1. Gießener Wintersymposium „Lebererkrankungen beim Kleintier“

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JUSTUS-LIEBIG
UNIVERSITÄT
GIESSEN
Fachbereich _______
Veterinärmedizin
1. Gießener
Wintersymposium
der Klinik für Kleintiere
(Innere Medizin und Chirurgie)
in Zusammenarbeit
mit der DGK-DVG
Samstag, 4. Dezember 2004
„Lebererkrankungen
beim Kleintier“
Referatesammlung des
1. Giessener Wintersymposiums
der
Klinik für Kleintiere
(Innere Medizin und Chirurgie)
in Zusammenarbeit mit der
DGK-DVG
„Lebererkrankungen
beim Kleintier“
Verantwortliche:
Prof. Dr. Martin Kramer, Organisator
Prof. Dr. Reto Neiger, Organisator
Silke Schmitz, Referatesammlung
Mario Pollok, Royal Canin-Organisator
Inhalt
Anatomie, Histologie und Embryologie der Leber
1
PD Dr. C. Pfarrer
Leberenzyme und –funktionstests
6
Prof. Dr. R. Neiger
Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber 10
und Angiographie
PD Dr. M. Gerwing
PD Dr. M. Schneider
Zytologie – Indikation und Interpretation
14
HDoz. Dr. A. Moritz
Leberbiopsien – was sagen sie uns?
19
Prof. Dr. E. Burkhard
Das hepatoenzephale Syndrom
23
Assist. Prof. Dr. F. Steffen
Der kongenitale Lebershunt – Neues zur Therapie
27
PD Dr. M. Schneider
Chirurgie der Leber
30
Prof. Dr. M. Kramer
Leberschutztherapie und andere therapeutische
Maßnahmen
35
Prof. Dr. R. Neiger
Diätetische Unterstützung des Leberpatienten
Dr. C. Schünemann
41
Autoren
Prof. Dr. Eberhardt Burkhard
Institut für Veterinärpathologie
Frankfurter Str. 96
35392 Giessen
PD Dr. Martin Gerwing
Klinik für Kleintiere
(Chirurgie)
Frankfurter Str. 108
35392 Giessen
Prof. Dr. Martin Kramer
Klinik für Kleintiere
(Chirurgie)
Frankfurter Str. 108
35392 Giessen
HDoz Dr. Andreas Moritz
Klinik für Kleintiere
(Innere Medizin)
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
Prof. Dr. Reto Neiger
Klinik für Kleintiere
(Innere Medizin)
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
PD Dr. Christiane Pfarrer
Zentrum für Frauenheilkunde
und Geburtshilfe
Justus-Liebig-Universität
Giessen
Klinikstr. 32
35392 Giessen
PD Dr. Matthias Schneider
Klinik für Kleintiere
(Innere Medizin)
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
Dr. Christian Schünemann
Royal Canin Tiernahrung
GmbH und Co.KG
Altenburger Str. 142
50968 Köln
Dr. med. vet. Frank Steffen,
Diplomate ECVN
Departement für Kleintiere
Neurologie/ Neurochirurgie
Winterthurerstr. 260
CH-8057 Zürich
Anatomie, Histologie und Embryologie der Leber
PD Dr. Christiane Pfarrer
Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Justus-Liebig-Universität,
Klinikstr. 32
35392 Giessen
Allgemeine Grundlagen
Die Leber (Hepar, Jecur) wird als die
größte Drüse des Körpers bezeichnet, dient
aber im Fetalleben als Blutbildungsorgan.
Postpartum übernehmen die Hepatozyten
weitere Stoffwechselfunktionen, wie die
Synthese von Proteinen und der
Gallenflüssigkeit, die Speicherung von
Glykogen, Fetten und fettlöslichen
Vitaminen, die Sekretion von Proteinen,
Glykogen
und
Galle
sowie
die
Metabolisierung und Entgiftung von
Steroiden
und
Pharmaka.
Von
Kupffer´sche Sternzellen, die aus dem
Knochenmark einwandern, phagozytieren
auffälliges Material aus dem Blut.
fließt. Dieser Blutstrom durch die Leber
wird aber durch den sich zwischen V.
umbilicalis sinistra und V. cava caudalis
entwickelnden Ductus venosus (Arantii)
umgangen. Klinisch bedeutsam ist hier das
Persistieren des Ductus venosus als
“Portocavaler Shunt” über 2-3 Tage post
partum hinaus.
1. Embryologie
Die Leber entwickelt sich aus einer
ventralen
Epithelknospe
des
hepatopankreatischen Ringes und wächst
als Leberdivertikel in das Septum
transversum (Teil des Mesogastrium
ventrale) vor. Die Anlage wächst schnell
und teilt sich in zwei Abschnitte, die
craniale Pars hepatica und die caudale Pars
cystica. In der Pars hepatica entwickelt
sich
über
Leberzellsprosse
das
Leberparenchym und das Epithel der
intrahepatischen
Gallengänge.
Die
Leberkapillaren entstehen aus den Vv.
vitellinae. Auch die Nabelvenen haben
eine Verbindung mit den Leberkapillaren,
wobei die rechte früh obliteriert. Die linke
V. umbilicalis bildet eine Anastomose zur
späteren V. portae aus, wodurch nährstoffund sauerstoffreiches Blut durch die Leber
Die Entwicklung von Leber und Pankreas
aus einem gemeinsamen Drüsenfeld führt
bei der Katze zu einem gemeinsamen
Ausführungsgang,
da
der
Ductus
choledochus zusammen mit dem Ductus
pancreaticus
als
Ampulla
hepatopancreatica auf der Papilla duodeni
major mündet. Hier sind klinisch
schwerwiegende Erkrankungen möglich,
wenn z.B. Gallensteine den Ductus
choledochus verlegen und so zu einem
Rückstau der Pankreassekrete und
nachfolgender akuter Pankreatitis führen.
Beim Hund dagegen münden Ductus
choledochus und Ductus pancreaticus in
der Regel getrennt auf der Papilla duodeni
major. Die gemeinsame Ampulle sowie die
getrennten Mündungen der Gänge besitzen
Schließmuskeln.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
1
2. Allgemeiner Aufbau
Die Leber von Hund und Katze besteht aus
einem Lobus hepatis dexter (dext.) und
sinister (sin.), die jeweils in einen medialen
und lateralen Bereich unterteilt sind und
rechts bzw. links der Porta hepatis liegen.
Ventral der Leberpforte liegt der Lobus
quadratus,
der links von dem Ligamentum (Lig.) teres
hepatis und rechts von der Vesica fellea
begrenzt wird. Dorsal der Porta hepatis
befindet sich der Lobus caudatus, der bei
Hund und Katze in einen rechts gelegenen
Processus (Proc.) caudatus sowie einen
nach links zeigenden Proc. papillaris
unterteilt wird. Die Lappen werden durch
Incisurae inter- und intralobares getrennt.
Im Bereich der Porta hepatis treten die
Arteria (A.) hepatica, die Vena (V.) portae
und Lymphkapillaren ein. Außerdem
liegen hier die Noduli lymphatici (Nll.)
hepatici seu portales. Der Abfluss der
Galle über Ductus hepatici, die zum
Ductus choledochus zusammenfließen,
erfolgt auch an der Porta hepatis.
Weiterhin setzt an der Porta hepatis das
Omentum minus mit seinem Lig.
hepatogastricum und Lig. hepatoduodenale
an.
Unterschieden werden eine Facies
diaphragmatica und eine Facies visceralis.
Der dorsale Rand wird aufgrund seiner
abgerundeten Form auch als Margo
obtusus bezeichnet, während der spitze
ventrale Rand, der in der Regel auch
tastbar ist, der Margo acutus ist. An der
Facies visceralis lassen sich die Eindrücke
der angrenzenden Organe als Impressio
oesophagea, gastrica, duodenalis, colica
und
renalis
erkennen.
2
3. Befestigung
Die Leberbänder entstehen aus dem
distalen Abschnitt des embryonalen
Mesogastrium ventrale. Eine Befestigung
nach oben erfolgt mittels der Ligg.
triangularia dext. und sin. rechts und links
im Bereich der Zwerchfellspfeiler. Die
Ligg. coronaria verbinden als Fortsetzung
der Ligg. triangularia die Vena cava mit
der craniodorsalen Seite der Leber. Das
Lig. falciforme ist das ehemalige Gekröse
der Nabelvene. Daher findet sich in seinem
freien Rand das Lig. teres hepatis, die
obliterierte Nabelvene.
4. Blutversorgung
Die V. portae bringt das nährstoffreiche
Blut aus dem Magen-Darmtrakt in die
Leber. Sie teilt sich in einen Ramus (R.)
dext. und sin., wobei der R. dext. nur den
Lobus dext. lateralis (lat.) und den Proc.
caudatus versorgt. Der R. sin. versorgt alle
anderen Leberlappen. Aus der Pars
transversa, die sich von der V. portae bis
zum Abgang des Ductus venosus erstreckt,
gehen die Äste für den Lobus dext.
medialis (med.) und den Proc. papillaris
hervor, während alle weiteren Lappen ihre
Äste aus der Pars umbilicalis erhalten, die
links des Ductus venosus ventralwärts
zieht. Alle Lappenvenen teilen sich in
Segment- und Interlobularäste, bevor sie in
die Lobuli hepatici eintreten.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Die A. hepatica verhält sich in ihrem
Aufzweigungsmodus entsprechend der V.
portae.
Die Vv. hepaticae sammeln das Blut nach
seinem Verlauf durch die Lebersinusoide.
Ähnlich der Aufteilung der V. portae,
entsorgen die V. hepatica dext. accessoria
und die V. hepatica dext. den Lobus dext.
lat. und den Proc. caudatus, während die V.
hepatica media und die V. hepatica sin. das
Blut aller anderen Leberlappen aufnehmen
und dieses über eine Erweiterung, den
Lacus venae cavae an die V. cava caud.
überführen.
7. Histologie
Die Leber ist von einer bindegewebigen
Kapsel umgeben, die von einer Serosa
(Peritonaeum) bedeckt ist. Das Interstitium
wird von blutgefäßführenden Septen
gebildet, die von der Kapsel ausgehen und
so das Parenchym in polygonale Lobuli
hepatici unterteilen.
5. Lymphgefäßversorgung
Die regionären Nll. hepatici seu portales
nehmen die Lymphkapillaren der Leber
auf. Allerdings wird auch Lymphe an die
Nll. gastrici, lienales und lumbales aortici
abgeführt.
6. Gallengangsystem
Zwischen den Hepatozyten gelegene
Gallenkapillaren
(Canaliculi
biliferi)
nehmen die Gallenflüssigkeit auf und
fließen zu den intra- und interlobulären
Ductuli biliferi zusammen, die wiederum
Ductus hepatici segmentales und lobares
bilden.
Bei der Katze vereinigen sich die
Lappengänge der linken Leberhälfte zum
Ductus hepaticus sin., während rechts die
Lappengänge getrennt in den langen
Ductus cysticus eintreten. Auch beim
Hund
ist
der
Zusammenfluss
variationsreich,
allerdings
scheinen
vorwiegend
isolierte
Lappengänge
aufzutreten, die einzeln in den Ductus
cysticus münden. Die letzte Einmündung
markiert den Beginn des Ductus
choledochus, der auf der Papilla duodeni
major mündet (weitere Details, siehe oben,
Embryologie).
Die Vesica fellea liegt fest mit der Leber
verwachsen in der Fossa vesicae fellae und
erreicht
beim
Hund
die
Facies
diaphragmatica. Sie besteht aus Corpus,
blind endendem Fundus und Collum.
Im Interstitium in den Winkeln zwischen
jeweils zwei bis vier Lobuli hepatici liegen
charakteristisch immer eine kleinlumige,
muskelstarke Arterie (A. interlobularis),
eine weitlumige Vene (V. interlobularis)
und ein mit isoprismatischem Epithel
ausgekleideter
Gallengang
(Ductus
interlobularis bilifer). Diese Anordnung
wird als Glisson´sche Trias bezeichnet.
Die Lobuli hepatici bestehen aus Laminae
hepaticae. Das sind in Platten oder Balken
angeordnete Hepatozyten zwischen denen
endothelbegrenzte Sinusoide liegen.
Die
miteinander
anstomosierenden
Lebersinusoide unterscheiden sich in
mehrfacher Hinsicht von “normalen”
Blutgefäßen.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
3
Sie besitzen Endothelzellen mit Poren und
interzelluläre Spalten. Dagegen fehlt eine
Basalmembran. Weiterhin übernehmen
von Kupffer´sche (Stern)Zellen, sekundär
aus dem Knochenmark eingewanderte
Zellen
des
mononukleären
Phagozytosesystems, die unspezifische
Abwehr.
Zwischen den Leberzellbälkchen und den
Lebersinusoiden liegt ein schmaler
Spaltraum, der Dissé Raum. Das freie
Übertreten von Stoffen wird einseits durch
die Mikrovilli der Hepatozyten und
anderseits die fehlende Basalmembran
erleichtert.
In der Mitte eines Läppchens liegt jeweils
eine V. centralis. Äste der V. portae und
der A. hepatica, die Aa. und Vv.
interlobulares ergießen sich in die
Lebersinusoide und durchfließen diese in
Richtung der V. centralis. Damit handelt es
sich um arteriovenöses Mischblut. Aus den
Vv. centrales wird das Blut über die Vv.
hepaticae in die V. cava caud. abgegeben.
4
Die
Einheit
eines
polygonalen
Leberläppchens mit einer Zentralvene ist
rein deskriptiv. Funktionell wird die Leber
in periportale Läppchen oder Leberazini
eingeteilt. Ein periportales Läppchen wird
durch jeweils drei Zentralvenen begrenzt,
mit einer Glisson´schen Trias im Zentrum.
Damit wird das Einzugsgebiet der
Gallenkapillare
umrissen
und
der
funktionell-sekretorische Drüsencharakter
der Leber näher definiert. Ein Leberazinus
erstreckt sich zwischen zwei Glisson´schen
Triaden und reicht beidseits bis an die
zugehörigen Zentralvenen. Hier liegt die
vaskuläre Grundstruktur im Fokus, die
unterschiedliche Stoffwechselaktivitäten
widerspiegelt,
da
sich
die
Zusammensetzung des Blutes abhängig
von der Entfernung von den zuleitenden
Interlobargefäßen
verändert.
Hieraus
ergeben sich vom Läppchenrand gesehen
drei Zonen, die Zona peripheralis,
intermedia und centralis. In der Peripherie
laufen oxidative Prozesse, Glukoneogenese
und die Azetylierung von Fettsäuren ab,
während im Zentrum hauptsächlich
anaerobe Vorgänge, wie Entgiftungen und
Lipogenese erfolgen.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
8. Literatur
Frewein J, Vollmerhaus B: Anatomie von
Hund und Katze. Blackwell, Berlin 1994.
Nickel R, Schummer A, Seiferle E:
Lehrbuch der Anatomie der Haustiere.
Band II: Eingeweide. 8. Auflage. Parey,
Berlin 1999.
Liebich H-G: Funktionelle Histologie der
Haussäugetiere. 4. Auflage. Schattauer,
Stuttgart, New York 2004.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
5
Leberenzyme und –funktionstests
Reto Neiger, Prof. Dr. med. vet, Dipl. ECVIM-CA
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
Die Diagnose einer Lebererkrankung
erfolgt primär durch klinische Symptome
(Ikterus, Aszites) und Labortests, aber auch
bildgebende Verfahren sind sehr wichtig.
Obschon es viele Labortests gibt, sind alle
ungeeignet
um
eine
spezifische
ätiopathogenetische Diagnose zu erhalten
und
eine
Feinnadelaspiration
mit
anschießender Zytologie oder eine Biopsie
mit Histologie sind dafür notwendig.
„Lebertests“
werden
unterteilt
in
Leberenzymuntersuchungen,
einfache
Leberfunktionstests
und
dynamische
Leberfunktionstests.
Leberenzyme
Die Leberenzymtests werden eingeteilt in
solche die 1) eine hepatozelluläre
Schädigung anzeigen und 2) eine erhöhte
Produktion
stimuliert
durch
einen
Gallestau
oder
eine
Medikamenteninduktion anzeigen. Die
Höhe und Dauer der Enzymerhöhung
hängt vom Typ der Erkrankung, dem
Schweregrad und Chronizität / Akutheit
sowie der Spezies ab. Sie besagen nichts
über die Reperationsfähigkeit der Leber
und geben keinen prognostischen Hinweis.
Hepatozelluläre Schädigung
Hepatozyten des Hundes und der Katze
beinhalten
im
Zytoplasma
viel
Alaninaminotransferase
(ALT).
Eine
veränderte Permeabilität der Hepatozyten
bedingt durch eine Schädigung oder eine
metabolische Störung resultieren in einem
„Ausfluss“ dieses wasserlöslichen Enzyms.
