Das aktuelle NGI – INFO zu Impfungen gegen „Schweinegrippe“ Sonderausgabe Oktober 2009 Presseerklärung zu der Impfung gegen die neue Grippe („Schweinegrippe“ Grippevirustyp H1N1) In den letzten Tagen gab es turbulente Kontroversen um den Einsatz des für Deutschland zugelassenen Impfstoffs mit einem Wirkungsverstärker gegen die „Schweinegrippe“. Fragen wie • Ist diese neue Impfung mit Wirkungsverstärker nicht ein völlig ungeprüfter und daher gefährlicher Impfstoff • Ist die Schweinegrippe nicht bisher völlig harmlos verlaufen und daher gar kein Schutz erforderlich • Wieso lassen sich die Bundesminister, die hohen Beamten und das Militär mit einem anderen Impfstoff impfen stellen sich auf einmal den Ärzten und der Bevölkerung Die Niedersächsische Gesellschaft für Impfwesen und Infektionsschutz (NGI) nimmt zu den wesentlichsten Fragen folgendermaßen Stellung Tatsache ist: • Der neue Grippevirustyp (H1N1) ist ein Typ, der sowohl Menschen wie Tiere krank machen kann. Die Möglichkeit sich weltweit ausbreiten zu können stammt von einer sich immer wieder einstellenden Veränderung bestimmter Eiweißstrukturen der Grippeviren; dies hat zur Folge, dass immer wieder ein neuer Virustyp auftreten kann, der bisher in dieser Form bei Menschen noch nicht aufgetreten ist und daher eine „Pandemie“, d. h. eine weltweit sich ausbreitende Grippewelle auslöst. • Dass die durch diesen neuen Typ ausgelösten Erkrankungen (Schweinegrippe) bisher in den meisten Fällen vergleichsweise harmlos verlaufen sind, bedeutet nicht, dass dies in der mit Sicherheit kommenden 2. Welle jetzt in der kalten Jahreszeit, auch so bleiben wird. • Es ist davon auszugehen, dass mit Beginn der kalten Jahreszeit eine sehr große Zahl an Erkrankungen mit der neuen Grippe auftreten wird; ob die Erkrankungen leicht oder schwer verlaufen werden, ist völlig unbekannt. Beides ist möglich. Es ist aber anzunehmen, dass bei einer sehr großen Anzahl an Erkrankungen (man kann bundesweit von ca. 30 Millionen Erkrankungen Rühmkorffstraße 1, 30163 Hannover, Tel. 0511 279143-11, Fax 0511 279143-22 Seite 1 von 3 Das aktuelle NGI – INFO Ausgabe 2, Juli/August 2009 ausgehen) auch die Zahl der Todesfälle erheblich steigen wird. Auch bei einem milden Verlauf ist in dem kommenden Herbst und Winter mit 25.000 – 35.000 Toten in Deutschland zu rechnen. Diese Zahl ist auf keinen Fall hoch gegriffen. • Gefährlich ist an der Influenza ist nicht die akute Atemwegsinfektion mit hohem Fieber und starken Muskelschmerzen, sondern die Tatsache, dass das Virus einmal die örtliche Immunabwehr in den Atemwegen herabsetzt und damit ein Eindringen der Erreger in den Körper erleichtert, aber vor allem, dass Grippeviren durch bestimmte Bakterien (vor allem Staphylokokken) „wild“ gemacht werden und damit immun-unterdrückende Wirkung der Grippeviren erheblich verstärkt werden kann. In der Folge können dann vermehrt blutige Lungenentzündungen sowie Herzmuskelentzündungen auftreten. Dies kann auch bei vorher ganz gesunden Menschen geschehen. • Da Influenzaimpfstoffe in der Regel eine gute, aber keine sehr gute Wirksamkeit aufweisen, wurde bereits vor mehreren Jahren für ältere Menschen ein Impfstoff mit einem örtlich wirkenden Verstärker (Adjuvans) entwickelt, der auch mit