Ausgabe Juli 2013 Seite 1 / 8 Arbeitsgruppen des UK Essen identifizieren neues Tumorgen in Aderhautmelanomen Das Aderhautmelanom ist der häufigste intraokulare Tumor. Fast alle Tumoren weisen eine onkogene Mutation in den Genen GNAQ oder GNA11 auf. Etwa die Hälfte der Patienten verstirbt an Metastasen dieses Tumors. Essener Forscher konnten bereits vor längerer Zeit zeigen, dass Primärtumoren von Patienten mit Metastasierung meist ein Chromosom 3 verloren haben. Oft ist dann auch das auf Chromosom 3 lokalisierte Tumorsuppressorgen BAP1 mutiert. Einem interdisziplinären Forscherteam am UK Essen um Herrn Dr. Zeschnigk aus der Forschergruppe "Ophthalmologische Onkologie und Genetik" am Institut für Humangenetik gelang es, durch Hochdurchsatz-Sequenzierung des Exoms (alle kodierenden Bereiche des Genoms) zwei Schlüsselgene für die prognostisch günstigere Form des Aderhautmelanoms zu identifizieren: EIF1AX und SF3B1. Da in den Tumoren stets nur eines der beiden Gene mutiert vorliegt, vermuten die Forscher, dass sie funktionell eng verbunden sind. EIF1AX, das in dieser Arbeit erstmals als Schlüsselgen der Tumorentstehung beschrieben wird, kodiert für den Translationsinitiationsfaktor 1A. Mutationen in SF3B1 (Splicing factor 3b, subunit 1), das für eine wesentliche Komponente des zellulären Splice-Apparates kodiert, wurden bereits in anderen Tumoren gefunden. In Aderhautmelanomen zeigte sich jedoch eine Besonderheit: fast alle SF3B1 Mutationen führen zu Veränderungen der Aminosäure R625 des SF3B1 Proteins. Die wenigen Aderhautmelanome, in denen eine andere Aminosäure des Proteins betroffen ist, metastasieren meist. Diese Erkenntnisse bestätigen und erweitern das Klassifizierungsmodell des Aderhautmelanoms und ermöglichen eine nochmals verbesserte Bestimmung der Prognose von Patienten mit Aderhautmelanom. Martin M, Maßhöfer L, Temming P, Rahmann S, Metz C, Bornfeld N, van de Nes J, Klein-Hitpass L, Hinnebusch AG, Horsthemke B, Lohmann DR, Zeschnigk M: Exome sequencing identifies recurrent somatic mutations in EIF1AX and SF3B1 in uveal melanoma with disomy 3. Nat Gen [Epub ahead of print] Seite 2 / 8 Das Kleinhirn wird nicht nur zum Erlernen sondern auch zum Behalten gebraucht Das Kleinhirn ist wichtig für das Erlernen von Bewegungen. Das Paradigma, das in diesem Zusammenhang vielleicht am häufigsten untersucht worden ist, ist die klassische Konditionierung des Blinkreflexes. Das reflexhafte Schließen des Auges wird meist durch einen kleinen Luftstoß ausgelöst. Hören gesunde Menschen kurz vorher immer einen Ton, schließen sie das Auge bereits nach Hören des Tons und bevor der Luftstoß kommt. Menschen mit ganz unterschiedlichen Erkrankungen des Kleinhirns lernen das nicht, d. h. sie können den Blinkreflex nicht mehr konditionieren. Wenn das Erlernen gestört ist, ist es schwierig zu untersuchen, ob Erkrankungen des Kleinhirns auch die Speicherung von gelernten Bewegungen beeinträchtigen. Um dieses zu überprüfen, haben wir eine konditionierte Blinkreflexantwort untersucht, die auf natürliche Weise in der frühen Kindheit erlernt worden ist, die Visual Threat Eyeblink Response (VTER). Als VTER bezeichnet man das Schließen der Augen, wenn sich ein Objekt dem Gesicht nähert. Der visuelle Reiz des anfliegenden Objektes löst ein Schließen des Auges aus, noch bevor das Objekt das Gesicht berühren kann. Da die VTER in den ersten zwei Lebensjahren, und damit meist Jahre bevor die meisten Erkrankungen des Kleinhirns auftreten, gelernt wird, kann man die VTER als Modell für die Speicherung von gelernten Antworten benutzen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dagmar