Nach einer akuten, diffusen Schädigung ist
die Höhe der Serumenzymspiegels
ungefähr proportional zur Menge der
betroffenen Hepatozyten. Die Plasma6
Halbwertszeit von ALT ist einige Stunden;
andere Faktoren sind jedoch für das
Absinken des Enzyms im Serum
mitverantwortlich, so dass es nach einer
akuten Störung mehrere Tage dauern kann
bis der Spiegel wieder im Normbereich
liegt. Ein weiteres im Zytoplasma von
Hepatozyten vorkommendes Enzym ist
Aspartataminotransferase (AST), jedoch
gibt es weitere Gewebe, welche einen
hohen AST-Gehalt haben, so in erster
Linie Muskel. Dies führt dazu, dass eine
Muskelschädigung
als
auch
eine
Hepatozytenschädigung beide zu einem
AST-Anstieg führen. Ersteres kann jedoch
durch
die
Untersuchung
anderer
Muskelenzyme (Kreatininkinase – CK)
unterschieden werden. Beide Enzyme sind
weder spezifisch noch sensitiv, d.h. sowohl
sekundäre
Leberveränderungen
(Hyperadrenokortizismus,
Diabetes
mellitus, etc) als auch nicht spezifische
Induktion durch Medikamente (Steroide,
Phenobarbital, etc) können zu einer
Erhöhung führen. Zudem kann die
Erhöhung der Enzyme keinen Hinweis auf
die Ursache der Hepatopathie geben.
Anzeichen
von
Gallenstau
oder
Medikamenteninduziert
Alkalische Phosphatase (AP) und GammaGlutamyltransferase (γ-GT) sind in den
Hepatozyten nur zu geringer Menge
vorhanden aber beide können im Serum
stark erhöht sein bedingt durch einen
Gallestau (Cholestase) aber auch durch
eine
Medikamenteninduktion.
Die
Lokalisation
dieser
Enzyme
ist
membrangebunden – AP mit Membranen
der Ductuli canaliculi und γ-GT mit
Epithelzellen des Gallenduktussystems.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Die Plasma-Halbwertszeit von AP beträgt
ca. 60-70 Stunden beim Hund aber nur
etwa 6 Stunden bei der Katze. Nach einer
akuten Leberzellschädigung kommt es
normalerweise nur zu einem minimaler
Anstieg von AP. Eine Störung der
hepatobiliären Architektur führ jedoch
innert Stunden zu einem recht massiven
Anstieg,
bedingt
durch
eine
Gallenabflussstörung. Nach einem akuten
Insult kommt es während der Reparation
normalerweise zu einem langsamen
Absinken der Transferasen (ALT und
AST) während AP erst noch hoch bleibt
(und teilweise gar ansteigt) bis die fokale
Cholestase geheilt ist. Demzufolge ist AP
in der Regel das letzte Enzym das wieder
in den Normbereich kommt. Eine massive
Cholestase führt initial nur zu AP
Erhöhung und – wenn massive und lange
genug anhaltend – auch zu einer
Hyperbilirubinämie
bedingt
durch
Bilirubinausscheidungsstörung (s.später).
Die Höhe der AP-Erhöhung sagt über
Ursache und Dauer der Erkrankung nichts
aus.
Eine AP-Erhöhung wird auch nach
Glucokortikoidgabe (nur Hund) und Gabe
von Antiepileptika gesehen. Es gibt einen
starken individuellen Unterschied, wie
hoch
die
Enzyme
nach
Medikamenteninduktion ansteigen, eine
Hyperbilirubinämie ist jedoch nie dabei.
Der Autor hat beim Hund schon AP >
20000U/L rein bedingt durch einen
Hyperadrenokortizismus ohne primäre
Lebererkrankung
gesehen.
Steroidinduziertes
AP
kann
zwar
mit
verschiedenen Methoden gemessen und
somit vom „Gesamt-AP“ subtrahiert
werden, um „nur“ die Leber-AP zu
eruieren; diese Tests haben sich jedoch als
zu wenig akkurat herausgestellt und sollten
nicht benutzt werden.
In einigen Fällen kommt es trotz
Regeneration der Leber nicht zum
erwarteten Absinken der „Leberenzyme“.
Diese hoch-molekulären Enzyme sind
beim Menschen bedingt durch eine
Bindung der Enzyme (ALT, AST, AP, γ-
GT) an Immunoglobuline oder nichtImmunoglobulinähnliche Proteine und
demzufolge
kommt
es
zu
einer
verminderten
Clearence.
Ähnliche
Phänomene sind z.Z. beim Tier nicht
bekannt, können jedoch vermutet werden.
Einfache Leberfunktionstests
Albumin
Albumin wird ausschließlich von der Leber
produziert, wenn genügend Aminosäuren
in der Nahrung vorhanden sind. Hund und
Katze haben an und für sich eine sehr
große
Reservekapazität
für
die
Albuminproduktion, somit ist eine
verminderte Albuminkonzentration ein
sehr sensitiver Lebermarker. Andere
Ursachen
einer
verminderten
Albuminkonzentration
sind
jedoch
auszuschließen,
so
eine
Proteinverlustnephropathie
und
eine
Proteinverlustenteropathie. Albumin ist
auch ein negatives Akute-Phasen-Protein
und wird bei einer Entzündung vermindert
produziert.
Glucose
Die Leber ist hauptbeteiligt um dem
Glucosespiegel im Blut im Normbereich zu
halten, bedingt durch die Glycogenolyse,
die Gluconeogenese und viele weitere
Mechanismen. Bei einer fulminanten
Leberinsuffizienz kann es somit auch zu
einer Hypoglykämie kommen. Glukose ist
jedoch
recht
insensitiv
als
Leberfunktionstest, da andere Ursachen
einer Hypoglykämie häufiger sind, wie
Insulinom, Sepsis, Zwerghund oder
Insulin-Überdosierung
bei
Diabetes
mellitus.
Bei
der
Katze
mit
portosystemischem Shunt ist eine milde
Hypoglykämie jedoch nicht selten zu
sehen.
Harnstoff
Der
intrahepatisch
gelegene
Harnstoffzyklus ist der Hauptmechanismus
wie intestinal-aufgenommenes Ammoniak
in Harnstoff umgewandelt wird.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
7
Bei einer Leberinsuffizienz, v.a. aber bei
einem portosystemischen Shunt wird
dieser Umbau nicht mehr adäquat
durchgeführt und ein erniedrigter Harnstoff
im Serum wird gefunden. Während nur
wenige andere Ursachen für erniedrigten
Harnstoff
vorkommen
(proteinarme
Fütterung) kann durch die oft gleichzeitig
vorhandene leichte Azotämie dieses
Merkmal überdeckt sein (und Harnstoff ist
im Normbereich).
(van-den Berg Reaktion) hilft beim
Kleintier nicht zur Unterscheidung in prähepatische
oder
hepatische
Hyperbilirubinämie (oder Ikterus). Bei
einer Hyperbilirubinämie sollten erst eine
Hämatokritbestimmung
sowie
eine
Blutausstichuntersuchung erfolgen – falls
keine oder nur eine geringe Anämie
vorliegt ist die Hyperbilirubinämie fast
sicher hepatobiliär im Ursprung.
Cholesterin
Die Leber erhält via Portalkreislauf alles
Blut aus dem Darmtrakt und somit auch
die aufgenommenen Futterbestandteile.
Weiter wird auch die Lymphe primär in die
Leber geleitet. Hier kommt es nun zur
Produktion verschiedener Fette aus langund kurzkettigen Fettsäuren und aus
Triglizeriden. Eine Hepatopathie kann nun
zu
einer
verminderten
Cholesterinproduktion
führen.
Interessanterweise kommt es bei massiver
Cholestase teilweise auch zu einer
Hypercholesterinämie
–
somit
ist
Cholesterin als „Leberfunktionstest“ kaum
geeignet.
Dynamische Leberfunktionstests
Gallensäuren
In der Leber gebildete Gallensäuren
(konjugiert und unkonjugiert) werden via
Gallenkanälchen in die Gallenblase
transportiert.
Bei
Futteraufnahme
(insbesondere
fettreich)
kommt
es
reflektorisch zu einer Ausschüttung
verschiedenster
Hormone,
u.a.
Cholezytokinin und Sekretin und damit zu
einer Kontraktion der Gallenblasenwand.
Gallensäuren werden in den Darm
befördert und sind nun an der
Fettverdauung beteiligt. Während die
freien Fettsäuren und Triglizeride auf der
gesamten
Länge
des
Dünndarmes
resorbiert werden können, ist eine
Resorption von Gallensäuren nur im Ileum
möglich. Gallensäuren werden nun via
Portalkreislauf in die Leber transportiert,
herausgefiltert („Recycling“) und erneut in
den Dünndarm transportiert, um bei der
Fettverdauung weiter zu helfen – der
enterohepatische Kreislauf. Gallensäuren
sind für die Diagnose einer Hepatopathie
sehr sensitiv und es kommt zu einer
Erhöhung von basalen Gallensäuren bevor
eine Hyperbilirubinämie entsteht. Somit ist
die Messung von Gallensäuren beim
ikterischen Patienten nicht indiziert. Der
enterohepatische Kreislauf kann ausgelöst
werden, indem dem Tier Futter angeboten
wird und Gallensäuren 2 Stunden nach der
Fütterung (normales Futter, ca 1/3 der
Tagesration) gemessen werden. Dies führt
beim normalen Tier nur zu einem minimal
erhöhten Resultat im Vergleich zur
gefasteten Gallensäuremessung.
Bilirubin
Bilirubin
ist
hauptsächlich
das
Abbauprodukt alternder Erythrozyten,
welche durch das Makrophagensystem in
Leber und Milz aus der Zirkulation
entfernt werden. An Albumin-gekoppeltes
Bilirubin wird in die Hepatozyten
aufgenommen und hier konjugiert, um
Bilirubin wasserlöslich zu machen. Als
nächstes wird konjugiertes Bilirubin in die
Gallekanälchen ausgeschieden, wobei
dieser Schritt bei Hund und Katze der
„rate-limiting
Stepp“
bei
der
Bilirubinausscheidung ist. Im Darm wird
Bilirubin
erst
in
Urobilinogen
umgewandelt und entweder erneut
absorbiert und dann via Niere (oder Leber)
ausgeschieden oder durch Darmbakterien
in Stercobilin umgewandelt und bildet hier
den braunen Farbstoff des Kots. Die
Bestimmung von konjugiertem (direktem)
und unkonjugiertem (indirektem) Bilirubin
8
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Bei einer Hepatopathie, insbesondere aber
beim portosystemischen Shunt sind
postprandiale Gallensäuren massiv erhöht.
Eine Gallenblasenkontraktion kann auch
durch
synthetisches
Cholezystokinin
(Takus) simuliert werden und Gallensäuren
werden 20 und 40 Minuten nach
intravenöser
Injektion
gemessen.
Gallensäuren sind sehr stabil und können
problemlos in ein Labor verschickt
werden. Wie die Leberenzyme ist aber ein
erhöhter
Gallensäurespiegel
nicht
spezifisch da praktisch alle Hepatopathien
dazu führen. Auch können sekundäre
Leberprobleme (Hyperadrenokortizismus)
und
chronische
Enteropathien
zu
mittelgradiger Erhöhung von Gallensäuren
führen.
Ammoniak
Wie bereits erwähnt ist die Leber für die
Metabolisierung von aus dem Darmtrakt
aufgenommenem Ammoniak zu Harnstoff
verantwortlich. Eine Hepatopathie kann
demzufolge zu einer Erhöhung von
Ammoniak führen. Ammoniak wird auch
als Substanz angesehen, welche für die
Auslösung einer Hepatoenzephalopathie
mitverantwortlich ist. Es hat sich aber
gezeigt, dass es keine Korrelation
zwischen
Ammoniak
und
dem
Schweregrad der Symptome gibt, d.h. auch
bei normalem Ammoniak können Tiere
massive Symptome zeigen oder bei sehr
hohem Ammoniak kann das Tier praktisch
symptomfrei sein.
Ammoniak ist eine sehr labile Substanz
und muss innert Minuten gemessen
werden. In der Praxis kann entweder ein
dafür geeigneter „Ammoniak-Checker“
verwendet werden, doch sind diese
Resultate nicht immer akkurat und geben
mehr einen Trend. Andererseits kann
Serum auf Eis gelagert ins nächste Labor
transportiert
werden
(u.a.
auch
Humanspital) und die Werte sind
aussagekräftig.
Bei normalem basalen Ammoniak kann ein
Ammoniak-Stimulationstest durchgeführt
werden. Ammoniumchlorid wird oral oder
rektal verabreicht und 30 bis 60 Minuten
später wird Ammoniak im Serum
gemessen. Bei Tieren mit latenter
Hepatoenzephalopathie kann dies jedoch
zu einer fulminanten Krise führen und der
Test sollte nur bei klarer Indikation
durchgeführt werden.
Gerinnungstests
Die Leber produziert mit Ausnahme von
Faktor VIII alle Gerinnungsfaktoren. Bei
einer Leberinsuffizienz kann es somit
(auch durch verminderte Vit-K Aufnahme)
zu einer Gerinnungstendenz kommen, die
klinisch oft nicht manifest ist. Vor der
Durchführung einer Leberbiopsie sind
Gerinnungstests obligatorisch, aber diese
Tests können teilweise auch als
Leberfunktionstests eingesetzt werden.
Referenzen
können
angefordert werden.
beim
Autor
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
9
Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber
I. Ultraschall der Leber bei Hund und Katze
Martin Gerwing, PD Dr. med. vet., Dipl. ECVDI,
Martin Kramer, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVDI,
Ursula Michele, PD Dr. med. vet.
Klinik für Kleintiere (Chirurgie)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 108
35392 Giessen
Indikationen für die Lebersonographie
sind
unklare
palpatorische
oder
radiologische Befunde im Bereich des
kranialen
Abdomens,
Ikterus,
Laborwertveränderungen,
Traumen,
Verdacht auf Zwerchfellruptur, Hernia
diaphragmatica oder Hernia peritoneopericardialis,
Verdacht
auf
portosystemischen Shunt oder beim
Abdominalscreening.
Wegen der kranialen Lage der Leber, meist
vollständig
im
Rippengestützen
Bauchraum,
sind
nur
Konvex-,
Mikrokonvex- oder Sektorschallköpfe mit
einer Frequenz von 5 MHz geeignet. Bei
sehr kleinen Hunderassen (z.B. Yorkshire)
und bei Katzen sind 7,5 MHz
empfehlenswert.
Die Tiere befinden sich bei der
Ultraschalluntersuchung der Leber in
Rückenoder
Seitenlage.
Die
Auflagefläche des Schallkopfes liegt
kaudal des Rippenbogens bzw. Xiphoids
und/oder interkostal. Die Schallrichtung
erfolgt gekippt von kaudal nach kranial.
Die Bestimmung der exakten Lebergröße
ist sonographisch nicht möglich. Das
reflexreiche Kapselecho wird nur bei
orthogradem Anschallwinkel sichtbar.
Nach kranial wird das Organ vom
hyperechogenen Streifen des Diaphragmas
und nach kaudal vom Magen begrenzt. Die
normale Leberoberfläche stellt sich
sonographisch glatt und regelmäßig, das
physiologische
Binnenstrukturmuster
homogen, echoärmer als das Milzgewebe
und diffus von Gefäßen durchsetzt dar. Die
10
Gefäße des Pfortadersystems unterscheiden
sich sonographisch von denen der Vena
cava caudalis durch ihre reflexreiche Wand
(sog. Uferbefestigung). Arterien und
Gallengänge sind normalerweise nicht
sichtbar.
Man unterscheidet diffuse von fokalen
Leberveränderungen.
Diffuse
Binnenstruktur-veränderungen
können
sonographisch nicht immer sicher erkannt
werden, und sind meist einer bestimmten
Erkrankung
nur
mittels
Biopsie
zuzuordnen
(Tumorose,
Zirrhose,
Degeneration,
Hepatitis,
chronische
Leberstauung).
Lebertumoren können diffus oder fokal
auftreten. Fokale Lebertumoren sind im
Reflexmuster sehr vielgestaltig. Sie sind
meist runde Gebilde verschiedener Größe,
können
über
die
Leberoberfläche
hinausgehen, sind homogen bis hochgradig
inhomogen und praktisch echolos bis
echoreich. Auch ein nebeneinander all
dieser Echomuster kommt vor. Die
sonographische Diagnose des Tumortyps
ist nicht möglich. Die Differenzierung von
anderen herdförmigen Veränderungen
(z.B. Abszeß, Hämatom oder Zyste) ist
sonographisch alleine häufig nicht
möglich.
Zysten im Leberparenchym sind bei
Hunden sehr selten und solitär, während
sie bei Katzen, hier vor allem Perser beim
sogenannten polyzystischen Syndrom
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
(betroffen sind Nieren und Leber), relativ
häufig und im gesamten Parenchym
ist unregelmäßig begrenzt. Aszites liegt
häufig zusätzlich vor.
vorkommen können.
Sie sind variabel in der Größe, rundlich bis
ovoid, echolos im Lumen und besitzen eine
mehr oder weniger deutliche Wandung.
Auch bei den verschiedenen Formen der
Hepatitis besitzt das Leberparenchym ein
inhomogenes, reflexarmes bis reflexreiches
Aussehen.
Nach Traumen oder Punktionen können
Leberhämatome entstehen. Sie sind
sonographisch sicher ab einer Größe von
2-3mm sichtbar. Das Aussehen dieser
Gebilde schwankt in Abhängigkeit von
Größe, Lokalisation und Alter erheblich.
Die Form ist rundlich bis unregelmäßig
begrenzt. Das zunächst homogene,
echoarme bis echolose Lumen wird mit
einsetzender Koagulation und Organisation
immer inhomogener und echogener. Später
ist kaum noch Flüssigkeit nachweisbar.
Das ältere Hämatom ähnelt immer mehr
einem Tumor. Akute Leberrisse können
üblicherweise sonographisch nicht direkt
nachgewiesen werden.
