Erkrankungen des Verdauungstraktes - Innere

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Erkrankungen des Verdauungstraktes
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
1. Erkrankungen der Speiseröhre (Ösophagus)
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Aufgaben der Speiseröhre sind:
y v.a. Transport der Speise in den Magen (in Form einer geordneten Kontraktionswelle in Richtung Magen mit Öffnen des oberen Ösophagussphincters beim Schlukken und des unteren Ösophagussphincters am Zwerchfelldurchtritt zur Kardia des
Magens hin wenige Sekunden später. Dieser Transport erfolgt notfalls auch gegen
die Schwerkraft.
y Verhinderung von Rückfluß des Mageninhalts
Wichtige Erkrankungen des Ösophagus beruhen auf einer Störung dieser Funktion:
y bei der Achalasie erschlafft der untere Ösophagussphincter nicht bzw. nicht zeitgerecht
y beim diffusen Ösophagusspasmus verlaufen die Kontraktionen des Muskels ungeordnet
y bei der Refluxkrankheit schließt der untere Sphincter nicht richtig ab und es kommt
zum Rückfluß von Mageninhalt
Häu Häufige Erkrankungen der Speiseröhre sind:
y Refluxkrankheit, evtl. in Kombination mit einer Hiatusgleithernie
y Ösophaguskarzinom
y Ösophagusvarizen ⇐ diese werden im Zusammenhang mit der Grundkrankheit, der
Leberzirrhose behandelt.
y Selten, aber eindrucksvoll ist die Achalasie (s.o.)
Leitsymptome:
y Dysphagie: Pat. berichten über Schmerzen oder über ein Fremdkörpergefühl beim
Schlucken, das Geschluckte könne nur mit Widerstand passieren, es müsse gut gekaut werden, um geschluckt werden zu können.
y Sodbrennen: Brennen hinter dem Brustbein, oft nachts und nach größerem Essen,
evtl. salziger Mundgeschmack, Besserung nach Nahrungsaufnahme (vorrübergehend).
y Regurgitation: Wiederhochwürgen unverdauter und nicht nach ‚Magen‘ schmekkender Speisereste
1.1. Achalasie
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Erkrankung unbekannter Ätiologie, bei der es infolge einer neuromuskulären Störung
nicht zu einer Erschlaffung des unteren Ösophagussphincters beim Schluckakt
kommt. Die Speisen bleiben daher in der Speiseröhre regelrecht hängen.
Selten, 1:100.000
y Dysphagie, Regurgitation unverdauter Speisen, häufig auch unbemerkt über
Nacht (Speisereste auf dem Kopfkissen), heftige an Angina pectoris erinnernde
Schmerzen nach dem Schlucken mit retrosternalem Druck und Ausstrahlung in den
linken Arm
y Verschlimmerung der Beschwerden bei psych. Belastung, nach Genuß kalter Getränke, Brot, Fleisch und Äpfel
y Wiederholte Lungeninfekte wegen Aspiration (meist unbemerkt)
y Dagegen wirken die Pat. körperlich meist wenig beeinträchtigt, erst in weit fortgeschrittenen Fällen kann es zur Kachexie kommen.
y Ösophagusbreischluck: Sollte immer bei der Angabe einer Dysphagie, auch in
Ergänzung zur Ösophagogastroskopie erfolgen, da hierbei auch die ganze Beweglichkeit der Speiseröhre während des Schluckaktes festgestellt werden kann. Typisch
für die Achalasie ist der proximal erweiterte Ösophagus und eine fehlende Öffnung
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des unteren Sphincters. Das Kontrastmittel entleert sich nicht oder sehr verzögert in
den Magen
y Ösophagogastroskopie: Ist oft wenig erfolgreich, da bei der Achalasie auch ‚nüchterne‘ Pat. Speisereste im Ösophagus haben. Ansonsten dient die Endoskopie v.a.
dem Ausschluß anderer Ursachen einer Dysphagie, v.a. dem Karzinom
y Ösophagusmanometrie: Druckmessung im Ösophagus mit Hilfe eines Magenschlauches und Meßfühlern. Dabei liegen die Druckverhältnisse im unteren Ösophagussphincter deutlich über der Norm. Mit Hilfe der Monometrie kann man die Achalasie besonders gut gegen andere funktionelle Störungen des Ösophagus, z.B. den diffusen Ösophagusspasmus abgrenzen.
y Ösophaguskarzinom
y Ösophagusspasmus
y Sklerodermie, eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die mit diffusen Veränderungen am Ösophagus einhergeht. Wird später besprochen.
y Konservative medikamentöse Therapie mit Ca-Antagonisten (Adalat als Kapsel
direkt vor den Mahlzeiten). Diese Medikamente senken den Tonus des unteren
Sphincters.
y Ösophagusdilatation mittels Ballon. Der Ösophagus wird auf 2,5 bis 3 cm aufgeweitet (300-400 mmHg Druck auf dem Ballon), sodaß die Muskelfasern überdehnt
werden. Das Verfahren kann auch mehrfach wiederholt werden. Wichtigste Gefahr
der Maßnahme ist natürlich die Perforation. Beschwerdebesserung wird in 70 bis
90% der Fälle nach ein- oder mehrfacher Dehnung erreicht. Operative Maßnahmen
werden nur bei Therapieversagern angewendet.
1.2. Refluxkrankheit
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Sehr häufige Erkrankung des Gastrointestinaltraktes mit Insuffizienz des unteren
Ösophagussphincters und Rückfluß von Mageninhalt. Ein gelegentlicher Reflux ist
normal, führt er zu regelmäßigen Beschwerden, spricht man von der Refluxkrankheit
y 10% der Bevölkerung haben zumindest zeitweise Beschwerden in Richtung Refluxkrankheit
y 10% haben auch eine Entzündung, die durch den aggressiven Magensaft ausgelöst
wird
y 10% der Pat. mit Refluxösophagitis entwickeln Gewebeschäden (sog. BarettÖsophagus)
y 10% der Pat. mit Barett-Ösopohagus entwickeln ein Ösophaguskarzinom
Die eigentliche Ursache bleibt fast immer ungeklärt (sog. primäre Refluxkrankheit),
begünstigende Faktoren sind jedoch: Adipositas, Schwangerschaft, Alkohol, Nikotin,
axiale Hiatusgleithernie
Durch den gehäuften Reflux kommt es zu einer Entzündung der Speiseröhre (Ösophagitis) aufgrund des Einwirkens des aggressiven Magensaftes. Besteht diese Entzündung chronisch, können sich die Plattenepithelien des Ösophagus in Zylinderepithel, wie es im Magen vorkommt, umwandeln (Metaplasie). Diese Metaplasien neigen
gehäuft zur malignen Entartung.
y in 75% der Fälle Sodbrennen, besonders im Liegen und nach Mahlzeiten
y Luftaufstoßen (60%)
y Schluckbeschwerden, v.a. wenn bereits eine Ösophagitis besteht
y salziger Geschmack nach dem Aufstoßen
y Endoskopie: Kann den Reflux nicht direkt sehen, aber typische Schleimhautschäden einer Refluxkrankheit nachweisen. Anhand der nachgewiesenen Schäden wird
die Refluxkrankheit in Stadien eingeteilt.
y bei schweren Schleimhautschäden Biopsie Æ Gefahr der malignen Entartung
y Langzeit-pH-Messung in der Speiseröhre: liegt der pH in der Speiseröhre längere
Zeit unter 4, liegt ein pathologischer Reflux vor.
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Narbige Veränderungen des Ösophagus, Zylinderepithelmetaplasien und letztlich
Ösophaguskarzinom
1. Allgemeinmaßnahmen: bei geringen Becshwerden und fehlenden fortgeschrittenen Schleimhautveränderungen genügen einfache Maßnahmen wie:
y kleine Mahlzeiten, abnehmen
y Oberkörper in der Nacht hochlegen
y Verzicht auf Nikotin und Alkohol
2. Medikamente:
y Säurehemmende Therapie mittels H2-Blocker (Zantic, Sostril) oder Protonenpumpenhemmer (Antra, Pantozol)
y Tonussteigernde Medikamente, die den unteren Ösophagussphincter tonisieren
sollen: Propulsin, Paspertin
3. Operation: nur in Ausnahmefällen Fundoplicatio nach Nissen, endoskopische Operation, bei der der untere Sphincter durch eine Manschette verstärkt wird. Ist die
Verstärkung zu gut, resultieren daraus Beschwerden wie bei der Achalasie.
1.3. Ösophaguskarzinom
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Meist Plattenepithelkarzinom mit später Symptomatik, aber früher Metastasierung,
was seine schlechte Prognose erklärt.
Gesicherte begünstigende Faktoren sind: Alkohol (v.a. hochprozentiger), Rauchen,
schwere Refluxkrankheit mit Barrett-Ösophagus, vorausgegangene Laugenverätzung
des Ösophagus
Die Karzinome entstehen überwiegend im mittleren bis unteren Drittel. Da die Speiseröhre nicht
von Serosa überzogen ist, breitet sich das Karzinom meist bereits schon in die Umgebung aus,
bevor es das Lumen nach innen verlegt. Metastasen entstehen meist in den umgebenden
Lymphknoten. Außerdem wächst das CA häufig
in benachbarte Strukturen ein (Aorta!).
Dysphagie! Die Beschwerden kommen meist
erst, wenn der Zug bereits abgefahren ist und
bereits LK-Metastasen bestehen.
y Endoskopie: Bioptische Sicherung des
Verdachtes, aber cave: oft ist innen noch gar
nicht viel zu sehen, während das CA schon
längts
die
Umgebung
in die Umgebung
wächst. wächst.
y Ösophagusbreischluck: Kann häufig besser die genaue Längsausdehnung des
CA erfassen. Im Bereich des CA stoppt die Peristaltik
y CT und Sono: Erfassung von Infiltrationen in Nachbarorgane und Metastasen.
1. Kurative Therapie: Nur ein Drittel der Pat. werden mit kurativer Absicht operiert,
dabei wird die Speiseröhre mit großem Sicherheitsabstand entfernt und die benachbarten Lymphknoten mitgenommen. Die fehlende Speiseröhre wird durch den nach
thorakal hochgezogenen Magen ersetzt.
2. Palliative Therapie:
y Die Bestrahlung des Ösophagus führt häufig zu einem Rückgang des CA, von Heilung kann in aller Regel nicht die Rede sein, die 5-Jahres-Überlebensrate liegt unter
5%.
y Eine Chemotherapie schlägt beim Ösophagus-CA gar nicht an.
y Bei progredienter Dysphagie kann die Engstelle des Ösophagus aufgelasert werden
und mit einem Stent versorgt werden. Dieser kann eine zeitlang die Engstelle offenhalten
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y frühzeitig, solange es noch einfach geht, sollte darüber hinaus eine PEG angelegt
werden, um die Ernährung des Pat. sicherzustellen.
2. Magen und Duodenum
2.1. Gastroduodenale Ulcuskrankheit
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Überbegriff für Ulcuserkrankungen des Magens und/oder des Duodenums, die aufgrund gleichartiger Ursachen, Symptome und Therapie hier als Einheit behandelt
werden können.
Man unterscheidet zwischen
y dem akutem Streßulkus als einmaligem Ereignis, meist als Folge einer physisch
und/oder psychisch stark belastenden Situation und
y dem chronisch-rezidivierenden Ulcusleiden
1. Stress: Jeder massive Stress kann zu einer Durchblutungsstörung im Bereich der
Magen- und Duodenalschleimhaut führen, diese wiederum schwächt die normalen
protektiven Mechanismen, sodaß die aggressive Magensäure Schleimhautschäden
setzen kann. Besonders bei schweren intensivpflichtigen Erkrankungen (z.B. Traumata, Verbrennungen) kommt es ohne Schutzmaßnahmen fast immer zu stressbedingten peptischen Läsionen.
