Dissertation elektronisch

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Aus dem Zentrum Physiologie und Pathophysiologie
der Universität zu Köln
Institut für Vegetative Physiologie
Geschäftsführende Direktorin:
Frau Universitätsprofessor Dr. med. G. Pfitzer
Stopped Flow-Untersuchungen der
Ca2+-kontrollierten Schaltkinetik
von kardialem Troponin in Lösung und in Myofibrillen
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Eva Sierakowski
aus Ahlen
Promoviert am 19. Mai 2010
Hundt Druck Köln
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, 2010
Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. J. Klosterkötter
1. Berichterstatterin: Frau Universitätsprofessor Dr. med. G. Pfitzer
2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. S. Herzig
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit ohne zulässige Hilfe Dritter
und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe;
die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als
solche kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des
Manuskriptes habe ich Unterstützungsleistungen von folgenden Personen
erhalten:
Herrn Dr. J. Solzin
Herrn Dr. R. Stehle
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit
nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe eines Promotionsberaters
in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar
geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem
Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen.
Die Arbeit wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher
oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und ist auch
noch nicht veröffentlicht.
Köln, 12.09.2009
Die in dieser Arbeit angegebenen Experimente sind nach entsprechender
Anleitung durch Herrn Dr. rer. nat. J. Solzin von mir selbst ausgeführt worden.
Die Expression und Isolation der Proteine wurden z. T. von Herrn Dipl. Biol. S.
Zittrich durchgeführt.
Die Plasmide zur Expression der Proteine wurden von Frau Dr. Blaudeck
hergestellt.
Diese
Arbeit
wurde
im
Rahmen
des
Forschungsprojektes
„An-
und
Abschaltkinetik des Troponin-Komplexes in Kardiomyofibrillen und deren
Beeinflussung durch Kardiomyopathie-assoziierte Mutationen des Troponins“
(Schwerpunktbereich A: Herz- und Gefäßerkrankungen) durch das ZMMK
(Zentrum für molekulare Medizin Köln) gefördert.
Danksagung
Mein größter Dank gilt Frau Professor Dr. G. Pfitzer für die Überlassung des
interessanten Themas dieser Dissertation, ihren hilfreichen Ideen und ihrer
kompetenten und freundlichen Betreuung.
Meinem Betreuer Herrn Dr. J. Solzin danke ich besonders für seine
außergewöhnlich gute Betreuung, seine freundliche, unkomplizierte und stets
zielorientierte Hilfe, die diese Arbeit ermöglicht hat.
Ganz besonders danke ich Herrn S. Zittrich für die freundliche und geduldige
Einführung in die Laborarbeit, seine ständige Hilfsbereitschaft und die
Unterstützung bei der Expression und Isolation der Troponin-Untereinheiten.
Frau P. Kulozik möchte ich für ihre stetige Diskussionsbereitschaft und die
hilfreichen Beratungen danken.
Allen Mitarbeitern der Vegetativen Physiologie danke ich für die freundliche
Aufnahme in das Team und für alles, was ich von ihnen lernen konnte.
Schließlich möchte ich meinen Eltern und meiner Schwester danken, deren
vertrauensvolle Unterstützung mir zu jeder Zeit eine große Hilfe war und ist.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG................................................................................................... 1
1.1 Grundlagen der Kontraktion des Herzmuskels ....................................................................... 1
1.1.2 Funktionsweise des Herzens........................................................................................... 1
1.1.3 Mikroskopische Anatomie des Herzens........................................................................... 1
1.1.4 Aufbau der Myofilamente ................................................................................................. 2
1.1.5 Der Troponinkomplex....................................................................................................... 3
1.1.6 Mechanismus der Muskelkontraktion .............................................................................. 6
1.2 Kinetische Untersuchungen am dünnen Filament ................................................................ 10
1.2.2 Kinetische Parameter..................................................................................................... 11
1.3 Familiäre hypertrophe Kardiomyopathie ............................................................................... 11
1.4 Zielsetzung ............................................................................................................................ 13
2 MATERIAL UND METHODEN ...................................................................... 15
2.1 Material.................................................................................................................................. 15
2.1.1 Chemikalien ................................................................................................................... 15
2.1.2 Lösungen ....................................................................................................................... 15
2.2 Methoden .............................................................................................................................. 25
2.2.1 Expression der humanen kardialen Troponin-Untereinheiten cTnC, cTnT und cTnI .... 25
2.2.2 Isolierung der cTn-Untereinheiten aus E.coli................................................................. 26
2.2.3 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) ................................................... 29
2.2.4 Dialyse ........................................................................................................................... 30
2.2.5 Lyophilisation ................................................................................................................. 30
2.2.6 Fluoreszenzmarkierung von cTnC bzw. cTnI ................................................................ 30
2.2.7 Rekonstitution des cTn-Komplexes ............................................................................... 31
2.2.8 Präparation von cMF und cTn-Austausch ..................................................................... 32
2.2.9 Bestimmung der cMF-Dichte anhand der [S1] ............................................................... 34
2.2.10 Vorbereitung des cTn für Messungen am isolierten Komplex ..................................... 36
2.2.11 Prinzip des Stopped-Flow-Verfahrens ......................................................................... 36
2.2.12 Datenanalyse und Statistik .......................................................................................... 40
3. ERGEBNISSE.............................................................................................. 41
3.1 Isolation der Troponinuntereinheiten..................................................................................... 41
3.2 Inkorporation des hcTn in Meerschweinchen-cMF ............................................................... 46
3.3 Bestimmung der Kinetik der Konformationsänderung von cTn in Mausmyofibrillen im
Vergleich zu isoliertem cTn-Komplex in Lösung mit unterschiedlichen Markierungsmethoden . 49
3.3.1 Effekt der Markierung des cTn-Komplexes auf die Kinetik............................................ 49
3.3.2 Effekt der spezifischen Markierung von TnI .................................................................. 55
3.3.3 Effekt der spezifischen Markierung von cTnC ............................................................... 60
3.3.4 Effekt der selektiven Markierung von cTnC................................................................... 63
2+
3.4 Effekte der FHC-assoziierten hcTnI-Mutation R145G auf die Ca -induzierte An- und
Abschaltkinetik des Troponins .................................................................................................... 72
Inhaltsverzeichnis
4. DISKUSSION ............................................................................................... 74
2+
4.1. Entwicklung einer Methode zur Bestimmung der Ca -kontrollierten Schaltkinetik von cTn in
Myofibrillen .................................................................................................................................. 74
4.1.1 Kontrollen des cTn-Austausches ................................................................................... 75
4.1.2 Wahl des Fluoreszenzfarbstoffes und des Markierungsortes........................................ 76
4.1.3 Vorteile der Verwendung von Meerschweinchenmyofibrillen gegenüber murinen
Kardiomyofibrillen ................................................................................................................... 79
4.2 Interpretation des Fluoreszenzsignals .................................................................................. 80
(TnC-Cys84-NBD)
4.2.1 Anschaltkinetik von cTn
............................................................................. 80
(TnC-Cys84-NBD)
4.2.2 Abschaltkinetik von cTn
.............................................................................. 82
2+
4.3. Bedeutung der Ca -kontrollierten Schaltkinetik von cTn für die Kraftkinetik der cMF ........ 83
R145G
2+
4.4 Effekt der FHC-assoziierten cTnI
-Mutation auf die Ca -kontrollierte Schaltkinetik von
(TnC-Cys84-NBD)
cTn
........................................................................................................................... 85
5. ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................... 87
6. LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................... 89
7. ERKLÄRUNG ZUR VORABVERÖFFENTLICHUNG ................................... 95
8. LEBENSLAUF.............................................................................................. 96
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Häufige Abkürzungen wurden im Text bei der ersten Erwähnung erklärt und
dann als solche verwendet (z.B. cTnI: kardiales Troponin I). Die Aminosäuren
wurden im Einbuchstaben-Code angegeben. Gängige Textabkürzungen (z.B.,
bzw. und andere) sind hier nicht erläutert.
A
anisotrop
Abb.
Abbildung
ADP
Adenosindiphosphat
AEBSF
4-(2-Aminoethyl)-benzensulfonylfluorid
ANS
Anilinonaphthalensulfonsäure
APS
Ammoniumperoxisulfat
ATP
Adenosintriphosphat
BAPTA
1,2-Bis (2-aminophenoxy)-ethan-N-N-N´-N´-tetraessigsäure
BDM
2,3-Butandion-2-monoxim
Ca2+
Kalzium
[Ca2+]
Kalziumkonzentration
CaCl2
Kalziumchlorid
cm
Zentimeter
cm-1
pro Zentimeter
cMF
kardiale Myofibrillen
cTn
kardialer Troponinkomplex (alle drei Untereinheiten)
cTnC
kardiales Troponin C
cTnI
kardiales Troponin I
cTnT
kardiales Troponin T
Da
Dalton
∆Abs
Absorptionsänderung
DEAE
Diethylaminoethyl
∆F
Fluoreszenzänderung der Amplitude
∆F(4,6)
Fluoreszenzänderung der Amplitude bei sättigender [Ca2+]
∆F(9,4)
Fluoreszenzänderung der Amplitude bei niedrigster [Ca2+]
∆F/∆F(4,6)
Fluoreszenzamplitude normalisiert auf den größten pCa
Abkürzungsverzeichnis
∆Fnorm
normalisierte Fluoreszenzänderung der Amplitude
∆Ftotal
absolute Fluoreszenzänderung in der Amplitude
FRET
Förster Resonance Energy Transfer
DMF
Dimethylformamin
DTT
1,4-Dithio-DL-threitol
DX
Bestimmung der Abschaltkinetik (Double-Mixing)
EDANS
Ethylaminonaphthalensulfonsäure
EDTA
Ethylendiamintetraessigsäure
EGTA
Ethylenglycol-bis-(2-aminoethyl)-tetraessigsäure
F
Flussrate
F530nm
Fluoreszenz bei einer Absorption von 530 nm
F-Aktin
fibrilläres Aktin
FHC
Familiäre hypertrophe Kardiomyopathie
FPLC
fast performance liquid chromatography
fsTn
schnelles skelettales Troponin (fast skeletal Troponin)
g
Gramm bzw. Normal-Fallbeschleunigung (9,81 ms-2)
G-Aktin
globuläres Aktin
h
Stunde(n)
H
Helix
hcTn
humaner kardialer Troponinkomplex
H2O
Wasser
HCl
Salzsäure
HEPES
4-(2-Hydroxyethyl)-piperazin-1-ethansulfonsäure
I
isotrop
IAANS
2-(4'-(iodoacetamido)anilino)naphthalen-6-sulfonsäure
IANBD
N-((2-(Iodoacetoxy)ethyl)-N-methyl)amino-7-nitrobenz-2-oxa-1,3diazol
IAEDANS
5((((2-Iodoacetyl)amino)ethyl)amino)naphthalen-1-sulfonsäure
KCl
Kaliumchlorid
kDa
Kilodalton
kobs
beobachtete Ratenkonstante der Anschaltkinetik
kobs (4,6)
beobachtete Ratenkonstante der Ca2+-Assoziation bei sättigender
[Ca2+]
Abkürzungsverzeichnis
kobs (9,4)
beobachtete Ratenkonstante der Ca2+-Assoziation bei niedrigster
[Ca2+]
koff
Ratenkonstante der Abschaltkinetik
KOH
Kaliumhydroxid
kon
Ratenkonstante der Anschaltkinetik
l
Liter
LB
Luria-Bertani (Kulturmedium nach Luria und Bertani, modifiziert)
M
Molar (mol/l)
M-1
pro Molar
M1-3
Mischkammern der Stopped-Flow-Apparatur
mA
Milliampere
mg
Milligramm
2+
Mg
Magnesium
MgCl2
Magnesiumchlorid
MHC
schwere Kette des Myosins (Myosin heavy chain)
µg
Mikrogramm
µl
Mikroliter
µm
Mikrometer
min
Minute
ml
Milliliter
mM
Milimolar
mm
Millimeter
MΩ
Mega-Ohm
MOPS
3-Morpholinopropansulfonsäure
mS
Millisiemens
ms
Millisekunde
MW
Molekulargewicht
n
Anzahl der Experimente
Na2CrP
Natriumkreatinphosphat
NaCl
Natriumchlorid
NaN3
Natriumazid
NaOH
Natriumhydroxid
NBD
Nitrobenzoxadiazol
NBD-cTn
kardiales Troponin fluoreszenzmarkiert mit NBD
Abkürzungsverzeichnis
ng
Nanogramm
nH
Hill-Koeffizient
NH4HCO3
Ammoniumhydrogenkarbonat
nm
Nanometer
NP EGTA
Nitrophenyl Ethylenglycol-bis-(2-aminoethyl)-tetraessigsäure
OD
optische Dichte
pCa
negativer dekadischer Logarithmus der freien [Ca2+]
pCa50
[Ca2+] bei halbmaximaler Bindung
Pi
anorganisches Phosphat
PMSF
Phenylmethansulfonylsäure
rpm
Umdrehungen pro Minute
s
Sekunde
s
-1
pro Sekunde
S1
globuläre Kopfregion des Myosins
[S1]
Konzentration der S1-Köpfe
S1-4
Spritzen 1 bis 4 der Stopped-Flow-Apparatur
SDS
Natriumdodecylsulfat
ssTn
langsames skelettales Troponin (slow skeletal Troponin)
sTn
skelettales Troponin
SX
Bestimmung der Anschaltkinetik (Single-Mixing)
t
Zeitpunkt
Td
Totzeit
Tab.
Tabelle
TEMED
N,N,N´,N´-Tretramethylethylendiamin
UV
ultraviolett
V
Volt bzw. Volumen
VIS
visible
WT
Wildtyp
Xe/Hg
Xenon/Quecksilber
Einleitung
1 Einleitung
1.1 Grundlagen der Kontraktion des Herzmuskels
1.1.2 Funktionsweise des Herzens
Das Herz aller höheren Wirbeltiere ist ein muskuläres Hohlorgan, das nach dem
Prinzip einer Saug-Druck-Pumpe arbeitet. Die Pumpfunktion des Herzmuskels
mit dem rhythmischen Wechsel von Relaxation (Diastole) und Kontraktion
(Systole) der Herzmuskelfasern gewährleistet durch die Zirkulation des Blutes
die lebenswichtige Versorgung der Organe.
1.1.3 Mikroskopische Anatomie des Herzens
Die Herzmuskulatur ist ebenso wie die Skelettmuskulatur quergestreift.
Während
der Skelettmuskel allerdings
aus
vielkernigen
unverzweigten
Muskelfasern besteht, bilden die Herzmuskelzellen ein dreidimensionales Netz.
Eine Herzmuskelzelle ist normalerweise 60 bis 140 µm lang und hat einen
Durchmesser von 17 bis 25 µm. Sowohl die Herzmuskelzellen als auch die
darin enthaltenen Myofibrillen verzweigen sich. Über charakteristische End-zuEnd-Zellkontakte, die Glanzstreifen (Disci intercalares), sind benachbarte
Herzmuskelzellen verbunden und können so miteinander kommunizieren. Im
Unterschied zum Skelettmuskel liegen die Zellkerne der Herzmuskelzellen nicht
randständig, sondern wie bei der glatten Muskulatur eher zentral.
Ein Großteil des Volumens der Herzmuskelzelle wird durch die kontraktilen
Elemente des Muskels, die Myofibrillen, ausgefüllt. Die Myofibrillen sind aus
kurzen parallel angeordneten Proteinfäden, den so genannten Myofilamenten
zusammengesetzt, wobei man zwischen dünnen Aktinfilamenten (7 nm) aus
Aktin, Tropomyosin und Troponin und dicken Myosinfilamenten (12 nm)
unterscheidet.
1
Einleitung
1.1.4 Aufbau der Myofilamente
Betrachtet man eine Muskelfaser unter dem Lichtmikroskop, wird die
charakteristische Querstreifung sichtbar. Helle I- und dunkle A-Streifen
wechseln sich ab. Inmitten des I-Streifens liegt der Z-Streifen, inmitten des AStreifens liegt die helle H-Zone, die von einem feinen dunklen M-Streifen
durchzogen wird. Die Querstreifung wiederholt sich periodisch. Eine Periode,
die von Z-Streifen zu Z-Streifen reicht, wird als Sarkomer bezeichnet. Die
Myofilamente sind dabei auf eine Art und Weise angeordnet, dass
hauptsächlich die dicken Myosinfilamente die A-Streifen der Myofibrille
ergeben. Der I-Streifen wird zum größten Teil aus den Aktinfilamenten gebildet,
sie ragen zwischen die Myosinfilamente. Die Aktinfilamente benachbarter
Sarkomere sind im Z-Streifen verankert und werden an ihren Enden
miteinander verknüpft. Wie bereits
erwähnt,
ragen sie
zwischen
die
Myosinfilamente, berühren sich in der Mitte aber nicht, so dass die helle H-Zone
innerhalb des A-Streifens nur aus Myosin besteht. Verbindungsstellen zwischen
den Myosinfilamenten bilden innerhalb der H-Zone die dunkle M-Linie.
Abb. 1.1: Anordnung der Myosin- und Aktinfilamente im entspannten Zustand.
Skelettmuskelgewebe quergeschnitten nach Huxley, H. E. [20]
2
Einleitung
1.1.4.1 Das dicke Filament
Myosin mit einem Molekulargewicht (MW) von 500 kDa ist das Motorprotein des
Muskels, das sich aus zwei schweren und vier leichten Peptidketten
zusammensetzt. Umeinander gewunden, bildet ein Großteil der beiden
schweren Ketten den Schwanz des Myosins. An den N-terminalen Regionen
hingegen befinden sich zwei globuläre Köpfchen, die Subfragment-1 (S1)
genannt werden und an die je zwei leichte Ketten binden. Mehrere hundert
Myosinmoleküle lagern sich an den Schwänzen zusammen und bilden auf
diese Art und Weise das Rückgrat des dicken Filamentes. Die Köpfe ragen
dabei nach außen und können daher bei der Muskelkontraktion an die
Aktinmoleküle des dünnen Filamentes binden. Jedes Myosinköpfchen hat
außerdem
eine
Bindungsstelle
für
ATP
und
kann
dieses
unter
Energiefreisetzung spalten.
1.1.4.2 Das dünne Filament
Aktin ist ein globuläres Protein mit einem Molekulargewicht von 47 kDa. Die
Aktinmonomere (G-Aktin) bilden zwei Ketten, die sich zu einer Doppelhelix
verdrillen, was als fibrilläres Aktin (F-Aktin) bezeichnet wird. In den Längsrinnen
zwischen den Aktinketten liegt das Tropomyosin (Tm) wie ein Faden. Tm ist ein
langgestrecktes Molekül, das als Homo- oder Heterodimer aus zwei α-helikalen
Ketten besteht, die sich zu einer Superhelix (coiled-coil) zusammenlagern.
Benachbarte Tm-Moleküle überlappen sich entlang des dünnen Filamentes in
einer Kopf-zu-Schwanz (head-to-tail) Konfiguration. Der Troponinkomplex
stabilisiert die flexible Assoziation des Tropomyosins mit dem Aktin und ist der
Aktinkette in regelmäßigen Abständen von 40 nm angelagert. 7 Aktin- und
jeweils ein Tm- und Tn-Molekül bilden eine strukturelle Einheit.
1.1.5 Der Troponinkomplex
Das heterotrimäre Protein Troponin wurde 1963 von S. Ebashi [12] entdeckt
und wird als Kalziumschalter der Myofibrille bezeichnet. Durch die Bindung von
Ca2+-Ionen verändert das Troponinmolekül seine Konformation und ermöglicht
so die Aktivierung des gesamten dünnen Filaments.
Es gibt verschiedene Troponin-Isoformen. Unterschieden werden unter
anderem kardiales Tn (cTn) und skelettales Tn (sTn).
3
Einleitung
1.1.5.1 Troponin C
TnC (MW 18 kDa) gehört zur Familie der Ca2+-bindenden Proteine und ist der
Ca2+-Sensor des Tn-Komplexes. Das hantelförmige Molekül besitzt zwei
globuläre Domänen, eine N- und eine C-terminale, die durch eine lange
zentrale Helix miteinander verbunden sind. Jede Domäne besteht aus einer
kurzen α-Helix, einer Ca2+-bindenden Schleife sowie einer weiteren α-Helix und
enthält je zwei Ca2+-Bindungsstellen. Man bezeichnet diese Anordnung als
„helix-loop-helix“- oder auch als EF-Hand-Motiv. Ausgehend vom N-Terminus
werden die α-Helices des Moleküls mit dem Buchstaben A-H gekennzeichnet.
Die beiden Bindungsstellen der C-terminalen Domäne (III/IV) haben eine hohe
Affinität für Ca2+ (~107 M-1), sind aber trotz ihrer geringeren Affinität für Mg2+
(~103 M-1) unter physiologischen Bedingungen mit Mg2+-Ionen besetzt. Diese
Bindungsstellen scheinen für die Regulation der Muskelkontraktion nicht von
Bedeutung zu sein, da der Austausch von Ca2+ an diesen Bindungsstellen viel
zu langsam ist, um während eines Herzschlags abzulaufen [40].Ihre Aufgabe ist
vielmehr struktureller Natur [16]. Sie verstärken die Interaktion von TnC und TnI
und unterstützen zugleich die Bindung des TnC an das dünne Filament. Die
Ca2+-Affinität der N-terminalen Bindungstellen (I/II) (~105 M-1) ist im Vergleich
zu den C-terminalen Bindungsstellen geringer [45]. Sie binden selektiv Ca2+ und
sind verantwortlich für die Aktivierung des dünnen Filaments, weshalb sie als
regulatorische Ca2+-Bindungsstellen bezeichnet werden. Dabei ist zu beachten,
dass die Ca2+-Bindungsstelle I des kardialen TnC (cTnC) aufgrund einer
anderen Aminosäuresequenz inaktiviert ist und dementsprechend nur eine statt
wie beim skelettalen TnC (sTnC) zwei der regulatorischen Ca2+-Bindungsstellen
zur Verfügung stehen.
Röntgenkristallographische Studien haben gezeigt, dass die C-terminale
Domäne des TnC mit TnT interagiert.
4
Einleitung
a
b
Abb. 1.2: Strukturmodelle von TnC. (a) zeigt die NMR-Struktur von cTnC (PDB 1AJ4) nach
Sia et al. [53]. (b) zeigt die Röntgenstruktur von sTnC (PDB 2TN4) nach Houdusse et al.[19] Die
Buchstaben kennzeichnen die Helices (A-H; N) von TnC. (Darstellung mit Cn3D.)
1.1.5.2 Troponin I
TnI ist die inhibitorische Untereinheit des Tn-Komplexes, die ihren Namen
aufgrund ihrer Fähigkeit, die Aktomyosin-ATPase zu inhibieren erhielt. Bei der
Ca2+-Regulation des dünnen Filamentes nimmt TnI die Rolle eines molekularen
Schalters ein und hält den Tn-Komplex durch die Bindung an Aktin, TnC und
TnT zusammen. cTnI (MW 24 kDa) besteht aus 210 Aminosäuren, das sich von
seiner skelettalen Isoform (sTnI) im Wesentlichen durch eine Verlängerung um
33 Aminosäuren am N-terminalen Ende des Moleküls unterscheidet.
Obwohl der Tn-Komplex bereits in den 60er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts entdeckt wurde, gelang es Takeda et al. [61] erst über 40 Jahre
später große Teile der kristallinen Struktur des Moleküls in seiner Ca2+gesättigten Form zu bestimmen. TnI besteht demnach aus den starren αHelices H1 (Reste 43-79) und H2 (Reste 90-135), die sich um die dritte
Untereinheit TnT winden, sowie aus der inhibitorischen Region (Reste 137148), die H1/H2 von den α-Helices H3 (Reste 150-159) und H4 (Reste 164-188)
trennt. Daran anschließend befindet sich die C-terminale Domäne (Reste 192210) des Moleküls. Die kristalline Struktur der inhibitorischen Region ist in der
5
Einleitung
röntgenkristallographischen Studie Takedas nicht gut zu erkennen, was darauf
hinweist, dass diese Verbindung zwischen H1/H2 und H3/H4 sehr flexibel ist.
