenzephalopathie). Wichtig ist deshalb, bei Leberschäden Methionin NIE oral zu verabreichen. Methionin (auch Cystein) enthält Schwefel, welches v.a. die Leber gegen Gifte schützen kann.19 Noch 38 1951 wurde Methionin für chronische Hepatitis und Zirrhose beim Menschen empfohlen,2 da es zu einer Ausschwemmung von Bilirubin aus der Leberzelle komme. Heute sind lipotrope Substanzen beim Menschen praktisch ohne Bedeutung, da ein Einfluss auf den Verlauf von akuten und chronischen Hepatopathien nie nachgewiesen werden konnte.23 Indikation: siehe Cholin (wird auch gebraucht zur Ansäuerung des Urins mit anderen Dosierungen). Dosierung: Hund 25 mg/kg; Katze 100-400 mg19 Kontraindikation: Gabe von oralem Methionin bei Leberschäden, Einsatz bei Katzenwelpen. S-adenosylmethionin (SAMe) Methionin aus dem Futter wird in der Leber mittels methionin adenosis transferase in SAMe umgewandelt. Dieses SAMe ist nun an über 100 Reaktionsprozessen mitverantwortlich und somit für die Funktion in der Leber unabdingbar. Verschiedene Studien haben SAME eine Leberschutzfunktion zugeschrieben, u.a. gegen Xenobiotika und viele Toxine. Eine größere Doppelblindstudie beim Menschen (n=220) hat gezeigt, dass orales SAMe Laborparameter und Symptome verbessert sowie Überleben verlängert und die Lebertransplantation hinauszögert. Orales SAMe führt bei Mensch, Hund und Katze zu einer erhöhten Glutathionkonzentration in der Leber.40 Indikation: Cholestase und entzündliche Hepathopathien. Dosierung: 20mg/kg PO Kontraindikationen: keine bekannt. Vitamine Vitamin B12 Cyanocobalamin kann vom Körper nicht synthetisiert werden. Die Aufnahme geschieht im Ileum nach Bindung an den intrinsic factor. Wirkung: Vit B12 ist beteiligt als Co-Enzym an der Umlagerung von Alkylresten. Mangel: v.a. Gewebe mit hoher Zellteilungsrate sind betroffen (Hämatopoiese). Vit B12 hat auch lipotropen Effekt (s.Cholin und Methionin) 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier und die Leberproteinsynthese ist vermindert bei Cobalaminmangel.19 Bei Lebererkrankungen ist die Vit B12 Konzentration im Serum erhöht, exogen zugeführtes Vit B12 wird also unverändert im Urin ausgeschieden.23 Indikation: Vit B12-Mangel (Fütterungsfehler, Malassimilation, Anorexie). Dosierung: Hund 100-200 mg/Tag; Katze 50-10 mg/Tag.31 Kontraindikation: keine bekannt. Vitamin B1 Thiamin kann vom Körper nicht synthetisiert werden. Die Körperreserven sind (v.a. bei Katzen) gering und Mangelsymptome sind einer Hepatoenzephalopathie ähnlich (Vetroflexion des Halses). Mangel kann entstehen bei Anorexie oder Diätfehler. Literatur der humanen Lebertherapie zeigte früher einen Einsatz von Vitamin-BKomplexen („die außerordentlich günstige Kombination aller wesentlichen Bestandteile der Vitamin-B-Gruppe hat uns jedoch schon vor Jahren von der Wirksamkeit dieser Gruppe überzeugt, sei es im Stadium der Dekompensation oder im kompensierten Intervall der Zirrhose“2), heute wird jedoch der generelle Einsatz von Vitaminen, außer bei Alkoholbedingter Leberzirrhose, abgelehnt.14 Indikation: siehe Vit B12. Dosierung: Hund 10-100 mg/Hund/Tag PO; Katze 5-30(max 50) mg/Katze/Tag PO.31 Kontraindikation: keine bekannt. Vitamin E (und Selen) Beide zusammen sind essentiell. Selen ist ein Bestandteil des Enzyms Gluthationperoxidase, hat somit antioxidative Wirkung (radical scavenger) v.a. beim Reperfusionssyndrom.38 Vit-E lässt Gluthation in reduzierter Form.19 Mangel an Selen und Vit-E führt bei Ratten zu Lebernekrose (bei Hund und Katze jedoch zu Skelettmuskelnekose respektive zu Steatitis). Kaninchen, welche eine Diät mit hohem Fettgehalt erhielten, zeigten eine tiefere Leber- und Serum- Lipidfraktion und einen höheren Cytochrom P-450 Gehalt in den Leberzellen nach Vit-E/Selen Gabe. Indikation: Vit-E/Selenmangel (Fütterungsfehler, sehr selten bei Hund und Katze). Dosierung: Hund 0.5 mg/10 kg KM Selen und 34 IU/10 kg KM Vit-E i.m. oder s.c. Kontraindikation: Toxisch für Katzen, hohe Dosen auch toxisch für Hunde, Gastrointestinale Symptome möglich bei hohen Dosen. Vitamin K1 Viele Leberinsuffizienzen können mit einer Koagulopathie einhergehen. Außer Faktor VIII werden alle Gerinnungsfaktoren der Kaskaden in der Leber synthetisiert. Faktoren II, VII, IX und X sind zudem Vitamin-K abhängig. Vitamin K ist fettlöslich und wird bei einer Cholestase schlecht resorbiert. Chronische Antibiotikagabe kann zudem die Vit-K Produktion durch Darmbakterien in Magen-Darm-Trakt stören. Indikation: Blutungstendenzen bei Hepathopathien, vor jeder Leberbiopsie (v.a. bei Ikterus). Dosierung: Hund/Katze: 0.5 mg/kg i.m. ode s.c. (feinste Kanüle benutzen). Kontraindikation: Anaphylaxie, HeinzKörperchen Anämie bei Katzen. Flavonoide Silymarin, Silibilin Aus der Mariendistel (Silybum marianum) gewonnenes Extrakt. Die Wirkung erfolgt über die Stabilisation von Membranen, über das Abfangen von reaktiven Komponenten (radical scavenger),28 und über eine immunomodulierende Komponente,24 jedoch ohne das Cytochrom-P450-2E1 zu involvieren. Beim Menschen mit Zirrhose konnte mit Silymarin eine verlängerte Überlebensdauer gefunden werden, sowie eine Besserung der Laborparameter (Transaminasen).6 Bei der Knollenblätterpilzvergiftung (Amanita phalloides) zeigt Silymarin bei Hund, Ratte, Kaninchen und Mäusen einen 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 39 protektiven Effekt wenn vor der Intoxikation gegeben. Zehn Minuten nach der Toxingabe konnte mit einer höheren Dosis von Silymarin immer noch ein kompletter Schutz gewährleistet werden. Dreißig Minuten später war der Effekt jedoch unbedeutend.12 Bei der Ratte zeigte Silymarin 1 Stunde vor der Ganzkörperbestrahlung einen hepatoprotektiven Effekt gemäß Messung von Leberhistonen. Bei Hunden mit experimenteller Leberintoxikation (mit Tetrachlormethan) war der kurative Effekt von Silymarin gering. Der protektive Effekt zeigte signifikant tiefere Transaminasen aber nur unbedeutend verbesserte Histologieresultate.32 Indikation: z.T. toxische und ischämische Leberschäden. Dosierung: 30-40 mg/kg 23x täglich. Kontraindikation: keine bekannt. Antifibrotische Medikamente Colchizin Wirkungsweise: es unterdrückt die Kolagensynthese und –sekretion und erhöht die Kollagenaseaktivität, demzufolge kommt es zu einer verminderten Fibrose.21 Colchizin wirkt auch anti-inflammatoirisch durch unterdrückte Leukozytenmigration.27 Beim Menschen mit Zirrhose zeigt sich eine signifikant verlängerte Überlebenszeit und teilweise auch verbesserte Histologieresultate,21 sowie signifikant verbesserte Serum Albumin, Bilirubin, Cholesterin und Transaminasekonzentrationen nach Colchizin.20 Colchizin ist bei Hund und Katze noch wenig erforscht, aber ine verbeserte Leberfunktion wurde bei einem Hund beschrieben.27,33 Indikation: fibrotische Hepatopathie. Dosierung: 0.01-0.03 mg/kg/Tag PO.31 Kontraindikation: kann zu hämorrhagischem Durchfall und Erbrechen führen. Medikamente für die Therapie der Hepatoenzephalopathie (HEP) Lactulose 40 Es ist ein Dissacharid und wird durch Darmbakterien (v.a. Bacteroides spp.) zu Säure und CO2 hydrolysiert. Funktion: 1) durch Ansäuerung des Coloninhaltes vermindert Lactulose a) eine einfache Aufnahme von Ammoniak durch die Colonschleimhaut und b) wirk als Ammoniakfalle; 2) durch osmotische Wirkung wird der Kot wasserhaltiger und dies vermindert die Kolontransitzeit; 3) Lactulose führt zu einer veränderten Magen-Darm Bakterienflora; und 4) wirkt es antiendotoxisch Dosierung Hund: 0.5 ml/kg 2x täglich PO; Katze 2.5-5 ml/Katze 3x täglich PO (bis 3 weiche Stuhlgänge pro Tag). Histamin-H2-Rezeptorantagonisten(H2RA) und Sucralfat Patienten mit Lebererkrankungen zeigen oft Blutungstendenzen (s.Vit-K). Blut hat