2. Hyperazidität: Magensaft ist aufgrund seiner verdauenden Eigenschaften und
aufgrund seines sauren pH’s potentiell aggressiv gegen die Schleimhäute. Diese
schützen sich mit verschiedenen Mechanismen gegen diesen Angriff: Schleimsekretion, Neutralisierung des Magensaftes im Duodenum durch Pankreassekret. Diese
protektiven Mechanismen können gestört sein (siehe 1.) oder die aggressiven Faktoren überwiegen. Genußmittel (Nikotin, Alkohol) und Medikamente (hier v.a. die
nichtsteroidalen Antiphlogistika, allen voran Diclofenac [Voltaren]) födern die Hyperazidität und schädigen selbst die Schleimhäute.
3. Helicobacter pylori: Vor einigen Jahren völlig neu identifizierte Ursache des Ulcus. Dieses Bakterium überlebt auch im Magen und besiedelt die Schleimhaut. Es
kann diese schädigen und ist v.a. verwantwortlich für Rezidive zu machen. Die Therapie gegen dieses Bakterium hat die Therapie des Ulcusleidens revolutioniert.
y 4/5 aller Ulcera des Magens finden sich an der kleinen Kurvatur. Ulcera der großen Kurvatur sind bis zum Beweis des Gegenteils karzinomverdächtig!
y Ulcera des Duodenums finden sich meist im Bulbus, manchmal findet man zwei
sich direkt gegenüber liegende Ulcerationen (kissing ulcers).
Typisches Symptom der Ulcera ist der eher bohrende Schmerz im mittleren Oberbauch, dieses Symptom ist aber nicht obligat. Beim Ulcus duodeni können die
Schmerzen bei Nüchternheit betont sein und sich auf Nahrungsaufnahme bessern.
y Die Endoskopie ist das sicherste und genaueste Diagnostikinstrument. Sie ist einfach anzuwenden und bietet bei bestimmten Komplikationen (Blutung) auch gleich
Möglichkeiten der Therapie. Ein Ulcus muß immer biopsiert werden, um ein Karzinom
auszuschließen und um ggf. einen Nachweis von Helicobacter pylori durchzuführen.
y Früher wurden Kontrastmitteluntersuchungen des Magens und Duodenums
durchgeführt. Diese dienen heute nur noch besonderen Fragestellungen und sind
nicht mehr als Routinediagnostik geeignet.
1. Allgemeinmaßnahmen: Weglassen von Noxen Æ Vermeiden von Nikotin und
Alkohol, leichte Kost, Weglassen ulcerogener Medikamente (ASS, Voltaren etc.)
2. Therapie mit säurehemmenden Substanzen:
y Antazida (z.B. Riopan, Maaloxan, Rennie): Mittel, die Magensäure einfach
neutralisieren. Sie haben einen Soforteffekt, allerdings reagiert der Magen auf
den pH-Anstieg meist mit vermehrter Säuresekretion, sodaß es zur reaktiven
Hyperazidität des Magens kommen kann.
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y Histamin-2-Rezeptorenblocker (H2-Blocker; z.B. Zantic, Ranitic, Sostril):
Blockieren die Histaminrezeptoren des Magens, die normalerweise säurestimulierend wirken. Durch die H2-Blockade kann die Säureproduktion um etwa
50% reduziert werden.
y Protonenpumpenhemmer (z.B. Antra, Pantozol): Blockieren direkt den
Pumpmechanismus der Magenzellwand, mit dem Salzsäure in das Magenlumen abgegeben wird. Die Säuresekretion kann mit diesen Mitteln bis auf Null
gebracht werden. Sie werden daher besonders bei schweren Ulcera eingesetzt.
y Anticholinergika (z.B. Gastrozepin): Blockieren den Vagusnerv, der normalerweise säurestimulierend wirkt. Gastrozepin wird v.a. bei Patienten in der Intensivmedizin eingesetzt, weil es bei Beatmeten
Vorteile haben soll. Sonst ist es kaum im
Einsatz.
3. Eradikationstherapie: Da man inzwischen
weiß, daß Helicobacter pylori eine entscheidende
Rolle bei der Ulcusentstehung, besonders aber bei
rezidivierenden Ulcera mit Komplikationen spielt,
versucht man den Keim durch eine Kombinationstherapie zu beseitigen. Diese Eradikation wird
bei unkomplizierten Ulcera nach histologischem
Keimnachweis, bei komplizierten Ulcera mit Komplikationen auch ohne Nachweis durchgeführt.
y Intravenöses Therapieschema: Amoxycillin (Clamoxyl) und Metronidazol
(Clont) als Antibiotika in Kombination mit einem Protonenpumpenhemmer
y Orales Therapieschema: Clarithromycin (Klacid) und Metronidazol (Clont)
plus Protonenpumpenhemmer
Siehe Abbildung!
y Penetration: Durchbrechen des Ulcus in das Nachbarorgan Pankreas mit Pankreatitis. Therapie: Operation
y Perforation: Bei der Perforation bricht das Ulcus frei in die Bauchhöhle durch. Folge: Austritt von Magen- und Darminhalt in die Bauchhöhle mit Gefahr der Peritonitis;
vitale OP-Indikation
y Stenose: Narbige Verengung des Magenausganges nach rezidivierenden Ulcera.
Symptome: unstillbares Erbrechen; Therapie: OP
y Blutung: Siehe Kapitel ‚gastrointestinale Blutung‘ weiter unten
y Entstehung eines Magenkarzinoms in einem chronischen Ulcus: Die Wahrscheinlichkeit einer Karzinomentstehung bei einem Ulcus ventriculi ist klein (3%), beim
Ulcus duodeni gar nicht vorhanden. Wahrscheinlicher ist, daß ein Karzinom als einfaches Ulcus interpretiert wird Æimmer Biopsien entnehmen!
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2.2. Magenkarzinom
Fallvorstellung: Ein 45jähriger Mann wird stationär eingewiesen, nachdem er bereits unter
einer ungeklärten starken Gewichtsabnahme von 7 kg in 5 Wochen leidet, er klagt, er habe
auch keinen richtigen Appetit mehr, entgegen seinen früheren Gewohnheiten zieht er an
Gerichten eher Leichtes und Pflanzliches vor, Fleisch und Wurst ekelt ihn. Auf Nachfragen
bestätigt der Pat., er sei in den letzten Wochen mehrfach schweißgebadet nachts aufgewacht, Fiebermessungen haben immer leicht erhöhte Temperaturen erbracht (um 38°C).
Seinen Freunden sei aufgefallen, daß er blass und abgespannt wirke.
Untersuchung: Pat. in reduziertem AZ und EZ, Cor und Pulmo ohne Befund, Abdomen ohne
Befund, keine Lymphknoten tastbar. Haut und Schleimhäute angedeutet blass.
Labor: Anämie, Eisenmangel, Sturzsenkung, positiver Hämoccult, ansonsten keine Auffälligkeiten.
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y Karzinogene in der Nahrung: Nitritsalze und Nitrosamine (gepökeltes und geräuchertes Essen), Nikotin
y Vorerkrankungen, die zum Magenkrebs disponieren: chronische Gastritis Typ A,
chronische Helicobacter-pylori-assoziierte Gastritis, Magenpolypen
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Die Einteilung kann verschiedenen Klassifikationen erfolgen. Die Einteilung nach
LAUREN sieht zwei Gruppen vor:
y Intestinaler (polypöser) Typ: Gut abgegrenzt wachsendes Karzinom mit polypöser
Vorwölbung, bessere Prognose
y Diffus-infiltrativer Typ: Schlecht abgrenzbar, in die Wand diffus einwachsender
Tumor ohne polypöse Vorwölbung, schlechtere Prognose
Von den fortgeschrittenen Tumoren hebt sich das Magenfrühkarzinom (Stadium T1
nach TNM-Klassifikation) ab, daß meist per zufälliger Gastroskopie entdeckt wird. Es
hat eine wesentlich bessere Prognose.
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Die Metastasierung erfolgt
y lymphogen in die direkt benachbarten Lymphknoten des Magens
y Hämatogen: Leber Æ Lunge Æ Knochen und Gehirn
y Peritoneosis carcinomatosa: Tumorzellaussaat in das Bauchfell, häufig begleitet
von Aszites
y Krukenberg-Tumor: ‚Abtropf‘-Metastase eines Magen-CA auf ein Ovar (Verdachtsdiagnose zunächst: Ovarial-Tumor)
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Kommen meist spät, selten Frühsymptome, häufig steht zunächst nur eine gewisse
Inappetenz im Vordergrund; eine neu aufgetretene Abneigung gegen Fleisch ist
immer ein Alarmzeichen und sollte zur Gastroskopie führen.
Weitere Symptome:
y B-Symptomatik: Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
y Anämie (durch okkulte Blutungen)
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y Suchtest: Nachweis von Blutspuren im Stuhl mittels Hämoccult-Test
y Gastroskopie: Wichtigstes Verfahren zur Diagnostik und bioptischen Sicherung
y Endosonographie: Nachweis der Tiefenausdehnung des Karzinoms in die Wandschichten des Magens
y Röntgenkontrastmittelaufnahme des Magens: Bei unklarer Ausdahnung des Karzinoms in Richtung Ösophagus bzw. Duodenum kann das Röntgenverfahren hilfreich
sein, da man die Karzinomausdehnung an der Wandstarre der infiltrierten Magenwand erkennt.
y Staging-Untersuchungen: Ultraschall, Abdomen-CT, Röntgen-Thorax, ggf. Knochenszintigraphie und Lungen- bzw. Schädel-CT
Î Unter Staging versteht man die Durchführung bildgebender Untersuchungen und von
Laborverfahren, um die Ausbreitung (das Stadium) eines Tumors abzuschätzen. Das Staging dient der Therapieplanung (begrenztes oder ausgedehntes Verfahren? Palliativ oder
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kurativ? Operation oder Strahlen- bzw. Chemotherapie) und als Ausgangslage für den späteren Vergleich in der Nachsorge.
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y Bei kurativem Ansatz ist die Operation das Mittel der Wahl: Gastrektomie, also Entfernung des ganzen Magens unetr Mitnahme der benachbarten Lymphknoten und
des Omentum majus. Die Resektionsränder müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand haben. Die Nahrungspassage wird anschließend durch Verbidnung von
Ösophagus und Jejunum wieder hergestellt (Ösophagojejunostomie).
y Bei palliativem Ansatz kann eine milde Chemotherapie (5-Fluorouracil, 5-FU) einen
lebensverlängernden Effekt haben.
y Bei fortschreitend wachsendem Tumor kann es selten sinnvoll sein, frühzeitig eine
PEG-Sonde zu legen.
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Es gibt noch andere bösartige Erkrankungen des Magens, hier besonders das Lymphom des Magens (MALT-Lymphom: Mucosa associated lymphoid tissue - Lymphom) mit meist ernster Prognose.
3. Gastrointestinale Blutung
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Die Leitsymptome der gastrointestinalen Blutungen sind
C Hämatemesis: Erbrechen von frischen oder angedautem Blut (Hämatin), das eine
kaffesatzartige Farbe besitzt.
C Meläna: Absetzen von Teerstuhl, der übelriechend und teerig glänzend ist.
C Hämatozechie: Absetzen von frischem venösen oder arteriellen Blut per anum
Während die Hämatemesis und Meläna quasi nur bei einer Blutungsquelle oberhalb
des Treitz‘schen Bandes, d.h. dem Übergang von Duodenum in Jejunum vorkommt,
ist die Hämatozechie sowohl bei oberen als auch bei unteren GI-Blutungen anzutreffen.
Häu C 85% aller GI-Blutungen stammen aus dem oberen GI-Trakt proximal desTreitz‘schen Bandes, davon sind 85% auf peptische Ulcera und Erosionen zurückzuführen,
10% auf Ösophagusvarizen
C 70% hiervon fallen mit dem Erstsymptom Hämatemesis auf
C 15% aller GI-Blutungen stammen aus dem unteren GI-Trakt, davon stammen 90%
aus dem Colon. Die Häufigkeit der Ursachen variiert mit dem Alter der Patienten:
C bei Jüngeren handelt es sich v.a. um entzündliche Erkrankungen (M. Crohn,
C. ulcerosa) oder um ein blutendes Meckel-Divertikel
C bei Älteren stehen Colondivertikel, Angiodysplasien und Tumoren im Vordergrund
Abschätzung der Blutungsstärke:
C Wenig Aussagekraft in der Akutphase besitzen: Menge des abgesetzten Blutes,
Hämoglobin, Hämatokrit, Allgemeinzustand
C Hohe Aussagekraft besitzen dagegen hämodynamische Parameter wie Puls, Blutdruck, ZVD
Anamnese:
Finden sich Hinweise für eine zur GI-Blutung führende Grunderkrankung? Beispiele:
C Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika (-Antirheumatika) (NSAR): Häufiges Auftreten von NSAR-induzierten Ulcera ventriculi und duodeni
C Heftiges Erbrechen vor Auftreten einer Blutung: Sehr heftiges Erbrechen kann zu
Schleimhauteinrissen am ösophagogastralen Übergang (Kardia) führen, derartige
Einrisse nennt man Mallory-Weiss-Läsionen.
