DERMATOLOGISCHE KLINIK MIT POLIKLINIK Universitätsklinikum Erlangen Lichen ruber planus PATIENTENINFORMATION © 2002 Dermatologische Klinik mit Poliklinik des Universitätsklinikums Erlangen | 16 NULL EINS WERBEAGENTUR, Erlangen Lichen ruber planus (Knötchenflechte) ist eine relativ seltene Hauterkrankung. Etwa 1% der Gesamtbevölkerung ist betroffen. Was ist Lichen ruber planus? Wie bekommt man diese Erkrankung? Ist sie heilbar? Hier werden wir näher auf die Erkrankung eingehen und diese Fragen beantworten. Lichen ruber planus ist eine harmlose, chronischentzündliche Erkrankung, die vor allem die Haut und die Schleimhäute betrifft und starken Juckreiz verursachen kann. In seltenen Fällen können Haarboden und/oder Nägel befallen sein. Die Krankheit kann sehr lästig, manchmal sogar quälend sein. Lichen ruber planus ist keine infektiöse Erkrankung. Es ist weder möglich, sich bei jemandem mit Lichen ruber planus anzustecken, noch ist es möglich, falls man selber betroffen ist, diese Krankheit an jemanden „weiterzugeben“. Die Krankheit ist keine Krebserkrankung. Sie scheint nicht vererbt zu sein und ist nicht von der Ernährung abhängig. Die Ursache ist im wesentlichen unbekannt. Lichen ruber planus und Lichen ruber der Mundschleimhaut (Lichen ruber mucosae) kann in einigen Fällen durch bestimmte Medikamente (Blutdruck, Herz-, Arthritismedikamente) ausgelöst oder verschlechtert werden. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Lichen ruber planus tritt weltweit Was ist Lichen ruber planus? und in jedem Alter auf, vorwiegend jedoch ab der Lebensmitte. Ohne eine geeignete Behandlung dauert die Erkrankung im Durchschnitt zwischen 8 und 12 Monaten, bevor sie von selbst abheilt. Die Hautveränderungen bei Lichen ruber planus sind gekennzeichnet durch rötlich-livide, matt glänzende, abgeflachte, pyramidenstumpfartige Papeln, die in der Regel starken Juckreiz verursachen. Diese Papeln stehen meist herdförmig in kleinen oder auch größeren Gruppen, die zu Platten verschmelzen können. An der Oberfläche findet man meist eine feine weißliche Streifung. Obwohl die Läsionen überall auftreten können sind Handgelenk- und Knöchelinnenseiten, Streckseiten der Unterschenkel und die Haut über dem Sitzbein am häufigsten betroffen. Relativ häufig sind auch Mund- und/oder Genitalschleimhaut betroffen. In diesen Fällen spricht man von Lichen ruber mucosae. In seltenen Fällen kann sich die Krankheit an Haaren und Nägeln manifestieren. Obwohl das klinische Erscheinungsbild des Lichen ruber planus oftmals typisch und somit leicht zu identifizieren ist, ist möglicherweise eine Hautbiopsie nötig, um die Diagnose zu sichern. Symptome: In 20 % der Fälle verursacht der Lichen ruber planus nur minimale Symptome und ist daher nicht behandlungsbedürftig. In vielen Fällen jedoch ist der Juckreiz sehr stark ausgeprägt und kann mitunter quälend sein. Manifestationen des Lichen ruber planus an der Haut Der Lichen ruber planus ist eine selbstlimitierte Erkrankung. In den meisten Fällen bildet sich die Erkrankung innerhalb von 8-12 Monaten spontan zurück. Nach Abheilung findet man oft eine stärkere Pigmentierung der vormals betroffenen Haut. Auch diese Läsionen verschwinden mit der Zeit ohne Behandlung. Bei etwa einem von fünf Patienten kann die Erkrankung auch noch nach Jahren wieder auftreten. Therapeutische Maßnahmen Bei den Patienten, bei denen ein Medikament als Auslöser festgestellt werden kann, bildet sich die Erkrankung nach Absetzen des Medikamentes wieder zurück. Bei gering ausgeprägten Befall der Haut kann eine Therapie gegen den Juckreiz oft hilfreich sein und zu einer Verbesserung der Hauterscheinungen führen, bis sie schließlich von selbst abheilen. Es gibt keine Behandlung, die immer zum Erfolg führt. Die gebräuchlichste Behandlung besteht aus lokal angewendeten Kortikosteroiden. Sie helfen, die Entzündungsreaktion der Haut und den Juckreiz zu reduzieren. Antihistaminika in Tablettenform vermindern vor allem den Juckreiz. Auch teerhaltige Präparate können zur Anwendung kommen. Ausgeprägtere Formen des Lichen ruber planus machen den Einsatz stärkerer Medikamente notwendig, so wie innerliche Anwendung von Kortikosteroiden oder PUVA-Therapie, eine spezielle Form der Lichttherapie mit UV-Bestrahlung. Bei einigen Patienten können auch Vitamin-A-SäureAbkömmlinge zur Therapie eingesetzt werden. Ebenso ist manchmal eine Behandlung mit Cy- closporin-A, einem Medikament, dass die körpereigene Abwehr unter-drückt, notwendig. Als sehr wirksam hat sich eine Kombination o.a. Medikamente erwiesen. Man sollte unbedingt Hautverletzungen vermeiden, da dadurch neue Läsionen des Lichen ruber planus provoziert werden können. Geduld und Befolgen des ärztlichen Rates sollten die Therapie unterstützen. Lichen ruber der Schleimhaut (Lichen ruber