Bericht über die Tätigkeit des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie 2012 FRANKFURT AM MAIN • LEIPZIG • WETTZELL Bericht über die Tätigkeit des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie 1. Januar – 31. Dezember 2012 Verlag des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie Frankfurt am Main 2012 FRANKFURT AM MAIN • LEIPZIG • WETTZELL 1Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, 2012 war ein spannendes Jahr: Mit dem Bundesgeoreferenzdatengesetz (BGeoRG), das am 01.11.12 in Kraft getreten ist, verfügt das BKG erstmals über eine gesetzliche Grundlage. Das Gesetz bringt vor allem den gestiegenen Koordinationsbedarf des Bundes bei Geodaten zum Ausdruck und weist dem BKG die Kompetenz und die Rolle eines zentralen Dienstleisters zu. Dies ist ein großer Erfolg, aber auch eine Herausforderung für die kommenden Jahre. Prof. Dr. Hansjörg Kutterer Besonders beschäftigt hat uns 2012 der gesetzliche Auftrag, ein Dienstleistungszentrum (DLZ) für Geodäsie und Geoinformation im Bereich des Bundes einzurichten und zusätzlich zu den Aufgaben zu betreiben, die das BKG seit langem wahrnimmt. Dies ist inzwischen geschehen. Mit der Eröffnung des DLZ am 01.11.12 in der Außenstelle Leipzig des BKG ist ein eindeutiger ‚Single Point of Contact‘ entstanden, der die Leistungen des BKG nutzergerecht bündelt. Flankiert wurden unsere Aktivitäten durch die Handlungsfelder, die im 3. Geofortschrittsbericht formuliert sind, der ebenfalls 2012, im dritten Jahr der Legislaturperiode, von der Bundesregierung vorgelegt wurde. Auch die Ergebnisse der aktuell durchgeführten Geodatenbedarfserhebungen bilden eine wichtige Grundlage für unser Handeln. Dieses Jahrbuch zeigt wie seine Vorgänger die Fülle an Aktivitäten, die in der Geoinformation und in der Geodäsie erforderlich sind, um die Bedarfe des Bundes zu erfüllen, nicht zuletzt als Beiträge für die Daseinsvorsorge. Lassen Sie sich von den Beiträgen informieren und inspirieren. Das BKG steht gerne bereit, um Ihre Fragen zu beantworten und Sie bei Ihren Aufgaben zu unterstützen. Ich bedanke mich bei allen, die dieses Jahrbuch möglich gemacht haben, sei es durch inhaltliche Beiträge oder durch die Gestaltung dieses Bandes. Mein Dank gilt auch unseren Partnern in den verschiedenen Verwaltungsebenen sowie in Wissenschaft und Wirtschaft. Geodäsie und Geoinformation sind hoch aktuelle, fordernde Querschnittsfelder, für die eine konstruktive Kooperation in allen Fragen ‚Conditio sine qua non‘ ist. Hansjörg Kutterer Präsident und Professor des BKG Inhalt Inhalt 1Vorwort 3 2 Arbeiten der Abteilung Geoinformationswesen6 2.1Dienstleistungszentrum 6 2.2 Geoinformatik 2.3 Geoinformationsprodukte 2.4 Entwicklung von GI-Produkten 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme 2.6 Photogrammetrisch-fernerkundliche Informationsgewinnung 3 11 12 14 17 Arbeiten der Abteilung Geodäsie 24 3.1 Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme 3.2 Nationale Referenzsysteme Lage 34 3.3 Nationale Referenzsysteme Höhe 41 3.4 Nationale Referenzsysteme Schwere 49 3.5 Messeinrichtungen des BKG 54 4. 4.1 21 24 Sonstige Aufgaben 77 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen 4.2Sonderaufgaben 81 Abkürzungsverzeichnis Jahresbericht 2012 85 77 Organigramm Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Zentrale Dienststelle Frankfurt am Main Anschrift: Präsident Organisationsplan Stand: 01. Januar 2013 Beauftragter für den Datenschutz Beauftragter für die IT-Sicherheit Beauftragter für den Geheimschutz Beauftragte für die Gleichstellung Telefon: Telefax: E-Mail: Internet: Richard-Strauss-Allee 11 60598 Frankfurt am Main (069) 6333-1 (069) 6333-335 [email protected] www.bkg.bund.de Geschäftsstellen Koordinierungsstelle GDI-DE Abteilung Z Abteilung GI Abteilung G Zentrale Dienste Geoinformationswesen Geodäsie AGA Arbeitsgruppe Automation in der Kartographie, Photogrammetrie und GIS Referat Z 1 Personalangelegenheiten Referat GI 1 Grundsatzangelegenheiten Referat GI 5 Referat G 1 Referat G 4 GeoDatenZentrum Grundsatzangelegenheiten Globale Referenzsysteme Nationale Referenzsysteme Schwere - Entwicklung / Produktion - EuroSDR Publikationsbüro der Assoziation European Spatial Data Research Referat G 2 Referat Z 2 Referat GI 2 Haushalt, Innerer Dienst, Beschaffung, Sonderprojekte Supranationale Geoinformationssysteme Referat Z 3 Referat GI 3 Referat GI 7 Referat G 3 Organisation und Öffentlichkeitsarbeit Geobasisdaten Geoinformationsprodukte Nationale Referenzsysteme Höhe - Entwicklung / Produktion - - Produktion - Referat GI 6 Photogrammetrisch- fernerkundliche Informationsgewinnung - Entwicklung - - Entwicklung - Referat Z 4 Referat GI 4 Referat GI 8 Zentrale IT-Angelegenheiten Geoinformationsprodukte Koordinierung GDI-DE - Produktion - Nationale Referenzsysteme Lage Referat G 5 Geodätisches Observatorium Wettzell StAGN Ständiger Ausschuss für Geographische Namen IERS Zentralbüro Legende: 2013 Alle Rechte vorbehaltlich Jahresbericht 2012 = am Standort Frankfurt/M = am Standort Leipzig = am Standort Frankfurt/M und Leipzig = am Standort Wettzell Geoinformationswesen 2.1 Dienstleistungszentrum 2 Arbeiten der Abteilung Geoinformationswesen Kernaufgabe der Abteilung GI ist es, in enger Zusammenarbeit mit den Landesvermessungsbehörden geotopographische Informationen in Form digitaler Geobasisdaten verschiedener Auflösungsstufen, topographischer Kartenwerke verschiedener Maßstäbe, digitaler kartographischer Rasterdaten bereitzustellen, sowie die dafür erforderlichen Methoden und Verfahren unter Berücksichtigung modernster wissenschaftlicher Erkenntnisse und Technologien fortzuentwickeln. 2.1Dienstleistungszentrum Am 1. November 2012 hat das Dienstleistungszentrum (DLZ) des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie seine Arbeit in Leipzig aufgenommen. Das BKG fasst damit seine Dienstleistungen zusammen und stärkt die Kundenausrichtung durch einen Single Point of Contact, noch bessere Beratungsmöglichkeiten und praxisorientierte Lösungen. Die bisherigen Arbeiten des GeoDatenZentrums (GDZ) zur Bereitstellung harmonisierter geotopographischer Basisdaten der Bundesländer werden im DLZ fortgeführt. Die neuen Aufgabenbereiche Vertrieb und HelpDesk sind erfolgreich angelaufen. Weitere Aufgaben wie Rechnungs- und Mahnwesen kommen 2013 noch hinzu und schließen die Umstrukturierung ab. Die Palette der Vertriebsprodukte und OnlineDienste wurde im Berichtszeitraum erweitert und angepasst. 2.1.1Online-Dienste Grundlage der Geodatendienste sind die Standards von OGC und ISO sowie Vorgaben seitens INSPIRE, GDI-DE und AdV. Das normbasierte Metainformationssystem gibt detaillierte Auskunft über die Verfügbarkeit und Qualität von Daten und Diensten der deutschen Landesvermessung. Der zugehörige Catalog Service Web (CSW) ist in den Geodatenkatalog der GDI-DE integriert. Bis auf die Länder Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz wer- Jahresbericht 2012 den nunmehr die Metadaten aller Bundesänder über effizientes Harvesting eingebunden. Die genannten Länder nutzen das BKG-System direkt. Als bildbasierte Darstellungsdienste werden seit 2012 neben den flexiblen Web Map Services (WMS) auch hochperformante Web Map Tile Services (WMTS) unterstützt. WMS werden zur Visualisierung von topographischen Karten aller Maßstäbe genutzt. WMTS sind für den intensiv angefragten WebAtlasDE und die DOP neu im Einsatz. Der WebAtlasDE wurde in einer überarbeiteten Version erstmals von zwei Datenproduzenten (Ländergemeinschaft und Bayern) übernommen. Web Features Services (WFS) für Digitale Landschaftsmodelle wurden in Zusammenarbeit mit Kunden weiter erprobt. Das Digitale Geländemodell DGM10 wird erfolgreich durch den WFS „Altimeter“ bereit gestellt. Auf Grundlage der georeferenzierten Gebäudeadressen der deutschen Landesvermessung steht eine Adress-Suche als WFS und als Open Location Service (OLS) zur Verfügung. Die Dienste unterstützen fehlertolerante und phonetische Vergleiche von Straßen- und Ortsnamen und die Suche von Adressen zu einer geographischen Lage. Eine Erweiterung des Datenmodells erlaubt die Suche nach Ortsteilen. 6 Geoinformationswesen 2.1 Dienstleistungszentrum Für einen integrierten Datenbestand aus Adressen und geographischen Namen wurde eine hochperformante Ortssuche weiter ausgebaut, die im Millisekundenbereich antwortet und somit für interaktive Suchen mit Vorschlagsfunktion geeignet ist. Sie wird u.a. im GeoPortal.de eingesetzt. Der Web Feature Service „Geographische Namen Deutschlands (GN-DE)“ wurde strukturell weiterentwickelt. Er unterstützt die Recherche geographischer Objekte über ihre Endonyme. Unter anderem kann die Zuordnung zu Verwaltungseinheiten oder Postleitzahlgebieten dabei direkt ausgewertet werden. Die Geometrie der Namensobjekte stammt aus dem Digitalen Landschaftsmodell 1 : 250 000. Abhängigkeit vom Ausgangs- und Zielsystem werden sowohl die 7-Parameter-Helmert-Transformationen als auch die genauere NTv2-Transformation unterstützt, die auf dem von der AdV erarbeiteten Verschiebungsgitter BETA2007 basiert. Darüber hinaus betreibt das DLZ eine Suche historischer Ortsnamen für ehemals zu Deutschland gehörige Gebiete. Für jeden Datendienst wird grundsätzlich auch ein Metadatendienst mit Informationen zur Aktualität geführt. Der funktionell erweiterte Download von DOP wird in nutzerspezifischen Auflösungen und in Abhängigkeit von den Nutzungsrechten unterstützt. Der Geodaten-Shop für jedermann und der Download für Bundeseinrichtungen bieten zu jeder Zeit die Möglichkeit der Datenbestellung und des sofortigen Datenbezuges. Über den Dienste-Shop können Nutzer dem BKG ihr Interesse an der Freischaltung von OnlineDiensten per Web-Formular übermitteln. Der Koordinatentransformationsdienst wurde inhaltlich erweitert. Er basiert auf einer „Registry“ (Web-Datenbank) für Koordinatenreferenzsysteme und Koordinatentransformationen. In Das Rechtemanagement für die zu schützenden Geodatendienste wurde weiterentwickelt und in die neue WebCluster-Architektur der Standorte Frankfurt und Leipzig integriert. 2.1.2 Digitale Landschaftsmodelle ATKIS Digitales BasisLandschaftsmodell (Basis-DLM) Jahresbericht 2012 Im Berichtszeitraum haben weitere Bundesländer (insgesamt nun 12) auf das neue AAA-Datenmodell umgestellt. Neben der Pflege des „alten“ Datenbestandes wurde damit der Aufbau des neuen AAA-Basis-DLM am BKG fortgesetzt. Alle Landesdatensätze wurden vierteljährlich aktualisiert. Mit der Erstlieferung von AAA-Daten wurde letztmalig eine Pflege des alten Modells für das jeweilige Bundesland verbunden. In beiden Modellen erfolgen umfangreiche formal-logische Prüfungen. Die 2011 in die Datenübernahme integrierte AAA-Prüfung wurde hinsichtlich Korrektheit und Vollständigkeit weiterentwickelt. Den Bundesländern werden zu jeder Datenlieferung detaillierte Prüfprotokolle im XML-Format bereitgestellt. Eine kompakte statistische Übersicht ergänzt diese in Form einer HTML-Datei. Die Fehlerkorrektur beim Primärdatenhalter wird durch die zusätzliche Bereitstellung von Shape-Dateien unterstützt, in denen alle an Fehlersituationen beteiligten Objekte enthalten sind. Prüfungen zur Grenzanpassung zwischen benachbarten Ländern wurden weitergeführt, wobei nach der Umstellung in das AAA-Datenmodell in einigen Ländern ein leichter Qualitätsverlust zu verzeichnen ist. Detaillierte, auf die jeweiligen Erfassungseinheiten bezogene Informationen über Aktualität und Ausbaustufe werden von allen Ländern zusammen mit den Daten geliefert. Sie werden im Metainformationssystem als graphische Übersichten bzw. interaktive Karten dargestellt und weisen sehr detailliert den aktuellen Stand aus. 7 2.1 Dienstleistungszentrum Geoinformationswesen ATKIS Digitales Geländemodell Gitterweite 10 m (DGM10) Das hochauflösende Geländemodell liegt flächendeckend in einer komplett überarbeiteten Fassung für Deutschland vor. ATKIS Digitales Geländemodell Gitterweite 25 m (DGM25) Das hochauflösende Geländemodell liegt flächendeckend in einer komplett überarbeiteten Fassung für Deutschland vor. ATKIS Digitales Geländemodell Gitterweite 50 m (DGM50) Das Geländemodell liegt flächendeckend in einer komplett überarbeiteten Fassung für Deutschland vor. ATKIS Digitales Landschaftsmodell 1 : 250 000 (DLM250) Das Landschaftsmodell liegt flächendeckend für Deutschland im AAA-Datenmodell vor. Im Berichtszeitraum wurde der Datensatz inhaltlich aktualisiert. Der Datenbestand wird in einer Ebenenstruktur im Shape-Format und als Bestandsdatenauszug im NAS-Format bereit gestellt. ATKIS Digitales Geländemodell Gitterweite 200 m (DGM200) Das Geländemodell liegt flächendeckend in einer komplett überarbeiteten Fassung für Deutschland vor. ATKIS Digitales Landschaftsmodell 1 : 1 000 000 (DLM1000) Das Landschaftsmodell liegt flächendeckend für Deutschland im AAA-Datenmodell vor. Im Berichtszeitraum wurde der Datensatz inhaltlich aktualisiert Der Datenbestand wird in einer Ebenenstruktur im Shape-Format und als Bestandsdatenauszug im NAS-Format bereit gestellt. ATKIS Digitales Geländemodell Gitterweite 1000 m (DGM1000) Das Geländemodell liegt flächendeckend in einer komplett überarbeiteten Fassung für Deutschland vor. Verwaltungsgebiete 1 : 250 000 (VG250 / 1 : 1 000 000 (VG1000) Die Verwaltungsgebiete der Bundesrepublik Deutschland (Gemeinden und übergeordnete Einheiten) wurden turnusmäßig fortgeführt. Sie werden als VG250 und VG1000 bzw. VG250-EW und VG1000-EW ohne und mit Einwohnerzahlen angeboten. Die Variante ohne Einwohnerzahlen dient einer zeitnahen Bereitstellung aktueller Daten. Verwaltungsgebiete 1:2 500 000 Der stark generalisierte Datenbestand VG2500 wird zeitnah aktualisiert. Der letzte Bearbeitungsstand liegt zum 01.01.2013 vor. Jahresbericht 2012 8 Geoinformationswesen 2.1 Dienstleistungszentrum 2.1.3 Digitale Topographische Karten ATKIS Digitale Topographische Karte 1 : 25 000 (DTK25) Der Datenbestand wurde kontinuierlich auf Basis der Datenlieferungen aller Bundesländer aktualisiert. Er ist flächendeckend für Deutschland in Form georeferenzierter Einzelkartenblätter und blattschnittfreier Kacheln (10 km x 10 km) verfügbar. ATKIS Digitale Topographische Karte 1 : 50 000 (DTK50) Der Datenbestand wurde kontinuierlich auf Basis der Datenlieferungen aller Bundesländer aktualisiert. Er ist flächendeckend für Deutschland in Form georeferenzierter Einzelkartenblätter und blattschnittfreier Kacheln (20 km x 20 km) verfügbar. ATKIS Digitale Topographische Karte 1 : 100 000 (DTK100) Der Datenbestand wurde kontinuierlich auf Basis der Datenlieferungen aller Bundesländer aktualisiert. Er ist flächendeckend für Deutschland in Form georeferenzierter Einzelkartenblätter und blattschnittfreier Kacheln (40 km x 40 km) verfügbar. ATKIS Digitale Topographische Karten 1:200 000 (DTK200)/ 1:500 000 (DTK500)/ 1:1 000 000 (DTK1000) Die Datensätze der Digitalen Topographischen Karten DTK200, DTK500 und DTK1000 stehen aktualisiert in jeweils zwei graphischen Auflösungen, unterschiedlichen Abbildungen, räumlichen Gliederungen sowie Datenformaten flächendeckend für Deutschland zur Verfügung. 2.1.4 Digitale Orthophotos Die Digitalen Orthophotos wurden kontinuierlich aktualisiert, oft verbunden mit einer Umstellung der Georeferenzierung auf UTM. Die Bilder werden in der jeweiligen Georeferenzierung des Landes bereitgestellt und am BKG zu einem bundesweiten Web Map Service sowohl in 20 cm als auch in 40 cm Bodenauflösung aufbereitet. 2.1.5 Geographische Namen Der Datenbestand „Geographische Namen“ GN250 wurde im Berichtszeitraum turnusmäßig fortgeführt. Damit verbunden wurde die Produktspezifikation nutzerorientiert weiter entwickelt. sierungsprozesse durchlaufen werden. Diese Prozesse wurden partiell weiterentwickelt. 2.1.7 Hausumringe (HU) Das Produkt wurde auf Basis des Datensatzes der Gemeinschaft zur Verbreitung der Hauskoordinaten und Hausumringe (GVHH) der Vermessungs- und Katasterverwaltungen der Bundesländer neu in den Vertrieb des aufgenommen. 2.1.8 Landbedeckungsmodell für Deutschland (DLM-DE2009) Dieses Produkt steht zur Nutzung durch Bundesbehörden zur Verfügung. Es beschreibt die Landbedeckung und Landnutzung in einem objektstrukturierten Modell unter Berücksichtigung von ATKIS und CORINE Land Cover (CLC). 2.1.6 Georeferenzierte Adressen – Bund (GAB) 2.1.9 Vertrieb von Geobasisdaten Der Datenbestand wurde auf Grundlage verschiedener Quellen fortgeschrieben, wobei mehrstufige Datenintegrations- und Harmoni- Seit dem Jahr 2009 stabilisierte sich die Bereitstellung von Geobasisdaten an Dritte auf eine Gesamtfläche von ca. 144 Mio. km² pro Jahr. Die Jahresbericht 2012 9 Geoinformationswesen 2.1 Dienstleistungszentrum Abgabe von Geobasisdaten an Bundeseinrichtungen sank im Vergleich zu den Vorjahren von 136 Mio. km² über 125 Mio. km² auf nunmehr 91 Mio. km². Die genannten Zahlen beziehen sich auf die Bereitstellung der Daten mittels ftp-transfer, auf Datenträgern und per E-Mail. Die Bereitstellung von Geobasisdaten mittels Online-Dienste steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich von 32 auf 70 Millionen Zugriffe. Für das laufende Jahr wird eine Fortsetzung dieser Tendenz erwartet. 2.1.10 Geobasisdaten - Produktion Das BKG bearbeitet in zwei Produktionsdatenbanken der Maßstabsbereiche 1:250 000 und 1:1 000 000 topographische Daten für unterschiedliche Zielprodukte. Aus der Produktionsdatenbank DLM250 werden die Zielprodukte ATKIS-DLM250 und EuroRegionalMap sowie zukünftig auch die Produkte JOG (Serie 1501) und DTK250 abgeleitet. Die Produktionsdatenbank DLM1000 dient der Herstellung der Zielprodukte ATKIS-DLM1000, DLM1000W und EuroGlobalMap. In beiden Produktionsdatenbanken wurden gemäß des AdV-Beschlusses zur Spitzenaktualität (AdV - Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland) die entsprechenden Objektbereiche aktualisiert und entsprechend den Anforderungen der Zielprodukte weiter ausgebaut. Mit dem Stichtag 31.12.2012 wurden die Daten gemäß der ATKIS-Spezifikation abgeleitet und dem Geodatenzentrum zum Vertrieb zur Verfügung gestellt. Mit den Aktualitätsständen 31.12.2011 und 01.01.2012 wurden aus den Produktionsdatenbanken DLM250 und DLM1000 die Produkte VG250 und VG1000 sowie mit Aktualitätsstand 01.01.2013 die VG2500 abgeleitet. Das Produkt GN250 (Geographische Namen 1:250 000) wurde erstmals in einer Klassifikation der Namen entsprechend den Objektarten des Amtlichen Topographisch-Kartographischen InformationSsystem (ATKIS®) in der AAA®-Modellierung vorgestellt. Die Auswahl der geographischen Namen orientiert sich am Kartenmaßstab 1 : 250 000 und bezieht sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. GN250 wird jährlich mit Daten der statistischen Landesämter und des Statistischen Bundesamtes, sowie Daten aus dem fortgeführten Digitalen Landschaftsmodell 1:250 000 (DLM250) und dem Digitalen Geländemodell (DGM25) aktualisiert. Seit August 2012 werden monatlich wechselnde Themenkarten im Maßstab 1 : 2 500 000 für die BKG-Homepage erstellt. Die Kartenthemen werden vornehmlich aus den Datenbeständen des DLM250 und DLM1000 abgeleitet und durch andere Geodatenprodukte (DGM200, VG2500, GN250, etc.) und Zusatzinformationen ergänzt. Die Motivation für die Herstellung der Karten ist eine Steigerung der Attraktivität der BKGHomepage durch wechselnde Angebote, die Werbung für die Geodatenprodukte des BKG, eine Möglichkeit der Besucher- (Surfer-) Bindung an die BKG-Webseiten durch kostenlose Download-Angebote, die Steigerung des Rankings von BKG-Webseiten bei Suchmaschinen, wie z.B. Google, denn das Schlüsselwort „Deutschlandkarten“ wird sehr häufig gesucht. Die Karten werden im Dateiformat „GeoPDF“ erzeugt. Mit einem entsprechenden PDF-Reader können die hinterlegten Sachinformationen (Attribute) sichtbar gemacht werden und Kartenebenen (Layer) ein- und ausgeschaltet werden. Neben der Anzeige von Koodinaten können auch Flächen und Strecken gemessen werden. Das Produkt beinhaltet rund 134 000 Einträge von Geographischen Namen, wie z. B. Gemeinden, Gemeindeteilen, Landschaften, Gebirgen, Bergen, Inseln, Flüssen, Kanälen, Seen, Meeren. Jahresbericht 2012 10 2.2 Geoinformatik 2.2Geoinformatik Verfahren zur Bereitstellung von Geobasisdaten Die Bereitstellung von Geobasisdaten und Online-Diensten durch das Dienstleistungszentrum ist eine der zentralen Aufgaben des BKG. Diese Aufgabe umfasst die Prozesse der Datenübernahme von den Vermessungsverwaltungen der Bundesländer, der Prüfung und Harmonisierung dieser Daten, der Produktaufbereitung und der Datenverwaltung sowie des Qualitätsmanagements und der Datenbereitstellung. Die dafür erforderlichen Softwarelösungen, Verfahren, Dienste und Hardwaregrundlagen wurden entsprechend den praktischen Erfahrungen und Erfordernissen sowie unter Beachtung aktueller Standards und Technologien vervollständigt und weiterentwickelt. Dies betrifft bezüglich des ATKIS Basis-DLM insbesondere die Umsetzung des AAA-Datenmodells (AFIS-ALKIS-ATKIS). Im Berichtszeitraum wurde das implementierte Verfahren für Datenimport, Datenprüfung, Datenhaltung und Datenabgabe in der laufenden praktischen Nutzung weiter optimiert. Für die Protokollierung und statistische Darstellung von Prüfergebnissen und für die Visualisierung von Fehlern wurden Softwarekomponenten entwickelt. Das Verfahren zur Übernahme, Speicherung und Verwaltung von Digitalen Orthophotos (DOP) wurde aufgrund von Änderungen in der Datenschnittstelle (Einbeziehung Infrarot-Kanal) weiter entwickelt. Die Daten werden über einen bundesweiten Web-Dienst Nutzern bereitgestellt. Durch Updates aktualisierte DOP werden als historische Daten abgelegt und sind gleichfalls online als Dienst verfügbar. Geoinformationswesen die Rechtevergabe für beliebige Dienste über Netzwerk-Adressen, Nutzeridentifikatoren, temporäre Sitzungskennungen oder Passwörter steuert und das eine Schnittstelle zwischen externer Nutzersicht und interner Implementierung darstellt. Es wurden verschiedene Weiterentwicklungen vorgenommen, insbesondere im Bereich des Rechtemanagements. Nutzer können jederzeit online in Verfügbarkeits- und Zugriffsstatistiken Einsicht nehmen. Ein Monitordienst mit aktiver Informationskomponente hat zur hohen Verfügbarkeit der Dienste beigetragen. Der Geodaten-Shop zur Bestellung und zum Vertrieb von Geodaten und das zugehörige interne Verwaltungssystem für Anfragen, Angebote und Aufträge wurden an neue Anforderungen angepasst. Zur Information über die im Bereich der AdV verfügbaren Geobasisdaten und die darauf aufbauenden Web-Dienste des BKG wurde die Internetpräsentation des Dienstleistungszentrums (www.geodatenzentrum.de) inhaltlich und funktionell weiterentwickelt. Für Bundesbehörden wurden weitere Dienste und Anwendungen bereitgestellt. Für eine grundlegende technische und inhaltliche Überarbeitung der Internetpräsenz des Dienstleistungszentrums wurden die konzeptionellen Arbeiten fortgesetzt und eine Vergabe vorbereitet. In regelmäßigen Abständen werden die Kunden des Dienstleistungszentrums durch den Versand eines Newsletters über Neuentwicklungen informiert. Die Bereitstellung von Online-Diensten wurde im Berichtszeitraum hinsichtlich Performance und Hochverfügbarkeit weiter optimiert. Im Mittelpunkt stand dabei der Ausbau der neuen Web-Infrastruktur an den beiden Standorten Frankfurt am Main und Leipzig. Die Verwaltung und Steuerung der Zugriffsrechte auf die Online-Dienste erfolgt über das am GDZ entwickelte SecurityGate, das Jahresbericht 2012 11 Geoinformationswesen 2.3 Geoinformationsprodukte 2.3Geoinformationsprodukte 2.3.1 Digitale und analoge Kartenwerke Zu den Geoinformationsprodukten des BKG gehören: Aktualisiert bzw. gedruckt wurden im Berichtszeitraum: die Digitalen Topographischen Karten DTK200: 15 Kartenblätter aktualisiert DTK200 DTK500 DTK1000 DVD-ROM „Top200“ die analogen Topographischen Karten in den Maßstäben 1:200 000 (TK200) 1:500 000 (TK500) 1:750 000 (ÜD750) 1:1 000 000 (TK1000) die Historischen Topographischen Kartenwerke: Topographische Karte 1:25 000 (TK25), TK200: 10 Kartenblätter gedruckt und dem Dienstleistungszentrum / der Fa. GeoCenter zum Vertrieb überlassen, ÜD750 und DTK1000 aktualisiert, gedruckt und dem Dienstleistungszentrum / der Fa. GeoCenter zum Vertrieb überlassen. Karte des Deutschen Reiches 1:100 000 (KDR100) und die Übersichtskarte von Mitteleuropa 1:300 000 (ME300 - Sonderausgaben). Abb. 2.3-1: Ausschnitt CC 4726 Goslar Jahresbericht 2012 12 Geoinformationswesen 2.3 Geoinformationsprodukte 2.3.2 Kartenvertrieb, Vertrieb Top200 2.3.3 Auftragsarbeiten AGeoBw Im Berichtszeitraum wurden insgesamt an Einrichtungen des Bundes, Sicherheitsbehörden und über das GeoCenter an Dritte abgegeben: Die für das AGeoBw in Bearbeitungsblöcken durchzuführenden Aktualisierungen der Kartenserien „1501-Joint Operations Graphic 1:250 000” und „1404-World 1:500 000” wurden 2012 sach- und termingerecht abgeschlossen. Topographische Kartenwerke 1:200 000 – 1:1 000 000 4 500 Kartenblätter Historische Topographische Kartenwerke 1:25 000 – 1:300 000 5 000 Kartenblätter DVD-ROM „Top200-Version 5“ 150 Exemplare Abb.2.3-3: Ausschnitt Kartenblatt Wien Serie 1404 - World 1:500 000 Abb. 2.3-2: Ausschnitt ME300 Königsberg Jahresbericht 2012 13 2.4 Entwicklung von GI-Produkten 2.4 Entwicklung von GI-Produkten 2.4.1 Ableitung von topographischen Webkarten aus amtlichen Geobasisdaten Geoinformationswesen ¬¬Anpassung der Ausdehnung und Darstel- lungsbereiche anhand der Vorgaben aus dem AdV-WMTS-Profil ¬¬Verwendung der Software „CHANGE“ des ¬¬Das Verfahren zur Ableitung von topogra- phischen Webkarten aus amtlichen Geobasisdaten wurde um folgende Funktionen bzw. Inhalte erweitert: ¬¬Europaweite Darstellungen auf Basis von OpenStreetMap- Daten Institutes für Kartographie und Geoinformatik an der Leibniz Universität Hannover zur automatischen Generalisierung von Gebäudeumringen ¬¬Optimierung der Signaturierungsvorschrif- ten zur Darstellung komplexer geometrischer Sachverhalte ¬¬Native Unterstützung der sphärische Mer- cator Projektion EPSG:3857 (WGS84 Pseudo Mercator) ¬¬Entwicklung eines Verfahrens zur automati- schen Erzeugung einer Druckausgabe Abb. 2.4.1-1 Beispiel für die Darstellungsvariante mit Schummerung (mittlere Zoomstufe) Jahresbericht 2012 14 Geoinformationswesen 2.4 Entwicklung von GI-Produkten 2.4.2 Geodatenbedarfserhebung des Bundes für den Bereich Wissenschaft und Forschung Seitens verschiedener wissenschaftlicher Einrichtungen wurde in den letzten Jahres wiederholt die Bitte an das Bundesministerium des Innern sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung herangetragen, die Versorgung der Wissenschaft mit Geoinformation zu erleichtern. Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) wurde aus diesem Grund vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung beauftragt, eine Geodatenbedarfsabfrage für den Bereich der Wissenschaft durchzuführen. Die erste Iteration der Geodatenbedarfserhebung fand bereits 2011 statt, als Bedarfe und Bestände an Geodaten von Einrichtungen des Bundes erfasst und ausgewertet wurden. Anpassung des Fragenkatalogs Der zur Geodatenbedarfserhebung des Bundes verwendete Fragenkatalog wurde für die Bereiche Wissenschaft und Forschung angepasst und anhand der Erkenntnisse aus der ersten Iteration den Fragenkatalog optimiert, um noch zielführendere und automatisiert auswertbarere Antworten zu erheben. Zeitplan Die folgende Übersicht zeigt die ursprüngliche zeitliche Planung der Geodatenbedarfserhebung (Orange). Durch die effektive Verwendung der Open Source- Lösung Lime Survey sowie den hohen personellen Einsatz des BKG konnte die Online- Erhebung einen Monat vor dem geplanten Termin abgeschlossen werden (aktualisierter Zeitplan in Blau). Ziel der Geodatenbedarfserhebung ist die Erstellung einer Übersicht über den aktuellen sowie mittel- bis langfristigen Bedarf an Geodaten in Einrichtungen von Wissenschaft und Forschung in Deutschland. Defizite in der Geodatenversorgung sollen rechtzeitig erkannt werden, damit eine bedarfsgerechte Modifikation oder Neuerfassung von Geodaten ermöglicht werden kann. Es soll auch geklärt werden, ob benötigte Geodaten bereits in anderen Institutionen redundant gepflegt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Intensivierung der Vernetzung zwischen der Wissenschaft und der Bundesverwaltung. Die Geodatenbedarfserhebung des Bundes für den Bereich Wissenschaft und Forschung wurde zwischen dem 26. Oktober 2012 und dem 28. Dezember 2012 als Online-Erhebung bereit gestellt. Das BKG hat basierend auf der Open Source -Software Lime Survey eine webbasierte OnlineAbfrage erstellt, welche zur Geodatenbedarfserhebung genutzt wird. Auswertung Teilnehmerkreis Ausgewählte Institutionen mit hohem Geodatenbedarf oder –bestand haben noch bis 31. Januar 2013 die Möglichkeit, ihre Informationen manuell dem BKG zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zwecke wurde basierend auf Microsoft Excel eine Eingabemöglichkeit geschaffen, welche die Fragen der Geodatenbedarfserhebung abbildet. Mit der Auswertung wird nach Abschluss der manuellen Erhebung im Februar 2013 begonnen. Erste Ergebnisse sollen bis Ende März 2013 zur Verfügung gestellt werden. An der Erhebung sollten möglichst viele Einrichtungen aus dem Bereich der Wissenschaft und Forschung teilnehmen, um ein repräsentatives und homogenes Abbild des entsprechenden Geodatenbedarfs und der entsprechenden Geodatennutzung erstellen zu können. Hierfür wurde zunächst der mögliche Teilnehmerkreis eruiert werden. Ca. 800 Institutionen aus Wissenschaft und Forschung wurden zur Teilnahme aufgefordert, von denen ca. 170 Institutionen durch Nennung von Ansprechpartnern Interesse an der Teilnahme bekundet haben Jahresbericht 2012 15 Geoinformationswesen 2.4 Entwicklung von GI-Produkten 04/2012 11/2012 Analyse des Teilnehmerkreises Weboberfläche Support durch BKG 02/2013 04/2013 Report zur Geodatenbedarfserhebung Anpassung Fragenkatalog Online-Hilfe Übersicht je Datenanbieter Entwicklung der Erhe- Übersicht je Institution Produktübersicht 05/2013 Analyse des Geodatenbedarfs Konzept zur Bedarfsdeckung Maßnahmen zur Bedarfsdeckung bungskomponenten Werbung und Einladung Jahresbericht 2012 16 Geoinformationswesen 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme Das BKG ist Mitglied der gemeinnützigen Assoziation EuroGeographics, einem Zusammenschluss der europäischen, nationalen Einrichtungen, die für Aufgaben der Kartographie und des Katasterwesens verantwortlich sind. Die Zusammenarbeit im Rahmen von EuroGeographics umfasst die Erstellung länderübergreifender Produkte sowie gemeinsame Arbeitsgruppen und Projekte. und Eurostat über die weitere Lieferung neuer Versionen von EBM, ERM und EGM geschlossen. Der Vertrag läuft über vier Jahre, sieht jährliche Aktualisierungen, die Einbeziehung weiterer Länder sowie einige neue Objektarten und Attribute vor. Desweiteren ist das BKG eingebunden in die Entwicklung und den Aufbau von GMES in Europa und in die Umsetzung in Deutschland. 2.5.1 EuroBoundaryMap 1:100 000 Die Mitglieder von EuroGeographics (www. eurogeographics.org) wollen insbesondere die Europäische Kommission beim Aufbau der European Spatial Data Infrastructure (ESDI) im Zusammenhang mit der INSPIRE-Rahmenrichtlinie und dem Projekt „Global Monitoring for Environment and Security“ (GMES) unterstützen. EuroGeographics ist bei der Europäischen Kommission als größte SDIC (Spatial Data Interest Community) registriert und leistet mit seinen Experten umfangreiche Unterstützung bei der INSPIRE-Umsetzung. EuroBoundaryMap (EBM) enthält die Verwaltungseinheiten aller nationalen Verwaltungsebenen Europas mit Namen, eineindeutigen Schlüsselzahlen sowie einen Bezug zu den Klassifikationen NUTS (Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques) und LAU (Local Administrative Unit) von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg. Damit ist für EBM die Interoperabilität zu statistischen Informationen gewährleistet, die auf der Basis dieser Klassifikation erhoben worden sind. Das BKG trägt zu EuroGeographics auf mehreren Ebenen aktiv bei. Der Präsident des BKG ist Mitglied des Management Boards. Im Rahmen von EuroGeographics ist das BKG als Produktkoordinator für die Fortführung und Weiterentwicklung von EuroBoundaryMap (EBM), einer Referenzdatenbank der Verwaltungsregionen Europas, sowie für das gesamteuropäische, digitale Geländemodell (EuroDEM) verantwortlich. Darüber hinaus liefern die Experten des BKG die deutschen Beiträge zu den topographischen EuroGeographics-Produkten (EuroRegionalMap - ERM, EuroGlobalMap - EGM), zum Web-Dienst geographischer Namen (EuroGeoNames) und wirken in Expertenteams an deren Weiterentwicklung unter Verwendung moderner Verfahren mit. Als Vertriebszentrum für EuroGeographics liefert das GeoDatenZentrum (seit 01.11.2012: Dienstleistungszentrum) des BKG die europäischen Datensätze an Kunden aus. Im Rahmen von EuroGeographics ist das BKG als Projektkoordinator für das Produkt EBM verantwortlich, insbesondere für das Produktmanagement hinsichtlich der inzwischen jährlichen Fortführung und der Weiterentwicklung des Produktes unter Berücksichtigung aktueller Nutzeranforderungen. Dabei wird auf die Qualitätssicherung sowie auf die fachliche Unterstützung bei der Bereitstellung der nationalen Daten entsprechend der am BKG entwickelten Produktspezifikation besonderer Wert gelegt. Allen Produkten und Diensten von EuroGeographics ist gemeinsam, dass sie entsprechend einheitlicher Spezifikationen erstellt und ihre Inhalte über die Ländergrenzen hinweg harmonisiert werden. Im Dezember 2010 wurde ein neuer Vertrag zwischen EuroGeographics Jahresbericht 2012 Abb. 2.5.1-1 Räumliche Abdeckung EBM v7.0 17 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme Der laufende Vertrag zwischen EuroGeographics und Eurostat sieht die jährliche Lieferung einer aktuellen, europaweiten, geographischen Datenbank der Verwaltungsregionen und statistischen Gebietseinheiten von 2011 - 2014 vor. Dabei ist die Erweiterung des Datensatzes um einzelne Länder gefordert. Im Berichtszeitraum wurde vom BKG auf dieser Grundlage die neue Version EBM v7.0 erstellt. Das Referenzdatum dieser Version entspricht dem 1.1.2012. Abb. 2.5.1-2 EBM v7.0 (Ausschnitt mit LAU2-/NUTS3-Regionen) Diese vom BKG an Eurostat gelieferten aktualisierten Referenzdaten werden in die GISCODatenbank der Europäischen Kommission übernommen und auch für die Bereitstellung weiterer Geodaten verwendet (http://epp.euro- Geoinformationswesen 2.5.2 EuroRegionalMap 1:250 000 und EuroGlobalMap 1:1 000 000 EuroGeographics bietet die folgenden pan-europäischen, topographischen Datensätze mit bedarfsgerechtem Aktualitätsstand an: EuroRegionalMap (ERM) – der vom IGN Bel- gien koordinierte und bearbeitete topographische Datensatz im Maßstab 1:250.000 deckt das Gebiet von 31 europäischen Ländern ab. Abb. 2.5.2-1 An EuroRegionalMap (ERM) beteiligte europäische Länder EuroGlobalMap (EGM) – der vom IGN Frank- reich koordinierte und gemeinsam bearbeitete topographische Datensatz im Maßstab 1:1.000.000 deckt das Gebiet von 33 europäischen Ländern ab. stat.ec.europa.eu/portal/page/portal/gisco_Geographical_information_maps/introduction). Neben der Entwicklung neuer Prüfroutinen zur Qualitätssicherung sowie der Aktualisierung von Metadaten und Webseiten wurden vom BKG Änderungen am Datenmodell von EBM vorgenommen, um diese europaweiten Referenzdatenbank der Verwaltungsregionen im Hinblick auf Kundenwünsche sowie die Implementierung von INSPIRE anzupassen. Im Jahr 2013 wird eine neue Produktversion mit dem Fortführungsstand 1.1.2013 erstellt. Jahresbericht 2012 Abb. 2.5.2-2 An EuroGlobalMap (EGM) beteiligte europäische Länder 18 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme Wie bei EuroBoundaryMap (EBM) werden die Daten entsprechend einer einheitlichen Spezifikation erfasst und sind über Ländergrenzen hinweg harmonisiert. Ihre Verwendungsmöglichkeiten umfassen raumbezogene Analysen, Netzwerkanalysen und Visualisierung. Sie dienen außerdem als topographische Basis von raumbezogenen Informationen aller Art. Großer Wert wurde auf die geometrische und topologische Konsistenz zwischen den thematischen Layern gelegt. Die Inhalte der einzelnen Layer beschreiben die Themen Verwaltungseinheiten, Gewässernetz, Verkehrswegenetz, Siedlung, Vegetation und Boden, geographische Namen und Sonstiges. Experten des BKG sind neben der Bereitstellung der jeweiligen nationalen Beiträge für diese EuroGeographics-Produkte sehr aktiv in den technischen Teams dieser Projekte eingebunden, die intensiv an einer nachhaltigen Pflege und technologischen Weiterentwicklung der Produkte arbeiten, im besonderen Maße das Projekt ERM betreffend. Im Projekt EGM fungiert das BKG zudem als Regionalkoordinator für zehn Länder und ist dabei für die Organisation, fachliche Unterstützung sowie Qualitätskontrolle und Integration der Datenlieferung dieser Partnerländer verantwortlich. Der Vertrag zwischen EuroGeographics und Eurostat sieht für die Bereitstellung von ERM und EGM im Zeitraum 2011-2014 sowohl die Erweiterung der Datensätze um mehrere Länder als auch um einige neue Objektarten und Attribute vor. Zudem wird angestrebt, EGM durch Generalisierung weitgehend automatisch aus ERM abzuleiten. 2.5.3E.L.F. Mit Abschluss des Projektes European Spatial Data Infrastructure Network (ESDIN, 2008-2011) gründete EuroGeographics die interne Arbeitsgruppe European Location Framework (E.L.F. Task Force). Diese hat gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft einen Projektantrag im Rahmen des europäischen Förderprogramms ICT-PSP 2012 eingereicht, der die Erkenntnisse und Entwicklungen aus dem Projekt ESDIN aufgreift und weiterentwickelt. Der Projektantrag „European Location Framework (E.L.F.)“ erhielt eine sehr gute Bewertung. Jahresbericht 2012 Geoinformationswesen Die Projektverhandlungen mit der Eruropäischen Kommission begannen im September 2012. Der offizielle Projektstart ist für den 1. März 2013 vorgesehen. Das Projekt hat eine Laufzeit von 36 Monaten und 30 Partner sind daran beteiligt. Ziel des Projekts ist es, den Zugang zu und die Nutzung von europäischen amtlichen Geobasisdaten durch die Schaffung einer zukunftsfähigen technischen Infrastruktur zu vereinfachen. 2.5.4 GMES / Copernicus GMES (Global Monitoring for Environment and Security) ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Union und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zur Schaffung eines unabhängigen europäischen Erdbeobachtungssystems. Die Mitgliedsstaaten beider Institutionen tragen als Partner zum Aufbau von GMES bei. GMES nutzt zum einen Satellitendaten vorhandener Missionen und baut zum anderen mit den Sentinel-Missionen eigene Kapazitäten auf. Die Satellitendaten fließen gemeinsam mit Fach- und Referenzdaten in GMES -Informationsdienste ein. Diese Informationsdienste befassen sich mit den sechs Themen Landüberwachung, Überwachung der Meeresumwelt, Katastrophen- und Krisenmanagement, Überwachung der Atmosphäre, Überwachung des Klimawandels und Sicherheit. Im Rahmen seiner Aufgaben als Fachkoordinator für den Dienst Landüberwachung hat das BKG diesen Dienst fachlich begleitet. Außerdem ist der Fachkoordinator der Ansprechpartner und der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im GMES- Nutzerforum der Europäischen Kommission für den jeweiligen Dienst. Das Nutzerforum tagte im Jahr 2012 dreimal und behandelte die einzelnen Dienste, die Nutzereinbindung und das GMES- Arbeitsprogramm. Das vom BMI organisierte 2. Strategieforum Fernerkundung wurde zusammen mit den vom BMVBS und den Fachkoordinatoren veranstalteten GMES- Thementagen Deutschland 2012 durchgeführt. Die gemeinsame Veranstaltung hatte zum Thema „Erdbeobachtung zur Unterstützung der Energiewende und der An19 2.5 Supranationale Geoinformationssysteme Geoinformationswesen passung an den Klimawandel“ und fand vom 14.-15.11.2012 in Düsseldorf statt. In zwölf Themenworkshops konnten Nutzer und Anbieter intensiv die aktuellen Entwicklungen diskutieren. Das BKG war für den Themenworkshop „Landschaft im Wandel“ verantwortlich. Am 11.12.2012 hat die Europäische Kommission einen neuen Namen für GMES bekannt gegeben. Das europäische Erdbeobachtungsprogramm heißt jetzt Copernicus. Jahresbericht 2012 20 2.6 Photogrammetrisch-fernerkundliche Informationsgewinnung 2.6Photogrammetrisch-fernerkundliche Informationsgewinnung 2.6.1DLM-DE Das Digitale Landbedeckungsmodell DLM-DE, welches für die Aufgaben und Zwecke des Bundes konzipiert wurde, basiert auf dem Digitalen Landschaftsmodell der Vermessungsverwaltungen der Bundesländer (ATKIS ® Basis-DLM). Dieses wird in Auszügen als Ausgangsdatensatz für das DLM-DE genutzt. Vor dem Hintergrund von INSPIRE und anderen Harmonisierungsansätzen wird im DLM-DE der Grundsatz der Interoperabilität von Geobasis- und Geofachdaten verfolgt. Um eine Integration der Aktualisierungsergebnisse des DLM-DE in die laufend fortgeführten Bestände des ATKIS zu ermöglichen, ist ein Rückfluss der DLM-DE-Daten an die Landesvermessungsämter angestrebt. Für das Referenzjahr 2009 wurden die Informationen zu Landbedeckung und Landnutzung gemäß der Nomenklatur von CORINE Land Cover (CLC) erhoben. Dieser Datensatz kann über das Dienstleistungszentrum in Leipzig erworben werden. Geoinformationswesen Nach den seitens der EU bereits durchgeführten Erhebungen bzw. Fortführungen von CLC für die Bezugsjahre 1990, 2000 und 2006 ist von der Europäischen Umweltagentur (EEA) für das Jahr 2012 eine erneute Aktualisierung des paneuropäischen Landbedeckungsdatensatzes CLC angesetzt worden. Bisher wurden in Deutschland die CLC-Aktualisierungen unabhängig von den nationalen topographischen Datenbeständen durchgeführt. Für das festgelegt Referenzjahr 2012 ist vorgesehen, den deutschen Beitrag zu CORINE Land Cover aus dem DLM-DE2012 abzuleiten. Dies kann erreicht werden, indem die Geometrien des hochauflösenden DLMDE2012 auf die Mindestkartierfläche für CLC (25 ha) generalisiert wird. Als Hauptinformationsquelle für das DLM-DE dient, ebenso wie bei den bisherigen CLC-Aktualisierungen und dem DLM-DE2009, Satellitenbildmaterial. Im Gegensatz zu 2009 werden in 2012 Landbedeckung und Landnutzung im DLM-DE nicht mehr gemäß der CLC-Nomenklatur erfasst. Vielmehr kommen getrennte Klassen für Landbedeckung und Landnutzung zum Einsatz, die neben der Ableitung des deutschen Beitrags zu CLC2012 eine flexiblere Verwendbarkeit des Datensatzes sicherstellen sollen. Abb. 2.6.1: Frankfurt am Main. Gegenüberstellung der Kartiergrundlage (RapidEye-Satelliten-bilddaten) (li.) und DLMDE2009 (re.: MKF = 1 ha) nach dem Aktualisierungsprozess. Darstellung nach der Legende von CORINE Land Cover (CLC) Jahresbericht 2012 21 Geoinformationswesen 2.6 Photogrammetrisch-fernerkundliche Informationsgewinnung 2.6.2 Digitale Geländemodelle Das digitale, bundesweite Geländemodell, welches aktuell in der Auflösung 10 m zur Verfügung steht, wird auf der Grundlage der Datenaktualisierungen der Länder durch das BKG laufend fortgeführt und stetig verbessert. Die Aktualisierung bzw. Ableitungen der weiteren gröberen Auflösungen (z.B. 25 und 50 m) wird regelmäßig durchgeführt. Die Höhengenauigkeit des DGM10 ist regional unterschiedlich und reicht von etwa 30 cm bis etwa 2 m. Sichtbar für den Nutzer wird dies in Form von detaillierten Metainformationen, also der Höhengenauigkeit, der Erfassungsmethode und der Aktualität. Diese Informationen werden von den Ländern in standardisierter Form abgegeben und vom BKG zusammengefasst an den Nutzer weitergeleitet. Um die Lieferungen der Länder zu vereinheitlichen und terminlich aufeinander abzustimmen, erarbeitete die AdV ein technisches Regelwerk für den Datenaustausch der DGM-Daten und deren Metadaten. Da eine jährliche Lieferung aktualisierter DGM-Daten für die Fortführung des bundesweiten DGM vorgesehen ist, werden die Änderungen in den DGM-Daten der Länder in Zukunft effizienter und schneller in die unterschiedlichen Versionen des deutschlandweiten Geländemodells einfließen. Die Angleichung der DGM-Daten an den Ländergrenzen und die Erzeugung einer einheitlichen Gitterweite waren bisher die Hauptaufgaben des BKG bei der Erstellung und Fortführung des bundesweiten DGM. Trotz der vereinbarten Lieferung einer einheitlichen Grundgitterweite sind die bisherigen Arbeitsschritte des BKG notwendig, da zurzeit die Umstellung auf ETRSbasierte (ETRS - European Terrestrial Reference System) Koordinaten erfolgt und noch nicht alle Länder im neuen System liefern konnten. Die beschriebenen und beschlossenen Maßnahmen stellen somit die Aktualität und Qualität des bundesweiten DGM sowie der erstmals verfügbaren DGM-Metadaten zukünftig sicher. Abb. 2.6.2 : Farbcodierte Darstellung des digitalen Geländemodells DGM10 des Moseltals bei Winningen Jahresbericht 2012 22 2.6 Photogrammetrisch-fernerkundliche Informationsgewinnung 2.6.3EuroDEM EuroDEM ist ein paneuropäisches Geländemodell mittlerer Auflösung im Maßstabsbereich 1:50 000 bis 1:100 000 und wird von EuroGeographics zur Verfügung gestellt. Der Datensatz beschreibt die Höhe der Erdoberfläche des EU27-Gebietes sowie weiterer angrenzender Länder. Das Digitale Geländemodell EuroDEM bietet eine Höhengenauigkeit von acht bis zehn Metern sowie eine Gitterweite von zwei Bogensekunden. EuroDEM ergänzt als dreidimensio- Geoinformationswesen nales Modell der Erdoberfläche vortrefflich die bisherigen zweidimensionalen Produkte von EuroGeographics. Die nationalen Höhendatenbestände der Kartographiebehörden der europäischen Staaten wurden unter dem Projektmanagement des BKG zu einem harmonisierten Datensatz zusammengestellt. Hierbei wurden die Unstimmigkeiten an den Ländergrenzen eliminiert und Lücken im Modell mit frei verfügbaren SRTM-Daten (Daten der Shuttle Radar Topography Mission) gefüllt. Abb. 2.6.3: Farbcodierte Darstellung des zentraleuropäischen Bereichs des digitalen Geländemodells EuroDEM Jahresbericht 2012 23 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme 3 Arbeiten der Abteilung Geodäsie Die Geodäsie vermisst die Form und Größe der Erde sowie ihre Veränderungen und bestimmt daraus ein räumliches Bezugssystem (Koordinatensystem). Die rasante Entwicklung der Satellitentechnologie ermöglicht es, die globalen Aufgaben der Geodäsie in einer internationalen Kooperation zu lösen. Eine herausragende Rolle nimmt dabei das Geodätische Observatorium Wettzell, Bayerischer Wald, ein. Dort stehen alle modernen geodätischen Beobachtungstechniken zur Verfügung. 3.1 Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme reitstellung der Produkte des IERS wurde fortgeführt. 3.1.1 International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS) Für die Organisation der Tätigkeit des IERS und zur Verwaltung der Abonnements der verschiedenen IERS-Publikationen unterhält das Zentralbüro eine Mitarbeiter- und Nutzer-Datenbank mit etwa 3000 Einträgen, die laufend ergänzt und aktualisiert wurde. Der International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS) stellt die astronomischen und globalen terrestrischen Referenzsysteme, die Daten über das Rotationsverhalten der Erde sowie ausgewählte Daten der Produktzentren „Global Geophysical Fluids“ und Konventionen bereit. Seit dem 1. Januar 2001 ist das Zentralbüro des IERS am BKG angesiedelt. Das Zentralbüro organisierte und dokumentierte zwei Sitzungen des IERS-Vorstands (Directing Board) im April 2012 in Wien und im Dezember 2012 in San Francisco. Zwischen den Sitzungen führte das Zentralbüro die laufenden Geschäfte des IERS und des Vorstands. Das Zentralbüro vertrat den IERS in Gremien wie dem ICSU World Data System (WDS) und auf Tagungen. Der Bericht 2010 des IERS, herausgegeben vom Zentralbüro, wurde aus den Beiträgen der Komponenten des IERS zusammengestellt und editiert. Die IERS Technical Note No. 37 „Analysis and results of ITRF2008“ wurde online veröffentlicht. Das Zentralbüro erstellte einen aktualisierten Bericht über die Tätigkeit des IERS während der vergangenen vier Jahre für die International Astronomical Union (IAU). Im Berichtszeitraum wurden 21 Ausgaben der „IERS Messages” veröffentlicht (Nr. 201 – 221), die aktuelle Informationen über neue Publikationen, Tagungseinladungen u.a. enthielten. Auch durch die ständige Erweiterung der Webseiten des IERS und deren Aktualisierung wurde das Informationsangebot wesentlich verbessert. Dazu gehören auch Webseiten, die das Zentralbüro für die fünf Arbeitsgruppen des IERS unterhält. Die zentrale Sammlung und Be- Jahresbericht 2012 Im Jahr 2012 wurden wieder zahlreiche Anfragen von Nutzern, Interessenten und Journalisten beantwortet. Ein Mitarbeiter des Zentralbüros ist Mitglied des „Control Body for an ISO Geodetic Registry Network” und wurde deutscher Vertreter in der Arbeitsgruppe Geodätische Referenzsysteme bei der ISO. Zu den Tätigkeiten des IERS Zentralbüros gehört der Betrieb eines Daten- und Informationssystems (IERS DIS) – ein modernes Datenmanagementsystem, welches dem Nutzer standardisierte Daten sowie Anwendungen zur Veranschaulichung und zur Analyse bereitstellt. Die Hauptaufgaben und -arbeiten des IERS DIS1 im Jahr 2012 waren: Datenmanagementsystem Datenakquisition von Services und Instituti- onen innerhalb des IERS. Aufbereitung der Daten in einheitliche For- mate und Erstellung von ISO 19115- konformen Metadateninformationen. Integration neuer Datenquellen. Einführung eines neuen Datenmanagementsystems (Testphase). 1 www.iers.org 24 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Internetportal Geodäsie standes integriert. Es richtet sich sowohl an Experten als auch an interessierte Laien. Zugang zu Informationen über den IERS, die beteiligten Services und Daten. Darstellung von Datenzeitreihen über Visualisierungswerkzeuge. Das aktuelle DIS ist bereits seit Januar 2006 im operationellen Betrieb. Während der vergangenen Jahre wurde das System regelmäßig ergänzt, um die Anforderungen in gewohnter Qualität zu erfüllen. Die in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführte Analyse der Aufgaben des Systems und der umsetzenden Techniken wurde im Jahr 2012 genutzt, um die Entwicklung eines neuen DIS für den IERS auf den Weg zu bringen. Im Mittelpunkt standen dabei die Handhabung des Systems, die Flexibilität und Erweiterbarkeit für neue Produkte, die Sicherheit und die Ausrichtung auf zukünftige Anforderungen. Im Hinblick auf die Datensicherheit wurde auf die komplette Entkoppelung von frei verfügbaren Daten und personenbezogenen Daten (Namen, Adressen etc.) geachtet. Das neue Datenmanagementsystem für die frei verfügbaren Daten wurde im Jahr 2012 weitgehend fertiggestellt und in die Testphase überführt. Es wurde eine Firma beauftragt, den im Jahr 2011 erstellten Prototypen für eine Schnittstelle zum Personen- und Adressmanagement des im BKG verwendeten Content Management Systems Government Site Builder (GSB) zu einem vollwertigen System weiterzuentwickeln. Damit soll es möglich werden, das bisherige DIS des IERS abzulösen. ERIS Seit Mitte Juni 2006 wurde das Projekt ERIS (Earth Rotation Information System) im BKG bearbeitet. ERIS ist eingebunden in die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschergruppe „Erdrotation und globale dynamische Prozesse”“. Das Teilprojekt ERIS endete am 14. März 2012. Das Portal www.erdrotation.de dient als Entwicklungs- und Erprobungsplattform neuer Werkzeuge für den interaktiven Datenzugriff über das Internet sowie als Informationsportal. Des Weiteren wird es als interne Austauschplattform innerhalb der Forschergruppe genutzt. Das Internetportal wurde auch 2012 weiter ausgebaut und ergänzt. Von Januar bis März 2012 lag der Fokus in der Erweiterung des Informationssystems. Es wurden grundlegende Informationen zur Erdrotation bereitgestellt und die Datenservices wurden ergänzt. Aussagekräftige Graphiken, der Zugang zu interaktiven Anwendungen sowie die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, Veröffentlichungen und Präsentationen der Forschergruppe komplettieren das Informationssystem. Die im vorangegangenen Zeitraum entwickelten Webapplikationen Datenanalysetool und Kombinations- und Vergleichstool wurden hinsichtlich Umfang und Nutzerfreundlichkeit weiter verbessert und ergänzt. Im Datenanalysetool werden Analyseverfahren wie Spektralanalysen, verschiedene Filter und Approximationen bereitgestellt, die sowohl auf vorhandene und implementierte Zeitreihen als auch auf nutzereigene Daten angewandt werden können. Im Kombinations- und Vergleichstool können verschiedene Modelldaten zur Erdrotation miteinander kombiniert, bearbeitet und mit gemessenen Erdrotationsparametern verglichen werden. Der Zugang zu diesen Anwendungen, Hinweise zur Nutzung sowie ein Benutzerhandbuch sind auf dem ERIS-Portal zu finden. Neben diesen Werkzeugen wurde auch 2012 in enger Zusammenarbeit mit dem IERS an der Ausweitung des Datenangebotes gearbeitet. Dies umfasste u.a. die automatisierte Erstellung von Metadateninformationen und standardisierten XML-Versionen der Datensätze. Innerhalb des Projektes wurde ein Portal entwickelt, welches Daten, Modelle, wissenschaftliche Informationen und Verfahren unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungs- Jahresbericht 2012 25 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme GGOS-Portal GGOS (Global Geodetic Observing System) ist ein Projekt der International Association of Geodesy (IAG) und der Beitrag der Geodäsie zum Monitoring des Systems Erde. Die Intention des zugehörigen Internetportals ist eine zentralisierte und standardisierte Plattform zum Austausch von Daten, Produkten und Modellen unterschiedlicher geowissenschaftlicher Disziplinen zwischen wissenschaftlichen und forschenden Einrichtungen. Das GGOS-Portal wird seit Frühjahr 2009 im BKG aufgebaut und implementiert. Im Jahr 2012 wurde die bereits 2010 begonnene Überarbeitung des Internetauftritts des Portals fortgesetzt und ein Gerüst für Informationen und Daten geschaffen. Das Portal gliedert sich in unterschiedliche geodätische und geowissenschaftliche Bereiche, für deren Inhalte die IAG-Dienste und GGOS-Komponenten verantwortlich sind. Das GGOS-Portal ist unter http:// www.ggos-portal.org erreichbar. Der Internetauftritt des GGOS-Portals beinhaltet die Seiten des GGOS Inter-Agency Committee (GIAC). Das GIAC ist ein Forum, das dem Global Geodetic Observing System (GGOS) ermöglichen