Timmann aus der Klinik für Neurologie hat den VTER in einer großen Gruppe von Patienten mit degenerativen Kleinhirnerkrankungen und mit Schlaganfällen des Kleinhirns untersucht. Alle Patienten haben gleichzeitig eine strukturelle Magnetresonanztomographie des Schädels erhalten, um Ort und Ausmaß der Kleinhirnschädigung mit dem Verhalten korrelieren zu können. Die Forscher haben gefunden, dass besonders bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen des Kleinhirns die VTER sehr häufig ausgefallen war. Patienten mit einer Schädigung in umschriebenen Bereichen des oberen und unteren Kleinhirns waren besonders betroffen. Zusammengefasst zeigt dies, dass das Kleinhirn nicht nur beim Erlernen sondern auch beim Behalten von Bewegungen eine Rolle spielt. Thieme A, Thürling M, Galuba J, Burciu RG, Göricke S, Beck A, Aurich V, Wondzinski E, Siebler M, Gerwig M, Bracha V, Timmann D: Storage of a naturally acquired conditioned response is impaired in patients with cerebellar degeneration. Brain [Epub ahead of print] Seite 3 / 8 Neuromodulations-Behandlung Kopfschmerzes des chronischen Cluster- Die Neuromodulation zur Behandlung therapierefraktärer Kopfschmerzen ist einer der Forschungsschwerpunkte der Neurochirurgischen Klinik. Die Gruppe um Dr. Oliver Müller hat mit weiteren Forschern des UKE die Effekte der bilateralen Nervus-okzipitalis-Stimulation beim therapierefraktären chronischen Cluster-Kopfschmerz untersucht. Dabei war Grundlage der Operationstechnik eine anatomische Untersuchung an Ganzkörperspendern zur Identifizierung von Landmarken am kranio-zervikalen Übergang, die eine reproduzierbare Stimulation des subkutan verlaufenden Nerven ermöglichen und darüber hinaus die intraoperative Teststimulation am wachen Patienten überflüssig machen. Anhand von Rohdaten einer dynamischen MRT Studie mit dem NeuroSwing konnte die Gruppe ausschließen, dass die so definierten Landmarken sich unter Bewegung in ihrer Distanz zueinander gravierend verändern, was unter Umständen einen negativen Effekt auf die kontinuierliche Stimulation gehabt hätte. Das Verfahren wurde zwischen 2008 und 2011 bei einundzwanzig Patienten mit chronischem Cluster-Kopfschmerz angewendet. Durch die standardisierte Operationstechnik konnte anhand der ermittelten Landmarken der N. okzipitalis major bei allen Patienten stimuliert wurden, knapp 86% der Patienten sprachen mit einer zum Teil substantiellen Reduktion der Attackenhäufigkeit und / oder Attackenintensität auf das Verfahren an. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass es für den Erfolg der Stimulation keinen Unterschied macht, ob die Patienten die Stimulation kontinuierlich spüren, oder eine fast unterschwellige Reizung angewandt wird. Auch war die Art der verwendeten Reizerzeugung (Spannungs-gesteuert vs. Stromstärkegesteuert) nicht korreliert mit dem Ansprechen der Patienten auf die Behandlung. Für Clusterkopfschmerz Patienten stellen die mit therapierefraktärem Erkenntnisse aus dieser chronischen prospektiven Untersuchung eines standardisierten OP Verfahren mit reproduzierbarem Stimulationsergebnis und einem extrem hohen Wirkungsgrad ein bedeutender Fortschritt in der Behandlung dieser extrem physisch und psychisch belastenden Erkrankung dar. Mueller O, Hagel V, Wrede K, Schlamann M, Hohn H, Sure U, Gaul C: Stimulation of the greater occipital nerve: anatomical considerations and clinical implications. Pain Physician 16: p. E181-9. Seite 4 / 8 Wie wirken Antidepressiva? Endogene Depression ist eine weit verbreitete psychiatrische Erkrankung, an der bis zu 10% der Bevölkerung einmal oder häufiger im Leben