Der glykämische Index

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Der glykämische Index
oder das Wissen darüber, wie Sie den Blutzucker nach dem Essen beeinflussen können.
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Haben Sie auch schon festgestellt, dass 125 g Vollkornbrot (50 g Kohlenhydrate) und 300 g Gschwellti (50 g
Kohlenhydrate) nicht denselben Blutzucker nach dem Essen ergeben? Beide enthalten 50 g Kohlenhydrate und
zählen zu den stärkehaltigen Nahrungsmitteln.
Dieses Phänomen untersuchte eine kanadische Forschergruppe und entwickelte ein System, welches die
unterschiedliche Wirkung verschiedener kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel auf den Blutzuckerspiegel
erfasste. Die Kohlenhydratmenge der miteinander verglichenen Nahrungsmittel wurde auf 50 g Kohlenhydrate
festgelegt. Sie nannten ihr System den glykämischen Index.
Dabei wird der Blutzucker z.B. drei Stunden nach dem Verzehr eines beliebigen kohlenhydrathaltigen
Nahrungsmittels mit demjenigen drei Stunden nach der Aufnahme von Weissbrot verglichen. Die Wirkung von
Weissbrot wird also als Referenz angenommen und mit 100% angegeben. Jedes Nahrungsmittel, das den
Blutzucker schneller als Weissbrot ansteigen lässt, hat einen Index über 100% und diejenigen, die den
Blutzucker langsamer als Weissbrot ansteigen lassen, einen Index unter 100%.
Tabelle 1 zeigt kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel mit einem glykämischen Index über und unter 100%.
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Tabelle 1
230/14
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230/14
130%
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Unerklärliche Blutzuckerschwankungen
85%
Getreideriegel, Porridge, Zucker, Salzkartoffeln, Mango
70%
Zuckermais, Schokolade, Orangen, Teigwaren
55%
Äpfel, gezuckerter Joghurt, Pumpernickel, weisse Bohnen
40%
Milch, Linsen, Pfirsich, Grapefruit
25%
Fruktose, Erdnüsse, Light-Joghurt
228/14
Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index erhöhen den Blutzuckerspiegel nach dem Essen schnell,
sättigen dafür weniger lang. Der schnelle Einstrom der Kohlenhydrate ins Blut benötigt eine ebenso schnelle
Insulinantwort, um den Blutzucker auch nach dem Essen im Normbereich zu halten.
Wenn diese schnelle Insulinantwort nicht gewährleistet ist, schnellt der Blutzucker nach dem Essen in die Höhe.
Er bleibt dort hängen, bis das Insulin zur Verfügung steht und den Blutzuckerspiegel senken kann.
Gerade beim Diabetes mellitus Typ 2 ist die erste schnelle Insulinantwort nicht mehr vorhanden. Schnell
einströmende Kohlenhydrate werden nicht sofort mit Insulin abgedeckt, und somit kann der Blutzuckerspiegel
nach dem Essen steil ansteigen. Bis das eigene oder gespritzte Insulin den erhöhten Blutzucker senken kann,
können Stunden vergehen. Stunden, in denen der Blutzucker zu hoch ist und sich negativ auf das HbA1c
(Langzeitzucker) auswirken kann.
Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index erhöhen den Blutzucker langsam und sättigen lang
anhaltend. Der langsame, kontinuierliche Einstrom der Kohlenhydrate benötigt genau gleichviel Insulin, aber
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08.04.15 16:36
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verteilt auf eine längere Zeitperiode. Dies bedeutet für Diabetikerinnen und Diabetiker mit einem Diabetes
mellitus Typ 2, dass sie diese Kohlenhydrate gut abdecken können. Der Blutzuckerspiegel bleibt auch nach dem
Essen im Normbereich, was sich positiv auf das HbA1c auswirkt.
Ein weiterer Vorteil der Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index besteht in der länger anhaltenden
Sättigung. Dies ist besonders günstig für all jene Diabetikerinnen und Diabetiker, welche aufs Gewicht achten
müssen.
Zu bedenken ist jedoch auch Folgendes: Es werden immer 50 g Kohlenhydrate eines Nahrungsmittels
verglichen. 50 g Kohlenhydrate können jedoch ein sehr unterschiedliches Volumen einnehmen.
Einige Beispiele dazu finden Sie in Tabelle 2.
