Der glykämische Index (148/01) « Ernährung « d-journal Archiv... HOME D-JOURNAL ARCHIV http://www.d-journal.ch/archiv/ernaehrung/der-glykaemische-in... REDAKTION INSERATE Der glykämische Index oder das Wissen darüber, wie Sie den Blutzucker nach dem Essen beeinflussen können. BESTELLFORMULAR DURCHSUCHEN Themen Diabetes Aktuell Diabetes-Wissen in Kürze Haben Sie auch schon festgestellt, dass 125 g Vollkornbrot (50 g Kohlenhydrate) und 300 g Gschwellti (50 g Kohlenhydrate) nicht denselben Blutzucker nach dem Essen ergeben? Beide enthalten 50 g Kohlenhydrate und zählen zu den stärkehaltigen Nahrungsmitteln. Dieses Phänomen untersuchte eine kanadische Forschergruppe und entwickelte ein System, welches die unterschiedliche Wirkung verschiedener kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel auf den Blutzuckerspiegel erfasste. Die Kohlenhydratmenge der miteinander verglichenen Nahrungsmittel wurde auf 50 g Kohlenhydrate festgelegt. Sie nannten ihr System den glykämischen Index. Dabei wird der Blutzucker z.B. drei Stunden nach dem Verzehr eines beliebigen kohlenhydrathaltigen Nahrungsmittels mit demjenigen drei Stunden nach der Aufnahme von Weissbrot verglichen. Die Wirkung von Weissbrot wird also als Referenz angenommen und mit 100% angegeben. Jedes Nahrungsmittel, das den Blutzucker schneller als Weissbrot ansteigen lässt, hat einen Index über 100% und diejenigen, die den Blutzucker langsamer als Weissbrot ansteigen lassen, einen Index unter 100%. Tabelle 1 zeigt kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel mit einem glykämischen Index über und unter 100%. Wissen Persönlich Ernährung Ferien und Reisen Psychologie Geschichte und Kultur Kind und Diabetes Aktuelle Artikel: Tumortherapie und Diabetes 232/15 Süssstoffe 232/15 Metabolische Chirurgie – Diabetes operieren? 231/14-15 Wenn der Zucker plötzlich hoch ist … Tabelle 1 230/14 Die gescheite Kontaktlinse für Diabetiker 230/14 130% Traubenzucker, Baguette Folgeschäden 230/14 Parodontitis und Diabetes: Gestörte Mundgesundheit macht hohe Blutzuckerwerte 229/14 115% Cornflakes, Kartoffelpüree, Rice Crispies Diabetes und Dentalimplantate 229/14 Salz – Für viele Typ-2-Diabetiker sollte der Salzstreuer tabu sein! 229/14 100% Weissbrot Honig, Limonade (wie Cola), Schokoriegel (wie Mars) Gesunde Zähne trotz Medikamenten 229/14 Kommen bestimmte Arten von Rheuma bei Diabetikern häufiger vor ? 228/14 Unerklärliche Blutzuckerschwankungen 85% Getreideriegel, Porridge, Zucker, Salzkartoffeln, Mango 70% Zuckermais, Schokolade, Orangen, Teigwaren 55% Äpfel, gezuckerter Joghurt, Pumpernickel, weisse Bohnen 40% Milch, Linsen, Pfirsich, Grapefruit 25% Fruktose, Erdnüsse, Light-Joghurt 228/14 Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index erhöhen den Blutzuckerspiegel nach dem Essen schnell, sättigen dafür weniger lang. Der schnelle Einstrom der Kohlenhydrate ins Blut benötigt eine ebenso schnelle Insulinantwort, um den Blutzucker auch nach dem Essen im Normbereich zu halten. Wenn diese schnelle Insulinantwort nicht gewährleistet ist, schnellt der Blutzucker nach dem Essen in die Höhe. Er bleibt dort hängen, bis das Insulin zur Verfügung steht und den Blutzuckerspiegel senken kann. Gerade beim Diabetes mellitus Typ 2 ist die erste schnelle Insulinantwort nicht mehr vorhanden. Schnell einströmende Kohlenhydrate werden nicht sofort mit Insulin abgedeckt, und somit kann der Blutzuckerspiegel nach dem Essen steil ansteigen. Bis das eigene oder gespritzte Insulin den erhöhten Blutzucker senken kann, können Stunden vergehen. Stunden, in denen der Blutzucker zu hoch ist und sich negativ auf das HbA1c (Langzeitzucker) auswirken kann. Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index erhöhen den Blutzucker langsam und sättigen lang anhaltend. Der langsame, kontinuierliche Einstrom der Kohlenhydrate benötigt genau gleichviel Insulin, aber 1 von 5 08.04.15 16:36 Der glykämische Index (148/01) « Ernährung « d-journal Archiv... http://www.d-journal.ch/archiv/ernaehrung/der-glykaemische-in... verteilt auf eine längere Zeitperiode. Dies bedeutet für Diabetikerinnen und Diabetiker mit einem Diabetes mellitus Typ 2, dass sie diese Kohlenhydrate gut abdecken können. Der Blutzuckerspiegel bleibt auch nach dem Essen im Normbereich, was sich positiv auf das HbA1c auswirkt. Ein weiterer Vorteil der Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index besteht in der länger anhaltenden Sättigung. Dies ist besonders günstig für all jene Diabetikerinnen und Diabetiker, welche aufs Gewicht achten müssen. Zu bedenken ist jedoch auch Folgendes: Es werden immer 50 g Kohlenhydrate eines Nahrungsmittels verglichen. 