Die Fettleber ist noch am sichersten von
allen diffusen Parenchymveränderungen
der Leber mittels Ultraschall zu
diagnostizieren. Ihre Binnenstruktur sollte
mit der der Milz verglichen werden. Die
Leber zeigt eine sogenannte „milzige
Struktur“. Sie erscheint homogen echogen.
Es sind nur noch die großen Gefäße
sichtbar. Die Leber ist deutlich vergrößert
und ragt aus dem Thorax-gestützten
Bauchraum heraus. Die Leberränder sind
deutlich abgerundet.
Leberabszeße besitzen ein ähnliches
Ultraschallbild
wie
Zysten
oder
Hämatome.
Sie
stellen
sich
als
unregelmäßig begrenzte bis rundliche
Areale dar. Das Zentrum ist reflexlos bis
reflexarm mit mehr oder weniger
korpuskulären
Bestandteilen.
Die
Abszeßkapsel kann als echogene Wand
sichtbar sein. Als Zeichen für Flüssigkeit
tritt das Artefakt distale Schallverstärkung
auf.
Leberverkalkungen stellen sich bei
Hunden als unterschiedlich große, sehr
reflexreiche Gebilde mit deutlichem
Schallschatten
dar.
Das
übrige
Leberparenchym erscheint unverändert. Es
sind Zufallsbefunde die ggf. Metaplasien
durch früheren Askaridenbefall darstellen.
Die Leberzirrhose ist sonographisch
gekennzeichnet durch eine fibrotisch
bedingte Erhöhung der Grundreflexdichte.
Das Echomuster ist mittel- bis hochgradig
inhomogen, und die Oberfläche der Leber
Die akute Leberstauung zeigt sich in
einer echoärmeren Grundstruktur des
Gewebes mit Abrundung der Ränder. Die
Lebervenen stellen sich vergrößert dar, und
imponieren im Leberparenchym deutlich.
Diese Veränderungen werden bei der
chronischen Stauung charakteristischer.
Die Binnenstruktur wird inhomoger mit
Reflexverdichtung. Dies wird durch
fibrotische Umbauvorgänge verursacht.
Die Wandung des intrahepatischen
Pfortadersystems nimmt an Dicke zu und
erscheint unregelmäßiger begrenzt. Ein
Aszites erleichtert häufig die Diagnose.
Beim portosystemischen Shunt ist die
Leber extrem klein und besitzt eine
„milzige Struktur“. Meist sind keine
Gefäße nachweisbar. Der intrahepatische
Shunt ist relativ einfach sonographisch
sichtbar. Man erkennt das Shuntgefäß als
häufig kommaförmiges, echoloses Gebilde
im
echogenen
Leberparenchym.
Extrahepatische Shunts sind schwierig
mittels Ultraschall zu diagnostizieren. Die
Erfahrung des Untersuchers spielt eine
große Rolle.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
11
Die
Darstellung
der
Leber
bei
Lageveränderungen,
z.
B.
beim
Zwerchfellriß,
gestaltet
sich
am
einfachsten bei interkostaler Ankopplung
des Scanners. Das Organ wird dann neben
dem schlagenden Herzen lokalisiert. Die
Rupturstelle wird im Normalfall nicht
gesehen.
Das Spiegelartefakt der Leber muß bei
abdominaler Ankopplung beachtet werden.
Die Indikationen und die Durchführung der
Sonographie der Gallenblase entsprechen
denen der Leber. Sie stellt sich länglich bis
oval, echolos mit reflexreicher, dünner
Wand dar.
Eingedickte Galle (Schlick, Sludge)
erscheint echoarm bis mit mittlerem
Echomuster und liegt immer an der tiefsten
Stelle. Die Größe des Organs schwankt
nahrungsabhängig.
Die
normalen
Gallengänge sind nicht sichtbar.
Gallensteine sind sonographisch immer
sichtbar. Je nach Kalzifizierung und Größe
besitzen
sie
einen
Schallschatten.
Sogenannte
Inspissationskonkremente
besitzen keinen Schallschatten.
Gallenblasenwandödeme,
bzw.
entzündungen erscheinen sonographisch
mit Verdickung der reflexreichen Wand
und einer unruhigen Struktur der inneren
Wandbegrenzung. Eine echolose Bande
schließt sich nach außen an (Wandödem).
Die Flüssigkeit im Lumen ist mit
korpuskulären Bestandteilen durchsetzt.
Bei Katzen sind die Gallengänge bei
entzündlichen Prozessen (CholangitisCholangiohepatitis-Komplex)
meist
gestaut (traubenartige Strukturen, durch
den torquierten Verlauf der Gallengänge).
Gallenblasentumoren
liegen
wandständig,
besitzen
verschiedene
Formen, sind homogen bis
inhomogen, reflexarm bis reflexreich.
Gallenblasenkarzinome können meist von
Lebertumoren
sonographisch
nicht
unterschieden werden.
12
Gallenblasenrupturen
lassen
sich
normalerweise nicht direkt nachweisen.
Das Fehlen der Blase kann allerdings als
Hinweis gewertet werden.
Die Punktion und Biopsie der Leber ist
zur vollständigen Diagnostik häufig
notwendig.
Indikationen bestehen bei Hepatopathien
oder Hepatomegalien, bei unklaren
Gebilden in der Leber oder bei
therapeutischen
Maßnahmen
(z.B.
Aspiration von Abszessen).
Die ultraschallgezielte Punktion/Biopsie
mittels einer Biopsiehilfe, die fest am
Schallkopf adaptiert wird, ist in der
Veterinärmedizin die Methode der Wahl.
Spezielle Nadeltypen finden Verwendung
(z.B. Chiba- oder Tru-cut- Nadeln). Durch
die ständige Sichtkontrolle können Herde
von wenigen Millimetern Durchmesser
exakt getroffen werden.
Zur Vermeidung von Risiken muß der
Gerinnungsstatus
und
das
Allgemeinbefinden des Patienten vor
diesem invasiven Verfahren überprüft
werden.
Das
Tier
sollte,
um
Abwehrbewegungen
zu
vermeiden,
zumindest sediert werden. Der Patient wird
wie für eine Operation vorbereitet. Die
Punktion/Biopsie der Leber erfolgt meist
von
links,
paramedian.
Die
Punktionsrichtung erfolgt von kaudoventral nach kranio-dorsal. Größere
Lebergefäße und die Gallenblase dürfen
nicht angestochen werden.
Das Anritzen der Organkapsel kann durch
rasches Vorführen der Nadel in das
Leberparenchym, möglichst in der
Atempause, vermieden werden.
Gefahren
bei
unsachgemäßer
Durchführung der Punktion/Biopsie sind:
Größere Blutungen, Peritonitis (gallig,
eitrig),
Tumorverschleppung,
Pneumothorax oder arterio-venöse Fisteln.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Die Gewinnung von aussagekräftigem
Material ist die Voraussetzung für die
Auswertung durch eine histologische,
zytologische
oder
bakteriologische
Untersuchung.
Die entscheidenden Faktoren für den
erfolgreichen Eingriff sind die richtige
Indikationstellung,
die
ausreichende
Erfahrung des Untersuchers mit der
Sonographie,
den
notwendigen
Instrumentarien und deren Umgang.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
13
Bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Leber
II. Angiographie der Pfortader
Matthias Schneider, PD Dr. med.vet., Dipl. ECVIM-CA (Cardiology)
Madeleine Plassmann
Stefanie Scheid
Stephan Bayer
Andreas Stosic
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
1. Indikation
Die häufigste Indikation zur Durchführung
einer
Angiographie
der
Pfortader
(Portographie) ist die morphologische
Darstellung
von
angeborenen
portosystemischen Shunt-Verbindungen.
Sehr viel seltener wird sie zum Nachweis
einer portalen Hypertension in Folge
schwerer Lebererkrankung (Zirrhose) oder
Pfortader-Thrombose durchgeführt.
Neben der Angiographie kann mit dem
Katheter
auch
der
Pfortaderdruck
gemessen werden.
2. Methoden
Folgende
Aufzählung
zeigt
einige
Methoden zur Durchführung einer
Portographie:
offene Portographie (MesenterialvenenPortographie und Milzvenen-Portographie)
transkutane
Portographie
(SplenoPortographie
und
transhepatische
Portographie)
retrograde Portographie
transkutane Portographie nach Zugang
über die Milzvene
Bei der offenen Portographie wird nach
einem kleinen Laparatomieschnitt ein
Venenverweilkatheter (20 bis 22 G) in eine
14
Mesenterialvene oder aber durch das
Milzgewebe in eine Milzvene eingebracht.
Nachteil bei dieser Methode ist der geringe
Durchmesser des Katheters, und damit eine
niedrige Flußrate für das Kontrastmittel
sowie eine schlechte Druckmessung.
Die transhepatische Portographie kann bei
Patienten mit einem portosystemischen
Shunt nicht durchgeführt werden, da die
intrahepatischen
Pfortaderäste
hypoplastisch sind.
Bei der transkutanen Spleno-Portographie
wird das Kontrastmittel direkt in das
Milzgewebe injiziert. Aufgrund der guten
Durchblutung der Milz fließt dieses rasch
über die Milzvene in die Pfortader. Bei
kleinen Patienten (bis etwa 5 kg) bietet
diese Methode ein gutes diagnostisches
Hilfsmittel. Bei größeren Patienten ist
jedoch
in
der
Regel
die
Kontrastmitteldichte in der Pfortader zu
gering.
Bei der retrograden Portographie wird ein
Katheter (4-5 French) von der Vena cava
caudalis ausgehend durch den Shunt bis in
die Pfortader vorgeschoben. Diese
Methode setzt die exakte Kenntnis der
Lage der Shunt-Mündung in die Vena cava
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
aus
einer
vorher
durchgeführten
Ultraschalluntersuchung voraus.
Besteht kein Shunt oder aber die ShuntMündung ist im Ultraschall nicht
einsehbar, so kann eine transkutane
Portographie mit Zugang über die
Milzvenen erfolgen. Dabei wird unter
Ultraschallkontrolle
eine
Milzvene
innerhalb des Milzparenchyms punktiert.
Nach Legen eines Führungsdrahtes wird
ein Katheter (3-5 French) bis in die
Pfortader vorgeschoben.
Sowohl bei der retrograden Portographie
als auch bei der transkutanen Portographie
über die Milzvene kann aufgrund des
großen Katheterdurchmessers eine hohe
Kontrastmittelflußrate erzielt und der
Pfortaderdruck exakt bestimmt werden.
3. Durchführung und Auswertung
In Vollnarkose wird der Patient in
Rückenlage auf dem Untersuchungstisch
fixiert. Nach Positionierung des Katheters
in der Pfortader (retrograd oder transkutan
über die Milzvene) erfolgt die Injektion
eines jodhaltigen Kontrastmittels (0,5 bis
1,0 ml/kg). Die Aufzeichnung der
Angiographie sollte in beiden Ebenen
erfolgen. Neben der Shunt-Morphologie
und dem Shunt-Durchmesser wird der
Entwicklungsgrad der intrahepatischen
Pfortadergefäße beurteilt.
Bei den intrahepatischen Shunts wird in
links-, rechts- und zentralmündende Shunts
unterschieden.
Die
Mehrzahl
der
intrahepatischen Shunts mündet nicht
direkt in die Vena cava caudalis, sondern
in eine Lebervene.
Die meisten kongenitalen extrahepatischen
Shunts münden knapp kaudal der Leber in
die Vena cava caudalis ausgehend von der
Milz/Magenvene. Seltener sind Shunts zur
Vena
azygos
oder
zur
Vena
diaphragmatica.
Bei einer portalen Hypertension lassen sich
multiple erworbene extrahepatische Shunts
zur Vena cava caudalis meist auf Höhe der
Nieren nachweisen.
Im Anschluß an die Portographie wird der
Druck in der Pfortader und in der Vena
cava gemessen. Die physiologische
Differenz beträgt ca. 3-5 cm H2O. Bei
einem kongenitalen Shunt besteht keine
oder nur eine geringe und bei einer
portalen Hypertension eine erhöhte
Druckdifferenz.
4. Nachsorge
Nach einer perkutanen Portographie über
die Milzvene wird ein Verband für ca. 12
Stunden
angelegt.
Auch
wenn
Komplikationen wie eine abdominelle
Blutung, ein Milzhämatom bzw. eine
Milzvenen-Thrombose äußerst selten sind,
sollte zu diesem Zeitpunkt dennoch eine
Ultraschallkontrolle erfolgen.
5. Literatur
Schmidt, S.; Suter, P. (1980): Angiography
of the hepatic and portal venous system in
the dog and cat: an investigative method.
Veterinary Radiology, 21: 57-77.
Meyer, H.P.; Rothuizen, J.; Van Den
Brom, W.E.; Voorhout, G.; Van Sluijs F.J.
(1994): Quantitation of portosystemic
shunting in dogs by ultrasound-guided
injection of 99MTc-macroaggregates into a
splenic vein. Res Vet Sci, 57:58-62.
Herrgesell, E.J.; Hornof, W.J.; Koblik,
P.D. (1999): Percutaneous ultrsoundguided trans-splenic catheterization of
portal vein in the dog. Veterinary
Radiology and Ultrasound, 40: 509-512.
M. Schneider, M. Plassmann, S. Geimer
(2002): Klinische Anwendung der
perkutanen Katheterisierung der Pfortader.
11. Jahrestagung der Fachgruppe “Innere
Medizin
und
Klinische
Laboratoriumsdiagnostik” der DVG, 13.16.2.2002, München
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
15
Zytologie der Leber - Indikation und Interpretation
Andreas Moritz, HDoz. Dr. med. vet., Diplomate ECVIM-CA
Natali Bauer, Dr. vet. med., Dipl. ECVCP
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Klinische Laboratoriumsdiagnostik)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 126
35392 Gießen
Die
klinische
Untersuchung,
labordiagnostische
Parameter
und
bildgebende Verfahren sind etablierte
Techniken zur Aufarbeitung von Patienten
mit Lebererkrankungen. Dennoch führen
sie in einer Vielzahl der Fälle nicht zu
einer definitiven Diagnose, wobei die
morphologische
Untersuchung
von
Lebergewebe hierfür ein allgemein
akzeptiertes diagnostisches Verfahren
darstellt.
Es bestehen verschiedene Möglichkeiten,
Lebergewebeproben für eine zytologische
oder
pathologisch-histologische
Untersuchung zu gewinnen:
• Feinnadelaspiration, -biopsie
• Abklatschpräparate
• Zylindernadelbiopsie
• Inzisionsbiopsie
• Exzisionsbiopsie
Bei jedem einzelnen Patienten muss die
Entscheidung, welches Verfahren nun
ausgewählt
wird,
anhand
des
Gesamtzustandes des Patienten, der
begleitenden Symptome mit der zu
erwartenden Erkrankung und somit unter
Berücksichtigung des Nutzen-RisikoVerhältnisses separat getroffen werden.
Chirurgisch entnommene Bioptate sowie
Zylinderbioptate erfordern eine Narkose
und haben ein deutlich erhöhtes
Blutungsrisiko. Aus diesem Grund sind die
Narkosefähigkeit und der Gerinnungsstatus
des Tieres von essentieller Bedeutung.
Feinnadelaspirationen
und
–bioptate
erfordern üblicherweise keine Sedation
16
oder Narkose und sind seltener mit einem
Blutungsrisiko verbunden.
Erkrankungen wie ein malignes Lymphom,
die hepatische Lipidose und eine suppurative Hepatitis sind einfach zytologisch zu
diagnostizieren, während hepatozelluläre
Tumoren,
hyperplastische
Knoten
(Regeneratknoten), Fibrose/Zirrhose und
chronische Entzündungen zytologisch
schwierig zu erfassen sind. Daher wird
auch der relative diagnostische Nutzen
einer
zytologischen
gegenüber
pathologisch-histologischen Untersuchung
kontrovers diskutiert.
Das
zu
einer
Feinnadelaspiration
erforderliche
Zubehör
sowie
die
Durchführung der Punktion sind in den
nachfolgenden Abbildungen schematisch
dargestellt.
Abbildung 1:
Feinnadelaspiration: Zubehör
• 5ml-Spritze
• Kanülen
- z.B. Spinalkanülen mit Mandrin
- Ø22 gauge
- Länge: abhängig von Größe
Mix”Flippi”
18.3.02
des Patienten (2,5 bis 8,0 cm)
• Bleistift
• Objektträger mit Mattrand
Für Leberzytologie erforderliches Zubehör
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Abbildung 2:
Feinnadelaspiration: Blindpunktion
Abbildung 4:
Feinnadelaspiration: Punktionstechnik
• Einstichwinkel:
• Punktion
- Hund: 30-45° nach cranial
- linksseitig
- Ktz:
- stehend /
senkrecht
• Punktionstechnik
rechte Seitenlage
1) Aspiration
• Einstichstelle
Æcave: Blutkontamination
- Feststellung craniale
Lebergrenze
2) ohne Aspiration
Einstich: nächster caudaler Intercostalraum nach Übergang
tympanischer Schall zu dumpfem Schall
- 8-10x schnelles Vor- und Zurückbewegen der Nadel
„ausstanzen“
ÆVorteil: weniger Blutkontamination
Leber-Blindpunktion
Für Leber-Blindpunktionen ist keine
spezielle Ausstattung erforderlich, der
Nachteil besteht aber darin, dass keine
gezielte
Punktion
herdförmiger
Veränderungen und kein Erkennen
etwaiger Komplikationen (Blutungen /
Gallenblasenpunktion)
möglich
sind.
