«Die Hausgeburt war etwas ga

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VORSORGE
«Die Hausgeburt war etwas ga
Nicole Suters Baby kam daheim im Schlafzimmer zur Welt
Nur wenige Frauen bringen ihr Kind bei sich zu Hause
auf die Welt – ohne Hightech, Kaiserschnitt und
Schmerzmittel. Dabei hat die Hausgeburt viele Vorteile
für Mutter und Kind.
s war Sonntag, der 23. Februar, als der kleine Lucien
André das Licht der Welt
erblickte. Das war nicht etwa in
einem Spitalzimmer mit weissen
Wänden, fremden Menschen und
technischen Geräten, sondern daheim im Bett von Mama und Papa.
Für seine Mutter Nicole Suter
war schon früh klar: «Ich wollte zu
Hause gebären, möglichst natürlich
und in Ruhe.» Noch heute denkt
sie gern an den Tag: «Es war etwas
ganz Besonderes.» Die Umgebung
vertraut und gemütlich, keine Hektik, kein Spitalpersonal. Nur ihr
Mann, die Hebamme und sie.
E
Nach Hausgeburt klappt
das Stillen oft besser
Marianne Indergand aus Kerns
OW ist frei praktizierende Hebamme. Sie betreut nicht nur Geburten
im Spital, sondern hat auch zahlreiche Hausgeburten begleitet: «Für
mich sind diese noch immer etwas
besonders Schönes.» Zudem:
Durch die Ruhe und Nähe klappe
es häufig auch besser mit dem Stillen als nach einer Geburt im Spital.
Doch Hausgeburten sind in der
Schweiz die grosse Ausnahme – es
sind gerade mal 500 bis 600 pro
Jahr. Rund 98 von 100 Müttern gebären im Spital, jede dritte von
ihnen im Operationssaal per Kaiserschnitt. Kein Wunder: Mütter,
die ihr Kind zu Hause gebären wollen, erhalten oft wenig Unterstützung von der Ärzteschaft. Daniel
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Surbek, Chefarzt der Frauenklinik
des Inselspitals Bern, sagt: «Aus
medizinischer Sicht raten wir von
Hausgeburten ab.» Er verweist auf
Studien, die gezeigt haben, dass das
Risiko fürs Kind erhöht sei, «selbst
wenn es sich um eine normale Geburt ohne grössere Risiken handelt».
Surbek ist Vorstandsmitglied
der Schweizerischen Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Eine offizielle Stellungnahme der
Gesellschaft zum ema Hausgeburt gibt es allerdings nicht. Anders in Deutschland. Dort erklärt
die Gesellschaft der Frauenärzte gar,
wer die «hochwertige Geburtsmedizin» der Spitäler in Frage stelle,
würde «die Sicherheit und die Gesundheit von Mutter und Kind
gefährden».
Kein Risiko für
gesunde Frauen
Doch Arzt Reiner Bernath aus Solothurn winkt ab: «Bei gesunden
Frauen mit kleinem Risiko und
dem nötigen Vertrauen spricht gar
nichts gegen eine Hausgeburt.» Im
Gegenteil: Sie habe nur Vorteile.
Die Mutter könne sich in den
Pausen zwischen den Wehen besser
entspannen. Das fördere die
Durchblutung und versorge das
Kind besser mit Sauerstoff. «In der
gewohnten Umgebung zu Hause
kommt es deshalb zu weniger Komplikationen», so Bernath. Dies habe
unter anderem auch eine grosse
Studie aus Kanada gezeigt.
Nicole Suter: Hat Lucien André in der vertrauten Umgebung geboren
Gesundheitstipp September 2014
VORSORGE
ganz Besonderes»
«Durch die Kontrollen während
der Schwangerschaft lässt sich das Risiko für
Mutter und Kind sehr gut abschätzen»
P. WÜRMLI
Reiner Bernath, Arzt
Gesundheitstipp September 2014
Reiner Bernath begleitet zusammen mit erfahrenen Hebammen
seit rund 30 Jahren Hausgeburten.
«Sie sind genauso sicher wie eine
Geburt im Spital», so Bernath.