soll, mit einheitlicher Stimme gegenüber Regierungen und regierungsübergreifenden Organisationen aufzutreten. Neben allgemeinen Informationen zu Organisation, Mitgliedern und Zielen des GIAC werden auf den Internetseiten die Protokolle der Sitzungen des Komitees veröffentlicht. Das BKG stellt das Sekretariat des GIAC. Zu den Funktionalitäten des GGOS-Portals zählen Geodatenviewer und Metadatensuche sowie Anwendungen zur Visualisierung, Analyse und Kombination von Geodaten. Hier erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit dem Zentralbüro des IERS (International Earth Rotation and Reference Systems Service). Um die Standardisierung der Metadaten zu gewährleisten, wird für die Metadatenerfassung das Opensource-Programm GeoNetwork verwendet. Diese Anwendung verwendet als Datenformat XML und umfasst die Metadatensuche, einen Metadateneditor sowie Möglichkeiten zur Kartendarstellung. Der GGOS-Meta- Jahresbericht 2012 Geodäsie datenkatalog kann sowohl an andere Kataloge angebunden werden als auch selbst Metadaten aus fremden Katalogen beziehen. Der Metadateneditor erlaubt die ISO-konforme Eingabe und Verwaltung der Metainformationen zu den im Portal bereitgehaltenen Daten und garantiert eine Interoperabilität zu anderen Portalen, wie z.B. dem von der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) betriebenen Portal zur Realisierung des Global Earth Observation System of Systems (GEOSS). Die Möglichkeit von skriptgesteuerten Abläufen erlaubt eine Automatisierung des Metadatenimports sowie Transformationen zwischen verschiedenen Standards (XML-Schemata). In der Abteilung GI wird die Software GeoNetwork ebenfalls verwendet. Von den im Rahmen des Geoportal bzw. des GDK (Geodatenkatalog) in Auftrag gegebenen Anpassungen konnte auch das GGOS-Portal profitieren. Diese Anpassungen umfassen z.B. eine benutzerfreundliche Suchmaske, einen angepassten Editor sowie das Einpflegen eigener Dateien in die Datenbank über eine Dateischnittstelle. Letztere wird verwendet, um die in der IERSDatenverwaltung archivierten Datensätze auffindbar zu machen. Dazu werden die im IERSDMS erstellten Metadaten in die GeoNetwork Datenbank importiert und stehen somit den Benutzern über die Suchoberfläche zur Verfügung. Nachfolgend sollen analog auch die innerhalb der GGOS-Gemeinschaft erstellten Metadaten auf diese Art bereitgestellt werden. IVS-Referenzpunktbestimmung am Geodätischen Observatorium Wettzell Im Rahmen der Arbeiten innerhalb der IERS Working Group on Site Survey and Co-location wurde im Frühjahr 2012 am Geodätischen Observatorium Wettzell eine IVS-Referenzpunktbestimmung am VLBI2010-Radioteleskop TWIN-T2 als Vorstudie für die 2013 geplante automatisierte Überwachung durchgeführt. Diese Voruntersuchung sollte Aufschluss darüber geben, inwieweit der Einsatz einer zweiten Totalstation die Bestimmung des Referenzpunktes (RP) und dessen Genauigkeiten beeinflusst. Ferner lassen sich durch die zusätzlichen Daten eines zweiten Instrumentes unterschiedliche 26 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Auswertestrategien bei der terrestrischen Netzausgleichung miteinander vergleichen und deren Auswirkungen auf den RP untersuchen. Für die Messkampagne standen zwei Präzisionstachymeter zur Verfügung. Beide Instrumente wurden im Feld jeweils so positioniert, dass sie simultan die am TWIN-T2 befindlichen Reflektoren beobachten konnten. Neben der Auswertung aller erhobenen Beobachtungen Insbesondere beim RVS-Verfahren war daher mit größeren Einzelpunktunsicherheiten zu rechnen. Die Ergebnisse der Netzausgleichung bestätigten diese Annahme. Während sich bei der SPB-Variante, welche das gesamte Beobachtungsmaterial beinhaltete, Unsicherheiten für den Einzelpunkt von << 1 mm erzielen ließen, waren die Unsicherheiten beim RVS-Verfahren >2 mm. Dennoch zeigt sich, dass die Einzelpunktunsicherheiten nur einen begrenzten Abb. 3.1.1 -1: Reflektor am Radioteleskop T2 (SPB) kann durch Reduktion eine andere Messkonfiguration (Auswertung von nur einem Instrument oder Auswertung als räumlicher Vorwärtsschritt (RVS) durch Vernachlässigung der Streckenmessung) erzeugt werden. Am TWINT2 wurden für diesen Versuch pro Seite vier Reflektoren magnetisch angebracht. Die hierfür notwendigen Halterungen wurden von der Feinmechanischen Versuchswerkstatt (Referat G4) gefertigt – vgl. Abb. 3.1.1-1. Um eine gleichverteilte Punktwolke am TWINT2 zu gewährleisten, wurde ein Verfahrintervall von 10° in Elevation (0° - 110°) und 40° in Azimut (0° - 320° bzw. 20° - 340°) gewählt. Der zulässige Einfallswinkel im Reflektor limitiert die Basis zwischen beiden Instrumenten. Jahresbericht 2012 Einfluss auf den RP haben und u.a. durch eine gleichverteilte Punktwolke kompensiert werden (Tab. 3.1.1-1). Ferner wurde geprüft, inwieweit sich thermisch bedingte Höhenvariationen am TWINT2 bei der RP-Bestimmung erfassen und bei der Auswertung berücksichtigen lassen. Im 20m Radioteleskop (RTW) ist zum Erfassen der Höhenvariationen ein Invardraht gespannt. Konstruktionsbedingt ist dies beim TWIN-T2 nicht möglich. Daher wurde ein meteorologischer Datenlogger in der Teleskopkabine installiert, der während der Messkampagne die Innentemperatur aufzeichnete. Grundsätzlich lassen sich Längenänderungen mit einem materialspezifischen Ausdehnungskoeffizienten kompensieren. Das Hauptproblem besteht jedoch in der 27 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Tab. 3.1.1 1: Ermittelter Referenzpunkt SPB X [m] Y [m] Z [m] 99.9422 0.0004 172.5700 0.0003 38.3420 0.0005 RVS EPB-TS30 99.9422 0.0004 172.5700 0.0004 38.3422 0.0010 Erfassung der repräsentativen Temperatur. Da die Innentemperatur ausschließlich von der Außentemperatur beeinflusst wird, kann ihr latenter Verlauf stellvertretend als Materialtemperatur angenommen werden. Um die Güte der Kompensation zu beurteilen, wurde ein Dämpfungsparameter μ eingeführt. Anhand der geschätzten Summe der quadratischen Verbesserungen Ω lässt sich die Güte der Kompensation in Abhängigkeit des Dämpfungsparameters ableiten, siehe Abb. 3.1.1 -2 (links). 99.9423 0.0004 172.5701 0.0003 38.3420 0.0005 EPB-TCA 99.9423 0.0005 172.5700 0.0004 38.3422 0.0006 Ein Minimum lässt sich bei = 0,22 ermitteln und führt zu den in Abb. 3.1.1 -2 (rechts) dargestellten Verlauf (Blau) der Höhenvariationen. Da das Teleskopmonument vom TWINT2 mit dem des RTW in etwa identisch ist, sind ähnliche Höhenvariationen zu erwarten. In Abb. 3.1.1 -2 (rechts) sind daher zusätzlich die durch den Invardraht direkt messbaren Höhenänderungen (Magenta) geplottet, welche den abgeleiteten Dämpfungsparameter bestätigen. Abb. 3.1.1 2: Dämpfungsparameter vs. Verbesserungsquadratsumme (links), Höhenvariationen (rechts) Jahresbericht 2012 28 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme 3.1.2 International Laser Ranging Service (ILRS) Das ILRS-Analysezentrum (AC) des BKG prozessiert täglich SLR-Beobachtungen über sieben Tage mit der Berner GNSS-Software (BSW), um sowohl die verbesserten Koordinaten des terrestrischen Referenzrahmens (SLRF2008) als auch der Orientierung der Erde (EOP:IERS08C04) einschließlich der stochastischen und technikspezifischen Informationen im SINEX-Format an die Datenzentren CDDIS und EDC zu liefern. Wöchentlich werden zusätzlich die im fixierten Referenzrahmen von Koordinaten und Erdorientierung verbesserten Satellitenbahnen von LAGEOS-1/-2 und Etalon-1/-2 im SP3C-Format abgegeben. Die BSW-Entwicklung am Astronomischen Institut der Universität Bern umfasste ¬¬die Umstellung der Modelle gemäß den IERS Conventions (2010)2 , ¬¬die Implementierung von verfeinerten Mo- dellen (Albedo , atmospheric drag), ¬¬das Einrichten der BSW-SLR für die Teilnah- me am IERS Call for space geodetic solutions corrected for non-tidal atmospheric loading at the observation level. 2 IERS Technical Note No. 36 Von April bis Oktober 2012 wurden die Lösungen mit den geforderten Modellen des IERS Global Geophysical Fluids Centre (GGFC) im WEEKLY Modus (2006-2011) im geforderten Referenzrahmen prozessiert und termingerecht bereitgestellt. Die BKG-Lösungen und externe Datenmodelle wurden eigenen eingehenden Qualitätsprüfungen unterzogen, besondere Aufmerksamkeit gilt der Austauschbarkeit der editierten SLR-Beobachtungen in unterschiedlichen Berner SW-Versionen. Die GGFC-Reihe wird mit den Modellerweiterungen gemäß der IERS Conventions(2010) reprozessiert. Die Entstehung zeitveränderlicher MassenAuflasten auf der Erdoberfläche aufgrund von Luftdruckänderungen (Daten globaler Luftdruckfelder) haben durch die elastischen Eigenschaften der Erdkruste und des Mantels weiträumige Deformationen zur Folge. Die hier eingesetzten Grid-Datenmodelle Jahresbericht 2012 für die Stationsverschiebungen beinhalten die Reaktion der Erde auf nicht gezeitenbedingte atmosphärische Auflasten und wurden vom GGFC, nach Konvertierung in das BSW-Format, zur Verfügung gestellt. Das GGFC interpoliert die verwendeten Atmosphären-Modelldaten des ECMWF3 auf ein reguläres Grid mit einer festgelegten Auflösung. Dann wird die Auflastwirkung mittels Green-Funktionen berechnet. Für drei ausgewählte Epochen aus dem Jahr 2008 sind die Vertikalverschiebungen auf der Erdoberfläche in Abb. 3.1.2-1 dargestellt. Die Differenzen zweier unterschiedlicher Grid-Modelle mit Stationsverschiebungen als Wirkung nicht gezeitenbedingter atmosphärischer Auflasten wurden betrachtet. Zur Differenzbildung können neben den Verschiebungs-Modellwerten auch Unterschiede in der Grid-Architektur beitragen. Damit wurde die Frage nach einem einheitlichen Referenzdruck für die verschiedenen Datenmodelle aufgegriffen, der die Datenmodelle wie auch die in der SLR-Auswertung geschätzten Stationskoordinaten untereinander „vergleichbarer” macht. Mit einem entwickelten Testprogramm und einem globalen Reliefmodell der Erde wurden erste Untersuchungen begonnen, wie sich die Deformation (Vertikalverschiebung) an einem Punkt auf der Erdober3 The European Centre for Medium-Range Weather Forecasts Abb. 3.1.2-1a 29 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme 3.1.3 International VLBI Service (IVS) Datenzentrum Abb. 3.1.2-1b Abb. 3.1.2-1c Abb. 3.1.2-1 a-c: Zeitverhalten der Modell-Verschiebungen (vertikal), die in einen globalen Referenzrahmen unter atmosphärischer, nicht gezeitenbedingter Auflast eingeführt werden; Darstellung für drei Epochen (s. Legenden). fläche durch zeitliche Luftdruckvariationen ändert, wenn man anstelle z.B. des zeitlichen Mittelwertes der Luftdruckreihe für eine Station über die Epochen die ISO-Normatmosphäre4 als Druck-Referenz einführt. 4 DIN ISO 2533 (1979), Normatmosphäre Jahresbericht 2012 Das BKG erfüllt im Rahmen des IVS die Aufgaben eines sogenannten „Primary Global Data Center“. Alle damit im Zusammenhang stehenden Anforderungen wurden im Berichtszeitraum erfüllt. Die Datenbestände werden mehrmals täglich mit den anderen beiden Hauptdatenzentren des IVS (CDDIS – Crustal Dynamics Data Information System in Greenbelt in den USA und Observatoire de Paris in Frankreich) synchronisiert. Die Einspeisung neuer Datenbestände erfolgt über einen sogenannten Incoming-Bereich. Die für diese Prozesse notwendige Software (Incoming- und Mirrorsoftware) wurde den vom IVS modifizierten Anforderungen angepasst und entsprechend laufend gehalten. Neue Daten werden von den Korrelatoren (Datenbasen und Hilfsdateien) und den Analysezentren (Analyseprodukte) an jeweils eines der Datenzentren übergeben und über den Spiegelmechanismus auf das Gesamtsystem verteilt. Je nach Korrelationsdauer variieren die Versatzzeiten zwischen der Datenerfassung an den VLBI-Stationen und der Einspeisung in die Datenzentren. Für 24h-Experimente beträgt dieser etwa eine Woche, für ein Intensive-Experiment zwei bis drei Tage und für ein Intensive eVLBI-Experiment weniger als einen Tag. Neben dem IVS-Datenzentrum werden für eigene Analysearbeiten lokale Kataloge für Datenbasen und sogenannte Superfiles betrieben. Am Ende des Berichtszeitraumes befanden sich etwa 13369 Datenbasen der Jahre 1979 bis 2012 in diesem lokalen System. Analysezentrum Für die Analyse der VLBI-Experimente wird am BKG die Calc/Solve-Software, entwickelt am GSFC (Goddard Space Flight Center) in Washington, verwendet. Zurzeit wird die Programmversion vom 21.05.2010 verwendet. Zusätzlich zu der Originalversion ist eine modifizierte Version für den Einsatz der Vienna Mapping Function (VMF1) zur troposphärischen Modellierung in Gebrauch. Zu diesem Zweck musste der Quelltext einiger Programmteile geändert werden. Die VMF1-Daten werden täglich von der Technischen Universität Wien bezogen. Dort werden die Daten 30 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Geodäsie inzwischen sehr zuverlässig bereitgestellt. Calc/ Solve ist unter dem Betriebssystem LINUX auf einer virtualisierten Maschine installiert. Weiterhin wurden die vorhandenen eigenen Programme zur Datenbankverwaltung und zur partiellen Automatisierung der Auswerteprozesse weiterentwickelt. IERS C04-Reihe verglichen. In den Differenzen zur C04-Reihe sind keine signifikanten Unterschiede für den Zeitraum vor und nach dem Erbeben erkennbar (s. Abb. 3.1.3-1). Das Verfahren wurde Anfang 2012 in den technologischen Prozess zur Erzeugung der offiziellen UT1-Zeitreihe des BKG integriert. Bisher sind insgesamt 4048 Experimente im Beobachtungszeitraum vom 1.1.1999 bis Ende Dezember 2012 ausgewertet worden. Das IVS-Produkt EOP-Zeitreihe bkg00013 wurde fortgeführt. Die Hauptmerkmale dieser Lösung wurden gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Jedoch konnten drei neue VLBI-Stationen (HART15M in Südafrika, KOGANEI und UCHINOUR in Japan) erfolgreich in die Datenverarbeitung aufgenommen werden. Jede neue VLBI-Session vom Korrelator, die als Datenbasis Version 1 gekennzeichnet ist, wurde nach der interaktiven Auswertung jeweils in die Globallösung mit allen 24h-Experimenten seit 1984 integriert. Diese Globallösung basiert auf der gemeinsamen Schätzung aller Parametertypen. Die EOP-Zeitreihe bkg00013 ist ein Extraktionsprodukt daraus. Zurzeit werden 4391 VLBI-Experimente von Januar 1984 bis Dezember 2012 zur Ableitung der EOP-Reihe verwendet. Vom Eintreffen eines neuen vom Korrelator kommenden Experimentes im Datenzentrum bis zur Erzeugung der neuen EOP-Zeitreihe für das IVS werden ca. ein bis zwei Tage benötigt. Die IVS-Produkte „TRF- und CRF-Quartalslösung“ (TRF – Terrestrial Reference Frame; CRF – Celestial Reference Frame) wurden mit der Auswertestrategie unter „bkg00013“ fortgeführt. Die kontinuierliche Erstellung von UT1-Zeitreihen (Universal Time No. 1) für den IVS aus einstündigen „Intensive VLBI-Experimenten“ der Basislinien KOKEE (Hawaii, USA) – WETTZELL, KOKEE – WETTZELL – SVETLOE (Russland) wurde weitergeführt. Infolge eines Erdbebens in Japan am 11.03.2011 nahe der VLBI-Station TSUKUBA traten Stationsverschiebungen bis zu 67 cm auf. Die Stationsbewegungen nach dem Erdbeben zeigen einen anderen Verlauf als vor dem Erdbeben. Die VLBI-Gruppe des BKG entwickelte ein Verfahren zur bestmöglichen Bestimmung der Stationskoordinaten von TSUKUBA zu den Epochen der „Intensive Sessions Nr.2” für Basislinie TSUKUBA - WETTZELL und „Intensive Sessions Nr.3” für Netz NYALESUND (Norwegen) – TSUKUBA – WETTZELL. Die Ergebnisse der UT1-Schätzungen vor und nach dem Erdbeben wurden mit Werten der offiziellen Jahresbericht 2012 Die Erzeugung der Beobachtungspläne (schedules) für die Intensive-Beobachtungsreihe auf der Basislinie TSUKUBA–WETTZELL wurde von der VLBI-Gruppe des BKG fortgeführt und den Stationen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurden infolge des Japan-Erdbebens Beobachtungspläne für die Basislinie KOKEE–WETTZELL an den Wochenenden erstellt. Die VLBI-Gruppe des BKG beteiligt sich an der Erzeugung des IVS-Produktes „Troposphärenparameter“ in Form von SINEX Files für Troposphärenparameter der VLBI-Experimente von Januar 1984 bis Dezember 2012. Die Troposphärenparameter-Zeitreihe wurde aus der Globallösung bkg00013 extrahiert, mit jedem neuen 24h-Experiment fortgeführt und dem IVS zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden seit 2004 vom BKG tägliche VLBI-Sessionslösungen für EOP, Stations- und Radioquellenkoordinaten in Form von sogenannten „Daily SINEX Files“ geliefert. Vom IVS wurden diese Lösungen beginnend am 1. Januar 2007 als offizielle IVS EOPZeitreihe definiert. Derzeit wird der Zeitraum von Januar 1984 bis Dezember 2012 abgedeckt. Nach der durch den IVS Mitte 2007 erfolgten Definition einer neuen SINEX-Reihe für „Intensive VLBI-Experimente“ beteiligt sich auch die VLBI-Gruppe des BKG an der Erzeugung einer solchen Reihe. Sie dient der Bestimmung von „Intensive“ EOP und ist Basislösung für Kombinationstechniken. IVS-Kombinationszentrum Seit drei Jahren ist das BKG als Kombinationszentrum des IVS (IVS CC) verantwortlich für die Erstellung der Kombinationsprodukte. Dazu zählen die Auswertung der Rapid-Sessions, 24-Stunden-Experimente, die zweimal wöchentlich stattfinden, und die Erstellung von Langzeitreihen. Die Langzeitauswertung be31 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Abb. 3.1.3-1: Differenzen der UT1-UTC von „Intensive Sessionen Nr.2 und 3“ mit TSUKUB32 und offiziellen IERS C04 Werten vor und nach dem Erdbeben am 11.03.2011 in Japan inhaltet neben Zeitreihen von Erdrotationsparametern die Berechnung von Stationskoordinaten und Stationsgeschwindigkeiten. Beide Größen dienen zur Bestimmung eines Terrestrischen Referenzsystems von VLBI-Stationen (VTRF). Zurzeit liefern sechs IVS-Analysezentren Daten für die Kombination (BKG, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut (DGFI), Goddard Space Flight Center (GSFC, USA), Institute for Applied Astronomy (IAA, Russland), Observatoire de Paris (OPAR, Frankreich), United States Naval Observatory (USNO, USA)). Weitere Einrichtungen aus verschiedenen Ländern bemühen sich um die Aufnahme als IVS-Analysezentrum. Neben den bereits bestehenden Produkten konnten am BKG weitere Daten aufbereitet und das Produktangebot erweitert werden. Die positive Entwicklung des Kombinationszentrums innerhalb des IVS führte dazu, dass das BKG die Verantwortung für weitere Produkte vom IVS übertragen bekommen hat. Nachdem 2011 für die zeitgemäße Darstellung und Bereitstellung der Produkte die Webpräsenz komplett überarbeitet worden war, wurden 2012 die thematisch zusammengehörenden Ergebnisse der Rapid- und der Quarterly-Lösungen unter der Sub-Domain ccivs.bkg.bund.de vereint und die Homepage auf HTML5 und CSS3 umgestellt. Insbesondere durch die Umstellung auf einen PHP-basierten Webauftritt konnten Barrieren Jahresbericht 2012 abgebaut und der Informationsgehalt sowie die Funktionalitäten gesteigert werden. Der Hauptschwerpunkt der Arbeiten lag dabei auf der Darstellung der EOP-Zeitreihen und ihrer Qualitätsmerkmale sowie der Vergleich zu EOPErgebnissen des IGS aus GNSS-Beobachtungen und der EOP-Kombination aus verschiedenen geodätischen Raumverfahren. Abb. 3.1.3-2: Screenshot der Webseite des IVS Kombinationszentrums mit der Darstellung der Basislinienlänge und interaktiver Analysemöglichkeit. 32 Geodäsie 3.1. Grundsatzangelegenheiten, Globale Referenzsysteme Im vergangenen Jahr wurden zudem die Kombination von Stationskoordinaten ausgebaut und die Ergebnisse in Form von neuen Produkten dargestellt. Hierzu gehören die Darstellung der einzelnen Basislinienlängen zweier Stationen (Abb. 3.1.3-2), die Darstellung der jährlichen Variation der Höhenkomponente der einzelnen Stationen (Abb. 3.1.3-3) und die Bereitstellung und Darstellung des Terrestrischen Referenzrahmens aus VLBI Beobachtungen (VTRF). Neben der Datendatei können die Nutzer den Vergleich zum ITRF berechnen lassen und interaktiv einzelne Stationen aktivieren oder deaktivieren (siehe Abb. 3.1.3-4). Abb. 3.1.3-3: Screenshot mit der jährlichen Variation der Höhenkomponente mit interaktiver Analysemöglichkeit. Abb. 3.1.3-4: Screenshot der Ergebnisse zum VTRF mit interaktiver Analysemöglichkeit. Jahresbericht 2012 33 Geodäsie 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage 3.2 Nationale Referenzsysteme Lage Schwerpunkte der Arbeiten des Referats „Nationale Referenzsysteme – Lage“ waren die Weiterentwicklung von Echtzeit-Aktivitäten, der Netze GREF und DREF-Online (Deutsches Referenznetz-Online), die Erweiterung der Kombinationen der Teilnetze des EPN (EUREF-Permanentnetz, EUREF – Europäisches Referenznetz), echtzeitnahe Parameterschätzung, die Auswertung der GNSS-Messungen der deutschen Höhenkampagne, die Mitarbeit im Galileo-Projekt TGVF sowie die Beteiligung am Galileo Public Regulated Service (PRS). 3.2.1 tungen zu beauftragen. Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung zwischen dem BKG und den Bundesländern wurde Ende 2009 unterzeichnet. Das Netz umfasst derzeit 30 SAPOS®-Stationen, 29 GREF-Stationen des BKG sowie 15 weitere EPN/IGS-Referenzstationen im Deutschland und den Nachbarstaaten. Geodätisches Referenznetz GREF Die GNSS-Stationen (GNSS – Global Navigation Satellite System) des BKG werden in verschiedenen Netzen ausgewertet, u.a. gemeinsam in einem ca. 120 Stationen umfassenden Teilnetz des Europäischen Referenznetzes EPN sowie im Rahmen des SAPOS®-Bezugsrahmens unter der Bezeichnung DREF-Online (Projekt SAPOS®Koordinatenmonitoring). Die tägliche Analyse der GNSS-Beobachtungsdaten (GPS und GLONASS) im Post-Processing wird mit der Version 5.0 der Berner Auswertesoftware durchgeführt. Die Netze werden unter Berücksichtigung der präzisen Satellitenbahn- und Satellitenuhrdaten des IGS (International GNSS Service) und des Zentrums für Satellitenbahnbestimmung in Europa (CODE) tageweise berechnet und alle sieben Tage zu einer Wochenlösung zusammengefasst. Vorab werden die Netze mit den „Rapid“ Orbits vom IGS „vorausgewertet“. Als Ergebnis werden Koordinaten und Koordinatenzeitreihen in den Referenzsystemen ITRF2008/IGS08 und ETRS89 sowie auch Parameter der Laufzeitverzögerung durch die Troposphäre bereitgestellt. Für das Referenzsystem IGS08 wurde die neueste Aktualisierung IGR08 eingeführt. 3.2.2Der SAPOS® Bezugsrahmen DREFOnline Auf der 17. Tagung des Arbeitskreises Raumbezug am 16./17. Juni 2009 wurde der Beschluss gefasst, DREF-Online als Bezugsrahmen für das SAPOS-Koordinatenmonitoring im Regelbetrieb einzuführen und das BKG als Rechenstelle mit den regelmäßigen DREF-Online Auswer- Jahresbericht 2012 Abb. 3.2.2-1: DREF-Online Netzbild Es werden tägliche Netzlösungen im Post-Processing berechnet und als Wochenkombination einschließlich Koordinatenzeitreihen bereitgestellt (siehe Abb. 3.2.2-2). Im April 2012 fand der Dritte Workshop der Auswerter des Koordinatenmonitoring von SAPOS® und DREF-online beim BKG in Frankfurt statt. Schwerpunktthema war die Auswirkung von Änderungen in den Koordinaten der Referenzstationen aufgrund technischer Veränderungen und dem Bezug zum amtlichen System. Die wöchentlichen Ergebnisse des DREF-onlineNetzes des BKG werden seit Beginn des Jahres 2012 auch im webbasierten „SAPOS® Koordinatenmonitoring“ des Landes Baden-Württemberg als Zeitreihen dargestellt (siehe Abb. 3.2.2-2). 34 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage Geodäsie Stationen (Matera, Medicina, Ny Alesund, Onsala, Svetloe, Wettzell, Yebes und Zelenchukskaya) Vergleiche mit den Laufzeitverzögerungen aus VLBI-Beobachtungen. Diese werden aus der Kombinationslösung des Internationalen VLBIDienstes (IVS) bezogen. Obwohl der Vergleich auf den Kollokationsstationen vorhandene Höhenunterschiede zwischen den Sensoren nicht berücksichtigt, sind die Standardabweichungen der Differenzen mit 4.0 – 6.3 mm ZTD erfreulich gering. Abb. 3.2.3-1: Zeitreihe der Differenzen der Laufzeitverzögerungsparameter Radiosonde minus EPN-Kombination Abb. 3.2.2-2: SAPOS® Koordinatenmonitoring, Abweichungen der Wochenlösungen von den amtlichen Koordinaten 3.2.3 Europäisches Referenznetz EUREF Nach dem erfolgreichen Abschluss der Reprozessierung (Repro1) des GNSS-Netzes von EUREF (EPN – EUREF Permanent Network) im vergangenen Jahr lag ein Schwerpunkt in diesem Jahr auf der Umsetzung bzw. Visualisierung der Ergebnisse. Die Zeitreihen der Stationskoordinaten und der Troposphärenparameter auf der EPN-Webseite (http://www.epncb.oma.be) wurden durch die Repro1-Ergebnisse ersetzt bzw. erweitert, sofern die Ergebnisse erstmals zur Verfügung standen. So konnten beispielsweise dank der Kooperation von EUREF mit EUMETNET erstmals Radiosondendaten bis zurück ins Jahr 1996 für die Vergleiche der Troposphärenparameter berücksichtigt werden. Auf diese Weise wurden ca. 110 Stationen in diese Vergleiche einbezogen. Je näher die GNSS-Station und die Aufstiegsstation der Radiosonden beieinander liegen, desto besser ist die Übereinstimmung zu erwarten. Die systematischen Differenzen (Biase) zwischen den Radiosonden- und den GNSS-Lösungen schwanken zwischen plus acht und minus acht mm ZTD mit einem Mittel von unter einem mm ZTD bei einer mittleren Standardabweichung von knapp elf mm ZTD. Neu hinzugekommen sind für insgesamt acht Jahresbericht 2012 Abb. 3.2.3-2: Zeitreihe der Differenzen der Laufzeitverzögerungsparameter VLBI-Kombination minus EPN-Kombination 3.2.4 Echtzeitnahe Parameterschätzung Echtzeitnahe Schätzung (NRT) der Laufzeitverzögerung der Satellitensignale aufgrund der Permittivität und Permeabilität der in der Atmosphäre vorhandenen Materie ist die meist benutzte Anwendung für die Integration troposphärischer Zenit-Total-Verzögerung (ZTD) zur Bestimmung atmosphärischer Wasserdampfverteilung für die frühzeitige Prognose des künftigen Wettergeschehens. Seit 2000 ist das BKG an verschiedenen Projekten wie COST35 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage Geodäsie Aktion 716 (2001-2005) zur Wettervorhersage und Klimaforschung beteiligt. Seit dem Beginn der GPS-Woche 1176 (21.07.2002) beteiligt sich das BKG an dem Nachfolgeprojekt E-GVAP (EUMETNET -The Network of European Meteorological Services- GNSS Water Vapour Programme) mit einer eigenen Lösung an der stundenweisen Schätzung troposphärischer Laufzeitverzögerungen. Zurzeit läuft die zweite Phase des E-GVAP-Projektes unter dem Titel “E-GVAP II“. Das E-GVAP-Netz beinhaltet mehr als 1500 GNSS-Stationen, die meisten davon in Europa. Die Auswertung der Messdaten erfolgt durch rund 10 GNSS-Analysenzentren. Die berechneten ZTD-Werte für die Stationen werden durch verschiedene meteorologische Institutionen erst auf die Qualität hin geprüft und dann zur Validierung einbezogen. Abb. 3.2.4-2: Dauer der stündlichen Datenauswertung verkürzte sich beim neuen Rechner “fs075“ um ca. 12 Min Abb. 3.2.4-1: Das NRT-Netz des BKG Das NRT-Netz des BKG entsteht ca. aus 110 Stationen (Abb. 3.2.4-1). Im Rahmen der echtzeitnahen Parameterschätzung werden beim BKG zwei Varianten der Datenauswertung auf zwei verschiedenen Rechnern mit der Berner GNSS Software (BSW, Version 5.0) stundenweise parallel durchgeführt. Um die Dauer der Auswertung, die aus einem Datenblock für die jeweils letzten vier Stunden besteht (sog. „sliding window“-Technik) zu kürzen, wurde die Auswertetechnik auf einem neuen Rechner installiert. Somit verkürzte sich die Dauer der stündlichen Datenauswertung um ca. 12 Min. (Abb. 3.2.4-2). Jahresbericht 2012 In den letzten Jahren haben die aktuellen Entwicklungen im Bereich der EchtzeitdatenÜbertragung im IGS und EPN zu einer Reihe neuer Anwendungen geführt, darunter auch der Möglichkeit, die Laufzeitverzögerungen in Echtzeit mit Auflösung im Sekundentakt (RT) zu schätzen. Ein Vergleich von RT- und NRT-Lösungen, deren Datenauswertung mit der Software BNC (BKG Ntrip Client), RTNet (Real-time NETwork processing engine) und BSW5.0 durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass die NRT-Lösung bessere Positionierungs- bzw. ZTD-Genauigkeit als die Echtzeitlösungen mit BNC und RTNet aufweist. Die Differenz der berechneten ZTDWerte zwischen den NRT- und RTNet-Lösungen variiert bis zu 10 mm (Abb. 3.2.4-3), während eine größere Bandbreite bis zu 15 mm zwischen den NRT- und BNC-Lösungen vorhanden war (Abb. 3.2.4-4). Der Grund hierfür liegt, für die Datenauswertung mit BNC, zum Teil an nicht berücksichtigten Parametern in der Modellierung, wie die Phasenzentrumvariationen der Grundantennen, ozeanische Auflasteffekte, so wie die troposphärischen horizontalen Gradienten. 