50 g Kohlenhydrate können jedoch ein sehr unterschiedliches Volumen einnehmen. Einige Beispiele dazu finden Sie in Tabelle 2. Tabelle 2 50 g KH Traubenzucker = 50 g Traubenzucker 50 g KH Baguette = 100 g Baguette 50 g KH Cola = 5 dl Cola 50 g KH Salzkartoffeln = 300 g Salzkartoffeln 50 g KH Schokolade = 100 g Schokolade 50 g KH Milch = 1 Liter Milch 50 g KH Erdnüsse = 600 g Erdnüsse Sie sehen, die Volumina sind sehr unterschiedlich. 100 g frische Baguette können wohl viele im Nu verzehren, 300 g Salzkartoffeln (6 eigrosse Kartoffeln) sind schon deutlich mehr, und mit 600 g Erdnüssen pro Mahlzeit hätten wohl die meisten mit aufsteigender Übelkeit zu kämpfen. Deshalb: der glykämische Index ist eine Orientierungshilfe. Er zeigt an, ob ein kohlendydrathaltiges Nahrungsmittel einen steilen oder flachen Blutzuckeranstieg nach dem Essen verursacht. Die Kohlenhydratmenge und in welcher Kombination sie verzehrt wird, stellt noch immer die Basis der Diabetesernährung dar. In der Diabetesernährung werden die Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index empfohlen, da diese eine stabi-lere Blutzuckerkurve über den ganzen Tag ergeben. In den verschiedenen Nahrungsmittelgruppen haben Sie meistens die Auswahl zwischen Produkten, die den Blutzuckerspiegel langsam oder schnell erhöhen. Tabelle 3 gibt Ihnen einige Beispiele. Tabelle 3 2 von 5 Nahrungsmittelgruppe langsamer Blutzuckeranstieg schneller Blutzuckeranstieg Brot Vollkornbrot Weissbrot Cerealien Haferflocken, Frischkornmüesli Cornflakes, gezuckerte Flocken Stärkebeilage Kartoffeln in der Schale Vollkornreis, Parboiled Reis, Spaghetti, Hülsenfrüchte Kartoffelpüree, Pommes duchesse 08.04.15 16:36 Der glykämische Index (148/01) « Ernährung « d-journal Archiv... Gemüse/Obst fast alle Gemüse, Orange, Apfel/Birne http://www.d-journal.ch/archiv/ernaehrung/der-glykaemische-in... Zuckermais, Orangensaft, Banane Der klassische glykämische Index beschränkt sich ausschliesslich auf die Kohlenhydrate und beurteilt ihren Einfluss auf den Blutzucker nach dem Essen. Im Alltag essen Sie jedoch kaum nur Kartoffeln oder nur Äpfel, sondern Sie mischen Kohlenhydrate mit Eiweiss (Fleisch, Fisch, Käse), Fett (Öl, Butter, Fett in Nahrungsmitteln) und/oder Nahrungsfasern (Gemüse, Salat, Früchte, Vollkornprodukte). Wenn wir den Gedanken des glykämischen Indexes ausdehnen, sein Ziel aber im Auge behalten, geht es v.a. darum, den Blutzucker nach dem Essen direkt zu beeinflussen. Dies können Sie, wenn Sie Kohlenhydrate mit Nahrungsfasern, Eiweiss und/oder Fett mischen. Sobald Sie ein solches Gemisch essen, wird der Kohlenhydrat-Einstrom ins Blut abgebremst. Ihr Blutzuckerspiegel nach dem Essen bleibt flacher und stabiler. Ebenso hat die Konsistenz des Essens einen direkten Zusammenhang mit dem Blutzucker nach dem Essen. Flüssigkeiten und breiige Konsistenzen (wie z.B. Kartoffelstock) passieren den Magen schnell und gelangen so auch schnell ins Blut. Grössere Stücke oder körnige Konsistenzen (wie z.B. Vollkornbrot) müssen zuerst zu Pappe verdaut werden. Dies benötigt Zeit; Kohlenhydrate in dieser Form gelangen deshalb langsamer ins Blut (einige Beispiele siehe Tabelle 4). Tabelle 4 Cola nur Kohlenhydrate (= kein Nährstoffgemisch) flüssige Konsistenz - gelangt sehr schnell ins Blut Milchschokolade Kohlenhydrate kombiniert mit Fett feste Konsistenz - gelangt langsamer ins Blut Teigwarenauflauf Kohlenhydrate kombiniert mit Eiweiss (z. B. Käse), Fett (z. B. Käse) und Nahrungsfasern (z. B. Gemüse und Salat) feste Konsistenz - gelangt noch langsamer ins Blut Mir ist es ein Anliegen, zu betonen, dass der glykämische Index eine wichtige Orientierungshilfe ist, dass die Diabetes-Grundeinstellung jedoch hauptsächlich von der Kohlenhydratmenge und -qualität abhängt. Das Wissen über den glykämischen Index kann Ihnen helfen, Ihren Blutzuckerspiegel feiner abzustimmen und Ihren Blutzuckerverlauf besser vorauszusehen. Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne viel Vergnügen beim Beobachten und Ausprobieren. Natalie Zumbrunn-Loosli Nach oben 3 von 5 08.04.15 16:36