Tabelle 2
50 g KH Traubenzucker = 50 g
Traubenzucker
50 g KH Baguette
= 100 g
Baguette
50 g KH Cola
= 5 dl
Cola
50 g KH Salzkartoffeln
= 300 g
Salzkartoffeln
50 g KH Schokolade
= 100 g
Schokolade
50 g KH Milch
= 1 Liter Milch
50 g KH Erdnüsse
= 600 g
Erdnüsse
Sie sehen, die Volumina sind sehr unterschiedlich. 100 g frische Baguette können wohl viele im Nu verzehren,
300 g Salzkartoffeln (6 eigrosse Kartoffeln) sind schon deutlich mehr, und mit 600 g Erdnüssen pro Mahlzeit
hätten wohl die meisten mit aufsteigender Übelkeit zu kämpfen.
Deshalb: der glykämische Index ist eine Orientierungshilfe. Er zeigt an, ob ein kohlendydrathaltiges
Nahrungsmittel einen steilen oder flachen Blutzuckeranstieg nach dem Essen verursacht. Die
Kohlenhydratmenge und in welcher Kombination sie verzehrt wird, stellt noch immer die Basis der
Diabetesernährung dar.
In der Diabetesernährung werden die Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index empfohlen, da diese
eine stabi-lere Blutzuckerkurve über den ganzen Tag ergeben. In den verschiedenen Nahrungsmittelgruppen
haben Sie meistens die Auswahl zwischen Produkten, die den Blutzuckerspiegel langsam oder schnell erhöhen.
Tabelle 3 gibt Ihnen einige Beispiele.
Tabelle 3
2 von 5
Nahrungsmittelgruppe langsamer Blutzuckeranstieg
schneller
Blutzuckeranstieg
Brot
Vollkornbrot
Weissbrot
Cerealien
Haferflocken, Frischkornmüesli
Cornflakes, gezuckerte
Flocken
Stärkebeilage
Kartoffeln in der Schale Vollkornreis, Parboiled Reis,
Spaghetti, Hülsenfrüchte
Kartoffelpüree, Pommes
duchesse
08.04.15 16:36
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Gemüse/Obst
fast alle Gemüse, Orange, Apfel/Birne
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Zuckermais, Orangensaft,
Banane
Der klassische glykämische Index beschränkt sich ausschliesslich auf die Kohlenhydrate und beurteilt ihren
Einfluss auf den Blutzucker nach dem Essen. Im Alltag essen Sie jedoch kaum nur Kartoffeln oder nur Äpfel,
sondern Sie mischen Kohlenhydrate mit Eiweiss (Fleisch, Fisch, Käse), Fett (Öl, Butter, Fett in Nahrungsmitteln)
und/oder Nahrungsfasern (Gemüse, Salat, Früchte, Vollkornprodukte).
Wenn wir den Gedanken des glykämischen Indexes ausdehnen, sein Ziel aber im Auge behalten, geht es v.a.
darum, den Blutzucker nach dem Essen direkt zu beeinflussen.
Dies können Sie, wenn Sie Kohlenhydrate mit Nahrungsfasern, Eiweiss und/oder Fett mischen. Sobald Sie ein
solches Gemisch essen, wird der Kohlenhydrat-Einstrom ins Blut abgebremst. Ihr Blutzuckerspiegel nach dem
Essen bleibt flacher und stabiler. Ebenso hat die Konsistenz des Essens einen direkten Zusammenhang mit dem
Blutzucker nach dem Essen. Flüssigkeiten und breiige Konsistenzen (wie z.B. Kartoffelstock) passieren den
Magen schnell und gelangen so auch schnell ins Blut. Grössere Stücke oder körnige Konsistenzen (wie z.B.
Vollkornbrot) müssen zuerst zu Pappe verdaut werden. Dies benötigt Zeit; Kohlenhydrate in dieser Form
gelangen deshalb langsamer ins Blut (einige Beispiele siehe Tabelle 4).
Tabelle 4
Cola
nur Kohlenhydrate (= kein Nährstoffgemisch)
flüssige Konsistenz
- gelangt sehr schnell ins Blut
Milchschokolade
Kohlenhydrate kombiniert mit Fett
feste Konsistenz
- gelangt langsamer ins Blut
Teigwarenauflauf Kohlenhydrate kombiniert mit Eiweiss (z. B. Käse),
Fett (z. B. Käse) und Nahrungsfasern (z. B. Gemüse und Salat)
feste Konsistenz
- gelangt noch langsamer ins Blut
Mir ist es ein Anliegen, zu betonen, dass der glykämische Index eine wichtige Orientierungshilfe ist, dass die
Diabetes-Grundeinstellung jedoch hauptsächlich von der Kohlenhydratmenge und -qualität abhängt.
Das Wissen über den glykämischen Index kann Ihnen helfen, Ihren Blutzuckerspiegel feiner abzustimmen und
Ihren Blutzuckerverlauf besser vorauszusehen.
Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne viel Vergnügen beim Beobachten und Ausprobieren.
Natalie Zumbrunn-Loosli
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