C Angabe einer Leberzirrhose: Fortgeschrittene Leberzirrhosen führen über einen
Hochdruck in der Pfortader zu Ösophagusvarizen
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C Frühere Abtragung von Polypen, Stuhlunregelmäßigkeiten in den letzten Wochen
(paradoxe Diarrhoe): Polypen, die sich meist im Dickdarm befinden, sind leicht verletzlich und bluten somit leicht, dies gilt umso mehr für Karzinome des Colons, die
immer aus Polypen hervorgehen, aufgrudn ihrer Größe aber auch bereits zu weiteren
Komplikationen, wie z.B. teilweise Darmobstruktion führen können.
Nichtapparative Diagnostik
y Zu den diagnostischen Erstmaßnahmen bei V.a. GI-Blutung gehören die Bestimmung der Vitalparameter (RR, Puls) zur Abschätzung des Volumenverlustes. Laborwerte sollten mindestens beinhalten: Harnstoff, Krea, E‘lyte, Blutbild, Blutgruppe
und Kreuzblut, Gerinnung.
y Rektal-digitale Austastung: Nachweis von Blut oder Teerstuhl, Nachweis von Polypen oder Karzinomen in der Rektumampulle, Nachweis von Hämorrhoiden
Apparative Diagnostik
C Gastroduodenoskopie: Erste Maßnahme zur invasiven Diagnostik und ggf. Therapie der GI-Blutung. Einfach und schnell durchführbar, überall verfügbar, Möglichkeit
der Biospsie, Möglichkeit der gleichzeitigen Blutstillungstehrapie
C Ileocoloskopie: Erfordert Darmreinigung, indiziert bei sicherer unterer GI-Blutung
C Angiographie: Insbesondere bei Blutungslokalisationen, die mit der Endoskopie
nicht erreichbar sind (v.a. Dünndarm) kann die Blutungsquelle evtl. angiographisch
geortet werden. Die Angiographie ist jedoch nur positiv, wenn eine größere Blutmenge (mind. 1ml/min) in den Darm verloren gehen, nur dann sieht man auch ein
entsprechendes Kontrastmittelextravasat. Ziel ist primär die Lokalisation der Blutungsquelle, ggf. kann durch Embolisation der blutenden Arterie in gleicher Sitzung
eine Blutstillung erreicht werden.
C Szintigraphie: Verfolgt ebenfalls den Zweck, die Blutungsquelle zu lokalisieren, Inttervention i.R. der Szintigraphie nicht möglich.
C Probelaparotomie: Ultima ratio bei schwerer unstillbarer Blutung. Auch i.R. einer
Laparotomie muß die Blutungsquelle aber nicht 100%ig identifizierbar sein.
Î Beispiel: Blutendes Ulcus ventriculi
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C Vor der eigentlichen Blutungssymptomatik stehen häufig keine Warnzeichen
C Epigastrischer Schmerz, bohrender dauerhafter Charakter, beim Ulcus duodeni ist
der sog. Nüchternschmerz charakteristisch aber nicht obligat
Die Stadieneinteilung einr akuten Ulcusblutung erfolgt nach Forrest:
Forrest I: aktive Blutung
Ia: spritzend, Ib: sickernd
Forrest II: zum Stillstand gekommene Blutung
IIa: sichtbarer Gefäßstumpf, Iib: sichtbares Koagel
Forrest III: Ulcus ohne Nachweis von Blutungszeichen
y Ösophagogastroskopie: Direkter Nachweis eines Ulcus, Biopsieentnahme und
endoskopische Blutstillung. Zur Blutstillung kommen v.a. folgende Verfahren zum
Einsatz:
C Suprarenin: Infiltration des umgebenden Gewebes mit Suprarenin 1:10.000.
Durch den gefäßkonstringierenden Effekt kommt es zur Blutstillung
C Unterspritzung mit Fibrinkleber: Fibrinkleber ist ein 2-Komponentengemisch, die beiden Komponenten werden erst unmittelbar vor der Applikation
gemischt. Sie bilden zusammen ein Fibrinthrombus, der die Gefäßleckage abdichten soll
C Gefäßclip: Eine Art Mini-Klammer, die sich besonders gut zur Stillung von
Gefäßstümpfen eignet. Die Klammern werden unter Sicht genau auf das Gefäß gesetzt und gelöst. Die Clips fallen im Laufe der Folgetage von alleine ab
und verlassen den Körper via naturalis.
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C Thermokoagulation mittels elektrischer Schlinge oder mittels Laser
y Säurehemmende Therapie
y Eradikationstherapie
y Bei Auftreten nicht beherrschbarer Komplikationen ist (wesentlich seltener als früher) eine chirurgische Notfalltherapie erforderlich:
C Ulcus ventriculi: 2/3-Magenresektion unter Mitnahme des ulcustragenden
Wandabschnittes. Durch die Resektion der säureproduzierenden Wandabschnitte (distaler Magen) kommt es gleichzeitig zu einer 80%igen Säurereduktion. Die Kontinuität wird heutzutage eher als gastroduodenale Anastomose
wieder hergestellt (Bilroth-I). Die Letalität der Notfall-OP beträgt etwa 10% (elektiv 1%).
C Ulcus duodeni: Selektiv proximale Vagotomie, Umstechung eines blutenden Ulcus duodeni bzw. Exzision und Vernähung einer Perforation im Duodenalbereich
4. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: M. Crohn und Colitis ulcerosa
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Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind chron. entzündliche Darmerkrankungen mit
einem Altersgipfel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr und familiärer Häufung
unbekannter Ursache
Der Auslöser der Erkrankung ist unbekannt, es kommt zu einer Aktivierung des
(Darm-)Mucosa-assoziierten lymphatischen Gewebes (Tissue) (MALT) mit einer Autoimmunentzündung. Die Autoimmunentzündung wird primär im Darm selbst wirksam, es kann aber auch zu extraintestinalen Manifestationen kommen.
4.1. Morbus Crohn
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Diskontinuierlich segmental auftretende
Entzündung der tiefen Wandschichten
prinzipiell des gesamten Gastrointestinaltraktes vom Mund bis zum Anus mit begleitender Lymphnknotenschwellung.
Obwohl die Erkrankung im gesamten GIT
vorkommen kann, tritt sie, v.a. anfangs besonders häufig im terminalen Ileum und
im Kolon auf. Typisch ist der segmentartige Befall, teilweise an mehrern nichtzusammenhängenden Abschnitten.
Betrachtet man die betroffene Darmwand,
findet man eine die ganze Wandschichten
durchsetzende (transmurale) Entzündung, knötchenartige Anhäufung von Entzündungszellen (Granulome) und Schwellung der regionalen Lymphknoten. Die
Schleimhaut des Darmes zeigt meist aphtenartige Defekte, Risse und Fisteln.
Die Entzündung verläuft schubweise und
chronisch.
y Leitsymptom: chronische Abdominalschmerzen und meist unblutige Durchfälle
y Symptome wie bei Appendizitis: Kolikartige Schmerzen und lokaler Druckschmerz im rechten Unterbauch, Temperaturen
y Darmstenosen durch narbige Veränderungen nach chronisch-rezidivierender Entzündung
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y Bildung von Fisteln in Nachbarorgane oder bis zur Haut hindurch (in 40-50% der
Fälle)
y Ausbildung anorektaler Abszesse (in 25% der Fälle)
y sog. Malabsorptionssyndrom: V.a. bei Befall des Dünndarms ist die Aufnahme
von Nährstoffen und Vitaminen herabgesetzt, es kommt daher zu Mangelerscheinungen, im Kindesalter kann es auch zu Wachstumsstörungen kommen
y Extraintestinale Manifestationen:
y Nicht bakterielle Entzündung der Gallenwege: Primär sklerosierende Cholangitis
y Entzündung der Augen
y Gelenksentzündungen (Arthritiden)
y 30% der Morbus Crohn-Patienten haben gleichzeitig eine Lactose- (Milchzucker-)
Intoleranz. Die Zufuhr von Milch- und Miclhzucker-haltigen Produkten kann daher die
Symptomatik verschlimmern.
y Ileokoloskopie: Nacnweis typischer Schleimhautveränderungen (aphtoide Läsionen, Fisteln, Fissuren, Abszesse) und Biopsie. Die granulomatöse Entzündung und
Lymphknotenschwellung führt zu einem Pflastersteinrelief der Schleimhaut, wie
man es auch im Röntgen sehen kann.
y Sellink (Dünndarmdoppelkontrastaufnahme) und Kolon-Doppelkontrast: Nachweis des Pflastersteinreliefs, von Stenosen und Fisteln auch in den Bereichen, die
endoskopisch nicht einsehbar sind.
y ‚Staging‘: Besteht einmal die Diagnose eines M. Crohn, sollte der Darm vom Mund
bis Anus durchgecheckt werden, da der Morbus Crohn alle Darmabschnitte befallen
kann.
1. Allgemeinmaßnahmen:
y Bei Lactoseintoleranz milchzuckerfreie Nahrung
y Bei Malabsoprtionssyndrom Substitution wichtiger Vitamine und Spurenelemente,
die zu gering aufgenommen werden: Gabe fettlöslicher Vitamine (ADEK), Vitamin
B12, Eisen, Kalzium, uvm.
y Bei schweren Schüben vorrübergehende Umstellung auf parenterale oder Sondenernährung ohne Ballaststoffe.
2. Medikamentsöe Therapie:
y 5-Aminosalicylsäure (5-ASA, Salazosulfapyridin) oral, auch im beschwerdefreien
Intervall
y Kortisonpräparate: Kortison muß bei Entzündungsschüben gegeben werden, die
Therapie beginnt hochdosiert (z.B. 60mg Prednisolon/die) und wird in absteigender
Dosis für etwa 3 Monate fortgesetzt. Bevorzugt werden Kortisonpräparate gegeben,
die im Darm nur gering aufgenommen werden oder aber rasch von der Leber abgebaut werden, damit sie keine allgemeinen Nebenwirkungen entfalten können. Das
bekannteste Kortikosteroid für diesen Zweck heißt Budesonid.
y Reservepärparate: Metronidazol (Clont), eigentlich ein Antibiotikum und Immunsuppressiva (z.B. Methotrexat und Azathioprin [Immurek]) haben erhebliche Nebenwirkungen und sind nur beim kortisonresistenten Morbus Crohn indiziert.
3. Chirurgische Therapie: Chirurgische Maßnahmen sollten nur bei anders nicht
beherrschbaren Komplikationen durchgeführt werden und dann so klein wie möglich
ausfallen (minimal surgery). Die Operation führt zu keiner Heilung, der Morbus
Crohn kann ja alle Darmabschnitte befallen.
Die Prognose ist geprägt durch eine sehr hohe Rezidivrate. Innerhalb von 10 Jahren
bedürfen 80% aller Patienten eines operativen Eingriffs. Bei optimaler Therapie haben fast alle Patienten dennoch eine normale Lebenserwartung
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4.2. Colitis ulcerosa
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Zweite chronisch entzündliche Darmerkrankung mit kontinuierlicher nicht-segmentaler
Ausbreitung und auf das Schleimhautniveau begrenzter Entzündungsaktivität.
Die Erkrankung beginnt meist im Rektum und breitet sich nach proximal ins Kolon
aus, in einzelnen Fällen reicht sie bis maximal ins terminale Ileum. Weitere Darmabschnitte werden nicht befallen.