36 Geodäsie 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage sucht, ob die durch Einführung der Highrate-Files erzielte Genauigkeit der geschätzten Parameter ausreichen wird, die Auswertung in Richtung von Nowcasting für das zukünftige Wettergeschehen zu beschleunigen. 3.2.5DHHN2008-GNSS-Netz Abb. 3.2.4-3: Der Vergleich der NRT- und RTNet-Resultate. Die NRT-Lösungen mit BSW5.0 wurden stündlich berechnet, die Echtzeit-Resultate mit RTNet mit FünfSekunden-Datenrate ausgegeben Das Ziel der GNSS-Kampagne ist die bestmögliche Bestimmung der Höhen bzw. Höhendifferenzen der 250 Stationen des DHHN-GNSS-Netzes sowie die Anbindung dieses Netzes zu den regionalen und globalen Netzen, wie SAPOS-, GREF-, EPN- und IGS-Netze, durch die gemeinsame Auswertung der Daten ausgewählter Stationen in diesen Netzen (Abb. 3.2.5-1). Als Rechenstellen GNSS fungieren das BKG sowie der Landesbetrieb Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN). Die Auswertung beim BKG erfolgte mit der Berner GNSS Software (Version 5.0) durch Einführung der 1Hz-GNSS-Daten sowie der nach dem Roboterverfahren bestimmten absoluten Kalibrierwerte der Antennenphasenzentrumsvariationen (PCV). Die Auswertestrategie der Daten erfolgte gemäß der Vereinbarung der Rechenstellen BKG und LGN mit Einführung der GNSSBahndaten nach den EUREF-Kriterien. Abb. 3.2.4-4: Der Vergleich der NRT- und RT-Resultate. Die NRT-Lösungen mit BSW5.0 wurden stündlich berechnet, die Echtzeit-Lösungen mit BNC im Sekundentakt ausgegeben. Die Differenz der ZTD-Werte zwischen den beiden Lösungen variiert bis zu 15 mm, ausgenommen ein Ausreiser von 25 mm. wn3 bedeutet, dass für die Signal-Schwankung (white noise) bei der Kalman-Filterung der Wert 36 mm pro Stunde festgelegt wurde. Seit 2009 läuft parallel eine weitere echtzeitnahe Stundenauswertung, die bei E-GVAP II als Testlösung ‚bkgh‘ mitgeführt wird. Der wesentliche Unterschied zur Routineberechnung besteht in den verwendeten RINEX-Dateien, die für die Lösung des ‚bkgh‘ aus Echtzeitströmen der Highrate-Daten mittels des Programms BNC erzeugt werden. Diese sog. Highrate-Files werden für ca. 120 Stationen der regionalen und globalen Netze mit einer Datenrate von 1 Hz und einer Länge von 15 Minuten erzeugt und in das BKG-Datenzentrum hochgeladen. Durch diese bislang ebenfalls stündlich durchgeführte Berechnungsvariante wird unter- Jahresbericht 2012 Nachdem in den vergangenen Jahren in mehreren Schritten das Auswertenetz vergrößert wurde, um jeweils bestehende Differenzen zwischen den beiden Lösungen der Rechenstellen identifizieren zu können, sollen in der abschließenden Phase der Auswertung zusätzlich die verfügbaren Permanentstationen in Deutschland und den Nachbarländern an das Bodenstationsnetz angeschlossen werden. Somit wird die Anzahl der zur Auswertung eingeführten Stationen von 250 auf 601 erhöht (Abb. 3.2.5-2). Weiterhin wurde aufgrund einer Vereinbarung vom Dezember 2011 eine erweiterte Anzahl von Stationen über den gesamten Beobachtungszeitraum ausgewertet. Die kombinierten freien Lösungen beider Rechenstellen, die durch die Kombination aller freien Tageslösungen entstanden sind, wurden mit Hilfe von dreidimensionalen HelmertTransformationen miteinander verglichen. Der Vergleich des vollständigen Netzes lieferte für wenige Stationen einige systematische Abweichungen, deren Ursache in unterschiedlichen 37 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage Geodäsie 3.2.6 Echtzeit-Aktivitäten Abb. 3.2.5-1: Lage der Stationen des DHHN-2008-GNSS Netzes zusammen mit den ausgewerteten Permanentstationen Die hauseigene Software BNC (BKG Ntrip Client) wurde u.a. um die Komponente „RINEX Editing & QC“ erweitert. Somit stehen nun Funktionen zum Editieren und zur Qualitätskontrolle (quality check) von RINEX-Dateien zur Verfügung. Zu den wichtigsten Merkmalen im Bereich „Editing“ zählt das Zusammenfügen von mehreren Dateien, das Konvertieren von Dateien der Version 3 nach Version 2 und vice versa sowie die Möglichkeit Header-Informationen komfortabel zu korrigieren. Weiter können zu Zwecken der Qualitätskontrolle von RINEX-Dateien eine Zusammenstellung aller wichtigen Informationen (Anzahl der Beobachtungen, Anzahl der Satelliten, etc.) sowie verschiedene Graphiken erzeugt werden. Dazu gehören Multipath-Plots (s. Abb. 3.2.6-1), die die Mehrwegeffekte auf einer Station kenntlich machen sowie signal-to-noise-Plots zum Aufzeigen des Messrauschens der Satellitensignale. Es folgen noch Graphiken zur Darstellung der Verfügbarkeit von Satellitensignalen (satellite availability) und der 3d-Positionsgenauigkeit (PDOP). Hervorzuheben ist die Tatsache, dass BNC derzeit das einzige frei verfügbare Programm ist, das diese Funktionalität auch für Dateien der neuesten, dritten RINEX-Version anbietet. Abb. 3.2.6: Darstellung einer Multipath Analyse für Station dlf1 (Delft/NL) für GPS-Signale L1 und L2 für den 06.10.2012 Abb. 3.2.5-2: Übersicht über die Anzahl von ausgewerteten Sessions pro Station. Nicht im Bild sind die Stationen GRAS und MATE. Meta-Daten gefunden und beseitigt werden konnte. Die mittlere Abweichung der Restklaffungen der endgültigen Lösung des BKG mit der letzten des LGLN beträgt nach der Helmert-Transformation 0.9 mm für die Nord- und Ost-Richtungen sowie 2.5 mm für die Höhe. Jahresbericht 2012 Der Internationale GNSS-Service (IGS) initiierte das Multi-GNSS-Experiment (M-GEX) um Beobachtungen der kommenden neuen globalen Satellitensysteme wie Galileo, QZSS, SBAS, und Compass sowie Daten von GPS und GLONASS zu sammeln, zu verarbeiten und zu analysieren. Den Echtzeit-Datenfluss koordiniert dabei die IGS Echtzeit-Arbeitsgruppe, zu der auch das BKG gehört. 38 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage Ein wesentliches Element für den Datenfluss ist ein vom BKG eigens für das M-GEX Projekt betriebener Ntrip Caster (http://mgex.igs-ip. net:2101). Auf diesen Caster werden die Beobachtungen vorzugsweise im proprietären Format des jeweiligen Herstellers hochgeladen. Das BKG betreibt ein Konvertierungstool, welches ¬¬Datenströme in proprietären Formaten bezieht, Geodäsie 3.2.8 Galileo Public Regulated Service Der Galileo Public Regulated Service (PRS) ist einer von ursprünglich fünf Diensten, die für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo geplant worden waren. Bereits die In-OrbitValidation (IOV)-Satelliten verfügen neben dem offenen Dienst über eine PRS-Funktionalität. Der Galileo PRS ist ein verschlüsselter Dienst und wird einem eingeschränkten Nutzerkreis zur Verfügung stehen. Er soll sich insbesondere durch Robustheit gegenüber gewollten und ungewollten Störungen und Täuschungen auszeichnen. ¬¬diese in das High Precision Multiple Signal Message (HP MSM)-Format konvertiert und die ¬¬HP MSM Datenströme zurück auf den M-GEX Caster schickt, von wo sie abgerufen werden können. 3.2.7 Symposium “PPP-RTK and Open Standards” Am 12. und 13. März dieses Jahres veranstaltete das BKG ein internationales Symposium unter dem Titel „PPP-RTK and Open Standards“. Rund 180 Teilnehmer aus vier Kontinenten folgten der ausgewogenen Mischung aus wissenschaftlichen und anwendungsorientierten Vorträgen. Kam erwartungsgemäß ein großer Teil der Zuhörer aus Deutschland, so war insbesondere die verhältnismäßig große Zahl von Teilnehmern aus Asien erfreulich. Die präzise Einzelpunktbestimmung in Echtzeit ist auf dem besten Wege, sich als Alternative zu den bestehenden differentiell arbeitenden Verfahren zu etablieren. Ein wesentliches Element ist die Bereitstellung von geeigneten Korrekturparametern. Um deren Verbreitung und Akzeptanz zu fördern, ist es notwendig, die wesentlichen Korrekturparameter zu definieren, zu modellieren und anschließend zu standardisieren. Für die wichtigsten Parameter, Satellitenbahn- und -uhrenkorrektionen, ist dies bereits geschehen, für weitere Parameter wie Laufzeitverzögerungen und Mehrdeutigkeitsschätzungen steht die Standardisierung noch aus. Zu finden sind die Vorträge und Poster des Symposiums auf der Webseite des BKG, http://igs. bkg.bund.de/ntrip/symp#PresentationFiles. Jahresbericht 2012 Bereits seit 2011 befasst sich die Bundesregierung auf Staatssekretärsebene mit der Umsetzung des Galileo PRS. Mitte dieses Jahres wurde unter der Federführung des BMI eine Studie über ein Grobkonzept in Auftrag gegeben. In seiner aktiven Mitarbeit an der Erstellung der Studie ist das BKG insbesondere für den Abschnitt „Monitoring und Validierung des PRSDienstes“ verantwortlich. Nach Abschluss der Studie wird im Frühjahr 2013 über den Fortgang der Arbeiten entschieden, die mittelfristig zum Aufbau einer sogenannten PRS-Teststellung ab 2016 führen sollen. 3.2.9TGVF Mitte 2012 wurde das Projekt „Time & Geodesy Validation Facility“ (TGVF) offiziell beendet. Das aus fünf Organisationen bestehende Konsortium (neben BKG GeoForschungsZentrum Potsdam, Astronomisches Institut der Universität Bern, ESOC, IGN Paris) führte bis dahin die ihm vom Hauptauftragnehmer der ESAübertragenen Aufgaben zur Bestimmung präziser geodätischer Parameter im Post-Processing auf wöchentlicher Basis aus. Das BKG war dabei für drei Teilaufgaben verantwortlich: ¬¬Combination Facility for Troposphere (CF- TRO): Kombination der troposphärischen Parameter der Laufzeitverzögerung. ¬¬Combination Facility for Ionosphere (CF- ION): Kombination der Parameter der ionosphärischen Laufzeitverzögerung. Dieses Arbeitspaket umfasste ebenfalls die Kombination der differentiellen Codebeobachtungen. 39 3.2. Nationale Referenzsysteme Lage Geodäsie ¬¬Validation Facility (VF): Validierung aller Er- gebnisse der verschiedenen Kombinationsprodukte. In der zweiten Jahreshälfte führte das Konsortium erfolgreich Verhandlungen mit Hauptauftragnehmer der ESA über eine Verlängerung des Projektes bis Mitte 2013 auf. Darüber hinaus wurde mit Vorbereitungen zu einer Beteiligung des Konsortiums an möglichen Ausschreibungen für die nächste Phase des Galileo-Projektes nach dem Sommer 2013 begonnen. Jahresbericht 2012 40 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe Geodäsie 3.3 Nationale Referenzsysteme Höhe Das Aufgabengebiet des Referates „Nationale Referenzsysteme – Höhe“ umfasst die Realisierung von Höhenreferenzsystemen im nationalen und europäischen Rahmen, die Bestimmung dazu konsistenter regionaler Schwerefeld- und Quasigeoidmodelle sowie die Bereitstellung von Informationen über europäische Koordinatenreferenzsysteme und über geodätische Beobachtungssysteme. Am geodätischen Referenznetz GREF beteiligt sich das Referat durch den Betrieb und die Wartung der GNSS-Stationen, die Anlage und die Beobachtung geodätischer Sicherungsnetze sowie den Anschluss der Stationen an das Höhenfestpunktfeld. Die Arbeiten der Rechenstelle zur Auswertung der Nivellementsmessungen im Rahmen der Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes sowie die Umrüstung des GREF-Stationsnetzes für den Empfang von Signalen des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo wurden fortgesetzt. Seit Januar 2012 wird die neue Version des German Combined Quasigeoid (GCG2011) über das Geodatenzentrum vertrieben. Der Internetauftritt zum GCG wurde überarbeitet und erweitert. Neben der Berechnung von Quasigeoidhöhen können Schwerewerte prädiziert werden. Mit den Arbeiten an dem Nachfolgemodell des GCG2011, das im Rahmen des AdV-Projektes zur Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes entstehen wird, wurde begonnen. Im Mittelpunkt stand die weitere Verbesserung der Datenbasis. In Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) und dem Institut für Seenforschung Langenargen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) wurde im Oktober 2012 eine seegravimetrische Vermessung des Bodensees durchgeführt. Im Rahmen eines von der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) geförderten Projektes wurden im Verbund mit mehreren internationalen Partnern Untersuchungen zur Vereinheitlichung nationaler Höhenreferenzsysteme unter Nutzung von Daten der Satellitenschwerefeldmission GOCE durchgeführt. Die Arbeiten am einheitlichen europäischen Nivellementsnetz wurden durch die Einbeziehung russischer Nivellementsdaten fortgeführt. Mit Hilfe dieser Daten und entsprechender Verbindungsmessungen zu Finnland war es möglich, eine Schleife um die Ostsee den sogenannten Baltischen Ring zu schließen. Der Schleifenschlussfehler betrug 46 mm bei einem Gesamtumfang der Schleife von ca. 7000 km. Als eine von zwei Rechenstellen zur Auswertung der Nivellements beteiligte sich das BKG an den Arbeiten an dem AdV-Projekt zur Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes (DHHN). Die Arbeiten erfolgten in enger Zusammenarbeit mit der Rechenstelle der Vermessungsverwaltung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Jahresbericht 2012 Das Stationsnetz GREF wurde um eine Station auf dem Gelände des Flughafens Augsburg ergänzt. Im September 2012 wurde dazu ein Antennenpfeiler auf dem Flughafengelände errichtet. 3.3.1Höhenbezugssysteme In Abstimmung mit den Ländern führte die Rechenstelle am BKG die Laufendhaltung des Netzentwurfes des DHHN einschließlich der DHHN-internen Liniennummerierung fort. Der ursprüngliche Netzentwurf zur Erneuerung des DHHN konnte um weitere Linien ergänzt werden und hatte im November 2012 einen Umfang von 29 500 km. Etwa 89 % der Linien des DHHN92 werden wiederholt gemessen. Zusätzlich wurden von mehreren Ländern Messungen in das Netz eingebracht, die im DHHN92 (1. Ordnung) nicht enthalten waren. Dadurch erreicht der Gesamtumfang der bereits gemessenen bzw. noch geplanten Linien etwa 112 % der Länge der gemessenen Linien im DHHN92. Mit Stand November 2012 wurden 28 600 km Nivellementsstrecken abgegeben. Davon sind 27 200 km Messungen auf der Linie, der Rest sind Kontrollmessungen, Überschläge und Stichmessungen. Die abgegebenen Messungen entsprechen etwa 92 % aller geplanten Linien. Die Messungen sind in fast allen Ländern abgeschlossen, nur in Bayern sind noch Messungen auf einigen nachträglich geplanten Linien bzw. Nachmessungen auszuführen. Der Termin der Datenabgabe Dezember 2012 konnte von fast allen Ländern gehalten werden, einige Länder 41 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe haben eine Abgabe für Ende Januar angekündigt. Im Jahr 2012 wurde am BKG die Programmierung eines Moduls zur Suche von Nivellementsschleifen abgeschlossen. Dadurch ist die Rechenstelle am BKG jetzt in der Lage, unabhängig von der Rechenstelle in NRW automatisch Schleifen zu ermitteln. Das Programm kann auch für die Suche von Schleifen im europäischen Nivellementsnetz eingesetzt werden. Die Schleifenwidersprüche aus bereits abgegebenen Linien wurden zur Kontrolle der erreichten Messgenauigkeit herangezogen. Abb. 3.3.1-1 zeigt die Größenordnung der Schleifenschlussfehler mit Stand Oktober 2012. Die geforderte Genauigkeit für den Schleifenschluss (Zu = ±2•√U , U = Schleifenumfang in km, Zu in mm) wurde für alle Schleifen eingehalten. Geodäsie Standardabweichung von 0.66 mm/km-1. Dabei wurde eine Linie in Bayern als Ausreißer erkannt und gestrichen. Die Linie wurde von Bayern bereits nachgemessen und soll zeitnah wieder an die Rechenstellen übergeben werden. Auf dem Strategieworkshop 2011 in Hannover wurde beschlossen, zusätzlich zu den bereits favorisierten unterirdischen Nivellementshauptpunktgruppen der Länder (LNH) auch eine Auswahl von Geodätischen Grundnetzpunkten und Referenzstationen als Datumspunkte heranzuziehen. Es wurden Vorschläge für geeignete Stationen von den Ländern eingeholt. Die Stabilität der vorgeschlagenen Punkte wurde durch Vergleich der Messungen der beiden letzten Epochen im Umkreis von jeweils mindestens 5 km überprüft. Zusätzlich wurde die Stabilität der gesamten Linie durch Vergleich der aufsummierten gemessenen Höhenunterschiede der verschiedenen Epochen zur Entscheidung herangezogen. Die Auswahl der Datumspunkte steht kurz vor dem Abschluss – eine endgültige Entscheidung wird jedoch erst nach Abgabe aller Messungen und den daraufhin möglichen Testausgleichungen gefällt. Für die Höhenunterschiede im Nivellementsnetz wurden Korrektionen für die FesterdeGezeiten (zeitlich variabler Anteil und konstanter Anteil) in verschiedenen Gezeitensystemen berechnet (mean, zero, non tidal). Die Ausgleichung der bereits abgegebenen Messungen mit angebrachter Gezeitenkorrektion (mean tide) ergab eine geringfügige Verbesserung der a posteriori-Standardabweichung von 0.66 mm/ km-1 auf 0.65 mm/km-1. Die berechneten Gezeitenkorrektionen werden der Rechenstelle in NRW für die Verwendung in der endgültigen Ausgleichung zur Verfügung gestellt. Abb. 3.3.1 1: Bereits geschlossene Schleifen im DHHN 2006-2011 (Stand Oktober 2012) Das BKG beteiligte sich aktiv an der Planung und Durchführung des jährlichen Nivellementsworkshops, der dem Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen der DHHN-Projektgruppe, den Rechenstellen und den Innenund Außendienstverantwortlichen der Länder dient. Eine weitere Kontrolle der erreichten Messgenauigkeit wird durch die vorläufige Ausgleichung der bereits abgegebenen Linien erreicht. Die Ausgleichung der bis November 2012 abgegebenen Messungen ergab eine a posteriori- Die Arbeiten zur Weiterentwicklung des europäischen Höhennetzes und zur Laufendhaltung und Pflege der Datenbank des United European Levelling Network (UELN) wurden fortgeführt. Seit der Ausgleichung des EVRF2007 waren Jahresbericht 2012 42 Geodäsie 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe neue Daten von Russland (2009), Lettland (2011) und Spanien (2012) eingegangen. Finnland stellte 2012 die Verbindungsmessungen nach Russland zur Verfügung. Dadurch war es möglich, das Russische Netz in das UELN zu integrieren und die Schleife um die Ostsee („Baltischer Ring“) mit einem Umfang von ca. 7000 km mit einem Schleifenwiderspruch von 46 mm zu schließen. Der durch die neue Ausdehnung des UELN mögliche Vergleich der Bezugspegel Amsterdam und Kronstadt ergab einen Höhenunterschied von 150 mm im „mean tidal“ System. Für Vergleiche von Höhen verschiedener nationaler Höhensysteme ist die Kenntnis der relativen Verschiebungen des Nullpunktes un- und dem National Oceanography Centre Liverpool an diesem Projekt beteiligt. Ziel des Projektes ist es, das Potential der GOCE-Mission für die Berechnung von physikalischen Höhen aus mit GNSS bestimmten ellipsoidischen Höhen und die Verknüpfung nationaler Höhensysteme mit GOCE-Produkten zu demonstrieren. Abb. 3.3.1-2 zeigt eine Prinzipskizze zu dieser Fragestellung. Unter Verwendung von ellipsoidischen Höhen (z.B. im ETRS89) und physikalischen Höhen in einem nationalen Höhenreferenzdatum (z.B. DHHN92) auf GNSSNivellementspunkten und eines geeigneten Geoidmodells lassen sich die Offsets ΔA und ΔB bezüglich dieses Geoidmodells ableiten. Diese Offsets erlauben dann die Verknüpfung zwi- Abb. 3.3.1-2: Prinzip der Verknüpfung von Höhensystemen mit Hilfe eines Geoidmodells erlässlich. Aus den Analysen des europäischen Nivellementsnetzes zum EVRF2007 wurden solche relativen Offsets bereits berechnet und im Information and Service System for European Coordinate Reference Systems (CRS-EU) veröffentlicht. Im Rahmen eines Support to Science Elements (STSE) finanziert die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) Untersuchungen zur Nutzung der Satellitenschwerefeldmission GOCE für die Vereinigung von Höhensystemen. Das BKG ist mit der TU München, der Universität Calgary Jahresbericht 2012 schen den beiden nationalen Referenzrahmen A und B. In einer Studie wurden zwei globale, auf GOCEBeobachtungen basierende Schwerefeldmodelle, das GOCE03S und das GOCE Timewise, Release 3, genutzt. Um die räumliche Auflösung, die bei diesen Modellen mit etwa 100 km angegeben werden kann, zu erhöhen, wurden sie mit den hochaufgelösten Modellen EGM2008 bzw. EGG08 kombiniert und als Grundlage für die Vereinheitlichung von nationalen Höhensystemen in Europa verwendet. Für die Schät43 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe zung der Offsets wurden ellipsoidische Höhen und nationale physikalische Höhen verwendet, die im Rahmen des EUVN_DA-Projektes bereitgestellt wurden. Der Datensatz umfasst mehr als 1300 Punkte in 23 europäischen Ländern. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Verknüpfung nationaler, europäischer Höhensysteme mittels globaler GOCE-basierter Schwerefeldmodelle mit einer Genauigkeit von etwa 5 cm erfolgen kann. Damit hat GOCE die Nutzbarkeit globaler Schwerefeldmodelle für derartige Anwendungen signifikant verbessert. Durch die Verknüpfung mit hochauflösenden Geoidmodellen kann diese Genauigkeit weiter gesteigert werden. Darüber hinaus erlauben derartige Analysen, Aussagen über die Genauigkeit der einzelnen Datensätze zu treffen. Unter der Annahme, dass die Genauigkeit des Geoidmodells und der ellipsoidischen Höhen sich gut quantifizieren lassen, können damit erstmals unabhängige Aussagen über die Qualität nationaler Nivellementsnetze getroffen werden. 3.3.2 Bestimmung regionaler Schwerefeld- und Geoidmodelle Nachdem die Arbeiten zur Berechnung der aktuellen Höhenbezugsfläche (Quasigeoidmodell) für Deutschland im Jahr 2011 abgeschlossen werden konnten, wird das German Combined Quasigeoid 2011 (GCG2011) seit Januar 2012 über das Geodatenzentrum des BKG vertrieben. Neben dem Vertrieb als gitterbasiertes Modell wurde es in die spezifischen Datenformate verschiedener Gerätehersteller konvertiert, um den direkten Einsatz des Modells in Feldmessgeräten für die praktische Vermessung zu ermöglichen. Geodäsie Die nächste Version des GCG ist im Zusammenhang mit der Fertigstellung der Arbeiten zur Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes (DHHN) im Rahmen der AdV geplant. Die satellitengestützte Höhenbestimmung mit dem Satellitenpositionierungsdienst SAPOS® setzt eine zum neuen Höhenreferenzrahmen passfähige Höhenbezugsfläche voraus. Nach Abschluss der Arbeiten zur Entwicklung des Modells GCG2011 wurde im Jahr 2012 mit den Arbeiten an einem Nachfolgemodell begonnen. Diese Arbeiten konzentrierten sich im Jahr 2012 vor allem auf: ¬¬ Untersuchungen zum Schließen von Datenlücken in den gravimetrischen Daten zur lokalen Verbesserung der Qualität. Insbesondere die im Zusammenhang mit der Energiewende zunehmende Bedeutung von Offshore-Bereichen in Nord- und Ostsee unterstreicht die Notwendigkeit einer Erhöhung der Genauigkeit im Meeresbereich. ¬¬ Weiterentwicklung der Methoden der Schwerefeld-/Geoidbestimmung durch Untersuchungen der direkten Einbeziehung von Daten der Satellitenschwerefeldmissionen (GOCE) in die Modellierung. Um der wachsenden Bedeutung eines exakten Höhenbezugs im Offshore-Bereich gerecht zu werden, wurden seegravimetrische Daten aus dem Bereich Nord- und Ostsee vom Bureau Gravimétrique International (BGI) in Frankreich beschafft. Es wurde damit begonnen, diese über 100 000 Beobachtungsdaten zu validieren und schrittweise in die bestehende Datenbasis zu integrieren. Abb. 3.3.2 1: Gravimetrische Datenbasis in Nord- u. Ostsee (Stand 2011 links, zusätzliche Daten vom BGI rechts) Jahresbericht 2012 44 Geodäsie 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe Um die Datenbasis des GCG weiter zu verbessern, wurden im Jahre 2012 weitere gravimetrische Vermessungen durchgeführt. Dabei konzentrierten sich die Aktivitäten auf Gebiete, in denen bislang nur sehr wenige oder gar keine Schweredaten vorliegen, bzw. auf die Verifizierung relativ alter Schweredaten, die oft nur eine unzureichende Genauigkeit in der Georeferenzierung der Messpunkte aufweisen. In Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum Potsdam GeoForschungsZentrum (GFZ) und dem Institut für Seenforschung Langenargen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) wurde dazu im Oktober 2012 eine seegravimetrische Vermessung des Bodensees mit dem Schiff „Kormoran“ vorgenommen (Abb. 3.3.2-2). Abb. 3.3.2 4: Gravimeter des GFZ Abb. 3.3.2 2: Beobachtungsschiff der LUBW In diesem ca. 530 km2 großen Gebiet - für das bisher fast keine Schweredaten für die Geoidmodellierung zur Verfügung standen - erfolgten Profilmessungen mit einer Gesamtlänge von über 320 km (Abb. 3.3.2-6). Zum Einsatz Abb. 3.3.2 3: Einmessungsarbeiten mit der Totalstation Jahresbericht 2012 kam ein-Gravimetersystem des GFZ (Abb. 3.3.24). Die exakte Georeferenzierung des Schiffes erfolgte durch drei GNSS-Antennen an Bord unter Verwendung 1-sec-Registrierungen dreier benachbarter permanenter GNSS-Stationen aus dem SAPOS®-Netz von Baden-Württemberg und Bayern und weiterer vier GNSS-Stationen aus der Schweiz und aus Österreich. Die Einmessung der verschiedenen Sensoren an Bord des Schiffes (GNSS, INS, Gravimeter) und die Bestimmung der Exzentrizitäten in Bezug auf das Gravimetersystem erfolgte mit einer Totalstation (Abb. 3.3.2-3). Die Anbindung der schiffsgravimetrischen Relativmessungen an das deutsche terrestrische Schwerenetz wurde durch Anschlussmessungen an benachbarte Schwerefestpunkte der Landesvermessung (Abb. 3.3.25) mit einer Genauigkeit von besser als 40 Gal realisiert. Abb. 3.3.2 5: Anschlussmessungen an Land 45 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe Geodäsie Abb. 3.3.2 6: Profile der Vermessungskampagne auf dem Bodensee Eine erste vorläufige Auswertung von zwei doppelt vermessenen Profilen zeigt, dass bei ruhigem Wetter mit dem eingesetzten Gravimeter reproduzierbare Genauigkeiten von deutlich unter 1 mGal erzielt werden können, wobei die räumliche Auflösung besser als 400 m entlang der Profile ist. Die Auswertung der Vermessung wird Anfang 2013 abgeschlossen. In Verbindung mit den Bathymetriedaten des Instituts für Seenforschung werden damit neue Informationen über die Feinstruktur des Erdschwerefeldes im Bodensee-Areal zur Verfügung stehen. 