Daher sollte die ultraschall-gezielte
Punktion bevorzugt werden.
Abbildung 3:
Feinnadelaspiration: Ultraschallkontrolle
• Punktion
- Rückenlage
- Kopf ggr. nach dorsal
ÆLeber fällt nach caudal
• Einstichstelle
- Feststellung cranialer
Lebergrenze
Einstich: zwischen linkem Rippenbogen und
processus xiphoideus (cave Gallenblase)
Ultraschallgezielte
Lagerung
und
Einstichstelle
Ultraschallgezielte Leberpunktion: Punktionstechnik
Mittels zytologischer Untersuchung zu
erhebende Befunde und deren Häufigkeit
sind in der Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Häufigkeit von Diagnosen
anhand sieben diagnostischer Kategorien
von kaninen und felinen Leberzytologien
Zytologische Veränderung Hund
Normales Zellbild
9%10%
Entzündung
22%—
56%
Maligne Tumoren
19%—
23%
Extramedulläre
5%—
Hämatopoese
6%
Metabolische/degenerative 16%—
Erkrankung
32%
Pigment Abnormalitäten 7%
Nicht-diagnostische
4 %—
Präparate
5%
Katze
1% 12%
16%—
49%
12%—
21%
5%
28%—
43%
5%
2%—
23%
Leberpunktion:
Feststellung
der
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
17
Zusammenfassung:
Leberzytologien
sind
einfach
durchzuführen, risikoarm und daher gut als
Screeningmethode
einsetzbar.
Bei
unspezifischen
Befunden
wie
Steroidhepatopathie,
Cholestase,
extramedullärer Hämatopoese oder bei
Verdacht auf Leberzirrhose, -fibrose sowie
chronischer Hepatitis ist eine Leberbiopsie
indiziert.
Literatur:
Weiss, DJ, Moritz, A. Liver cytology, Vet
Small Anim 32 (2002) 1267-1291
18
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Leberbiopsien – was sagen sie uns?
Eberhard Burkhardt, Prof. Dr. vet. med.
Institut für Veterinär-Pathologie
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 96
35392 Giessen
Nina Thom
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 126
365392 Giessen
Die erste Frage, die sich der Pathologe bei
der Untersuchung einer Leberbiopsie
stellen wird, ist diejenige, ob es sich bei
dem zu beurteilenden Bioptat um normales
oder verändertes Lebergewebe handelt.
Hierbei muss auch die Leberarchitektur
beurteilt werden. Dafür ist es sehr
hilfreich, wenn in dem Bioptat mindestens
ein Portalfeld mit dem Trias Lebervene, arterie und Gallengang sowie eine
Zentralvene vorhanden sind.
Werden Veränderungen des Gewebes
erkannt, so werden diese nach den
Kriterien der Allgemeinen und Speziellen
Pathologie klassifiziert. Im Folgenden
kann aus Zeitgründen jedoch nur auf die in
Leberbiopsien häufigsten Veränderungen
eingegangen werden.
Stoffwechselstörungen (Hepatosen):
Hier spielt die Verfettung eine große Rolle,
die als herdförmige oder diffuse Verfettung
von Hepatozyten auftreten kann. Letztere
äußert sich makroskopisch oft in einer
Schwellung
und
einer
diffusen
Gelbfärbung
der
gesamten
Leber.
Histologisch
erweisen
sich
die
Fettablagerungen in den Hepatozyten im
HE-gefärbten Paraffinschnitt als kleine
oder größere, manchmal das gesamte
Zytoplasma
ausfüllende,
scharf
begrenzteVakuolen, wodurch der erfahrene
Pathologe die richtige Diagnose stellen
kann.
Im
Zweifelsfall
kann
ein
histochemischer Fettnachweis durch eine
Fettfärbung am Gefrierschnitt durchgeführt
werden.
Ursächlich kommen die nutritive, die
metabolische, die toxische und seltener die
hypoxische
und
SubstratmangelVerfettung in Frage.
Differentialdiagnostisch
muss
die
Glykogenspeicherung in den Hepatozyten
berücksichtigt werden, die sich durch eine
wolkige
(sogenannte
„hydropische“)
Beschaffenheit
der
Hepatozyten
auszeichnet. Hierbei kommt es aber nicht
zu den scharf begrenzten, runden Vakuolen
im Zytoplasma der Leberzellen wie bei der
Verfettung. Der Glykogengehalt lässt sich
im Paraffinschnitt durch die PAS-Färbung
gut demonstrieren. Ursächlich kommen
häufig
Glukokortikoid-induzierte,
verstärkte Glykogenspeicherungen zu
Stande, wobei insbesondere der iatrogenen
Glukokortikoidgabe eine große Bedeutung
zukommt.
Pigmentstoffwechselstörungen:
Hämosiderinablagerungen entstehen vor
allem aus vermehrtem Anfall von
Hämogloglobin (Hämolyse!) und sind
überwiegend in den Kupffer-Zellen, aber
auch in Hepatozyten in Form von feinoder
grobscholligen,
goldbraunen
Pigmentkörnchen erkennbar. Zum direkten
Nachweis kann eine Spezialfärbung mit
Berliner Blau eingesetzt werden.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
19
Damit kann die Hämosiderinablagerung
auch differentialdiagnostisch von den
Gallepigmentablagerungen
sicher
abgegrenzt werden.
Letztere ist als mehr grüngelbe,
tröpfchenförmige
Ablagerung
in
Hepatozyten, Kupffer-Zellen und auch in
den Gallekapillaren als sogenannte
Gallekapillarthrombenbildung
zu
beobachten.
Die Gallepigmentablagerungen können
bedingt sein durch vermehrte Produktion
von Bilirubin I (hämolytischer Ikterus),
durch Störung der Aufnahme in die
Leberzelle oder der Glukoronidierung
(hepatotoxischer Ikterus) oder durch
gestörte Exkretion von Bilirubin II oder
gestörten
Abtransport
durch
das
Gallengangsystem
(Stauungsikterus).
Makroskopisch kann in höheren Graden
die Leber diffus braungrün verfärbt sein
(Leberikterus). Ist zusätzlich noch eine
hochgradige Fettleber vorhanden, so
spricht man von der Safranleber.
Die Entzündung der Leber (Hepatitis)
wird vorwiegend eingeteilt nach der
Entzündungsqualität und dem zeitlichen
Verlauf.
Die akute Hepatitis ist histologisch
gekennzeichnet durch gemischtzellige
Infiltrate in Form von neutrophilen
Granulozyten, Makrophagen und wenigen
Lymphozyten.
Öfter
können
auch
Nekrosen, meist in Form von Einzelzelloder Gruppennekrosen beobachtet werden.
Bei der chronischen Hepatitis dominieren
hingegen Lymphozyten, Plasmazellen und
Makrophagen. Wurde durch die Noxe oder
durch die Entzündung Lebergewebe
zerstört, kann man auch hier noch
Nekrosen finden (chronisch lobuläre
Hepatitis), öfter kann aber auch eine
Fibrose als Ausdruck der Reparation mit
vorhanden sein.
Bei der chronischen aktiven Hepatitis sind
histologisch sowohl die Komponenten der
akuten als auch der chronischen
Entzündung zu erkennen. Diese Form der
Leberentzündung entsteht dann, wenn der
Entzündungsprozess nicht ausheilt und
20
wieder aufflammt. Klinisch geht diese
Form der Hepatitis immer mit einer
längerfristigen
und
deutlichen
Transaminaseerhöhung im Blut einher.
Eine Besonderheit stellt die so genannte
Begleithepatitis
(unspezifisch-reaktive
Hepatitis) dar. Sie ist histologisch
gekennzeichnet durch eine meist dezente,
manchmal auch deutliche entzündliche
Infiltration der Periportalfelder und der
Lebersinus vor allem durch Lymphozyten,
Plasmazellen und Makrophagen und meist
auch einem wechselnden Anteil an
neutrophilen Granulozyten und Mastzellen.
Bei dieser Form der Leberentzündung ist
die Leber nicht das primär geschädigte
Organ, sondern sie reagiert im Verlaufe
eines
anderen
entzündlichen
Krankheitsprozesses (Darm, Pankreas,
Uterus, Parasitosen) im betroffenen
Individuum.
Bei der Katze kommt noch als
Besonderheit die Cholangiohepatitis vor,
die bei Katzen mittleren Alters als eitrige
(gemischtzellige
periportale
und
Gallengangsinfiltration!)
Cholangiohepatitis oft durch aufsteigende
E. coli-Infektionen nach Entzündungen des
Duodenums oder des Pankreas ausgelöst
wird und mit Ikterus und Störungen des
Allgemeinbefindens
einhergeht.
Im
Gegensatz dazu sind die klinischen
Erscheinungen bei alten Katzen mit
lymphozytärer portaler Hepatitis eher
gering.
Die Einteilung der Hepatitis nach der
Ätiologie in viral, bakteriell, mykotisch
oder parasitär bedingt ist nur in
Ausnahmefällen möglich, wenn in der
Biopsie die Ursache der Entzündung
erkennbar
ist.
So
können
Einschlusskörperchen einen konkreten
Hinweis auf HCC (canines Adenovirus I)
oder auf CHV (canines Herpesvirus)
liefern. Auch bei Granulomen in der Leber
von Katzen kann man durch eine
immunhistologische Untersuchung häufig
(nicht immer!) felines CoronavirusAntigen nachweisen und somit die FIP in
der
Biopsie
diagnostizieren.
Bakterienrasen, Pilze und Parasiten lassen
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
sich manchmal direkt im Gewebe erkennen
und
auch
durch
Spezialfärbungen
darstellen.
Da
oft
ein
direkter
mikrobiologischer
Erregernachweis
hilfreich
ist,
kann
man
nach
Bioptatentnahme das gewonnene Gewebe
für
die
histologische
und
die
mikrobiologische Untersuchung aufteilen
und getrennt versenden.
Vor allem die chronischen Hepatitiden
können in eine Leberzirrhose übergehen.
Sie ist definiert als der Endzustand
chronischer Lebererkrankungen, bei denen
es
parallel
zu
Zelluntergang
(Degeneration), Proliferation funktionell
minderwertiger
Hepatozyten
(Regeneration) in nicht mehr geordneten
Leberläppchen und zum bindegewebigen
Ersatz (Reparation) kommt. Meist ist auch
eine entzündliche Reaktion vorhanden.
Durch den Läppchenumbau und die
Fibrose kommt es zur Hypoxie und zu
Ernährungsstörung
von
Hepatozyten
wegen der fehlenden Gefäßversorgung in
vielen Gebieten, außerdem zur Cholestase,
was beides wiederum die Schädigung von
Lebergewebe zur Folge hat (Circulus
Einmal in Gang gekommen,
vitiosus).
bleibt also selbst nach Abstellen der Noxe
diese
Lebererkrankung
in
einem
dynamischen
und
sich
selbst
unterhaltenden, fortschreitenden Prozess
bestehen und führt letztlich zum Tode.
Als Ursache kommen all jene Noxen in
Betracht, die bereits bei der Auslösung von
Hepatosen
und
von
Hepatitiden
(chronische
Formen!)
angesprochen
wurden. Entscheidend ist offenbar, dass die
Noxe über längere Zeit und in niedriger
Stärke oder Konzentration (toxische
Substanzen!) einwirkt.
Als Hauptfolgen der Leberzirrhose kann
man zirkulatorische Störungen (portaler
Hochdruck,
Aszites),
Ikterus
und
metabolische
Störungen
(mangelnde
Entgiftungsfunktion,
hepatonzephales
Syndrom, mangelnde Albuminsynthese,
mangelnde
Produktion
von
Gerinnungsfaktoren
mit
tödlichem
Verbluten) beobachten.
Die makroskopische Einteilung erfolgt in
mikronoduläre Zirrhose (seltener), bei der
die Noxe mehr oder weniger gleichmäßig
alle Läppchen schädigt. Hier findet man
sehr kleine, bis zu 3 mm große Knötchen
mit feinhöckriger Oberfläche (CuSpeicherkrankheit
des
BedlingtonTerriers). Häufiger ist jedoch die
makronoduläre
Leberzirrhose
zu
beobachten, die durch mehr oder weniger
zahlreiche, oft sehr unterschiedlich große
Knoten gekennzeichnet ist.
Wenn wie bei der Leberzirrhose Knoten im
Organ
bemerkt
werden,
muss
differentialdiagnostisch auch an
Lebertumoren gedacht werden. Hierbei
wird zwischen den primären und den
sekundären Lebertumoren unterschieden.
Unter den primären Lebertumoren sind
epitheliale (häufiger!)von mesenchymalen
(seltener) Lebertumoren abzugrenzen. Bei
den primären epithelialen Lebertumoren
sind die hepatozellulären Adenome zu
erwähnen, die als gutartige Tumoren
ausdifferenzierte
Leberzellen
ohne
geordnete Läppchenarchitektur aufweisen
und makroskopisch als meist einzeln,
seltener in der Mehrzahl auftretende,
gelbliche oder dunkelrote, weiche,
exophytische Knoten zu erkennen sind.
Differentialdiagnostisch sind sie von
Regeneratknoten (knotigen Hyperplasien,
proliferiertes Lebergewebe bei erhaltener
Läppchenstruktur)
und
von
hepatozellulären Karzinomen abzugrenzen.
Letztere sind als maligne Tumoren häufig
durch Zellatypien der Hepatozyten,
Nekrosen, Blutungen und infiltratives
Wachstum in das unveränderte umgebende
Lebergewebe gekennzeichnet. Allerdings
kann
bei
gut
differenzierten
hepatozellulären
Karzinomen
die
Abgrenzung
zu
hepatolzellulären
Adenomen schwierig sein. Schließlich
können
von
den
Gallengängen
Gallengangsadenome (meist Zystadenome,
nicht
zu
verwechseln
mit
Gallengangszysten!)
und
Gallengangskarzinome
als
primäre
Lebertumoren ausgehen. Letztere kommen
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
21
vor allem bei alten Hunden und Katzen vor
und treten makroskopisch oft als multiple,
gelbweiße Knoten mit einem zentralen
Krebsnabel in Erscheinung.
Bei den sekundären Tumoren sind vor
allem die hämolymphatischen Tumoren
(lymphatische Leukose!) zu nennen, bei
denen die Leber insbesondere bei Hund
und Katze oft mit betroffen ist. Je nach
Wuchsform sind makroskopisch entweder
grauweiße, speckige Knoten oder eine
diffuse Vergrößerung des Organs von
hellbrauner
Farbe
zu
erkennen.
Histologisch sieht man eine monomorphe
Infiltration oft mit lymphoiden Blasten im
Falle der lymphatischen Leukose, die man
auch in der Biopsie nach Inkubation mit
spezifischen Antiseren in B- oder T-ZellLeukosen differenzieren kann.
Von Metastasen in der Leber sind vor
allem
das
Hämangiosarkom
hervorzuheben, das beim Hund oft seinen
Ausgang von der Milz nimmt, aber auch
primär in der Leber entstehen kann und
makroskopisch oft durch gekammerte,
bluthaltige, dunkelrote und weiche Knoten
gekennzeichnet ist.
Für die exakte histologische Diagnose ist
die Einsendung von Randbezirken aus dem
Übergang
zum
unveränderten
Organgewebe entscheidend, weil meist nur
hier eindeutige Tumorzellinseln zu
erkennen sind.
22
Wird hingegen Gewebe aus dem
Tumorzentrum entnommen, so ist hier
meist nur Blut oder nekrotisches Material
vorhanden, so dass der Untersucher sehr
leicht der Gefahr ausgesetzt wird, ein
Hämatom zu diagnostizieren.
Metastasen von Adenokarzinomen des
exokrinen Pankreas metastasieren sehr
frühzeitig in die regionären Lymphknoten
und dann in die Leber. Häufig sind diese
Karzinome so undifferenziert, dass eine
histologische
Charakterisierung
ihrer
Herkunft ohne die Kenntnis des genauen
makroskopischen Befundes nicht mehr
möglich ist.
Fazit: Wie diese Ausführungen zeigen,
kann angesichts der Vielfalt möglicher
Leberveränderungen bei Hund und Katze
die Untersuchung einer Leberbiopsie
häufig wertvolle, manchmal auch die
entscheidenden Hinweise für die richtige
Diagnose geben, sie ist aber häufig nur in
Kombination mit den Ergebnissen der
klinischen
Untersuchung
und
den
Laborbefunden aussagekräftig.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Hepatische Enzephalopathie
Dr.med.vet. Frank Steffen, Dipl.ECVN
Neurologie/Neurochirurgie
Departement für Kleintiere
Vetsuisse Fakultät der Universität Zürich
Winterthurerstr. 260
CH-8057 Zürich
Unter dem hepatischer Enzephalopathie
(HE) versteht man eine Reihe von
neurologischen Symptomen, die mit einer
diffusen, metabolischen Grosshirnläsion zu
erklären
und
primär
auf
eine
Leberinsuffizienz zurückzuführen sind.
Die hepatische Dysfunktion bewirkt dabei,
dass portales Blut unverändert in die
systemische Zirkulation gelangt und so
eine
Reihe
von
biochemischen
Veränderungen
und
endogene
Intoxikationszeichen im Gehirn auslöst.