Die Erkrankung beginnt meist mit einer abszedierenden Entzündung der Kolonschleimhaut, neben den histologisch nachweisbaren sog. Kryptenabszessen kommt
es zu Ulcerationen mit hohem Blutungsrisiko. Bei längerem Verlauf stehen die nichtbetroffe Schleimhautabschnitte zwischen
den Ulcerationen erhaben hervor, man
spricht von sog. Psudopolypen.
85% der Pat. haben einen chronischrezidivierenden Verlauf, in 5% der Fälle
kommt es zu einer fulminanten Entzündung.
y Leitsymptom: blutig-schleimige Durchfälle
(Differentialdiagnsoe:
infektiöse
Durchfallerkrankung!) mit krampfartigen
Bauchschmerzen
y seltener, als beim Morbus Crohn: extraintestinale Symptome (siehe dort), Malabsorptionssyndrom und Wachstumsstörungen bei Kindern
y Massive Kolonblutungen mit Hämatozechie (vgl. Kapitel 3)
y Toxisches Megakolon: insbesondere bei
der fulminanten Colitis ulcerosa kann es zu
einr massiven Erweiterung des Kolons mit
Perforations- und Peritonitis-Gefahr kommen, Letalität 30%.
y Karzinomentstehung: anders als beim
Morbus Crohn kann es zum CoonKarzinom kommen. Nach etwa 15jähriger Krankheitsdauer besteht ein dreifach erhöhtes Karzinomrisiko. Daher werden jährliche Kontrollen (Coloskopie) empfohlen.
Die Diagnostik der Colitis ulcerosa gleicht der des Morbus Crohn, allerdings kommt
bei der Colitis ulcerosa kein Befall des GIT außerhalb des Kolons und des terminalen
Ileums vor.
1. Allgemeinmaßnahmen: siehe Morbus Crohn
2. Medikamentöse Therapie: vergleichbar mit dem Morbus Crohn, bei alleiniger
Proktitis können außerdem Klysmen mit Kortison gegeben werden.
3. Operation: Das operative Vorgehen unterscheidet sich jedoch von dem beim Morbus Crohn: Da die Colitis ulcerosa nur Kolon und terminales Ileum befällt, stellt die
Proktokolektomie unter Mitnahme des terminalen Ileums und analer Anastomose des
Ileums mit dem Anus (kontinenzerhaltende Resektion) eine Möglichkeit zur definitiven
Heilung dar. Indikationen zur OP: Akutkomplikationen oder langjähriger Verlauf mit
stark erhöhtem Karzinomrisiko.
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4.3. Unterscheidung Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Besonders im Anfangsstadium einer chronisch entzündl. Darmerkrankung kann die Unterscheidung der beiden Erkrankungsformen schwierig sein. Außerdem gibt es in 10% der Fälle
Erkrankungsverläufe, die nicht eindeutig zuzuordnen sind (sog. indeterminierte Colitis).
Hier nochmal eine tabellarische Übersicht der wichtigsten Aspekte:
Colitis ulcerosa
Morbus Crohn
Kolon
gesamter GIT
Lokalisation
selten
häufig
Ileum befallen
kontinuierlich
segmental
Ausbreitung
nur Schleimhaut
ganze Darmwand
Befall der Darmwand
blutig-schleimige Durchfälle
wässrige Durchfälle, PseudoLeitsymptom
appendizitis
Ulcerationen und Pseudopo- Pflastersteinrelief, Fissuren,
Typisches ErscheinungsFisteln, Stenosen
bild in der Endoskopie und lypen
im Röntgen
Kryptenabszesse
Granulome
Histologie
nach 10 Jahren 3fach erhöht nicht erhöht
Karzinomrisiko
Heilungsmöglichkeit
durch Minimal surgery!
OP
Proktokolektomie
5. Divertikulose und Divertikulitis
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Häufige Erkrankung ds höheren Lebensalters, 70% aller Menschen über 70 Jahre
haben bei uns eine symptomlose Divertikulose. Divertikel sind Aussackungen der
Darmwand.
2/3 aller Divertikel finden sich im Sigma. Hierbei handelt es sich fast immer um Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch
Lücken der Sigmamuskulatur, die aufgrund zu festen Stuhlgangs und erhöhtem Darminnendruck im Laufe des Lebens erworben werden.
Seltener sind Divertikel des Restkolons,
Divertikel des Coecums sind öfter angeboren.
In den Divertikeln kann sich Kot festsetzen und zu einer Entzündung führen
(Divertikulitis)
y 90% aller Divertikulosen sind symptomlos und werden nur per Zufall entdeckt. Symptomatisch werden Divertikulosen dann, wenn sie sich entzünden
(Divertikulitis):
y Der Divertikulitis: Schmerzen im
linken Unterbauch bei Sigmadivertikulitis
(‚Linksappendizitis‘),
tastbare
druckschmerzhafte Walze, Fieber und
Entzündungszeichen.
y Gedeckte oder freie Perforation:
macht eine operative Intervention notwendig, Gefahr der eitrigen Peritonitis
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y Fistelbildung (läßt an einen Morbus Crohn denken!): Bei Sigma-Blasenfistel kann
es z.B. zu Stuhl- und Luftabgang beim Wasserlassen kommen. Es kommt zu rezidivierenden Harnwegsinfekten.
y Blutung: im Divertikelhals sitzen arterielle Blutgefäße, die bei Entzündung angegegriffen werden und bluten können.
y Stenose: Bei rezidivierenden Entzündungen kannes zu narbiger langstreckiger
Stenose kommen, doie ebenfalls eine OP notwendig macht.
y Morbus Crohn: Fisteln, Schmertzen, Fieber und Stenosen findet man auch beim
Morbus Crohn, daher muß v.a. bei jungen Pat. an diese Möglichkeit gedacht werden.
y Karzinom: Bei älteren Pat. dagegen muß v.a. bei Stenosen auch eine maligne Erkrankung ausgeschlossen werden.
Î Nie darf man sich alleine mit der Diagnose Divertikulitis zufrieden geben! Ein Karzinom muß immer mit ausgeschlossen werden.
y Coloskopie: Ermöglicht die Diagnose und ggf. gleich eine Biopsie, wenn auch an
ein CA gedacht werden muß. Bei stenosierenden Divertikulitiden kann das Gerät aber
evtl. nicht die Enge passieren.
y Abdomen im Stehen oder Linksseitenlage: Nachweis von freier Luft bei V.a. Perforation.
y Colon-Kontrasteinlauf mit Gastrografin: V.a. bei Divertikulits und V.a. Perforation
notwendig.
y CT-Abdomen: Bessere Beurteilbarkeit der Umgebung des betroffenen Abschnittes:
Gibt es Fisteln, liegt eine gedeckte Perforation vor?
y der asymptomatischen Divertikulose: Stuhlregulierung durch ballaststoffreiche Kost
y der einfachen Divertikulitis: Sondenkost oder Nulldiät, Antibiose
y der Divertikulitis mit Komplikationen: Resektion des betroffenen Darmabschnittes,
bei hochakutem Krankheitsverlauf zweizeitige OP: Erst Resektion und AP-Anlage, in
zweiter Sitzung Rückverlagerung des AP.
6. Kolonpolypen (-adenome)
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gutartiger Tumor der Kolonschleimhaut. Man unterscheidet tubuläre Adenome, die
eher langstielig wachsen und villöse Adenome, die eher gelappt aussehen und breitbasiger wachsen.
Î Adenom-Karzinom-Sequenz: bösartige Colontumoren entwickeln sich in der
Mehrzahl aus einem Adenom, jedes Adenom wiederum trägt das Risiko einer malignen Entartung. Diese Entartung geht über die Zwischenstufe einer Epitheldysplasie.
Greift diese Dysplasie auf tieferliegende Wandschichten über, entsteht ein Colonkarzinom.
Polypen machen in der Regel keine Symptome, meist handelt es sich um einen Zufallsbefund im Rahmen einer Coloskopie. Polypen mit Epitheldysplasien bluten leichter, diese Blutmengen sind aber zu gering, um als Teerstuhl bemerkt zu werden.
Per Coloskopie. Trifft man auf ein Adenom, so muß das gesamte Colon nach weiteren Adenomen untersucht werden.
Schlingenabtragung mittels Endoskop und Bergung zur histologischen Untersuchung. Die Entfernung des Polypen im Ganzen und seine histologische Aufarbeitung
sind wegen der oben beschriebenen Adenom-Karzinom-Sequenz so wichtig.
Î Sonderformen von Polypen:
y Familiäre Polyposis coli:
Angeborene autosomal-dominant vererbliche Erkrankung, bei der es frühzeitig (im Kindesalter) zum Auftreten multipler (oft hunderter) Polypen kommt. Bei der Erkrankung handelt es
sich um eine obligate Präkanzerose, d.h. ohne entsprechende Therapie (Kolektomie)
kommt es sicher zum Auftreten eines Colonkarzinoms.
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y Peutz-Jeghers-Syndrom:
Erbliche Polyposis des Dünn- und des Dickdarms; dabei handelt es sich aber nicht um Adenome, sondern um eine andere Art gutartiger Tumore (Hamartome), die kein Risiko für das
Auftreten eines Karzinoms haben.
y Pseudopolypen bei Colitis ulcerosa:
Wie beschrieben handelt es sich eigentlich gar nicht um Polypen, sondern um gesunde
Schleimhaut zwischen Darmgeschwüren.
7. Colonkarzinom
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Zweithäufigstes Karzinom bei Männern (nach dem Bronchialkarzinom) und bei Frauen (nach dem Mammakarzinom), meist erst nach dem 50. Lebensjahr auftretend.
y¸erbliche Risiken (z.B. famil. Polyposis coli)
y Ernährungsgewohnheiten (fettreiche und ballaststoffarme Kost)
60% Rektum, 20% Sigma, 20% übriges Colon Æ d.h.: 60% aller Carcinome lassen
sich bereits mit einer Sigmoidoskopie erfassen
Metastasen v.a. in die Leber und Lunge
y Blut im Stuhl oder Teerstuhl. Im Frühstadium finden sich aber häufig nur geringe
Blutspuren im Stuhl, die nicht gesehen werden, sondern nur mittels Hämoccult-Test
nachgewiesen werden könnten.
Î Hämorrhoiden sind nie eine ausreichende Diagnose bei Blut im Stuhl. Immer muß
das gesamte Kolon untersucht werden, um ein Karzinom auszuschließen!
y Jede plötzliche Änderung der Stuhlgewohnheiten im Alter über 40 Jahre ist verdächtig auf ein Karzinom. Besonders hinweisend ist die sog. paradoxe Diarrhoe =
Wechsel zwischen Obstipation und Durchfall.
y Anämie (durch chronischen Blutverlust und durch Beeinträchtigung der Blutbildung
im Rahmen der Tumorerkrankung)
y B-Symptomatik: Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
y im Spätstadium: mechanischer Ileus durch Darmobstruktion
y Rektal-digitale Austastung
y Coloskopie mit Histologie
y Kolon-Kontrastmitteleinlauf, falls die Coloskopie den Tumor nicht passieren kann
y Staging: CT-Abdomen und Oberbauch-Sono, Röntgen-Thorax
y Bestimmung des CEA: Tumormarker für das Colonkarzinom. Spielt für die Diagnose eigentlich keine Rolle, da viel zu ungenau und unsicher, wertvoll aber zur Verlaufsbeobachtung nach Therapie
1. Kurative Therapie:
y Ist immer die Resektion des Tumors im Gesunden! Je nach Lage des Tumors kann
eine Resektion des tumortragenden Darmabschnittes unter Kontinenzerhaltung möglich sein, oder aber es wird , bei tiefsitzenden Rektumkarzinomen, die Anlage eines
Anus praeter notwendig. Das Lymphabflußgebiet muß immer mit entfernt werden.
y Auch die Resektion einer einzelnen Leber- oder Lungenmetastase kann noch
einen kurativen Erfolg haben
y Adjuvante (d.h. die Operation begleitende) Chemotherapie: Besonders bei bereits
fortgeschritteneren Karzinomen, die unter kurativer Absicht reseziert werden, bessert
eine begleitende Chemotherapie mit 5-FU die Prognose.
y Derzeit in medizinischer Erprobung befinden sich monoklonale Antikörper gegen
Tumorzellen, die evtl. die Chemotherapie ergänzen könnten.