einen hohen Proteingehalt und, wenn im Dünndarm verdaut, kann es zur HEP führen. H2-RA vermindern die Magnesäuresekretion und somit die Inzidenz von Magenerrosionen und – ulzera. Sucralfat hat eine spezifische Affinität zu Magenulzera und deckt diese ab womit eine weitere Verschlimmerung vermindert wird. Dosierung: Ranitidin 2-2.5 mg/kg 2x täglich PO (Cimetidin sollte bei leberproblemen nicht gegeben werden). Sucralfat: 0.5-1 g 3x täglich PO. Sucralfat und Ranitidin mind. 1-2 Stunden auseinander verabreichen. Flumazenil Ein Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist. Endogene Benzodiazepine sollen eine HEP verstärken und beim Menschen konnte mit Flumazenil eine Verbesserung bewirkt werden. Dosierung: 0.2 mg Gesamtdosis wird vorgeschlagen (nach Wirkung dosiert). PRIMUM NON NOCERE Referenzen können angefordert werden beim 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Autor Diätetische Behandlung Lebererkrankungen von Hunden und Katzen mit Dr. Christian Schünemann Dr. Claudia Rade FTÄ für Tierernährung und Diätetik Royal Canin Tiernahrung GmbH + Co.KG Alteburger Str. 142 50968 Köln 1. Grundzüge der Leberdiätetik bei Hund und Katze Aufgrund der maßgeblichen Beteiligung der Leber am Stoffwechsel aller drei Hauptnährstoffgruppen (Fette, Kohlenhydrate und Proteine) spielt die optimale diätetische Versorgung leberkranker Hunde und Katzen eine entscheidende Rolle für das Allgemeinbefinden und die Prognose solcher Patienten. Leberpatienten sind häufig anorektisch und befinden sich in einer katabolen Stoffwechsellage, daher muss das erste diätetische Ziel eine ausreichende Versorgung mit Energie sein. Da die Entgiftungsfunktion der Leber (z. B. für NH3) beeinträchtigt ist, sollte eine Leberdiät moderat proteinreduziert sein (14-18% Rp in der TS). Leberpatienten, die unter portalem Bluthochdruck und Ascites leiden, profitieren von einem niedrigen Natrium- und leicht erhöhten Kaliumgehalt in der Ration. Die Vitaminzufuhr sollte auf das Doppelte des Erhaltungsbedarfs angehoben werden (Ausnahme: Vitamin A und ggf. D, diese nur bedarfsdeckend). Ein ausgewogenes Verhältnis von löslichen und unlöslichen Nahrungsfasern sorgt für eine gesunde Darmflora und eine Senkung des pHWertes im Darm, was die Fixierung von Stickstoff durch Darmbakterien und seine Ausscheidung mit den Fäzes fördert. Die Ammoniakproduktion im Darm kann auf diese Weise effektiv gesenkt werden, allerdings ist der Rückgang der Verdaulichkeit mit steigendem Faseranteil in der Ration bei Patienten in einer katabolen Stoffwechsellage nicht erwünscht. Patienten mit Kupferspeicherkrankheit benötigen eine kupferarme Diät. Leberpatienten verweigern häufig aufgrund einer ausgeprägten Nausea die Nahrung vollständig und neigen dazu, Aversionen gegen bestimmte Futtermittel zu entwickeln. Besonderer Wert ist daher auf eine hohe Schmackhaftigkeit der Diät und eine stressfreie Fütterungstechnik zu legen. 2. Sonderfall: Portosystemischer Shunt Durch einen oder mehrere „Kurzschlüsse“ zwischen der Portalvene und der Vena cava ist die Clearance des venösen Blutes unter anderem für NH3 und aromatische Aminosäuren nur unzureichend. Hohe Blutspiegel dieser beiden Substanzen führen zu ZNS-Störungen (gestörte Reizleitung im Gehirn). Zur Minderung der NH3-Anflutung ist eine stärkere Proteinrestriktion als in konventionellen Leberdiäten (langfristig jedoch nicht unter 11% Rp in der Futter-TS) und die Verwendung pflanzlicher Eiweißträger oder von Milcheiweiß essenziell. Eine erhöhte Zufuhr verzweigtkettiger Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) hat möglicherweise einen positiven Effekt auf die ZNS-Symptomatik, da diese mit den aromatischen Aminosäuren um dasselbe Transportsystem an der BlutHirnSchranke konkurrieren. 