1.1.5.3 Troponin T
TnT (MW 36 kDa) ist ein asymmetrisches Molekül und verbindet den TnKomplex mit Tropomyosin (Tm). TnT besteht aus einer globulären C-terminalen
„Kopf“-Domäne und aus einer langgesteckten N-terminalen „Schwanz“-Region.
Erstere interagiert mit TnC, letztere bindet an die überlappende Region zweier
Tm-Moleküle. Auf diese Art und Weise sorgen diese Verbindungen dafür, dass
die Ca2+-induzierte Konformationsänderung von TnC über TnT auf Tropomyosin
übertragen wird.
2+
31-210
Abb. 1.3: Röntgenstruktur der cTn-Kerndomäne (52 kDa) cTnC·3Ca ·cTnI
·cTnT
183-288
(PDB 1J1E) (nach Takeda et al. [61]). H1-4 sind die Helices von cTnI. IR kennzeichnet die
2+
inhibitorische Region. Die drei gebundenen Ca -Ionen der Bindungsstellen II, III und IV sind
durch graue Kugeln dargestellt. (Darstellung mit Cn3D.)
1.1.6 Mechanismus der Muskelkontraktion
Erstmalig beschrieben wurde der Mechanismus der Muskelkontraktion im Jahre
1957 als „Gleitfilament-Theorie“ von H.E. Huxley. Die Aktinfilamente gleiten
zwischen die Myosinfilamente, welche mit ihren Köpfen gewissermaßen „auf
der Stelle laufen“ und dadurch die Aktinfilamente bewegen. Jedes Sarkomer,
6
Einleitung
jede Muskelfaser und letztendlich der ganze Muskel wird verkürzt, wobei sich
die Länge der Myofilamente selbst nicht verändert.
1.1.6.1 Der Querbrückenzyklus
Für ein detailliertes Verständnis der „Gleitfilament-Theorie“ und der Interaktion
von Aktin und Myosin, ist die Kenntnis des Querbrücken-Zyklus von essentieller
Bedeutung. Bei physiologischer ATP-Konzentration (3-5 mM) bindet ATP sehr
schnell und irreversibel an den Myosinkopf, wodurch sich dieser vom
Aktinfilament löst. Im nächsten Schritt richtet er sich auf, so dass der
Myosinkopf schließlich etwa senkrecht zum Aktinfilament steht. ATP wird zu
ADP und anorganischem Phosphat hydrolysiert, wodurch die Bindung von
Myosin an Aktin wieder möglich wird. Nach der Freisetzung von ADP+Pi kommt
es zum Kraftschlag (Power-Stroke) und einer Flexion des Myosinkopfes, der
schließlich in einem Neigungswinkel von 50° zum Akt in steht. Durch das
Ineinandergleiten der Aktin- und Myosinfilamente kommt es zu einer
Verkürzung der Muskelzelle (isotonische Kontraktion). Sind die Enden des
Muskels fixiert, so dass er sich nicht verkürzen kann, wird die Kraft nach außen
abgegeben (isometrische Kontraktion). Die Wechselwirkung zwischen Aktin und
Myosin ermöglicht damit Muskelverkürzung und/oder Kraftentwicklung über den
gleichen Grundmechanismus der Kontraktion. Erst wenn erneut ATP an den
Myosinkopf bindet, erfolgt die Ablösung des Myosins vom Aktin. Kommt es,
beispielsweise bei einem Kreislaufstillstand zu einer Unterbrechung der
Versorgung des Muskels mit ATP, verharren die Myosinköpfe nach dem
Kraftschlag in ihrer Position und bleiben starr mit dem Aktin verbunden. Dieser
Zustand wird als Totenstarre oder Rigor mortis bezeichnet.
1.1.6.2 Ca2+-abhängige Regulation des Muskelkontraktion
Der Ablauf des Querbrückenzyklus ist jedoch nicht nur an das Vorhandensein
von ATP geknüpft. Vielmehr wird die zyklische Aktivität der Querbrücken unter
physiologischen Bedingungen durch die [Ca2+] in der Muskelzelle reguliert. Das
Signal
zur
Kontraktion
wird
im
Herzmuskel
von
sogenannten
Schrittmacherzellen generiert und in Form eines Aktionspotentials an das
Arbeitsmyokard weitergeleitet. Während des Aktionspotentials kommt es zu
einem Einstrom von Ca2+ aus dem Extrazellulärraum ins Zellinnere und einer
7
Einleitung
nachfolgenden Freisetzung von Ca2+ aus dem Sarkoplasmatischem Retikulum,
einem intrazellulären Ca2+ -Speicher.
Bei sehr niedriger [Ca2+] (unter 10-7 mol/l) verhindert Tropomyosin durch seine
Lage auf dem Aktinfilament eine starke Anheftung der Myosinquerbrücken,
wodurch sich der Muskel im relaxierten Zustand befindet. Erhöht sich nun die
[Ca2+] auf ~10-6-10-5 mol/l, verändert sich die Position des Tm, die Querbrücken
sind in der Lage mit dem Aktin eine starke Bindung einzugehen und Kraft zu
erzeugen.
1.1.6.3 Aktivierung des Tn-Komplexes
Steigt die [Ca2+] in der Muskelzelle an und bindet Ca2+ an die regulatorischen
Bindungstellen des TnC, führt dies zu einer Konformationsänderung in der Nterminalen Domäne des TnC-Moleküls. Die Helices B und C entfernen sich von
der Helix D und legen auf diese Weise eine hydrophobe Region frei, an die die
Helix 3 des TnI anschließend binden kann. Die Interaktion dieser beiden
Regionen wiederum bewirkt eine Umstrukturierung der Proteine des dünnen
Filamentes, so dass sich die inhibitorische Region und der C-terminale Teil des
TnI vom Aktin und Tm wegbewegen. Tm gibt nun die Myosinbindungsstellen
auf dem Aktin frei, das Myosin kann binden und der Muskel kontrahiert.
Die Beschreibung dieses Vorganges gilt für die Aktivierung des fast skeletal Tn
(fsTn) der Skelettmuskulatur. In Studien mit isoliertem cTnC führte die Bindung
von Ca2+ an die einzige regulatorische Bindungstelle II nicht zu einer sofortigen
Freilegung der hydrophoben Region in der N-terminalen Domäne des TnC. Die
Exposition der hydrophoben Region erfolgte erst durch die Interaktion des TnC
mit der Helix 3 des TnI [31].
1.1.6.4 Zustandsmodelle des dünnen Filaments
Die Regulation der Muskelkontraktion wird bislang kontrovers diskutiert und
durch verschiedene Modelle erklärt. Ein weit verbreitetes Modell ist das „steric
blocking model“, welches von zwei Zuständen des dünnen Filamentes (aktiviert
= on oder inaktiviert = off) ausgeht. Es besagt, dass bei niedrigen [Ca2+] Tm die
Myosinbindungstellen des Aktins verdeckt und so die Krafterzeugung verhindert
[17, 21, 41]. Steigt die [Ca2+] an und bindet Ca2+ an TnC, so wird Tm durch die
Konformationsänderung des Tn-Komplexes in die Rinne zwischen den beiden
8
Einleitung
Aktinfilamenten
gedrängt
und
gibt
auf
diese
Art
und
Weise
die
Myosinbindungstellen am Aktin frei [62].
Neuere Studien weisen darauf hin, dass es nicht nur zwei Zustände des dünnen
Filaments, sondern drei Zustände (blocked, closed und open) geben könnte
[30, 37]: der blocked (B) Zustand des 3-Zustand-Modells beschreibt die Lage
des Tm bei niedriger [Ca2+], das die Bindung der Querbrücken an das Aktin
verhindert. In diesem Zustand befindet sich das dünne Filament in der „off“Position. Nach Ca2+-Bindung an Tn entsteht mit der Bewegung von Tm auf der
Aktinoberfäche der closed (C) Zustand, der durch eine schwache Bindung der
Myosinköpfe an Aktin gekennzeichnet ist. Eine starke Querbrückenbindung, die
mit Krafterzeugung einhergeht, entsteht im darauf folgenden open (M) Zustand.
Dieses Modell der Aktivierung des dünnen Filamentes geht von einem
kooperativen Mechanismus aus, bei dem die krafterzeugenden Querbrücken
eine weitere Bewegung von Tm und/oder Aktin induzieren, die für eine
Ausbreitung der Aktivierung entlang des dünnen Filaments von Bedeutung ist.
a
b
c
Abb. 1.4: Schematische Darstellung der Interaktionen zwischen Troponin und den
anderen Komponenten des dünnen Filamentes. (a) zeigt den „blocked“-Zustand des
2+
Filamentes, (b) zeigt den „closed“-Zustand nach Ca -Bindung an TnC, (c) zeigt den „open“Zustand.
9
Einleitung
1.2 Kinetische Untersuchungen am dünnen Filament
1.2.1 Fluoreszenzmarkierung
Die Modifikation von Proteinen durch Markieren mit einem lumineszenten
Reportermolekül besitzt große Bedeutung für das Studium molekularer
Wechselwirkungen.
Zur Untersuchung der Konformationsänderung von cTn bei steigender, bzw.
sinkender
[Ca2+]
werden
Fluoreszenzfarbstoffe
als
Reportermoleküle
verwendet. Sie können spezifisch an cTn gekoppelt und mit Hilfe von Licht einer
bestimmten
Wellenlänge
angeregt
werden.
Die
Quantenausbeute
des
Fluoreszenzfarbstoffes verändert sich bei einer Konformationsänderung des
Proteins, abhängig von der Änderung der Sterik oder Ladung der Umgebung.
Zur selektiven Fluoreszenzmarkierung eignen sich thiolreaktive Farbstoffe, die
durch einen nukleophilen Angriff an die Sulfhydrylgruppe von Cystein binden
und einen chemisch stabilen Thioether bilden. Wichtig bei der Auswahl eines
geeigneten Fluoreszenzmarkers sind seine optischen Eigenschaften. Neben
der Detektion einer hohen Fluoreszenz ist es von Bedeutung, dass die
Konformationsänderung zu einer möglichst großen Fluoreszenzänderung führt
und damit zu einem großen Signal/Rausch-Verhältnis. Außerdem werden
Fluoreszenzfarbstoffe
bevorzugt,
die
nicht
durch
UV-Licht,
sondern
längerwelliges sichtbares Licht (VIS) angeregt werden, wodurch Lichtstreuung
und Photobleichung vermieden werden. Gleichzeitig soll die Struktur des
Proteins durch den gebundenen Fluoreszenzfarbstoff so wenig wie möglich
beeinflusst werden.
In der vorliegenden Arbeit wird der Fluoreszenzfarbstoff IANBD verwendet, der
die angegebenen optischen Eigenschaften erfüllt.
10
Einleitung
Abb.
1.5:
Struktur des Fluoreszenzfarbstoffes IANBD
(N-((2-(Iodoacetoxy)ethyl)-N-
methyl)amino-7-nitrobenz-2-oxa-1,3-diazol
1.2.2 Kinetische Parameter
Nimmt
man
für
die
Anschaltkinetik
der
Ca2+-kontrollierten
Konformationsänderung von cTn im einfachsten Fall ein Zwei-Zustand-Modell
an [54], wird die beobachtete Ratenkonstante kobs definiert durch kobs= kon + koff,
wobei kon eine Ca2+-abhängige Ratenkonstante und koff eine feststehende,
Ca2+-unabhängige Ratenkonstante darstellt, wie Studien an isoliertem Tn
gezeigt haben [11, 48, 49]. Im Fall der Abschaltkinetik gibt die beobachtete
Ratenkonstante direkt den Wert für koff an.
Abb.
1.6:
Zwei-Zustand-Modell
der
2+
Ca -kontrollierten
Kinetik
der
Konformationsänderung von cTn
1.3 Familiäre hypertrophe Kardiomyopathie
Die familiäre hypertrophe Kardiomyopathie (FHC) ist mit einer Prävalenz von
200 pro 100.000 Einwohnern die häufigste genetisch-bedingte kardiovaskuläre
Erkrankung [33, 50]. Sie wird autosomal-dominant mit inkompletter Penetranz
vererbt, doch auch das Auftreten von Neumutationen wird beobachtet.
11
Einleitung
Das klinische Bild der FHC ist sehr variabel und reicht von Symptomlosigkeit
über Belastungsdyspnoe, Angina pectoris und Synkopen bis zum plötzlichen
Herztod durch Herzrhythmusstörungen, der im Adoleszentenalter oft die erste
Manifestation der FHC darstellt [52]. Auch bei Leistungssportlern ist die FHC
eine der häufigsten Ursachen des plötzlichen Herztodes [35].
Verursacht wird die FHC durch die Mutation von Genen, die Proteine des
kardialen Sarkomers kodieren. Charakteristisch ist die Aufhebung der normalen
parallelen Anordnung der Herzmuskelzellen, das Ausbilden einer netzartigen
Struktur und eine zunehmende interstitielle Fibrosierung. Makroskopisch
erkennt man eine Hypertrophie des linken Ventrikels, wobei bei der
echokardiographischen Untersuchung eine Wanddicke ≥ 15 mm als hypertroph
definiert ist. Meist sind das interventrikuläre Septum und die linksventrikuläre
Hinterwand verdickt (asymmetrische septale Hypertrophie) und die Relaxation
des Ventrikels ist aufgrund seiner erhöhten Steifheit eingeschränkt (diastolische
Dysfunktion). Durch die Hypertrophie des septalen Myokards kann es zu einer
Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes und einer damit verbundenen
Behinderung des Blutflusses in die Aorta kommen. Eine mangelnde Adaptation
der
Mitralklappensegel
kann
zusätzlich
zu
einer
begleitenden
Mitralklappeninsuffizienz führen.
Abb. 1.7: Humanes Herz mit Zeichen kardialer Hypertrophie bei hypertropher
Kardiomyopathie. Das Septum (VS) ist deutlich verdickt, der linke Ventrikel (LV) nur
geringfügig hypertrophiert (aus [34]).
12
Einleitung
Bislang sind etwa 300 Mutationen auf 12 verschiedenen Genen bekannt, die
zur Ausprägung einer hypertrophen Kardiomyopathie führen können [14]: αund β-Myosin-Schwerkette, kardiales Myosin-bindendes Protein C, cTnT, cTnI
und cTnC, regulatorische und essentielle Myosin-Leichtkette, α-Tropomyosin,
Muscle LIM Protein, kardiales Aktin sowie Titin. Meist handelt es sich um
missense-Mutationen, bei denen ein Aminosäurerest durch einen anderen
ersetzt wurde.
50 dieser Mutationen sind auf den Genen, die für die verschiedenen TnUntereinheiten kodieren lokalisiert, von denen wiederum mehr als 15
Mutationen des cTnI-Moleküls bei an FHC erkrankten Patienten identifiziert
worden sind. Die am intensivsten untersuchte FHC-assoziierte cTnI-Mutation ist
cTnIR145G. Sie befindet sich in der inhibitorischen Region von cTnI und ist durch
einen Austausch von polarem Arginin gegen apolares Glycin charakterisiert. Da
diese Region sowohl mit Aktin als auch mit cTnC interagiert, ist es
wahrscheinlich, dass dieser Ladungswechsel die regulatorischen Eigenschaften
von cTnI beeinflusst. Der Effekt von cTnIR145G auf die Ca2+-kontrollierte
Schaltkinetik von cTn, welches in kardiale Myofibrillen (cMF) inkorporiert wurde,
wurde erstmals in dieser Arbeit bestimmt.
1.4 Zielsetzung
Die Ca2+-kontrollierte Konformationsänderung von cTn ist von zentraler
Bedeutung bei der Regulation der Kontraktion/Relaxation des Myokards. Die
An- und Abschaltkinetik des Troponinkomplexes in der strukturellen Umgebung
des Sarkomers wurde bislang noch nicht bestimmt. Daher ist auch nicht
bekannt, inwieweit die Kinetik der Ca2+-kontrollierten Konformationsänderung
von cTn ratenlimitierend und damit geschwindigkeitsbestimmend für die
systolische Kontraktion, bzw. diastolische Relaxation ist. Studien mit isoliertem
cTnC, isoliertem cTn und mit rekonstituierten Filamenten haben gezeigt, dass
sich die Ca2+-kontrollierte Schaltkinetik von cTn abhängig von der Komplexität
des untersuchten Systems verändert [7, 49].
Weiter ist nicht bekannt, welchen Einfluss Mutationen des Troponinkomplexes,
die mit der familiären hypertrophen Kardiomyopathie (FHC) assoziiert sind, auf
die Schaltkinetik haben.
13
Einleitung
Übergeordnetes Ziel dieser Arbeit war es deshalb, ein Verfahren zu entwickeln,
mit dem diese Kinetiken in Myofibrillen untersucht werden können.
Dazu wurden Cysteine des cTn fluoreszenzmarkiert und die Kinetiken sowohl
des isolierten als auch des in Myofibrillen inkorporierten Komplexes mittels
stopped flow untersucht.
Sowohl cTnC als auch cTnI haben mehrere Cysteine, die markiert werden
können. Daher wurde 1. untersucht, ob die Kinetik davon beeinflusst wird, ob
entweder cTnC oder cTnI selektiv markiert wird und 2. welchen Einfluss die
Markierung bestimmter Cysteine auf die Kinetik hat.
Die mit dieser Methode bestimmten kinetischen Parameter für die Ca2+kontrollierte Schaltkinetik von cTn wurden dann mit bekannten Kinetiken der
Kontraktion und Relaxation [28] in Beziehung gesetzt, um zu untersuchen, ob
die Ca2+-kontrollierte Schaltkinetik ratenlimitierend ist.
Nach Etablierung der Methode wurde exemplarisch an der FHC-assoziierten
Mutation cTnIR145G untersucht, ob und in welcher Weise Mutationen des cTnI,
die im Zusammenhang mit der FHC stehen, die Schaltkinetik verändern.
14
Material und Methoden
2 Material und Methoden
2.1 Material
2.1.1 Chemikalien
Es wurden Chemikalien in p.A.-Qualität von den Firmen AppliChem
(Darmstadt), Fluka (Neu-Ulm), Merck (Darmstadt), ROTH (Karlsruhe), Serva
(Heidelberg), Sigma (Steinheim) und USB (Ohio, USA) bezogen.
2.1.2 Lösungen
Soweit nicht anders angegeben, wurde für alle Puffer vollentsalztes H2O (18
MΩ, Reinstwasseranlagen MembraPure oder MilliQ) verwendet.
2.1.2.1 Isolierung von Troponin (cTn)
2.1.2.1.1 Homogenisation der geernteten Bakterien
Homogenisationspuffer (100 ml)
25 mM
Triethanolaminhydrochlorid
8M
Harnstoff
1 mM
EDTA
2 mM
DTT
1 µg/ml
Pepstatin A
600 µl
Proteaseinhibitorcocktail (siehe 2.1.2.8)
pH 7,5 (NaOH)
0,5 mM
PMSF
15
Material und Methoden
2.1.2.1.2 cTnC-Reinigung mittels fast performance liquid chromatography
(FPLC)
cTnC-DEAE-Sepharosepuffer A (4000 ml)
25 mM
Triethanolaminhydrochlorid
8M
Harnstoff
2 mM
EDTA
1 mM
DTT
pH 7,5 (NaOH)
cTnC-DEAE-Sepharosepuffer B (800 ml)
1M
NaCl
in 800 ml cTnC-DEAE-Sepharosepuffer A
cTnC-Dialysepuffer (4000 ml)
1 mM
NH4HCO3
2.1.2.1.3 cTnT-Reinigung mittels FPLC
cTnT-CM-Sepharosepuffer A (2000 ml)
50 mM
tri-Natrium-Citratdihydrat
6M
Harnstoff
1 mM
EDTA
1 mM
DTT
pH 6,0 (HCl)
cTnT-CM-Sepharosepuffer B (300 ml)
1M
NaCl
in 300 ml cTnT-CM-Sepharosepuffer A
16
Material und Methoden
cTnT-DEAE-Sepharosepuffer A (2000 ml)
50 mM
Tris
6M
Harnstoff
1 mM
EDTA
1 mM
DTT
pH 8,0 (HCl)
cTnT-DEAE-Sepharosepuffer B (300 ml)
1M
NaCl
in 300 ml cTnT-DEAE-Sepharosepuffer A
cTnT-Dialysepuffer (4000 ml)
Siehe cTnC-Dialysepuffer
2.1.2.1.4 cTnI-Reinigung mittels FPLC
cTnI-CM-Sepharosepuffer A (2000 ml)
Siehe cTnC-DEAE-Sepharosepuffer A
cTnI-CM-Sepharosepuffer B (400 ml)
Siehe cTnC-DEAE-Sepharosepuffer B
cTnI-Dialysepuffer (4000 ml)
1 mM
HCl
2.1.2.2 SDS-Gelelektrophorese
2.1.2.2.1 SDS-Gel (Tris-Tricine)
Die Tricine-Gele stammten ebenso wie der Tricine-Probenpuffer von der Firma
Anamed (Darmstadt).
10x Tricine-Laufpuffer
1M
Tris
1M
Tricine
1%
SDS
17
Material und Methoden
2.1.2.2.2 SDS-Gel (Tris/Glycin)
4x Tris/Glycin-Trenngelpuffer pH 8.8
2M
Tris
20 %
SDS
pH 8,8 (HCl)
8x Tris/Glycin-Sammelgelpuffer pH 6.8
2M
Tris
20 %
SDS
pH 6,8 (HCl)
10 % APS
440 mM
Ammoniumperoxodisulfat
10x Tris/Glycin-Laufpuffer
250 mM
Tris
1,9 M
Glycin
20 %
SDS
2x Laemmli-Probenpuffer (10 ml)
125 mM
Tris-HCl, pH 6.8
20 %
Glycerol
4%
SDS
0,005 %
Bromphenolblau
18
Material und Methoden
Trenngel (12,5 %),
für 4 Minigele (10 x 8 cm)
(oder 1 großes Gel)
Acrylamid (30/0,8)
12,18 ml
4x Trenngelpuffer, pH 8.8
7,5 ml
Glycerin/Bidest (1:1)
1,5 ml
MilliQ-Water
8,65 ml
10% APS
150 µl
TEMED
15 µl
Sammelgel (3,3 %),
für 4 Minigele (10 x 8 cm)
(oder 1 großes Gel)
Acrylamid (30/0,8)
550 µl
8x Sammelgelpuffer, pH 6.8
625 µl
MilliQ-Water
3770 µl
10% APS
50 µl
TEMED
15 µl
Tab. 2.1: Pipettierschema für SDS-Gele (Tris/Glycin)
2.1.2.3 cTnC-Fluoreszenzmarkierung
Harnstoff-Reduktionspuffer (100 ml)
25 mM
MOPS
200 mM
NaCl
6M
Harnstoff
0,5 mM
CaCl2-Dihydrat
2 mM
DTT
pH 7,0 (NaOH)
19
Material und Methoden
Harnstoff-Dialysepuffer (2000 ml)
25 mM
MOPS
200 mM
NaCl
6M
Harnstoff
0,5 mM
CaCl2-Dihydrat
0,1 mM
DTT
pH 7,0 (NaOH)
2.1.2.4 Rekonstitution des cTn-Komplexes
MOPS-Grundpuffer (je 2000 ml)
25 mM
MOPS
0,5 mM
CaCl2- Dihydrat
1 mM
DTT
pH 7,0 (NaOH)
MOPS-Puffer 1
1M
NaCl
in 2000 ml MOPS-Grundpuffer
MOPS-Puffer 2
750 mM
NaCl
in 2000 ml MOPS-Grundpuffer
MOPS-Puffer 3
500 mM
NaCl
in 2000 ml MOPS-Grundpuffer
MOPS-Puffer 4
300 mM
KCl
in 2000 ml MOPS-Grundpuffer (pH einstellen mit KOH)
20
Material und Methoden
2.1.2.5 Präparation der kardialen Myofibrillen (cTn) und Austausch von cTn
Rigor-Puffer
10 mM
HEPES
132 mM
NaCl
5 mM
KCl
1 mM
NaN3
1 mM
MgCl2-Hexahydrat
5 mM
EGTA
pH 7,1 (NaOH)
Skinning-Puffer (Häutungslösung)
10 mM
Tris
10 mM
NaCl
150 mM
KCl
1 mM
NaN3
1 mM
MgCl2-Hexahydrat
5 mM
EGTA
1%
Triton X-100
pH 7,1 (NaOH)
2.1.2.6 Puffer für die Ca2+-induzierte Anschaltkinetik (Single-Mix)
Stammlösung A (200 ml, 10-fach konzentriert)
100 mM
Imidazol
30 mM
MgCl2-Hexahydrat
477 mM
Na2-Kreatinphosphat
10 mM
ATP
Der pH-Wert wurde bei Raumtemperatur mit HCl auf 7,5 eingestellt, dann
wurde ATP zugegeben. Bei 10°C wurde der pH-Wert auf 7,0 eingestellt und das
Volumen mit H2O auf 200 ml gebracht. Die Lösung wurde in Portionen von 2 ml
aliquotiert und bei -20°C eingefroren.
