LLP/ERASMUS 2012/13 Zeitraum: ganzes Jahr Gastland: Polen Gastuniversität: Krakau (UJ) Programm: Erasmus via Fachbereich 16 studierte Fächer an Gasthochschule: Humanmedizin Name:* Email:* (* Angaben werden vor Veröffentlichung auf unserer Webseite gelöscht.) Datum: 10.07.2013 LLP/ERASMUS ERFAHRUNGS – BERICHT (ausformulierte Version) Bevor ich im Wintersemester 2012/13 nach Krakau ging, hatte ich schon sehr viele gute Sachen über die Stadt gehört, insbesondere von ehemaligen Erasmus-Studenten – alle waren begeistert! – und wie sich herausstellen sollte, wurden meine dadurch schon von Anfang an hohen Erwartungen im Verlauf des Jahres nicht enttäuscht – im Gegenteil. Jedem, der sich für einen ErasmusAuslandsaufenthalt entscheidet, kann ich nur empfehlen, ein ganzes Jahr im Ausland zu verbringen. Diejenigen, die nach einem halben Jahr (nachdem man sich vielleicht gerade richtig eingelebt hat) wieder nach Hause fahren mussten, haben sich sehr geärgert – der Rest konnte sich auf den Frühling und Sommer in der Gaststadt freuen. Es gibt bereits sehr gute Berichte zum Thema Krakau auf der Erasmusseite im Internet, daher will ich mich vor allem auf persönliche Erfahrungen und Ratschläge konzentrieren. Warum Krakau? Bei mir war diese Entscheidung unter anderem davon beeinflusst, dass meine Eltern beide aus Polen kommen und ich mein Geburtsland vorher nur sehr oberflächlich kannte, von Urlauben und Erzählungen her. Ich war neugierig, wie sich das polnische Studentenleben anfühlt und war, obwohl mir die polnische Kultur von Anfang an nicht fremd war, sehr gespannt darauf, wie es sich für mich dort ein Jahr leben und studieren würde. Auf die Idee, nach Krakau zu gehen, kam ich durch einen Freund und Kommilitonen, der ohne irgendwelche polnische Wurzeln einfach großes Interesse an dem Land hatte. Wir beide gingen vielleicht mit etwas unterschiedlichen Vorstellungen ins Erasmusjahr und dennoch kann ich aus der Perspektive heraus sagen, dass sich diese Entscheidung sowohl für Leute, die Polen schon kennen, als auch für die, die noch nie einen Schritt nach Polen gesetzt haben, unheimlich lohnt. Die polnische Stadt der Könige (welche die Hauptstadt Warschau in vielerlei Hinsicht in den Schatten stellt) mag weiterhin für einige weniger bekannt sein als Städte in Frankreich oder Spanien, aber gerade deshalb ist Krakau für mich ein echter Geheimtipp. Eine Stadt, die einen in seinen magischen Bann zieht. "Nirgendwo lebt man so sehr von der Kraft der Einbildung und so wenig von der Realität wie in Krakau." (Tadeusz Boy-Zelenski) Wer sich für Polen und die polnische Mentalität interessiert, dem kann ich wärmstens die Bücher von Steffen Möller, einem deutschen, seit Jahren in Polen lebenden Kabarettisten, Schauspieler und Autor, empfehlen, der sich zur Studienzeit bei einem Polnischkurs in Krakau in Land und Leute verliebt hat und für immer dort geblieben ist. Auf eine humorvolle Art und Weise kann man so schon vorab einige polnische Eigenheiten kennenlernen und stellt fest, dass Polen und Deutschland zwar Nachbarländer, aber doch in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich sind. Die bekanntesten Bücher sind: „Viva Polonia – Als deutscher Gastarbeiter in Polen“ (2008) und „Expedition zu den Polen – Eine Reise mit dem Berlin-Warszawa-Express“ (2012). Vorbereitender Sprachkurs Aufgrund meiner Polnischkenntnisse habe ich mich gegen den von Erasmus angebotenen Sprachkurs entschieden, kann ihn aber dennoch dringend empfehlen. Man wohnt einen Monat mit einer Gruppe von anderen Erasmuslern zusammen in einem alten polnischen Studentenwohnheim (zumindest für einen Monat eine Erfahrung wert, zwei Studenten pro Zimmer), durchlebt die ersten Begegnungen mit der Sprache und der Kultur, kann an den wichtigsten Stadttouren, Ausflügen, Museumsbesichtigungen etc. teilnehmen und macht seine ersten Bekanntschaften mit dem viel-, vielvielversprechenden Krakauer Nachtleben. Viele von meinen Erasmus-Freunden beschreiben diesen ersten Monat als einen der Besten des gesamten Austauschjahres. Es ist außerdem eine gute