Denn heute könne man dank der
regelmässigen Kontrollen und Untersuchen während der Schwangerschaft sehr gut abschätzen, wie
gross das Risiko für Mutter und
Kind sei. Nicht in Frage komme
eine Hausgeburt bei Zwillingen,
wenn das Baby zu früh komme
oder wenn es verkehrt herum liege.
Auch nach einem Kaiserschnitt
oder einer anderen Operation an
der Gebärmutter raten viele Fachleute davon ab. Der Grund: Die
Narbe könnte bei der Geburt reissen. Auch Hebamme Indergand
sagt: «Das Risiko ist dann zu gross.»
Geht es bei einer Hausgeburt
nicht richtig vorwärts oder wird es
kritisch, überweist die Hebamme
die Frau rechtzeitig ins Spital.
Manchmal ist dann ein Kaiserschnitt nötig. Zum Beispiel bei
Frauen, die ihr erstes Kind erwarten. Indergand: «Da weiss man
vorher nicht, ob das Becken für
eine natürliche Geburt breit genug
ist.» Indergand liess bisher rund
jede zehnte Frau ins Spital verlegen.
Stets so früh, dass es nie gefährliche
Situationen gegeben habe. Auch
Nicole Suter wusste, dass sie ihren
Sohn möglicherweise doch im Spital zur Welt bringen musste, und
bereitete sich vor: «Wir packten
eine Tasche mit den nötigen Sachen
und informierten das Spital.»
«Yoga und Hypnobirthing
halfen mir sehr»
Die Vorbereitung auf die Hausgeburt begann viel früher. Nicole
Suter und ihr Mann suchten eine
Hebamme, die Erfahrung mit
Hausgeburten hatte. «Das war gar
nicht so einfach, es gibt nicht viele.»
Doch die erste, die sie kontaktierten, war ihnen sofort sympathisch.
Zudem erlernte Nicole Suter während der Schwangerschaft Entspannungstechniken wie Hypnobirthing – eine Form der Selbsthypnose. Sie machte auch regelmässig Yoga. «Das half mir während
der Geburt sehr, mich zwischendurch zu entspannen.» Als der Geburtstermin näher rückte, begann
das Paar, das Schlafzimmer für die
Geburt vorzubereiten. «Ich wollte
mich mit Dingen umgeben, die mir
wichtig sind, zum Beispiel eine CD
mit passender Musik.» Auch eine
Gebärwanne besorgte sich das Paar.
Hebamme Indergand sagt:
«Eine Hausgeburt geht fast überall.» Es brauche nur einen warmen
Raum mit einem Bett oder einer
anderen Möglichkeit zum Liegen.
Manchmal sei eine Stange hilfreich,
an der sich die Schwangere festhalten könne. Plastikplanen, um Bett
oder Boden abzudecken, bringe die
Hebamme mit, so Indergand.
Die Eltern sollten auch überlegen, was sie mit der Plazenta machen wollen. Ob sie sie der Hebamme mitgeben, aufbewahren oder
z. B. im Garten vergraben möchten,
um darauf ein Bäumchen zu pflanzen. Marianne Indergand rät, auch
jemanden zu organisieren, der sich
um Verpflegung und Haushalt
kümmert – während der Geburt
und auch in der Zeit des Wochenbetts: «Oft ist eine Freundin oder
Verwandte noch besser geeignet als
der Vater.» Denn er sollte diese besondere Zeit mit der Familie geniesSonja Marti
sen dürfen.
Hausgeburt
Das sind die Voraussetzungen
Beide Elternteile sind
motiviert und überzeugt.
} Eine erfahrene Hebamme
betreut sie.
} Die Mutter ist gesund und
die Schwangerschaft verläuft ohne Komplikationen.
} Keine Mehrlings-,
Früh- oder Spätgeburt.
}
Das Baby liegt richtig.
Die Mutter hat weder
Kaiserschnitt noch Operationen an der Gebärmutter
hinter sich.
} Jemand kümmert sich um
Haushalt und Geschwister –
während Geburt und
Wochenbett.
}
}
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