Erfolg bei Menschen über dem 65. Lebensjahr eingesetzt wird. Dieser Wirkungsverstärker, der seit vielen Jahren bei Hunderttausenden Menschen eingesetzt wurde, verursacht zwar stärkere lokale Reaktionen und auch etwas mehr Fieber, hat im Übrigen aber keine häufigeren starken Nebenwirkungen als der normale Grippeimpfstoff auch. Das heißt, dass dieser Wirkungsverstärker bereits bei einer sehr großen Zahl von Menschen und zwar vorzugsweise auch bei alten Menschen, erprobt wurde. • Grippeimpfstoffe ohne Wirkungsverstärker verursachen zwar eine geringere örtliche Reaktion und führen auch seltener zu Fieber, haben aber auch eine geringere Wirksamkeit • Immer zeigt sich bei dem Einsatz von effektiveren Grippeimpfstoffen dasselbe, nämlich, dass es zu stärkeren örtlichen Reaktionen (Schmerzen, Rötung) und auch Algemeinreaktionen (Fieber, Muskelschmerzen am 2. – 4. Tag) kommt. Gerade die Allgemeinreaktionen nach der Impfung sind jedoch ein guter Hinweis auf eine gute Reaktion des Abwehrsystems. Falsch ist z. B.: 1. die Behauptung, der jetzige neue Influenzaimpfstoff sei nicht ausreichend erprobt, er sei daher möglicherweise gefährlich und dürfe daher nicht einsetzt werden. Es handele sich um einen „Massenmenschenversuch“ Richtig ist vielmehr, dass ein Grippeimpfstoff mit demselben Adjuvans seit vielen Jahren erprobt und erfolgreich im Einsatz ist. 2. die Behauptung, es sei der falsche Impfstoff gekauft worden. Richtig ist vielmehr Seite 2 von 3 Das aktuelle NGI – INFO Ausgabe 2, Juli/August 2009 Es gibt zwar auch einen Influenzaimpfstoff ohne Wirkungsverstärker; dieser ist aber auch weniger wirksam. Und es stellt sich die Frage, ob man einen guten oder nur einen mäßigen Schutz erreichen möchte. 3. die Behauptung, das Hantieren mit den 10 Impfportionen enthaltenden Impfstofffläschchen sei unhygienisch Richtig ist vielmehr: Bei korrektem Hantieren mit Einmalnadeln und Einmalspritzen besteht keinerlei Hygieneproblem Bedauerlich ist: 1. dass sich Vertreter der Ärzteschaft mit falschen Behauptungen öffentlich gegen eine wichtige Schutzmaßnahme aussprechen. 2. dass die Bundesregierung durch das Bundesinnenministerium nicht rechtzeitig erklärt hatte, warum für die Regierung und das Militär ein anderer Impfstoff, der weniger wirksam ist, bestellt wurde und damit wilde Spekulationen angestellt wurden. Grund für die Bestellung des Impfstoffs ohne Wirkungsverstärker ist, dass zu dem Zeitpunkt dieser Bestellung durch das Innenministerium für den Pandemieimpfstoff keine ausreichenden Impfdosen mehr zur Verfügung standen, sodass auf den anderen Impfstoff ausgewichen werden musste 3. dass die Informationspolitik zu dem gesamten Komplex der erforderlichen Schutzmaßnahmen so genannten Impfkritikern überlassen wurde ohne rechtzeitig und nachdrücklich auf die zahlreichen falschen Vorwürfe sachgerecht zu antworten. Die Niedersächsische Gesellschaft für Impfwesen und Infektionsschutz (NGI) ist eine herstellerunabhängige, gemeinnützige Vereinigung, die allen Ärztinnen und Ärzten eindringlich empfiehlt ihre Patienten auf den wichtigen Schutz der neuen Influenzaimpfung gegen Schweinegrippe nachdrücklich zu empfehlen. Verantwortlich für den Inhalt Prof. Dr. A. Windorfer für das Redaktionsteam der NGI Seite 3 von 3