21
Material und Methoden
Stammlösung B (200 ml, 10-fach konzentriert)
30 mM
Na2-BAPTA
Der pH-Wert wurde bei 10°C auf 7,0 eingestellt, das Volumen mit H2O auf
200 ml gebracht. Die Lösung wurde in Portionen von 2 ml aliquotiert und bei
-20°C eingefroren.
Zwischenlösung
2 ml
Stammlösung A
2 ml
Stammlösung B
6 ml
H2O
40 mM
DTT
Relaxationslösung (pCa 9,38)
5 ml
Zwischenlösung
5 ml
H2O
Aktivierungslösung (pCa 4,61)
5 ml
Zwischenlösung
6 mM
CaEGTA
Das Volumen wurde mit H2O auf 10 ml gebracht.
2+
Abb. 2.1: Protokoll der Puffer für die Ca -induzierte Anschaltkinetik
22
Material und Methoden
Herstellung der verschiedenen pCa-Werte
pCa SX-Relaxationspuffer (%) SX-Aktivierungspuffer (%)
9,4
100
0
7,7
90
10
7,1
75
25
6,9
65
35
6,6
50
50
6,4
40
60
6,2
30
70
6,0
20
80
5,6
10
90
5,3
5
95
5,1
2,5
97,5
4,6
0
100
Tab. 2.2 Mischungsverhältnis (%) von Single-Mix (SX)-Relaxationspuffer und Single-Mix
(SX)-Aktivierungspuffer für die verschiedenen pCa´s
Die Ca2+-Konzentration der Puffer wurde mit dem Programm CHELATOR (T.
Schoenmakers, Dept. of Animal Physiology, Nijmegen, Niederlande, 1992)
berechnet.
2.1.2.7 Puffer für die Ca2+-kontrollierte Abschaltkinetik (Double-Mix)
Zwischenlösung
2 ml
Stammlösung A (s. 2.1.2.6)
0,4 ml
Stammlösung B (s. 2.1.2.6)
7,6 ml
H2O
40 mM
DTT
Relaxationslösung (pCa 8,68)
5 ml
Zwischenlösung
5 ml
H2O
[BAPTA] = 0,6 mM
23
Material und Methoden
Aktivierungslösung (pCa 4,97)
5 ml
Zwischenlösung
1,2 mM
CaEGTA
Das Volumen wurde mit H2O auf 10 ml gebracht.
[BAPTA] = 0,6 mM
BAPTA-Lösung (pCa 7,9)
0,5 ml
Stammlösung A
2 ml
Stammlösung B
2,5 ml
H2O
20 mM
DTT
2+
Abb. 2.2: Protokoll der Puffer für die Ca -kontrollierte Abschaltkinetik
2.1.2.8 Proteaseinhibitorcocktail (Stammlösung 200-fach konzentriert)
0,5 mM
AEBSF
14,7 µM
Antipain
5 µg/ml
Aprotinin
10 µM
Leupeptin
wurden in 5 ml 50 mM Imidazol (pH 7,0), 3 mM MgCl2 gelöst, in 150 µl
Portionen aliquotiert und bei -20°C eingefroren.
24
Material und Methoden
2.1.2.9 Puffer für den Nachweis des cTn-Austauschs in cMF
Reduktions- und Alkylierungspuffer
450 mM
Tris
pH 8,5 (HCl)
2.2 Methoden
2.2.1 Expression der humanen kardialen Troponin-Untereinheiten
cTnC, cTnT und cTnI
2.2.1.1 Vorkultur
Für die Expression des cTnC und cTnI wurde der Bakterienstamm BL21DE3
(Ampicillinresistenz; Stratagene, Kirkland, Washington, USA) benutzt, für cTnT
®
BL21DE3 Codon Plus
RP (Ampicillin- und Chloramphenicolresistenz). Für die
Transformation der entsprechenden Untereinheiten wurden jeweils 100 µl
kompetente Bakterien 20 min auf Eis aufgetaut. Es wurde 1 µl (≈ 100 ng) der
entsprechenden Plasmid-DNA (zur Verfügung gestellt von Dr. N. Blaudeck)
dazugegeben, vorsichtig gevortext und anschließend mindestens 20 min auf Eis
inkubiert. Der Transformationsansatz wurde in einem Wasserbad mit 42°C
inkubiert (heat shock), bei BL21DE3 45 s, bei BL21DE3 Codon Plus
R
RP 20 s.
Nach 2 min Inkubation auf Eis wurden 800 µl LB-Medium (ROTH, 25 g Medium
auf 1000 ml VE-Wasser, anschließend autoklaviert) zugegeben und 1 h bei
37°C
geschüttelt,
um
die
Zellmembran
zu
regeneriere n
und
die
Antibiotikaresistenz, welche die Plasmide tragen, auszuprägen. Es wurde eine
Vorkultur
aus
je
50
ml
LB-Medium
und
200
µl
des
jeweiligen
Transformationsansatzes angesetzt und über Nacht bei 37°C und 200 rpm
geschüttelt
(Innova,
New
Brunswick
Scientific,
Nürtingen).
Den
Transformationsansätzen wurden jeweils 50 µg/ml Ampicillin einer 50 mg/mlStammlösung zugesetzt. Den Transformationsansätzen von cTnT (BL21DE3
Codon Plus
R
RP) wurden zusätzlich noch 50 µg/ml Chloramphenicol einer 50
mg/ml EtOH-Stammlösung zugesetzt.
25
Material und Methoden
2.2.1.2 Hauptkultur
Jeweils 600 ml LB-Medium (siehe 2.2.1.1) wurden in Kulturkolben mit 4
Schikanen mit je 50 µg/ml Ampicillin (Stammlösung siehe 2.2.1.1) versetzt und
bei 120 rpm im Schüttler (Innova) 30 min auf 37°C t emperiert. Anschließend
wurden die Kulturkolben mit 2,5 % (15 ml) der Vorkultur angeimpft und
weiterhin bei 37°C und 120 rpm (Innova) geschüttelt . Der beste Zeitpunkt, um
die
Proteinexpression
zu
induzieren,
liegt
in
der
exponentiellen
Wachstumsphase. Das Bakterienwachstum wird anhand der optischen Dichte
(OD, hier bei 600 nm gemessen) der Bakteriensuspension verfolgt. Bis zu einer
OD von 0,4 ist die Bakteriendichte proportional zur Extinktion, danach muss sie
verdünnt werden. Bei einer OD von 0,3 - 0,4 (unter oben genannten
Bedingungen normalerweise nach ~ 45 min) war der Induktionszeitpunkt
erreicht. Die Expression wurde mit 1 mM IPTG induziert. 3,5 h nach der
Induktion wurde mit der Zellernte begonnen. Dazu wurden die Bakterien 15 min
bei 4°C und 6000 g zentrifugiert, der Überstand ver worfen und die Pellets bei 80°C eingefroren.
Zur späteren Überprüfung der Expression mittels SDS-Gel wurde unmittelbar
vor und 3 h nach der Induktion (t = 0, t = 3) je 1 ml Bakterienlösung
entnommen, zentrifugiert (3 min, 13000 rpm), mit 1x Laemmli-Probenpuffer (OD
100 in µl) versetzt, 5 min auf 95°C erhitzt und ans chließend bei -20°C
eingefroren.
2.2.2 Isolierung der cTn-Untereinheiten aus E.coli
Die gefrorenen Pellets wurden in Homogenisationspuffer resuspendiert.
Anschließend wurden die Zellen mittels Ultraschall (Branson Digital Sonifire,
Heinemann, Schwäbisch Gemünd) auf Eis aufgeschlossen.
Einstellung des Ultraschalls:
max. Amplitude
45 %
Beschallungszeit insgesamt
1:45 min
max. Probentemperatur
37°C
Puls ein
15 s
Puls aus (Pause)
30 s
26
Material und Methoden
Die aufgeschlossenen Zellen wurden mit 6 mM MgCl2-Hexahydrat und 40 µl
Benzonase-Nuclease (Novagen, Wisconsin, USA) versetzt und bei RT 10 min
gerührt. Sie wurden danach für 20 min bei 16°C und bei 22500 g zentrifugiert.
Der Überstand wurde gegen 700-800 ml des für die jeweilige cTn-Untereinheit
vorbereiteten Säulenpuffers A 2 bis 3 h dialysiert (SnakeSkin, molekulare
Ausschlussgrenze 7000 Da, Pierce, PERBIO, Bonn). Danach wurde der pHWert auf den des jeweiligen Säulenpuffers A eingestellt und für 20 min bei 16°C
und 24500 g erneut zentrifugiert. Der Überstand, der der Proteinlösung
entspricht, wurde mit Spritzenfiltern (Rotilabo, PVDF, Porengröße 0,45 µm,
ROTH) filtriert und war danach bereit für die Isolierung der entsprechenden
cTn-Untereinheit mittels der fast performance liquid chromatography (FPLC).
2.2.2.1 Fast performance liquid chromatography (FPLC)
Für die chromatographische Proteinreinigung wurde die FPLC-Anlage „FPLCSystem“ der Firma Amersham Biosciences (jetzt GE-Healthcare, München)
bestehend aus der LCC-501 Kontrolleinheit, einem UV-Monitor und einem
Leitfähigkeits-Monitor verwendet. Zur Isolation der cTn-Untereinheiten wurde
als Anionen-Austauscher Diethylaminoethyl-SepharoseTM (DEAE-Sepharose)
und als Kationen-Austauscher Carboyxmethyl-SepharoseTM (CM-Sepharose;
Amersham Biosciences) benutzt. Die Ionenaustauscher-Materialien wurden in
XK 16/40-Säulen (60 ml Füllungsvolumen) für cTnC bzw. XK 16/20-Säulen (25
ml Füllungsvolumen) für cTnT und cTnI eingesetzt.
2.2.2.2 Isolierung von cTnC
cTnC wurde nach einem Protokoll von al-Hillawi et al. [1] isoliert. Um
kontaminierende Nukleinsäuren und Proteine der Bakterienstämme aus der
Proteinlösung (siehe 2.2.2) zu entfernen, wurde diese durch drei aufeinander
folgende Reinigungsläufe über eine DEAE-Sepharosesäule in 8 M Harnstoff
gereinigt.
Die
DEAE-Sepharosesäule
wurde
mit
cTnC-DEAE-Sepharosepuffer
A
äquilibriert und mit der Proteinlösung beladen. Die mit 375 mM NaCl eluierten
Fraktionen enthielten cTnC. Abschließend wurden die ebenfalls gebundenen
Nukleotide mit 1 M NaCl (cTnC-Sepharosepuffer B) von der Säule gelöst. Auf
diese Art und Weise wurde die Säule regeneriert und für einen weiteren
Reinigungslauf vorbereitet. In einem zweiten Reinigungslauf eluierten die cTnC27
Material und Methoden
haltigen Fraktionen während des graduellen Anstiegs der NaCl-Konzentration
(in drei Stufen von 60 mM auf 175 mM, von 175 mM auf 280 mM und
schließlich von 280 mM auf 375 mM) bei einer Leitfähigkeit von etwa 12-14,5
mS cm-1. Die Fließgeschwindigkeit betrug 5 ml/min. Die cTnC-haltigen
Fraktionen aus dem zweiten Reinigungslauf wurden 3x je 3 h gegen 1 mM
NH4HCO3 (cTnC-Dialysepuffer) dialysiert, filtriert (Rotilabo, PVDF, Porengröße
0,45 µm, ROTH), in flüssigem Stickstoff schockgefroren und anschließend über
Nacht lyophilisiert (Details siehe 2.2.4 und 2.2.5).
2.2.2.3 Isolierung von cTnT
cTnT wurde nach einem Protokoll von Potter [44] in zwei Schritten isoliert:
Zunächst über Kationen-Austauscher-Chromatographie in 6 mM Urea bei pH 6,
anschließend über Anionen-Austauscher-Chromatographie bei pH 8.
Die CM-Sepharosesäule wurde mit cTnT-CM-Sepharosepuffer A äquilibriert
und dann mit der Proteinlösung (siehe 2.2.2) beladen. Die NaCl-Konzentration
wurde durch Hinzufügen von 28 % cTnT-CM-Sepharosepuffer B in einer Stufe
von 0 mM auf 280 mM erhöht. cTnT eluierte beim Leitfähigkeitsanstieg von ~7,5
auf 21 mS cm-1. Für die anschließende Anionen-Austauscher-Chromatographie
wurden die cTnT-haltigen Fraktionen in cTnT-DEAE-Sepharosepuffer A
umgepuffert und auf eine DEAE-Sepharosesäule aufgetragen. In diesem Puffer
wurde ein NaCl-Gradient (0 – 45 % cTnT-DEAE-Sepharosepuffer B,
Fließgeschwindigkeit 5 ml/min) auf die DEAE-Sepharosesäule gegeben. Bei
einer Leitfähigkeit von ~ 14,5-18,5 mS · cm-1 eluierte das reine cTnT.
Anschließend wurden die cTnT-haltigen Fraktionen 3x je 3 h gegen 1 mM
NH4HCO3 (cTnT-Dialysepuffer) dialysiert, filtriert (Rotilabo, PVDF, Porengröße
0,45 µm, ROTH), in flüssigem Stickstoff schockgefroren und lyophilisiert
(Details siehe 2.2.4 und 2.2.5).
2.2.2.4 Isolierung von cTnI
cTnI wurde nach einem modifizierten Protokoll von al-Hillawi et al. [1] über
Kationen-Austauscher-Chromatographie isoliert. Die Proteinlösung wurde auf
eine
mit
cTnI-CM-Sepharosepuffer
A
äquilibrierte
CM-Sepharosesäule
gebracht. Anschließend eluierte cTnI während einer von 50 mM auf 400 mM
ansteigenden Konzentration des cTnI-CM-Sepharosepuffers B bei einer
Leitfähigkeit von 10-14 mS cm-1 (Fließgeschwindigkeit 5 ml/min). Anschließend
28
Material und Methoden
wurden
die
jeweiligen
cTnI-haltigen
Fraktionen
3x
je
3
h
gegen
1 mM HCl (cTnI-Dialysepuffer) dialysiert, filtriert (Rotilabo, PVDF, Porengröße
0,45 µm, ROTH), in flüssigem Stickstoff schockgefroren und lyophilisiert
(Details siehe 2.2.5 und 2.2.6).
2.2.3 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)
2.2.3.1 Reinheitsbestimmung der isolierten cTn-Untereinheiten
Um
zu
überprüfen,
Untereinheiten
welche
enthielten
der FPLC-Fraktionen
und
wie
rein
diese
die
entsprechenden
waren,
wurde
die
Gelelektrophorese benutzt.
Für cTnC wurden SDS-Gele (Tris/Tricine), Tricine-Probenpuffer und Laufpuffer
der Firma Anamed verwendet. Alle Proben wurden zu gleichen Volumina mit
Tricine-Probenpuffer
versetzt.
Als
Marker
für
die
Kontrolle
des
Molekulargewichts diente See Blue Plus 2 (Invitrogen, Kalifornien, USA). Es
wurden je 30 µl der Proben und 7,5 µl des Markers aufgetragen. Das Gel lief
bei 125 V für 90 min.
Für cTnI und cTnT wurden SDS-Gele (Tris/Glycin; Hoefer-System, GEHealthcare) mit 12,5 %igem Sammelgel benutzt. Als Marker für die Kontrolle
des Molekulargewichts dienten See Blue Plus 2 (Invitrogen). Außerdem wurden
die bei der Überexpression kurz vor und 3 h nach der Induktion genommenen
Proben (t=0, t=3; siehe 2.2.1.2) zum Nachweis der Expressionsbande
aufgetragen. Alle Proben wurden 1:2 mit 2x Laemmli-Probenpuffer versetzt. Es
wurden je 10 µl (cTnT) bzw.15 µl (cTnI) der Proben und 7,5 µl des verwendeten
Markers aufgetragen. Die Proben liefen bei einer Stromstärke von 10-15 mA in
das Sammelgel ein. Sobald sich die Proben im Trenngel befanden, wurde die
Stromstärke auf 15-20 mA erhöht.
2.2.3.2 Nachweis des cTn-Austauschs in cMF
Bei der Präparation der cMF und des nachfolgenden cTn-Austauschs wurden
für den Austauschnachweis (siehe 2.2.8.2, gelagert bei -80°C) Proben
genommen. Sie wurden aufgetaut und anschließend in 100 µl Reduktions- und
Alkylierungspuffer resuspendiert. Anschließend wurden sie für 15 min in ein
Ultraschallbad (Sonorex RK 52, Bandelin, Berlin) gestellt. Als Kontrolle wurden
je 10 µl des jeweiligen ausgetauschten cTn-Komplexes, aufgetaut und mit
29
Material und Methoden
Reduktions- und Alkylierungspuffer auf 100 µl aufgefüllt. Auf alle Proben wurde
zur Reduktion 3 µl einer 1 M DTT-Lösung pipettiert und anschließend für 3 min
bei 95°C inkubiert. So wurde vermieden, dass sich D isulfidbrücken im cTnKomplex ausbilden konnten. Um eine bessere Trennung von cTn und
Meerschweinchen-cTn zu erreichen, wurden die Proben alkyliert. Dazu wurden
jeweils 10 µl einer 800 mM Iodoacetamid-Lösung zu den Proben gegeben und
anschließend wurde erneut für 1 min bei 95°C inkubi ert. Danach wurden sie
durch Pufferaustausch mit Zeba Desalt Spin Columns (0,5 ml Volumen, Pierce,
PERBIO) in Laemmli-Puffer (siehe 2.1.2.2) überführt und hinterher 1:10 mit
Laemmli-Puffer verdünnt. Von den Austauschproben wurden je 10 µl auf ein
großes, 12,5 %iges SDS-Gel (Tris-Glycin; siehe 2.1.2.2.2) aufgetragen, von den
Kontrollen wurden jeweils 5 µl auf dieses Gel aufgetragen. Das Gel lief in einem
Hoefer-System (SE 600 Series Electrophorese Unit) bei 4 mA 18 h über Nacht.
Anschließend wurde es mit Coomassie R-250 (Blue R Tablets, SERVA) oder
Silver-Staining (Silver Snap Kit II, nach beigefügtem Protokoll, Pierce, PERBIO)
gefärbt.
2.2.4 Dialyse
Die cTn-haltigen Fraktionen wurden dialysiert (SnakeSkin, molekulare
Ausschlussgrenze 7000 Da, Pierce, PERBIO) und zwar 3x mindestens 3 h in
jeweils 4 l jeweiligem Dialysepuffer im Kühlraum (4°C). Bei cTnI wurde nach der
Dialyse als Reduktionsmittel TCEP in 10 M-Überschuss der erwarteten
Proteinmenge zugegeben. Das Dialysat wurde mit Spritzenfiltern (Rotilabo,
PVDF, Porengröße 0,45 µm, ROTH) filtriert und anschließend lyophilisiert.
2.2.5 Lyophilisation
Die Proben wurden in 50 ml Falcon-Tubes gefüllt, jeweils 10 ml pro Tube, und
in flüssigem Stickstoff schockgefroren. Dann wurden die Proben in der Lyophille
(Alpha1-2, Christ, Osterode) für ~ 1 Tag gefriergetrocknet. Sie wurden bei
-80°C gelagert.
2.2.6 Fluoreszenzmarkierung von cTnC bzw. cTnI
cTn wurde entweder an cTnC (C35, C84) oder an cTnI (C80, C97) mit dem
thiol-spezifischen
Fluoreszenzfarbstoff
N-((2-(Iodoacetoxy)Ethyl)-N-
Methyl)Amino-7-Nitrobenz-2-Oxa-1,3-Diazol (IANBD) markiert. Dazu wurden
30
Material und Methoden
2,5 mg cTnC/ml, bzw. bei spezifischer Markierung von cTnI 1 mg cTnI/ml in
Harnstoff-Reduktionspuffer gelöst und 2 h bei 4°C i n Dunkelheit langsam
geschwenkt. Um das im Harnstoff-Reduktionspuffer enthaltene DTT zu
entfernen, wurde danach mindestens 3 h gegen Harnstoff-Dialysepuffer
dialysiert (mindestens 1 ml Proteinlösung/ 100 ml Puffer, SnakeSkin,
molekulare Ausschlussgrenze 7000 Da, Pierce, PERBIO). Zwischenzeitlich
wurde IANBD in 5-molarem Überschuss zur Proteinlösung in Dimethylformamin
(DMF)
gelöst.
Diese
IANBD-DMF-Lösung
wurde
tröpfchenweise
zur
Proteinlösung gegeben, wobei der DMF-Anteil an der Protein-Lösung weniger
als 2 % betragen sollte. Anschließend wurde die Protein-Lösung 1 h bei 4°C in
Dunkelheit inkubiert.
Das
Iodoacetamid
(IA) wurde
durch einen nukleophilen
Angriff
vom
Nitrobenzoxadiazol (NBD) abgespalten und das verbleibende fluoreszierende
NBD band an die Cysteinreste der zu markierenden Untereinheit. Um die
Fluoreszenzfärbung
zu
beenden,
wurden
mindestens
10
mM
DTT
dazugegeben, wodurch das überschüssige NBD gebunden wurde. Das
überschüssige NBD wurde mit ZEBA Desalt-Spincolumns (Pierce, PERBIO)
entfernt. Anschließend wurde das cTnC mit Spritzenfiltern (Rotilabo, PVDF,
Porengröße 0,45 µm, ROTH) filtriert.
Die Fluoreszenzmarkierung von cTnI mit IAEDANS erfolgte auf die gleiche Art
und Weise wie hier beschrieben.
2.2.7 Rekonstitution des cTn-Komplexes
Die fluoreszenzmarkierte Untereinheit (cTnC oder cTnI) wurde nach einem
Protokoll von Potter [44] mit den Untereinheiten cTnT und cTnI, bzw. cTnC, zu
einem cTn-Komplex rekonstituiert. Dazu wurden cTnT (1 mg/ml) und cTnI
(1 mg/ml), bzw. cTnC (2,5 mg/ml) zu der fluoreszenzmarkierten Untereinheit
gegeben. Die Lösung wurde ca. 45 min auf Eis geschwenkt, bis sich die
hinzugefügten Untereinheiten gelöst hatten. Die Rekonstitution des cTnKomplexes erfolgte durch Dialyse (SnakeSkin, molekulare Ausschlussgrenze
7000 Da, Pierce, PERBIO) der cTn-Untereinheiten gegen MOPS-Puffer I-IV mit
absteigender NaCl-Konzentration (je Puffer 3x je 1,5 h bei 4°C, beginnend mit
MOPS I). Nach den Dialysen wurde 20 mM DTT zugegeben, der cTn-Komplex
wurde filtriert (Millex-HV Syringe Driven Filter Units, Porengröße 0,45 µm,
31
Material und Methoden
Millipore,
Massachuchets, USA), anschließend aliquotiert, in flüssigem
Stickstoff schockgefroren und bei -80°C gelagert.