2. Palliative Therapie:
y Anlage eines AP bei drohendem Ileus
y Auflasern einer Darmstenose
y Die Chemotherapie bei Colonkarzinom hat keinen wesentlichen Einfluß auf die
Überlebenszeit
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3. Nachsorge:
Da innerhalb von 2 Jahren bei 20 bis 30% aller Operierten Rezidive auftreten, sollten
diese Patienten engmaschig nachuntersucht werden.
Die Prognose ist abhängig vom Ausbreitungsstadium. Während die 5Jahresüberlebensrate bei lokalen Karzinomen 90 bis 95% beträgt, liegt sie bei wandüberschreitenden Karzinomen nur noch bei 30-50%.
Eine Prophylaxe sollte per Krebsvorsorgeuntersuchung ab dem 45. Lebensjahr
erfolgen. Hierzu dient zum einen die rektal-digitale Austastung und zum anderen der
Hämoccult-Test. Bei gefährdeten Personen ist eine regelmäßige Coloskopie ratsam.
8. Pankreas
Das Pankreas hat zwei wichtige Grundfunktionen:
1. Exokrine Funktion: Ausschüttung von Verdauungsenzymen in einem alkalischen Sekret
Æ Neutralisierung des Magensaftes und Verdauung
2. Endokrine Funktion: Produktion von Insulin und anderen, v.a. den Zuckerhaushalt regulierenden Hormonen
Die häufigsten Krankheiten des Pankreas sind die akute und chronische Pankreatitis sowie
das Pankreaskarzinom.
8.1. Akute Pankreatitis
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Akute Entzündung des Pankreas aufgrund einer unkontrollierten Aktivierung der
pankreatischen Verdauungsenzyme.
y 50%: biliäre Pankreatitis aufgrund einer Choledocholithiasis (Steine im Gallengang)
y 30%: Akute Pankreatitis bei Alkoholabusus
y 10%: keine erkennbaren Ursachen: idiopathische Pankreatitis
y 10%: seltene Ursachen, z.B. Bauchtraumen, medikamentös ausgelöste Pankreatitis, Virusinfekte (Mumps!) etc.
y Akute ödematöse Pankreatitis (am häufigsten, keine Letalität): Schwellung des
Pankreas mit Ödembildung, jedoch ohne Gewebezerstörung
y Akute nekrotisierende Pankreatitis (seltener, aber hohe Letalität bis 50%): Auftreten von partiellen Nekrosen, im schlimmsten Fall Totalnekrose des gesamten Organes sowie seiner benachbarten Strukturen.
y Leitsymptom in 90% aller Fälle: Gürtelförmiger Schmerz im mittleren bis linken
Oberbauch mit Ausstrahlung in den Rücken, kontinuierlicher, nicht kolikartiger
Schmerz
y Übelkeit und Erbrechen
y Meteorismus und paralytischer Ileus
y Fieber
y Hypotonie bis hin zum Schock
y in 30% der Fälle ST-Streckenveränderungen im EKG (dd Infarkt!)
y basaler Pleuraerguß links und Aszites
y bei biliärer Pankreatitis evtl. Ikterus
Î Sehr selten und prognostisch sehr ungünstig sind das Auftreten bläulich-livider
Flecken periumbilikal (CULLEN-Zeichen) oder in den Flanken (GREY-TURNERZeichen), die eine Selbstverdauung des Pankreas anzeigen!
y Anstieg der Amylase und der Lipase. Pankreasspezifisch ist nur die Lipase, die
Amylase kommt auch in anderen Organen vor (Speicheldrüsen) und kann beispielsweise auch bei einer Parotitis erhöht sein.
y Anstieg der Leberwerte, v.a. der GOT, GPT, yGT, AP, Bili, insbesondere bei biliärer Pankreatitis
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
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y Prognostisch ungünstig zu werten sind: Hyperglykämie (Ausfall der endokrinen
PankreasfunktionÆInsulinbildung), Hypocalcämie (Ca-Bindung in Fettgewebsnekrosen), Leukozytose (Gefahr der Superinfektion der Nekrosen)
y Sonografie: Nachweis eines Pankreasödems, Nachweis von Nekrosen und Exsudaten, von Aszites, einem Pleuraerguss; Nachweis eines Gallenstaus und von Gallensteinen; wichtigstes und sofort verfügbares bildgebendes Untersuchungsinstrument
y Abdomen-Übersicht und Linksseitenlage: Hinweis für Ileus?
y Röntgen-Thorax: Nachweis einer basalen Pneumonie
y Abdomen-CT: Ersatz für die Sonografie bei schlechten Untersuchungsbedingungen
y ERCP (Endoskopische retrograde Choledochopankreatikografie): Darstellung der
Gallenwege und evtl. vorhandener Gallensteine, gleichzeitig therapeutische Möglichkeit der Gallensteinentfernung.
y Im Falle einer ausgedehnten Pankreatitis ist die Gefahr eines septischen Schocks
sehr hoch. Dieser äußert sich durch respirat. Insuffizienz bei Lungenversagen (sog.
ARDS oder Schocklunge) und Nierenversagen, sowie massiver katecholaminpflichtiger Kreislaufinstabilität. Im Rahmen des septischen Schocks kommt es außerdem
häufig zu einer Entgleisung der Gerinnung mit diffusen Einblutungen (Verbrauchskoagulopathie).
y Ausbildung von Pankreaspseudozysten: Nekrotisches Gewebe wird abgebaut und
hinterläßt flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, die von Entzündungsgewebe umschlossen
werden. Platzen diese Pseudozysten, kann es zum septischen Schock kommen. Außerdem können sich diese Zysten infizieren.
y Volumen, Volumen, Volumen per Infusion: Pat. mit akuter Pankreatitis haben einen
enormen Flüssigkeitsbedarf, sie müssen großzügig infundiert werden (4-5 Liter/die
anfangs, nach ZVD gesteuert).
y 0-Diät und parenterale Ernährung, Magensonde: Stillegen des Pankreas!
y Analgesie (Schmerztherapie): Nicht alle Schmerzmittel sind erlaubt. Morphin und
seine Verwandten (Opiate) erhöhen des Tonus des Schließmuskels der gallenwege
Æ erschwerter Abfluß der Galle und des Pankreassekretes. Erlaubt sind Novocain,
Dolantin oder Tramal und Novalgin.
y Streßulkusprophylaxe mittels Protonenpumpenhemmer (Antra)
y Antibiotika bei nekrotisierender Pankreatitis
y bei biliärer Pankreatitis: ERCP mit Steinextraktion und Spaltung der Papille (EPT),
damit Galle und Pankreassekret ungehindert ablaufen können.
y bei Totalnekrose des Pankreas: Operation mit Nekrosenausräumung und Lavage.
8.2. Chronische Pankreatitis
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Im Gegensatz zur akuten Pankreatitis chronisch-rezidivierende Entzündung des Pankreas mit fortschreitender exokriner Pankreasinsuffizienz, also Nachlassen der Verdauungstätigkeit.
Durch die rezidivierenden Entzündungsschübe kommt es zur Fibrose (Bindegewebsvermehrung) und zur partiellen Verkalkung des Organs, außerdem wird der
Pankreasgang unregelmäßig und kann zu Stenosen führen.
y 80% Alkoholabusus
y fast 20%: keine erkennbare Ursache (idiopathisch chron. Pankreatitis)
y Rezidivierende gürtelförmige Oberbauchschmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken, wie bei der akuten Pankreatitis
y Intoleranz gegen fettreiche Ernährung (Pankreasenzyme für die Fettverdauung fehlen!)
y Maldigestionssyndrom (Syndrom der ‚schlechten Verdauung‘): Aufgrund der fehlenden Verdauungstätigkeit, insbesondere von Fett, kommt es zu Fettstühlen, Durch-
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fällen, Gewichtsabnahme und zum Mangel an fettlöslichen Vitaminen (E, D, K, A). Ein
Maldigestiionssyndrom tritt erst auf, wenn weniger als 10% der normalen Pankreasfunktion zur Verfügung steht.
y bei einem Schub: Anstieg der Laborparameter im Blut wie bei akuter Pankreatitis,
der Anstieg der Amylase und Lipase fällt meist nicht so hoch aus
y Erniedrigter Gehalt von Pankreasenzymen im Stuhl: Man bestimmt das Enzym
Elastase im Stuhl.
y Bestimmung des Fettanteils im Stuhl: Der Fettgehalt des Stuhls ist bei Pankreasinsuffizienz (aber auch bei anderen Erkrankungen) erhöht.
y Pankreolauryltest: Indirekter Test zur Messung der Pankreasfunktion. Eine Kapsel
mit einer Testsubstanz wird zu essen gegeben. Wird die Testsubstanz von Pankreasenzymen gespalten, kann sie ins Blut aufgenommen und mit dem Urin ausgeschieden werden. Je weniger der Testsubstanz im Urin gefunden wird, desto schlechter
die Verdauungsaktivität des Pankreas.
y Bildgebende Diagnostik (Sono, CT, ERCP): Nachweis von Fibrosen, Verkalkungen und Gangunregekmäßigkeiten
y Alkoholabstinenz bei C2-Abusus!
y Therapie der Pankreasinsuffizienz: Gabe von Pankreasenzymen in Kapselform
zu den Mahlzeiten, häufige, kleine und fettarme Mahlzeiten
y Therapie der Schmerzen: Ursächlich für die wiederkehrenden Schmerzen sind häufig Abflußhindernisse durch Veränderungen des Pankreasganges. Diese können teilweise endoskopisch beseitigt werden. Klappt dies nicht, wird manchmal eine Pankreasteilresektion notwendig.
8.3. Pankreaskarzinom
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Das Pankreaskarzinom ist der dritthäufigste maligne TU des Verdauungstraktes, er
zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
y schwierige Diagnose
y schwierige Therapie
y schlechte Prognose
70% aller Pankreaskarzinome finden sich im Pankreaskopf
Frühzeitige Metastasierung in die benachbarten Lymphknoten, frühzeitige hämatogene Metasasierung in Leber und Lunge
y Symptome wie bei einer chronischen Pankreatitis mit Schmerzen im Oberbauch
und gürtelförmiger Ausstrahlung. Da ein Pankreaskarzinom auch im Sono/CT aussehen kann wie eine Pankreatitis, ist die Differentialdiagnose ausgesprochen schwierig.
y B-Symtpomatik: Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
y evtl. Ikterus: Couvoisier’sches Zeichen ÆÆ Schmerzlose prall gefüllte Gallenblase + Ikterus Æ spricht für eine maligne Ursache des Ikterus
y Bildgebende Verfahren: Sono und CT, oftmals keine eindeutige Klärung möglich,
daher:
y Feinnadelbiopsie eines verdächtigen Arreals unter sonographischer oder ctgesteuerter Kontrolle
y ERCP: Darstellung des Pankreasganges
y Tumormarker: CA 19-9!, eignet sich nicht zur Frühdiagnose, aber gut zur Verlaufsbeurteilung
y Staging: Röntgen-Thorax, Sono und CT
y Kurative Therapie (nur bei 10 bis 20% der Pat. möglich): Pankreasteilresektion (sog.
Whipple-Operation)
y Palliative Therapie: Einlegen eines Katheters in den Pankreasgang, um ihn offenzuhalten, Schmerztherapie
bei sog. kurativer Therapie beträgt die 5-Jahresüberlebensrate im Durchschnitt 5%!
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9. Leber
9.1. Wichtige Leberparameter
Bei vielen Untersuchungen der Leber spielen bestimmte Laborwerte eine besondere Rolle.
Die wichtigsten sollen angesprochen werden:
Enzym
Vorkommen
Veränderungen bei:
Leber
Erhöht bei allen Erkrankungen mit Zellzerstörung der
GPT (ALT)
Leber (z.B. Hepatitis)
Leber
Erhöht bei Hepatitis, aber auch bei Herzinfarkt oder bei
GOT (AST)
Herz
Muskeltraumen
Muskel
Leber
Erhöhung aus verschiedenen Gründen möglich, siehe
Bilirubin
Galle
Ikterus
Leber
Erhöht v.a. bei Stauung der Gallengänge intra- oder
AP
Knochen
extrahepatisch; Knochenmetastasen führen zur ErhöDarm
hung der Knochen-AP
Leber
Sehr
empfindlicher Parameter! Erhöht bereits bei very-GT
mehrtem Alkoholgenuß, erst recht bei Hepatitis u.a.