Die Lebererkrankungen, die zu einer HE
führen
sind
meistens
kongenitale,
portovaskuläre Missbildungen. Seltener
werden erworbene Hepatopathien oder
Defekte im Harnstoff-Zyklus als Ursachen
für HE angetroffen. Die HE-Symptome bei
Vorliegen
einer
„mikrovaskulären
Dysplasie“ sind generell milder ausgeprägt
als bei makroskopischen Shunts.
Unabhängig von der zugrundeliegenden
Lebererkrankung
treten
ähnliche
Symptome einer HE auf. Im mildesten
Falle zeigt sich die HE als auffällige
Müdigkeit nach der Futteraufnahme und
kann daher vom Besitzer übersehen
werden. Deutlicher betroffene Tiere fallen
auf durch Verhaltensveränderungen wie
Unruhe, unmotivierte Lautäusserungen,
Aggression und Starren an Wände auf.
Schwere Fälle zeigen eine Ataxie,
Kreislaufen, Drangwandern und in
fortgeschrittenen Fällen werden zentrale
Blindheit, Krampfanfälle, Stupor und
Koma angetroffen. Bei Vorliegen eines
portosystemischen Shunts sind HEZeichen bei 80% der Patienten vorhanden.
Bei Katzen mit portokavalem Shunt und
HE werden intermittierende klinische und
neurologische Symptome angetroffen.
Krampfanfälle (oft als einziges Symptom),
Ataxie, Sehstörungen, Tremor und
Zuckungen, dilatierte Pupillen oft begleitet
von starkem Ptyalismus. Diarrhoe, Aszites
und Polyurie/Polydipsie sind selten.
Auffällig ist die kupfer- oder goldfarbige
Iris bei vielen Katzen mit PSS.
Die Pathogenese von HE ist komplex (mit
anderen Worten: unklar), aber sicher
multifaktoriellen Ursprungs. Die aktuellen
Erklärungsversuche
nennen
folgende
Punkte zur Pathogenese:
a) neurotoxische
Wirkung
von
Ammoniak (NH3)
b) Gestörte,
monoamine
Neurotransmission (GABA) im
Gefolge
eines
veränderten
Aminosäuren-Metabolismus
c) Ungleichgewicht
zwischen
exzitatorischen und inhibitorischen
Neurotransmittern
(Glutamat,
GABA)
d) Erhöhte
Konzentration
einer
endogenen,
benzodiazepinähnlichen Substanz.
Ammoniak ist das bestuntersuchte Toxin in
der Pathogenese von HE. Es wird in den
Astrozyten durch Glutaminsynthetase zu
Glutamin metabolisiert. Eine erhöhte
intrazelluläre Osmolalität durch eine zu
rasche Glutaminakkumulation kann zur
Entwicklung eines Gehirnödems führen.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
23
In experimentellen Studien von akutem
Leberversagen wurden durch diesen
Mechanismus eine zerebrale Hyperämie
und ein erhöhter intrakranieller Druck
ausgelöst.
Glutamin,
kurzkettige
Fettsäuren,
aromatische Aminosäuren und Merkaptane
hemmen die Funktion der ATPase
betriebenen Na/Ka-Pumpe, was die
Bildung eines zytotoxischen Gehirnödems
weiter begünstigt.
Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), der
wichtigste inhibitorische Neurotransmitter,
scheint ebenfalls eine pathogenetische
Schlüsselfunktion einzunehmen. GABA
wird im Darm von Bakterien produziert
und beim gesunden Tier in der Leber
metabolisiert. Die bei einem PSS erhöhte
GABA-Konzentration führt zu einer
verstärkten
Inhibition
der
Neurotransmission. An die GABARezeptoren
neuronalen
Zellmembran
binden auch andere Stoffe wie z.B.
endogene Benzodiazepine, was die
Depression des ZNS weiter verstärken
kann.
Die histopathologische Befunde am ZNS
bei
HE
bestehen
aus
folgenden
Veränderungen:
1. diffuse Polymicrokavitationen im
Myelin (Status spongiosus) verschiedener
Gehirn- und Rückenmarksregionen aber in
erster
Linie
des
Grosshirns.
Typischerweise
finden
sich
die
Veränderungen
in
den
peripheren
Nervenfasern der Corona radiata an der
Grenze zur grauen Substanz. Diese
Vakuolisation wird auf ein zytotoxisches
Gehirnödem zurückgeführt und mit der
Hyperammoniämie
in
Verbindung
gebracht (die Vakuolisation ist regressiv,
wenn
die
Blutkonzentration
des
Ammoniaks sich normalisiert).
2. Anwesenheit von Alzheimer Typ II –
Astrozyten, v.a. im Bereich des Neokortex,
der Basalganglien und des Hippocampus.
Dieser pathologische Befund ist typisch,
aber nicht spezifisch für das Vorliegen
einer HE.
24
Die chemischen Blutveränderungen bei HE
widerspiegeln in erster Linie die
Leberinsuffizienz und damit verbundenen
metabolischen
Störungen.
Akutes
Leberversagen ist gekennzeichnet durch
eine deutl. Erhöhung der ALT und des
Bilirubins, wobei die AP variable
Erhöhungen zeigt. Bei chronischem
Leberversagen sind ALT und Bilirubin
unterschiedlich hoch, währendem die AP
eine deutliche Erhöhung anzeigt. Bei
Vorliegen eines portokavalen Shunts sind
die Leberenzyme normal oder nur
geringgradig erhöht. Hypoproteinämie,
Hypoalbuminämie, Hypoglykämie und
Hypocholesterinämie sowie verlängerte
Gerinnungszeiten werden bei vielen Tieren
mit hepatischer Dysfunktion beobachtet,
unabhängig von deren Ätiologie. Der
Harnstoffgehalt ist in der Regel deutl.
reduziert und der Ammoniakgehalt ist
meist hoch (die Leber ist nicht in der Lage
Ammoniak
in
Harnstoff
zu
metabolisieren). Durch den erhöhten
Ammoniakgehalt im Blut kommt es zur
Bildung von Ammonium-Biurat Kristallen
im Urin bei den meisten Hunden. Als
sensitivste diagnostische Hilfsmittel gelten
Leberfunktionstests:
die
Gallensäurenkonzentrationen nach 12
stündigem Fasten und 2 Stunden nach
Aufnahme von eiweisshaltigem Futter und
der Ammoniumtoleranztest liefern in der
Regel die zuverlässigsten Resultate.
Hämatologische Abnormalitäten beim
Hund beinhalten eine Mikrozytose der
Erythrozyten.
Abnormalitäten im Chemogramm bei
Katzen sind ein niedriger Harnstoffgehalt
im Serum, erhöhter Serumammoniak,
erhöhte Bromsulphtaleinretention und
erhöhte Gallensäurekonzentrationen im
gefasteten und postprandialen Zustand.
Nur
sehr
wenige
Katzen
haben
Ammoniumbiuratkristalle
im
Harn.
Hämatologisch wird oft eine Poikylozytose
gesehen, die jedoch unspezifisch ist,
gesehen.
Der
Liquor
bei
Tieren
mit
portosystemischem Shunt ist bezüglich
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Zell- und Proteingehalt unverändert.
Hingegen weist die Zusammensetzung der
Aminosäuren Glutamin, Tryptophan und
Tryptophan-Metaboliten
deutliche
Unterschiede zum Gesunden auf.
Insbesondere der Typtophan-Metabolin
Quinolonsäure steht unter Verdacht bei der
Entwicklung eines HE eine bedeutende
Rolle zu spielen.
Therapeutische
Optionen
der
HE
beinhalten
primär
diätetische
und
medikamentelle
Massnahmen
wie
proteinarme Fütterung und Gabe von
Lactulose zur Senkung des pH des
Darminhalts. Ein tiefer pH-Wert reduziert
die Bildung und Absorbtion von
Ammoniak und anderen nitrogenen
Substanzen. Der pH-Gradient bewirkt
zusätzlich
eine
Verschiebung
von
Ammoniak aus dem Blut in den Darm.
Durch Klistiere und intestinale Antibiotika
wie Neomycin oder Metronidazol wird
toxischer Darminhalt entfernt und durch
die Abtötung der Darmflora die Bildung
von bakteriellen nitrogenen Substanzen
und die Harnstoffsynthese reduziert. Des
weiteren können präzipitierende Faktoren
wie
gastrointestinale
Blutungen,
Konstipationen und Azotämien verhindert
werden.
Mit
diesen
konservativen
Massnahmen
können
Hunde
mit
Leberinsuffizienz
und
HE
unter
Umständen erfolgreich über längere Zeit
behandelt werden. Je älter die Hunde zum
Zeitpunkt der klinischen Symptome sind
und je höher ihr Harnstoffgehalt liegt,
desto besser ist die Prognose.
Bei Vorliegen eines portovaskulären
Shunts ist die chirurgische Ligation die
Behandlung der Wahl, die im Idealfall zu
einer vollständigen Remission der HE
führt.
Verschiedene
chirurgische
Techniken wurden vorgestellt. Der
vollständige Verschluss eines einzelnen
portosystemischen Shunts sollte angestrebt
werden, obwohl partielle Ligation zur
Vermeidung einer portalen Hypertension
in einigen Fällen indiziert sein kann. Eine
graduelle Okklusion des Shuntgefässes mit
Hilfe eines Ameroid Konstriktors erlaubt
eine langsame Anpassung an die
veränderten
Druckverhältnisse.
Die
Gallensäurekonzentration
bleibt
trotz
klinisch erfolgreicher Operation oft erhöht
(sowohl bei vollständiger als auch bei
partieller Ligation). Bei 85% der Hunde
tritt nach Ligation eine Besserung des
klinischen Zustands ein. Die Prognose für
Hunde, die zum Zeitpunkt der Ligation
älter als 2 Jahre zählten, war signifikant
ungünstiger als bei Hunden die jünger als
ein Jahr waren. Die Abwesenheit von HESymptomen
bei
Hunden
mit
extrahepatischen portosystemischen Shunts
wird als prognostisch günstiges Kriterium
nach kompletter Ligation gewertet.
Eine gefürchtete Komplikation nach
Shuntligation
sind
kortikale
und
zerebellokortikale Symptome (Ataxien,
Krämpfe und Status epilepticus). Die
Symptome können dabei unmittelbar oder
erst einige Tage nach der Ligation
auftreten. Die Inzidenz liegt bei ca. 10%.
Das Syndrom kann bei allen erwähnten
chirurgischen Ligationsverfahren auftreten
und scheint auch unabhängig vom Typ des
Shunts
und
des
präoperativen
neurologischen Zustandes zu sein. Die
Ursache dieses Problems ist unklar. Es ist
denkbar, dass sich das Gehirn langsam an
das veränderte biochemische Milieu
angepasst hat. Die postoperativ mehr oder
weniger abrupte Reduktion der Blutflusses,
der die Leber umgeht, begünstigt unter
Umständen die Exzitation in den
neuronalen Netzwerken der Gross- und
Kleinhirnrinde.
Die neurologischen Zeichen können durch
die
prophylaktische
Gabe
von
Phenobarbital (oder Kaliumbromid) zwar
gemildert, aber nicht aufgehoben werden.
Die Prognose ist – abhängig vom
Schweregrad – günstig bis zweifelhaft.
Eine Dauertherapie mit Phenobarbital kann
notwendig sein.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
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1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Der kongenitale Lebershunt – Neues zur Therapie
Matthias Schneider, PD Dr. med. vet., Dipl. ECVIM-CA (Cardiology)
Madeleine Plassmann,
Stefanie Scheid,
Stephan Bayer,
Andreas Stosic
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
1. Einleitung
Eine Hauptproblematik bei der Therapie
des kongenitalen portosystemischen Shunts
besteht in der unzureichenden Entwicklung
der intrahepatischen Pfortaderäste und der
damit verbundenen Gefahr der portalen
Hypertension nach Shunt-Verschluß. Es
sind verschiedene chirurgische Verfahren
zum
progredienten
Shunt-Verschluß
entwickelt worden. Dazu zählen die
schrittweise Ligatur, der Einsatz des
Ameroid-Konstriktors oder des Cellophanbandings.
Bei den intrahepatischen Shunts kommt die
Schwierigkeit der Darstellung und
Preparation des Shunts hinzu.
2. Coils
Coils sind kleine Drahtspiralen, sie sind
zumeist aus Edelstahl gefertigt und zur
stärkeren thrombogenen Wirkung mit
Kunststofffasern besetzt. Die Stabilität der
Drahtspiralen wird im Wesentlichen von
der Drahtstärke und dem Durchmesser der
Spiralwindung bestimmt.
Während die ersten Drahtspiralen nicht
steuerbar waren, sind die neueren Coils an
einen Führdraht fixiert und ablösbar.
portosystemischen Shunt zeigten sich
folgende
mögliche
Komplikationen:
unvollständiger Shunt-Verschluß, CoilAbschwemmung, Hämolyse und portale
Hypertension.
Da die Coils prinzipiell für einen schnellen
Gefäßverschluß entwickelt wurden, muß
diese rasche Thromboseinduktion durch
den Einsatz einer antithrombotischen
Therapie (Heparin und/oder Cumarin)
verhindert werden.
3. Intrahepatische Shunts
Aufgrund der Größe des intrahepatischen
Shunts ist es extrem schwierig, einen Coil
im Shunt zur fixieren. Daher prüften wir in
einer ersten Studie bei sieben Patienten den
Einsatz einer Drahtröhre (Stent) als
Fixierungshilfe für die Coils. Der Stent
wurde in die Vena cava caudalis auf Höhe
der
Lebervenenmündung
implantiert.
Durch die Stentmaschen erfolgte dann die
Embolisation der Lebervene und damit
indirekt
der
Verschluß
des
portosystemischen Shunts. Zur Erzielung
eines progredienten Verschlusses wurden
die Patienten mit einer antithrombotischen
Therapie behandelt. Im Verlauf der
Therapie zeigte sich jedoch, daß sich
Kollateralen von der embolisierten
Lebervene zur Lebervene der anderen Seite
ausbildeten und somit kein effektiver
Shuntverschluß zu erzielen war. Daher
In der Veterinärmedizin wurden Coils
bisher hauptsächlich zur Embolisation des
persistierenden
Ductus
arteriosus
eingesetzt. In den ersten Arbeiten zum
Einsatz dieser Drahtspiralen beim
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
27
bietet sich die kombinierte Stent- und
Coiltherapie nur für intrahepatische Shunts
mit direkter Mündung in die Vena cava an.
Derzeit
untersuchen
wir
eigens
entwickelten und extrem stabilen Coil in
Kombination mit einer antithrombotischen
Therapie, jedoch ohne vorherige StentApplikation. Die ersten Ergebnisse zeigen,
daß es bereits drei Monate nach
Applikation eines einzelnen Coils zu einer
guten
Pfortader-Entwicklungen
und
Leberfunktion kommt.
4. Extrahepatische Shunts
Die oben beschriebene Methode mit Stentund Coil-Applikation läßt sich prinzipiell
auch für extrahepatische Shunts zur Vena
cava anwenden. Aufgrund der mit dem
Stent verbundenen Schwierigkeiten und
der hohen Kosten des Stents (ca. 500 EUR)
ist diese Methode jedoch nur für Patienten
sinnvoll, bei denen eine Coil-Fixierung
nicht anders möglich ist.
Daher untersuchten wir als nächstes die
Anwendung von sogenannten TornadoCoils. Diese zeichnen sich durch einen
abnehmenden Windungsdurchmesser aus.
Auch diese Coils werden mit einer
antithrombotischen Therapie kombiniert.
Es zeigt sich, daß die Mehrzahl der
Patienten durch eine einmalige Applikation
von ein bis zwei Coils einen vollständigen
Shuntverschluß erfährt. In einigen Fällen
ist ein zweiter Eingriff notwendig.
Schwierigkeiten ergeben sich durch die
relativ weichen Coils und die damit
verbundene instabile Coil-Position sowie
durch
übermäßige
Blutungsneigung
aufgrund der subkutanen Heparintherapie.
Ähnlich geformte, aber etwas steifere Coils
und eine geringere Heparintherapie
scheinen diese Komplikationen zu
minimieren.
5. Zusammenfassung
28
Die Embolisation des kongenitalen
portosystemischen
Shunts
ist
eine
Alternative zur chirurgischen Ligatur. Sie
ist jedoch deutlich schwieriger als der
Verschluß eines persistierenden Ductus
arteriosus und erfordert eine intensive
postoperative Überwachung und Therapie.
Am einfachsten zu behandeln sind Shunts
zur Vena azygos, da diese in der Regel
eine sehr gute Pfortaderentwicklung
besitzen. Mit dem neuen, stabilen Coil
können auch intrahepatische Shunts
effektiv
behandelt
werden.
Am
schwierigsten ist die Therapie von Shunts
von der Milz/Magenvene.
Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr.
K. Rauber (Abteilung für Radiologie des
Klinikums Wetzlar) für seine persönliche
Unterstützung bei der Erlernung dieses
Therapieverfahrens.
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1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
29
Chirurgie der Leber, Gallenblase und Gallengänge beim Kleintier
Martin Kramer, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVDI
Klinik für Kleintiere (Chirurgie)
Justus-Liebig-Universität
Frankfurter Str. 108
35392 Giessen
Einleitung
Die Leber ist die größte Drüse des Körpers
und vor allem für die Entgiftung vieler
Substanzen im Körper verantwortlich.