3.3.3 Geodätische Informationssysteme und Georeferenzierung Für interne und externe Nutzer werden Websites betrieben, die der Außendarstellung der Produkte, dem Produkt- bzw. Projektmanagement dienen und die Informationen für die Georeferenzierung in Deutschland und Europa liefern (s. Tabelle 3.3.3). Im Berichtszeitraum wurde eine Webanwendung für die Prädizierung von Schwerewerten entwickelt und bereitgestellt. Die Anwendung basiert auf den im Inlandsbereich vorliegenden Schweremessungen und ermöglicht, an belie- Jahresbericht 2012 bigen Positionen innerhalb Deutschlands die Schwerebeschleunigung mit einer Genauigkeit von ca. 1 mgal (im Hochgebirge 2 mgal) zu bestimmen. Für die Bearbeitung des ESA Projektes GOCE+ HSU – Nutzung der Ergebnisse der Satellitenmission GOCE für die Vereinheitlichung von Höhensystemen – wurde die Website nach anfänglich nur autorisierter Nutzung öffentlich verfügbar gemacht. Als zentrales Dokumentations- und Informationssystem erfolgten entsprechend des Bearbeitungsfortschritts fortlaufende Aktualisierungen. Auch wurden neue Bereiche hinzugefügt, wie zum Beispiel die Beschreibung der verwendeten Projektdaten. Die Anzahl der Einträge der zum Projekt gehörenden Literaturdatenbank erhöhte sich auf 300. Alle weiteren Websites wurden entsprechend den Erfordernissen laufendgehalten und verbessert. Dabei erfolgten partielle Strukturverbesserungen, neue Menüpunkte wurden eingeführt, Zusatzinformationen bereitgestellt und auch Inhalte kompakter und übersichtlicher dargestellt. 46 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe Geodäsie Tab. 3.3.3: Websites für interne und externe Nutzer GREF Webseiten Beschreiben die prinzipielle Struktur und die Aufgaben des Netzes, den Aufbau und die Ausrüstung der Stationen sowie die verschiedenen Messverfahren an den Stationen GREF Informationssystem (In- internes Informations- und Dokumentationssystem für den Betrieb der tranet) grefnet.bkg BKG-Stationen des Referenznetzes GREF EVRS – European Vertical Refe- Beschreiben das European Vertical Reference System EVRS als gesamtrence System europäisches Höhensystem mit seinen Realisierungen EVRF2000 und www.bkg.bund.de/evrs EVRF2007 ECGN – European Combined Projektseiten für die Schaffung eines integrierten europäischen RefeGeodetic Network renznetzes ECGN gref.bkg.bund.de www.bkg.bund.de/ecgn CRS-EU – Coordinate Reference Systems in Europe Informationssystem für europäische Koordinatenreferenzsysteme mit den Beschreibungen der nationalen europäischen und gesamteuropäwww.crs-geo.eu ischen Koordinatenreferenzsystemen für Lage und Höhe sowie Transformationsparametern Geoidhöhenberechnung www. Berechnung von nivellitischen Höhen aus ellipsoidischen Höhen unter bkg.bund.de/geoid Verwendung des Geoidmodells GCG2011 für Einzelpunkte Schwerewertberechnung www.bkg.bund.de/schwere GOCE+ HSU www.goceplushsu.eu AdV-Registry (in Entwicklung) Abb. 3.3.3: Jahresbericht 2012 Berechnung von Schwerewerten aus Lagekoordinaten und physikalischer Höhe für Einzelpunkte Projektseiten für das ESA Projekt „Height System Unification with GOCE“ Register für Koordinatenreferenzsysteme in Deutschland (in Zusammenarbeit mit der AdV) Screenshot der Webanwendung Schwerewertberechnung 47 3.3. Nationale Referenzsysteme Höhe 3.3.4 Geodätisches Referenznetz GREF Das Integrierte Geodätische Referenznetz GREF dient der Realisierung und Laufendhaltung des einheitlichen geodätischen Raumbezugs in Deutschland. Gegenwärtig umfasst das GREFStationsnetz 25 Stationen. Die GNSS-Daten von GREF-Stationen werden auch für europäische und internationale Referenzstationsnetze bereitgestellt. An sechs Stationen wurden zur Prüfung der Vermarkungsstabilität turnusgemäß Kontroll- bzw. Sicherungsmessungen durchgeführt. Die Kontrollmessungen wurden in enger Anlehnung an vorherige Messepochen durchgeführt. Im Einzelnen betraf das die Stationen in Bad Homburg, Dillingen, Frankfurt a.M., Helgoland (Unterland), Karlsruhe und Moxa. Je nach örtlicher Begebenheit wurden zur durchgreifenden Prüfung neben der präzisionsnivellitischen Bestimmung zusätzlich trigonometrische Messungen durchgeführt. Geodäsie die Höhenunterschiede zwischen diesen Punkten und der GREF-Station nivellitisch bestimmt. Zur Gewährleistung bzw. Wiederherstellung der Stationsfunktionalität waren im Jahr 2012 sieben unplanmäßige Wartungseinsätze erforderlich. Neben dem vorsorglichen Ersatz veralteter und verschlissener Komponenten mussten ausgefallene Bauteile getauscht und Wetterstationen repariert werden. In Sassnitz wurde die gesamte technische Anlage der GREF-Station vom Erdgeschoss des Feuerwehrschlauchturmes in die erste Etage verlegt, da das Erdgeschoss vom Hauseigentümer vermietet wurde. Die 2011 mit der Flughafen Augsburg GmbH abgeschlossene Nutzungsvereinbarung über die Errichtung und den Betrieb einer GNSS-Station wurde im September 2012 mit dem Pfeilerneubau (siehe Abb. 3.3.4-1) realisiert. Für die Station Hügelheim konnte der Höhenanschluss an die Linien des Nivellementsnetzes 1. Ordnung, die im Zeitraum 2006 bis 2012 erneuert wurden, erfolgen. Der im Jahr 2009 begonnene Probebetrieb mit Galileo-kompatibler Empfängertechnologie sowie die Aufrüstung der GREF-Stationen wurden 2012 fortgeführt. Die bisherigen GNSSEmpfangsantennen sind an 5 Stationen des GREF-Netzes (Bad Homburg, Dillingen, Gorleben, Karlsruhe und Moxa) durch neue ersetzt worden. Neben dem Empfang der Galileo-Satellitensignale stellen diese neu eingesetzten Antennen auch weiterhin den Empfang der bisher genutzten GNSS-Signale von GPS und GLONASS sicher. Um einen möglichst störungsfreien Routinebetrieb der Stationen auch während der Entwicklungs- und Einführungsphase von Galileo zu gewährleisten, werden die neuen Empfänger hierzu über einen Antennensplitter parallel zu den derzeitig verwendeten Empfängern betrieben. Der Antennentausch wurde vermessungstechnisch überwacht, um stationsbedingte Effekte der Antennenempfangscharakteristik, die sich auf die Zeitreihen der Stationskoordinaten auswirken, ermitteln zu können. Dazu wurden temporär vor und nach dem Antennenwechsel auf der GREF-Station zwei zusätzliche GNSS-Antennen betrieben und Jahresbericht 2012 Abb. 3.3.4: Neu errichteter Pfeiler mit GNSS-Antenne auf dem Flughafengelände in Augsburg In der Umgebung der GREF-Station Gorleben sind gravimetrische Beobachtungen zur Ergänzung und Überprüfung der Schweredatenbasis des BKG durchgeführt worden. 48 3.3. Nationale Referenzsysteme Schwere Geodäsie 3.4 Nationale Referenzsysteme Schwere 3.4.1 Deutsches Schwerereferenzsystem (DSRS) Die Arbeiten des Referats G4 dienen der Realisierung des Deutschen Schwerereferenzsystems und seiner Einbindung in das europäische und das internationale Bezugssystem. Das BKG stellt hiermit den nationalen Schwerestandard sicher. Es setzt für diese Aufgaben Messungen mit supraleitenden Gravimetern (SG) an festen Standorten und Beobachtungen mit transportablen Absolutgravimetern (AG) an variierenden Orten ein. Mit den Beobachtungen der Absolutgravimeter wird die Schwerebeschleunigung am Messort für eine Messepoche ermittelt und in SI-Einheiten angegeben. Die erzielbare Messgenauigkeit der Absolutschweremessungen liegt bei 20 – 30 nm/s² (relative Genauigkeit 2-3 * 10-9) für das FG5-Absolutgravimeter. Mit den SG werden die zeitlichen Variationen der Schwerebeschleunigung mit einer deutlich höheren Auflösung (ca. 0,1 nm/s²) bestimmt. Sie dienen damit zur Ergänzung der Schwerebestimmung und Untersuchung zeitabhängiger gravimetrischer Effekte und ermöglichen die Untersuchung von Umgebungseinflüssen, die Entwicklung von Korrekturmodellen und eine Verknüpfung mit anderen Beobachtungsgrößen. Wegen ihrer Sensitivität gegenüber Höhen- und Massenänderungen gewinnen die gravimetrischen Messungen eine besondere Bedeutung bei der Überwachung der Stabilität des Höhensystems und bei Untersuchungen von Massenvariationen wie zum Beispiel hydrologisch bedingten Veränderungen der Umwelt. Zur langfristigen Absicherung des Deutschen Schwerereferenzsystems in Niveau und Maßstab erfolgten im Berichtszeitraum wiederholte absolute Schweremessungen auf den Stationen mit supraleitenden Gravimetern; in Deutschland sind das die Stationen Wettzell, Bad Homburg und Moxa (Universität Jena). Die Messungen erfolgen mindestens zweimal pro Jahr und ermöglichen hiermit die Überwachung der Eichfaktoren und instrumentellen Driften der SG. Durch die Verknüpfung der AG- und SG-Daten ergibt sich ein zeitabhängiges Schweresignal hoher Auflösung, das für weitere Arbeiten, z.B. im Zusammenhang mit hydrologischen Untersuchungen oder für den Vergleich mit zeitabhängigen Schwerefeldmodellen von GRACE, geeignet ist. Weiterhin lassen sich die instrumentellen Nullpunktdriften des SG und säkulare Schwereänderungen an der Station voneinander trennen. Das BKG führt wiederholte Messungen im Deutschen Schweregrundnetz (DSGN), auf ausgewählten Stationen des GREF-Netzes sowie im europäischen Bereich auf Stationen des ECGN (European Combined Geodetic Network) aus. Die Absolutschweremessungen auf Feldstationen finden in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) statt. Neben ihrer Bedeutung für ein physikalisch definiertes Referenzsystem fließen die Schwerewerte in die Verbesserung der Geoidmodelle ein, die die Höhenbezugsfläche der Landesvermessung bilden. Deutsches Schweregrundnetz 1994 Das im Jahre 1994 durch Absolutschweremessungen bestimmte Deutsche Schweregrundnetz mit 30 Absolutschwerepunkten legt das Datum für die nationalen Schwerenetze der Landesvermessung fest. Das BKG überwacht und unterhält die Stationen des Deutschen Schweregrundnetzes (DSGN94) und führt in regelmäßigen Abständen Wiederholungsmessungen auf den Stationen aus. Bei baulichen Veränderungen werden Nachmessungen oder Punktverlegungen vorgenommen. Im Berichtszeitraum wurden diese Messungen als turnusmäßige Wiederholung auf den Zentren der Punktgruppen in Wettzell, Aachen, Merzig, Dresden und Freiburg ausgeführt. Die gemessenen Schwerewerte liegen im Toleranzbereich der Standardabweichung der Erstmessung aus dem Jahr 1994. Gleichzeitig wurden anhand der Ergebnisse der Wiederholungsmessungen und vorliegender Änderungshinweise der Zustand des DSGN94 analysiert und die notwendigen Aufgaben für die Folgejahre abgeleitet. GREF Auf Stationen des integrierten geodätischen Jahresbericht 2012 49 3.3. Nationale Referenzsysteme Schwere Festpunktnetzes in Deutschland (GREF) treffen permanente GNSS-Beobachtungen, Anschlüsse an das Höhennetz und absolute Schweremessungen zusammen. Soweit möglich, sind auch Anschlüsse an Meerespegel realisiert. Wiederholte Schweremessungen sollen Vergleiche der Zeitreihen zu den GNSS-Beobachtungen ermöglichen. 2012 wurden Wiederholungsmessungen in Diepholz (vierte Messung), Göttingen (dritte Messung), Lindenberg und in Sassnitz (jeweils vierte Messung) durchgeführt. Der Absolutpunkt der GREF-Station Sassnitz kann künftig nicht mehr genutzt werden (Einrichtung eines Verkaufsstandes). Deshalb wurde ein Neupunkt in der Umgebung (Entfernung < 500 m) erkundet und eine relative Verbindungsmessung zu diesem ausgeführt. Bei der GREF-Station Hügelheim (Oberrheingraben) fand erstmals eine Absolutschwerebestimmung statt. Der Bunker der GREF-Station Kiel-Holtenau wurde für den Zugang gesperrt (starker Schimmelbefall wegen unzureichender Belüftung). Hier wurde im Nachbarkeller ein Neupunkt angelegt, über dem eine Absolutschweremessung ausgeführt wurde. Mit Schutzbekleidung konnte dieser Neupunkt relativ an den bisherigen Messpunkt (zwei vorliegende Messungen) angeschlossen und damit die Zeitreihe erhalten werden. Am neuen GREFStandort in Augsburg fand die Erstmessung statt. Gravimetrische Referenzstation Bad Homburg Im Berichtszeitraum fanden 20 absolute Schweremessungen mit den Gravimetern FG5101, FG5-301 und A10-012 statt, um die ordnungsgemäße Funktion zu überprüfen. Die gemessenen Schwerebestimmungen zeigten gute Übereinstimmung mit der Residualkurve des supraleitenden Gravimeters SG-44. Gravimetrische Referenzstation Wettzell Absolutschweremessungen fanden sowohl auf dem Pfeiler AA im alten Gravimeterhaus als auch auf dem Pfeiler FA des neuen Gravimeterhauses des Geodätischen Observatoriums Wettzell statt. Für die weitere Stabilisierung der Zeitreihe des SG des Geodätischen Observatoriums Wettzell wurde drei längere Vergleichsmessungen in den Neumondphasen von Oktober bis Dezem- Jahresbericht 2012 Geodäsie ber 2012 mit dem Absolutgravimeter FG5-301 ausgeführt. Die Gradienten der vier Beobachtungspfeiler CA, DA, EA und FA wurden mit zwei Relativgravimetern für einen Höhenbezug bis 125 cm über der Pfeileroberfläche wiederholt bestimmt. 3.4.2 Beitrag zum Internationalen Schwerereferenzsystem ECGN – European Combined Geodetic Network Um die Einbindung des Deutschen Schwerereferenzsystems in das Europäische Terrestrische Referenzsystem zu sichern und zeitabhängige Einflüsse des Systems Erde auf die Höhenkomponente im Rahmen der steigenden Messgenauigkeit erfassen und abschätzen zu können, erfolgten Schweremessungen auf ausgewählten Stationen in Europa. Das europäische Gemeinschaftsprojekt „European Combined Geodetic Network ECGN“ unter dem Dach von EUREF und der Internationalen Assoziation für Geodäsie (IAG) verfolgt das Ziel, ein integriertes kinematisches Referenznetz höchster Genauigkeit in Europa aufzubauen. Die geometrischen Verfahren (Präzisionsnivellement, GNSS- und Meerespiegelbeobachtungen) werden mit den physikalischen Verfahren (absolute Schweremessungen und Messungen der supraleitenden Gravimeter) auf den Stationen kombiniert und ermöglichen so die unabhängige Überprüfung von Änderungen der Höhenkomponente. Absolute Schweremessungen hierzu erfolgten, neben den bereits genannten Stationen Wettzell und Bad Homburg, in Moxa (Zusammenarbeit mit der Universität Jena, zwei Messungen) sowie in Medicina und Bologna (Italien, Zusammenarbeit mit der Universität Bologna, jeweils eine Messung). 3.4.3 Projektarbeiten zur Schwerefeldbestimmung Absolutschweremessungen für Dritte Die Fakultät Geoinformation der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden bat um die Bestimmung eines Festpunktes im Laborbereich/Messkeller der Fakultät mit einem Absolutgravimeter. Die Messung fand im November 2012 mit einem FG5 Absolutgravimeter statt. Der neu festgelegte Absolutschwerepunkt bil50 3.3. Nationale Referenzsysteme Schwere det mit dem Punkt Dresden (TU Dresden, Hülsse-Bau) des DSGN 94 eine gute Grundlage für die studentische Ausbildung. Weiterhin wurde mit dem Absolutgravimeter FG5-101 im November 2012 eine Schwerebestimmung für ein Kalibrierlabor in Kaiserslautern durchgeführt. Messeinsätze in Deutschland mit dem A10-Absolutgravimeter Im Berichtszeitraum wurden im Auftrag der Vermessungsbehörden der Bundesländer Hessen und Sachsen-Anhalt sowie des Freistaates Thüringen Absolutschweremessungen mit dem A10-Feldgravimeter auf 32 Geodätischen Grundnetzpunkten weitergeführt sowie die vertikalen Schweregradienten über den Messpunkten mit einem Relativgravimeter. Damit erhöht sich die Zahl der ausgeführten Messungen für dieses mit A10 Absolutgravimetern gemessene Netz auf insgesamt 131 Punkte. Die Datenabgabe erfolgte unter Verwendung des in der DHHN-Projektgruppe vereinbarten Datenabgabe-Protokolls, so dass auch diese Daten AFIS-konform an die beteiligten Bundesländer übergeben werden konnten. Geodäsie Relative Schweremessungen zur Geoidbestimmung Geodätisches Observatorium Wettzell Die Zentrierelemente der Vermessungssysteme des Geodätischen Observatoriums Wettzell werden regelmäßig durch die Messung eines hochgenauen dreidimensionalen Überwachungsnetzes bestimmt und überwacht. Die dabei erreichte Genauigkeit rechtfertigt die Berücksichtigung der lokalen Geoid-Struktur. Um dieses lokale Geoid in der erforderlichen Genauigkeit ableiten zu können, wurden die relativen Schweremessungen am inneren Raster (ein Kilometer Punktabstand) um das Stationsgelände beendet und das äußere Raster (zwei Kilometer Punktabstand) begonnen. 2012 wurden dafür insgesamt 42 Schwerepunkte und deren Lagebezug vermessen. Quasigeoid Deutschland Für die Ableitung eines neuen Geoids für die Bundesrepublik Deutschland werden u.a. homogen verteilte Oberflächenschwerewerte für das gesamte Territorium benötigt. In einzelnen Gegenden der Bundesrepublik Deutschland gibt es noch Gebiete, wo die erforderliche Punktdichte für die Geoid-Bestimmung noch nicht erreicht ist. 2012 wurden Punktverdichtungen durch relative Schweremessungen mit Anschluss an Punkte des Deutschen Hauptschwerenetzes 1996 in Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen vorgenommen. Dabei wurden insgesamt 93 Schwerepunkte und deren Lagebezug bestimmt. GGP – Global Geodynamics Project Mit den Beobachtungsreihen der vier supraleitenden Gravimeter des BKG in Wettzell, Bad Homburg, Medicina (Italien) und Concepcion (Chile) trägt das BKG zum internationalen Dienst des „Global Geodynamics Project GGP“ bei (http://www.eas.slu.edu/GGP/ggphome. html). Abb. 3.4.3: Darstellung der bis Ende 2012 mit dem A10 Absolutgravimeter gemessenen Feldpunkte (blau DHHN12, rot Zusatzmessungen für einzelne Bundesländer) Jahresbericht 2012 Die Messdaten aller Stationen werden im Routinebetrieb überprüft, vorverarbeitet und dann als Rohdaten und als korrigierte Datensätze in die GGP-Datenbank eingestellt. 51 Geodäsie 3.4 Nationale Referenzsysteme Schwere Tab. 3.4.3: Beitrag des BKG zur Datenbank des „Global Geodynamics Project“ (GGP) der Internationalen Assoziation für Geodäsie (Stand 10.12.2012) Gravimeter Rohdaten (*00.GGP) Logfiles (*.LOG) Grundwasser etc. (*AUX) SG-44 Bad Homburg SG-23 Medicina Italien 02/2007-09/2012 02/2007-09/2012 02/2004-07/2012 01/1998-09/2012 01/1998-09/2012 01/1998-06/2012 RT-38 TIGO Chile 12/2002-06/2008 12/2009-09/2012 01/2003-06/2008 12/2009-09/2012 12/2002-06/2008 12/2009-08/2012 SG-29 seit 08/2012 Wettzell (altes Haus) Ab 08/2012 verfügbar, aber Ab 08/2012 verfügbar, aber Ab 08/2012 verfügbar, aber noch nicht bei GGP noch nicht bei GGP noch nicht bei GGP SG 30 Wettzell (neues Haus) Ab 07/2010 verfügbar, aber Ab 07/2010 verfügbar, aber Ab 07/2010 verfügbar, aber noch nicht bei GGP noch nicht bei GGP noch nicht bei GGP An den supraleitenden Gravimetern SG-30 (Wettzell, neues Gravimeterhaus), SG-44 (Bad Homburg), SG-23 (Medicina) sowie SG-38 (Concepcion, Chile) wurden keine Veränderungen vorgenommen. Das Doppelgravimeter SG-29, wurde nach dem Umbau beim Hersteller im Jahre 2010 und anschließendem Test in Bad Homburg (2011) im Juni 2012 wieder im alten Gravimeterhaus in Wettzell installiert. Das Gravimeter wurde im Juli 2012 vom Hersteller über das Internet erfolgreich initialisiert und registriert seit August 2012. Von den umgebauten Doppelgravimetern (029 und 030) wurden noch keine Daten an das GGP abgegeben. Der Grund dafür ist, dass durch den Wechsel von Gravimeter und Standorten strukturelle Ergänzungen in der GGP-Datenbank notwendig wurden, die vom Betreiber (GFZ Potsdam) bisher nicht umgesetzt werden konnten. Inzwischen wurde entschieden, die bisherige GGP-Datenbank nicht weiter zu betreiben, sondern diese im Laufe des Jahres 2013 in die ISDC-Datenbank zu integrieren. In diesem Zuge wird auch möglich, die fehlenden Daten bereitzustellen. Alle bestehenden Daten des BKG wurden bereits vollständig in das ISDC verlagert, alle weiteren Daten werden künftig direkt an ISDC übergeben. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Centro de Desarrollos Tecnológicos, Subdirección General de Astronomía, Geodesia y Geofísica in Ye- Jahresbericht 2012 bes, Spanien, war ein Gastaufenthalt einer spanischen Wissenschaftlerin im BKG möglich. Es wurden Projekte zur Bestimmung instrumenteller Parameter der supraleitenden Gravimeter (Bestimmung der Frequenz-Übertragungsfunktion und relativer Maßstabsfaktoren) bearbeitet. Zudem wurden Verfahren zur Berechnung der Ozean-Auflasteffekte für die Station Yebes, Guadalajara bearbeitet und Software für die Überwachung der supraleitenden Gravimeter (Tagesplots) auf Stationserfordernisse angepasst. Es ist beabsichtigt, diese erfolgreiche Zusammenarbeit fortzusetzen. 3.4.4 Aufbau eines Internationalen Schwerereferenzsystems Ausbau und Weiterentwicklung der Datenbank AGrav Im Rahmen der Arbeiten für die IAG-Arbeitsgruppe Absolutgravimetrie wird beim BKG in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gravimetrischen Büro der IAG (BGI) seit 2007 die Datenbank für Absolutgravimetermessungen AGrav unter den Adressen http://bgi.dtp.obsmip.fr/ und http://agrav.bkg.bund.de/ betrieben. Die Datensätze wurden von der internationalen Nutzergemeinschaft beigesteuert. Insgesamt liegen bis zum Jahresende 2012 Einträge zu 41 Absolutgravimetern, 699 Absolutschwerestationen und 2319 Messergebnissen vor. Die AGravDatenbank dient als offizieller Speicher der In52 3.4 Nationale Referenzsysteme Schwere Geodäsie ternationalen Assoziation für Geodäsie. Im Zuge einer Erneuerung der webbasierten Nutzerschnittstelle wurden konzeptionelle Erweiterungen an der Datenbank in Auftrag gegeben. Die Arbeiten umfassen neben dem vollständigen Ersatz des veralteten php-frameworks durch eine moderne und sichere Lösung basierend auf Skriptsprache Python die Umstellung der interaktiven Kartenanwendung auf freie Software (OpenLayers und OpenStreetMaps) sowie Erweiterungen und Verbesserungen der webbasierten Nutzerschnittstelle und der Benutzerverwaltung. Im Zuge dieser Erneuerungen werden graphische Darstellungen von Zeitreihen und die Erstellung von Berichten möglich sein. Weiterhin wurde ein Konzept zur Einbeziehung von Daten der supraleitenden Gravimeter realisiert, das eine Darstellung im Kontext der Absolutschweremessungen ermöglicht und so die Verknüpfung beider Datensätze vorbereitet. Die Datenbank AGrav soll zukünftig auch die Grundlage für die Erneuerung des Internationalen Schwerereferenzsystems bilden. Der Vergleich und die Standardisierung der Absolutschweremessungen stellen eine wichtige Voraussetzung für den Aufbau eines konsistenten und präzisen Schwerereferenzsystems dar, mit dem das IGSN71 (International Standardization Net 1971) aus dem Jahre 1971 ersetzt werden soll. Die Datenbank AGrav soll diese Referenzpunkte ausweisen und auch für die Dokumentation der Vergleiche von Absolutgravimetern ausgebaut werden. Jahresbericht 2012 53 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG 3.5 Messeinrichtungen des BKG 3.5.1 Geodätische Observatorien Die Aufgaben der geodätischen Observatorien des BKG umfassen im Wesentlichen die Bereiche der Datengewinnung zur Laufendhaltung der nationalen, europäischen und globalen Bezugssysteme, den Betrieb und die Weiterentwicklung der Messsysteme, die Entwicklung neuer Messsysteme sowie die Vertretung dieses Bereichs in internationalen Gremien. Im Einzelnen werden folgende Produkte bearbeitet: Das BKG betreibt drei geodätische Observatorien, das geodätische Observatorium Wettzell, Bad Kötzting, das transportierbare geodätisches Observatorium TIGO in der Nähe von Concepcion, Chile und die „German Antarctic Receiving Station“ (GARS) in der Antarktis. Diese Stationen werden betrieben vom BKG und Partnern, wie die Forschungseinrichtung Satellitengeodäsie der Technischen Universität München, die Universität von Concepcion oder das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Geodätisches Observatorium Wettzell ¬¬ Datengewinnung VLBI: Radiointerferomet- rische Messungen zu Quasaren (VLBI), ¬¬ Datengewinnung SLR: Entfernungsmessun- gen zu künstlichen Satelliten und zu den Reflektoren auf dem Mond (SLR/LLR) (LLRLunar Laser Ranging), Der Betrieb des Geodätischen Observatoriums Wettzell wurde im Jahr 2012 von 33 Mitarbeitern getragen, wovon 24 dem BKG und neun der Technischen Universität München zugehörig sind. Das wichtigste betriebsrelevante Ereigniswar die Überführung des Messbetriebes des WLRS durch die sogenannte SLR 2.0 Software. ¬¬ Datengewinnung GNSS: Beobachtungen zu den Satelliten der Navigationssysteme GPS, GLONASS und Galileo. Ergänzend werden ortsbezogene Beobachtungen durchgeführt, die lokal-spezifische Informationen für die Raumverfahren liefern. Diese Arbeiten werden im Produkt „lokale Messdaten und fachspezifische Dienstleistungen“ erbracht. Hierzu zählen ¬¬ Zeit- und Frequenzmessungen zur Bereit- stellung der Zeitskala und der Bezugsfrequenzen, Abb. 3.5.1-1: Geodätisches Observatorium Wettzell vom Twin-Teleskop 2 aus gesehen TIGO ¬¬ Messungen mit supraleitenden Gravimetern zur Erfassung örtlicher Schwereänderungen, ¬¬ Bestimmung der Variation der Erdrotation mit großen Ringlasern, ¬¬ Erfassung von Umweltparametern (Meteo- rologie, Hydrologie, Bodendeformationen), ¬¬ Aufzeichnung von Erdbeben mit Seismome- tern und TIGO und die Station in Fortaleza sind die einzigen Netzwerkstationen des IVS in Südamerika. Insbesondere TIGO kommt als weiter südlich vom Äquator gelegene Netzwerkstation eine wichtige Rolle in der Erdrotationsbestimmung zu. Wie in den Vorjahren wurden für TIGO 123 Beobachtungstage á 24h vom IVS eingeplant. Damit gehört TIGO nach Wettzell zu den am häufigsten beobachtenden VLBI-Stationen im IVS. Die Station wird von zwei deutschen Kollegen verantwortungsvoll betreut. ¬¬ geodätische Messungen zur Bestimmung der Verbindungsvektoren zwischen den einzelnen Messsystemen und zur lokalen Stabilitätskontrolle. Jahresbericht 2012 GARS O’Higgins Im Jahr 2012 fand in O’Higgins eine VLBI-Be54 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG obachtungskampagne statt. Zwei Mitarbeiter des BKG waren vom 7.2. bis zum 4.3.2012 vor Ort und führten im Rahmen des IVS vier 24h-Experimente durch. Die nächste Kampagne ist für Anfang des Jahres 2013 geplant. 3.5.2 Datengewinnung VLBI .Für die Datengewinnung Very Long Baseline Interferometry VLBI stehen verschiedenen Stationen gleichzeitig und mit lokalen Zeitinformationen versehen auf die Datenträger aufgezeichnet. Durch Korrelation aller gleichzeitig beobachteten Daten werden die eigentlichen Messgrößen, die Laufzeitdifferenzen der Signale von den Quasaren zu den unterschiedlichen Stationen, ermittelt. Zur Korrelation betreibt das BKG gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und dem Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn (GIUB) einen DiFX-Softwarekorrelator. 