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 41 Auf eine bedarfsdeckende Zinkzufuhr ist besonders zu achten, da bei Zinkmangel der NH3-Gehalt im Blut ansteigt. ShuntPatienten sollten ihre Tagesfutterration auf 4-6 kleine Mahlzeiten verteilt erhalten, um einen zu starken postprandialen NH3Anstieg im Blut zu verhindern. 3. Sonderfall: Gallenabflussstörungen Eine Störung der Fettverdauung infolge mangelnden Galleflusses ist nur bei einer vollständigen Verlegung des Gallenganges zu befürchten, die ohnehin operativ behoben werden muss. Nur in diesem Fall ist eine Fettrestriktion in der Diät wirklich sinnvoll. Frühere Empfehlungen einer grundsätzlich fettarmen Diät bei allen Cholestasepatienten besitzen heute daher keine Gültigkeit mehr. Neben der Verabreichung eines hochverdaulichen, schmackhaften und ausgewogenen Alleinfutters empfiehlt sich ggf. die parenterale Applikation der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K bis zur Behebung der Cholestase, da bei verminderter Galleproduktion ihre Absorption vermindert ist. 4. Abgrenzung zur Nierendiät Als es noch keine kommerziellen Leberdiäten gab, waren Nierendiäten auch für Hunde und Katzen mit Lebererkrankungen die Produkte der ersten Wahl. Die Verwendung von Nierendiäten für Leberpatienten ist auch heute keineswegs als Behandlungsfehler anzusehen, den Tierbesitzern ist dies aber nur schwer zu vermitteln. Beide Krankheitsbilder erfordern eine bedarfsdeckende, aber keinesfalls überhöhte Zufuhr von Proteinen hoher biologischer Wertigkeit. Die Aminosäurezusammensetzung des Futtereiweißes sollte vor allem eine ausreichende Zufuhr von Arginin gewährleisten; für Leberpatienten wird außerdem eine erhöhte Zufuhr verzweigtkettiger Aminosäuren und eine reduzierte Methioninzufuhr empfohlen. 42 Die Leberdiäten sind in der Regel weniger stark eiweißreduziert als die Nierendiäten, weisen einen extrem niedrigen Kupfergehalt und einen erhöhten Zinkgehalt auf. Eine Phosphorrestriktion ist hingegen für Leberpatienten nicht erforderlich. Tendenziell ist der Fettgehalt von Leberdiäten niedrigeren und der Kohlenhydratanteil höher als in Nierendiäten auf. Der Energiegehalt entspricht meist dem eines Alleinfutters für Tiere im Erhaltungsbedarf oder liegt leicht darüber, während Nierendiäten häufig besonders energiereich sind. Aufgrund der z. T. starken Beeinträchtigung des Fettstoffwechsels enthalten ist eine Zulage von L-Carnitin in Leberdiäten sinnvoll. Die fettlöslichen Vitamine A und D sind in Leberdiäten oft in niedrigeren Konzentrationen vorhanden als in Nierendiäten. 5. Besonderheiten bei der Katze Im Unterschied zu Hunden vertragen Katzen einen kompletten Nahrungsentzug für mehr als 24 h nur sehr schlecht. Sie sind als strikte Carnivoren auf die tägliche Zufuhr bestimmter Aminosäuren stärker angewiesen als andere Spezies, da ihre Eigensynthese hier wesentlich geringer ist. Dies gilt insbesondere für Arginin, eine Aminosäure mit Schlüsselfunktion im Harnstoffzyklus (Entgiftung von NH3) und im Fettstoffwechsel. Auch eine ausreichende Versorgung mit Taurin ist bei der leberkranken Katze besonders wichtig. Eine erhöhte Zufuhr von L-Carnitin mit der Nahrung unterstützt den Fettstoffwechsel (Transport langkettiger Fettsäuren in die Mitochondrien). Eine Eiweißrestriktion ist mit größerer Vorsicht vorzunehmen als beim Hund, da der Stoffwechsel der Katze in Bezug auf die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten oder Eiweißen weniger flexibel ist (Nutzung der glucoplastischen Aminosäuren zur Synthese von Blutzucker auch bei proteinreduzierten Diäten mit hohem Kohlenhydratanteil). 