Möglichkeit, sich vor Semesterbeginn gemeinsam auf Wohnungssuche zu begeben. Erste Schritte Die Bewerbung war sehr unproblematisch, Herr Barta hilft einem mit dem Papierkram bis zur Abreise in Deutschland, in Polen ist die Ansprechpartnerin Agnieszka Wilk ([email protected]). Ihr Büro befindet sich im Dekanat des Collegium Medicum. Sie ist grundsätzlich sehr hilfsbereit, verlor aber manchmal etwas den Überblick über die belegten Kurse, Fristen usw. Daher lohnt es sich, bei Unsicherheiten einfach noch mal nachzufragen (auch telefonisch) oder eine Email zu schreiben. Wenn ihr ratlos seid, könnt ihr euch in verschiedenen Angelegenheiten auch immer im ESN-Büro helfen lassen. Dort arbeiten polnische Studenten, die den Erasmuslern bei der Wohnungssuche etc. beistehen und zudem Ausflüge und Partys organisieren (Facebook-Seite: ESN UJ Krakow). Wohnungssuche Bei der Wohnungssuche hilft das ESN-Büro oder man macht sich selbst auf die Suche. Eine beliebte Internetseite mit Wohnungsannoncen ist www.gumtree.pl (das polnische Pendant zu wg-gesucht). Es besteht außerdem die Möglichkeit, im Studentenwohnheim (2-Bett-Zimmer) zu wohnen, die meisten Erasmus-Studenten, die ich kennen gelernt habe, wohnten eher in WGs. Besonders beliebt zum Wohnen ist die Altstadtnähe und das alte jüdische Viertel Kazimierz. Ich hatte das Glück, dass mein Kommilitone, der am Polnisch-Vorkurs teilnahm, bereits mit zwei anderen Erasmusstudenten über gumtree.pl eine schöne, komplett möblierte und eingerichtete Altbauwohnung fand, in die ich als vierter in der WG einziehen konnte. Da Erasmus-Studenten bekanntlich bereit sind, mehr für die Wohnungen zahlen als polnische Studenten, gibt es spezielle Wohnungsangebote extra „for Erasmus students“ mit dem Vorteil, dass man sich um die Einrichtung und Möbel meist nicht mehr zu kümmern braucht, da die Wohnungen extra auf eine kurze Mietdauer ausgelegt sind. Kurse Frau Wilk teilt euch in alle Kurse ein (das Internetportal USOS, zu welchem ihr Zugang bekommt, ist abgesehen vom Polnischkurs - für Mediziner eher uninteressant). Ihr habt die Möglichkeit auf polnisch oder englisch zu studieren. Ich hatte einen Kurs auf polnisch, was die Erfahrung wert war, dennoch empfehle ich (allen polnisch sprechenden Erasmuslern) möglichst die englischen Kurse zu belegen. Die Lehrenden bekommen dafür mehr Geld, was sich oftmals auf die Unterrichtsgestaltung auswirkt, und man hat oft einen gewissen Erasmusbonus (d.h. man ist flexibler in der Planung, hat bei Bedarf eine zusätzliche mündliche Prüfung etc.). Ein Beispiel: In den englischen Kursen kommt es vor, dass man alleine oder in kleinen Gruppen von einem Arzt abgeholt und rund um die Uhr betreut wird, während man in den polnischen Kursen in großen Gruppen den halben Tag damit beschäftigt ist, den betreuenden Arzt erstmal ausfindig zu machen. Ähnliches habe ich mehrfach erlebt, daher bin ich der Meinung, dass die englischen Kurse in der Mehrheit die bessere Wahl sind. Die Kurse dauern meist länger als in Frankfurt (6 Wochen Pädiatrie), sind dafür aber sehr lehrreich. Viele Ärzte geben sich trotz häufiger Schwierigkeiten mit der Sprache außerordentlich viel Mühe beim erklären und man hat sehr oft das Gefühl, dass die Ärzte einem wirklich etwas beibringen wollen. Bei den Anamnesen sind sie Übersetzer und im Umgang mit den Studenten bis auf Ausnahmen sehr angenehm und hilfsbereit. Auch die Patienten wirkten auf mich zum Großteil sehr kooperativ. Dadurch habe ich viele Krankheitsbilder gesehen und zum ersten Mal richtig verstanden. Abgesehen davon gibt es die Möglichkeit, einen semesterbegleitenden Polnisch-Sprachkurs (2x zwei Stunden pro Woche) zu belegen. Anhand eines Einstufungstests (fällt weg, wenn man den Vorkurs bereits belegt hat) wird man zu einer den Sprachkenntnissen entsprechenden Stufe (A1-C2) zugeteilt. Die Sprachkurse sind auf jeden Fall zu empfehlen, man lernt neben der Sprache auch Interessantes über Polen und lernt neue Leute kennen. International Office in Krakau Krzysztof Byrski, ul. Straszewskiego 25. Bei ihm bekommt ihr euren Studentenausweis (Passbild erforderlich) und lasst euch Ankunft und Abreise auf dem „Confirmation of Period of Studies“Dokument abstempeln (wichtiges Dokument!). Erasmus-Koordinatorin im Collegium Medicum Agnieszka Wilk, ul. Św. Anny 12. Sie teilt euch in die medizinischen Kurse ein, gibt euch den „Index“ (eine gelbe Karte für den direkten Nachweis eurer Studienleistungen, wird am Ende kopiert und ins Transcript of Records übertragen) und kümmert sich um das Learning Agreement. Transportmittel Der Nahverkehr (Busse, Straßenbahnen, Taxis) ist vergleichsweise günstig, im Zentrum ist das meiste jedoch auch zu Fuß gut zu erreichen. Alle medizinischen Kurse befinden sich zentral (abgesehen von Pädiatrie im Stadtteil Prokocim). Ich empfehle, euch in der Hala Targowa oder sonstigen Geschäften ein gebrauchtes Fahrrad zu kaufen. Eine gute Internetseite und App mit Fahrplanauskünften (Bus, Straßenbahn) ist „Jakdojade.pl“. Zugfahrten durch Polen sind sehr, sehr günstig (50% Studentenrabatt), dauert jedoch wesentlich länger als mit dem Auto. Was die Strecke Krakau-Frankfurt/Frankfurt-Krakau angeht, waren die Flüge meistens zu teuer, daher haben wir oft den Bus (www.eurolines.de, wenn man Glück hat 29 Euro pro Strecke) genommen. Dieser fährt zwar 14-15 Stunden über Nacht aber ist für einen Reisebus ziemlich bequem. Ein paar Tipps In Krakau gibt es so viele Erasmusstudenten, dass man nie alleine ist – im Gegenteil, man kann sich vor lauter Unternehmungen und Partys kaum retten. In Kontakt mit polnischen Studenten kommt man auch. Daher wird jeder, der in Krakau Erasmus macht, sehr schnell die besten Orte zum Essen, Trinken, Weggehen etc. kennenlernen. Hier einige unserer Krakauer „Standards“: Zentrum: Der „Rynek“ (größter Marktplatz Europas, das „Herz“ und Zentrum Krakaus) „Wawel“ (das Königsschloss und die Drachenlegende) Die Milchbars („Bar mleczny“, typisch polnisches Essen zum günstigen Preis in kleinen Restaurants im Kommunismus-Stil. Beispielsweise das bekannte und eher touristische „Temida“ auf der ul. Grodzka, oder unser kleine, sehr polnische Favorit „Górnik“ auf der ul. Dolnych Mlynów 4). „Koko“ auf der ul. Gołębia (vor allem der Keller, studentisches Essen zum kleinen Preis). „Nowa Prowincja“ (Café) und „Spokój“ (Bar) auf der ul. Bracka. „Pijalnia” (Bar im mit kommunistischem Flair, kleine polnische Speisen, u.a. Tatar) auf der ul. Szewska und auf dem Plac Nowy. „Ambasada Śledzia“ (Bar/Kneipe) auf der ul. Stolarska. All-you-can-eat-Sushi (Mo-Fr, sehr gut!) auf der ul. Tomasza. Jüdisches Viertel Kazimierz: Zentrum der Bars und Clubs, vor allem: „Alchemia“ (Bar mit Clubkeller) und andere Bars rund um den Plac Nowy. „Piękny Pies“ (Lieblingsclub, Freitags oder Samstags) und „Kalashnikov“ (Reggae-Club) auf der ul. Bożego Ciała. Polnisches Essen: Pierogi, Barszcz, Zurek, Golabki… „Juwenalia“, das polnische Spring Break im Mai mit Studentenparade, Konzerten und anderen Veranstaltungen (nicht verpassen!) Der Jordana-Park und die Blonia zum Joggen, Inline-Skaten, Radfahren, Spazieren, Picknicken. Zakrzowek (See zum Baden mit großen Felsen, schönste Aussicht über Krakau) Zakopane (Wandern und Skifahren) Auschwitz (KZ-Denkmal) und Wieliczka (Salzmine) „Żubrówka“, ein muss!!! Und viele, viele Attraktionen mehr… Nur als Anregung, ich will auch nicht alles vorwegnehmen. Fest steht: Ihr werdet euch sicher nicht langweilen! Nach der Abreise Beim International Office (seit 2013 auf dem Campus Westend) sind bis zum Stichtag folgende Unterlagen einzureichen: - standardisierter Erfahrungsbericht - persönlicher Erfahrungsbericht - Confirmation of Period of Study - Learning Agreement - Official Transcript (das einzige Dokument, das auch verspätet eingereicht werden darf) Anerkennung medizinischer Kurse Zur Anerkennung medizinischer Kurse kontaktiert man Herrn Dr. Melamed. Ihm zeigt man am besten den Index (gelbe Karte) mit den detaillierten Kursbeschreibungen. Fazit: Krakau war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Wählt Krakau und ihr werdet es nicht bereuen. Tolle Leute, tolle Stadt, tolles Land! Viel Spaß in Polen!