3.5.2.1 Das 20m-Radioteleskop RTW Beobachtungen und Betrieb . Das 20 m-Radioteleskop Wettzell RTW führte wie in den vergangenen Jahren auch im Jahr 2012 die Messungen mit großer Zuverlässigkeit durch. Abb. 3.5.1-2: Die Station GARS O’Higgins ¬¬ das 20 m Radioteleskop des Geodätischen Die Beobachtungen werden vom IVS koordiniert. Die Beobachtungsreihen IVS Rapid-1 (R1, montags) und Rapid-4 (R4, donnerstags), IVS Terrestrial Reference Frame Observations (T2, dienstags), European Geodetic VLBI Network (EUR), IVS Research & Development of „high redshift“ radio sources (RD) und Astrometric/ Geodetic Observations (RDV) wurden im Berichtsjahr 2012 mit anhaltendem Engagement durchgeführt. Observatoriums Wettzell (RTW), ¬¬ in Zukunft zwei 13,2 m TWIN Radiotelesko- pe, ¬¬ das 6 m-TIGO-Radioteleskop in Concepcion (TIGO-VLBI-Modul) und ¬¬ das 9 m–Radioteleskop O‘Higgins (OHIG) zur Verfügung. Die damit gewonnenen radiointerferometrischen Messungen liefern Beiträge zur Laufendhaltung des raumfesten Bezugssystems (ICRF) und des erdfesten Bezugssystems (ITRF), sowie zur Ableitung von Erdrotationsparametern (EOP), die zur Transformation zwischen beiden Bezugssystemen benötigt werden. Beobachtet werden von Quasaren ausgesandte Mikrowellen in den Frequenzbereichen des S- und X-Bands. Die Messungen mit den TWINRadioteleskopen werden auch das Ka-Band einschließen. Die Signalverläufe werden auf Jahresbericht 2012 Die wöchentlich wiederkehrenden Experimente R1 und R4 dienen dabei der Bestimmung der Erdrotationsparameter (EOP), die die Rotationsachse im ICRF (Himmelspol) sowie im ITRF (Polbewegung) als auch Schwankungen der Rotationsgeschwindigkeit (DUT1) beschreiben. Die monatlich wiederkehrenden Experimente T2 dienen zur Ableitung der Stationskoordinaten, insbesondere zur Bestimmung deren zeitlichen Veränderungen als Folge der Kontinental-verschiebungen. Messungen zur Weiterentwicklung der Messverfahren (RDMessungen) wurden durchgeführt, um Systematiken in der Messtechnik aufzudecken und um die Leistungsfähigkeit des Messverfahrens zu verbessern. Darüber hinaus fanden Messserien mit regionalen Schwerpunkten wie „EUROP“ oder „Antarktis“ statt. Zudem wurden zusammen mit dem Metsähovi Radioobservatorium in Finnland im Rahmen von Testmessungen weitere Versuche zur Beobachtung der Venus55 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Express-Raumsonde unternommen. Zudem fanden Messungen zum im Orbit befindlichen Satelliten-Radioteleskop RadioAstron und Beobachtungsreihen (Sessions) mit speziellen radioastronomischen Aufgaben statt. Koordiniert wurde dies im Rahmen des European VLBI Service vom „Joint Institute for VLBI Europe“ (JIVE) in den Niederlanden. Besonderes Augenmerk wurde auf die täglichen Beobachtungen (INTENSIVE) zur Bestimmung von UT1-UTC gelegt, wobei wie gewohnt zu den Sessions INT1 (Wettzell - Kokee Park bzw. auch zusammen mit Svetloe) die Wochenendbeobachtungen INT2 (Wettzell – Tsukuba) weitgehend automatisch oder mittels Fernsteu- Abb. 3.5.2-1: Das 20 m Radioteleskop (Foto: Hessels) Tab. 3.5.2-1: Beobachtungen mit dem 20 m Radioteleskop Wettzell (Stand Nov. 2012) Session 2012 RTW R1 R4 T2 RDV+R&D EUROPE Summe der 24h Sessions 52 51 7 16 6 132 (3168 Std.) INT1 INT2 INT3 VENUS EVN (RadioAstron) EVN (Supernova monit.) 229 112 45 4 (6 Std.) 22 (62 Std.) 1 (10 Std.) Summe der INTENSIVE 454 (Std.) dentischen Hilfskräften für die Wochenendbeobachtungen in Zusammenarbeit mit den Beobachtungen am Lasersystem WLRS ergaben eine fruchtbare Synergie. Die Beobachtung am Montagvormittag INT3 (Wettzell – Tsukuba – Ny Alesund) füllt die Zeitlücke zwischen INT1 und INT2. Alle INTENSIVE-Aufzeichnungen werden im Rahmen von e-VLBI mittlerweile komplett mittels Datenübertragung über das Internet (e-Transfer) zu den Korrelatoren in Washington, Tsukuba und Bonn übertragen. Die Daten der Beobachtungen am Wochenende für den Korrelator in Tsukuba werden weiter mittels eines japanischen Systems von NICT direkt live während der Messung in Echtzeit zum Korrelator übertragen und dort sogleich korreliert. Im Berichtszeitraum wurden zudem die nötigen Voraussetzungen geschaffen, um auch die 24-Stunden-Beobachtungen mittels e-VLBI nach Bonn, Haystack und Washington mit bis zu 600 Mbit/Sekunde zu übertragen. Genutzt wird hierfür die spezielle Mark5-Software „fuseMk5“ zum Zugriff auf die Aufzeichnungen der 8-Packs und das Kommunikationsprotokoll „Tsunami“. Koordiniert wird die Kommunikation mit dem Korrelator über eine spezielle WEB basierte Schnittstelle, realisiert am Max-PlanckInstitut für Radioastronomie in Bonn (MPIfR). Die Nutzung von e-VLBI führt zu einer erheblichen Verkürzung der Zeit bis zum Korrelationsergebnis. Die Abb. 3.5.2-2 verdeutlicht die Nutzung des Internets durch den eVLBI Datenversand. Entwicklungsarbeiten erung durchgeführt wurden. Diese täglichen Beobachtungen haben eine Beobachtungsdauer von ca. einer Stunde. Der Einsatz von stu- Jahresbericht 2012 Zu den üblichen Wartungs- und Weiterentwicklungsmaßnahmen zählte vor allem der Austausch von Azimut- und Elevations-Antriebsmotoren nach Erreichen der Betriebsstundenzahl. Bei einer Wartung des Servo-Steuersystems nach einem Ausfall der Anlage war es nötig, Relais zu tauschen. Diese Servo-Komponenten sind mittlerweile veraltet und es sind keine Ersatzteile verfügbar. Ähnliche Reparaturen waren auch im Mark4-Rack für die Datengewinnung durchzuführen. Die Umstellung auf Mark5B und Mark5B+ wurde durch die Planung der weiteren Umrüstung der Formatter auf die neue VSI-Schnittstelle zu dem neuen Mark5-System vorangetrieben. Parallel dazu wurden alle Mark5A-Systeme aufgerüstet oder aktualisiert. 56 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.2-2: Gesendetes Datenvolumen mit e-VLBI (November 2012) Zudem wurde die Installation und Testinbetriebnahme der neuen Digital Baseband Converter (DBBC) weiter unterstützt. Zum Ersatz der bereits in die Jahre gekommen analogen VLBI-Videoconverter sollen in den kommenden Jahren die DBBC als rein digitale Umsetzung des HF-Eingangssignales mit schnellerer Datenrate bei verbesserter Datenqualität dienen. Das System befindet sich in der Entwicklungsphase, worin Wettzell eine entscheidende Rolle als Teststation inne hat. Zusammen mit den Entwicklern am MPIfR wurden vom „Instituto Nazionale Di Astrofiscia“ (INAF), Italien, und von einer Firma neue Komponenten getestet, bzw. die existierenden DBBCs kalibriert und eingestellt. Verschiedene Testmessungen wurden ausgeführt und in Bonn testweise korreliert, um die Funktionsweise und Qualität zu ermitteln. Zudem wurde die Beschaffung von Aufrüstsätzen auf aktuelle Versionen durchgeführt. Zum Ausbau der Möglichkeiten einer Fernsteuerung der Teleskope wurde unter Federführung der TUM die Software „e-RemoteCtrl“ weiterentwickelt und ausgebaut, die in Wettzell in enger Kooperation mit den Entwicklern der Teleskopsteuersoftware (NASA Field System) und im Rahmen des NEXPReS Projekts des „European VLBI Networks“ (EVN)entwickelt worden war. Die Software wird mittlerweile nicht nur in Wettzell eingesetzt, sondern routinemäßig in den australischen AuScope Teleskopen genutzt und in zahlreichen IVS und EVN Stationen getestet. Hinzu kamen Mechanismen zur Jahresbericht 2012 sichern Authentifizierung und Autorisierung von Nutzern im System und zur Vorbereitung von Schichtmodellen mittels weltweiter Teleskope, wobei die Teleskope in der Tageslichtzone die Schichten in der Nachtzone der Erde mit übernehmen. Im Rahmen dieser Arbeiten wird auch weiter das System Monitoring ausgebaut. Das System wurde bereits auf das neue TWIN angepasst, so dass auch eine verallgemeinerte Antenna Control Unit möglich wird. Im Rahmen einer Pilotstudie wurden zudem zusammen mit Kollegen des BKG/Frankfurt Planungen zur permanenten Vermessung des Referenzpunktes mittels Referenzfahrten und automatisch gesteuerter Tachymeter erstellt. Erste Modelle und Softwareumsetzungen liegen bereits vor und können im kommenden Jahr getestet werden. Aufgrund von Alterungserscheinungen an den Getrieben u.a. durch den Lagerschaden 2010 und aufgrund der fehlenden Wartbarkeit des Servosystems wurde die Erneuerung dieser Komponenten vorbereitet. Zusätzlich wurde die Überarbeitung des Ersatzdewars sowohl für Wettzell als auch für O’Higgins geplant und am Observatorium in Yebes im Rahmen der Kooperationsvereinbarung zwischen IGN und BKG begleitet. Im Rahmen dieser Arbeiten sollen komplett aktualisierte Komponenten kostengünstig umgesetzt werden. 57 3.5 Messeinrichtungen des BKG Geodäsie Entwicklung eines breitbandigen RFI-Datenaufzeichnungssystems für die Messungen am voraussichtlichen neuen TIGO Standort La Plata in Argentinien. Aufgrund der beabsichtigten Umsetzung des Geodätischen Observatoriums TIGO nach La Plata in Argentinien wurde ein RFI-Messsystem entwickelt, das breitbandig und mit unterschiedlichen Polarisationen ein genaues omnidirektionales Bild über die am jeweiligen Standort vorhandenen Radiostrahlungen liefert. 3.5.2.2 Das TWIN Radioteleskop Der IVS hat sich im Jahre 2000 zum Ziel gesetzt, ein neues visionäres Konzept für die VLBI-Anforderungen der nächsten 20 Jahre zu erstellen. In einer eigens dafür ins Leben gerufenen „Working Group 3“ wurde in der Zeit von 2000 Abb. 3.5.2-4: Die neuen TWIN Radio-Teleskope bis 2006 eine Spezifikation für ein neues Design von Radioteleskopen und anderer VLBI-Hardware erstellt (VLBI2010). Das BKG hat sich auf Grundlage dieses Konzeptes dazu entschlossen, zwei Radioteleskope mit ca. 13,2 m Durchmesser zu bauen, die speziell für die Spezifikationen von VLBI2010 konzipiert werden. Den besonderen Anforderungen (Breitbandiges Empfangssystem, schnelle Axial-Bewegungen, sehr hohe Verfügbarkeit), die an ein VLBI2010-Empfangssystem zu stellen sind, wird mit dem TWINKonzept Rechnung getragen. Die Konstruktion wurde im Dezember 2008 in einem Design Review festgelegt. Anfang des Jahres 2012 erfolgte die Endabnahme der beiden TWIN-Radioteleskope, nachdem von Seiten der Herstellerfirma „Vertex Antennenbau“ sämtliche festgestellten Mängel beseitigt wurden. Beide Teleskope sind in Bezug auf die Steuerung und Drehbewegung vollkommen operabel. Nach der erfolgten Übergabe wurde im April begonnen die ersten Einbauten zu installieren. (Klimaanlage, Helium-Flexlines, Verbindungskabel zum Betriebsgebäude u.v.a. mehr) Im Betriebsgebäude wurde mit dem Ausbau der Serverschränke und der Installation der Verbindungskabel im Serverraum begonnen. Abb. 3.5.2-3: Das RFI-Messsystem zur Aufzeichnung möglicher Störstrahlung im Umfeld Jahresbericht 2012 Ein Meilenstein in diesem Jahr war die erfolgreiche Abnahme des ersten Feedhorns (Triband-Feedhorn für das S/X/Ka-Band), dessen gemessene Daten ausgezeichnete Empfangseigenschaften für TTW1 in Aussicht stellen. Zu Verzögerungen kam es bei der Abnahme des dazugehörigen Dewars, da ein vom BKG bereit gestellter S-Band-Verstärker bei den Abnahmemessungen defekt wurde und zurück an die Herstellerfirma gesendet werden musste. Im Juni fand das vorläufige Design-Review für das zweite, Breitband-Feedhorn („Elevenfeed“ für Bänder zwischen 2 und 11 GHz) bei der Her58 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.2-5: Kabel und Verteiler im Serverraum des Betriebsgebäudes für die TWIN Radioteleskope stellerfirma statt. Die meisten konstruktiven Details des Elevenfeeds konnten dort so festgelegt werden, dass der weiteren Entwicklung nichts im Wege steht. Im März 2012 wurde auf Wunsch des IVS ein internationales VLBI2010-Meeting unter der Federführung des BKG und in Kooperation mit der FESG/TU München in Bad Kötzting durchgeführt, bei dem sämtliche Entwicklungsarbeiten im Bereich der neuen VLBI-Technik vorgestellt wurden. Mit mehr als 80 Teilnehmern aus der Geodäsie, der Industrie und der Forschung war zu. Wie in den Vorjahren wurden für TIGO 123 Beobachtungstage á 24 h vom IVS eingeplant. Damit gehört TIGO nach Wettzell zu den am häufigsten beobachtenden VLBI-Stationen im IVS. Aufgrund des Rückzugs des Hauptpartners UdeC aus dem TIGO-Projekt ist auch ein Rückgang des Personals zu verzeichnen. Mitte des Jahres verabschiedeten wir den Ingenieur Felipe Pedreros, der einen Job für ein Jahr am Südpol angenommen hat. Sein Nachfolger ist Pedro Pino. Der Mitarbeiter Octavio Zapata arbeitet seit Juni nur noch halbtags. Abb. 3.5.2-6: Abnahmemessung des Triband-Feeds und des Dewars PDR– levenfeed die Veranstaltung überaus hilfreich für die Koordination der gegenwärtigen Entwicklungen im VLBI-Sektor. 3.5.2.3 Radioteleskop TIGO An technischen Arbeiten wurde das vorhandene Mk5A Aufzeichnungsgerät auf den Mk5B Standard aufgerüstet, ein Netzteil des Data Acquisition Racks erneuert und ein neuer PC-Field System Rechner konfiguriert und eingebaut. TIGO und die Station in Fortaleza sind die einzigen Netzwerkstationen des IVS in Südamerika. Insbesondere TIGO kommt als weiter südlich vom Äquator gelegene Netzwerkstation eine wichtige Rolle in der Erdrotationsbestimmung Jahresbericht 2012 59 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Tab. 3.5.2-2: Beobachtungsstatistik durchgeführter VLBISessions von TIGO für den IVS im Jahre 2012 Session erfolgreich abgesagt, Summen fehlerhaft R1 50 2 52 R4 52 0 52 OHIG 6 0 6 Abb. 3.5.2-7: Radarpegel der Station O’Higgins T2 2 0 2 RD 8 0 8 vom 19.1. bis zum 16.4.2012 aufgebaut und in Betrieb genommen. Der defekte Druckpegel wurde ausgetauscht und liefert seit dem 4.3.2012 wieder Daten. Tanami 3 0 3 Summe 121 2 123 Für den IVS ist der TIGO-Mitarbeiter Dr. Hayo Hase als IVS-Network Representative im Directing Board vertreten. Er hat außerdem den Vorsitz der IVS VLBI2010 Programme Executive Group inne, die die globale Einführung von VLBI2010 Systemen koordiniert und unterstützt. Für den IVS vertritt Dr. Hase die Interessen von geodätischer VLBI im Committee on Radio Astronomy Frequencies (CRAF), einer Expertengruppe der European Science Foundation. Außerdem ist er der Feature-Editor des IVSNewsletter. 3.5.2.4 Radioteleskop O’Higgins Im Jahr 2012 fand in O’Higgins eine VLBI-Beobachtungskampagne statt. Zwei Mitarbeiter des BKG waren vom 7.2. bis zum 4.3.2012 vor Ort und führten im Rahmen des IVS vier 24 hExperimente (T2081, OHIG76, OHIG77, OHIG78) durch. Ein zu Beginn durchgeführter Fringetest wurde kurz darauf am MPIfR erfolgreich korreliert, so dass trotz der eingeschränkten Kühlung durch den fehlerhaften Dewar Beobachtungen im S- und X-Band möglich waren. Während eines Sturms wurde am 21.9.2012 die Antenne der Station OHI3 abgerissen. Kollegen des DLR und der Mitarbeiter, die für die Infrastruktur verantwortlich sind reparierten die defekte Halterung umgehend, so dass am folgenden Tag OHI3 wieder in Betrieb ging. Für den Austausch des Original Dewars des VLBI-Systems, das das notwendige Vakuum im Inneren des Gefäßes nur noch für einen begrenzten Zeitraum aufrechterhalten kann, ist ein neues Dewar in Arbeit. Das Vakuumgefäß ist bereits fertiggestellt, so dass mit dem Innenausbau noch in diesem Jahr begonnen werden soll. 3.5.2.5 Korrelator Der vom BKG, dem Institut für Geodäsie und Geoinformation (IGG) an der Universität Bonn und dem Max- Planck- Institut für Radioastronomie (MPIfR) betriebene VLBI-Softwarekorre- Während der Kampagne wurde auch ein neuer NTP-Zeitserver installiert, der GNSS-Empfänger der Station OHI3 ersetzt und eine neue Wetterstation errichtet und in Betrieb genommen. Der Radarpegel wurde wieder vorübergehend Jahresbericht 2012 Abb. 3.5.2-8: Durch einen Sturm abgerissene GNSS Antenne von OHI3 auf der Station O’Higgins 60 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG lator wird zu 50% für die im IVS koordinierten Beobachtungsprogramme, im wesentlichen für IVS R1-, OHIG-, EUROPE- und der wöchentlich stattfindenden INTENSIVE3 Beobachtungen eingesetzt. Die anderen 50 % werden seitens des MPIfR für astronomische Beobachtungen genutzt. Die Erweiterung auf MK5B ist erfolgt. Der Einsatz der Internetverbindung mit einer Bandbreite von 1 Gbit/Sec zum Korrelator wurde intensiviert, so dass in Abhängigkeit der Internetverfügbarkeit für die an den Experimenten teilnehmenden Stationen die Daten mittels e-VLBI zum Korrelator übertragen werden. Die routinemäßige e-VLBI Übertragung wird immer mehr zu einem wichtigen Bestandteil der Korrelatorgruppe. Somit können zum Beispiel die wöchentlich beobachteten INT3 Beobachtungen aber auch die 24-Stundenmessungen mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 600Mbit/Sekunde aus Wettzell an den Korrelator kopiert werden. Der Korrelator wird damit den Anforderungen, die vom IVS im Rahmen des Zukunftskonzepts VLBI2010 vorgegeben sind, gerecht. Der aktuelle Korrelator ist ein DiFX-Softwarekorrelator, der mittlerweile, von einigen Einschränkungen abgesehen, ohne Probleme im Routinebetrieb läuft. Er verfügt über parallele Recheneinheiten und RAIDKomponenten zum Ablegen der Daten. Im Rahmen des Ausbaus kooperieren die beteiligten Institutionen mit entsprechenden Finanz- und Personalmitteln. Erfolgreich konnten mittlerweile auch wieder die Verträge zwischen den Instituten unterzeichnet werden. 3.5.2.6 Zielstellungen für VLBI Kommende Aufgaben in VLBI werden speziell die Erhaltung der Messfähigkeit des 20mRadioteleskops für den Übergangszeitraum zu TWIN und für weitere Aufgaben des IVS für große Teleskope beinhalten. Upgrades zu neuen Aufzeichnungssystemen und Wartungsmaßnahmen sichern hierzu die Funktionsfähigkeit weiter. Die beauftragte Erneuerung der Getriebe und des Servosystems ist dringend notwendig, um defekte oder anfällige Teile zu ersetzen und damit den Betrieb zu sichern. Zudem ist in weiteren Projekten zu untersuchen, welche Zusatzdaten erfasst werden können, die auf die Auswertung Einfluss nehmen können. Ein zentraler Punkt ist die Inbetriebnahme des TWIN. Dazu zählt die vorbereitende Installati- Jahresbericht 2012 on eigener Komponenten, die Entwicklung von Hardware (z.B. Receiver) und Software (Ansteuerung durch das Field System) und die Durchführung von ersten Testmessungen mit aktuell möglichen Partnerstationen für S-, X- und Ka-Band. Das Ziel sind erste Testmessungen im kommenden Jahr. 3.5.2.7 Forschungs- und Pilotprojekte Seit Juli 2010 läuft nun im angefangenen dritten Projektjahr das über das Siebte Rahmenprogramm der EU geförderte Projekt Novel EXplorations Pushing Robust e-VLBI Services (NEXPReS), an dem Wettzell über die TUM und in Kooperation mit dem BKG maßgeblich im Arbeitspaket 5 beteiligt ist. Im Rahmen dieses Arbeitspakets soll ein Authentifizierungs- und Autorisierungskonzept in Software umgesetzt werden. Basis ist die Fernsteuersoftware aus Wettzell. Mittels eines Rollenmanagements kann dann einem entfernten Operator eine Nutzungsrolle mit bestimmten Rechten zugewiesen werden. Zudem wird im Rahmen dieses Projekts ein erweitertes System MonitoringKonzept entwickelt, das Zusatzparameter erfasst und den Korrelatoren zugänglich macht. Die Authentifizierung ist erstellt. Zusätzlich gibt es ein Rollen-Management für Nutzer, um die Autorisierungsrechte zur Fernsteuerung zu regeln. Die Software wird als Zusatzpaket Teil des NASA Field Systems. Des Weiteren wird sie bereits an den AuScope-Teleskopen Hobart, Kathrine und Yarragadee sowie in Wettzell, TIGO Concepcion und O’Higgins standardmäßig eingesetzt. Für die Arbeiten ist an der TUM ein Mitarbeiter eingestellt. 3.5.3 Laserdistanzmessungen Zur Datengewinnung SLR/LLR stehen das WLRS (Wettzell Laser Ranging System) und TIGO SLRModul zur Verfügung. Die Überführung des „Satellite Observing System Wettzell“ (SOS-W) in den Messbetrieb musste nach Aufdeckung von Mängeln verschoben werden. 3.5.3.1 Das Wettzell Laser Ranging System WLRS Stand der Entwicklungsarbeiten Im Berichtszeitraum konnte neben dem regulären Beobachtungsdienst das Automatisations61 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG konzept weiter vorangebracht und einige Maßnahmen zur Steigerung der Messdatenqualität und -quantität umgesetzt werden. Das sich seit mehreren Jahren in Entwicklung befindliche Softwaresystem SLR2.0 wurde am 10.08.2012 als Standardbeobachtungssoftware am WLRS in Betrieb genommen; in den Wochen davor wurde dieses System getestet, um es zu stabilisieren. Das bisher betriebene Softwaresystem wird noch operationell gehalten. Laufende Verbesserungen des SLR2.0 Systems beinhalteten unter anderem den Empfang von Transpondersignalen zur Positionsbestimmung von Verkehrsflugzeugen. Diese können auf dem universellen Anzeigeelement „Skyplot“ visualisiert werden; es erfolgt eine automatische Abschaltung des Lasersystems bei einer eventuellen Gefährdung des Luftverkehrs. Somit konnte eine weitere Verbesserung der Flugsicherheit am WLRS erreicht werden. Die für synchrone Zeitübertragung vorbereitete Sende-Empfangseinheit des WLRS wurde um eine fehlende Eventtimer- und Software-Komponente erweitert. Am 18.09.2012 konnte damit erstmals synchrone Zeitübertragung zum Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) durchgeführt werden. Neben einer erheblichen Steigerung der Messdatenquantität konnte das WLRS dadurch auch für künftige Projekte zur Zeitübertragung vorbereitet werden. installiert, welches speziell eine automatisierte Beobachtung der systemabhängigen Additionskonstante zulässt. Zwischen Satellitenüberflügen kann die Additionskonstante überprüft werden; diese Überprüfung erlaubt die sofortige Fehlererkennung des Gesamtsystems. Die Messdatenqualität des WLRS wird dadurch nachhaltig gesichert und weiter verbessert. Infolge von Verschleißerscheinung am Kurzpuls-Lasersystem des WLRS ergaben sich leichte Erhöhungen der Pulsdauer. Da diese aber entscheidend für die Messgenauigkeit von SLR-Systemen sind, wurde versucht, die Pulse mit einem zweiten Modenkoppler wieder zu verkürzen. Langzeitbeobachtungen zur Messgenauigkeit des WLRS spiegeln den Erfolg dieser jüngst durchgeführten Aktion wieder. Beobachtungen Mit dem WLRS-Laserentfernungsmesssystem werden Entfernungen zwischen 280 km und 40.000 km zu derzeit 29 künstlichen Satelliten gemessen. Abb. 3.5.3-2 zeigt die Anzahl der gemessenen Passagen von 1990 bis 2011. Nach der Umbauphase im Jahre 2010 konnte im Jahr 2011 die vorher gewohnte Anzahl an jährlichen Passagen wieder erreicht werden. Die monatliche Beobachtungsstatistik der verschiedenen Satelliten zeigt Abb. 3.5.3-3. 3.5.3.2 SOS-W Seit September des Jahres 2011 ist das SOS-WTeleskop, nachdem es im Rahmen eines Zusatzauftrages hinsichtlich der Erfüllung der Spezifikationen überarbeitet wurde, wieder am Geodätischen Observatorium installiert. Anfängliche Probleme in der Antriebs-regelschleife, insbesondere im Elevationsantrieb, konnten durch erneuten Wechsel des Getriebefetts und durch Minimierung der Deviationsmomente im November behoben werden, sodass Entfernungsmessungen zu tieffliegenden Satelliten durchgeführt werden konnten. Abb. 3.5.3-1: Skyplot zur Darstellung der aktuellen Flugbahnen von Satelliten (grün), Position des Teleskops (blau) und Flugzeugen (rot) Abb. 3.5.3-4 zeigt eine StarlettePassage, in der Echoraten bis zu 6 % erzielt wurden, was aufgrund der Energiebilanz im nominellen Betrieb ca. eine Größenordnung zu gering ist. Um systematische Messfehler abschätzen und Langzeitstudien derer durchführen zu können, wurde ein externes Kalibrationsziel am WLRS Auch die zeitliche Auflösung der Messergebnisse ließ zu wünschen übrig, da wegen zunächst ungeklärten Effekten das Messsignal mehrere Jahresbericht 2012 62 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.3-2: Übersicht der gemessenen Passagen des WLRS von 1990 – 2012 Abb. 3.5.3-3: Übersicht über die monatlichen Passagen im Jahre 2012 Maxima im Residuenhistogramm zeigte (siehe Abb. 3.5.3-5). Eine eingehende Untersuchung der Sende- und Empfangsstrahlengänge und der Elektronik zeigte, dass der Detektor defokussiert war. Nach Rejustage des kompletten Sende- und Empfangsstrahlengangs konnte am 27.4.2012 wieder eine erfolgreiche Entfernungsmessung zum Satelliten Starlette erstellt Jahresbericht 2012 werden. In Abb. 3.5.3-6 ist das Histogramm der Messresiduen gezeigt. Gegenüber der modellierten Antwortfunktion (in grün dargestellt) für 40ps Pulsbreite ist nur noch eine geringe Verbreiterung der Messresiduen zu erkennen. Die Ursache hierfür liegt in der Dispersion des Elektrontransits im verwendeten Detektor und beschränkt die erreichbare Präzision auf 80ps 63 3.5 Messeinrichtungen des BKG Geodäsie Abb. 3.5.3-4: Echorate einer Starlette Passage gemessen mit SOS-W Abb. 3.5.3-6: Histogramm der Residuen einer StarlettePassage gemessen mit SOS-W bzw. 1,2 cm rms. Die Installation eines zeitlich höher auflösenden Detektors ist für 2013 vorgesehen. Die Ergebnisse der TIGO-SLR-Station mit weitgehend baugleichem Laser zeigen, dass bei Verwendung von den sich dort im Einsatz befindlichen SPAD-Detektoren eine Residuenverteilung entsprechend der Laserpulsbreite von 40ps erzielt werden kann, wobei die Stabilität der Messergebnisse für Normalpunkte im Pikosekundenbereich liegt und somit eine absolute Genauigkeit von besser als ein mm gewährleistet werden kann. Koma im Sendeteleskop ist die erreichbare Strahldivergenz jedoch auf 20 Bogensekunden beschränkt, was die Einsatzmöglichkeiten des SLR-Systems wesentlich einschränkt. Der Vorgang zur Behebung des Abbildungsfehlers konnte im Berichtszeitraum noch nicht abgeschlossen werden. Um der bereits oben erwähnten Diskrepanz in Abb. 3.5.3-7: Sternabbildung im Sendeteleskop zeigt einen Koma-Effekt von ca. 20“ Abb. 3.5.3-5: Zeitliche Auflösung einer Starlette-Passage gemessen mit SOS-W der Energiebilanz nachzugehen, wurde die Abbildungsqualität des Sendeteleskops untersucht. Bei einer Sternabbildung zeigte sich eine bis etwa 20 Bogensekunden ausgedehnte Figur, welche durch einen Abbildungsfehler, eine so genannte Koma, im Sendeteleskop zustande kommt (siehe Abb. 3.5.3-7). Als Größenvergleich ist in Abb. 3.5.3-8 die Energieverteilung des Titan-Saphir-Lasers dargestellt. Aufgrund der hohen Strahlqualität sind Strahldivergenzen von zwei Bogensekunden möglich. Wegen der Jahresbericht 2012 Abb. 3.5.3-8: Energieverteilung des Titan-Saphir-Lasers des SOS-W 64 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Neben der Untersuchung von Abbildungsfehlern und der Optimierung des Empfangssystems wird am SOS-W-Teleskop auch das dynamische Verhalten des Teleskopantriebs erfasst. Dazu werden auch schnell bewegte Objekte wie die Internationale Raumstation ISS beobachtet, um anhand einer Analyse der aufgenommenen Bildsequenzen das Gleichlaufverhalten des Teleskops zu beurteilen. Das nächste Bild zeigt die ISS aufgenommen durch das einwandfrei abbildende Empfangsteleskop. Die Rasterung des Bildes entspricht einer Pixelgröße von 1 x 1 Bogensekunde. Neben den deutlich zu erkennenden Solarpanelen ist am rechten oberen Ende noch das Versorgungsschiff zu sehen. konnte durch Einsatz eines Etalon mit einem Bandpass von 0,5 Å in den Empfangsstrahlengang das Signal/Rausch-Verhältnis insbesondere bei Tageslichtbeobachtungen deutlich verbessert werden. Aufgrund des Arbeitspunktes bei hohem Druck wurde der Druckluftkreislauf durch einen CO2-Druckkreislauf ersetzt. Des Weiteren wurde die Leistung des SLR-Systems durch den am Ende seiner Lebensdauer angelangten Pumplaser stark eingeschränkt, was sich insbesondere in einem Einbruch der Messungen zu hochfliegenden Satelliten bemerkbar machte. Die notwendige Reparatur des Ersatzlasers konnte im September vollzogen werden. Nach dem Einbau des reparierten Pumplasers im Oktober befindet sich das Lasersystem technisch wieder in einem voll einsatzbereiten Zustand. 3.5.3.3 TIGO-SLR Im Laufe des Jahres 2012 wurden bis Ende Oktober 2012 1 363 Satellitenpassagen erfolgreich gemessen (s. Abb. 3.5.3-11). Die Anzahl an Messungen wurde limitiert durch den Ausfall des Beobachtungsbetriebs während der Instandhaltungsmaßnahmen und durch die begrenzte Einsatzfähigkeit des Systems aufgrund der Schwäche des Pumplasers. Nach einer Woche Betrieb mit dem erneuerten Pumplaser zeichnet sich im Oktober ein deutlicher Anstieg der gemessenen Passagen hochfliegender Satelliten ab. Zum Ende des Jahres 2010 wies der Azimut-Encoder des TIGO-SLR-Teleskops Ausfälle auf, die einen raschen Austausch erforderten. Im Februar wurde der Austausch vorgenommen und die notwendigen Reparaturen mit einer Gesamtrevision des Teleskops verbunden. Außerdem Im Laufe des Berichtszeitraums stachen zwei Ereignisse besonders hervor: Zum einen die Installation eines Containers zur Einrichtung eines LIDAR-Systems (LIDAR - Light Detection and Ranging), das vom Center for Optics and Photonics (CEFOP) der Universität Concepción Abb. 3.5.3-9: Aufnahme der ISS durch das Empfangsteleskop des SOS-W zum Nachweis der dynamischen Gleichlaufeigenschaften Abb. 3.5.3-10: TIGO Gesamtansicht nach Installation des LIDAR-Containers Jahresbericht 2012 65 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.3-11: Statistik der gemessenen Satellitenpassagen von TIGO-SLR konzipiert und errichtet wird (siehe Abb. 3.5.310). Zum anderen stellte für die chilenischen Kollegen die Reise zum 17. Laser Ranging Workshop in Bad Kötzting/Wettzell eine einmalige Gelegenheit dar, mit der ILRS-Community in Kontakt zu treten und mit dem Observatorium in Wettzell vertraut zu werden. In Zukunft soll die Zusammenarbeit mit CEFOP durch gemeinsame Forschungsprojekte im Bereich der Quantenkommunikation und einer engen Zusammenarbeit mit der LIDAR-Gruppe intensiviert werden. 