Sie spielt eine zentrale Rolle im
Metabolismus von Proteinen, Fetten sowie
Kohlenhydraten und produziert zudem die
meisten Plasmaproteine (z.B. Albumin und
Prothrombin).
Erkrankungen der Leber bei Hund und
Katze werden häufig erst sichtbar, wenn
sie
entweder
schon
sehr
weit
fortgeschritten und unter Umständen schon
irreversibel das Organ geschädigt haben,
obwohl die Leber eine extrem hohe
Regenerationsrate besitzt.
Leberinsuffizienzen beeinflussen auch
andere Organsysteme (unter anderem das
Zentralnervensystem, die Nieren oder den
Magen-Darm-Trakt).
Diese
Funktionsschäden
können
zu
Wundheilungsstörungen, Koagulopathien
oder zur Hepatischen Enzephalopathie
führen.
Allgemeine chirurgische Bemerkungen
Die Leber, als größtes parenchymatöses
Organ im Abdomen ist von seiner
Konsistenz weich-elastisch und sehr fragil,
sodass eine chirurgische Behandlung
vorsichtig erfolgen muss.
Das Parenchym darf nicht mit dem
Skalpell geschnitten werden, da die
Ligierung von Gefäßen und Gallengängen
sehr schwierig ist, wenn sie einmal
durchschnitten worden sind.
Im Bereich des Pylorus und Duodenum
descendens muss zudem auf die
Eingangsöffnung des Ductus choledochus
30
geachtet werden. Dieser darf nicht verletzt
werden.
Der Zugang zur Leber erfolgt in der Regel
durch die Linea alba. Vor dem Eingriff
wird eine Gabe von 22 mg/kg KM
Ampicillin empfohlen.
Mögliche Lebererkrankungen bei denen
eine chirurgische Intervention in Frage
kommt sind:
Tumor, Abszess, Zyste, Verletzung des
Parenchyms
(Trauma),
Leberlappentorsion,
intrabzw.
extrahepatischer Shunt.
Abszesse des Leberparenchyms beim
Kleintier sind eher selten. Häufig sind sie
assoziiert mit aszendierenden Infektionen
(z. B. Cholangitis, Omphalophlebitis beim
Welpen), oder hämatogen bedingt. Die am
häufigsten
nachgewiesenen
Mikroorganismen sind E. coli und
Clostridien. Es muss darauf geachtet
werden, dass die Eiterhöhle nicht eröffnet
wird, damit keine Peritonitis entstehen
kann. Therapeutisch werden die partielle
bzw. die komplette Lobektomie oder ggf.
die ultraschallgezielte Punktion, Aspiration
des Eiters und Instillation von Antibiotika
empfohlen. Die Prognose ist gut.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Leberzysten
stellen
geschlossene,
flüssigkeitsgefüllte Säcke dar, welche mit
einem sekretorischem Epithel ausgekleidet
sind. Bei Katzen (hier vor allem Perser)
müssen die Nieren immer mit untersucht
werden (Sonographie), um eine PKD
(Polycystic
Kidney
Disease)
auszuschließen.
Die Zysten können zu großen Teilen
reseziert bzw. amputiert werden, der
verbleibende Hohlraum wird mit Hilfe des
Omentum majus omentalisiert. Die
Prognose ist gut. Differentialdiagnostisch
muss beim Hund allerdings auch an
Echinokokken Zysten gedacht werden.
Tumoren der Leber können hepatozellulär
(aus
den
Hepatozyten)
oder
cholangiozellulär (aus den intra- oder
extrahepatischen
Gallengangepithel)
entstehen.
Epitheliale Tumoren sind das Karzinom
und das Adenom, mesenchymale Tumoren
sind z.B. das Fibrosarkom oder das
Hämangioendotheliom.
Primäre
Lebertumoren sind bei Hund und Katze
eher selten, die Leber ist jedoch sehr
häufig Zielorgan für Metastasen (z.B.
Lymphosarkom,
malignes
Hämangioendotheliom). Wenn der Tumor
nur einen/wenige der 6 Leberlappen
betrifft
kann
eine
Lobektomie
vorgenommen werden.
Der portosystemische Lebershunt zählt zu
den
portosystemischen
vaskulären
Anomalien. Er wird in intra- bzw.
extrahepatisch, angeboren oder erworben
unterschieden. Der extrahepatische Shunt
ist in über 60% singulär. Besonders häufig
ist die Anomalie zwischen Pfortader und
V. cava und Pfortader und V. azygos. Bei
dieser Erkrankung geht das Pfortaderblut
sofort in die systemische Zirkulation, ohne
erst durch die Leber zu gehen. Es sind
verschiedenste
Therapiemöglichkeiten
beschrieben (Unterbindung des Shunt mit
nichtresorbierbarem
Nahtmaterial,
Ameroid Konstriktor oder minimal invasiv
mit Hilfe eines Coils).
I. Chirurgie der Leber
Als Operationen der Leber kommen vor
allem die Biopsie (perkutan unter
sonographischer
Kontrolle
oder
chirurgisch),
die
Omentalisation
/
Omentopexie und die Lobektomie (partiell
oder komplett) in Frage.
Die sonographisch gezielte Punktion und
Biopsie der Leber ist zur vollständigen
Diagnostik häufig notwendig.
Indikationen bestehen bei Hepatopathien
oder Hepatomegalien, bei unklaren
Gebilden in der Leber oder bei
therapeutischen
Maßnahmen
(z.B.
Aspiration von Abszessen).
Die ultraschallgezielte Punktion/Biopsie
mittels einer Biopsiehilfe, die fest am
Schallkopf adaptiert wird, ist in der
Veterinärmedizin die Methode der Wahl.
Spezielle Nadeltypen finden Verwendung
(z.B. Chiba- oder Tru-cut- Nadeln). Durch
die ständige Sichtkontrolle können Herde
von wenigen Millimetern Durchmesser
exakt getroffen werden.
Zur Vermeidung von Risiken muss der
Gerinnungsstatus
und
das
Allgemeinbefinden des Patienten vor
diesem invasiven Verfahren überprüft
werden.
Das
Tier
sollte,
um
Abwehrbewegungen
zu
vermeiden,
zumindest sediert werden. Der Patient wird
wie für eine Operation vorbereitet. Die
Punktion/Biopsie der Leber erfolgt meist
von
links,
paramedian.
Die
Punktionsrichtung erfolgt von kaudoventral nach kranio-dorsal. Größere
Lebergefäße und die Gallenblase dürfen
nicht angestochen werden.
Das Anritzen der Organkapsel kann durch
rasches Vorführen der Nadel in das
Leberparenchym, möglichst in der
Atempause, vermieden werden.
Gefahren
bei
unsachgemäßer
Durchführung der Punktion/Biopsie sind:
Größere Blutungen, Peritonitis (gallig,
eitrig),
Tumorverschleppung,
Pneumothorax oder arterio-venöse Fisteln.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
31
Die Gewinnung von aussagekräftigem
Material ist die Voraussetzung für die
Auswertung durch eine histologische,
zytologische
oder
bakteriologische
Untersuchung.
Die entscheidenden Faktoren für den
erfolgreichen Eingriff sind die richtige
Indikationsstellung,
die
ausreichende
Erfahrung des Untersuchers mit der
Sonographie,
den
notwendigen
Instrumentarien und deren Umgang.
Die
chirurgische
Biopsieentnahme
erfolgt während einer explorativen
Laparotomie in der Linea alba. Hierbei
werden die sogenannte Guillotine Methode
bzw. die überlappende Guillotine Faden
Methode angewendet. In der Regel wird
dabei ein Stückchen am Rande des
Leberlappens als Probe genommen.
Die partielle Lobektomie wird dann
empfohlen, wenn die Erkrankung nur einen
Teil eines Leberlappens betrifft. Dabei ist
die Bestimmung der Grenze gesund zu
pathologisch häufig nicht so einfach zu
stellen. Die Kapsel wird mit dem Skalpell
eingeschnitten und anschließend das
Leberparenchym stumpf mit den Fingern
frakturiert, so dass die Gefäße nicht
zerstört werden. Größere Gefäße werden
ligiert (z.B. mit Hilfe sogenannter LigaClips), kleinere koaguliert.
Statt einer partiellen wird meist die
komplette Lobektomie durchgeführt.
Häufig kann der linke Leberlappen durch
einfache Ligatur an der Basis entfernt
werden. Beim rechten Leberlappen ist
jedoch Vorsicht geboten, da er zum Teil
mit der Vena cava verklebt ist. Mit den
Fingern wird das Gewebe um den Hilus
zerquetscht, große Gefäße und die
Gallengänge ligiert. Anschließend wird der
Hilus doppelt ligiert. Wesentlich schneller
und einfacher ist die Lobektomie mit Hilfe
eines Staplers (z.B. Tyco®).
32
Heilung und Komplikationen
Die Heilung der Leber post operativ ist
sehr gut. Sie besitzt wenig Bindegewebe
und
hat
ein
sehr
hohes
Regenerationsvermögen. Bis zu 80% der
Leber können ohne Probleme entfernt
werden. Nach einer Operation sollte das
Tier zumindest 2-3 Tage antibiotisch und
analgetisch versorgt werden.
Als Komplikationen werden am häufigsten
Blutungen beschrieben die schwierig zu
stoppen sind. Bei undichten Gallengängen
kann es zu einer biliären Peritonitis
kommen.
II. Chirurgie der Gallenblase und
Gallengänge
Erkrankungen, welche eine Operation der
Gallenblase bzw. -gänge notwendig
machen sind vor allem Obstruktionen des
extrahepatischen
Gallengangssystem
(intraluminal-extraluminal),
Tumoren
(siehe Chirurgie der Leber), Infektionen
(gallige Peritonitis) und Traumen.
Eine Cholelithiasis betrifft v.a. ältere
Hündinnen und verläuft sehr häufig
asymptomatisch. Unterschieden davon
werden muss der sog. Sludge oder die
Inspissationskonkremente. Klinisch kann
vor allem ein Ikterus auftreten. Die
Diagnose erfolgt radiologisch oder durch
die Sonographie. Eine bakteriologische
Untersuchung der Galle sollte durchgeführt
werden.
Eine gallige Peritonitis entsteht vor i. d. R.
durch Trauma, Nekrose oder Obstruktion.
Die chirurgische Therapie muss sobald als
möglich erfolgen, da es durch die Galle
sehr schnell zu Fibrosierungen und
Adhäsionen kommt. Nach Verschluss der
Leckage wird das Abdomen mehrfach
täglich gespült (Abdominalkatheter oder
offenes Abdomen). Die Prognose ist
vorsichtig.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Cholezystotomie
Eine Eröffnung der Gallenblase wird selten
durchgeführt.
Indikationen
sind
Cholelithen
oder
Inspissationskonkremente. An die Blase
werden
Haltezügel
zur
besseren
Manipulation angelegt, Die Inzision erfolgt
im Fundus, der Gang wird mit Hilfe eines
Katheters freigespült.
Die Naht erfolgt ein- bis zweilagig
invertierend mit langsam resorbierbarem 30 bis 5-0 Nahtmaterial.
Cholezystektomie
Bei schweren Cholezystitiden, Tumoren
oder Traumen kann die Entfernung der
Gallenblase indiziert sein. Die Gallenblase
wird stumpf vom Lebergewebe getrennt
und wird bis zur Verbindung des Ductus
cysticus bis zum Ductus choledochus
freigelegt. Der Ductus choledochus wird
durch Legen eines Katheters identifiziert
und die Durchgängigkeit bis ins
Duodenum descendens (Duodenotomie)
überprüft.
Der Ductus cysticus wird nun doppelt
ligiert und abgesetzt (nicht resorbierbares
Nahtmaterial bzw. Liga-Clips aus Titan).
Choledochotomie
Indikationen für die Eröffnung des
gemeinsamen Gallengangs sind vor allem
Steine im Ductus choledochus. Es kann nur
dort durchgeführt werden, wo der Gang
hochgradig dilatiert ist. Auch hier dienen
Haltefäden
zur
Erleichterung
der
Manipulation. Der Ductus choledochus
wird entsprechend der Cholezystotomie
operiert.
Diversion der Gallenblase
(Cholezystostomie)
Die Gallenblase wird bei folgenden
Indikationen direkt mit dem Dünndarm
verbunden: Obstruktionen des Ductus
choledochus oder schwere Traumen des
Gallengangs. Sie kann an das Duodenum
(Cholezystoduodenostomie) oder and das
Jejunum (Cholzystojejunostomie) genäht
werden. Das Stoma sollte mindestens 2,5
Zentimeter lang sein. Kontraindikation für
die Anfertigung eines solchen Stomas ist
eine vorliegende Pankreatitis.
Die Gallenblase wird stumpf freipräpariert
und anschließend an das Duodenum
descendens antimesenterial herangeführt.
Sowohl der Dünndarm als auch die
Gallenblase werden entsprechend in der
Längsrichtung eröffnet. Es gilt die
Öffnungen ohne Spannung miteinander zu
vernähen
(2-0
bis
4-0
langsam
resorbierbares Nahtmaterial).
Ductus choledochus Trauma
Die Verletzung des Ductus choldochus ist
i. d. R. schwerwiegend und die Prognose
muss als vorsichtig bezeichnet werden. Sie
ist unter anderem von der Lage und dem
Ausmaß abhängig.
Wenn das Lumen des Ganges auf mehr als
4 mm dilatiert erscheint kann das Nähen
bzw. eine Anastomose versucht werden. Es
darf keine Spannung auf den Heften liegen.
Ein weicher Katheter wird als Schiene
verwendet.
Einzelhefte
(langsam
resorbierbar) von der Größe 4-0 bis 6-0
werden verwendet.
Heilung und Komplikationen
bei
Die
Prognose
ist
insgesamt
Verletzungen der Gallenblase und der
Gallengänge als vorsichtig zu bezeichnen.
Es darf auf keinen Fall Länsspannungen
auf den Gang auftreten. Drainagetechniken
(Cholezystoduodenostomie) werden der
Reparatur des Ganges vorgezogen.
Komplikationen umfassen Stenose oder
Striktur, Infektion, Leckagen, Peritonitis,
Schock, Sepsis bis hin zum Tod des
Patienten.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
33
Literatur:
Bjorling DE (1991): Surgical treatment of
hepatic and bilary diseases in cats, Comp
Cont Educ Pract Vet 13, 1419
Fossum TW (2002): Surgery of the liver.
Surgery of the extrahepatic biliary system.
In Fossum TW, editor: Small animal
surgery, St. Louis, Mosby
Fossum TW, Willard MD (1995): Diseases
of the gallbladder and the extrahepatic
biliary system. In Ettinger SJ, Feldman EC,
editors: Textbook of veterinary internal
medicine, ed. 4, Philadelphia, WB
Saunders
Johnson SE (1992): Liver and biliary tract.
In Anderson NV, editor: Veterinary
gastroenterology, ed. 2, Philadelphia, Lea
& Febiger
34
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
„Leberschutztherapie“ und andere therapeutische Maßnahmen
Reto Neiger, Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVIM-CA
Klinik für Kleintiere (Innere Medizin)
Justus-Liebig- Universität Giessen
Frankfurter Str. 126
35392 Giessen
Vor die Gelbsucht der Pferde: Nimm sauren oder
bitteren Senf, dem Pfede ein geschütt, so geht’s von
Stund an.
Wann den Kühen die Lebern faulen: Gib einer Kuh an
St.Martinstag einen Quittenschnitz zu essen, so fault ihr
dasselbe Jahr die Leber nicht. [aus Albertus Magnus,
egyptische Geheimnise für Mensch und Vieh]
Leberschutztherapie, die: - prinzipien:
Besser: Leberschontherapie. Es wird das
Zier verfolgt, bei Erkrankungen, die die
Leber belasten, die Leber durch Zufuhr
leicht verstoffwechselbarer und essentieller
Substanzen zu unterstützen (meist als
Cocktail intravenös: Glukose, Fruktose,
Vit.-B-Komplex,
Methionin,
Lysin,
Arginin).
[aus
Wörterbuch
der
Veterinärmedizin, 1983]
Einleitung
Die Leber hat sehr viele verschiedene
Funktionen und sehr viele Krankheiten
können die Leber betreffen. Vor der Zeit
der „Gerätemedizin“, d.h. dem Einsatz
verschiedenster Labortests, Röntgen- und
Ultraschalluntersuchungen,
Feinnadelaspiration und z.T. noch höher
entwickelter Verfahren wie ComputerTomographie (CT) oder MagnetresonanzBildverfahren (MRI) war die Leber ein
dem Kliniker kaum zugängliches Organ.
Die meisten Erkrankungen der Leber
wurden erst post mortem diagnostiziert.