Wurde der gesamte cTn-Komplex mit IANBD markiert, wurde der Komplex
zunächst rekonstituiert und erst im Anschluss fluoreszenzmarkiert.
2.2.8 Präparation von cMF und cTn-Austausch
2.2.8.1 Präparation von murinen cMF
Für die Isolierung von kardialen Myofibrillen wurden erwachsene, männliche
Mäuse (Stamm HIM:OF1) durch Genickbruch getötet und die noch schlagenden
Herzen (~ 200 mg) zum Ausbluten in eine Lösung aus Rigor-Puffer und
Proteaseinhibitorcocktail gegeben. Auf einem vorgekühlten Präparationsblock
wurden die Herzen entlang des Septums aufgeschnitten und aufgeklappt, um
zunächst die Vorhöfe, Blutgefäße, umgebendes Bindegewebe und Blutkoagel
zu entfernen. Anschließend wurden sie mit Hilfe feiner Nadeln auf dem
Präparationsblock fixiert und 1 h bei einer Temperatur von 4°C in Rigor-Puffer
belassen. Die Herzen sollten so langsam in den Rigorzustand übergehen, ohne
dass die cMF überkontrahierten. Dann wurden die Herzen in kleine Stücke
geschnitten (~ 1 mm2) und in 3 ml Rigor-Puffer pro 200 mg Herz gegeben. Die
Herzstückchen wurden für 5 s mit einem eisgekühlten Ultraturax (Ultraturax
T25, Janke & Kunkel, Staufen) homogenisiert.
Währenddessen wurde der cTn-Komplex auf Eis aufgetaut, 1 h bei 4°C 1:10
gegen Rigor dialysiert (Slide-A-Lyzer®, molekulare Ausschlussgrenze 7000 Da,
Pierce, PERBIO) und anschließend filtriert (Millex-HV Syringe Driven Filter
Units, Porengröße 0,45 µm, Millipore).
Das Homogenisat wurde mit Skinning-Puffer verdünnt, so dass schließlich ~200
mg Herz in 8 ml der Lösung enthalten waren. Im Skinning-Puffer wurden die
cMF für 1 h auf Eis auf dem Schüttler (SM, E. Bühler, Tübingen) belassen, um
auf diese Art und Weise z.B. Fragmente der Zellmembranen zu entfernen. Nach
dieser Zeit wurde die cMF-Suspension für 8 min mit 380 g bei 4°C zentrifugiert.
Das Pellet aus cMF wurde in gleichem Volumen Rigor-Puffer resuspendiert und
für 10 s ein zweites Mal mit dem eisgekühlten Ultraturax homogenisiert. Aus
dem Homogenisat der Herzstückchen wurden zu große Zellfragmente entfernt,
indem in zwei Durchgängen filtriert wurde (40 µm und 20 µm Porengröße,
32
Material und Methoden
Polyesterfilter). Dann wurde die cMF-Suspension für 12 min mit 380 g bei 4°C
zentrifugiert.
Das Pellet wurde in Rigor-Puffer und fluoreszenzmarkiertem cTn (1 mg/ml) für 1
h bei Raumtemperatur auf dem Schüttler inkubiert.
Die Suspension wurde für die Bestimmung der Ca2+-induzierten Anschaltkinetik
(SX) und für die Abschaltkinetik (DX) aliquotiert. Die cMF-Suspension wurde
erneut zentrifugiert (12 min, 4°C, 380 g). Das Pell et wurde im jeweiligen
Relaxationspuffer (SX oder DX) (siehe 2.1.2.6, 2.1.2.7) resuspendiert, so dass
sich eine Endkonzentration von etwa 200 mg Herz/ml beim SX und 400 mg
Herz/ml beim DX ergab.
Zur Bestimmung der Sarkomerlänge im jeweiligen Relaxationspuffer, wurden
die cMF unter dem Lichtmikroskop betrachtet. Die Sarkomerlänge der cMF
sollte zwischen ~ 2,0 und ~ 2,4 µm betragen.
2.2.8.2 Präparation von Meerschweinchen-cMF
Es wurden Meerschweinchen im Alter von 1 und 4 Monaten (350–800 g)
verwendet. Vor der Exzision des Herzens wurde das Tier mit Isofluran tief
narkotisiert, bis es auf Schmerzreize nicht mehr reagierte, aber das Herz noch
schlug. Die folgenden Schritte wurden auf Eis oder bei 4°C durchgeführt.
Unmittelbar nach der Exzision wurde das Herz (1,8 - 3,0 g) durch die Aorta
mittels einer stumpfen Kanüle, die an ein Reservoir mit Rigor-Puffer gekoppelt
war, retrograd perfundiert. Durch die Perfusion wurden die Koronararterien
innerhalb weniger Sekunden blutleer, woraufhin sich das Herz blass-rosa
färbte. Die Perfusion wurde über Nacht fortgesetzt. Anschließend wurde das
Herz entlang des Septums aufgeschnitten und eventuelle Blutkoagel sowie
Vorhöfe, Herzklappen und Herzbeutel entfernt. Es wurde in kleine Stücke
geschnitten (~ 1 mm2) und in 1 ml Rigor-Puffer pro 100 mg Herz gegeben.
Anschließend wurden die Herzstückchen für 5 s mit einem eisgekühlten
Ultraturax homogenisiert.
Währenddessen wurde der cTn-Komplex auf Eis aufgetaut, 1 h bei 4°C 1:10
gegen Rigor dialysiert und anschließend filtriert.
Aus dem Homogenisat der Herzstückchen wurden zu große Zellfragmente
entfernt, indem in zwei Durchgängen filtriert wurde (40 µm und 20 µm
Porengröße, Polyesterfilter). Anschließend wurde die cMF-Suspension für 10
33
Material und Methoden
min bei 4°C und 380 g zentrifugiert. Das Pellet aus cMF wurde in gleichem
Volumen mit Skinning-Puffer resuspendiert und 5 min inkubiert.
100 µl dieser Lösung wurden für den Austauschnachweis abgenommen und
20 s in der Tischzentrifuge zentrifugiert, der Überstand wurde entfernt und das
Pellet bei –80°C eingefroren. Der Rest der cMF-Susp ension wurde mit
380 g bei 4°C zentrifugiert. Das Pellet wurde mit R igor-Puffer, 150 µl
Proteaseinhibitorcocktail und fluoreszenzmarkiertem cTn (1 mg/ml) für 1 h bei
Raumtemperatur auf dem Schüttler inkubiert.
Nach der Inkubation wurde 10 mM BDM (2,3-Butandion-2-Monoxim, ein
Aktomyosin-ATPase-Inhibitor) zugegeben, um eine Überkontraktion der cMF zu
vermeiden. Unter dem Lichtmikroskop wurde die Sarkomerlänge der cMF im
Rigor-Puffer bestimmt. Erneut wurden 100 µl dieser Lösung für den
Austauschnachweis abgenommen und 20 s in der Tischzentrifuge zentrifugiert,
der Überstand wurde entfernt und das Pellet bei -80°C eingefroren.
Die Suspension wurde für die Bestimmung der Ca2+-induzierten Anschaltkinetik
(SX) und für die Abschaltkinetik (DX) aufgeteilt. Die cMF-Suspension wurde
zentrifugiert
(10
min,
4°C,
380
g).
Das
Pellet
wurd e
im
3-fachen
Volumenüberschuss des jeweiligen Relaxationspuffers (SX oder DX) mit 10 mM
BDM resuspendiert und erneut zentrifugiert (10 min, 4°C, 380 g). Anschließend
wurde der Überstand verworfen und das Pellet erneut in 3-fachem
Volumenüberschuss
des
SX-
oder
DX-Relaxationspuffers
ohne
BDM
resuspendiert. Wieder wurde zentrifugiert (10 min, 4°C, 380 g) und der
Überstand verworfen. Das Pellet wurde in 0,5-fachem Volumenüberschuss des
Ausgangsvolumens in SX- oder DX-Relaxationspuffer resuspendiert. Um zu
bestimmen, ob die cMF im jeweiligen Relaxationspuffer überkontrahiert waren,
wurde die Sarkomerlänge unter dem Lichtmikroskop bestimmt. Sie sollte
zwischen ~ 2,0 und ~ 2,4 µm betragen.
2.2.9 Bestimmung der cMF-Dichte anhand der [S1]
Um sicherzustellen, dass die Messungen mit einer reproduzierbaren cMFDichte durchgeführt werden, wurde vor den Messungen die Konzentration der
Myosinköpfe ([S1]) bestimmt. Über diese kann indirekt auf die cMF-Dichte
zurück geschlossen werden. Dazu wurden nach der Bestimmung der
Sarkomerlänge 100 µl der cMF-Suspension abgenommen und ~ 20 s bei
~ 12000 rpm zentrifugiert. Der Überstand wurde vollständig verworfen und das
34
Material und Methoden
Pellet in 1 oder 2 ml 2 % SDS-Puffer gelöst (Verdünnung von 1:10, bzw. 1:20).
Als Null-Wert diente 2 %-iger SDS-Puffer. Es wurde ein Absorptionsspektrum
der in SDS gelösten cMF zwischen 200 nm und 700 nm gemessen.
Abb. 2.3: Beispiel einer [S1]-Konzentrationsbestimmung. Die gestrichelte vertikale Linie hat
eine Länge von 1,2 cm. Dieser Wert wird durch die Länge der y-Achse (7,6 cm) geteilt und mit
1,5 multipliziert. Es ergibt sich ∆Abs von 0,24. In [Gleichung 1] eingesetzt ergibt sich eine [S1]
von 12,34 µM (Verdünnungsfaktor 1:20).
Anfangs- und Endpunkt des Absorptionsmaximums bei ~ 260 nm wurden - wie
in Abb. 2.9 gezeigt - durch eine Gerade verbunden.
Zwischen dieser Geraden und dem Absorptionsmaximum wurde eine Vertikale
gezeichnet, deren Länge (in cm) auf die Länge zwischen der Absorption 0 und
1 normalisiert wurde (∆Abs). ∆Abs wurde zur Korrektur mit 1,5 multipliziert, und
anhand dieses Wertes wurde mittels des Lambert-Beer´schen Gesetzes
∆Abs = - log I/I0 = c · α · L
[Gleichung 1]
die [S1] berechnet. I ist das transmittierte Licht, I0 das einfallende Licht, L die
Weglänge des Lichtes durch die Probe (1 cm), c die zu bestimmende
Konzentration in µM und α der Absorptionskoeffizient (2,6 µm · cm, [59]).
Anhand der so berechneten [S1] konnte die cMF-Suspension mit SX- oder DXRelaxationspuffer auf die gewünschte [S1] von 3 µM bei der Ca2+-induzierten
Anschaltkinetik und von 6 µM bei der Abschaltkinetik verdünnt werden.
35
Material und Methoden
2.2.10 Vorbereitung des cTn für Messungen am isolierten Komplex
Der cTn-Komplex wurde auf Eis aufgetaut. Für die Messung der Anschaltkinetik
wurde cTn 1 h 1:100 gegen Rigor-Puffer und danach zweimal je 1 h 1:10 gegen
den SX-Relaxationspuffer dialysiert (Slide-A-Lyzer® Mini Dialysis Units,
molekulare Ausschlussgrenze 7000 Da, Pierce, PERBIO). Der cTn-Komplex
wurde filtriert (Millex-HV Syringe Driven Filter Units, Porengröße 0,45 µm,
Millipore) und auf die benötigte Konzentration mit SX-Relaxationspuffer (150
µg/ml) verdünnt. Für die Messung der Abschaltkinetik wurde cTn dreimal je 1 h
1:10 gegen DX-Relaxationspuffer dialysiert (Slide-A-Lyzer® Mini Dialysis Units,
molekulare Ausschlussgrenze 7000 Da, Pierce, PERBIO), anschließend filtriert
(Millex-HV Syringe Driven Filter Units, Porengröße 0,45 µm, Millipore) und auf
die benötigte Konzentration mit DX-Relaxationspuffer (300 µg/ml) verdünnt.
2.2.11 Prinzip des Stopped-Flow-Verfahrens
Das Stopped-Flow-Verfahren ermöglicht es, den Zeitverlauf chemischer
Reaktionen im Millisekunden- bis Sekundenmaßstab zu untersuchen [25].
Durch dieses Verfahren lassen sich Flüssigkeiten innerhalb kürzester Zeit, d.h.
im Millisekundenbereich mischen. Der Flüssigkeitsstrom wird in einer
Beobachtungskammer angehalten, um den zeitlichen Verlauf der Reaktion
beobachten zu können. Diese Beobachtung kann z.B. auf optischem,
kalorimetrischem oder elektrischem Wege durchgeführt werden. Die Methode
wird als Stopped-Flow-Modus [15] bezeichnet und in dieser Arbeit verwendet.
Wie schnell eine Reaktion beobachtet werden kann, nachdem die Reaktanden
gemischt wurden, hängt sowohl von der Flussrate (F) der Reaktanden als auch
von dem zu durchfließenden Volumen (V) zwischen Mischkammer und
Beobachtungskammer in der Apparatur ab. Für die Zeitspanne zwischen dem
Start der Reaktion und dem Beginn ihrer Beobachtung (Totzeit; Td) ergibt sich:
Td (s) = V (ml) / F (ml/s)
Durch Veränderung der Flussgeschwindigkeit oder des Volumens zwischen
Misch- und Beobachtungskammer kann eine Reaktion zu verschiedenen
Zeitpunkten beobachtet werden.
36
Material und Methoden
2.2.11.1 Aufbau der Stopped-Flow-Apparatur
Die Ca2+-kontrollierte Konformationsänderung von cTn in cMF wurde mit Hilfe
einer
SFM-400/S-Stopped-Flow-Apparatur
der
Firma
BioLogic
(Claix,
Frankreich) durchgeführt. Ihr Aufbau ist schematisch in Abb. 2.4 gezeigt.
Abb. 2.4: Schematische Darstellung der Stopped-Flow-Apparatur.
Das Kernstück der Stopped-Flow-Apparatur ist das SMF-400/S-Modul, das vier
10 ml-Spritzen (S1, S2, S3 und S4) enthält. Die Spritzen können jeweils über
ein Ventil durch externe Eingänge mit den zu mischenden Flüssigkeiten gefüllt
werden (gezeigt für S4).
Die Stempel der Spritzen lassen sich durch Schrittmotoren steuern. Die
Flussgeschwindigkeiten beim Single-Mixing betragen mit den 10 ml-Spritzen
maximal 14 ml/s. Die Schrittmotoren werden durch einen Personal-Computer
(Pentium III, 450 mHz Prozessor, Theis Computer) über eine Steuerungseinheit
(MPS-60, Microprocessor unit, BioLogic) gesteuert. Als Steuerungssoftware
dient die BioKine32 Software (Version 4.27). Die Flüssigkeiten werden in 3
Mischkammern (M1 bis M3) vermischt. Die Mischkammern sind in Abb. 2.10 als
Kreise dargestellt. Zwischen den Mischkammern können bei Bedarf zwei
Reaktionskammern (aging-lines I, II) mit unterschiedlichen Volumina installiert
werden. Die Reaktionskammern sind in spezielle Kunststoffblöcke gebohrt, die
in unterschiedlichen Kombinationen in das Röhrensystem eingebaut werden
können. Diese Blöcke sind in der Abb. als graue, die Reaktionskammern I und II
37
Material und Methoden
als weiße Rechtecke dargestellt. Als Beobachtungskammer für den Zeitverlauf
der Reaktion wurde hinter M3 eine Quarzküvette (TC 100/10F) mit 30 µl
Reaktionsvolumen und einer Td von 2,2 ms (bei einer Flussrate von 14 ml/s)
eingebaut.
Um
nach
dem
schnellen
Mischen
Schwankungen
der
Flüssigkeitssäule und damit des Messsignals zu verhindern, wird direkt nach
der Injektion der Flüssigkeiten in die Messküvette das hinter der Küvette
liegende sogenannte hard-stop-Ventil geschlossen. Das Ventil wird über die
Steuerungssoftware der Stopped-Flow-Apparatur angesteuert. Es hat ein valvelead von 2,8 ms.
Die Stopped-Flow-Apparatur wurde um ein Messsystem erweitert, welches es
ermöglicht, die Fluoreszenz in der Küvette zu messen.
2.2.11.2 Aufbau der Anlage für Fluoreszenzmessungen
Als Quelle für das Anregungslicht des fluoreszenzmarkierten cTn dient eine 150
Watt Xe/Hg-Lichtbogenlampe (Hamamatsu, Japan). Die Lampe wurde an einen
Monochromator gekoppelt, dessen Wellenlänge auf 490 nm eingestellt wurde.
Die Schlitzblende am Eingang des Monochromators wurde maximal geöffnet
(10 mm an der Mikrometerschraube), um eine maximale Lichtintensität und
somit eine maximale Anregung von NBD-markiertem cTn zu gewährleisten. Die
Schlitzblende am Ausgang wurde ebenfalls maximal (auf 10 mm) geöffnet, um
die Bandbreite des Anregungslichtes auf ~ 18 nm einzustellen. Das Licht aus
dem Monochromator wurde an einen Lichtleiter gekoppelt und darüber auf die
Messküvette
fokussiert.
Um
möglichst
viel
von
dem
Fluoreszenzlicht
aufzunehmen und so ein optimales Signal/Rausch-Verhältnis zu erreichen,
wurden zwei Photomultiplier benutzt. Damit nur das Fluoreszenzlicht und nicht
das an den cMF gestreute Anwendungslicht auf die Photomultiplier gelangen
konnte, wurden verschiedene Filter zwischen Küvette und Photomultiplier
eingesetzt. Vor dem einen Photomultiplier wurde ein FITCE Interferenzfilter
installiert, vor dem anderen ein OG 515 nm cut-off-Filter und ein 530/40 bandpass-Filter in Kombination. Die beiden Photomultiplier wurden beidseitig jeweils
im rechten Winkel zum Strahlengang des Anregungslichtes angeordnet. Wenn
nicht anders angegeben, wurde für die Messungen eine Spannung von 500 V
(inkorporiertes cTn) und 400 V (isoliertes cTn) an die Photomultiplier angelegt.
Die Temperatur der Stopped-Flow-Apparatur wurde mittels eines Thermostates
(Haake/Fisons, Karlsruhe) auf 10°C ± 1°C eingestell t und konstant gehalten.
38
Material und Methoden
2.2.11.3 Durchführung der Fluoreszenzmessungen an inkorporiertem cTn
In der Stopped-Flow-Apparatur konnten bis zu vier verschiedene Lösungen
gemischt werden. Zur Messung der Ca2+-induzierten Anschaltkinetik (SingleMixing) wurden die Spritzen S3 und S4 benutzt. Die cMF in SXRelaxationspuffer wurden in S3 gefüllt und die SX-Aktivierungspuffer mit den
unterschiedlichen pCa´s (s. Tab. 2.2, S. 23) in S4. Die beiden Flüssigkeiten
wurden in der Mischkammer M3 gemischt. Pro Schuss wurden je Spritze 75 µl
verbraucht, also ein Gesamtvolumen von 150 µl. Bei einer eingestellten
Flussrate von 14 ml/s ergab sich eine Td von 2,2 ms.
Zur Messung der Abschaltkinetik (Double-Mixing) wurden die Spritzen S1, S3
und S4 benutzt. S3 wurde wieder mit cMF in DX-Relaxationspuffer befüllt.
Diese wurden 1:2 mit 180 µl DX-Aktivierungspuffer aus S1 gemischt (Phase1,
siehe Spritzenprogramm in Tab. 2.3) und für 91,2 ms in der aging-line belassen
(Phase 2). Danach wurde die Ca2+-aktivierten cMF 1:2 mit 75 µl BAPTA-Lösung
(S4) gemischt, um das freie Ca2+ zu chelieren und somit die [Ca2+] auf pCa 8,7
zu erniedrigen (Phase 3). Die Ca2+-aktivierten cMF wurden dabei mit 75 µl DXAktivierungspuffer aus der aging-line gedrückt. Somit konnte der Verbrauch von
cMF verringert werden. Bei der Flussrate von 14 ml/s ergab sich eine Td von 2,2
ms.
Phase 1 Phase 2
Zeit (ms)
25,8
S1
180 µl
91,2
Phase 3
10,8
75 µl
S2
S3
S4
180 µl
75 µl
Tab. 2.3: Spritzenprogramm für das Double-Mixing
2.2.11.4 Durchführung der Fluoreszenzmessungen an isoliertem cTn
Die Messungen der An- und Abschaltkinetik an isoliertem cTn wurden wie unter
2.2.11.3 beschrieben durchgeführt. Statt mit cMF wurde S3 jeweils mit cTn
gefüllt.
39
Material und Methoden
2.2.12 Datenanalyse und Statistik
Die Fluoreszenzänderungen wurden mittels der BioKine Software (Version
V4.27, Bio-Logic) aufgenommen, gemittelt und anschließend monoexponentiell
oder biexponentiell gefittet. Bei der Bestimmung der Anschaltkinetik wurden pro
pCa-Wert jeweils 3-5 Spuren gemittelt, bei der Messung der Abschaltkinetik
wurden ebenfalls 3-5 Spuren gemittelt.
Die weiteren Auswertungen und die Darstellung der Daten wurden mit
GraphPad-Prism (Version 4.01, GraphPad Software, Kalifornien, USA)
durchgeführt.
Alle Werte sind, soweit nicht anders angegeben, Mittelwerte ± Standardfehler
(SEM) aus n Experimenten.
40
Ergebnisse
3. Ergebnisse
3.1 Isolation der Troponinuntereinheiten
Die Untereinheiten des rekombinanten humanen kardialen Troponinkomplexes
hcTnC, hcTnT und hcTnI wurden durch die in Kapitel 2.2.2 (Material und
Methoden) vorgestellten chromatographischen Verfahren isoliert.
Abb. 3.1 zeigt zwei typische Elutionsprofile einer Chromatographie für cTnC.
a
b
[
Abb. 3.1: Chromatogramme der Isolierung von cTnC mittels FPLC. Gezeigt sind zwei
aufeinander folgende DEAE-Sepharose-Reinigungsläufe. (a) zeigt den ersten Reinigungslauf.
-1
cTnC eluiert ab einer Leitfähigkeit von etwa 10 mS cm (Fraktionen 49 bis 58). (b) zeigt den
zweiten Reinigungslauf, bei dem die cTnC-haltigen Fraktionen aus (a) (49 bis 58) aufgetragen
41
Ergebnisse
wurden. Die cTnC-haltigen Fraktionen (50 bis 61) eluierten bei einer Leitfähigkeit von 12 bis
-1
14,5 mS cm . Die beiden Leitfähigkeitsanstiege zu Beginn des zweiten Laufes sind bedingt
durch
die
hohe
NaCl-Konzentration
der
Proteinlösung
beim
Beladen
der
DEAE-
Sepharosesäule.
Zur Bestimmung der TnC-haltigen Fraktionen der Reinigungsläufe und um die
Reinheit von cTnC zu kontrollieren, wurden Proben der jeweiligen Fraktionen
auf ein SDS-Gel (Tris/Tricine) aufgetragen und anschließend mit Coomassie
gefärbt.
a
Abb.
b
3.2:
SDS-Gele
(Tris/Tricine)
von
cTnC
nach
den
verschiedenen
DEAE-
Reinigungsläufen. (a) ist das Kontroll-Gel zum in Abb. 3.1.a gezeigten Reinigungslauf.
Fraktion 49 enthält bereits wenig cTnC, ist aber noch stark verunreinigt. Die nachfolgenden
Fraktionen enthalten immer reineres cTnC. (b) ist das Kontroll-Gel zum in Abb. 3.1.b gezeigten
Reinigungslauf. Die Fraktionen 5, 17, 31, 33 und 38 sind beispielhaft für den Vorlauf, der nicht
an die Säule bindet. Im Gegensatz zu den beiden Fraktionen 53 und 57, welche beispielhaft für
das Absorptionsmaximum der Protein-haltigen Fraktionen 50 bis 61 aufgetragen worden sind,
enthalten sie kein cTnC. Neben den Proben der Fraktionen der Reinigungsläufe und dem
Molekulargewichts-Marker (See Blue Plus 2) wurde zusätzlich ein cTnC-Standard aufgetragen.