3.5.4GNSS-Beobachtungsstationen Das Geodätische Observatorium Wettzell ist ein „IGS und EUREF Operations Center“ und betreut im Rahmen von IGS, EUREF und GREF/SAPOS 24 permanent eingerichtete GNSS-Stationen an 19 verschiedenen Orten. Sie sind z.T. als Gemeinschaftsvorhaben mit der entsprechenden nationalen Vermessungsverwaltung eingerichtet worden. Auf fast allen Stationen werden GLONASS-Satelliten beobachtet. Abb. 3.5.4-1: Verteilung der BKG Stationen (rote Punkte) im IGS- und EUREF-Netz Jahresbericht 2012 66 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG GNSS Operationszentrum Statistik der Datenvollständigkeit Ziel der permanenten GNSS-Messstationen ist es, GPS- und GLONASS-Messungen im Dauerbetrieb durchzuführen und die Messdaten in 1-Stunden bzw. in 24-Stunden Datendateien sowie in einem RTCM3-Echtzeitdatenstrom zur Verfügung zu stellen. • ANKR: • BADH: • BUCU: • CONT: • CONZ: • EFBG: • EUSK: • HOFN: • IGEO: • ILAM: • ISTA: • LHAZ: • MOX2: • NICO: • OHI2: Neben den Systemen auf dem Geodätischen Observatorium Wettzell (WTZA; WTZR, WTZS und WTZZ) werden die folgenden Stationen im In- und Ausland im Rahmen von IGS- und/ oder EUREF-Netz betrieben: ¬¬ ANKR in Ankara (Türkei), ¬¬ BADH in Bad Homburg (D), 100% 100% 100% 99% 100% 99% 99% 100% 96% 100% 100% 100% 99% 100% 100% • OHI3: • ORID: • PTBB: • REYK: • SOFI: • WTZA: • WTZR: • WTZS: • WTZZ: • ARBR: • ARNB: • HOWA: • MILT: • PRAC: 99% 99% 100% 100% 99% 100% 100% 100% 98% 98% 99% 99% 100% 100% ¬¬ BUCU in Bukarest (Rumänien), ¬¬ CONT, CONZ in Concepcion (Chile), ¬¬ EFBG in Effelsberg (D), ¬¬ EUSK in Euskirchen (D), ¬¬ HOFN in Höfn (Island), Der Gesamtausfall an GNSS-Daten war insgesamt sehr gering (maximal ein bis zwei Tagesdateien pro Jahr fehlten bzw. waren nicht vollständig). ¬¬ IGEO in Chisinau (Moldawien), ¬¬ ILAM in Christchurch (Neuseeland), ¬¬ ISTA in Istanbul (Türkei), ¬¬ LHAZ in Lhasa (Tibet, China), ¬¬ MOX2 in Moxa (D), Während des Berichtszeitraums wurden sowohl in Bad Homburg (BADH) als auch in Moxa eine neue Galileo- und GPS L5-fähige Antenne eingebaut. ¬¬ NICO in Nikosia (Zypern), ¬¬ OHI2,OHI3 in O’Higgins (Antarktis), ¬¬ ORID in Ohrid (Mazedonien), ¬¬ PTBB in Braunschweig (D), ¬¬ REYK in Reykjavik (Island), ¬¬ SOFI in Sofia (Bulgarien), Zur lokalen Überwachung des Geodätischen Observatoriums Wettzell ist das „Footprint“Netz mit den Stationen ARBR (Arber), ARNB (Arnbruck), HOWA (Hohenwarth), MILT (Miltach), PRAC (Prackenbach) und WT21 (Wettzell) in der Umgebung von Wettzell eingerichtet. Der Datentransfer von den Messstationen zum Datensammler nach Wettzell ist weitgehend automatisch ausgelegt. Einige Stationen benötigten dennoch gelegentlich einen manuellen Download, wenn technische Probleme vor Ort auftraten, wie Stromausfälle, teilweise durch Gewitter verursacht, oder eine Unterbrechung des Internetdatenverkehrs. In O‘Higgins wurde während eines Sturms im September die OHI3/OHIX-Antenne heruntergeweht. Dabei ist die Befestigungsschraube abgebrochen, mit der die Antennen auf dem Pfeiler befestigt ist. Mit den vor Ort vorhandenen Mitteln konnte durch die anwesende DLRMannschaft eine neue Schraube angefertigt und die Antenne wieder korrekt an ihrem Platz befestigt werden. Der Datenausfall konnte so auf wenige Stunden reduziert werden. Eine Auswertung der seit dem Jahr 1995 in O’Higgins kontinuierlich durchgeführten GNSS-Messungen ist in Abb. 3.5.3-11 dargestellt. Die Höhenkomponente an allen drei Stationen zeigt eine deutliche Landhebung von durchschnittlich 5 mm pro Jahr. Dies hängt vermutlich mit dem Kollaps des Prinz-Gustav Schelfeises im Jahr 1997 zusammen, dem eine Zunahme der Hebungsrate infolge des beschleunigten Abfließens der Inlandgletscher seit dem Jahr 1998 folgt. In ORID gab es einen Einbruch in das GNSS Gebäude, bei dem nichts gestohlen wurde. Es wurden nur alle Stecker rausgezogen, sodass es nur zu einem kurzen Datenausfall kam. In Zukunft wird die Station durch einen Zaun geschützt. Jahresbericht 2012 67 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten (ein Monat vor dem geplanten Antennenwechsel und ein Monat danach) gesammelt. Die noch nicht für zukünftige Aufgaben (Empfang der Galileo-Satelliten und der neuen GPS L5-Signale) tauglich gemachten Stationen werden voraussichtlich im Laufe der nächsten zwei Jahre folgen. Abb. 3.5.4-2: Höhenänderungen der drei GNSS-Stationen in O’Higgins, 3-Tage-Lösungen der letzten Reprozessierung des Center for Orbit Determination in Europe (CODE) GNSS Entwicklungsarbeiten Abb. 3.5.4-3: Eine der neuen, Galileo-tauglichen Antennen in Wettzell (WTZZ) Die Aufrüstung der Stationen HOFN und REYK in Island auf Galileo ist für das Jahr 2013 geplant. Dabei werden erstmals die seit Kurzem geltenden IGS-Richtlinien zu einem Antennenwechsel angewendet. Parallel zur vorhandenen Station werden die Daten einer nahen Station über Für die von Wettzell aus betriebenen GNSS-Stationen wurde die Plattform weiterentwickelt, die den Anforderungen klassischer und den Echtzeitanwendungen Rechnung trägt. Basis dieses Konzeptes ist ein Linux-basiertes Betriebssystem, welches von CDROM, Flashcard oder USB Stick booten kann und ausschließlich im Arbeitsspeicher des Rechners läuft. Die Festplatte wird nur zur Speicherung der Daten benötigt. Damit werden Forderung nach Robustheit und Sicherheit erfüllt. Als Basis kann jeder beliebige i386 Intel-kompatibler Rechner genutzt werden. Zur Datenerfassung kann vorhandene Software eingesetzt werden, die auf Linux lauffähig ist, wie z.B. „EuroRef“ oder der „GNSS Logger“. Abb. 3.5.4-4: Ausbau des CONGO-Netzwerkes Jahresbericht 2012 68 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Globales CONGO Netzwerk Das CONGO Netzwerk (CoOperative Network for Giove Observations) des DLR und BKG für Giove A/B- und GPS L5-Beobachtungen besteht seit 2008, wurde weiter ausgebaut und besteht aus nunmehr 20 Stationen. Regionalnetze Zur Überwachung der geologischen Stabilität der Fundamentalstationen wird im Umkreis von 20 km ein sogenanntes Footprint-Netz betrieben, bestehend aus permanent eingerichteten GPS-Stationen (Abb. 3.5.4-5). Die Koordinaten dieser Stationen werden täglich abgeleitet. Aus der Zeitreihe der Koordinaten können Lageveränderungen festgestellt werden. Die GPSAuswertung erfolgt mit der Berner Software (Version 5.0). fügt über drei und O’Higgins über eines. Die in Wettzell bzw. Concepcion generierten Zeitskalen UTC(Wettzell) bzw. UTC(TTC) sind offizielle Zeitskalen im System des Bureau International des Poids et Mesures (BIPM). Ihre Anbindung an die Weltzeit UTC geschieht mit Hilfe von speziellen GNSS-Empfängern, die Zeitvergleiche mit der GPS-Zeit mit Nanosekunden-Genauigkeit ermöglichen. Das BIPM wertet die Messungen aus und berechnet UTC als Mittel aller beteiligten Cäsium-Atomuhren. Die GPS-Zeitdaten der Stationen Wettzell und TIGO werden je nach Messverfahren wöchentlich oder täglich per Internet dem BIPM zur Verfügung gestellt. Das BIPM berechnet die Ablage der lokalen Zeit UTC(IfAG) bzw. UTC(TTC) gegenüber UTC und veröffentlicht die Ergebnisse monatlich im BIPM-Bulletin „Circular-T“. Für die Bereitstellung der genauen hochstabilen Referenzfrequenzen werden in Wettzell drei (EFOS 18, EFOS 39, EFOS 60), bei TIGO drei (EFOS 20, EFOS 24, EFOS 50) und bei O’Higgins ein Wasserstoffmaser betrieben. Der Maser EFOS 60 der jüngsten Generation (iMaser) wird in Zukunft die TWIN-Radioteleskope mit stabilen Referenzfrequenzen versorgen. In Jahr 2012 wurde ein neuer Frequenzkomparator beschafft, dieser befindet sich zurzeit in der Test- und Erprobungsphase. Mit ihm soll zukünftig die Stabilität und die Qualität des Frequenzübertragungssystems auf der Station genauer als bisher gemessen werden. Abb. 3.5.4-5: Footprint-Netz im Umkreis des Geodätischen Observatoriums Wettzell 3.5.5 Zeit und Frequenz Die Vorhaltung eines hochgenauen Zeit- und Frequenzsystems ist für alle Raummessverfahren von grundlegender Bedeutung. Es dient der Bereitstellung einer präzisen langzeitsta- bilen Zeitskala, damit den Messungen Epochen bezüglich einer global verfügbaren Zeitskala zugeordnet werden können , und der Bereitstellung absoluter bzw. kalibrierter Frequenzen für die Messsysteme. Die Frequenzstabilität der Maser wird von Zeit zu Zeit mit einem Frequenzkomparator überprüft. Werden die drei Eingänge des Komparators mit drei verschiedenen Oszillatoren belegt, so kann die Frequenzstabilität jedes einzelnen Oszillators statistisch ermittelt werden. Abb. 3.5.5-1 zeigt die sehr geringe Allan deviation des neuen Masers EFOS 60 von 3e-16 nach einer Integrationszeit von drei bis sechs Stunden. Auf der Station TIGO liefen alle Frequenznormale störungsfrei. Die automatisierte Zeitübertragung zum BIPM funktionierte zuverlässig. Zur Zeitskalengenerierung stehen in Wettzell fünf Cäsiumfrequenznormale mit entsprechenden Zeitgeneratoren zur Verfügung. TIGO ver- Jahresbericht 2012 69 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.5-1: Allan deviation der drei Wettzeller Wasserstoffmaser bei 100 MHz. Forschungs- und Pilotprojekte Das Zeit- und Frequenzsystem der Station Wettzell ist mittlerweile über 20 Jahre alt. Die Technik sowohl der Zeit- und Frequenzgenerierung wie auch ihrer Übertragung haben sich seitdem – neben dem üblichen Fortschritt – verändert. So basieren innovative Uhren und Übertragungsstrecken auf Lichtpulsen statt auf Mikrowellen. Die kürzere Wellenlänge ermöglicht höhere Genauigkeiten. Die Station Wettzell wurde wegen einer möglichen Anpassung an diese neuen Technologien auf den Prüfstand gestellt. So wurden die aktuellen und zukünftigen erforderlichen Epochen- und Frequenzgenauigkeiten für die einzelnen Messsysteme GPS, SLR (WLRS, SOS-W), Ringlaser und VLBI (RTW, TWIN) eruiert. Die aktuellen Epochengenauigkeiten an den Messsystemen liegen bei ca. 100 ns am physikalischen Signal, das nochmals vermessen auf 10 ns numerisch verbessert werden kann. Im Wesentlichen werden diese Epochen bei SLR und VLBI verwendet. Für die Abb. 3.5.5-2: Graphische Darstellung der Zeitdrift der Zeitnormalem Jan – Oktober 2012 Jahresbericht 2012 Geodäsie bisherigen SLR-Messungen haben diese Genauigkeiten ausgereicht. Zeitübertragungen mit Laserpulsen vom WLRS zur NASA-Raumsonde LRO (wie bereits realisiert) und zur Raumstation ISS (wie ab 2015 geplant) sind bereits mit Genauigkeiten von weniger als 0.1 ns möglich. Um die Zeitübertragungen effektiv zu verbessern, sind höhere Epochengenauigkeiten am Messsystem notwendig. Da bei VLBI die Epochengenauigkeiten der Erdrotationsparameter bei ca. 14 s liegen, reicht die aktuelle Epochengenauigkeit hier völlig aus. Wenn nicht andere Messmethoden an den Radioteleskopen angewendet werden, werden hier diese Epochengenauigkeiten voraussichtlich auch in der Zukunft ausreichen. Um die Frequenzstabilität zu analysieren, wurden Frequenzen in sich und zwischen verschiedenen Übertragungsendpunkten mittels eines Frequenzkomparators evaluiert. Die aus den statistischen Auswertungen resultierenden Allan-Varianzen wurden untereinander verglichen und geben Aufschluss über den aktuellen Stand der Frequenzstabilität. So hat sich z.B. gezeigt, dass eine bereits vorhandene optische Übertragungsstrecke zwischen dem MaserRaum und dem Ringlaser annähernd die Qualität des Masers erreicht. Jedoch haben viele der vorhandenen Frequenzverteiler und -umsetzer zu hohes Phasenrauschen. Um die Frequenzstabilität der Ringlaser-Eigenresonanz gegen den Maser zu evaluieren, ist jedoch eine außerordentlich gute Übertragungsqualität notwendig. Ein alternatives Verfahren zum herkömmlichen Frequenzvergleich unter Verwendung einer Autoregressionstechnik, wie sie beim Ringlaser zur Bestimmung der Sagnac-Frequenz eingesetzt wird (AR2), wurde in diesem Zusammenhang auf ihren allgemeinen Einsatz im Frequenzvergleich geprüft. Für die zukünftige Zeit- und Frequenzverteilung auf der Station wird jedoch ein optisches Konzept vorgeschlagen. Favorisiert wird hierbei ein durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig (PTB) extern frequenzsynchronisierter / -disziplinierter Frequenzkamm. Der optische Kamm verbindet hierbei durch kurze Glasfaserstrecken die Messsysteme untereinander. Ein Sekundenpuls (pps) kann in diese Übertragung hierbei gleich mit eingebettet werden. Die Zeit- und Frequenzkalibration wird dabei entweder passiv oder – wenn nötig – aktiv geregelt ausgeführt. Die 70 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Realisierbarkeit eines solchen Systems wurde bereits gezeigt und ist in der internationalen Literatur verankert. Ein Frequenzkamm ist bereits in der Beschaffung. Für die Umsetzung der optischen Anbindung an die PTB sind vorbereitende Aktivitäten eingeleitet. lich der zeitlichen Variation der Lotrichtung korrigiert werden. Neben der Gezeitenattraktion, die bereits routinemäßig korrigiert wird, spielt zunehmend auch die atmosphärische Attraktion eine Rolle, die aus Wettermodellen des Deutschen Wetterdienstes berechnet wird. 3.5.6 Lokale Messungen Daneben sind in Wettzell zwei Bohrlochneigungsmesser in 6 und 30 m Tiefe installiert, um regionale Neigungen z.B. aufgrund atmosphärischer Auflast von ganz lokalen Effekten, die durch Inhomogenitäten verursacht werden (Geologie-, Topographie- und Cavity-Effekte), unterscheiden zu können. Insbesondere die Zeitreihen des in 30 m Tiefe installierten Askania-Pendels können zur Validierung von lokalen Deformationsmodellen herangezogen werden, wie sie derzeit im Rahmen der Analyse von Ringlaserzeitreihen berechnet werden. Jedes Messsystem unterliegt mehr oder weniger stark lokalen Einflüssen wie Bodendeformationen, Temperatur-, Feuchte- und Luftdruckschwankungen oder lokalen Massenvariationen. Deshalb werden an den geodätischen Observatorien Wettzell und Concepcion eine ganze Reihe von Messinstrumenten eingesetzt, um lokale Effekte aufzuzeichnen. Hierzu gehören Neigungsmesser, Seismometer, hydrologische und meteorologische Instrumente sowie die Vermessung der Referenzpunkte und des lokalen Fixpunktnetzes. Neigungsmessungen Die Überwachung der Orientierung durch Neigungsmesser spielt insbesondere beim Großringlaser „G“ eine wichtige Rolle. Dort wird mit derzeit sieben hochauflösenden PlattformNeigungsmessern permanent die Orientierung des Instruments gemessen und aufgezeichnet. Bevor die Neigungszeitreihen in das RinglaserKorrekturmodell einfließen, müssen sie bezüg- Ein weiterer Neigungsmesser ist in Pfeiler Nr. 21 installiert, um Verkippungen eines typischen Vermessungspfeilers beispielhaft zu dokumentieren. In horizontale Verschiebungen an der Pfeileroberseite umgerechnet, liegen die Werte unter der Auflösungsgrenze der örtlichen Vermessung. Abb. 3.5.6-1: Tagestemperaturen am Observatorium TIGO, Jan. – Oktober 2012 Jahresbericht 2012 71 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Hydrologische Messungen dampfgehalt in der Atmosphäre zu bestimmen. Nachdem das Projekt zur Untersuchung des Einflusses hydrologischer Massenvariationen auf das supraleitende Gravimeter erfolgreich abgeschlossen wurde, werden die Messsysteme, die im Zuge dieses Forschungsprojektes in Wettzell installiert wurden, auch weiterhin betrieben. Im Laufe dieses Jahres wurden die Messeinrichtungen für einen dauerhaften Betrieb weiter optimiert, z.B. durch vollständiges Eingraben der TDR-Sonden und der Verkabelung, durch verbesserten Schutz der Datenlogger und durch die Möglichkeit des Remote-Zugriffs auf alle Systeme. In Concepcion wurden die meteorologischen Daten für das Jahr 2012 problemlos aufgezeichnet. Zur automatischen Kontrolle wurde Software entwickelt und installiert, die täglich eine E-Mail mit den Mittelwerten des Vortages verschickt und monatlich einen Bericht im pdfFormat erstellt. Wegen eines defekten Temperaturfühlers wurden von Ende Juni bis Anfang September 2012 falsche Werte registriert. Die Abb. 3.5.6-1 zeigt deutlich die Effekte. Ursache hierfür war ein korrodierter Steckkontakt. Meteorologische Messungen Die seismologische Station Wettzell (WET) ist mit einem Breitbandseismometer STS-2 ausgestattet und wird von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe betrieben. Sie ist Teil des deutschen seismologischen Regionalnetzes (GRSN). Durch den Einsatz robuster und erprobter Technologie wie z.B. einem ReftekDatenerfassungssystem, einer Anbindung über Glasfaserkabel an das Internet mit Fernwartung und einer Zeitsynchronisation mit GPS ist ein weitgehend autonomer und störungsfreier Betrieb gewährleistet. Zur Berechnung der Refraktionskorrekturen für die Laserentfernungsmessungen sowie für die VLBI- und GPS-Beobachtungen werden meteorologische Parameter benötigt. Hierfür werden in Wettzell kontinuierlich Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Windrichtung und Niederschlag aufgezeichnet. In regelmäßigen Abständen werden die Wetterdaten durch Vergleichsmessungen mit Aspirations-Psychrometern und Absolutbarometern überprüft. Zusätzlich werden Wasserdampfradiometer eingesetzt, um den Wasser- Seismologische Messungen Ein zweites Seismometer befindet sich auf dem Abb. 3.5.6-2: Nordkomponente des Le-3D-Seismometers (oben) und Rotationsseismogramm des Ringlasers (unten), Erdbeben in Norditalien am 29.05.2012 Jahresbericht 2012 72 3.5 Messeinrichtungen des BKG G-Ringlaser und wird zusammen mit den Signalen des Ringlasers und zweier Neigungsmesser mit einer Rate von 20 Hz aufgezeichnet, um die vom Ringlaser gemessene Rotationskomponente seismischer Wellen mit den rein translatorischen Bewegungen in Beziehung setzen zu können. Die Analysen werden vom Institut für Geophysik der LMU München im Rahmen der International Working Group on Rotational Seismology durchgeführt. Zum Schutz vor Bodenschwingungen, wie sie z.B. durch Windkraftanlagen in den Untergrund eingebracht werden können, wurde in diesem Jahr eine seismische Schutzzone mit einem Radius von 5 km um das Observatorium Wettzell eingerichtet. Diese Schutzzone ist beim Bayerischen Landesamt für Umwelt gemeldet und z.B. im Energie-Atlas Bayern einzusehen (http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten ). Lokales Vermessungsnetz Das lokale Vermessungsnetz dient zum einen dem Nachweis der lokalen Stabilität der Referenzpunkte der geodätischen Raumverfahren, zum anderen liefert es die Verbindungsvektoren zwischen den einzelnen Messsystemen, die eine Kombination der verschiedenen Raumverfahren erst ermöglichen. Geodäsie In Wettzell besteht das Vermessungsnetz aus derzeit 25 Pfeilern und 22 Bodenpunkten. Es wurde in diesem Jahr in Lage und Höhe komplett neu vermessen und gleichzeitig auch die geometrischen Referenzpunkte der beiden TWIN-Teleskope, des RTW, des WLRS und des SOS-W eingemessen. Die Messdaten werden demnächst ausgewertet. Das aus sechs Pfeilern, einem Bodenpunkt und zwei Zwischenpunkten bestehende Netz der GARS O’Higgins sowie der Referenzpunkt des Radioteleskops wurde im Jahr 2011 neu vermessen und in diesem Jahr ausgewertet. Die Standardabweichung nach der Netzausgleichung betrug für jeden Punkt weniger als 0,3 mm in der Lage und 0,4 mm in der Höhe. Die Änderungen gegenüber den vorherigen Kampagnen 1996 und 2006 betragen maximal 3 mm in der Lage und 8 mm in der Höhe (vgl. Abb. 3.5.6-3). Die schlechte Reproduzierbarkeit der Höhenwerte liegt daran, dass die Höhen ausschließlich auf Messungen des Höhenwinkels beruhen und nicht auf einem Nivellement. Mit dem Footprint-Netz wird die weiträumigere Umgebung der Station beobachtet um sicherzustellen, dass die mit den Raumverfahren gemessenen Koordinatenveränderungen repräsentativ für die gesamte Region sind. In dem Bereich um das Observatorium Wettzell Abb. 3.5.6-3: Lokales Vermessungsnetz der GARS O’Higgins Jahresbericht 2012 73 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG Abb. 3.5.6-4: Lageänderungen der Pfeiler K2 und K4 sowie des Referenzpunktes des Radioteleskops O’Higgins zwischen den Messkampagnen 1996, 2006 und 2011 kommen fünf permanente GNSS-Stationen zum Einsatz, die eine Region von etwa 15 x 25 km abdecken. Es werden routinemäßig Tageslösungen berechnet, die formale Fehler von 1-2 mm in der Lage und 3 bis 6 mm in der Höhe aufweisen. In den mittlerweile fast 10 Jahre langen Zeitreihen sind keine Driften erkennbar, was die geologische Stabilität der gesamten Region dokumentiert. 3.5.7 Grossringlaser „G“ in Wettzell Ringlaser messen Rotationsbewegungen absolut und hängen nicht von externen Bezugssystemen ab. Darüber hinaus laufen sie kontinuierlich, voll automatisch und sind insbesondere durch ein hohes zeitliches Auflösungsvermögen gekennzeichnet. Darüber hinaus sind sie konzeptbedingt gegen Translationen vollkommen unempfindlich. Gegenwärtig stellen Ringlaser die einzige Technik in den geodätischen Raumverfahren dar, welche einen direkten Bezug zu der momentanen Lage der Erdrotationsachse herstellen. Obwohl das Auflösungsvermögen des G-Ringlasers einzigartig ist, kann es zurzeit noch nicht ganz zu der VLBI Messtech- Abb. 3.5.7: Der G-Ringlaser des Geodätischen Observatoriums Wettzell während der Integration des neuen Frequenzsynthesizers Jahresbericht 2012 74 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG nik aufschließen. Im Verlauf der letzten 15 Jahre wurde die Ringlasertechnologie im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, der Technischen Universität München und der University of Canterbury, (Christchurch, New Zealand) entwickelt. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 9 verschiedene Ringlaserstrukturen mit aktiven Flächen von 1 – 834 m2 aufgebaut und untersucht. Darunter stellt der G-Ringlaser des Geodätischen Observatoriums Wettzell die am weitesten fortgeschrittene und leistungsfähigste Apparatur dar. Abb. 3.5.7 zeigt die Ringlaserstruktur im Jahr 2012. In diesem Jahr wurde durch die Installation eines optischen Frequenzsynthesizers die Skalenfaktorstabilität des Instruments erheblich verbessert (Verringerung der Sensordrift). Durch Vergleich der optischen Frequenz des Resonators mit einer aus dem Wasserstoffmaser abgeleiteten optischen Referenzfrequenz konnte die Druckregelung derart verfeinert werden, dass geringfügige instrumentell bedingte Schwankungen der Abmessungen aufgrund thermischer Variationen erheblich reduziert wurden. Dies führte zu einer Verbesserung der Stabilität des Sensors bis in den Bereich von ∆Ω/Ω ≈ 5 x 10-9 hinein. Die Messungen des G Ringlasers wurden 2012 im Rahmen eines DFG-Forschungsvorhabens mit VLBI-Messungen kom- biniert. Dabei konnte durch die Einbringung der Daten eines einzelnen einkomponentigen Ringlasers (G-Ring) in die Messungen des globalen VLBI-Netzes eine Verbesserung der Bestimmung der y-Komponente der Polbewegung von bis zu 16% und Tageslänge von bis zu 12% erzielt werden. Diese Ergebnisse sind in1 publiziert worden. Die weiteren Arbeiten befassen sich mit der Konsolidierung und Stabilisierung des Leistungsvermögens des G-Ringlasers und der Erhöhung der instrumentellen Betriebszuverlässigkeit. 3.5.8 Automatisierung und Systemsteuerung Projekt „Erhöhung der Automatisierung der Messsysteme und deren Fernsteuerbarkeit“ Aktuelle Entwicklungen in den Messsystemen der geodätischen Raumverfahren, wie z.B. Very Long Baseline Interometry (VLBI) mit Radioteleskopen oder Satellite Laser Ranging (SLR) mit Laserteleskopen zeigen, dass immer mehr Anforderungen an teilautomatische oder automatische Beobachtungsabläufe gestellt werden. Dadurch wird es möglich, ferngesteuert Beobachtungen auch über weite Distanzen hinweg zu starten und zu überwachen. Das zugrundeliegende Steuersystem muss hierbei in der Lage sein, Kommunikationsausfälle zum Beobachter Abb. 3.5.8: Die Verbreitung der Fernsteuersoftware aus Wettzell und Integrationstest während CONT11 1 T. Nilsson, J. Böhm, H. Schuh, U. Schreiber, A. Gebauer, and T. Klügel, “Combining VLBI and ring laser observations for determination of high frequency Earth rotation variation,” Journal of Geodynamics, (2012), doi: 10.1016/j. jog.2012.02.002 Jahresbericht 2012 75 Geodäsie 3.5 Messeinrichtungen des BKG zu überbrücken und dabei eigene Entscheidungen zu treffen. Während die reinen Steuersysteme sukzessive auf diese neue Herausforderung der Remote-Steuerung angepasst werden, wird zudem die Überwachung der Betriebszustände außerhalb der Messsysteme, wie z.B. Motorenleistungen, Temperaturen in Steueranlagen, Klimazustände, Gefahrenpotentiale durch vor Ort agierendes Personal etc., ebenfalls ergänzt. Im Rahmen der Entwicklung eines System Monitorings wurden bereits erfolgreich entwickelte Sicherheitssysteme am WLRS und am SOS-W in Betrieb genommen. Am RTW wird aktuell eine neue Version des System Monitorings für die Erfassung der Invar-Daten, der Teleskopturmtemperaturen und der Motorströme eingesetzt. Diese Überwachung wird in Zukunft weiter ausgebaut. Während schon heute die routinemäßigen Arbeiten während einer Beobachtung komplett von einem Steuersystem (teil-)automatisch ausgeführt werden können, ist der manuelle Eingriff durch einen Beobachter im Falle einer Störung umso wichtiger. So sind beispielsweise die wesentlichen Beobachtungstätigkeiten bei den VLBI-Messungen bereits im Fieldsystem automatisiert, so dass ein komplett automatischer Betrieb durchgeführt werden kann. Dies wird bei den Wochenendsessions bereits regelmäßig praktiziert. Die komplexen technischen Abläufe in den Radioteleskopen selbst bedürfen jedoch einer ständigen Kontrolle vor Ort, um in Fehlersituationen unmittelbar Entscheidungen treffen zu können. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei den Entwicklungen der SLR-Systeme ab. Hier kommt der Überwachung zudem mehr Bedeutung zu, da das Gefahrenpotential vor Ort in den Betriebsräumen durch den Einsatz eines aktiven Lasers wesentlich erhöht ist. Untersuchungen im Hinblick auf Augensicherheit und Flugüberwachung sind aktuell im Gange, wie zum Beispiel die testweise Nutzung eines Transponder-Empfangssystems. Teile der neuen Software werden zudem bereits weltweit an verschiedenen Teleskopen eingesetzt, wie zum Beispiel an den geodätischen VLBI-Antennen in Australien. Ein wichtiger Beitrag hierzu wird in Kooperation mit der TU München im Rahmen des Projekts NEXPReS (siehe Kapitel 3.5.2.7) erbracht. 