mucosae) Bei etwa einem Drittel der Patienten mit Lichen ruber planus ist die Mundschleimhaut befallen. Die Mundschleimhaut kann aber oft auch allein, ohne Körperherde, betroffen sein. Lichen ruber der Mundschleimhaut befällt vor allem die Wangeninnenseiten, Gaumen und Zungenrand. Die Genitalschleimhaut kann ebenfalls befallen sein. Die Herde imponieren als farnkrautartige streifige weißliche Zeichnungen und sind meist symptomlos. Ausgeprägtere Formen können zu oberflächlichen aber auch tiefgreifenden Defekten an der Schleimhaut führen und dadurch sehr schmerzhaft sein. Der Lichen ruber mucosae ist schwieriger zu behandeln und dauert typischerweise länger. Eine Biopsie aus dem betroffenen Areal muss in der Regel durchgeführt werden, um die Diagnose zu sichern. Manchmal müssen sogar mehrere Biopsien zu verschiedenen Zeitpunkten entnommen werden. Zusammen mit dem Lichen ruber mucosae kommt oft eine Pilzinfektion der Mundhöhle vor. Ist dies der Fall, sollte zunächst die Pilzinfektion behandelt werden. In seltenen Fällen können Lichen ruber ähnliche allergische Reaktionen auf Zahnersatzmaterialien vorkommen. Erst nach allergologischer Abklärung und Sicherung dieses Zusammenhanges sollte ein Austausch des Zahnersatzes erfolgen, da diese Maßnahme mit nicht unerheblichem Zeit- und finanziellen Aufwand für die Patienten verbunden ist. Oftmals ist aufgrund fehlender Beschwerden eine Behandlung des Lichen ruber mucosae nicht notwendig. Ausgeprägtere Formen mit Schmerzen, Brenngefühl, Rötungen, flächigen offenen Stellen und tiefergehenden Schleimhautdefekten können mit einer Vielzahl von Medikamenten behandelt werden, entweder lokal, d.h. nur äußerlich oder intern. Auch hier kommen Kortikosteroide und Vitamin-A-Säure- Abkömmlinge zur Anwendung. Gute Erfolge werden auch mit Salben erzielt, die lokale Immunsuppressiva enthalten. Ausgeprägtere Fälle können äußerst therapieresistent sein. Therapie des Lichen ruber mucosae Es ist wichtig, Patienten mit Lichen ruber mucosae regelmäßig zu kontrollieren. Die Erkrankung kann zu schlechtem Zahnzustand und zur Paradontose führen. Hiervon betroffene Patienten können sich gerne in unserer Spezialsprechstunde für Mundschleimhauterkrankungen vorstellen: Terminvereinbarung unter: 0 91 31- 8 53 27 84. Ist der Lichen ruber mucosae gefährlich? Wenn der Lichen ruber mucosae sehr ausgeprägt ist und insbesondere, wenn die Unterseite der Zunge mitbetroffen ist, ist das Risiko, einen bösartigen Tumor im Mundbereich zu bekommen, zweifach gegenüber der Normalbevölkerung erhöht. Daher wird empfohlen, keinen Alkohol mehr zu trinken und nicht zu rauchen, da dies ebenfalls Risikofaktoren für bösartige Tumoren im Mundbereich darstellen. Alle 6 bis 12 Monate sollte eine Kontrolle beim Hautarzt erfolgen. Diese Kontrolle kann selbstverständlich auch in unserer Spezialsprechstunde (s.o.) vorgenommen werden. Lichen ruber mucosae und Nahrung Gewürzte Speisen, Zitrusfrüchte und -fruchtsäfte, Tomatenprodukte, koffeinhaltige Getränke wie Kaffee und Cola, hartes Brot oder Chips sollten – wenn möglich – ganz vermieden werden, da sie den Lichen ruber mucosae verschlechtern und damit den Heilungsprozess verzögern können. Nagelbefall Nagelveränderungen kommen in etwa 10 % der Fälle von Lichen ruber planus vor. Die Nägel können aber auch allein befallen sein. Die Veränderungen resultieren aus der entzündlichen Zerstörung der Nagelmatrix oder Nagelwurzel. Dies führt zu einer Herabsetzung der Produktion von Nagelsubstanz. In der Regel sind nur wenige der Finger- oder Fußnägel betroffen. Nagelveränderungen im Zusammenhang mit Lichen ruber planus umfassen: Längsriffelung, Einsenkung des Nagels, Aufsplitten des Nagels, Nagelverdünnung sowie Nagelverlust. In ausgeprägten Fällen kann der Nagel zeitweise oder auch für immer zerstört werden. Setzt die Therapie rechtzeitig ein, kann der Prozess gestoppt werden. Ansonsten ist der Nagelverlust nicht rückgängig zu machen. Kopfhautbefall Die Kopfhaut kann zusammen mit Hauterscheinungen aber auch – selten – alleine befallen sein. Diese Form des Lichen ruber nennt man Lichen ruber planopilaris. Der Lichen ruber planopilaris führt zur Entzündung der Haarfollikel, woraus ein zunächst kleinfleckiger bleibender Haarausfall resultiert. Die Herde können verschmelzen und so zu einem totalen Haarverlust führen. Symptome bestehen nicht. Zur Diagnosestellung ist eine Biopsie von der Kopfhaut notwendig. Therapeutisch kann man zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung intern Kortikosteroide anwenden, die in der Regel den Haarverlust verbessern, aber nicht vollständig verhindern können. Autorin: Dr. C. Voigtländer Dermatologische Klinik mit Poliklinik Universitätsklinikum Erlangen Hartmannstraße 14 D–91052 Erlangen Telefon 0 9131- 8 53 3164 http://www.derma.imed.uni-erlangen.de