Von allen Proben wurden je 30 µl, vom Marker 7,5 µl und vom cTnC-Standard je 10 µl auf das
Gel aufgetragen.
In den Abb. 3.2.a und b ist zu erkennen, dass das apparente Molekulargewicht
des isolierten cTnC jeweils ~ 18 kDa beträgt. Die Banden auf anderer Laufhöhe
42
Ergebnisse
in Abb. 3.2.a (Fraktionen 49, 51, 53, 55) zeigen an, dass cTnC noch durch
andere Proteine verunreinigt ist.
In Abb. 3.3 sind beispielhaft Reinigungsläufe von cTnT dargestellt.
a
b
Abb. 3.3: Chromatogramme der Isolierung von cTnT mittels FPLC. In (a) ist der
Reinigungslauf
über
die
CM-Sepharosesäule
Leitfähigkeitsanstieg von 7,5 auf 21 mS cm
-1
gezeigt,
cTnT
eluiert
bei
einem
(Fraktionen 42 bis 46). (b) Die cTnT-haltigen
Fraktionen des ersten Reinigungslaufes (42 bis 46) wurden nach Umpuffern auf eine DEAESepharosesäule aufgetragen. cTnT eluiert bei einer Leitfähigkeit von 14,5 bis 18,5 mS cm
(Fraktionen 24 bis 28).
43
-1
Ergebnisse
Proben der cTnT-haltigen Fraktion (Fraktion 44) aus dem ersten Reinigungslauf
über die CM-Sepharosesäule und Proben (Fraktion 25 und 28) aus dem
zweiten Reinigungslauf über die DEAE-Sepharosesäule wurden auf ein SDSGel (Tris/Glycin) aufgetragen und mit Coomassie gefärbt, um sicherzustellen,
dass die richtigen Fraktionen verwendet wurden und die Reinheit von cTnT zu
überprüfen.
Abb. 3.4: SDS-Gel (Tris/Glycin) von cTnT nach der Isolierung via FPLC. Das Kontroll-Gel
zeigt die Proben der vor (t = 0 h) und nach (t = 3 h) Überexpression von cTnT, Fraktionen des
ersten Reinigungslaufes über die CM-Sepharosesäule (7, 20, 44) und des zweiten
Reinigungslaufs über die DEAE-Sepharosesäule (5, 19, 25, 28). cTnT ist sehr sauber in den
Fraktionen 24 bis 28 des zweiten Reinigungslaufes enthalten (aufgetragen sind beispielhaft
Fraktion 25 und 28). Als Marker wurde See Blue Plus 2 verwendet. Von allen Proben der
Reinigungsläufe wurden je 10µl auf das Gel aufgetragen, von den Proben der Überexpression
15µl und vom Marker 7,5µl.
Auf dem Gel ist zu erkennen, dass cTnT nach dem zweiten Reinigungslauf über
die DEAE-Sepharosesäule sehr rein ist. Das apparente Molekulargewicht
beträgt ~ 40 kDa.
44
Ergebnisse
In Abb. 3.5 ist beispielhaft ein Reinigungslauf von cTnI gezeigt.
Abb. 3.5: Bsp. Chromatogramm der Isolierung von cTnI via FPLC. Reinigungslauf von cTnI
über eine CM-Sepharosesäule. Die cTnI-haltigen Fraktionen (18 bis 20) eluierten bei einer
-1
Leitfähigkeit von 10 bis 14 mS cm .
Proben der jeweiligen cTnI-haltigen Fraktionen wurden auf ein SDS-Gel
(Tris/Glycin) aufgetragen und mit Coomassie gefärbt, um nachzuweisen, dass
die richtigen Fraktionen verwendet wurden und um ihre Reinheit zu überprüfen.
Abb. 3.6: SDS-Gel (Tris/Glycin) von cTnI nach der Isolierung via FPLC. Das Kontroll-Gel
zeigt, dass Fraktion 18 cTnI enthält. t = 0 h und t = 3 h sind Proben zum Nachweis der
Überexpression von cTnI. Als Marker wurde See Blue Plus 2 verwendet. Von allen Proben
wurden je 15 µl auf das Gel aufgetragen, vom Marker 7,5 µl.
45
Ergebnisse
Auf dem Gel ist zu erkennen, dass das apparente Molekulargewicht von cTnI
~25 kDa beträgt.
3.2 Inkorporation des hcTn in Meerschweinchen-cMF
Für die Bestimmung der Ca2+-kontrollierten Konformationsänderung wurde
zuerst das endogene cTn der Meerschweinchen-cMF mit einem ~ 10-fachen
Überschuss an exogenem humanem cTn ausgetauscht. Wie Abb. 3.7 zeigt,
konnte der Austausch mittels SDS-PAGE nachgewiesen und densitometrisch
quantifiziert werden, weil humanes TnI (hcTnI) (linke Spur) ein geringeres
apparentes Molekulargewicht hat als Meerschweinchen-cTnI (mittlere Spur) und
TnT, das beim Meerschweinchen in zwei Isoformen vorkommt, nur noch in
einer Isoform vorliegt.
Abb. 3.7: Nachweis des Austausches von Meerschweinchen-cTn gegen hcTn mittels
SDS-PAGE. Links wurde isoliertes humanes cTn aufgetragen, in der Mitte native
Meerschweinchen-cMF und rechts die mit humanem cTn ausgetauschten MeerschweinchencMF. cTnC konnte auf dieser Abbildung nicht dargestellt werden.
46
Ergebnisse
Im Fall des Meerschweinchen-cTnT (mittlere Spur) sind zwei Banden zu
erkennen, die zwei verschiedene cTnT-Isoformen darstellen. Beim hcTnT (linke
Spur) gibt es keine unterschiedlichen Isoformen, weshalb auch nur eine Bande
zu sehen ist. Dies ist ein weiterer Beweis für den funktionierenden Austausch,
da nach der Inkorporation des hcTn in die Meerschweinchen-cMF (rechte Spur)
nur noch eine Bande für das hcTnT zu erkennen ist. cTnC konnte mittels dieser
SDS-PAGE nicht dargestellt werden. Es ist jedoch bekannt, dass sich die
elektrophoretische Mobilität des endogenen Meerschweinchen-cTnC nicht von
der des hcTnC unterscheidet, so dass anhand des cTnC grundsätzlich keine
Aussage bezüglich des Austausches gemacht werden kann.
Um
die optimale
Inkubationszeit für den
Austausch des endogenen
Meerschweinchen-cTn gegen das humane cTn zu ermitteln, wurde die Kinetik
des Austauschs bestimmt. Dazu wurden cMF zuerst mit NBD-hcTn (1mg/ml) für
eine Stunde inkubiert. Anschließend folgte eine zweite Inkubation der
ausgetauschten cMF mit hcTn (1mg/ml), welches nicht fluoreszenzmarkiert war
(Abb. 3.8). Während dieser Inkubation wurde das fluoreszenzmarkierte NDBhcTn durch das nicht markierte hcTn kompetitiv von seinen Bindungsstellen
verdrängt. Die cMF wurden nach unterschiedlich langen Inkubationszeiten
zentrifugiert, so dass anhand der Fluoreszenz des Überstandes indirekt die
Konzentration des aus den cMF verdrängten NBD-Tn bestimmt werden konnte.
F530nm (V)
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0
10 20 30 40 50 60
Zeit (min)
Abb. 3.8: Zeitverlauf des hcTn-Austausches in Meerschweinchen-cMF. Die Myofibrillen
wurden für 1h bei RT mit NBD-hcTn (1 mg/ml) inkubiert. Anschließend wurde das inkorporierte
NBD-hcTn durch eine zweite Inkubation mit hcTn (1 mg/ml), welches nicht fluoreszenzmarkiert
war, verdrängt. Während der zweiten Inkubation wurden zu verschiedenen Zeitpunkten Aliquots
der Myofibrillen entnommen und zentrifugiert. Die Fluoreszenz des NBD-hcTn wurde zu den
47
Ergebnisse
angegebenen Zeitpunkten im Überstand bestimmt (graue Punkte). Für die Kontrolle (weiße
Punkte) wurde mit den Myofibrillen ebenso verfahren, ohne jedoch während der zweiten
Inkubation unmarkiertes hcTn hinzuzufügen. Die Austausch-Daten wurden mittels einer
monoexponentiellen Funktion gefittet.
Abb. 3.8 zeigt, dass die Fluoreszenz im Überstand in Abhängigkeit der Zeit
monoexponentiell zunimmt. Das fluoreszierende NBD-Tn wurde also gegen das
unmarkierte Tn ausgetauscht, wobei der Austausch nach ~ 10 min halbmaximal
ist und nach ~ 30 min eine Sättigung erreicht. Eine einstündige Inkubationszeit
erlaubt dementsprechend einen maximalen Austausch.
48
Ergebnisse
3.3 Bestimmung der Kinetik der Konformationsänderung von cTn
in Mausmyofibrillen im Vergleich zu isoliertem cTn-Komplex in
Lösung mit unterschiedlichen Markierungsmethoden
3.3.1 Effekt der Markierung des cTn-Komplexes auf die Kinetik
3.3.1.1 cTn(NBD) in Mausmyofibrillen
Zur Bestimmung der Ca2+-induzierten Konformationsänderung wurde zunächst
der gesamte Tn-Komplex mit NDB markiert, in murine cMF inkorporiert und die
Fluoreszenzänderung gemessen.
a
4.6
6.1
6.3
6.4
6.6
6.8
140
130
120
7.2
110
400
300
200
100
9.4
100
600
500
kobs (s-1)
150
F530nm (%)
b
pCa
160
0
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
8
Zeit (s)
6
5
4
pCa [M]
c
d
1.2
600
1.0
500
kobs (s-1)
F/Fmax
7
0.8
0.6
0.4
0.2
400
300
200
100
0.0
10
9
8
7
6
5
0
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2
4
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
2+
Abb. 3.9: Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg von in murine cMF inkorporiertem cTn
(NBD)
.
2+
(a) Die cMF (pCa 9,4) wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ] (als pCa = -log
2+
[Ca ]
dargestellt)
gemischt.
Die
Fluoreszenzsignale
(grau)
wurden
mit
Hilfe
einer
monoexponentiellen Funktion gefittet (schwarz). Die Fluoreszenzänderung ist in Prozent der auf
100% normalisierten Basalfluoreszenz (pCa 9,4) angegeben. (b) Ratenkonstante kobs in
Abhängigkeit des pCa (n=3) (c) Normalisierte Fluoreszenzamplitude der monoexponentiellen
49
Ergebnisse
Fits in Abhängigkeit des pCa (n=3). (d) Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den
Mittelwerten der normalisierten Fluoreszenzänderung
In Abb. 3.9a ist zu erkennen, dass Ca2+ einen Fluoreszenzanstieg hervorruft.
Die Amplitude nimmt mit steigender [Ca2+] (also mit abnehmendem pCa) zu.
Bei maximaler [Ca2+] (pCa 4,6) besteht das Fluoreszenzsignal aus zwei
Phasen. Die erste, schnelle Phase findet während der Totzeit der Stopped-Flow
Apparatur statt und kann selbst durch Verwendung einer sogenannten MikroKüvette, mit der man eine Totzeit von 250 µs erreicht, zeitlich nicht aufgelöst
werden. Die Ratenkonstante kobs muss deshalb > 2000 s-1 sein. Die zweite,
langsame Phase kann mit Hilfe einer monoexponentiellen Funktion gefittet
werden. Die Ratenkonstante kobs beträgt bei maximaler [Ca2+] 323 ± 124 s-1
(±SEM) (n=3). Der Standardfehler des Mittelwertes von kobs ist bei pCa 4,6 so
groß, da die Kinetik mit steigender [Ca2+] immer schneller wird, wodurch die
Amplitude des zeitlich auflösbaren Signals immer kleiner wird. Dies bedeutet,
dass auch das Signal/Rausch-Verhältnis immer kleiner wird. Das kleine
Signal/Rausch-Verhältnis führt zu ungenaueren Kurvenanpassungen (Fit) und
auf diese Weise zu einer höheren Variabilität von kobs.
Mit sinkender [Ca2+] nimmt die Ratenkonstante der schnellen Phase ab, so
dass bei niedrigen [Ca2+] nahezu der gesamte Zeitverlauf aufgenommen
werden kann.
Die Abhängigkeit von kobs vom pCa (Abb. 3.9b) zeigt einen sigmoidalen Verlauf.
Sie kann mittels der Hill-Funktion
kobs (9,4) +
kobs (4,6) - kobs (9,4)
(pCa50 pCa) · nH
(1 + 10
)
[Gleichung 1]
gefittet werden. Bei pCa ≥ 5,3 erreicht kobs ein Maximum von 402 ± 161 s-1, bei
pCa >6,8 nähert sich kobs einem Minimum von ~ 50 s-1.
Die Fluoreszenzamplitude zeigt ebenfalls eine sigmoidale Abhängigkeit vom
pCa. Sie kann mit der Hill-Funktion
∆F (9,4) +
∆ F (4,6) - ∆ F (9,4)
(pCa50 pCa) · nH
(1 + 10
)
50
[Gleichung 2]
Ergebnisse
gefittet werden (Abb. 3.9c), wobei der pCa50 bei 6,8 ± 0,1 und der HillKoeffizient nH bei 1,3 ± 0,2 liegt.
In Abb. 3.9d ist die Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den Mittelwerten
der normalisierten Fluoreszenzänderung (∆F/∆F(4,6)) dargestellt. Es ist zu
erkennen, dass kobs mit zunehmender Amplitude exponentiell ansteigt. Solzin et
al. [54] haben gezeigt, dass man die Abhängigkeit von kobs mit einem ZweiZustand-Modell beschreiben kann, welches durch die folgende Gleichung nach
Poggesi et al. [43] definiert ist:
koff
kobs =
1-
kobs (4.6)
∆F
(kobs (4.6) + koff ) ∆F(4.6)
[Gleichung 3]
Das Fitten der Daten ergibt einen Wert von kobs(4,6) = 136 ± 10 s-1 (n=3),
wohingegen der experimentell bestimmte Wert für kobs (4,6) = 323 ± 124 s-1 (n=3)
beträgt.
Während der Messung der Fluoreszenzsignale war meistens eine Drift der
Basalfluoreszenz zu beobachten (Abb. 3.10). Sie beträgt bis zu 25% des
maximalen Ca2+-induzierten Fluoreszenzanstiegs. Die Ursache für diese Drift ist
unklar. Sie wirkt sich auf die Abhängigkeit der Fluoreszenzamplitude vom pCa
aus und verändert den pCa50 um maximal 0,1 pCa-Einheiten und den nH um
maximal 0,5.
4.6 Ende
4.6 Beginn
170
F530nm (%)
160
150
140
130
120
110
9.4 Ende
100
9.4 Beginn
0.00
0.05
0.10
0.15
0.20
Zeit (s)
Abb. 3.10: Beispiel für die Drift der Fluoreszenz im Verlauf einer Messung. Die grauen
Kurven stellen jeweils die Fluoreszenzsignale zu Beginn der Messung dar. Die schwarzen
Kurven zeigen die Fluoreszenzsignale am Ende.
51
Ergebnisse
Nach der Bestimmung der Anschaltkinetik wurde die Ratenkonstante koff der
Abschaltkinetik bestimmt. Dazu wurden die cMF zunächst für ~100 ms mit Ca2+
(pCa 5,0) vollständig aktiviert, jedoch ohne dabei überzukontrahieren [54].
Anschließend wurde die [Ca2+] mit Hilfe des Ca2+-Chelators BAPTA auf pCa 8,7
gesenkt und die cMF somit inaktiviert.
pCa
F530nm (%)
125
5.0
120
115
110
105
8.7
100
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.11: Abschaltkinetik von in murine cMF inkorporiertem cTn
2+
wurde zunächst für ~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
(NBD)
. Der Tn-Komplex
2+
aktiviert, bevor mit dem Ca -Chelator BAPTA
gemischt wurde (pCa 8,7). (Details siehe Material und Methoden). Das schwarze Signal ist die
Kontrolle
bei
pCa 5,0,
die Fluoreszenzabnahme (graues
Signal)
wurde mit einer
monoexponentiellen Funktion [Gleichung 4] gefittet (schwarze Linie) und ergab die
-1
Ratenkonstante koff = 28 s .
Die Verringerung der [Ca2+] bis zu pCa 8,7 führt zu einer exponentiellen
Fluoreszenzabnahme (Abb.3.11). Das Signal kann mit folgender Gleichung
monoexponentiell gefittet werden:
Fluoreszenz = Amplitude · exp (-k · Zeit) + Plateau
[Gleichung 4]
Während der so ermittelte Wert für koff etwa 24 s-1 (n=2) beträgt, liegt der durch
das
Zwei-Zustand-Modell
bestimmte
-1
Abschaltkinetik koff bei etwa bei 31 s (n=2).
52
Wert
der
Ratenkonstante
der
Ergebnisse
3.3.1.2 Nachweis der Fluoreszenzmarkierung von cTnC und cTnI
Die in Abb. 3.9 gezeigten Messungen der Anschaltkinetik mit inkorporiertem
cTn weisen eine komplexe Kinetik auf, die aus mindestens zwei verschiedenen
Phasen besteht. cTnC (Cys35 und Cys84) wie auch cTnI (Cys80 und Cys97)
besitzen je zwei Cysteine, die beide theoretisch mit dem thiolreaktiven
Fluoreszenzfarbstoff NDB markiert sein könnten. Aus diesem Grund wäre es
möglich, dass die schnelle Phase z.B. von einem an cTnC gekoppelten NBDMolekül herrührt und deshalb die Ca2+-Bindung darstellt, wohingegen die
langsame Phase von einem an cTnI gebundenen NBD-Molekül herrührt, das
die regulatorische Konformationsänderung des TnI anzeigt. Um festzustellen,
inwieweit der cTn-Komplex tatsächlich an beiden Untereinheiten markiert
wurde,
wurden
die
Untereinheiten
des
cTn-Komplexes
mittels
Gelelektrophorese aufgetrennt.
Abb. 3.12: Fluoreszenz- und Coomassieaufnahme von SDS-Tricinegel mit cTn
(NBD)
.
Die Anregung des Gels mit UV-Licht zeigt eine deutliche Fluoreszenz sowohl
der cTnI- als auch der TnC-Bande (Abb. 3.12), was die Markierung beider
Untereinheiten beweist.
3.3.1.3 Isoliertes cTn(TnI-NBD)
Da bei der ersten Messung mit inkorporiertem cTn(NBD) sowohl cTnC als auch
cTnI markiert wurden, stellt sich die Frage, von welcher Markierungsstelle das
Fluoreszenzsignal herrührt. Daher wurde cTnI vor der Rekonstitution des
Komplexes selektiv fluoreszenzmarkiert. Zunächst wurden die Messungen mit
isoliertem Troponin durchgeführt, um erstens an einem methodisch einfacheren
und weniger aufwendigen Modell als an cMF zu arbeiten und zweitens um
53
Ergebnisse
Einflüsse
der
cMF
auf
die
Komplexität
der
Schaltkinetik
(z.B.
die
Querbrückenbildung) ausschließen zu können.
a
150
140
4.6
160
5.6
150
6.0
130
6.2
120
7.0
110
0.00
0.05
0.10
0.15
4.6
5.6
140
6.0
130
6.2
120
7.0
110
9.4
100
pCa
170
F530nm (%)
160
F530nm (%)
b
pCa
170
9.4
100
0.0
0.20
0.5
1.0
1.5
2.0
Zeit (s)
Zeit (s)
c
1.2
F/Fmax
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
10
9
8
7
6
5
4
pCa [M]
2+
Abb. 3.13: Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg von isoliertem cTn
(TnI-NBD)
. (a) Tn (pCa 9,4)
2+
wurde zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ] gemischt. Zeitskala 0,2 s (b) wie (a),
2+
aber Zeitskala = 2 s.(c) Ca -Abhängigkeit der normalisierten Fluoreszenzamplitude (n=1).
Wie bei den Messungen am unspezifisch fluoreszenzmarkierten Tn-Komplex
zeigt auch diese Messung (Abb. 3.13a und b) ein Signal, das aus einer ersten
schnellen und einer zweiten langsamen Phase besteht. Diese zweite Phase ist
im Vergleich zum unspezifisch markierten Tn langsamer und ist darüber hinaus
bei niedrigen [Ca2+] gar nicht zu erkennen. Dementsprechend kann sie nicht
gefittet werden. Die schnelle Phase ist zu schnell, um noch zeitlich aufgelöst
werden zu können. Des Weiteren kommt eine sehr langsame dritte Phase
hinzu, die erst auf einer Zeitskala über 2 s zu erkennen ist (Abb. 3.13 b).
Trägt man die Fluoreszenzamplitude in Abhängigkeit vom pCa auf (Abb. 3.13c),
so folgt sie einer Hill-Funktion mit einem pCa von 5,9 ± 0,2 und einem HillKoeffizienten nH von 0,7 ± 0,2.
54
Ergebnisse
3.3.2 Effekt der spezifischen Markierung von TnI
3.3.2.1. cTn(TnI-NBD) in Mausmyofibrillen
Nachdem
gezeigt
wurde,
dass
mit
isoliertem
cTn(TnI-NBD)
eine
Fluoreszenzänderung registriert werden kann, sollte als nächstes die Kinetik
der Konformationsänderung von inkorporiertem cTn(TnI-NBD) gemessen werden.
Abb. 3.14 a zeigt jedoch keine Fluoreszenzänderung. Um auszuschließen, dass
dies durch die Markierung mit NBD bedingt ist, wurde die gleiche Messung mit
dem Fluoreszenzfarbstoff EDANS wiederholt. Da auch mit diesem Farbstoff
kein deutlicher Fluoreszenzanstieg zu erkennen war (Abb 3.14b), hängt die
Messbarkeit des Signals vermutlich nicht vom Farbstoff sondern von der
gewählten Markierungsposition ab. Die markierten Cysteine des hcTnI liegen in
den Helices 1 (Cys80) und 2 (Cys97), die an der regulatorischen
Konformationsänderung nicht direkt beteiligt sind.
Messungen
mit
skelettalem
Tn
haben
gezeigt,
dass
bei
der
Fluoreszenzmarkierung des TnI-Cys133 (regulatorische Domäne, H3) eine
deutliche Fluoreszenzänderung registriert werden kann [4]. HcTnI hat an
homologer Stelle ein Serin (Ser166). Um eine Fluoreszenzmarkierung an
Position 166 zu ermöglichen, wurde Ser gegen Cys ausgetauscht. Des
Weiteren wurden die beiden anderen Cysteine des cTnI durch Serine ersetzt,
so dass Cys166 selektiv fluoreszenzmarkiert werden konnte. Da der Austausch
von Serin gegen Cystein eine stille Mutation darstellt, sollten diese
Punktmutationen wenn überhaupt, im Vergleich zu einer Markierung mit NBD,
nur eine geringere Auswirkung auf die Struktur von TnI haben.