3.5.9 Informationstechnologie Fachspezifische Dienstleistungen für das geodätische Observatorium Wettzell Nachdem im Jahre 2011 über das Investitionsprogramm der Bundesregierung ein Neuaufbau des Rechnerraumes unter Berücksichtigung des „Green-IT“ Gedankens und die Beschaffung neuer IT für geodätische Messverfahren abgeschlossen werden konnte, war das Jahr 2012 davon geprägt, diese neuen Einrichtungen dem Betrieb zuzuführen. Es konnten einige Rechner virtualisiert werden, das Datensicherungssystem wurde durch neue Festplatten erweitert und die IT-technische Infrastruktur für die TWIN-Teleskope wurde konzipiert und aufgebaut. Die Automatisierung benötigt die erwähnten Parameter, um eigenständig sichere Systemzustände herbeizuführen. Zudem ist die Fernsteuerung ein wesentliches Konzept, um einen Beobachter für mehrere Teleskope einzusetzen bzw. den Zugang von außerhalb zu erlauben. Dazu wurden mehrere Softwareentwicklungen u.a. im Rahmen der neu geschriebenen Erweiterung des NASA Field Systems (e-RemoteCtrl) durchgeführt. In Integrationstests wurde die Software u.a. während der 15-tägigen CONT11Messung mit den Teleskopen am GOW und am TIGO verifiziert. Dies bildet die Grundlage, um die Kontrolle in Zukunft während der Nachtschichten durch andere Stationen durchführen zu lassen bzw. im Gegenzug am Tag die Kontrolle der anderen Stationen zu übernehmen. Jahresbericht 2012 76 Sonstige Aufgaben 4.1 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen 4. Sonstige Aufgaben 4.1 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen 4.1.1 Geschäftsstelle des Interministeriellen Ausschusses für Geoinformationswesen (IMAGI) Zur ressortübergreifenden Koordinierung des Geoinformationswesens beschloss das Bundeskabinett am 17. Juni 1998 unter der Federführung des Bundesministeriums des Innern (BMI), einen ständigen Interministeriellen Ausschuss für Geoinformationswesen (IMAGI) einzurichten. Als Mitglieder sind folgende Ressorts im IMAGI vertreten: BK, BMF, BMVg, BMBF, BMELV, BMU, BMVBS, BMWi. Nicht Mitglieder im IMAGI sind die Ressorts: AA, BMAS, BMFSFJ, BMG, BMJ, BMZ. Als ständige Gäste sind im IMAGI vertreten: AdV, Lenkungsgremium GDI-DE. Auftrag Aus dem Kabinettbeschluss der Bundesregierung vom 17. Juni 1998 (bestätigt am 15. Juli 2008) hat der IMAGI sinngemäß den Auftrag, die nationalen und grenzüberschreitenden Bedürfnisse im Geoinformationswesen zu koordinieren und die hierin liegenden gesamtwirtschaftlichen Chancen in vollem Umfang zu berücksichtigen. Zugleich verbessert der IMAGI auf diese Weise auch die Rahmenbedingungen für den Zugang der Wirtschaft zu Geodaten der öffentlichen Hand, für die Anregung neuer Dienste und die Entwicklung neuer Technologien. Gemeinsam mit den Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden ist der Bund am Aufbau der Geodateninfrastruktur Deutschland (GDIDE) beteiligt. Über den IMAGI koordiniert und berät der Bund seine Position zu Vorschlägen und Beschlüssen des gemeinsamen Lenkungsgremiums GDI-DE. Der international gestiegene Bedarf an öffentlichen Geodaten manifestiert sich heute u.a. durch Initiativen wie INSPIRE (INfrastructure for SPatial InfoRmation in Europe), GMES (Global Monitoring for Environment and Security), GEOSS (Global Earth Observation System of Sys- Jahresbericht 2012 tems) und Galileo (europäisches ziviles Satellitennavigationssystem). Die Koordinierung des Bundes im Rahmen dieser Initiativen erfolgt auch hier u.a. durch den IMAGI. Die Bedeutung der Projekte, die notwendigen finanziellen Ressourcen und Effizienzgewinne, die von einer engen Abstimmung erwartet werden, erfordert eine Ergänzung der bisherigen Koordination durch Steuerung auf der politischen Ebene. Es wurde daher vereinbart, dass sich die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre des Bundes regelmäßig mit den Themen des IMAGI befassen. Meilensteine Einfache und einheitliche Preis- und Nutzungskonzepte wurden in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert und in Studien untersucht. Vor diesem Hintergrund wurde 2011 das IMAGI-Modellvorhaben Lizenz- und Kostenfragen gestartet und 2012 das GeoZG geändert. Ein Konzept zum Qualitätsmanagement für die Geodaten des Bundes wurde vom IMAGI erarbeitet, auf dessen Basis neben dem Architekturkonzept der GDI-DE auch die Technischen Richtlinien mit dem BGeoRG umgesetzt werden können. Internationale Vorhaben wurden durch viele nationale Beiträge beeinflusst und die Steuerung im Bund konnte verbessert werden. Auch wenn 2012 wichtige Meilensteine erreicht wurden, zeigte sich, dass einige Handlungserfolge hinter den Notwendigkeiten zurückblieben. Dies ist z.T. der Vielzahl der Beteiligten sowie der geringen Priorisierung geschuldet und der daraus resultierenden Ressourcenausstattung. Deshalb wird die Bundesregierung eine nationale ebenenübergreifende Geoinformationsstrategie gemeinsam mit den Ländern entwickeln, um Schnittstellen zu bereinigen und Redundanzen zu vermeiden. Geschäftsstelle des IMAGI Die IMAGI-Geschäftsstelle wird zum 1. Januar 2013 vom BKG zum BMI verlagert. Sie bearbeitet weiterhin Beschlüsse und Aufträge des IMAGI gemäß Kabinettsbeschluss vom 17. Juni 1998 (bestätigt 2008) und ist für die Aufrechterhaltung des täglichen Geschäftsbetriebs verantwortlich. Mit der Verlagerung der Geschäftsstelle wird auch die Koordinierungsfunktion 77 4.1 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen des IMAGI gestärkt. Weitere Bundesressorts haben sich entschlossen, aktiv im IMAGI mitzuarbeiten. Sonstige Aufgaben zweijährigem Turnus. Im Jahr 2012 wurde der Vorsitz durch das Land Berlin ausgeübt. Ab dem Jahr 2013 wird das Land Niedersachsen den Vorsitz übernehmen. Ausblick Die größten Herausforderungen des IMAGI liegen zukünftig in der Umsetzung der o.g. EU-Richtlinie, mit der der sog. INSPIRE-Prozess eingeleitet wurde. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, durch zügige Entwicklung ihrer Geodateninfrastrukturen harmonisierte Geodaten und -dienste ab 2015 interoperabel zur Verfügung zu stellen. In den kommenden Jahren 2013/2014 soll auf Basis der nationalen ebenenübergreifenden Geoinformationsstrategie ein Ordnungsrahmen für die gemeinsame Fortentwicklung des Geoinformationswesens in Deutschland geschaffen werden. Der Ordnungsrahmen wird sowohl den rechtlichen, organisatorischen, technischen, als auch den wirtschaftlichen und finanziellen Rahmen beinhalten. In ihm wird insbesondere auch zu klären sein, welche Aufgaben zur staatlichen Grundversorgung gehören und welche Aufgaben ganz oder teilweise durch die Wirtschaft übernommen werden können. 4.1.2 Koordinierungsstelle Geodateninfrastruktur Deutschland (KSt. GDI-DE) Seit 2005 betreibt der Bund gemeinsam mit den Ländern und in Kooperation mit den Kommunalen Spitzenverbänden die Koordinierung der Geodateninfrastruktur Deutschland (GDI-DE). Hierfür wurde im BKG eigens eine Koordinierungsstelle eingerichtet, dessen Personal sich aus Bediensteten des Bundes und der Länder zusammensetzt. Letztere werden in Form von Abordnungen zeitlich befristet an das BKG abgeordnet, um von dieser Stelle aus an dem Vorhaben GDI-DE mitzuwirken. Organisatorisch ist die Kst. GDI-DE der Abteilung Geoinformation als „Referat GI8 - Koordinierung GDI-DE“ zugeordnet. Die strategischen und fachlichen Vorgaben für die Koordinierung GDI-DE werden im Lenkungsgremium GDI-DE (LG GDI-DE) definiert. Dieses setzt sich aus Vertretern des Bundes, der Länder und Kommunalen Spitzenverbänden zusammen. Der Vorsitz des LG GDI-DE rotiert in Jahresbericht 2012 Das Vorhaben GDI-DE einschließlich seiner organisatorischen Strukturen geht auf einen Beschluss der Chefs des Bundeskanzleramts und der Chefs der Staatskanzleien aus dem Jahr 2004 zurück. In dessen Folge wurde in der politischen Zuständigkeit für das E-Government in Deutschland das Netzwerk der GDI-DE eingerichtet (siehe auch: www.gdi-de.org). Das Zusammenwirken zwischen BKG, Koordinierungsstelle und Lenkungsgremium ist in einer Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern verbindlich geregelt. Diese beinhaltet organisatorische und finanzielle Regelungen sowie die fachliche Zielsetzung, welche den Aufbau und Betrieb der GDI-DE sowie die Koordinierung der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE) umfasst. Im Zuge der Koordinierung GDI-DE unter Berücksichtigung der Anforderungen der Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE) wurde in den vergangenen Jahren ein verbindliches Netzwerk geschaffen, das den föderalen Strukturen Deutschlands gerecht wird. So ist es der Koordinierungsstelle GDI-DE möglich, Konzepte, Projekte und Prozessabläufe unter Einbeziehung des Bundes, aller Länder und der Kommunalen Spitzenverbände abzustimmen bzw. abzuwickeln. Diese Organisationsstruktur schließt ein, dass im Rahmen der GDI-DE sowohl bei Bund als auch bei den Ländern fachübergreifende Kommunikationsstrukturen für die Belange der GDI-DE nutzbar sind. Bezogen auf den Bund ist dies die Einbeziehung des IMAGI und seiner Arbeitsgruppen (siehe 4.1.1). In der Kst. GDI-DE wurden 2012 viele Projekte in enger Kooperation mit dem IMAGI (Gst. und AG IMAGI) durchgeführt. Hierzu gehören die Konzeption und die Freischaltung eines Geoportals für Deutschland als technischer Zugang zu den Geodaten und –diensten des Bundes und der Länder (www.geoportal.de). Einen für den Aufbau der GDI-DE elementar wichtigen Meilenstein stellt das mit Ländern und kommunalen Spitzenverbänden 2010 verabschiedete Architekturkonzept GDI-DE V2.0 78 Sonstige Aufgaben 4.1 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen dar. Es enthält sowohl die wichtigsten Standards der GDI-DE als auch die Beschreibung der technisch zentralen Komponenten der GDI-DE. Hierzu gehören: Geodatenkatalog.de GDI-DE Registry Geoportal.de GDI-DE Testsuite 2012 wurden der Geodatenkatalog und die Testsuite erfolgreich betrieben und weiterentwickelt. Das Geoportal.de wurde in einer ersten Pilotphase auf der Cebit 2012 freigeschaltet. Auf der Intergeo 2012 wurde der endgültige Betrieb aufgenommen. Die Registry wurde für eine öffentliche Ausschreibung im Rahmen eines Modellprojekts und eines in der Kst. erstellten Lastenheftes vorbereitet. Die Auftragsvergabe und Fertigstellung der Anwendung wird für 2013 erwartet. Neben der funktionalen Beschreibung dieser Komponenten enthält die Architektur der GDIDE V2.0 einen Masterplan, der die Umsetzung der GDI-DE anhand der wichtigsten Meilensteine bis 2012 beschreibt. Das Architekturkonzept wurde im August 2010 von Bund, Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden verabschiedet und ist unter www.gdi-de.org (Dokumente) als Download verfügbar. Ein wichtiges Handlungsfeld der KSt. GDI-DE ist die Koordinierung der Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE). INSPIRE verpflichtet die Mitgliedsstaaten auf der Basis existierende Geodateninfrastrukturen Geodaten und – dienste interoperabel zur Verfügung zu stellen. Deutschland hat das LG GDI-DE als nationale Anlaufstelle für die Umsetzung der Richtlinie benannt. Die Koordinierungsstelle nimmt hierfür die operativen Aufgaben wahr, unter anderem für die Wahrnehmung der in der Richtlinie festgelegten Berichts- und Überwachungspflichten seitens der Mitgliedsländer(INSPIREMonitoring). Hierfür ist es notwendig, betroffene Geodatensätze und –dienste bei Bund, Ländern und Kommunen zu identifizieren und anhand von Indikatoren hinsichtlich ihrer INSPIRE-Konformität zu kennzeichnen. Die Ergebnisse des von der KSt. GDI-DE gesteuerten INSPIRE-Monitoringprozesses sind unter http://www. gdi-de.org/inspire/monitoring veröffentlicht. Jahresbericht 2012 Ausblick Im Jahr 2011 wurde von der Kst. GDI-DE der notwendige Aufwand für den Betrieb der GDI-DE unter Berücksichtigung der oben genannten zentralen Komponenten untersucht. Im Jahr 2012 hat das LG anhand der Ergebnisse des Projekts die bestehende Verwaltungsvereinbarung evaluiert und weitere Mittel für den nachhaltigen technischen Betrieb der GDI-DE in Aussicht gestellt. 2013 soll auf der Grundlage der neuen Verwaltungsvereinbarung neben der Koordinierung GDI-DE auch der rechentechnische Betrieb der zentralen Komponenten im BKG angesiedelt werden. 4.1.3 Ständiger Ausschuss für geographische Namen (StAGN) Der Ständige Ausschuss für geographische Namen hat als zentrale Aufgabe die Vereinheitlichung des amtlichen und privaten Gebrauchs geographischer Namen im deutschen Sprachraum. Die Geschäftsstelle des StAGN, der im Jahre 1959 vom Bundesministerium des Innern (BMI) eingerichtet wurde, befindet sich im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG). Informationen zum StAGN, Veröffentlichungen des StAGN und auch ein Informationsblatt zu den Tätigkeiten und Zielen der Expertengruppe der Vereinten Nationen für geographische Namen (UNGEGN) sind unter www.stagn.de abrufbar. Im Jahr 2012 hat der Ständige Ausschuss für geographische Namen zwei Arbeitssitzungen durchgeführt: die 131. Sitzung im März im Vermessungs- und Katasteramt Dortmund und die 132. Sitzung im Oktober im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Rostock. Wichtige Themen bei den Sitzungen waren bei der Frühjahrssitzung die Vorbereitung von Beiträgen für die 10. VN-Konferenz zur Standardisierung geographischer Namen im August und bei der Herbstsitzung die Diskussion der Ergebnisse der VN-Konferenz, insbesondere der Handlungsbedarf in den StAGN-Mitgliedsländern zu den angenommenen neuen Umschriftsystemen für das Ukrainische und das Bulgarische. An der 10. VN-Konferenz in New York 2012 nahmen mehrere StAGN-Mitglieder teil, teilweise mit offiziellen Funktionen als Leiter von Arbeitsgruppensitzungen. 79 4.1 Mitarbeit in nationalen und internationalen Organisationen 4.1.4Bundesgrenzangelegenheiten Zu den Aufgaben des BKG gehört die fachtechnische Beratung der für die Grenzangelegenheiten zuständigen Bundesressorts (Auswärtiges Amt und Bundesministerium des Innern), die seitens des BKG von Dr. H. Wilmes wahrgenommen wird. Hierzu zählte die Mitarbeit des BKG in gemischten Grenzkommissionen mit den jeweiligen Nachbarländern und in technischen Arbeitsausschüssen, in denen auf deutscher Seite jeweils Bundes- und Ländervertreter zusammenarbeiten. Am 07.03.2012 trat der Technische Arbeitsausschuss der deutsch-niederländischen Grenzkommission zu seiner jährlichen Arbeitssitzung in Arnheim (Niederlande) zusammen. Die Besprechungsthemen bezogen sich auf die Vereinheitlichung der Grenzkoordinaten im europäischen Referenzsystem ETRS89. Die Vergleiche der transformierten Koordinaten beider Staaten zeigen, dass die Abweichungen unter 0,1 m bleiben. Es wurde beschlossen, dass abgestimmte Koordinaten der Grenzpunkte baldmöglichst an das Projekt „State Boundaries of Europe“ innerhalb von EuroGeographics abgegeben werden können. Die 16. Tagung der deutsch-tschechischen Grenzkommission wurde in der Zeit 22.25.05.2012 in Karlovy Vary (Karlsbad) in der Tschechischen Republik abgehalten. Bei der Tagung berichteten die Koordinatoren der Arbeiten für den Teil der Grenze des Freistaates Sachsen und für den Teil der Grenze des Freistaates Bayern über ihre Verhandlungen und über die Instandhaltungs- und Neuvermessungsarbeiten. Das Arbeitsprogramm für den nächsten Überprüfungszeitraum wurde vorgestellt und von der Grenzkommission beschlossen. Sonstige Aufgaben lauf wiederhergestellt und vermarkt werden. Dies betraf Maßnahmen etwa beim Bau einer neuen Brücke über ein Grenzgewässer oder notwendige Sanierungsmaßnahmen am Grenzgewässer Salzach. Das neue Arbeitsprogramm für die Gemischte Technische Gruppe wurde diskutiert und genehmigt. Die zweite Sitzung der deutsch-polnischen Grenzkommission fand in der Zeit vom 23.10.26.10.2012 in Berlin statt. Im Rahmen der Sitzung wurde der Entwurf einer Richtlinie zur Überprüfung des Verlaufs und des Zustands der Vermarkung der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen erörtert. Es erwies sich als erforderlich, dass die Richtlinie von der Gemeinsamen Technischen Gruppe weiter bearbeitet wird. Die Grenzkommission billigte den Vorschlag der Gemeinsamen Technischen Gruppe, wegen der alterungsbedingt schlechten Materialbeschaffenheit der Grenzsteine diese in ihrer Gesamtheit auszutauschen. Diese Maßnahme steht allerdings unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit der hierfür erforderlichen Haushaltsmittel. Für den geplanten Zeitraum für die Grenzüberprüfung von ca. 10 Jahren wurde ein Zeitplan für die grundlegende Überarbeitung des vorhandenen Grenzurkundenwerks vorgelegt. Verschiedene dringende Baumaßnahmen an der Grenze sowie Maßnahmen an den Grenzgewässern wurden diskutiert und entschieden. Es erfolgten hierzu zwei zusätzliche Treffen der deutschen Delegation im Auswärtigen Amt und im BMI in Berlin zur Vor- und Nachbearbeitung der Themen. Die 36. Tagung der deutsch-österreichischen Grenzkommission fand vom 13.-15.6.2012 in Passau statt. Bei den Verhandlungen legten die Leiter der technischen Gruppen ihre Berichte über die im Bearbeitungszeitraum ausgeführten Arbeiten und die Zusammenkünfte vor. Neben den durchgeführten Arbeiten zur Überprüfung der Grenzzeichen wurden auch verschiedene geplante Baumaßnamen an der Staatsgrenze behandelt. Vor Beginn der Baumaßnahmen müssen die Grenzzeichen gesichert und nach Abschluss der Arbeiten der korrekte Grenzver- Jahresbericht 2012 80 Sonstige Aufgaben 4.2 Sonderaufgaben 4.2Sonderaufgaben 4.2.1Ausbildung Kartographin/Kartograph ab 2011: Geomatikerin/Geomatiker Die Abteilung Geoinformationswesen bietet eine 3-jährige Berufsausbildung für jeweils fünf Auszubildende pro Jahr an. Der Prüfungsausschuss II-Süd des Bundesverwaltungsamtes nimmt jährlich die vorgeschriebenen Zwischen- und Abschlussprüfungen ab.Von den Azubi des BKG haben 2012: drei Azubi die Zwischenprüfung im Ausbil- dungsberuf „Geomatikerin / Geomatiker“ und fünf Azubi die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf „Kartograph / Kartographin“ erfolgreich bestanden. Abb. 4.2.1-1: Die Azubi nach erfolgreich bestandenen Prüfungen Jahresbericht 2012 81 4.2 Sonderaufgaben Sonstige Aufgaben Feinmechanische Versuchswerkstatt Die Feinmechanische Versuchswerkstatt des BKG hat im Berichtszeitraum 2012 neben der Tätigkeit als Ausbildungswerkstatt an verschiedenen Projekten der Abteilungen Geodäsie, Geoinformationswesen und Zentrale Dienste mitgewirkt. Für spezielle Einsatzzwecke bei geodätischen Messaufgaben erfolgte die Fertigung von Gerätehalterungen und Spezialzubehör für die Höhenmessung im GREF-Netz. Die Abb. 4.2.1-2 zeigt eine Kompaktwetterstation mit variabler Abspannung zur Aufstellung auf Zentrierpunkten für Normstative. Abb. 4.2.1-3: Halterung für 0,5“ Corner-Cube Reflektoren, die auf ein Messinstrument ausgerichtet werden können Abb. 4.2.1-4: Antennenträger Abb. 4.2.1-2: Wetterstation auf dem Dienstgebäude in Leipzig Für das Referat Z3 Organisation und Öffentlichkeitsarbeit wurde eine Ausschneide-Vorrichtung (Abb. 4.2.1-5) angefertigt. Für das Geodätische Observatorium Wettzell wurden Spezialkomponenten für die Bestimmung der IVS Referenzpunkte der VLBI-Radioteleskope gefertigt. Für die Kombination verschiedener Raumverfahren sowie bei der Realisierung des ITRS sind lokale Vermessungen an Kolokationsstationen notwendig. Abb. 4.2.1-4 zeigt eine speziell angefertigte Messgerätehalterung für das Referat Photogrammetrisch-Fernerkundliche Informationsgewinnung, die beim mobilen Einsatz in einem Dienstkraftwagen zur Anwendung kommt. Jahresbericht 2012 Abb. 4.2.1-5: Schneidvorrichtung 82 4.2 Sonderaufgaben Sonstige Aufgaben Abb. 4.2.1-6: Gradientenstativ für ein Relativgravimeter Für den Bereich der Schweremesstechnik wurden Reparaturen und Neuanfertigungen von Messzubehör durchgeführt. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz wurden zwei Spezialstative für ein Relativgravimeter konstruiert, mit deren Hilfe vertikale Schweregradienten gemessen werden. Der Schweregradient wird zur Umrechnung der Absolutschweremessungen auf eine vorgegebene Bezugshöhe benötigt. Als Demonstrationsobjekt für den Aufbau einer GNSS-Permanentstation wurde das Modell einer GREF-Station im Maßstab 1:1 aufgebaut. Die Ausbildungswerkstatt beteiligte sich an der Durchführung des „Girls‘ Day 2012“, mit dem jungen Mädchen der Zugang zu technischen Berufen eröffnet werden soll. Zunächst erfolgte ein theoretischer Überblick über den „Ausbildungsberuf Feinwerkmechaniker“; danach bot sich die Gelegenheit für praktische Arbeiten an der Werkbank.. Abb. 4.2.1-8: Übungsarbeiten anlässlich des „Girls‘ Day 2012“ an der Graviermaschine Abb. 4.2.1-7: Modell einer GREF-Permanentstation Jahresbericht 2012 83 4.2 Sonderaufgaben Als Anschauungsobjekte wurden zwei maßstäbliche Komponenten des in Wettzell im Bau befindlichen VLBI Twin-Teleskops aufgebaut. Sie sollen zur Demonstration der Arbeitsweise dieses neuen Messsystems dienen. Sonstige Aufgaben 4.2.2 Veröffentlichungen des BKG An Publikationen wurden im Berichtszeitraum fertiggestellt: Mitteilungen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie, Band 48 „ILRS - Proceedings of the 17th International Workshop on Laser Ranging”. May 16 – 20. 2011, Bad Kötzting, Germany Abb. 4.2.1-9: Modell Twin-Teleskop In der Werkstatt werden laufend drei bis vier Auszubildende im Lehrberuf Feinwerkmechaniker ausgebildet, die sich auf Teil 1 und Teil 2 der Gesellenprüfung vorbereiten. Nach Abschluss ihrer Berufsausbildung eröffnen sich den ausgebildeten Fachkräften interessante Aufgabengebiete und gute Chancen am Arbeitsmarkt. Jahresbericht 2012 84 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AAA AC AdV AG AGeoBw AGS AFIS AIUB ALIAS AK ALKIS ATKIS Basis-DLM BIPM BKG BMI BMVBS BSH BSW CDDIS CEFOP CLC CODE CRS-EU DBBC DGFI DGM DHHN DLM DLR DNSC DOP DREF-Online DSGN DSRS DTK EBM ECGN EDC EGM EGN Jahresbericht 2011 AFIS-ALKIS-ATKIS Analysezentrum Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland Absolutgravimeter Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr Amtlicher Gemeindeschlüssel Amtliches Festpunktinformationssystem Astronomisches Institut der Universität Bern Absorption Line Analysing Spectrometer Arbeitskreis Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem Digitales Basis-Landschaftsmodell Bureau International des Poids et Mesures Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Bundesministerium des Innern Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Bernese SoftWare Crustal Dynamics Data Information System Center for Optics and Photonics Corine Land Cover Zentrum für Satellitenbahnbestimmung in Europa Informationssystem für europäische Koordinatenreferenzsysteme Digital BaseBandConverter Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München Digitales Geländemodell Deutsches Haupthöhennetz Digitales Landschaftsmodell Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Danish National Space Center Digitales Orthophoto Deutsches Referenznetz-Online Deutsches Schweregrundnetz Deutsches Schwerereferenzsystem Digitale Topographische Karte EuroBoundaryMap European Combined Geodetic Network EUROLAS Data Center EuroGlobalMap EuroGeoNames Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis EOP EPN ERIS ERM ESA ESDIN ETH ETRS EU EUREF EuroDEM EUROLAS Eurostat eVLBI EVN EVRF EVRS FU GARS GCG05 GDI-DE GDZ GEOSS GFZ GGP GGOS GGSP GIAC GIUB GMES GNSS GOCE GRACE GREF HF HVAC IAG IAU ICRF IERS IERS DIS Jahresbericht 2011 Erdrotationsparameter EUREF-Permanentnetz (EPN) Earth Rotation Information System EuroRegionalMap European Space Agency (Europäische Weltraumbehörde) European Spatial Data Infrastructure Network Eidgenössische Technische Hochschule (in Zürich) European Terrestrial Reference System Europäische Union Europäisches Referenznetz Gesamteuropäisches Geländemodell European Satellite Laser Ranging Consortium Statistisches Amt der Europäischen Union Electronic VLBI European VLBI Network European Vertical Reference Frame European Vertical Reference System Freie Universität (in Berlin) German Antarctic Receiving Station German Combined (Quasi) Geoid 2005 Geodateninfrastruktur Deutschland GeoDatenZentrum des BGK Global Geodetic Observation System of Systems GeoForschungsZentrum (in Potsdam) Global Geodynamic Project Global Geodetic Observing System Galileo Geodetic Service Provider GGOS Inter-Agency Committee Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn Global Monitoring for Environment and Security Global Navigation Satellite System Gravity Field and steady-state Ocean Circulation Explorer NASA Gravity Recovery And Climate Experiment Integriertes Geodätisches GNSS-Referenznetz Hochfrequenz Heating, Ventilation & Air Conditioning = Klimatechnik International Association of Geodesy International Astronomical Union International Celestial Reference System (Himmelspol) Inernational Earth Rotation and Reference Systems Service IERS Daten- und Informationssystem Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis IfAG IfE IGS ILRS IMAGI INAV INSPIRE ITRF IVS JOG LAC LC LAU LGLN LIDAR LLR LMU LRO MPIfR NASA NEXPReS NGBD NICT NRT NRW NTRIP NUTS OGC OLS OVF POI PPP PRARE PTB RTCM RTW SAPOS SAR SG SLR Jahresbericht 2011 Institut für Angewandte Geodäsie Institut für Erdmessung der Universität Hannover International GNSS Service International Laser Ranging Service Interministerieller Ausschuss für Geoinformationswesen National Institute for Astrophysics, Italien Infrastructure for Spatial Information in Europe International (IERS)Terrestrial Reference Frame International VLBI Service Kartenserie Joint Operations Graphic Lokales Analysezentrum Land Cover Local Administrative Unit Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen Light Detection and Ranging Lunar Laser Ranging Ludwig-Maximilian-Universität (in München) Lunar Reconnaissance Orbiter Max-Planck-Institut für Radioastronomie National Aeronautics and Space Administration (US-Bundesbehörde für Luft- und Raumfahrt) Novel EXploration Pushing Robust e-VLBI Services Nationale Geodatenbasis National Institution of Inforamtion and Communication Technology (Japan) Echtzeitnahe (Parameterschätzung) Nordrhein-Westfalen Network Transport of RTCM via Internet Protocol Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques Open Geospatial Consortium Open Location Service Orbit Validation Facility Points of Interest Precise Point Positioning Precise Range And Range-Rate Equipment Physikalisch Technische Bundesanstalt (in Braunschweig) Radio Technical Commission for Maritime Services Radioteleskop Wettzell Satellitenpositionierungsdienst Synthetic Aperture Radar Supraleitende Gravimeter Satellite Laser Ranging Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis SOS-W SRTM StAGN StBA TGVF THW TIGO TRF TTW TUM UELN USV UT1 UTC UTM VG VLBI VMF1 WFS WLRS WMS WMTS Jahresbericht 2011 Satellite Observing System Wettzell Shuttle Radar Topography Mission Ständiger Ausschuss für geographische Namen Statistisches Bundesamt Time & Geodesy Validation Facility Technisches Hilfswerk Transportables Integriertes Geodätisches Observatorium Terrestrial Reference Frame Twin Teleskop Wettzell Technische Universität München United European Levellin Network Unterbrechungsfreie Stromverteiler Universal Time No. 1 Coordinated Universal Time Universal Transverse Mercator (Koordinatensystem) Verwaltungsgrenzen Very Long Baseline Interferometry Vienna Mapping Function Web Features Service Wettzell Laser Ranging System Web Map Services Web Map Tile Service