Die klinische Untersuchung war meist das
einzige angewendete Diagnostikum, und
Hepatomegalie oder Ikterus demzufolge
auch oft die einzige Diagnose; eine genaue
Ätiopathogenese konnte nicht eruiert
werden. Schon sehr früh wurde versucht,
die Leberfunktion durch Heilmittel günstig
zu beeinflussen. Eines der ersten
Lebertherapeutika war Karlsbader Salz
(Sal Carolinum factitum), welches wegen
seiner diuretischen und abführenden
Wirkung gerne gegeben wurde. Noch vor
etwas mehr als 40 Jahren waren Glucose,
Methionin, Cholin und Vitamin-BKomplex die einzigen für Lebererkrankung
erwähnten Medikamente.7 In den letzten
Jahren haben sich die Meinungen
bezüglich der sog. Leberschutztherapie
(LST) stark gewandelt und einige sprechen
gar von „therapeutischem Nihilismus“,14
womit gemeint ist, dass es die LST nicht
gibt. In der Humanmedizin konnten weder
Choleretika,
lipotrope
Substanzen,
Vitamine,
Aminosäuren,
essentielle
Phospholipide,
Lävulose,
Leberhydrolysate, Frischzelltherapie und
noch viele andere Medikamente eine
gesicherte
heilende
Wirkung
bei
Leberkrankheiten entfalten.15 Die Leber
hat
eine
außerordentliche
Regenerationsfähigkeit. Auch wenn bis zu
80% reserziert werden muss, können
Hunde und Katzen mit geeigneter
Unterstützung überleben und das Tier
entwickelt keine Leberinsuffizienz. Gerade
diese
Regenrationsfähigkeit
und
Selbstheilungstendenz – natura sana – hat
vielen LST den Weg geebnet, da es kaum
Blindstudien für die Überprüfung des
Erfolges gab.
Wenn wir nach dem
Konzept der „Evidence-based medicine“
agieren und alle Präparate, welche wir zur
Therapie einer Lebererkrankung
einsetzten, überprüfen, so gibt es keine
welche in die ersten Kategorien
(Blindstudie, randomisiert) fallen. Fast alle
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
35
LST beruhen auf Empirie und beim
Menschen (z.T. auch beim Besitzer der
Haustiere) auf dem Placeboeffekt.
Cholagoga und Choleretika
Cholagoga (gr. Agogos herbeiführend,
anregend): Stoffe, die die Gallenblase
durch Kontraktion zur Entleerung bringen,
z.B. Fette, Eigelb, CholezystokininPankreozym. Choleretika: Stoffe, die die
Leberzellen zu vermehrter Sekretion von
Gallensäuren
anregen
z.B.
Dehydrocholsäure. (Pschyrembel)
Physiologie
Die Galle hat zwei Hauptaufgaben: 1)
Digestion und Absorption von Fett durch
a) Emulsierung und b) Transport und
Absorption durch die Darmschleimhaut. 2)
Ausscheidung
von
StoffwechselAbbauprodukten
z.B.
Bilirubin,
Cholesterin. Die Ausscheidung der Galle
erfolgt in zwei Schritten. Zuerst scheiden
Hepatozyten Galle aus (v.a. Gallensalze,
Cholesterin und andere organische
Substanzen)
und
dann
werden
wasserlösliche
Substanzen
(Natrium,
Bikarbonat, weitere Elektrolyte) sezerniert.
Gallensalze sind vor allem verantwortlich
für den ersten Schritt, Sekretin stimuliert
vor allem die zweite Ausscheidung.
Cholesterin
(aus
Nahrung
oder
synthetisiert in der Leber) wird zu
Cholsäure und Chenodesoxychoolsäure;
diese konjugieren mit Taurin und Glycin
(bei Katze nur Taurin) und erhöhen
dadurch
die
Wasserlöslichkeit.
Verschiedene Krankheiten können die
Zusammensetzung
und
die
Galleflussmenge beeinflussen (erniedrigt
bei
Malassimilation,
erhöht
bei
portosystemischem
Shunt,
Leberinsufizienz, Cholestase), verändert
wird
insbesondere
das
Verhältnis
verschiedener
Gallensäuren.
Die
Hepatotoxizität der Gallensäuren ist invers
proportional
zum
Grad
der
Hydroxilierung.9
4-[p-Chlor-N-(p-methoxyphenyl)benzamido]-buttersäure ist ein OxyButtersäure-Derivat.22 Beim Hund wurde
die Wirkung auf die Gallensäuresekretion
untersucht. Resultat: Nach 40 mg/kg
Clanbutin IV kommt es zu einem Anstieg
des Gallenflusses uwischen 10 und 50 Min
postinjektionem
von
durchschnittlich
einem Maximum von 281% des
Ausgangswertes.5 Die Cholesterin und
Natriumkonzentration des Galle wurde
kaum
beeinflust,
die
Bikarbonatkonzentration sieg auf über
150% und die Chlorkonzentration auf über
140% des Ausgangswertes nach durch
Clanbutin induzierter Cholerese.5 An der
isolierten Rattenleber kommt es zu einer
dosisabhängigen
Steigerung
des
Gallenflusses aber zu einer erniedrigten
Gallensäuresekretion.16 Weitere Clanbutin
zugeschreibene Effekte bei der Ratte sind
Stimulierung
der
Pankreasenzymsekretion18 und Inhibition
der Gluconeogenese.37
Indikation: Cholangitis/Cholangiohepatitis.
Dosierung: 20mg/kg 2x täglich PO.30
Kontraindikation:
extrahepatische
Cholestase, akute Hepatitis, Pankreatitis,
Hypoglykämie, Leberinsuffizienz. Leider
steht Clanbutin im Verdacht, kanzerogen
zu sein.
Genebile
4-(4-Methoxynaphtalen-(1))-4Oxybuttersäure ist ebenfalls ein OxyButtersäure-Derivat.22 Es erhöht bei Ziegen
die
Absonderung
normal
zusammengestzter Galle sowie von
Pankreassaft und das zwei- bis fünffache.25
Kasuistik von 3 (!) Fällen zwigt eine
verbesserte Darmperistaltik aber keinen
Einfluss auf die Leber.36 Wegen seines
pheolartigen Charakters soll es bei Katzen
nicht eingesetzt werden.4 Eine Studie über
den choleretischen Effekt bei einem Hund
zeigt dass 10 mg/kg Genebile i.m. den
Gallefluss
signifikant
erhöht,
die
Bilirubinausscheidung
belibt
jedoch
unverändert.17
Clanbutin
36
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Indikation: Hepatose und pankreatische
Dysfunktion
(?),
Verstopfung,
4
überstandene Operationen :-)
Kontraindikation: siehe Clanbutin.
Ursodeoxycholsäure(UDCS)
3α,7β-dihydroxy-5β-Cholan-Säure ist ein
7β-hydroxy-Epimer
der
Chenodeoxycholsäure.35 Bei Hund uns
Katze ist UDCS in nur sehr geringen
Mengen als sekundäre Gallensäure im
Darmtrakt vorhanden und wird aus der
primären
Gallensäure
Chenodeoxycholsäure
gebildet.
Es
stimuliert den Bikarbonat-reichen Anteil
der Gallensekretion vermutlich durch
cholehepatische Shunts auf Höhe der
Gallengangsdukltuli. Zusätzlich hat es
vertschiedenste Wirkungen und soll
hepatoprotektiv sein, wobei die genauen
Wirkungsmechanismen nicht alle bekannt
sind.9 Durch seinen hydrophilen Charakter
verdrängt UDCS vermutlich hydrophobe
Gallensäuren, welche sonst bei einer
Cholestase
akkumulieren
und
hepatotoxisch wirken. UDCS hat auch
immunmodulierende
Eigenschaften:
unterdrückte
Immunoglobulinsynthese,
verminderte
Lymphozytenproliferation,
verminderte
mononukleäre
Zytokinproduktion,
Veränderung
der
major-histocompatibility (MHC)-antigene
auf Hepatoizyten, antioxidativer und
antifibrotischer Effekt um nur ein paar zu
nennen.26,40
Bei der Katze ist 15 mg/kg UDCS für 8
Wochen sicher in der Anwendung.13 Die
präund
postprandialen
Gallensäurenkonzentrationen im Serum
waren erhöht nach 10 mg/kg UDCS.11
Beim Hund sind ebenfalls 15 mg/kg
sicher.1 Endogene Gallensäurespiegel
waren bei einem Hund, therapiert mit
UDCS, ernierdrigt.34
Indikation:
Cholelithiasis1,
Hepatitis/Cholangiohepatitis, Cholestase,
Zirrhose. Dosierung: 10-15 mg/kg PO 1x
täglich.27
Kontraindikation:
extrahepatische
Cholestase. Bei Katzen mit hepatischer
Lipidose ist der Einsatz fraglich, weder
eine
signifikant
erhöhte
Lithocholsäurekonzentration noch eine
signifikante Entzündung vorhanden ist.13
Cisaprid
Ein prokinetisches Medikament, ähnlich
Metoclopramid. Bei Eichhörnchen wurde
mit 0.75 mg/kg PO in vivo die
Gallenblasen-Kontraktilität erhöht, die
Lipidzusammensetzung
der
Galle
normalisierte
sich
trotz
hoher
Cholesterindiät und eine gesteigerte
Gallensalzsekretion war zu sehen.39
Indikation: für Hepatopathien beim
Kleintier zurzeit keine.
Weitere Choleretika
Glucagon, Secretin, Cholezystokinin,
Gastrin II, Caerulin. Diese sind fast alle
endogen wirkende Choleretika beim Hund
die evtl. in Zukunft therapeutisch
eingesetzt werden könnten.
Lipotrope Substanzen
Lipo|trope
Sub|stanzen
(gr.
tropos
Richtung auf) f pl: Stoffe, bei denen bes.
tierexperimentell
unter
best.
Versuchsanordnungen e. Prävention bzw.
Besserung
v.
Leberverfettung
nachgewiesen wurde; klein. haben sie b.
der Therapie d. Fettleber keine wesentl.
Bedeutung. Dazu zählen: Cholin, versch.
sog. Methyldonatoren, z.B. Methionin u.
Betain, auch Vitamin B12 in Kombination
mit Homozystein. (Pschyrembel)
Cholin
Cholin
wird
für
viele
Intermediärfunktionen
im
Körper
gebraucht, so z.B. als Baustein von
Phospholipiden und Sphingomyelinen, als
Methyldonatoren, bei der Ausscheidung
von
very-low-density-lipoproteinen
(VLDL) und es ist beteiligt an der
Synthese von Acetylcholin.13,19 Bei Ratten
hat ein Mangel an Cholin eine
Leberverfettung zur Folge, dies konnte
jedoch bei Katzen nicht gezeigt werden.13
Cholin wird von Magen-Darm-Bakterien
zum toxischen Neurin umgewandelt,
welches außer bei Permeabilitätsstörungen
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
37
kaum resorbiert wird.19 In der älteren
Literatur wird die Wirkung von Cholin
folgendermaßen beschrieben: 1) durch
Synthese von Lecithin, welches für den
Transport der Fettsäuren zu den Organen
sei; 2) durch Wirkung auf den Fettabbau;
3) durch Abgabe von drei labilen
Methylgruppen; und 4) durch Steigerung
der Leberdurchblutung.3 Andererseits wird
behauptet, dass Cholin bei einer stark
geschädigten Leber versagt, da diese die
Energie für die Phosphorylcholin-Synthese
nicht mehr aufbringen kann und demnach
Cholin mehr schädigt als nützt.29 Bei einer
Studie mit Cholin und Methionin (0.5
mg/kg IV wobei 1 ml 205mg
Acethylmethionin und 20mg Cholinchlorid
enthält) konnte bei 26 Hunden mit stark
verschiedener
Lebererkrankungen
(Leptospirose: 11; Staupe: 4; Diätfehler: 5;
Verschiedene:
6)
eine
mittels
Bromsulphtalein-Probe
festgestellte
Funktionsstörung behoben werden.3 Alle
heutigen
kommerziell
erhältlichen
Futtermittel enthalten genügend Cholin.
Cholin kann nur empfohlen werden bei
Fällen von Cholinmangel mit möglicher
Leberverfettung, z.B. verlängerte Anorexie
oder Fütterungsfehler mit cholinarmer
Diät.30
Indikation: Cholinmangel (Fettleber).
Dosierung: Hund 40-50 mg/kg; Katze: 100
mg19
Kontraindikation: Kombinationspräparate
mit Methionin (siehe dort).
Methionin
Methionin ist ebenfalls ein Methyldonator,
welcher von Tieren nicht synthetisiert
werden kann. Es ist die Vorstufe von
Cholin. Von Magen-Darm-Bakterien wird
Methionin
zu
Merkaptan-Derivaten
(Methanäthiol, Ethanäthiol) umgebaut,
diese werden sehr gut resorbiert und
können synergistisch mit Ammoniak zu
neurologischen
Störungen
führen
(Hepatoenzephalopathie). Wichtig ist
deshalb, bei Leberschäden Methionin NIE
oral zu verabreichen. Methionin (auch
Cystein) enthält Schwefel, welches v.a. die
Leber gegen Gifte schützen kann.19 Noch
38
1951 wurde Methionin für chronische
Hepatitis und Zirrhose beim Menschen
empfohlen,2
da
es
zu
einer
Ausschwemmung von Bilirubin aus der
Leberzelle komme. Heute sind lipotrope
Substanzen beim Menschen praktisch ohne
Bedeutung, da ein Einfluss auf den Verlauf
von akuten und chronischen Hepatopathien
nie nachgewiesen werden konnte.23
Indikation: siehe Cholin (wird auch
gebraucht zur Ansäuerung des Urins mit
anderen Dosierungen). Dosierung: Hund
25 mg/kg; Katze 100-400 mg19
Kontraindikation: Gabe von oralem
Methionin bei Leberschäden, Einsatz bei
Katzenwelpen.
S-adenosylmethionin (SAMe)
Methionin aus dem Futter wird in der
Leber
mittels
methionin
adenosis
transferase in SAMe umgewandelt. Dieses
SAMe
ist
nun
an
über
100
Reaktionsprozessen mitverantwortlich und
somit für die Funktion in der Leber
unabdingbar. Verschiedene Studien haben
SAME
eine
Leberschutzfunktion
zugeschrieben, u.a. gegen Xenobiotika und
viele
Toxine.
Eine
größere
Doppelblindstudie
beim
Menschen
(n=220) hat gezeigt, dass orales SAMe
Laborparameter und Symptome verbessert
sowie Überleben verlängert und die
Lebertransplantation hinauszögert. Orales
SAMe führt bei Mensch, Hund und Katze
zu einer erhöhten Glutathionkonzentration
in der Leber.40
Indikation: Cholestase und entzündliche
Hepathopathien. Dosierung: 20mg/kg PO
Kontraindikationen: keine bekannt.
Vitamine
Vitamin B12
Cyanocobalamin kann vom Körper nicht
synthetisiert werden. Die Aufnahme
geschieht im Ileum nach Bindung an den
intrinsic factor. Wirkung: Vit B12 ist
beteiligt als Co-Enzym an der Umlagerung
von Alkylresten. Mangel: v.a. Gewebe mit
hoher Zellteilungsrate sind betroffen
(Hämatopoiese). Vit B12 hat auch
lipotropen Effekt (s.Cholin und Methionin)
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
und
die
Leberproteinsynthese
ist
vermindert bei Cobalaminmangel.19 Bei
Lebererkrankungen ist die Vit B12
Konzentration im Serum erhöht, exogen
zugeführtes Vit B12 wird also unverändert
im Urin ausgeschieden.23
Indikation:
Vit
B12-Mangel
(Fütterungsfehler,
Malassimilation,
Anorexie). Dosierung: Hund 100-200
mg/Tag; Katze 50-10 mg/Tag.31
Kontraindikation: keine bekannt.
Vitamin B1
Thiamin kann vom Körper nicht
synthetisiert werden. Die Körperreserven
sind (v.a. bei Katzen) gering und
Mangelsymptome
sind
einer
Hepatoenzephalopathie
ähnlich
(Vetroflexion des Halses). Mangel kann
entstehen bei Anorexie oder Diätfehler.
Literatur der humanen Lebertherapie zeigte
früher einen Einsatz von Vitamin-BKomplexen („die außerordentlich günstige
Kombination
aller
wesentlichen
Bestandteile der Vitamin-B-Gruppe hat
uns jedoch schon vor Jahren von der
Wirksamkeit dieser Gruppe überzeugt, sei
es im Stadium der Dekompensation oder
im kompensierten Intervall der Zirrhose“2),
heute wird jedoch der generelle Einsatz
von
Vitaminen,
außer
bei
Alkoholbedingter
Leberzirrhose,
abgelehnt.14
Indikation: siehe Vit B12. Dosierung: Hund
10-100 mg/Hund/Tag PO; Katze 5-30(max 50) mg/Katze/Tag PO.31
Kontraindikation: keine bekannt.
Vitamin E (und Selen)
Beide zusammen sind essentiell. Selen ist
ein
Bestandteil
des
Enzyms
Gluthationperoxidase,
hat
somit
antioxidative Wirkung (radical scavenger)
v.a. beim Reperfusionssyndrom.38 Vit-E
lässt Gluthation in reduzierter Form.19
Mangel an Selen und Vit-E führt bei
Ratten zu Lebernekrose (bei Hund und
Katze jedoch zu Skelettmuskelnekose
respektive zu Steatitis). Kaninchen, welche
eine Diät mit hohem Fettgehalt erhielten,
zeigten eine tiefere Leber- und Serum-
Lipidfraktion
und
einen
höheren
Cytochrom P-450 Gehalt in den
Leberzellen nach Vit-E/Selen Gabe.
Indikation:
Vit-E/Selenmangel
(Fütterungsfehler, sehr selten bei Hund und
Katze). Dosierung: Hund 0.5 mg/10 kg
KM Selen und 34 IU/10 kg KM Vit-E i.m.
oder s.c.
Kontraindikation: Toxisch für Katzen,
hohe Dosen auch toxisch für Hunde,
Gastrointestinale Symptome möglich bei
hohen Dosen.