55
Ergebnisse
a
b
pCa
115
105
F490nm (%)
F530nm(%)
110
4.6
100
104
4.6
102
100
9.4
9.4
98
95
0.00
pCa
106
0.05
0.10
0.15
0.0
0.20
0.5
1.5
2.0
Zeit (s)
Zeit (s)
pCa
c
d
4.6
104
pCa
101
100
102
F490nm (%)
F530nm (%)
1.0
9.4
100
9.4
99
98
98
96
0.00
97
0.00
4.6
0.25
0.50
0.75
1.00
Zeit (s)
0.25
0.50
0.75
1.00
Zeit (s)
2+
Abb. 3.14: Bestimmung der Ca -Abhängigkeit der Fluoreszenzänderung anhand von
cTn
(TnI)
, welches in cMF inkorporiert wurde und isoliertem cTn
(TnI-NBD)
unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen. (a) cTn
(TnI-Ser166Cys)
mit je zwei
in murinen cMF. Die cMF (pCa 9,4)
wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit Aktivierungslösung (pCa 4,6) gemischt. Die Fluoreszenzsignale
(TnI-
konnten aufgrund des schlechten Signal-Rausch-Verhältnisses nicht gefittet werden. (b) cTn
EDANS)
(TnI-Ser166CysNBD)
in murinen cMF, (c) isoliertes cTn
(TnI-Ser166Cys-EDANS)
, (d) isoliertes cTn
Die Abb. 3.14 c und d zeigen, dass weder die Fluoreszenzmarkierung von
Cys166 mit NBD, noch mit EDANS zu einer messbaren Fluoreszenzänderung
führt. Im Vergleich zur Basalfluoreszenz bei pCa 9,4 ist auch bei maximaler
Ca2+-Aktivierung (pCa 4,6) kein deutlicher Anstieg (NBD), bzw. keine deutliche
Abnahme (EDANS) der Fluoreszenz zu erkennen. Aus diesem Grund erwies
sich die Markierung des Cys166 mit NBD oder EDANS (Abb. 3.14 c und d) für
die Bestimmung der Ca2+-induzierten Konformationsänderung als ungeeignet.
Auf eine Inkorporation der cTn(TnI-Ser166Cys)-Mutation in cMF wurde vor dem
Hintergrund der erfolglosen Messungen mit dem isolierten cTn(TnI-Ser166Cys)
verzichtet.
56
Ergebnisse
3.3.2.2 Isoliertes cTn(TnC-NBD)
Die
Messungen
mit
TnI
Konformationsänderung
haben
sowohl
gezeigt,
dass
mit
Hilfe
die
Bestimmung
der
der
verwendeten
Fluoreszenzfarbstoffe als auch der unterschiedlichen Markierungspositionen
nicht möglich ist.
Da an der regulatorischen Konformationsänderung auch TnC beteiligt ist, war
es nahe liegend als nächstes zu untersuchen, ob die Messung der
Konformationsänderung mit einer Fluoreszenzmarkierung des TnC möglich ist.
Das TnC-Molekül hat an den Positionen 35 und 84 Cysteine. Ersteres befindet
sich in der beim cTnC inaktiven Ca2+-Bindungsstelle I der N-terminalen
Domäne. Das Cys84 hingegen liegt in der regulatorischen Region (Helix D), die
nach der Ca2+-Bindung an die Ca2+-Bindungsstelle II mit dem TnI interagiert und
somit an der Konformationsänderung beteiligt ist.
a
pCa
4.6
5.6
6.0
6.4
6.6
6.8
F530nm (%)
190
170
150
130
b
120
100
kobs (s-1)
210
7.0
7.6
110
80
60
40
20
9.4
90
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
0
8
Zeit (s)
6
5
4
pCa [M]
c
d
1.2
120
1.0
100
kobs (s-1)
F/Fmax
7
0.8
0.6
0.4
0.2
80
60
40
20
0.0
10
9
8
7
6
5
0
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2
4
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
2+
Abb. 3.15 Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg von isoliertem cTn
2+
(TnC-NBD)
(a) Tn (pCa 9,4)
wurde zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ] gemischt. (b) Ratenkonstante kobs. in
57
Ergebnisse
Abhängigkeit des pCa (c) Normalisierte Fluoreszenzamplitude in Abhängigkeit des pCa. (d)
Abhängigkeit von kobs von der normalisierten Fluoreszenzänderung
Abb. 3.15a zeigt ein gutes Signal-Rausch-Verhältnis. Wie bei den Messungen
mit isoliertem cTn(TnI-NBD) (Abb. 3.7) ist mit zunehmender [Ca2+] ein deutlicher
Anstieg der Fluoreszenzamplitude erkennbar. Das Signal ist ebenfalls
biphasisch, wobei nur die langsame Phase bei allen [Ca2+] zeitlich aufgelöst
werden kann. Das Fitten mit einer monoexponentiellen Funktion ergibt bei pCa
4,6 eine Ratenkonstante kobs von 121 s-1 (n=1) (Abb. 3.15b), bei sehr niedriger
[Ca2+] nähert sich kobs einem Wert von 26 s-1. Die schnelle Phase ist wiederum
zeitlich nicht auflösbar.
Die Fluoreszenzänderung in Abhängigkeit von der [Ca2+] (Abb. 3.15c) wurde mit
einer Hill-Funktion gefittet, wobei der pCa50 bei 6,8 ± 0,1 und der Hill-Koeffizient
nH bei 1,2 ± 0,3 liegt.
Abb.
3.15d
zeigt
die
Abhängigkeit
von
kobs
von
der
normalisierten
Fluoreszenzänderung. Das Modell ergibt koff = 22 s-1, während der
experimentell bestimmte Wert koff = 22 s-1 (je n=1) beträgt. Für kobs
(4,6)
ergibt
sich aus dem Modell ein Wert von 94 s-1, der experimentell ermittelte Wert
beläuft sich auf kobs
(4,6)
= 121 s-1 (je n=1). Im Vergleich der experimentell
bestimmten Werte mit den Daten, die mit Hilfe des Modells berechnet wurden,
zeigt sich sowohl für die Anschalt- als auch für die Abschaltkinetik kein
relevanter Unterschied. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich jeweils nur
um ein einziges Experiment handelt.
58
Ergebnisse
F530nm (%)
Die folgende Abbildung zeigt die Abschaltkinetik von isoliertem cTn(TnC-NBD).
135
pCa
130
5.0
125
120
115
110
105
8.7
100
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.16: Abschaltkinetik von isoliertem cTn
2+
~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
(TnC-NBD)
Der Tn-Komplex wurde zunächst für
2+
aktiviert, bevor mit dem Ca -Chelator BAPTA gemischt wurde
(pCa 8,7). Das schwarze Signal ist die Kontrolle bei pCa 5,0, die Fluoreszenzabnahme (graues
Signal) wurde mit einer monoexponentiellen Funktion gefittet (schwarze Linie) und ergab koff =
-1
22 s .
Die Fluoreszenz fällt nach dem Verringern der [Ca2+] bei 0 s biphasisch ab. Wie
bei der Anschaltkinetik kann die erste schnelle Phase nicht aufgelöst werden
und wird gefolgt von einer zweiten langsameren Phase. Die Amplitude des nicht
auflösbaren Signals beträgt ~50%. Die zweite Phase kann mit einer
monoexponentiellen Funktion gefittet werden und liefert einen Wert koff=22 s-1
(n=1).
59
Ergebnisse
3.3.3 Effekt der spezifischen Markierung von cTnC
3.3.3.1 cTn(TnC-NBD) in Mausmyofibrillen
Der markierte Komplex wurde anschließend in cMF inkorporiert und der
Fluoreszenzanstieg nach Aktivierung des Tn-Komplexes durch Ca2+ gemessen.
F530nm (%)
pCa
150
4.6
4.6
150
140
140
6.2
130
120
6.6
6.8
7.0
110
7.6
100
9.4
0.0
b
pCa
160
F530nm (%)
a
0.1
0.2
0.3
0.4
6.2
130
6.6
6.8
7.0
120
110
100
0.0
0.5
7.6
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
Zeit (s)
Zeit (s)
Abb. 3.17: Beispiel für die Notwendigkeit der Basalliniensubtraktion bei der Bestimmung
2+
des Ca -induzierten Fluoreszenzanstiegs von in murine inkorporiertem cMF cTn
(TnC-NBD)
.
(a) Durch die Darstellung des Graphs auf einer längeren Zeitskala von 0 bis 500 ms, soll der
2+
Verlauf der Kurven, insbesondere der Basalfluoreszenz (pCa 9,4) deutlicher werden. (b) Ca Abhängigkeit der Kinetik der Konformationsänderung nachdem die Basalfluoreszenz subtrahiert
wurde.
In Abb 3.17a ist zu sehen, dass die Fluoreszenz innerhalb der ersten 50 ms
zunächst stark zunimmt um anschließend wieder abzusinken und dann das
Niveau zu halten. Dieser Verlauf ist auch bei einem pCa von 9,38
(Basalfluoreszenz) zu erkennen. Vermutlich handelt es sich daher bei diesem
Phänomen um ein Artefakt, das durch das schnelle Mischen der cMF in der
Stopped-Flow-Apparatur verursacht wurde. Bevor die Kurven mit Hilfe einer
monoexponentiellen Funktion gefittet wurden, wurde die Basalfluoreszenz von
den anderen Fluoreszenzsignalen subtrahiert (Abb. 3.17b).
In der folgenden Abbildung ist die Auswertung solch korrigierter Signale zu
sehen.
60
Ergebnisse
a
b
140
130
200
4.6
5.6
6.0
150
kobs (s-1)
F530nm (%)
150
pCa
6.4
6.6
120
100
7.0
50
7.6
100
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
0
110
8
7
6
Zeit (s)
c
d
1.2
4
0.75
1.00
250
200
0.8
kobs (s-1)
F/Fmax
1.0
0.6
0.4
150
100
50
0.2
0.0
10
5
pCa [M]
9
8
7
6
5
0
0.00
4
0.25
0.50
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
2+
Abb. 3.18: Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg von in murine cMF inkorporiertem cTn
NBD)
(TnC-
2+
. (a) Die cMF (pCa 9,4) wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ] gemischt.
(b) Ratenkonstante kobs. in Abhängigkeit des pCa (n=3) (c) Normalisierte Fluoreszenzamplitude
der monoexponentiellen Fits in Abhängigkeit des pCa (n=3). (d) Abhängigkeit der Mittelwerte
von kobs von den Mittelwerten der normalisierten Fluoreszenzänderung (jeweils n=3).
Abb. 3.18a zeigt eine deutliche Ca2+-Abhängigkeit der Kinetik und der
Amplituden. Die Kinetik ist jedoch bei den pCa-Werten 5,6 und 4,6 so schnell,
dass auch die zweite, langsame Phase hier nicht mehr zeitlich aufgelöst und
deshalb auch nicht gefittet werden kann. Mit sinkender [Ca2+] wird die Kinetik
langsamer, die zweite Phase kann deshalb wieder monoexponentiell gefittet
werden. Bei pCa 6,0 beträgt die Ratenkonstante kobs 175 s-1.
In Abb. 3.18b ist kobs in Abhängigkeit vom pCa aufgetragen. Die Datenpunkte
stellen jeweils den Mittelwert aus drei Messungen dar. kobs (4,6) ist allerdings kein
Mittelwert, da bei zwei Messungen das Signal bei pCa 4,6 nicht gefittet werden
konnte (s.o.). Der Wert für die Ratenkonstante liegt hier bei 199 s-1.
61
Ergebnisse
Die Hill-Funktion, mit der die Daten in Abb. 3.18c gefittet werden konnten, wird
durch einen pCa50 von 6,7 ± 0,1 und einen nH von 1,0 ± 0,1 beschrieben. Diese
Werte sind vergleichbar mit den Ergebnissen der Messung mit isoliertem
cTn(TnC-NBD) (pCa50: 6,8 ± 0,1, nH:1,2 ± 0,3, siehe auch Tab. 3.1, S. 70).
Abb. 3.18d zeigt die Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den Mittelwerten
der normalisierten Fluoreszenzänderung. Das Modell ergibt koff = 34 ± 5 s-1
(n=3), während der experimentell bestimmte Wert koff = 23 ± 2 s-1 (n=2) beträgt.
Für kobs
(4,6)
ergibt sich aus dem Modell ein Wert von 210 ± 53 s-1 (n=3), der
experimentell ermittelte Wert beläuft sich auf kobs (4,6) = 199 s-1 (n=1).
Die folgende Abbildung zeigt die Abschaltkinetik von in murine cMF
inkorporiertem cTn(TnC-NBD).
pCa
125
5.0
F530nm (%)
120
115
110
105
8.7
100
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.19: Abschaltkinetik von cTn
(TnC-NBD)
, welches in murine cMF inkorporiert wurde.
2+
Der Tn-Komplex wurde zunächst für ~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
aktiviert, bevor mit dem
2+
Ca -Chelator BAPTA gemischt wurde (pCa 8,7). Das schwarze Signal ist die Kontrolle bei pCa
5,0, die Fluoreszenzabnahme (graues Signal) wurde mit einer monoexponentiellen Funktion
-1
gefittet (schwarze Linie) und ergab koff = 21 s .
Die Fluoreszenz fällt nach dem Verringern der [Ca2+] bei 0 s biphasisch ab. Wie
bei der Messung der Abschaltkinetik mit isoliertem cTn(TnC-NBD) (Abb. 3.16) kann
die erste schnelle Phase, welche gefolgt wird von einer zweiten langsameren
Phase, nicht aufgelöst werden. Die Amplitude des nicht auflösbaren Signals
beträgt auch hier ~50%. Die zweite Phase kann mit einer monoexponentiellen
62
Ergebnisse
Funktion gefittet werden und liefert einen Wert für die Ratenkonstante koff ~ 23
s-1 (n=2).
3.3.4 Effekt der selektiven Markierung von cTnC
3.3.4.1. cTn(TnC-Cys84Ser-NBD) und -(Cys35Ser-NBD) in Meerschweinchenmyofibrillen
Um auszuschließen, dass es sich bei den beiden Phasen der Anschaltkinetik
um die Fluoreszenzsignale der beiden verschiedenen NBD-Moleküle (Cys84NBD
und Cys35NBD) handelt, wurden zwei TnC-Mutationen hergestellt, bei denen
jeweils ein Cystein durch ein Serin ersetzt wurde. Wie schon für TnI
beschrieben, sollte durch die Markierung nur eines Cysteins die strukturelle
Beeinträchtigung durch die Fluoreszenzfarbstoff minimiert werden.
Wegen der Verfügbarkeit von Mausmodellen für Mutationen des cTn wurde die
Schaltkinetik in den vorangegangenen Messungen in Mausmyofibrillen
untersucht. Die Myosin-ATPase und die Kontraktions-/Relaxationskinetik ist in
der Maus 10 mal schneller als im Menschen. Das Meerschweinchenmyokard
hingegen hat eine ähnliche Kinetik wie der Mensch. Daher wurden die
folgenden
Untersuchungen
mit
Myofibrillen
des
Meerschweinchens
durchgeführt.
b
pCa
a
pCa
150
105
4.6
F530nm (%)
F530nm (%)
140
4.6
100
9.4
130
120
110
100
95
0.00
0.05
0.10
0.15
0.00
0.20
9.4
0.05
0.10
Zeit (s)
Abb. 3.20: Vergleich von in Meerschweinchen-cMF inkorporiertem cTn
inkorporiertem cTn
(TnC-Cys35Ser-NBD)
0.15
0.20
Zeit (s)
(TnC-Cys84Ser-NBD)
und
2+
. Die cMF (pCa 9,4) wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit Ca
(pCa 4,6) gemischt. (a) TnC wurde am Cys35 mit NBD fluoreszenzmarkiert. (b) TnC wurde an
Cys84 mit NBD fluoreszenzmarkiert.
63
Ergebnisse
Abb. 3.20 zeigt die beiden inkorporierten TnC-Mutationen im Vergleich. Die
Cys84Ser-Mutation (Abb. 3.20a) zeigt auch bei maximaler [Ca2+] keine
Änderung der Fluoreszenzintensität, wohingegen die Cys35Ser-Mutation (Abb.
3.20b) einen deutlichen Anstieg der Fluoreszenzamplitude erkennen lässt.
3.3.4.2 Isoliertes cTn(TnC-Cys35Ser-NBD)
Nachdem gezeigt wurde, dass die Kinetik der Konformationsänderung mit
cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) in cMF gemessen werden kann, wurde untersucht, ob dies
mit isoliertem cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) ebenso möglich ist. Anschließend wurden
diese Messungen mit denen des inkorporierten cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) in Beziehung
gesetzt, um eventuelle Einflüsse der myofibrillären Umgebung nach der
Inkorporation von cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) in cMF registrieren zu können.
pCa
170
4.6
5.6
160
6.0
b
60
150
140
6.4
130
110
6.9
7.1
7.6
100
9.4
120
80
70
kobs (s-1)
F530nm (%)
a
50
40
30
20
10
0
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
8
7
Zeit (s)
5
4
pCa [M]
c
d
1.2
80
70
1.0
60
0.8
kobs (s-1)
F/Fmax
6
0.6
0.4
50
40
30
20
0.2
10
0.0
10
9
8
7
6
5
0
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2
4
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
2+
Abb. 3.21: Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg von isoliertem cTn
(TnC-Cys35Ser-NBD)
. (a) Tn
2+
(pCa 9,4) wurde zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ] gemischt. (b) Ratenkonstante
kobs.
in
Abhängigkeit
des
pCa
(n=6)
(c)
64
Normalisierte
Fluoreszenzamplitude
der
Ergebnisse
monoexponentiellen Fits in Abhängigkeit des pCa (n=6). (d) Abhängigkeit der Mittelwerte von
kobs von den Mittelwerten der normalisierten Fluoreszenzänderung (jeweils n=6).
Abb. 3.21a verdeutlicht, dass die Biphasizität der Kinetik fortbesteht, obwohl
hier nur noch ein NBD-Molekül pro Tn-Molekül vorhanden ist. Nachfolgende
Messungen [54] haben ergeben, dass es sich bei der schnellen Phase um die
Ca2+-Bindung an TnC handeln muss, bei der langsamen Phase um die
regulatorische Konformationsänderung.
Die Datenpunkte in Abb. 3.21b folgen dem Verlauf einer sigmoidalen Funktion.
kobs steigt bei einem pCa von 5,0 nicht mehr an, erreicht bei maximaler [Ca2+]
einen Wert von 58 ± 6 s-1 und nähert sich bei sehr niedrigen [Ca2+] einem Wert
von 13 ± 3 (n=6).
Abb. 3.21c zeigt wie die Messungen zuvor eine sigmoidale Abhängigkeit des
Fluoreszenzanstiegs von der [Ca2+]. Der pCa50 beträgt 6,7 ± 0,1, der HillKoeffizient nH liegt bei 0,9 ± 0,1.
Abb. 3.21d zeigt die Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den Mittelwerten
der normalisierten Fluoreszenzänderung. Das Modell ergibt koff = 14 ± 1 s-1
(n=6), während der experimentell bestimmte Wert koff = 23 ± 5 s-1 (n=3) beträgt.
Für kobs
(4,6)
ergibt sich aus dem Modell ein Wert von 47 ± 5 s-1 (n=6), der
experimentell ermittelte Wert beläuft sich auf kobs
(4,6)
= 58 ± 6 s-1 (n=6).
Vergleicht man die experimentell bestimmten Werte mit den Daten, die mit Hilfe
des Modells berechnet wurden, zeigt sich sowohl für die Anschalt- als auch für
die Abschaltkinetik kein relevanter Unterschied.
65
Ergebnisse
In der folgenden Abbildung ist die Fluoreszenzabnahme von isoliertem cTn(TnCCys35Ser-NBD)
nach Zugabe von BAPTA dargestellt.
pCa
135
5.0
F530nm (%)
130
125
120
115
110
105
100
8.7
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.22: Abschaltkinetik von isoliertem cTn
2+
zunächst für ~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
(TnC-Cys35Ser-NBD)
Der Tn-Komplex wurde
2+
aktiviert, bevor mit dem Ca -Chelator BAPTA
gemischt wurde (pCa 8,7). Das schwarze Signal ist die Kontrolle bei pCa 5,0, die
Fluoreszenzabnahme (graues Signal) wurde mit einer monoexponentiellen Funktion gefittet
-1
(schwarze Linie) und ergab koff = 32 s . (Abb. stammt von D. Gomez Alcazar)
Die Fluoreszenz fällt nach dem Verringern der [Ca2+] bei 0 s biphasisch ab. Die
erste schnelle Phase kann nicht aufgelöst werden und wird gefolgt von einer
zweiten langsameren Phase. Die Amplitude des nicht auflösbaren Signals
beträgt ~55%. Die zweite Phase kann mit einer monoexponentiellen Funktion
gefittet werden und liefert einen Wert koff=23 ± 5 s-1 (n=3).
66
Ergebnisse
3.3.5 cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) in Meerschweinchenmyofibrillen
Die vorangegangenen Messungen mit einer Fluoreszenzmarkierung von TnC
an Cys84 haben gezeigt, dass die Ca2+-abhängige Schaltkinetik mit einem
guten Signal-Rausch-Verhältnis sowohl des isolierten als auch des in das
Sarkomer inkorporierten Tn gemessen werden kann.
b
pCa
180
4.6
170
160
5.3
150
140
6.0
130
120
6.6
110
7.0
100
9.4
90
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
kobs (s-1)
F530nm (%)
a
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
8
7
Zeit (s)
c
6
5
4
pCa [M]
d
1.2
400
kobs (s-1)
F/Fmax
1.0
0.8
0.6
0.4
300
200
100
0.2
0.0
10
9
8
7
6
5
0
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2
4
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
Abb.
3.23:
2+
Ca -induzierter
inkorporiertem cTn
Fluoreszenzanstieg
(TnC-Cys35Ser-NBD)
von
in
Meerschweinchen-cMF
. (a) cMF (pCa 9,4) wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit
2+
unterschiedlichen [Ca ] gemischt. (b) Ratenkonstante kobs. in Abhängigkeit des pCa (n=4)
(c) Normalisierte Fluoreszenzamplitude der monoexponentiellen Fits in Abhängigkeit des pCa
(n=4).
(d) Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den Mittelwerten der normalisierten
Fluoreszenzänderung (jeweils n=4).
Wie bei der Messung des isolierten cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) ist auch die Kinetik des
inkorporierten cTn biphasisch. Im Unterschied zu Abb. 3.22a ist in Abb. 3.23a
aber eine schnellere Kinetik zu sehen. Die Geschwindigkeit der Ratenkonstante
67
Ergebnisse
kobs beträgt hier bei maximaler [Ca2+] (pCa 4,6) 304 ± 78 s-1 (Abb. 3.23b),
wohingegen kobs bei der Messung des isolierten cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) mit einem
Wert von 58 ± 6 s-1 (Abb. 3.22b) deutlich kleiner ist.
Die Amplitude in Abb 3.23c lässt sich mit einer Hill-Funktion fitten, wobei der
pCa50 6,2 ± 0,2 und der Hill-Koeffizient nH 0,9 ± 0,3 ist. Der pCa50 des isolierten
cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) beträgt 6,7 ± 0,1, der nH 0,9 ± 0,1 (Abb. 3.22c).
In Abb. 3.23d ist die Abhängigkeit der Mittelwerte von kobs von den Mittelwerten
der normalisierten Fluoreszenzänderung dargestellt. Das Fitten der Daten ergibt
einen Wert von koff = 28 ± 5 s-1 (n=4), wohingegen der experimentell bestimmte
Wert für koff = 33 ± 3 s-1 (n=3) beträgt. Während der durch das Modell bestimmte
Wert von kobs(4,6) bei 294 ± 37 s-1 (n=4) liegt, beträgt der experimentell ermittelte
Wert für kobs (4,6) = 304 ± 78 s-1 (n=4).
Nach der Bestimmung der Anschaltkinetik wurde die Ratenkonstante koff der
F530nm (%)
Abschaltkinetik bestimmt.
130
pCa
125
5.0
120
115
110
105
8.7
100
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.24: Abschaltkinetik von cTn
(TnC-Cys35Ser-NBD)
, in Meerschweinchen-cMF inkorporiert.
2+
Der Tn-Komplex wurde zunächst für ~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
aktiviert, bevor mit dem
2+
Ca -Chelator BAPTA gemischt wurde (pCa 8,7). Das schwarze Signal ist die Kontrolle bei pCa
5,0, die Fluoreszenzabnahme (graues Signal) wurde mit einer monoexponentiellen Funktion
-1
gefittet (schwarze Linie) und ergab koff = 30 s .
68
Ergebnisse
Die Fluoreszenz fällt nach dem Verringern der [Ca2+] bei 0 s biphasisch ab. Die
erste schnelle Phase kann nicht aufgelöst werden und wird von einer zweiten
langsameren Phase gefolgt. Die Amplitude des nicht auflösbaren Signals
beträgt ~45%. Abb. 3.24 zeigt, dass die Fluoreszenz monoexponentiell mit
einer Ratenkonstante koff von 33 ± 3 s-1 (n=3) abnimmt.