Lebererkrankungen
Parameter der Lebersynthese (also der Leberleistung)
Enzym
Vorkommen
Veränderungen bei:
Enzym, daß in der Leber gebildet wird; Parameter der
CHE
(Cholin- Serum
Syntheseleistung der Leber; bei Leberinsuffizienz eresterase)
niedrigt, es gibt auch angeborene Störungen
GerinnungssyDer Quickwert mißt die Aktivität der Vitamin-KQuickwert
stem
abhnängig in der Leber gebildeten Gerinnungsfaktoren; herabgesetzt bei Vitamin-K-Mangel und bei Leberinsuffizienz
Serum
Wird von der Leber gebildet; Verminderung bei LebeAlbumin
rinsuffizienz
Normalerweise
Ammoniak entsteht beim Eiweißabbau, wenn die LeAmmoniak
gar nicht
ber nicht richtig arbeitet. Ammoniak ist giftig und
schädigt v.a. die Gehirnfunktion (Leberkoma)
9.2. Ikterus
Unter Ikterus versteht man die Erhöhung von Bilirubin im Blut. Steigt der Spiegel hoch an
(etwa über 4), wird dies auch an der Gelbfärbung der Haut (v.a. der Skleren) sichtbar.
Î Bilirubin wird beim Abbau von Hämoglobin gebildet. Es ist schlecht wasserlöslich und wird
an Albumin gebunden in die Leber trasnportiert. Es kann mit Labormethoden nur indirekt
gemessen werden (indirektes Bilirubin).
Î In der Leber wandelt ein Enzym das indirekte Bilirubin in wasserlösliches Bilirubin um, das
mit Labormethoden direkt bestimmt werden kann (direktes Bilirubin).
Î Das direkte Bilirubin wird mit der Galle ausgeschieden.
Man unterscheidet daher zwei Formen des Ikterus:
a)
Der hämolytische Ikterus entsteht durch eine indirekte Hyperbilirubinämie. Durch
Hämolyse wird sehr viel Hb abgebaut. Das entstehende indirekte Bili kann von der
Leber nicht mehr bewältigt werden.
b)
Der cholestatische Ikterus entsteht durch eine Abflußstörung der Galle. In diesem
Fall kann direktes Bili gebildet, aber nicht ausgeschieden werden. Es entsteht eine di-
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rekte Hyperbilirubinämie. Gleichzeitig wird der Stuhl hell bis weiß (Braunfärbung des
Stuhlgangs durch Gallefarbstoffe!), der Urin wird tiefdunkel (Ausscheidung von Bili
über den Urin).
Laborkonstellation
Gesamt-BiliÊÊ, indirektes Bili (Ê),
AP ÊÊÊ, GPT Ê, y-GT ÊÊ, Stuhl hell, Urin
dunkel
Gesamt-Bili ÊÊ, Inidrektes Bili ÊÊÊ,
AP ÅÆ, GPT ÅÆ, y-GT ÅÆ
Gesamt-Bili Ê bis ÊÊ, Indirektes Bili Ê bis
ÊÊ, AP ÊÊ,
GPT ÊÊÊÊÊ, y-GT Ê
Ursache
Cholestase (z.B. Gallengangsstein, Hepatitis
mit Einengung der kleinen Gallenkanälchen
der Leber)
Hämolyse, extrem selten: angeborener Enzymdefekt der Leber
Hepatitis
9.3. Akute Virushepatitis
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Entzündung der Leber durch verschiedene Viren, die mit dem Buchstaben A bis E
gekennzeichnet sind. Diese Viren sind nur teilweise untereinander verwandt, verursachen verschieden schwere Entzündungen und haben eine ganz unterschiedliche
Prognose. Gemeinsam ist ihnen aber eine anfangs sehr ähnliche Symptomatik und
Befundkonstellation.
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y 2/3 aller Virushepatitiden verlaufen gänzlich ohne Symptomatik und werden nur
per Zufall aufgedeckt.
y alle anderen Pat. zeigen einen mehr oder weniger stadienhaften Verlauf:
y Prodromalstadium (2-7 Tage): Müdigkeit und subfebrile Temperaturen
(Fehldiagnose: grippaler Infekt), Appetitlosigkeit und leichte Bauchschmerzen,
sehr selten Arthralgien
Î Merke: Müdigkeit ist der Schmerz der Leber!
Dann:
y 2/3 der Fälle: anikterische Hepatitis ohne wesentliche Symptomatik
y 1/3 der Fälle: Ikterische Verlaufsform mit Ikterus, Entfärbung des Stuhls
und Dunkelfärbung des Urins, Juckreiz der Haut. Bei ausgeprägtem Ikterus
spricht von einer cholestatischen Verlaufsform einer Hepatitis (muß von einer
anderen Cholestase abgegrenzt werden).
Dauer des zweiten Stadiums: bis zu 8 Wochen, am kürzesten in der Regel bei
der Hepatitis A.
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y Fulminante Hepatitis: Massive Hepatitis mit lebensbedrohlichen Ausmaßen, am
häufigsten bei der Hepatitis E. Leberinsuffizienz, Aszites, Leberkoma, in 80% der Fälle letaler Verlauf.
y Chronische Hepatitis: definiert als Hepatitis über einen Zeitraum von länger als 6
Monaten. Man unterscheidet:
y chronisch-persistierende Hepatitis: weniger aggressive Verlaufsform der
chronischen Hepatitis, die meist nur wenig Symptome macht und eher selten
in eine Leberzirrhose oder ein Leberzellkrebs mündet.
y chronisch-aggressive Hepatitis: Verlaufsform mit erheblicher chronischer
Leberentzündung. Nach jahrelangem Verlauf besteht das Risiko, daß sich in
der Leber eine Leberzirrhose ausbildet oder aber ein primäres Leberzellkarzinom mit oft letalen Folgen.
DD der Hepatitis:
Die Hepatitis kommt nicht nur als Hepatitis A bis E vor. Sowohl weitere Viren können
zu einer (Begleit-)Hepatitis führen, als auch Bakterien, Parasiten und Medikamente.
Darüber hinaus gibt es auch Hepatitiden aufgrund immunologischer Ursachen. Beispiele:
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y Begleithepatitis bei anderen Viruserkrankungen: Herpesviren, Coxsackieviren
y Begleithepatitis bei bakteriellen Infektionen: Typhus, Leptospirosen, Brucellosen
y Parasitosen: Malaria, Echinokokkus, Amöben, Bilharziose
y Medikamente: Halothanhepatitis (Narkotikum)
y Alkoholhepatitis
y Autoimmunhepatitis und primär biliäre Zirrhose
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y Labor: Anstieg der Transaminasen GOT und GPT (oft über 1000), bei ikterischem
Verlauf auch der y-GT, AP und des Bilis
y Bei fulminanter Hepatitis: Pathologische Lebersyntheseparameter (s.o.)
y Antikörperserologie: Im Verlauf typischer Anstieg von Antikörpern gegen das auslösende Virus (siehe im speziellen Teil weiter unten). IgM-Antikörper kommen nur bei
frischen Infektionen vor, IgG-Antikörper finden sich evtl. noch nach Jahren oder Jahrzehnten.
Th
Eine kausale Therapie gibt es nicht! Gegen die Viren ist kein Kraut gewachsen. Daher beschränkt sich die Therapie der Virushepatitis nur auf supportive Maßnahmen:
y körperliche Ruhe
y Verbot von Alkohol und aller hepatotoxischen Medikamente
y In speziellen Fällen und nur im Rahmen von Studien kann bei der akuten Hepatitis
C Interferon gegeben werden, um die häufige Umwandlung in eine chronische Hepatitis zu verhindern.
y Isolierung nur bei der Hepatitis A notwendig! (Schmierinfektion!)
Î Merke: alle Virushepatitiden sind beim Gesundheitsamt meldepflichtig!
Prg
Die Prognose der Hepatitiden ist sehr unterschiedlich (siehe unten). Impfungen sind
gegen Hepatitis A und B möglich.
9.3.1 Hepatitis A
Häu
Ü
Lab
Inf
Ver
Pro
55% aller Hepatitisfälle in Deutschland, die meisten Hepatitis-A-Fälle werden von
Urlaubern nach Deutschland importiert. In warmen Ländern mit niedrigerem Lebensstandard ist die Hepatitis A weit verbreitet.
Übertragung v.a. fäkal-oral, also ähnlich wie die Durchfallerkrankungen (verunreinigtes Wasser, rohe Meeresfrpchte u.a.). Selten sexuelle Übertragung oder parenterale
Übertragung (Blutkonserven etc.)
Anstieg der Anti-HAV-AK (Anti-Hepatitis-A-Virus-Antikörper), bei der frischen Infektion v.a. der IgM-Antikörper. IgG-Antikörper bleiben jahrelang erhalten!
Infektiosität 2 Wochen vor bis 2 Wochen nach Krankheitsbeginn
Verlauf: Immer Ausheilung, nie chronischer Verlauf, fast nie fulminanter Verlauf.
Kranheitsdauer 2-5 Wochen
Impfprophylaxe aktiv und passiv möglich, empfehlenswert vor Auslandreisen in
Hochrisikogebiete.
9.3.2. Hepatitis B
Häu
Ü
Lab
Inf
Ver
35% aller Hepatitisfälle in Deutschland, die Hepatitis B ist v.a. in Asien sehr weit
verbreitet.
Übertragung v.a. sexuell (in der Hälfte aller Fälle) und parenteral (Blutprodukte etc.),
selten auch perinatal von der Mutter auf das Neugeborene unter der Geburt
y Nachweis von HBs-Antigen (Teil der Viruskapsel). Ein HBs-Ag-Träger ist infektiös!
Eine chronische Hepatitis ist dadurch gekennzeichnet, daß nach 6 Monaten immer
noch HBs-Antigen nachweisbar ist.
y Als erster Antikörper steigt Anti-HBc (erst IgM, dann IgG) an. Weitere Antikörpertypen folgen später nach.
Infektiosität besteht, solange HBs-Antigen nachweisbar ist.
y 65% asymptomatische Infektion
y 25% akute Hepatitis mit Ausheilung
© Dr. H. Bachmann 08.12.2001
Erkrankungen des Verdauungstraktes
Pro
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y 10% Viruspersistenz, davon etwa 1/3 mit Ausbildung einer chronischen Hepatitis
mit erhöhtem Risiko zur Ausbildung einer Leberzirrhose oder eines primären Leberzellkarzinoms (oder beidem). Das Risiko einer chronischen Hepatitis ist bei bestimmten Gruppen aber deutlich größer:
y Hämodialysepatienten, Nierentransplantierte
y Drogenabhängige
y Neugeborene (mehr als 90%!)
y fast nie fulminanter Verlauf
Impfprohylaxe passiv und aktiv möglich. Menschen mit hohem Risiko sollten sich
unbedingt impfen lassen: Ärztliches Personal und Pflegekräfte, Hämodialysepatienten, Patienten, die regelmäßig auf Blutprodukte angewiesen sind.
9.3.3 Hepatitis C
Häu
Ü
Inf
Lab
Ver
Pro
10% aller Hepatitiden in Deutschland, weltweites Vorkommen. 90% aller Hepatitisfälle nach einer Transfusion sind Hepatitis C-Fälle. Risikogruppen: Ärztliches Personal, Pflegekräfte, Hämodialysepatienten, i.v.-Drogenabhängige, Bluterkranke etc.
Meist parenteral (Blut und Blutprodukte, gemeinsame Benutzung von Nadeln), sehr
selten sexuell (aber möglich)
Die Infektiosität ist nur schwer zu klären, Nachweis von HCV-RNA !
Nachweis von HCV-Antikörpern, bei der frischen Infektion IgM. Der Nachweis der
HCV-RNA ist aufwendig, aber bei speziellen Fragestellungen möglich.
y 95% unerkannte Infektion, 5% symptomatische Hepatitis
y 50-80% aller Hepatitis-C-Fälle (symptomatisch oder asymptomatisch) nehmen
einen chronischen Verlauf!