leiden. Bisherige Vorstellungen zur Wirkungsweise von Antidepressiva gehen davon aus, dass diese über eine zelluläre Wiederaufnahmeblockade den Spiegel der körpereigenen Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt erhöhen. Es ist allerdings unklar, wie die beträchtliche Latenzzeit zwischen den neurochemischen Effekten der Antidepressiva und dem Beginn der therapeutischen Wirkung über diesen Mechanismus erklärt werden kann. Zudem fördern einige Antidepressiva sogar die Wiederaufnahme von Serotonin, was mit dem bislang vorgeschlagenen Wirkmechanismus nicht vereinbar ist. Ein Forscherteam unter Leitung von Prof. Erich Gulbins vom Institut für Molekularbiologie hat zusammen mit Kollegen aus Erlangen, Potsdam, Tübingen, Basel und Zürich die Rolle von Ceramiden im Hippocampus bei endogener Depression und der Therapie mit Antidepressiva untersucht. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Aktivität der sauren Sphingomyelinase bei depressiven Patienten erhöht zu sein scheint, wurden mehrere genetisch veränderte Mausstämme entwickelt, bei denen sich der Ceramid-Haushalt gezielt verändern lässt. Zudem wurde Ceramid direkt in den Hippocampus injiziert. Dabei zeigte sich, dass erhöhtes Ceramid bei Mäusen zu Depressions-ähnlichem Verhalten führt. Außerdem konnte gezeigt werden, dass sehr viele der bereits bekannten Antidepressiva die saure Sphingomyelinase hemmen und so die Ceramid-Spiegel im Gehirn der Mäuse reduzieren. Diese Wirkungen waren unabhängig von den serotonergen Effekten der Substanzen. Bei Depression scheint die Neubildung und Reifung von Nervenzellen im Hippocampus vermindert zu sein. Durch die Verminderung von Ceramid nach Hemmung der sauren Sphingomyelinase kommt es im Hippocampus zu einer vermehrten Neubildung und Reifung von Neuronen, zu einer Verbesserung der neuronalen Funktion und damit schließlich auch der klinischen Symptome der Depression. Diese neuen Erkenntnisse könnten zur Entwicklung besserer Behandlungsmöglichkeiten endogener Depression führen. Gulbins E, Palmada M, Reichel M, Lüth A, Böhmer C, Amato D, […] Becker KA, […] Grassmé H, Kornhuber J: Acid sphingomyelinase/ceramide system mediates effects of antidepressant drugs. Nat Med [Epub ahead of print] Seite 5 / 8 Kurz notiert Die Stiftung Universitätsmedizin Essen verleiht in diesem Jahr erstmalig den Medizinpreis 2013 in den Kategorien Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Das Preisgeld ist auf 200.000 Euro dotiert. Für die Kategorie Forschung werden fünf Preisgelder zu je 20.000 Euro als Anschubfinanzierung verliehen. Bewerben können sich alle Mitarbeiter des Universitätsklinikums und Mitglieder der Medizinischen Fakultät. Bewerbungsunterlagen Die finden Frist Sie auf endet der am 31.08.2013. Internetseite der Die Stiftung Universitätsmedizin Essen: www.universitaetsmedizin.de. Für Rückfragen steht Ihnen gerne Herr Jorit Ness (4699, [email protected]) zur Verfügung. Thomson Reuters hat die Impact Faktoren für 2012 veröffentlicht. Unter den Top-Journalen hat es keine größeren Veränderungen gegeben, sieht man vielleicht vom Annual Review of Immunology ab, das sich mit einem Zuwachs von über 16 Punkten von Platz 9 auf Platz 3 verbessern konnte und CA – A Cancer Journal for Clinicians, das trotz einer Einbuße von über 50 Punkten immer noch Platz 1 hält. Die vielleicht bemerkenswerteste Veränderung zum Vorjahr: Thomson Reuters hat 51 Journale aus seiner Liste wegen exzessiven SelbstZitierens verbannt. Dies ist ein substantieller Zuwachs: 2011 waren es noch 34 Journale, 2010 26, 2009 20 und 2008 nur 9. In einem Fall konnte sogar ein „Kartell“ ausfindig