69
Ergebnisse
Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Zusammenstellung aller experimentell
ermittelten Daten sowie die Werte der Ratenkonstanten der An- und
Abschaltkinetik, die mit Hilfe des Zwei-Zustand-Modells [43] berechnet wurden
(alle Daten sind ± SE(M) angegeben).
Experimentelle Daten
2-Zustands1
Modell*
kobs
UE - AS - FS
koff
(pCa 4,6)
(s )
-1
isolierter Tn-Komplex
(s )
TnI-C79,C97-
∆F
pCa50
nH
n
-1
kon
-1
(pCa 4,6)
koff
-1
(s )
(s )
(%)
-
-
66
5,9 ± 0,2
0,7
1
-
-
121
22
113
6,8 ± 0,1
1,2
1
94
22
69 ± 6
6,7 ± 0,1
0,9
6
47 ± 5
14 ± 1
3
136 ± 10
31 ± 4
3
210 ± 53
34 ± 5
4
294 ± 37
28 ± 5
NBD
TnCC35,C84NBD
TnC-C84-
(n=1)
58 ± 6
NBD
22 ± 5
(n=3)
± 0,1
TnCinkorporierter Tn-Komplex
C35,C84NBD
323
24 ± 4
± 124
(n=2)
59 ± 3
6,8 ± 0,1
1,3
± 0,2
TnI-C79,C97NBD (Maus)
TnCC35,C84-
199*
2
NBD (Maus)
23 ± 2
43 ± 5
6,7 ± 0,1
(n=2)
TnC-C84-
304
33 ± 3
NBD (Meer-
± 78
(n=3)
1,0
± 0,1
53 ± 5
6,2 ± 0,2
0,9
± 0,3
schweinchen)
Tab. 3.1: Übersicht experimentelle Daten und Daten des Zwei-Zustand-Modells,
berechnet nach Poggesi et al. [43]
Abkürzungen: AS (Aminosäure), FS (Farbstoff), UE (Untereinheit)
1
* Die Werte für die Ratenkonstante kobs, mit denen das Zwei-Zustand-Modell erstellt wurde,
2+
sind die Mittelwerte ± SE von kobs, die durch das Fitten der Ca -Titrationskinetiken dreier
Messungen bestimmt wurden.
2
* Dieser Wert ergibt sich aus nur einer Messung, da die langsamen Phasen der beiden
2+
anderen Messungen bei hohen [Ca ] nicht gefittet werden konnten.
n gibt die Anzahl der jeweils durchgeführten Experimente der Anschaltkinetik an, die Anzahl der
Experimente der Abschaltkinetik ist den Tabellenzeilen der koff-Werte zu entnehmen.
70
Ergebnisse
Die Fluoreszenzsignale konnten bei der Messung mit dem cTnI-NBD nicht gefittet
werden, weshalb die Werte für kobs in der Tabelle (Tab. 3.1) fehlen. Auch die
Abschaltkinetik wurde nicht bestimmt.
Vergleicht man die Ergebnisse der Messungen mit isoliertem TnC-NBD,
inkorporiertem Tn-NBD sowie inkorporiertem TnC-NBD miteinander, so ist die
Tendenz
zu
erkennen,
dass
die
Kinetik
der
Ca2+-induzierten
Konformationsänderung des inkorporierten cTn schneller ist als die des
isolierten cTn. Bei der Abschaltkinetik hingegen ist bezüglich der experimentell
ermittelten Daten kein Unterschied zwischen isoliertem und inkorporiertem cTn
zu sehen.
Beim Vergleich der Messungen mit isoliertem cTn, fällt auf, dass die
Anschaltkinetik des nicht mutierten TnC-NBD, welches zwei NBD-markierte
Cysteine besitzt, schneller ist, als die Anschaltkinetik des selektiv am C84
markierten TnC.
71
Ergebnisse
3.4 Effekte der FHC-assoziierten hcTnI-Mutation R145G auf die
Ca2+-induzierte An- und Abschaltkinetik des Troponins
Nachdem erstmals die Ca2+-kontrollierte Schaltkinetik von cTn in cMF
charakterisiert werden konnte, sollte nun in einer ersten Messung der Effekt der
FHC-assoziierten hcTnI-Mutation R145G auf die Schaltkinetik des cTn
untersucht werden.
a
200
5.3
4.6
150
150
140
kobs (s-1)
F530nm (%)
b
pCa
160
6.0
130
6.6
120
110
50
7.6
9.4
100
100
0
90
0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05
8
7
c
6
5
4
pCa [M]
Zeit (s)
d
1.2
200
0.8
kobs (s-1)
F/Fmax
1.0
0.6
0.4
100
50
0.2
0.0
10
150
9
8
7
6
5
0
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2
4
∆F/∆
∆F(4,6)
pCa [M]
2+
Abb. 3.25: Ca -induzierter Fluoreszenzanstieg der hcTnI-Mutation R145G, welche in cMF
2+
inkorporiert wurde. (a) cMF (pCa 9,4) wurden zum Zeitpunkt t=0 s mit unterschiedlichen [Ca ]
gemischt.
(b)
Ratenkonstante
kobs.
in
Abhängigkeit
des
pCa
(c)
Normalisierte
Fluoreszenzamplitude in Abhängigkeit des pCa (n=1). (d) Abhängigkeit von kobs von der
normalisierten
Fluoreszenzamplitude.
Die
Mutation
wurde
am
TnC
Cys84
mit
NBD
fluoreszenzmarkiert und in Meerschweinchen-cMF inkorporiert.
Ebenso wie beim WT-cTn(TnC-Cys35Ser-NBD) besteht die Kinetik der hcTnI-Mutation
R145G aus einer schnellen, zeitlich nicht auflösbaren und einer langsamen
Phase (Abb. 3.25a). Der monoexponentielle Fit der langsamen Phase ergibt
eine Ratenkonstante kobs (4,6) = 140 s-1 (Abb. 3.25b).
72
Ergebnisse
Die Ca2+-Abhängigkeit des normalisierten Fluoreszenzanstiegs (Abb. 3.25c)
ergibt einen pCa50 von 6,5 ± 0,2 und einen Hill-Koeffizienten nH von 0,7 ± 0,3.
Abb.
3.25d
zeigt
die
Abhängigkeit
von
kobs
von
der
normalisierten
Fluoreszenzänderung. Nach dem Zwei-Zustand-Modell [43] ergibt koff = 16 ± 5
s-1, während der experimentell bestimmte Wert koff = 27 (je n=1) beträgt. Für kobs
(4,6)
ergibt sich aus dem Modell ein Wert von 87 ± 12 s-1, wohingegen sich der
experimentell ermittelte Wert auf kobs
(4,6)
= 140 s-1 (je n=1) beläuft. Zukünftige
Messungen müssen zeigen, ob das Zwei-Zustandsmodell auch auf Mutationen
des TnI anwendbar ist.
pCa
125
5.0
F530nm (%)
120
115
110
105
100
8.7
0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
Zeit (s)
Abb. 3.26: Abschaltkinetik der hcTnI-Mutation R145G, welche in cMF inkorporiert wurde.
2+
Der Tn-Komplex wurde zunächst für ~100 ms bei pCa 5,0 mit Ca
aktiviert, bevor mit dem
2+
Ca -Chelator BAPTA gemischt wurde (pCa 8,7). Das schwarze Signal ist die Kontrolle bei pCa
5,0, die Fluoreszenzabnahme (graues Signal) wurde mit einer monoexponentiellen Funktion
-1
gefittet (schwarze Linie) und ergab koff = 27 s .
Abb. 3.26 zeigt die Bestimmung der Abschaltkinetik. Die Ratenkonstante koff
beträgt 27 s-1 ist und ist damit im Vergleich zum WT ~ 20% langsamer (siehe
Tab. 3.2). Hier ist zu bedenken, dass es sich nur um eine Einzelmessung
handelt.
73
Diskussion
4. Diskussion
4.1. Entwicklung einer Methode zur Bestimmung der Ca2+kontrollierten Schaltkinetik von cTn in Myofibrillen
Die kinetischen Eigenschaften des Troponin-Tropomyosin-Komplexes (Tn:TM)
sind mit isolierten Proteinen in Lösung detailliert untersucht worden. Rosenfeld
et al. [49] haben in einer biochemischen Studie mit skelettalem (s)Tn gezeigt,
dass die Rekonstitution von sTn mit Tropomyosin (TM), rekonstituiertem
dünnen Filament (sTn:TM:Aktin) sowie dünnem Filament und Myosin-S1 die
Ca2+-kontrollierte Schaltkinetik von sTn in Abhängigkeit des Systems verändert.
Ob die Schaltkinetik durch die Struktur verändert wird, ist nicht bekannt. Daher
war es das Ziel dieser Arbeit, eine Methode zur Bestimmung der Ca2+kontrollierten Schaltkinetik von cTn in der strukturellen Umgebung des
Sarkomers zu entwickeln.
In dieser Studie wurden kardiale Myofibrillen (cMF) verwendet, weil sie im
Vergleich zu rekonstituierten Filamenten, die in biochemischen Studien
Verwendung finden, ein vollständiges kontraktiles System darstellen und damit
den Bedingungen in situ am ähnlichsten sind. Zur Bestimmung der Kinetik des
dünnen Filamentes wurden in einigen Studien gehäutete Muskelfasern
verwendet [4, 46], die ebenfalls Messungen in der strukturellen Umgebung des
Sarkomers ermöglichen. Im Gegensatz zu gehäuteten Muskelfasern sind
Myofibrillen
aufgrund
ihres
kleineren
Durchmessers
(~1
µm)
nicht
diffusionslimitiert, was die Bestimmung von schnellen Kinetiken ermöglicht.
Kinetiken können also in der Stopped-Flow Apparatur durch rasches Mixen (<1
ms) ermittelt werden. Die Faser ist dagegen diffusionslimitiert. Hier wird das
Problem durch „caged compounds“ umgangen. Bei „caged compounds“ wird
Ca2+ durch Photolyse mittels eines Lichtblitzes aus einem Ca2+-Chelator
freigesetzt. Dabei ist es jedoch nicht möglich, die Konzentration des
freigesetzten Ca2+ genau zu definieren. Ein weiterer Nachteil bei der
Bestimmung der Anschaltkinetik ist die hohe Ca2+-Affinität der Chelatoren, da
das freigesetzte Ca2+ bei der Ca2+-Aktivierung z. B. mittels des Ca2+-Chelators
NP EGTA nach der Photolyse sofort wieder an diesen gebunden wird. Bei der
Abschaltkinetik mit dem caged Ca2+-Chelator Diazo-2 hingegen ist die
74
Diskussion
Pufferkapazität der photolysierten Substanz zu gering, um sämtliche Ca2+-Ionen
zu chelatieren und damit die Muskelfaser vollständig zu relaxieren. Ein weiteres
Problem stellt die geringe Quantenausbeute dar, die es erschwert, eine
ausreichende Menge des caged compound zu photolysieren, weshalb eine
maximale Aktivierung/Inaktivierung schwierig ist.
Wir hingegen können bei unseren Experimenten eine genaue Ca2+Konzentration angeben und erreichen bei pCa 4,6 eine maximale Aktivierung
des dünnen Filamentes.
4.1.1 Kontrollen des cTn-Austausches
cTnNBD wurde nach einer Methode von Brenner et al. [5] in cMF inkorporiert,
indem das endogene cTn als ganzer Komplex gegen das exogene
fluoreszenzmarkierte humane cTnNBD (hcTnNBD) ausgetauscht wurde.
Der Zeitverlauf des Austausches ist nicht allein von der langsamen Diffusion
des exogenen cTn in die cMF abhängig, sondern wird vermutlich vor allem
durch eine langsame Dissoziation des endogenen cTn limitiert [51]. Mittels
SDS-PAGE konnte gezeigt werden, dass ~60% des cTn ausgetauscht wurden,
was gut mit Ergebnissen an gehäuteten Fasern übereinstimmt [38]. Ein Grund
für den inkompletten Austausch könnte sein, dass unter Rigor-Bedingungen
hauptsächlich
das
cTn
in
der
Überlappungsregion
von
Aktin-
und
Myosinfilamenten ausgetauscht wird [51].
Die kinetischen Parameter der Kraftentwicklung und -relaxation von cTnNBDausgetauschten cMF zeigten im Vergleich zu unausgetauschten cMF bei
weiteren Messungen keine signifikanten Unterschiede, mit Ausnahme einer
Abnahme der Kraft/Querschnittsfläche um ~ 1/3 [54]. Eine solche Abnahme der
Kraft wurde ebenso an gehäuteten Muskelfasern beobachtet [38, 60]. Die in
dieser Arbeit bestimmte Schaltkinetik von cTn wird durch eine Abnahme der
Kraft der cMF aber nicht beeinflusst, da die Stopped flow-Messungen unter
nicht isometrischen Bedingungen durchgeführt werden und sich daher nur
wenige Querbrücken in Kraft-generierenden Zuständen befinden [55].
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Austausch und der an
das cTn gekoppelte Fluoreszenzfarbstoff NBD keinen maßgeblichen Einfluss
auf die Kinetik der myofibrillären Kontraktion und Relaxation haben.
75
Diskussion
4.1.2 Wahl des Fluoreszenzfarbstoffes und des Markierungsortes
Konformationsänderungen
von
Proteinen
können
mit
Hilfe
von
Fluoreszenzfarbstoffen detektiert werden, die spezifisch an das Proteinmolekül
gekoppelt
werden.
Im
Folgenden
werden
die
verschiedenen
Fluoreszenzfarbstoffe und Markierungsorte, die in dieser Arbeit verwendet
wurden, vorgestellt:
4.1.2.1 cTnNBD
Brenner et al. [5] haben skelettales TnI (sTnI) mit dem Fluoreszenzfarbstoff
NBD markiert und auf diese Art und Weise den Aktivierungszustand des
dünnen Filamentes in gehäuteten Psoas-Fasern bestimmt.
Wir haben analog zu Brenner [5] zunächst den gesamten Tn-Komplex markiert
und fanden einen biphasischen Fluoreszenzanstieg bei sättigender [Ca2+] (pCa
4,6). Die Biphasizität könnte dadurch bedingt sein, dass sowohl TnI als auch
TnC mit dem Fluoreszenzfarbstoff markiert werden, was mittels einer mit UVLicht angeregten SDS-PAGE bestätigt wurde (s. Ergebnisse, Abb. 3.12). Die
erste Phase der hier bestimmten Kinetik könnte daher die Ca2+-Bindung an
TnC, die zweite Phase die regulatorische Konformationsänderung von TnI
darstellen (s. 4.2.2). Daher wurde im Folgenden TnI bzw. TnC vor
Rekonstitution des Komplexes markiert und durch Mutation von Cysteinen in
Serine ganz spezifische Aminosäuren markiert. Diese Messungen mit
Monocysteinmutanten (siehe Ergebnisse, 3.3.8) zeigten aber, dass die Kinetik
mit nur einem Farbstoffmolekül an cTnC ebenfalls biphasisch ist
4.1.2.2 cTn(TnI-NBD)
Da es ein langfristiges Ziel war, den Einfluss von familiäre hypertrophe
Kardiomyopathie (FHC)-assoziierten Mutationen von TnI auf die Schaltkinetik
zu untersuchen, wurde nach einer Methode gesucht, TnI selektiv zu markieren.
Da die Konformationsänderung von cTn in erster Linie TnI involviert, wurde TnI
selektiv mit NBD markiert. Es ist bisher keine Studie bekannt, in der cTnI
selektiv markiert wurde, um die Kinetik der Konformationsänderung zu
bestimmen. Es wurde lediglich mit Hilfe von Förster Resonance Energy
Transfer
(FRET)
die
Ca2+-induzierte
Konformationsänderung
des
Gesamtkomplexes untersucht. In diesen Experimenten wurde der FRET von
76
Diskussion
einem an cTnI gebundenen fluoreszierenden Donor auf einen an cTnC
gekoppelten nicht fluoreszierenden Akzeptor beobachtet. Durch Bestimmung
des sich verändernden Donor-Akzeptor Abstandes konnten auf diese Weise
Konformationsänderungen während des An- und Abschaltens von cTn
untersucht werden [47].Um zu untersuchen, ob mittels selektiver Markierung
des cTn-Komplexes an cTnI überhaupt ein Fluoreszenzsignal detektiert werden
kann, wurde zuerst nur isoliertes cTn verwendet, weil es im Vergleich zu cTn,
welches in cMF inkorporiert wurde, ein weniger komplexes System darstellt.
Auch diese Messungen zeigten ein biphasisches Signal. Des Weiteren kam
eine sehr langsame dritte Phase hinzu. Sie ist deutlich langsamer als die cMFKontraktion [57], so dass es sich dabei nicht um die regulatorische
Konformationsänderung handeln kann. Denkbar wäre, dass die dritte Phase
den langsamen Austausch von Mg2+ gegen Ca2+ an den C-terminalen
Bindungsstellen III und IV von TnC darstellt [8, 48].
Anschließend wurde cTn in cMF inkorporiert. Hier war bei pCa 4,6 jedoch nur
ein Fluoreszenzanstieg von ~ 2% zu sehen, was zu einem unbrauchbaren
Signal-Rausch-Verhältnis führte. Ein vergleichbarer Effekt wurde von Putkey et
al. [46] in einer Studie mit cTn für den Fluoreszenzfarbstoff ANS beobachtet.
Hierbei war der Cysteinrest 35 von cTnC selektiv mit ANS markiert und die
Fluoreszenz des cTn-Komplexes anschließend nach Aktivierung mit Ca2+
gemessen worden. Es zeigte sich eine Ca2+-abhängige Fluoreszenzabnahme.
Nachdem der cTn-Komplex in gehäutete Herzmuskelfasern inkorporiert worden
war, konnte auch bei maximaler [Ca2+] keine Fluoreszenzänderung mehr
beobachtet werden. Da die geringe Fluoreszenzänderung bei unseren
Messungen durch die spezifischen Fluoreszenzeigenschaften von NBD bedingt
sein konnte, folgte ein zweites Experiment mit dem Fluoreszenzfarbstoff
EDANS. Es zeigte sich aber, dass die Kinetik der Ca2+-induzierten
Konformationsänderung auch mit Hilfe von cTn(TnI-EDANS) nicht bestimmt werden
konnte, da das Signal-Rausch-Verhältnis wie bei der Messung mit ANS sehr
klein war.
cTnI hat zwei intrinsische Cysteine, die markiert werden können: Cys80 auf
Helix 1 und Cys97 auf Helix 2. Beide Helices sind jedoch nicht direkt an der
regulatorischen Konformationsänderung von cTnC beteiligt. Brenner et al. [5]
haben fast skeletal TnI (fsTnI) an Cys133 markiert, das sich auf Helix 3 befindet
77
Diskussion
und auf diese Weise Kinetiken bestimmt. Das sogenannte “switch peptide“ auf
Helix 3 von TnI nähert sich in Anwesenheit von Ca2+ der N-terminalen Domäne
von TnC und bindet an sie. An homologer Stelle hat cTnI Ser166. Um diese
Position wie Brenner et al. mit einem Fluoreszenzfarbstoff markieren zu
können, wurde Serin mittels ortsspezifischer Mutagenese durch Cystein ersetzt.
Die beiden anderen Cysteine wurden gegen Serine ausgetauscht, so dass
weder durch diese stille Mutation [26], noch durch Bindung weiterer
Farbstoffmoleküle strukturelle Veränderungen von TnI zu erwarten waren.
Es zeigte sich aber, dass auch durch die Markierung von Cys166 mit NBD, bzw.
mit EDANS keine Ca2+-induzierte Fluoreszenzänderung detektiert werden
konnte.
Zusammenfassend
kann
festgehalten
werden,
dass
die
Kinetik
der
Konformationsänderung von cTn, anders als in Experimenten mit fsTn, mit Hilfe
der hier entwickelten Methode zur selektiven Fluoreszenzmarkierung von cTnI
aufgrund der geringen Fluoreszenzänderung nicht bzw. nur unzureichend
bestimmt werden kann.
4.1.2.3 cTn(TnC-NBD)
Im Gegensatz zur Markierung von cTnI, war bei Markierung der beiden
intrinsischen
Cysteine
Fluoreszenzänderung
Cys35
mit
und
Cys84
biphasischer
mit
Kinetik
NBD
nach
eine
deutliche
Ca2+-Aktivierung
erkennbar, was mit Beobachtungen von Hazard et al. [18] übereinstimmt. Da
diese Autoren in einer biochemischen Studie mit isoliertem cTnC vom Huhn
zeigten,
dass
Farbstoffmolekül
die
Markierung
zu
einer
von
cTnC
mit
Verlangsamung
einem
zweiten
ANS-
der
Kinetik
der
Konformationsänderung führt (kon: 210 s-1, bzw.120 s -1; koff: 260 s-1, bzw. 90 s-1,
4°C), stellten wir zwei Monocysteinmutanten her. So konnte cTnC selektiv an
nur einem Cystein markiert werden. Bei Messungen mit Tn(TnC-C35-NBD), welches
in cMF inkorporiert wurde und dessen Cystein in der nicht-funktionellen Ca2+Bindungsstelle-I liegt, konnte keine Fluoreszenzänderung registriert werden,
was mit Ergebnissen von Putkey et al. [46] und Dong et al. [9] übereinstimmt.
Cys84 hingegen befindet sich am C-terminalen Ende von Helix D, die in
Anwesenheit von Ca2+ mit Helix 3 in der regulatorischen Region von TnI
interagiert [61].
78
Diskussion
4.1.2.4 cTn(TnC-Cys84-NBD)
Wie in den vorangegangen Messungen war die anhand von cTn(TnC-Cys-84-NBD)
bestimmte Ca2+-induzierte Anschaltkinetik biphasisch. Sowohl für isoliertes als
auch für inkorporiertes cTn(TnC-Cys84-NBD) zeigte sich eine erste Phase, die zu
schnell war, um mit Hilfe der Stopped-Flow Apparatur aufgelöst zu werden
sowie eine langsamere Phase.
Betrachtet man die Werte für die Ratenkonstante der Ca2+-induzierten
Anschaltkinetik für isoliertes (kobs = 58 s-1) und inkorporiertes cTn (kobs =304 s-1),
wird deutlich, dass die Ratenkonstante kobs der langsamen Phase bei
Inkorporation von cTn in cMF ~ 5x größer ist als kobs der Kinetik von isoliertem
cTn. Die schnellere Kinetik in cMF könnte durch eine Verringerung der für das
Anschalten benötigen Aktivierungsenergie bedingt sein, wenn cTn in seine
natürliche Umgebung inkorporiert wird.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der ähnliche biphasische
Verlauf der Kinetiken von isoliertem und inkorporiertem cTn auf einen ähnlichen
kinetischen
Mechanismus
hindeutet,
sich
die
Ratenkonstanten
der
Anschaltkinetik aber deutlich unterscheiden. Biochemische Studien mit
isoliertem cTn bilden die Situation in vivo nur unvollständig ab und sind für die
Bestimmung der Schaltkinetik von cTn demnach nicht geeignet.
4.1.3 Vorteile der Verwendung von Meerschweinchenmyofibrillen
gegenüber murinen Kardiomyofibrillen
Zu Beginn der Methodenentwicklung erfolgten die Messungen anhand muriner
Kardiomyofibrillen. Im Verlauf erwies sich die Verwendung muriner cMF jedoch
als
ungünstig.
Aus
folgenden
Gründen
wurde
der
Umstieg
auf
Meerschweinchen-cMF beschlossen:
Da für Mutationen des TnI Mausmodelle vorliegen [28] und das langfristige Ziel
war, zu untersuchen, ob die Schaltkinetik für die Kontraktionskinetik
ratenlimitierend ist.