Vitamin K1
Viele Leberinsuffizienzen können mit
einer Koagulopathie einhergehen. Außer
Faktor
VIII
werden
alle
Gerinnungsfaktoren der Kaskaden in der
Leber synthetisiert. Faktoren II, VII, IX
und X sind zudem Vitamin-K abhängig.
Vitamin K ist fettlöslich und wird bei einer
Cholestase schlecht resorbiert. Chronische
Antibiotikagabe kann zudem die Vit-K
Produktion durch Darmbakterien in
Magen-Darm-Trakt stören.
Indikation:
Blutungstendenzen
bei
Hepathopathien, vor jeder Leberbiopsie
(v.a. bei Ikterus). Dosierung: Hund/Katze:
0.5 mg/kg i.m. ode s.c. (feinste Kanüle
benutzen).
Kontraindikation: Anaphylaxie, HeinzKörperchen Anämie bei Katzen.
Flavonoide
Silymarin, Silibilin
Aus der Mariendistel (Silybum marianum)
gewonnenes Extrakt. Die Wirkung erfolgt
über die Stabilisation von Membranen,
über das Abfangen von reaktiven
Komponenten (radical scavenger),28 und
über
eine
immunomodulierende
Komponente,24
jedoch
ohne
das
Cytochrom-P450-2E1 zu involvieren.
Beim Menschen mit Zirrhose konnte mit
Silymarin
eine
verlängerte
Überlebensdauer gefunden werden, sowie
eine Besserung der Laborparameter
(Transaminasen).6
Bei
der
Knollenblätterpilzvergiftung
(Amanita
phalloides) zeigt Silymarin bei Hund,
Ratte, Kaninchen und Mäusen einen
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
39
protektiven Effekt wenn vor der
Intoxikation gegeben. Zehn Minuten nach
der Toxingabe konnte mit einer höheren
Dosis von Silymarin immer noch ein
kompletter Schutz gewährleistet werden.
Dreißig Minuten später war der Effekt
jedoch unbedeutend.12 Bei der Ratte zeigte
Silymarin
1
Stunde
vor
der
Ganzkörperbestrahlung
einen
hepatoprotektiven Effekt gemäß Messung
von Leberhistonen. Bei Hunden mit
experimenteller Leberintoxikation (mit
Tetrachlormethan) war der kurative Effekt
von Silymarin gering. Der protektive
Effekt
zeigte
signifikant
tiefere
Transaminasen aber nur unbedeutend
verbesserte Histologieresultate.32
Indikation: z.T. toxische und ischämische
Leberschäden. Dosierung: 30-40 mg/kg 23x täglich.
Kontraindikation: keine bekannt.
Antifibrotische Medikamente
Colchizin
Wirkungsweise: es unterdrückt die
Kolagensynthese und –sekretion und
erhöht
die
Kollagenaseaktivität,
demzufolge
kommt
es
zu
einer
verminderten Fibrose.21 Colchizin wirkt
auch
anti-inflammatoirisch
durch
unterdrückte
Leukozytenmigration.27
Beim Menschen mit Zirrhose zeigt sich
eine signifikant verlängerte Überlebenszeit
und
teilweise
auch
verbesserte
Histologieresultate,21 sowie signifikant
verbesserte Serum Albumin, Bilirubin,
Cholesterin
und
Transaminasekonzentrationen
nach
Colchizin.20 Colchizin ist bei Hund und
Katze noch wenig erforscht, aber ine
verbeserte Leberfunktion wurde bei einem
Hund beschrieben.27,33
Indikation:
fibrotische
Hepatopathie.
Dosierung: 0.01-0.03 mg/kg/Tag PO.31
Kontraindikation:
kann
zu
hämorrhagischem Durchfall und Erbrechen
führen.
Medikamente für die Therapie der
Hepatoenzephalopathie (HEP)
Lactulose
40
Es ist ein Dissacharid und wird durch
Darmbakterien (v.a. Bacteroides spp.) zu
Säure und CO2 hydrolysiert. Funktion: 1)
durch Ansäuerung des Coloninhaltes
vermindert Lactulose a) eine einfache
Aufnahme von Ammoniak durch die
Colonschleimhaut und b) wirk als
Ammoniakfalle; 2) durch osmotische
Wirkung wird der Kot wasserhaltiger und
dies vermindert die Kolontransitzeit; 3)
Lactulose führt zu einer veränderten
Magen-Darm Bakterienflora; und 4) wirkt
es antiendotoxisch
Dosierung Hund: 0.5 ml/kg 2x täglich PO;
Katze 2.5-5 ml/Katze 3x täglich PO (bis 3
weiche Stuhlgänge pro Tag).
Histamin-H2-Rezeptorantagonisten(H2RA) und Sucralfat
Patienten mit Lebererkrankungen zeigen
oft Blutungstendenzen (s.Vit-K). Blut hat
einen hohen Proteingehalt und, wenn im
Dünndarm verdaut, kann es zur HEP
führen.
H2-RA
vermindern
die
Magnesäuresekretion und somit die
Inzidenz von Magenerrosionen und –
ulzera. Sucralfat hat eine spezifische
Affinität zu Magenulzera und deckt diese
ab womit eine weitere Verschlimmerung
vermindert wird.
Dosierung: Ranitidin 2-2.5 mg/kg 2x
täglich PO (Cimetidin sollte bei
leberproblemen nicht gegeben werden).
Sucralfat: 0.5-1 g 3x täglich PO. Sucralfat
und Ranitidin mind. 1-2 Stunden
auseinander verabreichen.
Flumazenil
Ein Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist.
Endogene Benzodiazepine sollen eine HEP
verstärken und beim Menschen konnte mit
Flumazenil eine Verbesserung bewirkt
werden.
Dosierung: 0.2 mg Gesamtdosis wird
vorgeschlagen (nach Wirkung dosiert).
PRIMUM NON NOCERE
Referenzen
können
angefordert werden
beim
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Autor
Diätetische Behandlung
Lebererkrankungen
von
Hunden
und
Katzen
mit
Dr. Christian Schünemann
Dr. Claudia Rade
FTÄ für Tierernährung und Diätetik
Royal Canin Tiernahrung GmbH + Co.KG
Alteburger Str. 142
50968 Köln
1. Grundzüge der Leberdiätetik bei
Hund und Katze
Aufgrund der maßgeblichen Beteiligung
der Leber am Stoffwechsel aller drei
Hauptnährstoffgruppen
(Fette,
Kohlenhydrate und Proteine) spielt die
optimale
diätetische
Versorgung
leberkranker Hunde und Katzen eine
entscheidende
Rolle
für
das
Allgemeinbefinden und die Prognose
solcher Patienten. Leberpatienten sind
häufig anorektisch und befinden sich in
einer katabolen Stoffwechsellage, daher
muss das erste diätetische Ziel eine
ausreichende Versorgung mit Energie sein.
Da die Entgiftungsfunktion der Leber (z.
B. für NH3) beeinträchtigt ist, sollte eine
Leberdiät moderat proteinreduziert sein
(14-18% Rp in der TS). Leberpatienten,
die unter portalem Bluthochdruck und
Ascites leiden, profitieren von einem
niedrigen Natrium- und leicht erhöhten
Kaliumgehalt in der Ration. Die
Vitaminzufuhr sollte auf das Doppelte des
Erhaltungsbedarfs angehoben werden
(Ausnahme: Vitamin A und ggf. D, diese
nur bedarfsdeckend). Ein ausgewogenes
Verhältnis von löslichen und unlöslichen
Nahrungsfasern sorgt für eine gesunde
Darmflora und eine Senkung des pHWertes im Darm, was die Fixierung von
Stickstoff durch Darmbakterien und seine
Ausscheidung mit den Fäzes fördert. Die
Ammoniakproduktion im Darm kann auf
diese Weise effektiv gesenkt werden,
allerdings ist der Rückgang der
Verdaulichkeit mit steigendem Faseranteil
in der Ration bei Patienten in einer
katabolen
Stoffwechsellage
nicht
erwünscht.
Patienten
mit
Kupferspeicherkrankheit benötigen eine
kupferarme
Diät.
Leberpatienten
verweigern
häufig
aufgrund
einer
ausgeprägten Nausea die Nahrung
vollständig und neigen dazu, Aversionen
gegen
bestimmte
Futtermittel
zu
entwickeln. Besonderer Wert ist daher auf
eine hohe Schmackhaftigkeit der Diät und
eine stressfreie Fütterungstechnik zu legen.
2. Sonderfall: Portosystemischer Shunt
Durch einen oder mehrere „Kurzschlüsse“
zwischen der Portalvene und der Vena
cava ist die Clearance des venösen Blutes
unter anderem für NH3 und aromatische
Aminosäuren nur unzureichend. Hohe
Blutspiegel dieser beiden Substanzen
führen zu ZNS-Störungen (gestörte
Reizleitung im Gehirn). Zur Minderung
der NH3-Anflutung ist eine stärkere
Proteinrestriktion als in konventionellen
Leberdiäten (langfristig jedoch nicht unter
11% Rp in der Futter-TS) und die
Verwendung pflanzlicher Eiweißträger
oder von Milcheiweiß essenziell. Eine
erhöhte
Zufuhr
verzweigtkettiger
Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin)
hat möglicherweise einen positiven Effekt
auf die ZNS-Symptomatik, da diese mit
den aromatischen Aminosäuren um
dasselbe Transportsystem an der BlutHirnSchranke
konkurrieren.
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
41
Auf eine bedarfsdeckende Zinkzufuhr ist
besonders zu achten, da bei Zinkmangel
der NH3-Gehalt im Blut ansteigt. ShuntPatienten sollten ihre Tagesfutterration auf
4-6 kleine Mahlzeiten verteilt erhalten, um
einen zu starken postprandialen NH3Anstieg im Blut zu verhindern.
3. Sonderfall: Gallenabflussstörungen
Eine Störung der Fettverdauung infolge
mangelnden Galleflusses ist nur bei einer
vollständigen Verlegung des Gallenganges
zu befürchten, die ohnehin operativ
behoben werden muss. Nur in diesem Fall
ist eine Fettrestriktion in der Diät wirklich
sinnvoll. Frühere Empfehlungen einer
grundsätzlich fettarmen Diät bei allen
Cholestasepatienten besitzen heute daher
keine Gültigkeit mehr. Neben der
Verabreichung eines hochverdaulichen,
schmackhaften
und
ausgewogenen
Alleinfutters empfiehlt sich ggf. die
parenterale Applikation der fettlöslichen
Vitamine A, D, E und K bis zur Behebung
der Cholestase, da bei verminderter
Galleproduktion
ihre
Absorption
vermindert ist.
4. Abgrenzung zur Nierendiät
Als es noch keine kommerziellen
Leberdiäten gab, waren Nierendiäten auch
für
Hunde
und
Katzen
mit
Lebererkrankungen die Produkte der ersten
Wahl. Die Verwendung von Nierendiäten
für Leberpatienten ist auch heute
keineswegs
als
Behandlungsfehler
anzusehen, den Tierbesitzern ist dies aber
nur schwer zu vermitteln. Beide
Krankheitsbilder
erfordern
eine
bedarfsdeckende,
aber
keinesfalls
überhöhte Zufuhr von Proteinen hoher
biologischer
Wertigkeit.
Die
Aminosäurezusammensetzung
des
Futtereiweißes sollte vor allem eine
ausreichende
Zufuhr
von
Arginin
gewährleisten; für Leberpatienten wird
außerdem
eine
erhöhte
Zufuhr
verzweigtkettiger Aminosäuren und eine
reduzierte Methioninzufuhr empfohlen.
42
Die Leberdiäten sind in der Regel weniger
stark eiweißreduziert als die Nierendiäten,
weisen
einen
extrem
niedrigen
Kupfergehalt
und
einen
erhöhten
Zinkgehalt auf. Eine Phosphorrestriktion
ist hingegen für Leberpatienten nicht
erforderlich. Tendenziell ist der Fettgehalt
von Leberdiäten niedrigeren und der
Kohlenhydratanteil
höher
als
in
Nierendiäten auf. Der Energiegehalt
entspricht meist dem eines Alleinfutters für
Tiere im Erhaltungsbedarf oder liegt leicht
darüber, während Nierendiäten häufig
besonders energiereich sind. Aufgrund der
z. T. starken Beeinträchtigung des
Fettstoffwechsels enthalten ist eine Zulage
von L-Carnitin in Leberdiäten sinnvoll.
Die fettlöslichen Vitamine A und D sind in
Leberdiäten
oft
in
niedrigeren
Konzentrationen
vorhanden
als
in
Nierendiäten.
5. Besonderheiten bei der Katze
Im Unterschied zu Hunden vertragen
Katzen einen kompletten Nahrungsentzug
für mehr als 24 h nur sehr schlecht. Sie
sind als strikte Carnivoren auf die tägliche
Zufuhr bestimmter Aminosäuren stärker
angewiesen als andere Spezies, da ihre
Eigensynthese hier wesentlich geringer ist.
Dies gilt insbesondere für Arginin, eine
Aminosäure mit Schlüsselfunktion im
Harnstoffzyklus (Entgiftung von NH3) und
im
Fettstoffwechsel.
Auch
eine
ausreichende Versorgung mit Taurin ist bei
der leberkranken Katze besonders wichtig.
Eine erhöhte Zufuhr von L-Carnitin mit
der
Nahrung
unterstützt
den
Fettstoffwechsel (Transport langkettiger
Fettsäuren in die Mitochondrien). Eine
Eiweißrestriktion ist mit größerer Vorsicht
vorzunehmen als beim Hund, da der
Stoffwechsel der Katze in Bezug auf die
Energiegewinnung aus Kohlenhydraten
oder Eiweißen weniger flexibel ist
(Nutzung
der
glucoplastischen
Aminosäuren zur Synthese von Blutzucker
auch bei proteinreduzierten Diäten mit
hohem Kohlenhydratanteil).
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
Die wichtigste Lebererkrankung bei der
Katze ist die Hepatische Lipidose, eine
Entgleisung des Fettstoffwechsels, die
lebensbedrohlich werden kann (zunächst
Anorexie
und
Apathie,
später
Hepatoencephalopathie).
Besonders
gefährdet sind hierfür übergewichtige
Katzen
nach
einer
Hungerphase.
Wichtigste diätetische Maßnahme bei
diesen Patienten ist eine Aufrechterhaltung
der enteralen Ernährung (hochkalorische
Flüssignahrung
mit
biologisch
hochwertigem Eiweiß mittels Sonde). Die
Diät sollte jedoch keinen zu hohen
Fettgehalt aufweisen, da dies nur zu einer
weiteren Anflutung von Triglyceriden
führen würde, die die geschädigte Leber
nicht
verstoffwechseln
kann.
Als
Langzeitprophylaxe
der
Hepatischen
Lipidose kann auch eine Reduktionsdiät
zum Abbau des Übergewichtes angesehen
werden.
6. Leberdiätetik
ernährung
in
der
Human-
Auch bei humanen Leberpatienten ist der
wichtigste Schlüsselpunkt der Diätetik eine
bedarfsdeckende Energiezufuhr, da nur so
eine
optimale
Unterstützung
der
reparativen Vorgänge am geschädigten
Lebergewebe gewährleistet ist. Die auch
beim leberkranken Menschen häufig zu
beobachtende
Insulinresistenz
und
Glucoseintoleranz mit hypoglykämischen
Phasen rechtfertigt den Einsatz von
Kohlenhydratquellen
mit
niedrigem
glykämischen
Index
(gleichzeitig
Einsparung
von
verzweigtkettigen
Aminosäuren,
die
sonst
zur
Gluconeogenese herangezogen werden). In
der
Humanernährung
eingesetzte
mittelkettige Fettsäuren (MCT), die ohne
Beteiligung der Galle verdaut werden
können, werden von Hunden nur in
begrenztem Maße vertragen. Beim
Menschen stellen Gallensteine und hohe
Blutcholesterinspiegel besonders häufige
Probleme
dar.
Ein
erhöhter
Nahrungsfasergehalt wird auch für
Humanpatienten empfohlen, allerdings
primär
zur
Senkung
des
Cholesterinspiegels.
Erhöhte
Gehalte
ungesättigter Fettsäuren in der Diät werden
im Zusammenhang mit einer erhöhten
Inzidenz von Gallensteinen diskutiert. Die
in der humanen Leberdiätetik übliche
Verwendung von Lactulose zur Hemmung
der Ammoniumbildung im Darm findet
auch in der Veterinärmedizin Anwendung,
führt bei Hunden und Katzen aber nicht
selten zu Durchfall.
7. Ausblick: Was gibt es Neues?
Die Weiterentwicklung der Leberdiäten in
nächster Zeit wird sich auf den Einsatz
pflanzlicher Eiweißträger mit hoher
Verdaulichkeit (z. B. Sojaprotein) und die
Optimierung des Nahrungsfasergehaltes
sowie der Kombination der Faserquellen
konzentrieren. Von der Weiterentwicklung
eines kombinierten Antioxidanzienzusatzes
zum Futter (Stichwort: Zellschutz durch
Abfangen freier Radikale) dürften auch die
veterinärmedizinischen Leberpatienten in
Zukunft profitieren.
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Zentek, J. und H. Meyer (1998): Ernährung
des Hundes – Grundlagen, Fütterung,
Diätetik. Parey Buchverlag Berlin, 3.
Auflage 1998, S. 244-250
44
1. Giessener Wintersymposium 2004, Lebererkrankungen beim Kleintier
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