Keine Impfprophylaxe möglich!
9.3.4 Hepatitis E
Häu
Ü
Ver
Sehr selten, kommt fast nur außerhalb Europas vor.
Wie Hepatitis A: Fäkal-oral
In 10% der Fälle fulminante Hepatitis mit tödlichem Ausgang, insbesondere bei
Schwangeren. In allen anderen Fällen komplette Ausheilung.
9.3.5 Zusammenfassung:
Häufigkeit
Übertragung
Hep. A
Häufig
Fäkal-oral
Verlauf
Ausheilung
Impfung
Labor
Ja
Anti-HAV-IgM
Therapie
Hep. B
Häufig
Sexuell, perenteral
10% chronisch
Ja
HBs-Ag
Anti-HBc
Keine notwendig Interferon bei
chronischer Hepatitis
Hep. C
Häufig
Perenteral, (sexuell)
50% chronisch
Nein
Anti-HCV-IgM
Ribavirin+Interferon bei chron.
Hepatitis
Zusammenfassende Übersicht über die besprochenen Hepatitiden
© Dr. H. Bachmann 08.12.2001
Hep. E
Selten
Fäkal-oral
10% fulminant,
sonst
Ausheilung
Nein
Anti-HEV-IgM
Keine kausale
Therapie
Erkrankungen des Verdauungstraktes
Seite 22
9.4. Chronische Hepatitiden
Def
Urs
PPh
Sy
Ko
Th
Von einer chronischen Hepatitis spricht man bei einem Verlauf über 6 Monate
y infektiöse Hepatitis B, C (und D) in 60% der Fälle
y autoimmune Hepatitis ohne Erreger
y Hepatitis aufgrund von Medikamenten, Alkohol, und (ganz selten) aufgrund von
Stoffwechselerkrankungen
Man unterscheidet anhand der Histologie zwei unterschiedliche Verlaufsformen:
y chronisch-peristierende Hepatitis: Mildere Verlaufsform mit geringer Gefahr von
Komplikationen
y chronisch-aggressive Hepatitis: Aggressive Verlaufsform mit häufigem Übergang
in eine Leberzirrhose oder ein hepatozelluläres Karzinom
Die Symptome einer chronischen Hepatitis sind kaum vorhanden, am ehesten Müdigkeit und Leistungsschwäche.
Die chronischen Hepatitiden sind va. Aufgrund drohender Komplikationen gefürchtet,
diese sind:
y Leberzirrhose mit Folgeschäden
y Hepatozelluläres Karzinom
Eine Heilung ist nur selten möglich.
y Allgemeinmaßnahmen: Weglassen aller hepatotoxischen Substanzen und Medikamente
y bei virusinduzierter chronischer Hepatitis Æ alpha-Interferon (bei Hepatitis C zusammen mit Ribavirin). Die Therapie mit Interferon ist nur in bestimmten Fällen über
die Dauer von 6 bis 12 Monaten möglich, die Dosis wird derzeit im Laufe von Studien
für Subgruppen erst noch ermittelt, beträgt in der Regel aber 3mal 3 Mio IE pro Woche. Patienten, die solch eine Therapie mitmachen wollen, sollten noch keine Komplikationen der chron. Virushepatitis erlitten haben. Die Chancen einer definitiven Heilung auch unter konsequenter Therapie sind nicht besonders gut.
y bei autoimmuner chronischer Hepatitis Æ Kortison und Immunsuprressiva (Azathioprin = Immurek)
Î Welche Patienten sind dauerhaft infektiös?
y Pat. mit Hepatitis B, wenn das HBs-Antigen positiv ist, Pat. mit Z.n. Hepatitis und
entsprechenden Antikörpern ohne HBs-Ag sind nicht infektiös.
y Pat. mit Hepatitis C sind potentiell immer infektiös, die Ansteckung ist besonders
gefährlich!
y Pat. mit Hepatitis A und E sind nur für die Dauer der akuten Erkrankung, Patienten
mit autoimmuner Hepatitis sind überhaupt nicht infektiös.
9.5. Alkoholtoxische Leberschäden
Häu 30-50% aller Lebererkrankungen sind alkoholtoxisch verursacht.
Stad Die alkoholbedingte Leberschädigung verläuft in der Regel in 3 Stadien: Fettleber Æ
Fettleberhepatitis Æ Leberzirrhose
Î Fettleber (Steatosis hepatis)
PPh
Sy
Zu Beginn einer Leberschädigung kommt es in der Regel nur zu einer Einlagerung
von Fett in die Leberzellen; dies ist in der Histologie gut nachweisbar, aber auch bereits im Sono gut zu sehen. Die Leber erscheint sehr hell und etwas vergrößert.
Zu diesem Zeitpunkt bestehen in der Regel weder Symptome noch Laborveränderungen
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Î Fettleberhepatitis
PPh Die Fettleberhepatitis ist durch eine zusätzliche Entzündungsreaktion mit Anstieg
der Transaminasen gekennzeichnet. Das erste Enzym, das meist erhöht ist, ist die yGT. Zusätzlich kann es auch einer cholestatischen Verlaufsform kommen. Dieses
Stadium ist nach Alkoholabstinenz noch reversibel.
Sy
y Müdigkeit und Leistungsschwäche
y Ikterus
y Juckreiz der Haut
y Leberschmerz (re. Oberbauch)
Lab
y-GTÊÊÊ, GOT Ê, GPT ÊÊ, Bili Ê bis ÊÊÊ, AP Ê bis ÊÊÊ, Syntheseparameter der
Leber (Albumin, Quick, CHE) normal
Î Alkoholtoxische Leberzirrhose
PPh Die Leberzirrhose ist das Endstadium einer alkoholtoxischen Lebererkarnkung und
nicht mehr umkehrbar, im besten Fall ist die Progredienz der Erkrankung zu verlangsamen oder aufzuhalten.
Alles weitere Æ siehe Kapitel unten!
9.6. Leberzirrhose
PPh
Urs
Sy
Î
Bei der Leberzirrhose kommt aufgrund
einer Leberzellschädigung unterschiedlichen Ursprungs (Hepatitis, Alkohol, Autoimmunerkrankungen etc.) zu einer
Fehlreparatur mit Zerstörung der für die
Funktion essentiellen Architektur der
Leberzellen.
Die Regenerationsfähigkeit der Leber ist
enorm gut, wird jedoch der architektonische Aufbau der Leber (siehe Bild!) zerstört, kann die Leber zwar neue Zellen
herstellen, aber die Anordnung stimmt
nicht mehr Æ Bildung sog. Regeneratknoten. Nach
der Größe dieser Knoten unterscheidet man
y kleinknotige Leberzirrhose
y großknotige Leberzirrhose
Dies hat zwei wesentliche Folgen:
y Der Blutfluß durch die Leber wird ausgebremst und
der Druck in der Pfortader steigt massiv an.
y Die Leberzellen können ihre Stoffwechselaufgaben
nicht mehr suffizient wahrnehmen, sodaß es zu einer
Leberinsuffizienz kommt.
y in der Hälfte aller Fälle: chronischer Alkoholabusus
y fast die andere Hälfte der Fälle: chronsche Virushepatitis
y
seltene
Ursachen,
darunter
v.a.
Autoimmunerkrankungen
y Allgemeinsymptome: Müdigkeit, Angeschlagenheit und Leistungsverlust
Merke: Müdigkeit ist der Schmerz der Leber!
y Leberhautzeichen:
Æ sog. Spider naevi
Æ Palmarerythem
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
Lab
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y Hormonelle Störungen beim Mann (Östrogen ÊÊ, da es von der Leber nicht mehr
abgebaut werden kann)
Æ Verlust des männlichen Behaarungsmusters
Æ Potenzstörungen
Æ Gynäkomastie
y Laborzeichen der verminderten Syntheseleistung: CHE ÌÌ, Albumin ÌÌ (dafür
ist das y-Globulin ÊÊ), Quickwert ÌÌ, AT III ÌÌ, Ammoniak ÊÊÊ
y nicht obligat: Zeichen der Leberentzündung: GOT Ê, GPT ÊÊÊ, y-GT ÊÊ, AP ÊÊ,
Bili ÊÊ
9.6.1. Komplikation: Portale Hypertension
Das Bild zeigt, wie sich das Blut aus der Pfortader (PV) seinen Weg entlang der Leberzellen
zur Zentralvene (CV) bahnen muß, aus der es
weiter in die untere Hohlvene gelangen muß. Ist
die Leberarchitektur zerstört, gelangt das Blut
nur unter erhöhtem Widerstand dorthin. Folge:
Anstieg des Druckes in der Pfortader.
Folgen: durch den Rückstau des Blutes kommt
es zu Druckerhöhung in den Organen, aus denen das Pfortaderblut stammt:
y Splenomegalie durch Rückstau des
Blutes in die Milz. Eine starkt vergrößerte
Milz neigt zum klinischen Bild des Hypersplenismus Æ verstärkter Abbau von
Blutbestandteilen, va. von Thrombozyten
Æ Thrombozytopenie
y Hypertensive Gastropathie: Ständige
Magenbeschwerden durch geschädigte
Magenschleimhaut, Gefahr diffuser Magenblutungen
y Ösophagusvarizen: Das Blut der Pfortader sucht sich andere Wege zur Hohlvene, die nicht über die Leber gehen. Eines dieser Auswege sind Venen am
Übergang Magen und Ösophagus. Die Ösophagusvenen weiten sich aus und können
leicht platzen Æ massive obere gastrointestinale Blutung (häufige Todesursache).
y Caput medusae: Bildung von Varizen um den Nabel herum Æ weiterer Umgehungskreislauf über die rekanalisierte kindliche Nabelvene (siehe Bild).
y Aszites: Die portale Hypertension ist einer der Faktoren, die zur Aszitesbildung
führen. Gleichzeitig begünstig ein niedriges Albumin (das das Wasser in den Gefäßen
bindet) den Abstrom von Flüssigkeit in den Bauchraum.
Th
y der Ösophagusvarizen:
Æ bei Blutung: Unterspritzen, Sklerosieren oder Komprimieren mit Hilfe einer
Kompressionssonde (sog. Senmgstaken-Blakemore-Sonde, bzw. LintonNachlass-Sonde)
Æ im Intervall: Gummibandligatur
y des Aszites:
Æ Diuretika, Trinkmengenbeschränkung und salzarme Kost
Æ falls nicht ausreichend, oder falls zuviel Aszites: Aszitespunktion
y des Pfortaderhochdrucks als Grundursache
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
Î
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Æ Gabe von ß-Blockern (Dociton), für die eine Drucksenkung in der Pfortader
bekannt ist.
Æ Gabe von Nitraten (Isoket)
Æ Gabe von Terlipressin (Gylcilpressin): Starke Drucksenkung in der Pfortader; Nebenwirkung: prompter Stuhlgang nach Injektion, massive Blässe
nach Injektion
Æ Schaffung einer künstlichen Kurzschlußverbidnung (Shunt) zwischen V.
portae und V. cava, heutzutage vor allem durch einen TIPSS
TIPSS (Transjugulärer portosystemischer Shunt): Durch die Jugularvene wird ein
Katheter bis auf Leberhöhe vorgeführt und ein Kanal durch die Leber bis zu einem
Pfortaderast gestochen. Damit dieser Kanal offen bleibt, wird er mittels Stent (siehe
KHK!) offengehalten. Auf diese Weise kommt das Pfortaderblut direkt in die Hohlvene
und der Druck sinkt. Nachteil: Die Leber wird schlechter durchblutet, die Lebersynthese kann sich dramatisch verschlechtern Æ hepatische Enzephalopathiegefahr.