Andererseits sind Myofibrillen vom Meerschweinchen dem menschlichen
Herzen näher. Beispielsweise findet man im Ventrikel von Mäuse- und
Rattenherzen
mehr
Meerschweinchenventrikel
V1-Myosin
(αα-Schwerkette),
V3-Myosin
(ββ-Schwerkette),
während
wie
auch
im
beim
Menschen [32, 39], vorherrscht. Zusätzlich zeigte sich, dass die mit
79
Diskussion
Meerschweinchen-cMF gemessenen Kinetiken im Vergleich mit murinen cMF
eine geringere Variabilität haben.
Auch
technische
Gründe
sprechen
für
die
Verwendung
von
Meerschweinchenmyofibrillen. Für die Bestimmung einer kompletten Ca2+abhängigen Anschaltkinetik wurden etwa zehn Mäuseherzen (Gewicht pro Herz
~180 mg) benötigt, wohingegen nur ein einziges Meerschweinchenherz (~2 g)
für die gesamte Messung ausreichte.
Aufgrund der Größe eines Meerschweinchenherzens, ist es möglich dieses zu
perfundieren.
Durch
den
gleichmäßigen
Perfusionsdruck
bleibt
die
Sarkomerlänge der cMF optimal. Im Gegensatz zu den murinen cMF sind unter
dem Lichtmikroskop keine überkontrahierten cMF mehr zu erkennen.
Denkt man an eine Weiterentwicklung der in der vorliegenden Arbeit
entwickelten Methode, ist die Verwendung von Meerschweinchen-cMF
vorteilhaft, da Meerschweinchen-Kardiomyozyten aufgrund der oben genannten
Eigenschaften
für
eventuell
folgende
Messungen
an
der
ganzen
Herzmuskelzelle besser geeignet sind als murine Kardiomyozyten.
4.2 Interpretation des Fluoreszenzsignals
4.2.1 Anschaltkinetik von cTn (TnC-Cys84-NBD)
Die Ca2+-kontrollierte Anschaltkinetik von cTn besteht aus zwei Phasen, einer
schnellen und einer langsamen Phase. Die Aktivierung mit hohen [Ca2+] ruft
einen Anstieg der Fluoreszenzamplitude hervor, der innerhalb der Totzeit der
Stopped-Flow Apparatur stattfindet. Da es selbst mit Hilfe einer Mikroküvette
(Totzeit 250 µs) nicht gelang, die schnelle Phase zeitlich aufzulösen, muss die
Ratenkonstante dieser kinetischen Phase >2000 s-1 betragen. Die Rate dieser
schnellen Phase ist damit ~ 6-30x schneller als die Rate der langsamen Phase
mit 304 s-1/ 58 s-1 (für inkorporiertes, bzw. isoliertes cTn).
Hazard et al. [18] haben für die Ca2+-Bindung an isoliertes cTnC eine
Ratenkonstante zweiter Ordnung von 2-4 x 108 µM-1s-1 bestimmt. Geht man
davon aus, dass die Ratenkonstante der Ca2+-Bindung an cTnC wie bei einer
diffusionslimitierten Reaktion linear mit der [Ca2+] zunimmt [24], ergibt sich bei
pCa 4,6 eine Ratenkonstante von 2500-5000 s-1. Dies ist ein weiterer Hinweis
darauf, dass es sich bei der schnellen Phase um die Ca2+-Bindung handelt.
80
Diskussion
Von
Gomez
(unveröffentlichte
Ergebnisse)
wurde
der
Einfluss
von
Rigorquerbrücken auf die Schaltkinetik untersucht. Im Rigorzustand ist das
dünne Filament sogar im Ca2+-freien Zustand angeschaltet. Auch unter diesen
Bedingungen wurde durch Ca2+ eine sehr schnelle Phase innerhalb der Totzeit
der
Apparatur
ausgelöst.
Dies
zeigte
sich
in
einem
Sprung
der
Fluoreszenzamplitude im Vergleich zur Basalfluoreszenz, welche ohne Ca2+
gemessen wurde. Es ist daher anzunehmen, dass es sich bei der schnellen
Phase, die wir bei unseren Kinetiken beobachten, um die Ca2+-Bindung handelt.
Eine langsame Phase, wie sie in dieser Arbeit beobachtet wurde, fehlte. Da cTn
durch die Rigor-Querbrücken bereits angeschaltet war, stellt die langsame
Phase wahrscheinlich die Konformationsänderung bei Aktivierung von cTn mit
Ca2+ dar.
Verschiedene Gruppen haben vor allem in biochemischen Studien an isolierten
Proteinen Ratenkonstanten nach Aktivierung von cTnC [18, 23, 58], bzw. cTn
[10] mit Ca2+ bestimmt, deren Bedeutung kontrovers diskutiert wird. So haben
Dong et al. [10] cTn an Cys35 von cTnC mit ANS markiert und damit wie in
dieser Arbeit eine biphasische Anschaltkinetik nach Aktivierung mit Ca2+
gemessen. Sie haben die schnelle Phase ihrer Kinetik mit einer Ratenkonstante
von 30-40 s-1 (4°C) als Ca 2+-Bindung an cTnC interpretiert. Verglichen mit den
Daten in dieser Arbeit stimmt diese Ratenkonstante kinetisch mit der
Ratenkonstante der langsamen Phase von 58 s-1 (10°C) für das isolierte cTn
überein.
In einer Studie mit inkorporiertem cTn haben Bell et al. [3] die Anschaltkinetik
von cTn mit Rhodamin-markiertem cTnC in gehäuteten Herzmuskeltrabekeln
mittels Fluoreszenzpolarisation untersucht. Sie erkannten ebenfalls zwei
kinetische Phasen. Die schnelle Phase interpretierten sie als die Ca2+-Bindung
oder als einen damit eng verknüpften Schritt. Wie in der Studie von Dong et al.
ähnelte die Ratenkonstante der schnellen Phase unserer langsamen Phase. Da
Bell et al. bei ihren Experimenten mit gehäuteten Muskelfasern auf die
Verwendung von caged-Ca2+ angewiesen waren, konnten sie nicht bei
sättigender [Ca2+] messen. Bei ~2/3 der maximalen Ca2+-Aktivierung betrug ihre
Ratenkonstante 100 s-1, die mit dem in dieser Arbeit bestimmten kobs der
langsamen Phase von 70 s-1 bei 64% Aktivierung mit inkorporiertem cTn
korreliert.
81
Diskussion
Zusammenfassend hängt die in dieser Arbeit beobachtete schnelle Phase der
Ca2+-induzierten Anschaltkinetik direkt oder zumindest sehr eng mit einem
nahezu diffusionskontrollierten Ca2+-Bindungsprozess zusammen, wohingegen
die Ratenkonstanten der schnellen Phasen in den Studien von Dong et al. [10]
und Bell et al. [3] den Werten für die hier bestimmte langsame Phase ähneln.
So scheint es sehr wahrscheinlich, dass sich alle drei auf dieselbe globale
Konformationsänderung von cTn beziehen.
4.2.2 Abschaltkinetik von cTn(TnC-Cys84-NBD)
Zur Bestimmung der Abschaltkinetik wurde der in MF inkorporierte cTnKomplex zunächst mit Ca2+ aktiviert, bevor mit dem Ca2+-Chelator BAPTA
gemischt wurde (pCa 8,7). Die schnelle Verringerung der [Ca2+] induziert einen
monoexponentiellen Abfall des Fluoreszenzsignals. Da die Amplitude dieser
langsamen
kinetischen
Phase
kleiner
ist
als
die
Differenz
des
Fluoreszenzniveaus bei pCa > 8 und pCa = 5 (s. Ergebnisse, Abb 3.10) zu
erwarten wäre, kann nicht ausgeschlossen werden, dass - wie bei der
Anschaltkinetik - der langsamen Phase eine schnelle Phase vorangeht.
Indem Rigor-Querbrücken Tropomyosin (TM) in der „on“-Position halten, bleibt
cTn auch in Abwesenheit von Ca2+ im angeschalteten Zustand. Die Mg-ATPinduzierte Ablösung der Myosinköpfe von Aktin hingegen ermöglicht TM die
Rückkehr in die „off“-Position. Diese Konformationsänderung wird von TM auf
cTnT übertragen und hat schließlich das Abschalten des cTn-Komplexes zur
Folge. Solzin et al. [54] beobachteten nach dem Mischen von Rigor-cMF mit
Mg-ATP eine monophasische Kinetik, die eine ähnliche Ratenkonstante (koff=31
s-1) hatte wie die langsame Phase nach Reduktion der [Ca2+] bei Bestimmung
der Abschaltkinetik von inkorporiertem cTn (koff=39 s-1). Dies ist ein Hinweis
darauf,
dass
die
langsame
Phase
der
Abschaltkinetik
die
2+
Konformationsänderung von cTn und nicht die Ca -Dissoziation von cTnC
darstellt.
Die Ratenkonstante koff der in dieser Arbeit bestimmten Ca2+-kontrollierten
Abschaltkinetik von cTn, welches in cMF inkorporiert wurde, beträgt koff = 33 ± 3
s-1 (n=3), koff der Abschaltkinetik von isoliertem cTn ist koff = 22 ± 5 s-1 (n=3).
Wie für die Anschaltkinetik zeigt sich für die Abschaltkinetik, dass die
Ratenkonstante bei Inkorporation von cTn in cMF zunimmt. Folgender
molekularer Mechanismus kann dem zugrunde liegen: es ist bekannt, dass die
82
Diskussion
Assoziation
von
cTnC
Konformationsänderung
der
mit
cTnI
die
Abschaltkinetik
Ratenkonstante
gegenüber
koff
Messungen
der
mit
isoliertem cTnC um den Faktor 10-20 verlangsamt [10]. Das Hinzufügen von
cTnT zu cTnI-cTnC veränderte die Kinetik in dieser Studie von Dong et al. nicht
weiter. Daher könnte die schnellere Abschaltkinetik bei Inkorporation von cTn
durch eine Schwächung der cTnC-cTnI Interaktion durch Bindung von cTnI an
Aktin erklärt werden. Die Schwächung der cTnI-cTnC Interaktion könnte zur
Folge haben, dass cTn schneller abschalten kann, wodurch die Ratenkonstante
koff der Konformationsänderung zunimmt.
Hazard et al. [18] haben die Ratenkonstanten der Ca2+-kontrolllierten
Abschaltkinetik nach Reduktion der [Ca2+] anhand von isoliertem cTnC vom
Huhn bestimmt. Sie konnten zeigen, dass die Ratenkonstante der mittels eines
Ca2+-Chelators direkt gemessenen Ca2+-Dissoziation (700-800 s-1 bei 4°C) etwa
3x schneller ist, als die Ratenkonstante der Konformationsänderung (260 s-1 bei
4°C), die anhand von cTnC Cys84-ANS bestimmt wurde. Die von Hazard et al.
bestimmte Ratenkonstante der Konformationsänderung ist viel höher als der in
dieser Arbeit bestimmte Wert für den isolierten cTn-Komplex (58 s-1 bei 10°C),
was bei Hazards Messungen mit isoliertem cTnC wahrscheinlich durch das
Fehlen der cTnC-cTnI Interaktion bedingt ist. Die Interaktion dieser beiden
Untereinheiten verlangsamt die Kinetik der Konformationsänderung um den
Faktor 10-20 [10].
4.3. Bedeutung der Ca2+-kontrollierten Schaltkinetik von cTn für
die Kraftkinetik der cMF
Simultane Messungen der Kraft und der intrazellulären [Ca2+] in intakten
kardialen
Herzmuskeltrabekeln
haben
gezeigt,
dass
die
Rate
des
myoplasmatischen Ca2+-Anstiegs bzw. der –Abnahme keinen ratenlimitierenden
Einfluss auf die Kraftentwicklung oder Relaxation hat [2, 22]. Bislang ist jedoch
nicht bekannt, wie sich die Rate der Ca2+-kontrollierten Schaltkinetik von cTn,
welches in cMF inkorporiert wurde, auf den Zeitverlauf der myofibrillären
Kontraktion oder Relaxation auswirkt. Prinzipiell könnten zwei Mechanismen
ratenlimitierend sein: (1) die Schaltkinetik von cTn oder (2) die Kinetik des
Querbrückenzyklus.
83
Diskussion
Ratenkonstanten, die für die Querbrückenkinetik bestimmt wurden, lieferten
Hinweise
darauf,
dass
die
Querbrückenkinetik
den
Zeitverlauf
der
Herzmuskelkontraktion und- relaxation determiniert [3, 36, 39, 42, 56]. Daher
wurde bislang angenommen, dass die An- und Abschaltkinetik von cTn schnelle
Prozesse sind, die keinen ratenlimitierenden Einfluss auf Kontraktion und
Relaxation haben.
Unsere langsame Phase, von der wir annehmen, dass sie die Ca2+-abhängige
Konformationsänderung von cTn darstellt, ist ~ 300x schneller als die Kinetik
der Ca2+-induzierten myofibrillären Kraftentwicklung (kACT = 1 s-1) [56]. Selbst
die von Bell et al. [3] beschriebene schnelle Phase, die von den Autoren als
schnelle Ca2+-Bindung an cTn interpretiert wird oder zumindest als ein Schritt,
der damit in engem Zusammenhang steht, ist 20x schneller als die Ca2+induzierte Kraftentwicklung. Beide Studien zeigen, dass die Kinetik der
Konformationsänderung von cTn zu schnell ist, um den Zeitverlauf der
Kraftentwicklungsraten zu limitieren.
Zusätzlich zu der schnellen Phase haben Bell et al. [3] eine sehr langsame
Phase mit einer Ratenkonstante von ~ 5 s-1 detektiert, die identisch ist mit der
von ihnen simultan gemessenen Rate der Kraftentwicklung. Diese Phase weist
darauf hin, dass die Querbrückenbindung das dünne Filament aktivieren kann
und zwar über das Niveau der Aktivierung durch Ca2+ hinaus. Bei den
Messungen in dieser Arbeit konnte diese Phase nicht beobachtet werden,
vermutlich weil die Experimente unter lastfreien Bedingungen stattfanden. Bei
der lastfreien Verkürzung der cMF sind nur sehr wenige Querbrücken stark an
Aktin gebunden [55]. Aus diesem Grund ist der Beitrag der Querbrücken zur
Aktivierung
des
dünnen
Filamentes
unter
unseren
Bedingungen
vernachlässigbar, weshalb ein Feedbackmechanismus der Querbrücken unter
isometrischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden kann. Die in dieser
Arbeit entwickelte Methode hat jedoch den Vorteil, auf diese Weise die
intrinsische
Rate
der
Schaltkinetik
von
cTn,
ohne
Einfluss
der
Querbrückenkinetik, bestimmen zu können.
Für die Relaxationskinetik der Kraft, die von Solzin et al. bestimmt wurde [54],
ergibt sich folgendes Bild: die Verringerung der [Ca2+] induziert eine
biphasische Kinetik. Eine langsame lineare Phase mit einer Ratenkonstante kLIN
= 0,4 s-1, während der die Sarkomere isometrisch bleiben, geht einer schnellen
84
Diskussion
exponentiellen Relaxationsphase mit einer Ratenkonstante kREL = 3,1 s-1
voraus, die durch eine sequentielle Verlängerung einzelner Sarkomere
hervorgerufen wird. KLIN ist demnach ~ 80x langsamer, kREL ~ 10x langsamer
als die Abschaltkinetik von cTn. Die Korrelation der Abschaltkinetik mit der
Kraftabnahme zeigt außerdem, dass das Abschalten von cTn innerhalb der
ersten 150 ms der langsamen Phase kLIN stattfindet. Die intrinsische
Abschaltkinetik von cTn ist also sehr viel schneller als die Kinetik der
Kraftabnahme während der myofibrillären Relaxation und ist für diese unter
lastfreien Bedingungen nicht ratenlimitierend.
4.4 Effekt der FHC-assoziierten cTnIR145G-Mutation auf die Ca2+kontrollierte Schaltkinetik von cTn(TnC-Cys84-NBD)
Kobayashi et al. zeigten für rekonstituierte dünne Filamente, dass sich z.B. die
Ca2+-Affinität bei steady-state Messungen mit FHC-assoziierten cTn-Mutationen
im Vergleich zum Wildtyp-cTn verändert [27]. Bei Messungen am isolierten cTn
war jedoch kein Effekt der Tn-Mutationen zu erkennen. Daher war es ein Ziel
dieser Arbeit, erstmals den Effekt der mit FHC-assoziierten Mutation cTnIR145G
auf die Schaltkinetik von cTn, welches in cMF inkorporiert wurde, zu
untersuchen.
Die cTnTnI
R145G
-Mutation ist in der inhibitorischen Region von cTnI
(Aminosäurereste 137-148) lokalisiert, die für die Inhibition der AktomyosinATPase verantwortlich ist. Sie ist die bislang am intensivsten untersuchte FHCassoziierte Mutation auf dem TnI-Gen (TNNI3). Verschiedene Studien zeigten,
dass die Mutation kontraktions- und relaxationsbestimmende Parameter
beeinflusst: Messungen mit rekonstituierten Filamenten [13, 27] und gehäuteten
Muskelfasern [6, 29, 60] ergaben eine verminderte Inhibition der AktomyosinATPase bei niedrigen [Ca2+], die mit einer Schwächung der cTnI-Aktin
Interaktion assoziiert ist.
Eine der bedeutendsten funktionellen Störungen, von denen Individuen mit
familiärer hypertropher Kardiomyopathie (FHC) betroffen
sind,
ist
die
diastolische Dysfunktion. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob dieser
Befund
eine
direkte
Auswirkung
einer
veränderten
Ca2+-kontrollierten
Schaltkinetik von cTn darstellt. Kruger et al. [28] beobachteten in Messungen
mit murinen cMF, in denen das endogene murine cTn gegen humanes cTnTnI
85
Diskussion
R145G
ausgetauscht worden war, eine verlangsamte Relaxationskinetik. Die
Ratenkonstante kREL der zweiten schnellen exponentiellen Phase der
Kraftabnahme verringerte sich im Vergleich zum cTn-WT um ~60-70%. Die
Ratenkonstante kLIN der vorangehenden langsamen linearen Phase wurde
durch die Mutation nicht signifikant beeinflusst, was jedoch zu erwarten wäre,
falls die Abschaltkinetik von cTnTnI
R145G
einen ratenlimitierenden Einfluss auf
die Kinetik der Kraftabnahme hätte.
Erste Messungen in dieser Arbeit zeigten, dass die Abschaltkinetik von
cTnTnIR145G, welches in cMF inkorporiert wurde, im Vergleich zum cTn-WT um
~20% verlangsamt ist (koff-WT = 33 s-1, koff-TnTnIR145G: 27 s-1). Die verlangsamte
Ratenkonstante koff der Abschaltkinetik von cTnTnI
R145G
ist damit aber immer
noch zu schnell, um auf die Kinetik der myofibrillären Kraftabnahme einen direkt
ratenlimitierenden Einfluss zu haben.
Eine mögliche Folge der cTnTnI R145G-Mutation ist eine gestörte Bindung von TnI
an Aktin bei Verringerung der [Ca2+]. Die Destabilisierung des abgeschalteten
Zustands führt zu einer verminderten Inhibition kraftgenerierender Querbrücken:
durch die verlangsamte Rate des Abschaltens verschiebt sich das on/offGleichgewicht von cTn, was den Querbrücken ermöglicht, sogar bei sehr
niedrigen [Ca2+] während der Relaxation erneut an Aktin zu binden und so eine
langsamere myofibrilläre Kraftabnahme zur Folge hat. Die verlangsamte
Abschaltkinetik
hat
also
einen
ratenmodulierenden
Einfluss
auf
die
Relaxationskinetik und könnte auf diese Weise ungünstig auf die diastolische
Funktion des Herzmuskels wirken.
Zusammenfassend zeigt diese erste Einzelmessung am Beispiel der cTnTnI
R145G
-Mutation, dass die in der vorliegenden Arbeit entwickelte Methode
erstmals ermöglicht, Effekte von TnI- Mutationen auf die Ca2+-kontrollierte
Schaltkinetik von cTn zu erfassen.
86
Zusammenfassung
5. Zusammenfassung
Die Erregungskontraktionskopplung der Herzmuskelzellen ist eine mehrstufige
Reaktion, für die folgende Schritte ratenlimitierend sein könnten: 1) Der Ca2+Transient,
2)
die
Schaltkinetik
von
cTn
oder
3)
die
Kinetik
des
Querbrückenzyklus.
In dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, die erstmals die Bestimmung
der Kinetik der Ca2+-kontrollierten Schaltkinetik von humanem kardialem
Troponin (cTn) in der intakten kontraktilen Einheit der Kardiomyofibrille (cMF)
ermöglicht. Zudem wurde in einer exemplarischen Messung gezeigt, dass es
mit dieser Methode möglich ist, Effekte von FHC-assoziierten Mutationen des
TnI auf die Schaltkinetik zu detektieren.
Für diese Messungen wurden die drei cTn-Untereinheiten cTnC, cTnI und cTnT
separat exprimiert, anschließend gereinigt und zum funktionellen cTn-Komplex
rekonstituiert. Es wurde die Kinetik bei verschiedenen Markierungsverfahren
untersucht: (i) Markierung aller zugänglichen Cysteine des Tn-Komplexes, (ii)
selektive Markierung von TnI bzw. TnC, (iii) Markierung von nur einem Cystein
in TnC. Nach der Markierung wurden sie in cMF inkorporiert. Zur Bestimmung
der Anschaltkinetik wurden sowohl die so markierten Myofibrillen als auch der
isolierte cTn-Komplex mit Hilfe einer Stopped-Flow Apparatur innerhalb von < 2
ms mit unterschiedlichen [Ca2+] oder - um die Rate der Abschaltkinetik zu
messen - mit dem Ca2+-Chelator BAPTA gemischt.
Mit dieser Methode konnte erstmals gezeigt werden, dass die An- und
Abschaltkinetik von cTn durch die strukturelle Umgebung des Sarkomers
beeinflusst und deutlich schneller als die des isolierten Komplexes ist.
Die Geschwindigkeit und die Amplitude des Fluoreszenzanstiegs während der
Ca2+-Aktivierung war abhängig von der [Ca2+] und verlief bei hohen [Ca2+]
biphasisch mit einer initialen schnellen Phase, die nicht aufgelöst werden
konnte und vermutlich die Ca2+-Bindung widerspiegelt und einer langsamen
Phase, die als Ausdruck der Konformationsänderung interpretiert wird.
Bei der Bestimmung der Abschaltkinetik fiel die Fluoreszenz nach dem
Verringern der [Ca2+] biphasisch ab. Wie bei der Anschaltkinetik konnte die
erste schnelle Phase nicht aufgelöst werden und wurde von einer zweiten
langsameren Phase gefolgt, die wahrscheinlich die Konformationsänderung
87
Diskussion
darstellt. Die so ermittelte Ratenkonstante der Abschaltkinetik ist ~5 mal
schneller als die Kinetik der Kontraktion und Relaxation und kann somit nicht
ratenlimitierend für den Kraftanstieg bzw. –abfall sein.
Mit dieser Methode ist es nun auch möglich, den Einfluss von Mutationen des
cTn, wie sie bei der familiären hypertrophen Kardiomyopathie gefunden
wurden, auf die Schaltkinetik zu untersuchen. Exemplarische Messungen
zeigten, dass die Rate der Abschaltkinetik durch die hcTnTnI
welche
bei
Patienten
mit
FHC
gefunden
88
wurde,
R145G
-Mutation,
verlangsamt
wird.
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Erklärung zur Vorabveröffentlichung von Ergebnissen
7.
Erklärung
Ergebnissen
zur
Vorabveröffentlichung
von
Solzin, J., Iorga, B., Sierakowski, E., Gomez Alcazar, D. P., Ruess, D. F.,
Kubacki, T., Zittrich, S., Blaudeck, N., Pfitzer, G., Stehle, R. (2007)
“Kinetic mechanism of the Ca2+-dependent switch-on and switch-off of cardiac
troponin in myofibrils.” Biophys J 93, 3917-31
95
Lebenslauf
8. Lebenslauf
Mein Lebenslauf wird aus Gründen des Datenschutzes in der elektronischen
Fassung meiner Arbeit nicht veröffentlicht.
96
Zugehörige Unterlagen
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