gemacht werden: Cell Transplantation, Medical Science Monitor und The Scientific World Journal hatten offensichtlich zusammengearbeitet, um sich gegenseitig zu zitieren und so den Impact Faktor künstlich in die Höhe zu treiben. Seite 6 / 8 Ausgewählte Publikationen Drosten C, Seilmaier M, Corman VM, Hartmann W, Scheible G, Sack S, […] Guberina H, […] Dittmer U, […] Bonin F, et al.: Clinical features and virological analysis of a case of Middle East respiratory syndrome coronavirus infection. Lancet Infect Dis [Epub ahead of print] El Hindy N, Keyvani K, Pagenstecher A, Dammann P, Sandalcioglu IE, Sure U, Zhu Y: Implications of Dll4-Notch signaling activation in primary glioblastoma multiforme. Neuro Oncol [Epub ahead of print] Plicht B, Konorza TFM, Kahlert P, Al-Rashid F, Kaelsch H, Jánosi RA, Buck T, Bachmann HS, Siffert W, Heusch G, Erbel R: Risk factors for thrombus formation on the amplatzer cardiac plug after left atrial appendage occlusion. JACC Cardiovasc Interv 6:606 Kosinska AD, Zhang E, Johrden L, Liu J, Seiz PL, Zhang X, Ma Z, Kemper T, Fiedler M, Glebe D, Wildner O, Dittmer U, Lu M, Roggendorf M: Combination of DNA prime - adenovirus boost immunization with entecavir elicits sustained control of chronic hepatitis B in the woodchuck model. PLoS Pathog 9: p. e1003391 Wongso D, Fuchs M, Plütschow A, Klimm B, Sasse S, Hertenstein B, Maschmeyer G, Vieler T, Dührsen U, Lindemann W, Aulitzky W, Diehl V, Borchmann P, Engert A: Treatment-Related Mortality in Patients With Advanced-Stage Hodgkin Lymphoma: An Analysis of the German Hodgkin Study Group. J Clin Oncol [Epub ahead of print] Karen T, Schlager GW, Bendix I, Sifringer M, Herrmann R, Pantazis C, Enot D, Keller M, Kerner T, Felderhoff-Mueser U: Effect of propofol in the immature rat brain on short- and long-term neurodevelopmental outcome. PLoS One 8: p. e64480 Seite 7 / 8 Philipsen L, Engels T, Schilling K, Gurbiel S, Fischer K, Tedford K, Schraven B, Gunzer M, Reichardt P. Multi-molecular analysis of stable immunological synapses reveals sustained recruitment and sequential assembly of signaling clusters. Mol Cell Proteomics [Epub ahead of print] Griewank KG, Murali R, Schilling B, Scholz S, Sucker A, Song M, Süsskind D, Grabellus F, Zimmer L, Hillen U, Steuhl K, Schadendorf D, Westekemper H, Zeschnigk M: TERT promoter mutations in ocular melanoma distinguish between conjunctival and uveal tumours. Br J Cancer [Epub ahead of print] Oehme I, Linke JP, Böck BC, Milde T, Lodrini M, Hartenstein B, […] Schulte JH, Lindner S, et al.: Histone deacetylase 10 promotes autophagy-mediated cell survival. Proc Natl Acad Sci U S A [Epub ahead of print] Yang JC, Hirsh V, Schuler M, Yamamoto N, O'Byrne KJ, Mok TS, et al.: Symptom Control and Quality of Life in LUX-Lung 3: A Phase III Study of Afatinib or Cisplatin/Pemetrexed in Patients With Advanced Lung Adenocarcinoma With EGFR Mutations. J Clin Oncol [Epub ahead of print] Veranstaltungen im Juli 04.07.2013, 14:00 Uhr c. t. Gastvorträge Immunologie Prof. Pamela Ohashi (Ontario Cancer Institute, Toronto) “Regulation of CD8 Immunity” Robert Koch-Haus, Virchowstr. 179, Seminarraum EG 08.07.2013, 15:30 Uhr Gastvorträge Immunologie Erno Wienholds (Ontario Cancer Institute, Toronto) „Modelling human leukemia in mice: Identification of cooperating genetic events by insertional mutagenesis” WTZ Forschungsgebäude, Seminarraum 2.52, 2. OG Seite 8 / 8 09.07.2013, 12:00 Uhr c. t. Dienstagsseminar Prof. Holger Thiele (Universitätsklinikum Leipzig) „Kardiogener Schock: Von der Pathophysiologie zur evidenzbasierten Therapie“ Hörsaal der Verwaltung, Verwaltungsgebäude 2. OG