9.6.2. Komplikation: Lebersynthesestörung
Die zweite wichtige Seite der Leberzirrhose stellt die Synthesestörung dar. Folgende Komponenten spielen dabei eine besonders wichtige Rolle:
y Erniedrigtes Serumalbumin: Albumin hat als eine seiner vielen Aufgaben, Wasser
in den Gefäßen zu binden, sodass es durch die Poren nicht wegsickern kann. Ein
niedriges Albumin hat zur Folge:
Æ Aszites (zusammen mit der portalen Hypertension)
Æ Ödeme und Pleuraergüsse
Æ Therapie: Die Gabe von humanem Albumin (PPL, Humanalbumin 5%, Humanalbumin 20%) ist nicht von langer Wirkung, da es rasch abgebaut wird. Albumin ist außerdem ein Eiweiß und der Eiweißabbau führt bei Leberzirrhose zu Anfall von toxsichen Produkten (Ammoniak, siehe weiter unten). Andere Therapiemöglichkeiten existieren leider nicht.
y Gerinnungsstörung: Die in der Leber gebildeten Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und
X (Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren, Messung durch den Quicktest) sind
stark erniedrigt. Dadurch kommt es zu starker Blutungsneigung, besonders ungünstig
ist das bei Ösophagusvarizenblutung.
Æ Therapie: Vitamin K hilft nur, wenn es in der Leber noch Resreven gibt. Ansonsten
muß man die Gerinnungsfaktoren direkt ersetzen. Das Präparat heißt PPSB. Es verliert rasch an Wirkung, ist sehr teuer und kann nur i.v. gegeben werden.
y Hepatische Enzephalopathie und Coma hepaticum: Der Eiweißabbau in der Leber
erzeugt (immer) Ammoniak. Dieser für den Körper giftige Stoff wird von einer gesunden Leber zu Harnstoff weiterverarbeitet. Bei Leberzirrhose fällt Ammoniak an, dies
führt zu
Æ dem typischen Fötor hepaticus: Atemgeruch wie nach ‚roher Leber‘
Æ Merk- und Denkfähigkeitsstörungen bis hin zum tiefen Koma
Æ Flapping tremor: Massives grobschlägiges Zittern der ausgestreckten Hände
Î Blut enthält viel Eiweiß! Bei einer Ösophagusvarizenblutung oder anderen Darmblutung fällt vermehrt Eiweiß im Körper an. Darmbakterien stellen daraus Ammoniak
her Æ Gefahr der hepatischen Enzephalopathie besonders nach Darmblutungen!
Æ Therapie: Ziel der Therapie der hepatischen Enzephalopathie ist die Vermeidung
eines erhöhten Anfalls von Ammoniak:
y Eiweißrestriktion, Gabe von Aminosäuren, deren Abbau weniger Giftstoffe
erzeugt.
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y Gabe von Lactulose (Milchzucker) Æ hemmt die Darmbakterien beim Eiweißabbau
y Gabe von Darmantibiotika (Humatin) Æ tötet die Darmbakterien ab
y Gabe von Ornithinaspartat (Hepa Merz) Æ dessen Abbau verbraucht gebildetes Ammoniak, statt das es welches produziert
y bei tiefen Koma ist ggf. die Beatmung notwendig.
9.6.3. Typisches Therapieschema (maximale Therapie):
40jähriger Pat. mit Leberzirrhose und Aszites bei chronischer Virushepatitis, aktuell außerdem Ösophagusvarizenblutung und beginnendes Coma hepaticum:
y Zentraler Zugang und parenterale Ernährung mit speziellen Aminosäurelösungen (z.B. Aminosteril-N-Hepa), Flüssigkeit nach ZVD, Ausscheidung (Dauerkatheter) und Bilanz.
y Punktion von 6l Aszites bei Behinderung der Atmung
y Gastroskopie und Unterspritzung und Sklerosierung der blutenden Ösophagusvarizen, im
Intervall Gummibandligatur; Ersatz von Blut durch Gabe von 6 Erythrozytenkonzentraten
y Behandlung der Gerinnungsstörung durch Gabe von PPSB
y Einläufe und Gabe über Magensonde mit Humatin Pulver und Lactulose
y Gabe von Hepa-Merz i.v. über ZVK
y Antibiotikaprophylaxe bei hoher Infektionsgefahr
y Intubation und Beatmung bei tiefer Somnolenz
y Gabe von Isoket und Dociton und Terlipressin (Glycilpressin) nach Blutdruck zur Senkung
des Pfortaderdruckes.
Nach Besserung des Patienten Vorstellung in einem Transplantationszentrum zur evtl. Lebertransplantation.
Typische Indikationen zur Lebertransplantation:
y chronische Virushepatitis
y andere nichtinfektiöse chron. Hepatitiden
y selten: alkoholische Leberzirrhose
y selten: Leberzellkarzinom
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
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9.7. Lebertumoren
9.7.1. Gutartige Tumoren der Leber
y Hämangiom der Leber:
Gutartiger TU der Leber, der meist nur zufällig entdeckt wird (Sono, CT). Er macht höchstens
durch spontane Blutungen Probleme. In der Regel muß er nicht behandelt werden.
y Leberadenome:
Tritt meist bei Frauen unter Einnahme der Pille auf. Das Adenom kann leicht einbluten und
dabei zu schweren Blutungen führen.
y Fokal-noduläre Hyperplasie:
Ebenfalls meist bei Frauen, führt selten zu Komplikationen.
9.7.2. Bösartige Tumoren der Leber
y Metastasen gastrointestinaler und anderer bösartiger Tumoren: Metastasen sind die häufigsten bösartigen Tumoren der Leber, sie treten häufiger an mehreren Stellen (multilokulär)
auf.
y Primäres Hepatozelluläres Karzinom (Hepatom, HCC): Bei uns eher seltener primärer
Tumor der Leber, häufig auf dem Boden einer Leberzirrhose und/oder einer chronischen
Hepatitis-B/C-Virus-Infektion. Die Prognose ist meist schlecht, die mittlere Überlebenszeit
nach Diagnosestellung beträgt nur 6 Monate.
y Cholangiozelluläres Karzinom: Karzinom, das von den Gallengängen ausgeht. Es hat
eine ausgesprochen schlechte Prognose, ist aber sehr selten.
10. Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden)
Phy
Galle wird von der Leber gebildet, sie fließt in Gallenkanälchen zusammen in denDuctus choledochus, wird in der Gallenblase gespeichert und bei Verdauung in den
Dünndarm abgegeben. Dabei wird die Galle zurück in den Ductus choledochus entleert, der meist gemeinsam mit dem Ductus pancreaticus, dem Gang der Bauchsepicheldrüse an der Papille, die mit einem Schließmuskel (Sphincter) versehen ist, im
Duodenum mündet.
Die Galle hat mehrere Aufgaben:
y Ausscheidung von fett- und teils auch wasserlöslichen Abbauprodukten des Leberstoffwechsels, Hauptvertreter ist das in der Leber gebildete direkte Bilirubin, das
die Galle gelb macht. Daneben werden u.a. auch Cholesterin und Gallensäuren aus-
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
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geschieden. Neben der Urinausscheidung ist die Ausscheidung über Galle und
Stuhlgang der zweithäufigste Ausscheidungsweg des Menschen.
y Verdauung fetthaltiger Nahrung: Die Gallensäuren der Galle wirken wie das Pril im
Spülwasser: Sie lösen Fett in feine Tröpfchen (Emulsion) auf. Dadurch kann Fett von
den Enzymen der Bauchspeicheldrüse viel leichter aufgespalten und vom Darm aufgenommen werden. Die Galle entleert sich über einen hormonellen Regelmechanismus, wenn Nahrung im Duodenum eintrifft.
PPh Stimmt das Gleichgewicht der Zusammensetzung der Galle aus
y Gallensäuren und Phopholipide
y Cholesterin
y Bilirubin
y Wasser
nicht, dann können Bestandteile ausfällen und Steine bilden. Über 70% der Gallensteine sind – teils verkalkte – Cholesterinsteine.
Î Die fünf ‚F‘ der Risikofaktoren für Gallensteine:
y Fat: Übergewichtige
y Fair: Blondes Haar
y Forty: Über 40 Jahre alt
y Female: Weibliches Geschlecht
y Fertile: Fruchtbar
Sy
y 80% aller Gallensteinträger haben keine Beschwerden. Sie muß man auch nicht
behandeln.
y Nur 20-30% aller Gallensteinträger entwickeln Beschwerden. Sie bedürfen dann
meist auch einer Therapie:
Î Akute Cholezystitis:
Def
PPh
Sy
Ko
D
Th
Akute Entzündung der Gallenblase, meist auf der Grundlage einer Cholezystolithiasis
und zumindest zweitweiser Verlegung des Gallenblasenausgangs durch einen Stein.
Häufig kommt es zu einer massiven Ausweitung der Gallenblase (Gallenblasenhydrops) und zu einer bakteriellen Superinfektion. Die Wand entzündet sich im weiteren Verlauf mit, schließlich kommt es auch zu einer Umgebungsreaktion (Pericholezystitis).
y Tastbare Gallenblase und Druckschmerz im rechten Unterbauch
y Fieber
y bei reiner Cholezystitis kein Ikterus (denn die Gallengänge sind ja frei)
y Sepsis
y Perforation der Gallenblase mit galliger Peritoitis
y gedeckte Perforation mit Bildung eines Aszesses, sehr selten Verklebung mit dem
Darm, Steinentleerung in den Darm und Gallensteinileus
y Sonographie: Gallensteine und entzündete Gallenblase
y Labor: Entzündungszeichen (CRP Ê, Leukozyten Ê)
y bei speziellen Fragestellungen: CT oder NMR
y bei drohender Komplikation: Cholezystektomie
Î Merke: Bei der Cholezystektomie muß intraoperativ immer der Gallengang sondiert und auf Steine geprüft werden!
y bei weniger ausgeprägter Entzündung: Zunächst Versuch der antibiotischen Therapie bis zum Abklingen der Entzündungsaktivität, dann im Intervall Cholezystektomie.
Î Gallenkolik, Choledocholithiais, Cholangitis
Def
Bei einer Gallenkolik sind Steine aus der Gallenblase in die Gallengänge geraten.
Durch den Stau der Galle kann es zu einer Superinfektion der Gallenwege (Cholangitis) kommen.
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
PPh
Sy
D
Th
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Es sind besonders die kleineren Gallensteine, die aus der Gallenblase in die Gänge
rutschen können. Aber auch bei Cholezystektomierten können Steine primär in den
Gallenwegen entstehen.. Sie verschließen den
Gallengang, es kommt zum Rückstau der Galle
und zum Verschlußikterus.
Es besteht die Gefahr, dass sich die Galle durch
aufsteigende Darmkeime infiziert (Cholangitis)
y Wellenartiger Kolikschmerz im rechten Oberbauch, teils mit Ausstrahlung in den Rücken
y Ikterus
y Auftreten von sehr hellem (bis kalkweisen) Stuhl
Æ acholische Stühle
y Dunkelfärbung des Urins
y bei Cholangitis außerdem: Fieber und Schüttelfrost, evtl. Zeichen einer Sepsis
y Sonographie: Gallensteine, erweiterte Gallengänge, teils bis weit in die Leber hinein
y ERCP (Endoskopisch-retrograde Cholangiopancreaticographie): Endoskopische Darstellung
der Gallenwege mittels Kontrastmittel. Dabei können die Gallengangssteine dargestellt werden und
ggf. gleich therapiert werden (siehe unten)
y MRCP (Magnetresonanzcholangiopancreaticographie): Nicht-invasive Darstellung der Gallenwege mittels Kernspin.
y ERCP: Endoskopische Darstellung der Gallengänge, dabei wird die Papille gespalten (engste Stelle der Gallenwege,
EPT=endoskopische Papillotomie) und die Steine mittels Körbchen entfernt. Ist der
Stein für eine Entfernung mit dem Körbchen zu groß, kann er endokopisch zerkeinert
werden (Lithotripise mit Ultraschall oder Laser)
y Nicht-invasive Auflösung von Gallensteinen durch Ursodesoxycholsäure: bleibt
nur seltenen Fällen vorbehalten, da symptomatische Gallensteine sofort raus müssen.
y ESWL: Extrakorporale Stosswellenlithotripsie von Gallensteinen bei Steinen, die per
ERCP nicht erreichbar sind. Dabei wird Ultraschall mit hoher Energie auf die Gallensteine konzentriert und diese so zerkeinert.
Î Postcholezystektomiesyndrom
Def
Ein feines Wort für eine schlechte Therapie: Bei der Cholezystektomie dürfen Steine
in den Galengängen auf keinen Fall übersehen werden. Ansonsten kann es natürlich
auch nach einer Cholezystektomie zu Gallenbeschwerden kommen.
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