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier Die wichtigste Lebererkrankung bei der Katze ist die Hepatische Lipidose, eine Entgleisung des Fettstoffwechsels, die lebensbedrohlich werden kann (zunächst Anorexie und Apathie, später Hepatoencephalopathie). Besonders gefährdet sind hierfür übergewichtige Katzen nach einer Hungerphase. Wichtigste diätetische Maßnahme bei diesen Patienten ist eine Aufrechterhaltung der enteralen Ernährung (hochkalorische Flüssignahrung mit biologisch hochwertigem Eiweiß mittels Sonde). Die Diät sollte jedoch keinen zu hohen Fettgehalt aufweisen, da dies nur zu einer weiteren Anflutung von Triglyceriden führen würde, die die geschädigte Leber nicht verstoffwechseln kann. Als Langzeitprophylaxe der Hepatischen Lipidose kann auch eine Reduktionsdiät zum Abbau des Übergewichtes angesehen werden. 6. Leberdiätetik ernährung in der Human- Auch bei humanen Leberpatienten ist der wichtigste Schlüsselpunkt der Diätetik eine bedarfsdeckende Energiezufuhr, da nur so eine optimale Unterstützung der reparativen Vorgänge am geschädigten Lebergewebe gewährleistet ist. Die auch beim leberkranken Menschen häufig zu beobachtende Insulinresistenz und Glucoseintoleranz mit hypoglykämischen Phasen rechtfertigt den Einsatz von Kohlenhydratquellen mit niedrigem glykämischen Index (gleichzeitig Einsparung von verzweigtkettigen Aminosäuren, die sonst zur Gluconeogenese herangezogen werden). In der Humanernährung eingesetzte mittelkettige Fettsäuren (MCT), die ohne Beteiligung der Galle verdaut werden können, werden von Hunden nur in begrenztem Maße vertragen. Beim Menschen stellen Gallensteine und hohe Blutcholesterinspiegel besonders häufige Probleme dar. Ein erhöhter Nahrungsfasergehalt wird auch für Humanpatienten empfohlen, allerdings primär zur Senkung des Cholesterinspiegels. Erhöhte Gehalte ungesättigter Fettsäuren in der Diät werden im Zusammenhang mit einer erhöhten Inzidenz von Gallensteinen diskutiert. Die in der humanen Leberdiätetik übliche Verwendung von Lactulose zur Hemmung der Ammoniumbildung im Darm findet auch in der Veterinärmedizin Anwendung, führt bei Hunden und Katzen aber nicht selten zu Durchfall. 7. Ausblick: Was gibt es Neues? Die Weiterentwicklung der Leberdiäten in nächster Zeit wird sich auf den Einsatz pflanzlicher Eiweißträger mit hoher Verdaulichkeit (z. B. Sojaprotein) und die Optimierung des Nahrungsfasergehaltes sowie der Kombination der Faserquellen konzentrieren. Von der Weiterentwicklung eines kombinierten Antioxidanzienzusatzes zum Futter (Stichwort: Zellschutz durch Abfangen freier Radikale) dürften auch die veterinärmedizinischen Leberpatienten in Zukunft profitieren. Literatur: Biourge, V. (2004): Diätetische Behandlung: Ein Schlüsselfaktor der Lebertherapie. Waltham Focus 14(2), S.2227 Biourge, V., Bourgeois, H., Dethioux, F., Marniquet, P., Pibot, P., und D. Van Pottelberge (2003) : Pflanzenproteine : Eine wertvolle Hilfe bei der Behandlung von Lebererkrankungen. In: Wissenschaftlicher Leitfaden zur klinischen Diätetik, Royal Canin S.A., Aimargues, Frankreich, 2003, S.44-47 Center, S. (2004): Hepatische Lipidose der Katze: Ätiologie, Diagnose, Behandlung. Waltham Focus 14 (2), S.12-21 Iben, C. (1996): Krankheiten der Leber. In: C. Iben: Diätmanagment bei Hund und Katze. Gustav Fischer Verlag, Jena, Stuttgart, 1996, S. 82-88 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier 43 Kasper, H. und W. Scheppach (1999): Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes. In: Biesalski, K., et al. (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Thieme Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 1999, S. 362-370 Meyer, H.P., und J. Rothuizen (1996): Chronic Hepatobiliary Disease. In: Kelly, N., und J. Wills (Hrsg.): Manual of companion animal nutrition and feeding. BSAVA, Gloucestershire, UK 1996, S. 137-143 Watson, P. ( 2004): Die Behandlung der Hepatische Enzephalopathie. Waltham Focus 14 (2), S. 4-6 Zentek, J. und H. Meyer (1998): Ernährung des Hundes – Grundlagen, Fütterung, Diätetik. Parey Buchverlag Berlin, 3. Auflage 1998, S. 244-250 44 1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier